II Die Neuregelungen im Einzelnen

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II Die Neuregelungen im Einzelnen
II
Die Neuregelungen im Einzelnen
1
Kindesunterhalt
1.1
Art der Unterhaltsgewährung – § 1612 BGB
1.1.1
Gesetzestext
§ 1612 BGB lautet:
„Art der Unterhaltsgewährung
(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange
des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil,
dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in
der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.“
1.1.2
Regelungsinhalt
Diese Vorschrift regelt die Art der Unterhaltsgewährung. Gemäß § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB können
die Eltern, die einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren haben, bestimmen, in welcher Art
und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll. Eine Unterhaltsbestimmung kann
unterschiedliche Leistungen wie z. B. Wohnung, Verpflegung, Taschengeld und Geldleistungen für
zweckgebundene Ausgaben sicherstellen.
1.1.3
Bisherige Rechtslage
Nach § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. konnte das Familiengericht auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern eines unverheirateten Kindes über die Unterhaltsart aus besonderen Gründen
ändern.
Die Anwendung dieser Vorschrift führte allerdings in der Praxis zu einigen Problemen.
Zum einen war bereits die funktionelle Zuständigkeit für dieses Verfahren umstritten.
Ein Teil der Rechtsprechung1 sah die funktionelle Zuständigkeit allein beim Familienrichter gegeben.
Wohl überwiegend wurde jedoch die Ansicht2 vertreten, dass dieses Verfahren ein gesondertes
FGG-Verfahren sei, für das grundsätzlich gem. § 3 Nr. 2a RPflG der Rechtspfleger zuständig war.
Eine inzidente Prüfung und Abänderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung im streitigen Verfahren wegen Kindesunterhalts war daher nicht möglich, solange der Familienrichter nicht gem. § 6
RPflG das Verfahren auf Abänderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung an sich zog.
Berief sich ein Elternteil auf das Unterhaltsbestimmungsrecht, so führte dies zu Verzögerungen im
Unterhaltsverfahren.
1
2
OLG Dresden, Beschluss v. 25.4.2003, 10 UF 284/03, FamRZ 2004, 209; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.12.2000, 8 UF
180/00, FamRZ 2001, 1306.
KG, Beschluss v. 23.2.1999, 19 WF 75/99, FamRZ 2000, 256; OLG Frankfurt, Beschluss v. 2.9.1999, 3 UF 209/99, FamRZ
2000, 1424; OLG Hamburg, Beschluss v. 3.6.1999, 12 WF 74/99, FamRZ 2000, 246; OLG Köln, Beschluss v. 6.4.2001, 14
WF 46/01, FamRZ 2002, 51.
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Die Neuregelungen im Einzelnen
Zum anderen konnten, wenn das Abänderungsverfahren als FGG-Verfahren behandelt wurde, die
örtliche Zuständigkeit des Abänderungsverfahrens und des Unterhaltsprozesses verschieden sein.
Dies war der Fall, wenn der Wohnsitz des unterhaltsberechtigten volljährigen Kindes und derjenige
der unterhaltspflichtigen Eltern in unterschiedlichen Gerichtsbezirken lagen. Denn die örtliche Zuständigkeit des Abänderungsverfahrens bestimmt sich nach dem Wohnsitz des Kindes (§§ 43 Abs. 1,
36 Abs. 1 Satz 1, 63 FGG), während für die Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder das Gericht am
Wohnsitz des beklagten Elternteils örtlich zuständig ist (§§ 12, 13 ZPO).
1.1.4
Regelungszweck
Die Neuregelung bezweckt die Straffung des Unterhaltsprozesses durch die Abschaffung des gesonderten Abänderungsverfahrens.
1.1.5
Neue Rechtslage
Die geringfügigen Änderungen in § 1612 Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB sind hinsichtlich des gestrichenen Wortes „so“ rein redaktioneller Art.
Durch die Ersetzung des Wortes „wobei“ durch das Wort „sofern“ in § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB
wird festgelegt, dass die Unterhaltsbestimmung nur wirksam ist, wenn auf die Belange des Kindes
die gebotene Rücksicht genommen wurde.
Ist die Bestimmung nicht wirksam, so verbleibt es bei dem Grundsatz des § 1612 Abs. 1 Satz 1
BGB: Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren.
Mit der Aufhebung des § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. wird das Abänderungsverfahren als gesondertes Verfahren abgeschafft und eine einheitliche Entscheidung des Familiengerichts ermöglicht.
Der Streit um die funktionelle Zuständigkeit ist somit obsolet.
Das Kind, das die elterliche Unterhaltsbestimmung nicht hinnehmen will, kann und muss nunmehr
im Unterhaltsprozess den entsprechenden Einwand geltend machen. Betroffen sind in der Praxis
zumeist volljährige Kinder in der Schul- oder Berufsausbildung, die nicht mehr im elterlichen Haushalt wohnen möchten und daher auf den Barunterhalt angewiesen sind. Die Neuregelung hat den
Nachteil, dass ein Kind, das die Wirksamkeit einer Unterhaltsbestimmung der Eltern überprüfen
lassen möchte, jetzt mit den vollen Kosten eines Zivilprozesses belastet wird. Das Kind muss gegen
seine Eltern eine Klage auf Zahlung von Barunterhalt erheben und zudem darlegen und beweisen,
dass die elterliche Unterhaltsbestimmung unwirksam ist.
Damit wird jetzt innerhalb des Unterhaltsprozesses geklärt, ob die elterliche Unterhaltsbestimmung
wirksam ist und das Gericht sie seiner Entscheidung zu Grunde zu legen hat.
Eine Korrektur des Änderungsmaßstabes ist nicht erfolgt. Die Erwägungen des § 1612 Abs. 2 Satz 2
BGB a. F. – also die „besonderen Gründe“, bei deren Vorliegen die elterliche Bestimmung geändert
werden konnte – sind nun bei der Prüfung, ob auf die Belange des Kindes gem. § 1612 Abs. 2 Satz 1
BGB die gebotene Rücksicht genommen wurde, zu beachten.
Hinweis
Bevor für das bedürftige Kind Prozesskostenhilfe beantragt wird, ist daran zu denken, dass es
gegebenenfalls gegen seine Eltern einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gem. § 1610
BGB hat. Dieser geht dem Anspruch auf Prozesskostenhilfe vor.
Kindesunterhalt
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1.2
Mindestunterhalt minderjähriger Kinder – § 1612a BGB
1.2.1
Gesetzestext
§ 1612a BGB lautet:
„Mindestunterhalt minderjähriger Kinder
(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den
Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der Mindestunterhalt
richtet sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes
(Kinderfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes. Er beträgt monatlich entsprechend dem Alter des Kindes
1. für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs (erste Altersstufe) 87 Prozent,
2. für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs (zweite Altersstufe)
100 Prozent und
3. für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe) 117 Prozent
eines Zwölftels des doppelten Kinderfreibetrags.
(2) Der Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen; jede weitere sich ergebende Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt. Der sich bei der Berechnung des Unterhalts ergebende Betrag ist auf
volle Euro aufzurunden.
(3) Der Unterhalt einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem
das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.
(4) (außer Kraft)
(5) (außer Kraft)“
1.2.2
Regelungsinhalt
Die Vorschrift enthält Regelungen zur Höhe des Barunterhaltsanspruches eines minderjährigen Kindes.
1.2.3
Bisherige Rechtslage
Nach § 1612a BGB a. F. konnte das minderjährige Kind Unterhalt als Vomhundertsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung verlangen.
Die Regelbetrag-Verordnung war in drei Altersstufen unterteilt und differenzierte danach, ob das
Kind in den alten Bundesländern oder den in Art 3 des Einigungsvertrages genannten Gebieten, also
den neuen Bundesländern und Ost-Berlin, lebte.
Die Regelbeträge für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes gegenüber dem Elternteil, mit dem
es nicht in einem Haushalt lebte, betrugen für die alten Bundesländer und West-Berlin gem. § 1 der
Regelbetrag-Verordnung ab dem 1.7.2007 monatlich:
für ein Kind in der 1. Altersstufe
202 EUR
für ein Kind in der 2. Altersstufe
245 EUR
für ein Kind in der 3. Altersstufe
288 EUR.
Die Tabellenbeträge der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entsprechen den Regelbeträgen für die alten Bundesländer und West-Berlin nach § 1 der Regelbetrag-Verordnung.
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Die Neuregelungen im Einzelnen
Die Regelbeträge für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes gegenüber dem Elternteil, mit dem
es nicht in einem Haushalt lebte, betrugen in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin gem. § 2 der
Regelbetrag-Verordnung ab dem 1.7.2007 monatlich:
für ein Kind in der 1. Altersstufe
186 EUR
für ein Kind in der 2. Altersstufe
226 EUR
für ein Kind in der 3. Altersstufe
267 EUR.
Die Tabellenbeträge der Gruppe a) der Berliner Tabelle (gilt nur, wenn sowohl der Unterhaltsgläubiger als auch der Unterhaltsschuldner im Beitrittsteil des Landes Berlin wohnen) entsprechen den
Regelbeträgen für die neuen Bundesländer und Ost-Berlin nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung.
Der Anpassungsmaßstab für die Änderung der Regelbeträge war gem. § 1612a Abs. 4 BGB die
Entwicklung des durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelts. Das Bundesministerium der Justiz
hatte die Regelbetrag-Verordnung rechtzeitig anzupassen. Die Anpassung hatte eine Änderung der
Düsseldorfer Tabelle und der Berliner Tabelle zur Folge. Sie geschah zuletzt zum 1.7.2007.
Einen festen Mindestunterhaltsbedarf bzw. das Existenzminimum eines Kindes regelte § 1612a BGB
a. F. nicht.
1.2.4
Regelungszweck
Der Regelungszweck des neuen § 1612a BGB besteht darin, eine gesetzliche Definition des Mindestunterhalts für minderjährige Kinder einzuführen und Normenklarheit zu schaffen.
Hierzu sah sich der Gesetzgeber insbesondere durch zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des BGH veranlasst:
Seit der Änderung des § 1612b Abs. 5 BGB durch das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.2000 wurde in Rechtsprechung und
Literatur diskutiert, ob der gesetzliche Mindestbedarf bei 135 Prozent des Regelbetrags nach der
Regelbetrag-Verordnung liegt. Denn gem. § 1612b Abs. 5 BGB unterblieb eine Anrechnung des
Kindergelds, soweit der Unterhaltspflichtige außer Stande war, Unterhalt in Höhe von 135 Prozent
des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten.
In seiner Entscheidung3 vom 6.2.2002 hat der BGH die Festlegung eines gesetzlichen Mindestunterhalts in § 1612b Abs. 5 BGB verneint. Diese Norm regele lediglich den Ausgleich des Kindergelds
zwischen den Elternteilen und habe mit dem Unterhaltsanspruch des Kindes unmittelbar nichts zu
tun.
Wiederholt wurde, insbesondere auch vom Deutschen Familiengerichtstag, die Forderung geäußert,
das unterhaltsrechtliche Existenzminimum eines Kindes gesetzlich festzuschreiben.
Dieses Ansinnen wurde nicht nur rechtspolitisch, sondern auch damit begründet, dass ungefähr ein
Drittel aller Empfänger von Sozialhilfe minderjährig sind.
Zudem sollte das Unterhaltsrecht vereinfacht und mit den Regelungen des Steuer- und Sozialrechts
abgestimmt werden.
Das Bundesverfassungsgericht4 hatte in einem Beschluss im Jahr 2003 gefordert, im Bereich des
Kindesunterhalts mehr Normenklarheit zu schaffen.
3
4
BGH, Urteil v. 6.2.2002, XII ZR 20/00, FamRZ 2005, 536, 541.
BVerfG, Beschluss v. 9.4.2003, BVerfGE 108, 52 ff.
Kindesunterhalt
1.2.5
23
Neue Rechtslage
Der neue § 1612a BGB enthält eine für alte und neue Bundesländer einheitliche gesetzliche Definition des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder.
Die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts von minderjährigen Kindern entspricht dem Gebot
der Normenklarheit aus Art. 20 Abs. 3 GG und soll die Akzeptanz von Unterhaltszahlungen an bedürftige Kinder erhöhen.
§ 1612a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt die gleiche Funktion wie schon bisher. An die Stelle des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung tritt lediglich als neue Bezugsgröße der Mindestunterhalt,
der an das Einkommensteuergesetz, dort das in § 32 Abs. 6 definierte sächliche Existenzminimum
des Kindes, anknüpft.
Der Mindestunterhalt entspricht je nach Alter des Kindes 87 Prozent (0-5 Jahre), 100 Prozent (6-11
Jahre) bzw. 117 Prozent (12-17 Jahre) des doppelten Kinderfreibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 1
EStG, geteilt durch 12 Monate.
Der Mindestunterhalt ist derjenige Barunterhaltsbetrag, auf den das minderjährige Kind Anspruch
hat und den der Unterhaltspflichtige, soweit er leistungsfähig ist, zu zahlen verpflichtet ist.
Gemäß § 1612a Abs. 1 BGB wird jetzt also unwiderlegbar vermutet, dass jedes minderjährige Kind
einen entsprechend seiner Altersstufe gesetzlich festgelegten Mindestbedarf hat. Diesen muss es
nun nicht mehr darlegen und beweisen. Soweit ein höherer Betrag als der Mindestunterhalt verlangt wird, verbleibt es bei den allgemeinen Beweisregeln.
Der Unterhaltsschuldner kann sich nach wie vor allerdings auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit
berufen und trägt – wie bisher – hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
Hinweis
Um ein Prozesskostenrisiko auszuschließen, sollte der Unterhaltsschuldner vorprozessual unter
Setzung einer angemessenen Frist aufgefordert werden, zum Zwecke der Geltendmachung von
Kindesunterhalt Auskunft zu erteilen. Nach erfolglosem Ablauf der Frist kann das minderjährige
Kind dann ohne Gefahr der Kostentragung Klage erheben. Der Unterhaltsschuldner hat die Kosten des Rechtsstreits dann auch im Falle seiner fehlenden Leistungsfähigkeit gem. § 93d ZPO zu
tragen.
Der Mindestunterhalt wird durch die Bezugnahme auf den steuerlichen Freibetrag für das sog.
sächliche Existenzminimum (Kinderfreibetrag) gesetzlich definiert.
Damit wird eine Anpassung des Unterhaltsrechts an das Steuer- und Sozialrecht erreicht. Die Angleichung beruht auf der Feststellung, dass der Mindestbedarf von Kindern eine absolute Größe ist,
die im Unterhaltsrecht grundsätzlich nicht anders bestimmt werden kann als im Steuer- und Sozialrecht.
Der steuerrechtliche Kinderfreibetrag basiert auf dem Existenzminimumbericht, der von der Bundesregierung alle zwei Jahre erstellt wird. Der Existenzminimumbericht enthält eine Darstellung des
Existenzminimums eines Kindes, dessen Höhe anhand von durchschnittlichen sozialhilferechtlichen
Regelsätzen sowie durchschnittlichen Aufwendungen für Wohn- und Heizkosten ermittelt wird. Der
steuerrechtliche Kinderfreibetrag gilt bundeseinheitlich, wird der Entwicklung der tatsächlichen
Verhältnisse angepasst und nennt konkrete Zahlen, so dass die Berechnung für den Unterhaltspflichtigen und den -berechtigten einsichtig und nachvollziehbar ist. Somit wird auch sichergestellt, dass
der Mindestunterhalt des minderjährigen Kindes alle zwei Jahre den tatsächlichen Verhältnissen
angepasst wird.
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Die Neuregelungen im Einzelnen
Da das so ermittelte sächliche Existenzminimum im Einkommensteuerrecht halbiert und als sog.
Kinderfreibetrag den steuerpflichtigen Eltern jeweils vom zu versteuernden Einkommen abgezogen
wird, knüpft das Gesetz an den doppelten steuerlichen Kinderfreibetrag an.
Die bisher einschlägige Bezugsgröße, die Regelbetrag-Verordnung, entfällt.
Dementsprechend wurden die Regelungen in § 1612a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 und 5 BGB, die Bestimmungen für den Erlass der Regel-Betragsverordnung und deren Anpassung enthielten, aufgehoben. § 1612a Abs. 3 Satz 2 BGB wurde – ebenfalls aus diesem Grund – sprachlich angepasst:
Wie bisher beginnt die Verpflichtung zur Zahlung des Unterhalts nach einer höheren Altersstufe
bereits ab dem Beginn des Monats, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet hat.
Hinweis
Der Mindestunterhalt ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur für minderjährige Kinder
festgelegt. Privilegierte volljährige Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB sind nicht
erwähnt.
Bisher wurde der Bedarf der privilegierten Volljährigen von den Oberlandesgerichten überwiegend
nach einer eigens geschaffenen 4. Altersgruppe in Abhängigkeit von der Höhe der zusammengerechneten Einkommens beider Elternteile bemessen. Daran wurde in der Düsseldorfer Tabelle, Stand
1.1.2008, festgehalten.
Die Differenzierung nach drei Altersstufen und die Einteilung der Altersgruppen wurde beibehalten.
Der Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes gem. § 1612a BGB ist nun nach folgender Formel zu berechnen:
für die 1. Altersstufe :
Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag
12
für die 2. Altersstufe :
Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag
12
für die 3. Altersstufe :
Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag
12
x
0,87
x
1,17
Hinweis
Die Höhe des Mindestunterhalts ist wegen der einheitlichen Anknüpfung im gesamten Bundesgebiet gleich. Für minderjährige Kinder, die in den neuen Bundesländern oder den östlichen Bezirken von Berlin leben, sind deshalb keine Sonderregelungen mehr zu beachten.
Der Kinderfreibetrag gem. § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG beträgt derzeit 1.824 EUR. Der aktuelle Mindestunterhalt gem. § 1612a Abs. 1 BGB beträgt in den jeweiligen Altersstufen daher monatlich:
Mindestunterhalt
1. Altersstufe (0 - 5 Jahre)
265 EUR
2. Altersstufe (6 - 11 Jahre)
304 EUR
3. Altersstufe (12 - 17 Jahre)
356 EUR
Durch die Anknüpfung an die variable Rechengröße – den Kinderfreibetrag – kann auch künftig der
Unterhaltsanspruch dynamisiert formuliert und gerichtlich geltend gemacht werden. Dynamisierte
Unterhaltstitel wird es also auch künftig geben.
Kindesunterhalt
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Der bundeseinheitliche Mindestunterhalt gem. § 1612a Abs. 1 BGB liegt derzeit in allen drei Altersstufen über den Regelbeträgen Ost und West nach der Regelbetrag-Verordnung.
1. Altersstufe
2. Altersstufe
3. Altersstufe
Regelbetrag (West) 100 %
202 EUR
245 EUR
288 EUR
Regelbetrag (Ost) 100 %
186 EUR
226 EUR
267 EUR
Mindestunterhalt
265 EUR
304 EUR
356 EUR
Diese Beträge sind allerdings in Zusammenhang mit der aus der neuen Konzeption der Berücksichtigung des Kindergelds (II 1. 1.3.) und der neuen Übergangsvorschrift in § 36 Nr. 4 EGZPO (II 9
9.3.4.) zu betrachten:
Durch die bedarfsmindernde Berücksichtigung des Kindergelds würden die Zahlbeträge im Vergleich zu den aktuellen Beträgen deutlich absinken, was durch die Übergangsvorschrift verhindert
wird.
Hinweis
Die Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.1.2008, wurden der neuen Rechtslage angepasst.
Nunmehr gibt es 10 Einkommensgruppen beginnend mit der Einkommensgruppe 1 (bis 1.500
EUR) und endend mit der Einkommensgruppe 10 ( 4.701 EUR bis 5.100 EUR).
Der Tabellenunterhaltsbetrag der Einkommensgruppe 1 entspricht dem Mindestunterhalt des
§ 1612a BGB i.V.m. § 36 Nr. 4 EGZPO.
In Folge des Wegfalls der Regelbetrag-Verordnung als Bezugsgröße ist auch eine Anpassung des
Unterhaltsvorschussgesetzes an die Neuregelung in § 1612a BGB erforderlich.
Nach dem bisher geltenden § 2 Abs. 1 UnterhVG wurde die Unterhaltsleistung monatlich in Höhe
der für Kinder der ersten und zweiten Altersstufe jeweils geltenden Regelbeträge (§ 1 oder § 2 der
Regelbetrag-Verordnung) gezahlt.
Künftig wird auf den Mindestunterhalt nach § 1612a BGB abgestellt. § 2 Abs. 1 Satz 1 UnterhVG
lautet5 in der am 1.1.2008 in Kraft tretenden Fassung wie folgt:
„Die Unterhaltsleistung wird, vorbehaltlich der Absätze 2 und 3, monatlich in Höhe des sich
nach § 1612a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 oder 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergebenden monatlichen Mindestunterhalts gezahlt, mindestens jedoch monatlich in Höhe von 279 Euro für
ein Kind, das das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet, und in Höhe von 322 Euro für
ein Kind, das das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. § 1612a Abs. 2 Satz 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.“
In Abs. 2 Satz 1 des neuen Unterhaltsvorschussgesetzes sollen die Wörter „die Hälfte des für ein
erstes Kind zu zahlendes Kindergeld“ durch die Wörter „das für ein erstes Kind zu zahlendes Kindergeld“ ersetzt werden.
5
S. BT-Drs. 16/1829 v. 15.6.2006, BT-Drs. 16/7073 v. 7.11.2007 (Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD).

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