Exzellenter Grunge, einfach besser angezogen

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Exzellenter Grunge, einfach besser angezogen
Exzellenter Grunge, einfach besser angezogen
cw. „My Chemical Romance“ haben nicht nur einen höchst seltsamen Namen, sie warten auch mit einer höchst
kruden Mischung von Rock’n’Roll auf. Liegt das an ihren Vorbildern oder ihrem Sänger von Comiczeichner?
Die Antwort kann vorweggenommen werden: Es liegt an beidem. Die musikalischen Einflüsse reichen von Bands wie ‘Anthrax’ (Bermudas tragende Trash-Metaller), ‘Black Flag’
(Hardcore-Heroen) über ‘The Misfits’ (die Horrorpunkband) bis zu ‘The Smiths’ (stilbildende
Indie-Gruppe). Das unangefochtene und ewige Vorbild ist und bleibt aber ganz klar die
Formation ‘Iron Maiden’, die Speerspitze des Heavy Metals. Eine solche Bandbreite ist auch
im Rock’n’Roll-Zirkus eher eine Rarität und erzeugt in der Musik von My Chemical Romance
eine anziehende und abwechslungsreiche Wirkung. Dass diese Musik trotz allen Widersprüchen auch kommerziell erfolgreich ist - auch in der Schweiz -, mag auf den ersten Blick
erstaunen, auf den zweiten Blick kaum mehr. Denn My Chemical Romance sind ein Kind vom
9-11, den Anschlägen in New York. Aufgewachsen in New Jersey, also unweit von Manhattan, erlebte ihr Sänger Gerard Way diese unmittelbar mit. Der hoch sensible Way hatte
vorher an der Kunsthochschule studiert und in der Comicindustrie New Yorks mitgearbeitet.
Aufgerüttelt durch die Anschläge rief er einige Freunde von früher an, welche er schon aus
den Augen verloren geglaubt hatte, und gründete mit ihnen eine Band. Der Erstling wurde
nur drei Monate nach der Gründung innerhalb von zwei Wochen eingespielt, und die Tour
führte durch ganz Amerika und Japan. Das wurde Way zuviel,
und durch den weltweiten Erfolg des Zweitlings 2004 versank er
definitiv in einer Drogen- und Alkoholsucht, welche ihn bis zu
Selbstmordgedanken trieb. Im Gegensatz zu anderen Rocksängern aber liess er sich erfolgreich
therapieren und ist er seit nunmehr über drei Jahren drogen- und alkoholfrei. Entsprechend sind die
Texte auf dem dritten Album gehalten: das Konzeptalbum „The Black Parade“ handelt von einem
schlicht „The Patient“ genannten Krebskranken, welcher alle Schattierungen von Emotionen durchlebt. Das Album ist aber nicht so depressiv, wie sich das vermuten lässt, sondern trägt auch Humor in
sich. Überhaupt klingen My Chemical Romance mit ihrer leidenschaftlichen Ausdruckskraft im weitesten Sinne fast wie die Grungebewegung (Nirvana), aber etwas fröhlicher und weniger engstirnig! Das
sieht man auch den Albumcovers an – ebenso furios mitgestaltet vom Sänger Gerard Way.
MY CHEMICAL ROMANCE, „The Black Parade“, Warner Brothers,
Live in der Eulachhalle in Winterthur am Sonntag, 4. November (Free & Virgin)
TAXI Nr. 50
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