März 2006 - Club Passage
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März 2006 - Club Passage
CLUB PASSAGE PROGRAMMKINO Filmspiegel Japan Japanische Filme sind in deutschen Kinopalästen, deren Angebot nach wie vor in erster Linie von kostenintensiv produzierten und von westlichen Sehgewohnheiten (vornehmlich nach Art des Hauses Hollywood) geprägten Produktionen dominiert wird, eher marginal präsent. Altmeister des japanischen Films wie Kaneto Shindô („Die Kinder von Hiroshima“, „Onibaba“), Masaki Kobayashi („Harakiri“, „Barfuß durch die Hölle“) oder Akira Kurosawa („Rashomon“, „Die sieben Samurai“, „Ran“) sind außerhalb von Cineasten- kreisen weit weniger bekannt als die von ihnen beeinflussten Werke westlicher Kinematografien. Im Programm der hier zu Lande empfangbaren TV-Sender kommen Filme aus Japan (bis auf wenige, in den Nachtprogrammen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten versteckte Ausnahmen) vornehmlich als Godzilla & Söhne oder – mit Blick auf jüngere Generationen – in animierter Form als Mangas daher, vom bunt gemischten Angebot der Videotheken ganz zu schweigen. Die Faszination, welche das fernöstliche Nippon mit seiner Geschichte, seiner Kultur und Lebensweise insbesondere auf das Abendland ausübt, ist sicher weitaus eher abzulesen an der Vielzahl von Filmen europäischer oder USamerikanischer Filmemacher, die sich von Kultur, Geschichte, Legenden, Philosophien und (besonders Kampf-) Kunstformen inspirieren lassen und ließen. Umgekehrt lassen sich auch in der japanischen Kinematografie Elemente entdecken, die aus westlicher Sicht vertraut erscheinen. In diesem Monat stellt der CLUB PASSAGE acht Filme vor, die im Zeitraum der etwa letzten zehn Jahre entstanden und so auch einen Einblick in das Schaffen der Vertreter des jungen japanischen Kinos vermitteln. Als Japans führende Medienpersönlichkeit gilt allgemein der 1948 in Tokio geborene Takeshi Kitano. Nach einem abgebrochenen Studium an der Meiji Universität und etlichen Gelegenheitsjobs startete Kitano seine ShowbizKarriere als Standup-Komiker auf der Bühne eines obskuren Strip-Lokals in Asakusa. Für den Künstler, welcher 1995 bei einer Umfrage zum beliebtesten Mann Japans gekürt wurde, gibt es scheinbar kaum ein Gebiet, auf dem er nicht erfolgreich ist: Er arbeitet als Regisseur, Drehbuchautor, Cutter und Darsteller („Beat Takeshi“); in letzterer Funktion trat er in wöchentlich bis zu neun – teilweise recht knalligen – Shows des japanischen Fernsehens auf (u. a. „Takeshis Castle“). Kitano wirkt außerdem in Radio-Shows mit, schreibt Kolumnen und sozialkritische Beiträge für Tageszeitungen und Magazine, legte einen Roman sowie einen Lyrikband vor und malt. Sein Regiedebüt, bei dem er auch die Hauptrolle spielte, trug den Titel „Violent Cop“ (1989) und war der erste Teil einer Trilogie über die japanische Mafia (Yakuza), die 1990 mit „Boiling Point“ fortgeführt und 1993 mit „Sonatine“ abgeschlossen wurde. Weitere Filme von und mit dem auch bei europäischen Filmfestivals erfolgreichen Takeshi Kitano sind „Hana-Bi“ (1997 in Venedig mit dem GOLDENEN LÖWEN ausgezeichnet), „Tokyo Eyes“ (1998), „Kikujiros Sommer“ (1999) und „Dolls“ (2003). Mit „Zatoichi – Der blinde Samurai“ griff Kitano 2003 Motive eines Romans seines Landsmannes Teruo Tanashita auf, der bereits 1969 Teiji Matsuda zu seinem Streifen „Die blinde schwertschwingende Frau“ nebst einem noch im gleichen Jahr gedrehten Sequel inspiriert hatte. Ein besonderes Verhältnis von Liebe und Tod ist das Thema, dessen sich Multitalent Takeshi Kitano in seinem 1997 entstandenen Film „Hana-Bi“ (J) annahm. Der Filmtitel, zu übersetzen etwa mit „Feuerwerk“ oder „Feuerblume“ (Hana steht für Feuer = Tod und Gewalt, Bi für Blume = Liebe und Leben), verweist auf die beiden gegensätzlichen Pole, zwischen denen sich der Held des Films bewegt. Polizist Yoshitaka Nishi (gespielt von Kitano, der auch das Drehbuch für seinen Film schrieb) ist ein verschlossener Mensch, der in seinem Beruf keine Gnade kennt. Auch in der Liebe zu seiner Frau Miyuki gibt es keine Kompromisse: Miyuki ist unheilbar an Leukämie erkrankt, die Ärzte des Krankenhauses sehen keine Heilungschancen mehr, und so holt Nishi seine Frau nach Hause. Als Nishis Freund und Kollege Horibe im Dienst von Yakuzas angeschossen wird und fortan gelähmt ist und ein weiterer Kollege getötet wird, fühlt sich Nishi dafür verantwortlich und quittiert den Polizeidienst. Er beschließt, die Witwe des Getöteten zu versorgen, seinem Freund Horibe (der, um seine Gefühle auszudrücken, nach einem missglückten Selbstmordversuch Blumen zu malen begann) die besten Malutensilien zu versorgen und mit seiner todkranken Frau auf Reisen zu gehen. Das Geld beschafft er sich, indem er Kontakt mit der Yakuza aufnimmt. Deren Gangster sollen ihm bei einem Bankraub behilflich sein – und sie sollen sterben, denn auch in seiner Rache ist Nishi eiskalt, wohlüberlegt und gnadenlos. Nun selbst von der Polizei gejagt, wird Nishis Reise mit seiner Frau mehr und mehr zu einer Flucht – an deren Ende der Tod steht. Die Figur des malenden Rollstuhlfahrers Horibe ist Kitanos Reflex auf einen schweren Motorradunfall, den der Künstler nur knapp überlebte. Die naiv-fantasievollen Bilder und Zeichnungen, durch die Horibe in „Hana-Bi“ seinem Leid Ausdruck verleiht, schuf Takeshi Kitano eigens für seinen Film. Isao Yukisada, 1968 in Kumamoto geboren, jobbte während seines Studiums am Toho Gakuen Technical College bei einer Produktionsfirma, wo er an diversen Fernsehfilmen und Musikvideos arbeitete. Nachdem er 1995/96 Regieassistent bei Shunji Iwai und dessen Filmen „Love Letter“ und „Swallowtail Butterfly“ war, drehte er 1998 seinen ersten Film „Open House“. Seit seinem Film „Sunflower“, der 2000 beim Filmfestival von Pusan mit dem internationalen Kritikerpreis ausgezeichnet wurde, gilt Yukisada als der shooting star des jungen japanischen Kinos. Im gleichen Jahr folgte „Enclosed Pain“, 2001 drehte Yukisada „Luxurious Bone“. Der fünfte Spielfilm des Regisseurs, „Go“ (J 2001), beginnt in atemberaubendem Tempo: Jump-Cuts, Tricks, wilde Kameraperspektiven, Zeitraffer und hämmernder Techno-Beat scheinen die japanische Version von „Lola rennt“ einzuleiten. Der nach einer Novelle von Kazuki Kaneshiro gedrehte Film behandelt jedoch einen Gegenstand, der im Westen eher wenig bekannt ist: den japanischen Rassismus gegen im „Land der aufgehenden Sonne“ geborene Koreaner. Einer der als „Zainichi“ Diskriminierten ist der junge „Lee“ Sugihara (Yôsuke Kubozuka), welcher in Japan eine nordkoreanische Schule besucht. Hier herrschen Gangs, die schwächere Schüler gnadenlos tyrannisieren; mörderische Mutproben und bizarre Rituale bestimmen den Alltag. Sugihara leidet unter dem Makel, kein echter Japaner zu sein, und da er auch mit den Lehrern nicht klar kommt, wechselt er auf eine japanische Schule. Als Außenseiter, der sich hier behaupten muss, boxt sich Sugihara durch – hat ihn doch sein Vater, ein ehemaliger Profiboxer, gelehrt, statt vieler Worte lieber gleich die Fäuste sprechen zu lassen. Sugihara wird vom Sohn eines Yakuza-Bosses, mit welchem er sich angefreundet hat, zu einer Party mitgenommen, wo er die hübsche Japanerin Sakurai kennen lernt - der gefürchtete Kämpfer ist seiner ersten großen Liebe begegnet. In der ersten Liebesnacht gesteht Sugihara dem Mädchen seine bisher verschwiegene Herkunft – eine Kleinigkeit, wie er meint. Die Reaktion Sakurais fällt jedoch anders aus, als Sugihara erwartet... Isao Yukisadas Plädoyer für mehr Menschlichkeit wurde nach seiner Premiere zum japanischen Kritikerlieblingsfilm. Der 1962 in Tokio geborene Hirokazu Kore-eda studierte an der Universität von Waseda und begann seine Filmkarriere als Dokumentarfilmregisseur beim japanischen Fernsehen. Bereits sein Spielfilmdebüt „Maboroshi“, eine beeindruckende Studie über Verlust und Trauer, sorgte für internationales Aufsehen. Eine Kindheit ohne Aufsicht – was sich möglicherweise manche Kinder als paradiesischen Zustand ausmalen, wird in Hirokazu Kore-edas Drama „Nobody Knows“ (J 2004) zur bitteren Realität. Die von einer wahren Begebenheit inspirierte Geschichte führt uns nach Tokio, wo in einem kleinen Apartment eine allein erziehende Mutter mit ihren vier Kindern, deren jedes einen eigenen Vater hat, lebt. Außer dem Ältesten, dem 12-jährigen Akira, darf sich jedoch keines der eingeschmuggelten Geschwister sehen lassen, denn der Vermieter duldet keine kleinen Kinder. Als die Mutter einen Mann kennen lernt, dem sie ihre Kinder verschweigt, bleibt sie für immer längere Zeit weg – und irgendwann begreifen Akira und seine Geschwister, dass ihre Mutter sie nicht nur vorübergehend verlassen hat. Mittellos und auf sich allein gestellt müssen die vier Kinder, die nie eine Schule besucht haben, in der Großstadt um ihr Überleben kämpfen. Die Dreharbeiten zu „Nobody Knows“ dauerten fast ein Jahr; Dokumentarist Kore-eda drehte chronologisch, wodurch sich auch die reale physische Veränderung der Kinder im Verlauf eines Jahres zeigt. Der Regisseur brachte ebenso die Persönlichkeiten der jungen Laiendarsteller mit ein, indem er sie weitgehend improvisieren ließ. Um die Kinder möglichst unmittelbar, natürlich und ohne ständige Präsenz der Kamera agieren zu lassen, drehte er überdies Außenaufnahmen unter Einsatz von Objektiven mit hoher Brennweite aus weiter Distanz. Beim Festival von Cannes 2004 gewann der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten erst 13-jährige Hauptakteur Yuya Yagira die Auszeichnung als bester Darsteller. Als einer der international bekanntesten und erfolgreichsten asiatischen Schriftsteller gilt Haruki Murakami („Gefährliche Geliebte“, „Kafka am Strand“). Seine Erzählung „Tony Takitani“ (J) wurde 2004 von Jun Ichikawa (* 1948) verfilmt, der einst sein Handwerk beim Drehen von Werbespots erlernt hatte und 1987 mit „Budsu“ seinen ersten abendfüllenden Spielfilm vorlegte. Im Mittelpunkt des Dramas „Tony Takitani“ steht der introvertierte Mittvierziger Tony (gespielt vom japanischen Komiker Issey Ogata, der damit seine Begabung auch für das ernste Rollenfach unter Beweis stellte). Nach dem frühen Tod seiner Mutter vom Vater vernachlässigt aufgewachsen, ist Tony ein Leben in Einsamkeit gewöhnt. Ihm fehlt jede emotionale Bindung, was sich auch in den Bildern des begabten und erfolgreichen Zeichners zeigt: er porträtiert vor allem Maschinen. Bei der Arbeit lernt Tony Eiko kennen, und nach einigen zurückhaltenden Rendezvous wird geheiratet. Die große Liebe bringt für Tony Nähe und Geborgenheit; allerdings bewegt ihn stets die Sorge, er könne dieses Glück wieder verlieren. Die stets fabelhaft aussehende Eiko hat ein überaus kostspieliges Problem - sie ist besessen von teurer Designerkleidung und leidet unter zwanghafter Kaufsucht. Tony spricht diese Angelegenheit nur sehr vorsichtig an, denn er fürchtet, Eiko könne seine Kritik zum Anlass nehmen, sich von ihm zu trennen. Eiko ist bereit, gegen ihre Obsession anzukämpfen, in der Folge entwickeln sich die Dinge jedoch auf tragische Weise... Um die Texte des literarischen Originals möglichst fugenlos mit den typischen Mitteln des Films zu verbinden, bediente sich Jun Ichikawa, der als erklärter Fan des Altmeisters Yasujiro Ozu gilt, eines Kunstgriffs: Er ließ Sätze der aus dem Off kommenden Stimme des Erzählers von seinen Filmfiguren aufnehmen und weiterführen. Die Musik für den Film komponierte Ryuichi Sakamoto, der 1987 gemeinsam mit David Byrne und Su Zong den adäquaten Soundtrack zu Bernardo Bertoluccis bildgewaltigem Epos „Der letzte Kaiser“ geschaffen hatte. Der 1941 geborene weltberühmte japanische Anime-Meister Hayao Miyazaki, („Heidi“, „Prinzessin Monokoke“, „Chihiros Reise ins Zauberland“ - OSCAR 2003 -) begab sich 2004 mit „Das wandelnde Schloss“ (J) abermals ins Reich der Märchen. Zur Vorlage seines ganz und gar nicht nur für Kinder gedachten neuen Anime-Werks, das wie alle Werke Miyazakis von tiefer Liebe zum Menschen und zur Natur geprägt ist, erkor der Regisseur und Chef der Ghibli-Studios dieses Mal den Roman „Sophie im Schloss des Zauberers“ (Originaltitel: „Howls Moving Castle“) der britischen Schriftstellerin Diana Wynne Jones. Sophie arbeitet als Hutmacherin im Geschäft ihres verstorbenen Vaters. Bei einem Besuch in der Stadt lernt sie den jungen und charismatischen Zauberer Hauro kennen. Sie verliebt sich in ihn, wofür sie von einer eifersüchtigen Hexe verflucht wird: Fortan muss sich Sophie im gebrechlichen Körper einer 90jährigen zurecht finden. Sie begibt sich auf eine Reise, um Hauro zu suchen, der den Fluch rückgängig machen soll. Im „wandelnden Schloss“, einem gigantischen mechanischen Ungetüm, das sich auf insektenähnlichen Beinen bewegt, aus allen Löchern pfeift und seine Türen in vier verschiedene Welten und Zeiten öffnen kann, findet sie eine Anstellung und Freunde, darunter der Feuer-Teufel Calcifer, den ein Geheimnis mit Hauro verbindet. Nur der unbekümmerte und selbstverliebte Zauberer selbst schenkt Sophie keine Beachtung; erst als er vom vom König berufen wird, das Land vor dem drohenden Krieg zu retten, wächst er über sich hinaus und rettet Sophie und seine Welt. In seinem Heimatland Japan, wo Miyazakis traditionell von Hand gezeichnete Filme Kultstatus genießen, begeisterte „Das wandelnde Schloss“ bis Anfang Mai 2005 über 14 Millionen Kinobesucher. Anlässlich der Internationalen Filmfestspiele in Venedig 2005 wurde Hayao Miyazaki als einer der wichtigsten Vertreter das japanischen Animationsfilms und zugleich als einer seiner beständigsten und kreativsten Schöpfer mit dem GOLDENEN LÖWEN für sein Lebenswerk geehrt, womit dieser Preis – erstmalig in der über 60-jährigen Geschichte des Festivals – an einen Regisseur von Animationsfilmen überreicht wurde. Von weitaus düsterer Art ist der Animationsfilm „Jin Roh“ (J 1998), ein Science-Fiction-PolitThriller, dessen Regisseur Hiryuki Okiura die Handlung in einem (von der deutschen Wehrmacht besetztes) fiktiven Japan der 50-er Jahre ansiedelte: Hier, in der Hauptstadt Tokio, herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Eine Terrorgruppierung - „Die Sekte“ - bekämpft die totalitäre Regierung. Die Antwort des Regimes heißt „Jin Roh“ („Menschlicher Wolf“), eine Spezialeinheit der Hauptstadtpolizei: Die Männer der geheimen Wolfsbrigade scheinen mit dem Anlegen ihrer martialischen Kampfmontur alles Menschliche zu verlieren. Einer dieser auf Unbarmherzigkeit dressierten Elitesoldaten ist Fuse. Bei einem seiner Einsätze verfolgt er ein rot gekleidetes Mädchen, das sich jedoch in die Luft sprengt. Das Bild des Mädchens lässt Fuse nicht mehr los. Am Grab der jungen Selbstmordattentäterin trifft er deren Schwester, in die er sich verliebt; und so steht der an seiner Arbeit zweifelnde Fuse bald vor einer Entscheidung... Drehbuchautor Mamoru Oshii griff für „Jin Roh“ auf eine von ihm verfasste Manga-Serie zurück und ließ (wie in fast allen seinen Filmen) Autobiografisches einfließen: Er war in den 60er Jahren an den Studentenprotesten gegen den Amerikanisch-Japanischen Beistandspakt beteiligt und wurde deshalb von der Polizei verhaftet. Der gelernte Animationszeichner Hiryuki Okiura er war u. a. bei Mamoru Oshiis viel gerühmten „Ghost in the Shell“ für die Animation verantwortlich verzichtete in seinem spannenden Regiedebüt, welches „Rotkäppchen“-Motive (inklusive ältere, grausamere Variationen des Märchens als die Version der Gebrüder Grimm) aufnahm, fast gänzlich auf Computeranimationen; mehr als 500 Zeichner und Koloristen arbeiteten drei Jahre lang an dem Film. „Jin Roh“ wurde beim internationalen portugiesischen Filmfest „Fantasporto“ mit dem Fantasy-Film-Preis ausgezeichnet und erhielt darüber hinaus den Preis der Jury. Den beängstigenden Teil des Märzprogramms leitet ein Film ein, der zahlreiche Elemente des Horrorfilms in sich birgt: Mit „Uzumaki“ (J 2000) legte der gebürtige Ukrainer Akihiro Higuchi alias „Higuchinsky“ (Jahrgang 1969) sein verstörendes Spielfilmdebüt vor, welches auf der gleichnamigen düster-surrealen Manga-Vorlage von Jungi Ito basiert und als einer der originellsten Horrorfilme der 90er Jahre gilt. „Uzumaki“ bedeutet grob übersetzt Spirale/ Wirbel, und diese geometrischen Gebilde sind denn auch ein tragendes Element der ebenso poesievollen wie märchenhaft-traumartigen Handlung: Seit ihrer Kindheit ist die Schülerin Kiri (Eriko Hatsune) mit Shuichi (Fhi Fan) befreundet, den in letzter Zeit etwas bedrückt – sein Vater ist besessen von Spiralen. Der Fluch breitet sich rasch in der Kleinstadt aus : Menschen sterben, Mitschüler verwandeln sich in seltsame Schneckenwesen oder verstümmeln sich auf der Jagd nach Spiralen an und in ihrem Körper. Während Shuichis Vater mehr und mehr den Kontakt zur Realität zu verlieren scheint, gerät alles in den bedrohlichen Sog einer Verwandlung, deren Ende nicht abzusehen ist. Das „SpiralPhänomen“ droht zu eskalieren, als der Journalist Tamura beginnt, Nachforschungen anzustellen... Akihiro Higuchis „Uzumaki“ erzählt mit apokalyptischen Bildern, bizarren Effekten und monströsen Kreaturen die Geschichte eine Bedrohung, die um so fataler ist, als ihre Ursache im Dunkeln bleibt... Der 1991 von der Nihon-Universität in Regie graduierte Akihiro Higuchi hatte zuvor bereits auf Videofestivals in Japan von sich reden gemacht, so gewann er 1990 den New Artist Award in der Sparte Videofilm auf dem Fukui International Youth Media Art Festival. Neben Regie- und Kameraarbeit bei Promotion-Videoclips für Künstler wie L'Arc en Ciel entwarf er visuelles Material für Events bei RAY Corporation. Der japanische Autor und Regisseur Ryu Murakami („Tokyo Dekadenz“) lieferte die literarische Vorlage für das Horror-Drama „Audition“ (J 1999) seines Landsmannes und Kollegen Takashi Miike. Der 1960 in Osaka geborene Miike studierte am Yokohama College for Television and Film bei so berühmten Lehrmeistern wie Hideo Onchi und Shohei Imamura, nach eigenem Bekunden war seine wichtigste Schule des Films jedoch der Konsum zahlreicher Bruce-Lee-Streifen. Seit seinem Regiedebüt für einen Kinofilm („Shinjuku Triad Society“ - 1995) dreht der sich selbst als Auftragsregisseur und Handwerker bezeichnende Miike durchschnittlich sieben (7) Filme jährlich. Als einer seiner interessantesten Filme gilt „Audition“: Seit dem Tod seiner Frau vor sieben Jahren lebt Shigeharo Aoyama (Ryo Ishibashi) immer noch mit seinem Sohn allein. Auf dessen Drängen beschließt der Vater, wieder zu heiraten. Ein befreundeter Fernsehproduzent hat die Idee, per fingiertem Casting für eine angeblich geplante Serie mögliche Lebensgefährtinnen anzulocken. Die titelgebende „Audition“ ist für Aoyama erfolgreich, er lernt die stille, aber schöne Asami (Eihi Shiina) kennen und verliebt sich in sie. Doch die zarte Lovestory wird bald von Zweifeln überschattet, denn Aoyama entdeckt Widersprüche in Asamis Geschichten. Als ein Freund ihn warnt, macht sich Aoyama auf die Suche nach der Wahrheit: Ist die so verletzlich wirkende Unschuld in Wirklichkeit ein mörderisches Monster? Das düstere psychologische Kammerspiel mit seinen krassen, bis an die Grenzen des Darstellbaren gehenden Bildern und Geräuschen scheint jenen Recht zu geben, die den Asiaten, insbesondere aber dem Regisseur Miike, ein ganz spezielles Verhältnis zu Gewalt und Grausamkeit nachsagen. Manche Deutungsversuche von Kritikern gehen dahin, in „Audition“ die maßlose, aber letztlich gerechte Rache eines Opfers der Machenschaften einer skrupellosen Männerwelt thematisiert zu sehen in jedem Fall ist der Film starker Tobak und daher zarten Gemütern eher nicht zu empfehlen. Guten Appetit. B.R. März 2006 Filmspiegel Japan SO 05.03. bis MO 06.03. „Hana-Bi“ DI 07.03. bis MI 08.03. „GO“ MO 12.03. bis MO 13.03. „Nobody Knows“ DI 14.03. bis MI 15.03. „Tony Takitani“ SO 19.03. bis MO 20.03. „Das wandelnde Schloss“ DI 21.03. bis MI 22.03. „Jin Roh“ MO 26.03. bis MO 27.03. „Uzumaki“ DI 28.03. bis MI 29.03. „Audition“ Einlass: 20.30 Uhr – Beginn: 21.00 Uhr Wir zeigen keine Produktwerbung