März 2006 - Club Passage

Transcrição

März 2006 - Club Passage
CLUB PASSAGE
PROGRAMMKINO
Filmspiegel Japan
Japanische
Filme
sind
in
deutschen
Kinopalästen, deren Angebot nach wie vor in
erster Linie von kostenintensiv produzierten und
von westlichen Sehgewohnheiten (vornehmlich
nach Art des Hauses Hollywood) geprägten
Produktionen dominiert wird, eher marginal
präsent. Altmeister des japanischen Films wie
Kaneto Shindô („Die Kinder von Hiroshima“,
„Onibaba“), Masaki Kobayashi („Harakiri“, „Barfuß
durch die Hölle“) oder Akira Kurosawa
(„Rashomon“, „Die sieben Samurai“, „Ran“) sind
außerhalb von Cineasten- kreisen weit weniger
bekannt als die von ihnen beeinflussten Werke
westlicher Kinematografien. Im Programm der
hier zu Lande empfangbaren TV-Sender kommen
Filme aus Japan (bis auf wenige, in den
Nachtprogrammen
der
öffentlich-rechtlichen
Sendeanstalten
versteckte
Ausnahmen)
vornehmlich als Godzilla & Söhne oder – mit Blick
auf jüngere Generationen – in animierter Form als
Mangas daher, vom bunt gemischten Angebot
der Videotheken ganz zu schweigen.
Die Faszination, welche das fernöstliche Nippon
mit seiner Geschichte, seiner Kultur und
Lebensweise insbesondere auf das Abendland
ausübt, ist sicher weitaus eher abzulesen an der
Vielzahl von Filmen europäischer oder USamerikanischer Filmemacher, die sich von Kultur,
Geschichte,
Legenden,
Philosophien
und
(besonders Kampf-) Kunstformen inspirieren
lassen und ließen. Umgekehrt lassen sich auch in
der japanischen Kinematografie Elemente
entdecken, die aus westlicher Sicht vertraut
erscheinen.
In diesem Monat stellt der CLUB PASSAGE acht
Filme vor, die im Zeitraum der etwa letzten zehn
Jahre entstanden und so auch einen Einblick in
das Schaffen der Vertreter des jungen
japanischen Kinos vermitteln.
Als Japans führende Medienpersönlichkeit gilt
allgemein der 1948 in Tokio geborene Takeshi
Kitano. Nach einem abgebrochenen Studium an
der
Meiji
Universität
und
etlichen
Gelegenheitsjobs startete Kitano seine ShowbizKarriere als Standup-Komiker auf der Bühne
eines obskuren Strip-Lokals in Asakusa. Für den
Künstler, welcher 1995 bei einer Umfrage zum
beliebtesten Mann Japans gekürt wurde, gibt es
scheinbar kaum ein Gebiet, auf dem er nicht
erfolgreich ist: Er arbeitet als Regisseur,
Drehbuchautor, Cutter und Darsteller („Beat
Takeshi“); in letzterer Funktion trat er in
wöchentlich bis zu neun – teilweise recht
knalligen – Shows des japanischen Fernsehens
auf (u. a. „Takeshis Castle“). Kitano wirkt
außerdem in Radio-Shows mit, schreibt
Kolumnen und sozialkritische Beiträge für
Tageszeitungen und Magazine, legte einen
Roman sowie einen Lyrikband vor und malt. Sein
Regiedebüt, bei dem er auch die Hauptrolle
spielte, trug den Titel „Violent Cop“ (1989) und
war der erste Teil einer Trilogie über die
japanische Mafia (Yakuza), die 1990 mit „Boiling
Point“ fortgeführt und 1993 mit „Sonatine“
abgeschlossen wurde. Weitere Filme von und mit
dem auch bei europäischen Filmfestivals
erfolgreichen Takeshi Kitano sind „Hana-Bi“
(1997 in Venedig mit dem GOLDENEN LÖWEN
ausgezeichnet), „Tokyo Eyes“ (1998), „Kikujiros
Sommer“ (1999) und „Dolls“ (2003). Mit „Zatoichi
– Der blinde Samurai“ griff Kitano 2003 Motive
eines Romans seines Landsmannes Teruo
Tanashita auf, der bereits 1969 Teiji Matsuda zu
seinem Streifen „Die blinde schwertschwingende
Frau“ nebst einem noch im gleichen Jahr
gedrehten Sequel inspiriert hatte.
Ein besonderes Verhältnis von Liebe und Tod ist
das Thema, dessen sich Multitalent Takeshi
Kitano in seinem 1997 entstandenen Film
„Hana-Bi“ (J) annahm. Der Filmtitel, zu
übersetzen
etwa
mit
„Feuerwerk“
oder
„Feuerblume“ (Hana steht für Feuer = Tod und
Gewalt, Bi für Blume = Liebe und Leben),
verweist auf die beiden gegensätzlichen Pole,
zwischen denen sich der Held des Films bewegt.
Polizist Yoshitaka Nishi (gespielt von Kitano, der
auch das Drehbuch für seinen Film schrieb) ist
ein verschlossener Mensch, der in seinem Beruf
keine Gnade kennt. Auch in der Liebe zu seiner
Frau Miyuki gibt es keine Kompromisse: Miyuki ist
unheilbar an Leukämie erkrankt, die Ärzte des
Krankenhauses sehen keine Heilungschancen
mehr, und so holt Nishi seine Frau nach Hause.
Als Nishis Freund und Kollege Horibe im Dienst
von Yakuzas angeschossen wird und fortan
gelähmt ist und ein weiterer Kollege getötet wird,
fühlt sich Nishi dafür verantwortlich und quittiert
den Polizeidienst. Er beschließt, die Witwe des
Getöteten zu versorgen, seinem Freund Horibe
(der, um seine Gefühle auszudrücken, nach
einem missglückten Selbstmordversuch Blumen
zu malen begann) die besten Malutensilien zu
versorgen und mit seiner todkranken Frau auf
Reisen zu gehen. Das Geld beschafft er sich,
indem er Kontakt mit der Yakuza aufnimmt.
Deren Gangster sollen ihm bei einem Bankraub
behilflich sein – und sie sollen sterben, denn auch
in seiner Rache ist Nishi eiskalt, wohlüberlegt und
gnadenlos. Nun selbst von der Polizei gejagt, wird
Nishis Reise mit seiner Frau mehr und mehr zu
einer Flucht – an deren Ende der Tod steht.
Die Figur des malenden Rollstuhlfahrers Horibe
ist Kitanos Reflex auf einen schweren
Motorradunfall, den der Künstler nur knapp
überlebte. Die naiv-fantasievollen Bilder und
Zeichnungen, durch die Horibe in „Hana-Bi“
seinem Leid Ausdruck verleiht, schuf Takeshi
Kitano eigens für seinen Film.
Isao Yukisada, 1968 in Kumamoto geboren,
jobbte während seines Studiums am Toho
Gakuen
Technical
College
bei
einer
Produktionsfirma,
wo
er
an
diversen
Fernsehfilmen und Musikvideos arbeitete.
Nachdem er 1995/96 Regieassistent bei Shunji
Iwai und dessen Filmen „Love Letter“ und
„Swallowtail Butterfly“ war, drehte er 1998 seinen
ersten Film „Open House“. Seit seinem Film
„Sunflower“, der 2000 beim Filmfestival von
Pusan mit dem internationalen Kritikerpreis
ausgezeichnet wurde, gilt Yukisada als der
shooting star des jungen japanischen Kinos. Im
gleichen Jahr folgte „Enclosed Pain“, 2001
drehte Yukisada „Luxurious Bone“.
Der fünfte Spielfilm des Regisseurs, „Go“ (J
2001), beginnt in atemberaubendem Tempo:
Jump-Cuts, Tricks, wilde Kameraperspektiven,
Zeitraffer
und
hämmernder
Techno-Beat
scheinen die japanische Version von „Lola rennt“
einzuleiten. Der nach einer Novelle von Kazuki
Kaneshiro gedrehte Film behandelt jedoch einen
Gegenstand, der im Westen eher wenig bekannt
ist: den japanischen Rassismus gegen im „Land
der aufgehenden Sonne“ geborene Koreaner.
Einer der als „Zainichi“ Diskriminierten ist der
junge „Lee“ Sugihara (Yôsuke Kubozuka),
welcher in Japan eine nordkoreanische Schule
besucht. Hier herrschen Gangs, die schwächere
Schüler gnadenlos tyrannisieren; mörderische
Mutproben und bizarre Rituale bestimmen den
Alltag. Sugihara leidet unter dem Makel, kein
echter Japaner zu sein, und da er auch mit den
Lehrern nicht klar kommt, wechselt er auf eine
japanische Schule. Als Außenseiter, der sich hier
behaupten muss, boxt sich Sugihara durch – hat
ihn doch sein Vater, ein ehemaliger Profiboxer,
gelehrt, statt vieler Worte lieber gleich die Fäuste
sprechen zu lassen. Sugihara wird vom Sohn
eines Yakuza-Bosses, mit welchem er sich
angefreundet hat, zu einer Party mitgenommen,
wo er die hübsche Japanerin Sakurai kennen
lernt - der gefürchtete Kämpfer ist seiner ersten
großen Liebe begegnet. In der ersten
Liebesnacht gesteht Sugihara dem Mädchen
seine bisher verschwiegene Herkunft – eine
Kleinigkeit, wie er meint. Die Reaktion Sakurais
fällt jedoch anders aus, als Sugihara erwartet...
Isao Yukisadas Plädoyer für mehr Menschlichkeit
wurde nach seiner Premiere zum japanischen
Kritikerlieblingsfilm.
Der 1962 in Tokio geborene Hirokazu Kore-eda
studierte an der Universität von Waseda und
begann
seine
Filmkarriere
als
Dokumentarfilmregisseur
beim
japanischen
Fernsehen.
Bereits sein Spielfilmdebüt „Maboroshi“, eine
beeindruckende Studie über Verlust und Trauer,
sorgte für internationales Aufsehen.
Eine Kindheit ohne Aufsicht – was sich
möglicherweise
manche
Kinder
als
paradiesischen Zustand ausmalen, wird in
Hirokazu
Kore-edas
Drama
„Nobody
Knows“ (J 2004) zur bitteren Realität. Die von
einer wahren Begebenheit inspirierte Geschichte
führt uns nach Tokio, wo in einem kleinen
Apartment eine allein erziehende Mutter mit ihren
vier Kindern, deren jedes einen eigenen Vater
hat, lebt. Außer dem Ältesten, dem 12-jährigen
Akira,
darf
sich
jedoch
keines
der
eingeschmuggelten Geschwister sehen lassen,
denn der Vermieter duldet keine kleinen Kinder.
Als die Mutter einen Mann kennen lernt, dem sie
ihre Kinder verschweigt, bleibt sie für immer
längere Zeit weg – und irgendwann begreifen
Akira und seine Geschwister, dass ihre Mutter sie
nicht nur vorübergehend verlassen hat. Mittellos
und auf sich allein gestellt müssen die vier
Kinder, die nie eine Schule besucht haben, in der
Großstadt um ihr Überleben kämpfen.
Die Dreharbeiten zu „Nobody Knows“ dauerten
fast ein Jahr; Dokumentarist Kore-eda drehte
chronologisch, wodurch sich auch die reale
physische Veränderung der Kinder im Verlauf
eines Jahres zeigt. Der Regisseur brachte
ebenso die Persönlichkeiten der jungen
Laiendarsteller mit ein, indem er sie weitgehend
improvisieren ließ. Um die Kinder möglichst
unmittelbar, natürlich und ohne ständige Präsenz
der Kamera agieren zu lassen, drehte er überdies
Außenaufnahmen unter Einsatz von Objektiven
mit hoher Brennweite aus weiter Distanz. Beim
Festival von Cannes 2004 gewann der zum
Zeitpunkt der Dreharbeiten erst 13-jährige
Hauptakteur Yuya Yagira die Auszeichnung als
bester Darsteller.
Als einer der international bekanntesten und
erfolgreichsten asiatischen Schriftsteller gilt
Haruki Murakami („Gefährliche Geliebte“, „Kafka
am
Strand“).
Seine
Erzählung
„Tony
Takitani“ (J) wurde 2004 von Jun Ichikawa (*
1948) verfilmt, der einst sein Handwerk beim
Drehen von Werbespots erlernt hatte und 1987
mit „Budsu“
seinen ersten abendfüllenden
Spielfilm vorlegte. Im Mittelpunkt des Dramas
„Tony Takitani“ steht der introvertierte
Mittvierziger Tony (gespielt vom japanischen
Komiker Issey Ogata, der damit seine Begabung
auch für das ernste Rollenfach unter Beweis
stellte). Nach dem frühen Tod seiner Mutter vom
Vater vernachlässigt aufgewachsen, ist Tony ein
Leben in Einsamkeit gewöhnt. Ihm fehlt jede
emotionale Bindung, was sich auch in den Bildern
des begabten und erfolgreichen Zeichners zeigt:
er porträtiert vor allem Maschinen.
Bei der Arbeit lernt Tony Eiko kennen, und nach
einigen zurückhaltenden Rendezvous wird
geheiratet.
Die große Liebe bringt für Tony Nähe und
Geborgenheit; allerdings bewegt ihn stets die
Sorge, er könne dieses Glück wieder verlieren.
Die stets fabelhaft aussehende Eiko hat ein
überaus kostspieliges Problem - sie ist besessen
von teurer Designerkleidung und leidet unter
zwanghafter Kaufsucht. Tony spricht diese
Angelegenheit nur sehr vorsichtig an, denn er
fürchtet, Eiko könne seine Kritik zum Anlass
nehmen, sich von ihm zu trennen. Eiko ist bereit,
gegen ihre Obsession anzukämpfen, in der Folge
entwickeln sich die Dinge jedoch auf tragische
Weise...
Um die Texte des literarischen Originals
möglichst fugenlos mit den typischen Mitteln des
Films zu verbinden, bediente sich Jun Ichikawa,
der als erklärter Fan des Altmeisters Yasujiro Ozu
gilt, eines Kunstgriffs: Er ließ Sätze der aus dem
Off kommenden Stimme des Erzählers von
seinen Filmfiguren aufnehmen und weiterführen.
Die Musik für den Film komponierte Ryuichi
Sakamoto, der 1987 gemeinsam mit David Byrne
und Su Zong den adäquaten Soundtrack zu
Bernardo Bertoluccis bildgewaltigem Epos „Der
letzte Kaiser“ geschaffen hatte.
Der 1941 geborene weltberühmte japanische
Anime-Meister
Hayao
Miyazaki,
(„Heidi“,
„Prinzessin Monokoke“, „Chihiros Reise ins
Zauberland“ - OSCAR 2003 -) begab sich 2004
mit „Das wandelnde Schloss“ (J)
abermals ins Reich der Märchen. Zur Vorlage
seines ganz und gar nicht nur für Kinder
gedachten neuen Anime-Werks, das wie alle
Werke Miyazakis von tiefer Liebe zum Menschen
und zur Natur geprägt ist, erkor der Regisseur
und Chef der Ghibli-Studios dieses Mal den
Roman „Sophie im Schloss des Zauberers“
(Originaltitel: „Howls Moving Castle“) der
britischen Schriftstellerin Diana Wynne Jones.
Sophie arbeitet als Hutmacherin im Geschäft
ihres verstorbenen Vaters. Bei einem Besuch in
der Stadt lernt sie den jungen und
charismatischen Zauberer Hauro kennen. Sie
verliebt sich in ihn, wofür sie von einer
eifersüchtigen Hexe verflucht wird: Fortan muss
sich Sophie im gebrechlichen Körper einer 90jährigen zurecht finden. Sie begibt sich auf eine
Reise, um Hauro zu suchen, der den Fluch
rückgängig machen soll. Im „wandelnden
Schloss“, einem gigantischen mechanischen
Ungetüm, das sich auf insektenähnlichen Beinen
bewegt, aus allen Löchern pfeift und seine Türen
in vier verschiedene Welten und Zeiten öffnen
kann, findet sie eine Anstellung und Freunde,
darunter der Feuer-Teufel Calcifer, den ein
Geheimnis mit Hauro verbindet. Nur der
unbekümmerte und selbstverliebte Zauberer
selbst schenkt Sophie keine Beachtung; erst als
er vom vom König berufen wird, das Land vor
dem drohenden Krieg zu retten, wächst er über
sich hinaus und rettet Sophie und seine Welt.
In seinem Heimatland Japan, wo Miyazakis
traditionell von Hand gezeichnete Filme
Kultstatus
genießen,
begeisterte
„Das
wandelnde Schloss“ bis Anfang Mai 2005 über
14 Millionen Kinobesucher. Anlässlich der
Internationalen Filmfestspiele in Venedig 2005
wurde Hayao Miyazaki als einer der wichtigsten
Vertreter das japanischen Animationsfilms und
zugleich als einer seiner beständigsten und
kreativsten Schöpfer mit dem GOLDENEN
LÖWEN für sein Lebenswerk geehrt, womit
dieser Preis – erstmalig in der über 60-jährigen
Geschichte des Festivals – an einen Regisseur
von Animationsfilmen überreicht wurde.
Von weitaus düsterer Art ist der Animationsfilm
„Jin Roh“ (J 1998), ein Science-Fiction-PolitThriller, dessen Regisseur Hiryuki Okiura die
Handlung in einem (von der deutschen
Wehrmacht besetztes) fiktiven Japan der 50-er
Jahre ansiedelte: Hier, in der Hauptstadt Tokio,
herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Eine
Terrorgruppierung - „Die Sekte“ - bekämpft die
totalitäre Regierung. Die Antwort des Regimes
heißt „Jin Roh“ („Menschlicher Wolf“), eine
Spezialeinheit der Hauptstadtpolizei: Die Männer
der geheimen Wolfsbrigade scheinen mit dem
Anlegen ihrer martialischen Kampfmontur alles
Menschliche zu verlieren. Einer dieser auf
Unbarmherzigkeit dressierten Elitesoldaten ist
Fuse. Bei einem seiner Einsätze verfolgt er ein rot
gekleidetes Mädchen, das sich jedoch in die Luft
sprengt. Das Bild des Mädchens lässt Fuse nicht
mehr
los.
Am
Grab
der
jungen
Selbstmordattentäterin trifft er deren Schwester,
in die er sich verliebt; und so steht der an seiner
Arbeit zweifelnde Fuse bald vor einer
Entscheidung...
Drehbuchautor Mamoru Oshii griff für „Jin Roh“
auf eine von ihm verfasste Manga-Serie zurück
und ließ (wie in fast allen seinen Filmen)
Autobiografisches einfließen: Er war in den 60er
Jahren an den Studentenprotesten gegen den
Amerikanisch-Japanischen
Beistandspakt
beteiligt und wurde deshalb von der Polizei
verhaftet.
Der gelernte Animationszeichner Hiryuki Okiura er war u. a. bei Mamoru Oshiis viel gerühmten
„Ghost in the Shell“ für die Animation
verantwortlich
verzichtete
in
seinem
spannenden
Regiedebüt,
welches
„Rotkäppchen“-Motive
(inklusive
ältere,
grausamere Variationen des Märchens als die
Version der Gebrüder Grimm) aufnahm, fast
gänzlich auf Computeranimationen; mehr als 500
Zeichner und Koloristen arbeiteten drei Jahre
lang an dem Film. „Jin Roh“ wurde beim
internationalen
portugiesischen
Filmfest
„Fantasporto“
mit
dem
Fantasy-Film-Preis
ausgezeichnet und erhielt darüber hinaus den
Preis der Jury.
Den beängstigenden Teil des Märzprogramms
leitet ein Film ein, der zahlreiche Elemente des
Horrorfilms in sich birgt: Mit „Uzumaki“ (J
2000) legte der gebürtige Ukrainer Akihiro
Higuchi alias „Higuchinsky“ (Jahrgang 1969) sein
verstörendes Spielfilmdebüt vor, welches auf der
gleichnamigen düster-surrealen Manga-Vorlage
von Jungi Ito basiert und als einer der
originellsten Horrorfilme der 90er Jahre gilt.
„Uzumaki“ bedeutet grob übersetzt Spirale/
Wirbel, und diese geometrischen Gebilde sind
denn auch ein tragendes Element der ebenso
poesievollen
wie
märchenhaft-traumartigen
Handlung: Seit ihrer Kindheit ist die Schülerin Kiri
(Eriko Hatsune) mit Shuichi (Fhi Fan) befreundet,
den in letzter Zeit etwas bedrückt – sein Vater ist
besessen von Spiralen. Der Fluch breitet sich
rasch in der Kleinstadt aus : Menschen sterben,
Mitschüler verwandeln sich in seltsame
Schneckenwesen oder verstümmeln sich auf der
Jagd nach Spiralen an und in ihrem Körper.
Während Shuichis Vater mehr und mehr den
Kontakt zur Realität zu verlieren scheint, gerät
alles in den bedrohlichen Sog einer Verwandlung,
deren Ende nicht abzusehen ist. Das „SpiralPhänomen“ droht zu eskalieren, als der Journalist
Tamura beginnt, Nachforschungen anzustellen...
Akihiro Higuchis „Uzumaki“ erzählt mit
apokalyptischen Bildern, bizarren Effekten und
monströsen Kreaturen die Geschichte eine
Bedrohung, die um so fataler ist, als ihre Ursache
im Dunkeln bleibt...
Der 1991 von der Nihon-Universität in Regie
graduierte Akihiro Higuchi hatte zuvor bereits auf
Videofestivals in Japan von sich reden gemacht,
so gewann er 1990 den New Artist Award in der
Sparte Videofilm auf dem Fukui International
Youth Media Art Festival. Neben Regie- und
Kameraarbeit bei Promotion-Videoclips für
Künstler wie L'Arc en Ciel entwarf er visuelles
Material für Events bei RAY Corporation.
Der japanische Autor und Regisseur Ryu
Murakami („Tokyo Dekadenz“) lieferte die
literarische Vorlage für das Horror-Drama
„Audition“ (J 1999) seines Landsmannes und
Kollegen Takashi Miike. Der 1960 in Osaka
geborene Miike studierte am Yokohama College
for Television and Film bei so berühmten
Lehrmeistern wie Hideo Onchi und Shohei
Imamura, nach eigenem Bekunden war seine
wichtigste Schule des Films jedoch der Konsum
zahlreicher Bruce-Lee-Streifen. Seit seinem
Regiedebüt für einen Kinofilm („Shinjuku Triad
Society“ - 1995) dreht der sich selbst als
Auftragsregisseur und Handwerker bezeichnende
Miike durchschnittlich sieben (7) Filme jährlich.
Als einer seiner interessantesten Filme gilt
„Audition“: Seit dem Tod seiner Frau vor sieben
Jahren lebt Shigeharo Aoyama (Ryo Ishibashi)
immer noch mit seinem Sohn allein. Auf dessen
Drängen beschließt der Vater, wieder zu heiraten.
Ein befreundeter Fernsehproduzent hat die Idee,
per fingiertem Casting für eine angeblich geplante
Serie mögliche Lebensgefährtinnen anzulocken.
Die titelgebende „Audition“ ist für Aoyama
erfolgreich, er lernt die stille, aber schöne Asami
(Eihi Shiina) kennen und verliebt sich in sie.
Doch die zarte Lovestory wird bald von Zweifeln
überschattet,
denn
Aoyama
entdeckt
Widersprüche in Asamis Geschichten. Als ein
Freund ihn warnt, macht sich Aoyama auf die
Suche nach der Wahrheit: Ist die so verletzlich
wirkende
Unschuld
in
Wirklichkeit
ein
mörderisches Monster?
Das düstere psychologische Kammerspiel mit
seinen krassen, bis an die Grenzen des
Darstellbaren gehenden Bildern und Geräuschen
scheint jenen Recht zu geben, die den Asiaten,
insbesondere aber dem Regisseur Miike, ein
ganz spezielles Verhältnis zu Gewalt und
Grausamkeit
nachsagen.
Manche
Deutungsversuche von Kritikern gehen dahin, in
„Audition“ die maßlose, aber letztlich gerechte
Rache eines Opfers der Machenschaften einer
skrupellosen Männerwelt thematisiert zu sehen in jedem Fall ist der Film starker Tobak und daher
zarten Gemütern eher nicht zu empfehlen. Guten
Appetit.
B.R.
März 2006
Filmspiegel Japan
SO 05.03. bis MO 06.03.
„Hana-Bi“
DI
07.03. bis MI 08.03.
„GO“
MO 12.03. bis MO 13.03.
„Nobody Knows“
DI
14.03. bis MI
15.03.
„Tony Takitani“
SO 19.03. bis MO 20.03.
„Das wandelnde Schloss“
DI
21.03. bis MI 22.03.
„Jin Roh“
MO 26.03. bis MO 27.03.
„Uzumaki“
DI
28.03. bis MI
29.03.
„Audition“
Einlass: 20.30 Uhr – Beginn: 21.00 Uhr
Wir zeigen keine Produktwerbung

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