Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe und den
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Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe und den
Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe und den gerichtlichen Rechtsschutz in der Praxis von Klaus Füßer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht (Leipzig) und Natalie Wolfrum, Rechtsanwältin LL.M.Eur (Leipzig/St. Petersburg)* Das weitgehend haushaltsrechtlich reglementierte Subventionsrecht wird seit den aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz abgeleiteten Anforderungen vor neue Herausforderungen gesetzt. Angesichts knapper Haushaltskassen und der fortschreitenden Kürzungen des Fördermittelbudgets wird es für die bewilligende Stelle immer schwieriger, zur Verfügung stehende Haushaltsmittel unter der Vielzahl eingegangener Anträge sachgerecht zu verteilen. Dazu kommt das Problem, wie effektiver Rechtsschutz auf angemessene Teilhabe effektiv zu gewähren ist, dies auch unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Vorgaben, z.B. des Jährlichkeitsprinzips und der Erschöpfung von Haushaltstiteln. Der nachfolgende Beitrag erläutert die allgemeinen rechtlichen Maßstäbe, kann zugleich als Richtschnur für die Gestaltung von rechtskonformen und rechtsschutzfreundlichen Fördermittelvergabeverfahren dienen. I. Einleitung Staatliche Zuwendungen zur Förderung bestimmter Ziele in Politik, Wirtschaft und Kultur erfreuen sich gerade in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise großer Beliebtheit. Allein in Deutschland soll es derzeit bis zu 2.000 verschiedene Förderprogramme geben, die aus den Töpfen der Europäischen Union, des Bundes und der Länder bedient werden1. Unterschieden werden kann die Förderung etwa nach bestimmten Personengruppen (beispielsweise Existenzgründer, Mittelstandsförderung) und Wirtschaftszweigen (beispielsweise Landwirtschaft, Kohle- oder Stahlindustrie), im Hinblick auf die Zielsetzung nach Investitionsmaßnahmen zur Belebung der Konjunktur, zum Schutze der Umwelt oder zum sozialen und raumstrukturellen Ausgleich. Stehen im betreffenden Förderprogramm ausreichend Mittel zur Verfügung, um den Förderbedarf vollständig zu decken, wird die behördliche Fördermittelvergabe regelmäßig nicht in Frage gestellt. Angesichts chronischer Defizite der öffentlichen Haushalte wird es – wie allgemein * Klaus Füßer ist Gründer der Sozietät Füßer & Kollegen (www.fuesser.de), als RA und FAVerwR schwerpunktmäßig im Umwelt- und Planungsrecht tätig; Natalie Wolfrum ist RAin bei Füßer & Kollegen schwerpunktmäßig im Europarecht tätig; beide sind zunehmend mit dem Recht regulierter Märkte befasst. 1 Siehe BMWi, Förderdatenbank – Förderprogramme und Finanzhilfen des Bundes, der Länder und der EU, unter: www.foerderdatenbank.de. RAe Füßer & Kollegen Seite 2 von 27 in Bereichen von zum Zwecke der Daseinsvorsorge stark regulierten Märkten2 – vor allem aber darum gehen, das knappe Gut Geld unter der Masse der grundsätzlich förderfähigen Vorhaben (sachgerecht) zu verteilen sowie die gewählte Verteilungspraxis gegebenenfalls vor Gericht zu verteidigen. Dies gibt Anlass, die rechtlichen – nicht zuletzt verfassungs- und haushaltsrechtlichen – Grundlagen zu rekapitulieren (sogleich II.) und auf dieser Basis die Handlungs- und Gestaltungsspielräume, einzuhaltenden Maßgaben einer rechtskonformen Fördermittelvergabe herauszuarbeiten (nachfolgend III.) und Konsequenzen hieraus für den Rechtsschutz abzuleiten (unten IV.). Der Beitrag widmet sich hierbei nicht bestimmten Fördermittelprogrammen, sondern spürt den allgemeinen Strukturprinzipien der Ausreichung öffentlicher Vorteile nach, die sich auch im Bereich der Gewährung knapper öffentlicher Fördermittel übergreifend herausarbeiten, zugleich zur Lösung neuer Problemlagen mobilisieren lassen. II. Rechtsgrundlagen der Fördermittelvergabe und die daraus folgenden Strukturprinzipien Die Gewährung öffentlicher Fördermittel ist durch einen rechtssystematischen Doppelklang bestimmt: Die Förderung bedarf wegen des öffentlichen Mitteleinsatzes einer haushaltsrechtlichen Absicherung (unten 1.), impliziert aber zugleich auch eine – zuweilen fehlende oder sehr lückenhafte – materiell-rechtliche Steuerung im jeweiligen Fachrecht (unten 2.). 1. Haushaltsrechtliche Rahmenbedingungen Die Vergabe öffentlicher Fördermittel ist zunächst finanzverfassungsrechtlichen Maßstäben des Grundgesetzes, namentlich der Artt. 104a bis 115 GG, unterworfen. Einzelheiten ergeben sich insbesondere aus Art. 109 GG für Bund und Länder gemeinsam und aus Artt. 110 bis 113 GG für den Bund allein. Hierbei legt das auf der Grundlage des Art. 109 IV GG aufgestellte Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) einheitliche Grundsätze für das Haushaltsrecht des Bundes und der Länder fest, die sich in der Bundeshaushaltsordnung (BHO) und in den Landeshaushaltsordnungen (LHO) der jeweiligen Bundesländer sowie den Gemeindehaushaltsverordnungen (GemHVO) niederschlagen3. 2 Vgl. hierzu grundlegend Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, Tübingen, 1998, passim, insb. S. 334 ff.; Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht: Schutzanspruch und Rechtsschutz bei Lenkungs- und Verteilungsentscheidungen der öffentlichen Verwaltung; 1. Aufl. (1991); Wollenschläger, Verteilungsverfahren: Die staatliche Verteilung knapper Güter: Verfassungs- und unionsrechtlicher Rahmen, Verfahren im Fachrecht, bereichsspezifische verwaltungsrechtliche Typen und Systembildung, 2010. 3 Im Folgenden wird angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen allein auf die bundesrechtlichen Vorschriften Bezug genommen. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 3 von 27 Als Ausgaben des Bundes bzw. der Länder sind öffentliche Fördermittel in den Haushaltsplan einzustellen, der für ein oder mehrere Rechnungsjahre vorab durch das Haushaltsgesetz festgestellt wird (Art. 110 I, II GG). Hierbei ist die Feststellung des Haushaltsplans durch Gesetz als Ausdruck des parlamentarischen Budgetrechts (Etathoheit) zu verstehen: Ausgaben dürfen nur geleistet werden, wenn sie im Haushaltsgesetz vorgesehen sind, Ausgaben über die einzelnen Haushaltsansätze hinaus oder für andere Zwecke sind grundsätzlich verboten4. In diesem Rahmen enthält der Haushaltsplan zugleich die Bewilligung ausgeworfener Mittel, also die Ermächtigung an die Regierung, die Mittel für die im Haushaltsplan festgelegten Zwecke auszugeben5. Umfang und Struktur des Haushalts hängen jedoch maßgeblich von der Gesamtspolitik des Bundesstaats ab: Der Gestaltungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers wird weitgehend durch außerhalb des Haushaltsplanes begründete Verpflichtungen beschränkt, namentlich dadurch, dass der größte Teil der Ausgaben durch außerbudgetäre Leistungsgesetze, Besoldungsgesetze und verschiedenartige Verträge vorgegeben wird6. Die Zuständigkeit des Haushaltsgesetzgebers erstreckt sich bei den Ausgabeansätzen für die Erfüllung dieser rechtlichen Verpflichtungen allein auf die rechnerische Zusammenstellung des geschätzten Bedarfs. Demnach können gesetzliche Leistungsansprüche insbesondere nicht dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass im Haushaltsplan keine bzw. nur unzureichende Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden7. Gegebenenfalls werden Nachträge zum Haushaltsgesetz und – plan erforderlich. Soweit ein Nachtragshaushaltsgesetz noch rechtzeitig – bis zum Ende des Haushaltsjahres – eingebracht werden kann (vgl. § §§ 33, 37 I 1 BHO), gilt weiterhin der Parlamentsvorbehalt – das Gesetzgebungsverfahren nach Art. 110 GG ist zu betreiben. Anderenfalls kommt die Ausnahmeregelung aus Art. 112 GG zum tragen: Über über- und außerplanmäßige Ausgaben des Bundes entscheidet die Bundesregierung ohne Beteiligung des Parlaments 4 Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürrig, GG, 63. Aufl. (2011), Art. 110 Rdnr. 15 m.V.a. BVerfG, Urt. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 -, BVerfGE 20, 56 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 98); so auch BVerfG, Urt. v. 25.5.1977 – 2 BvE 1 /74 –, NJW 1977, 1387. 5 BVerfG, a.a.O., BVerfGE 20, 56 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 98). 6 BVerfG, Urt. v. 18.4.1989 – 2 BvF 1/82 -, NJW 1989, 2457; Urt. v. 7.9.2011 – 2 BvR 987/10 –, NJW 2011, 2946 (2950); Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. (2011), Art. 110 Rdnr. 18; Maunz, siehe Fn. 4, Art. 110 Rdnr. 13, Fn. 11, wonach die Ausgaben des öffentlichen Gesamthaushaltes über 90 % auf Leistungsverpflichtungen beruhen. 7 Allgemein zum Verhältnis Haushalts- und Fachrecht: Siekmann, in: Sachs, a.a.O., Art. 110 Rdnr. 38, 42; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. (2007), Art. 110 Rdrn. 16; Maunz, in: Maunz/Dürig, siehe Fn. 4, Art. 110 Rdnr. 10; Kirchhof, NVwZ 1983, 505 ff.; im Arbeitsrecht hat sich das Schlagwort „Arbeitsrecht bricht Haushaltsrecht“ eingebürgert, st. Rspr. des BAG seit Urt. v. 3.5.1978 – 4 AZR 698/76 –, NJW 1978, 2525; dazu Richter am ArbG Berlin Lakies, NZA 1997, 745 ff.; ähnlich BVerwG, Urt. v.13.9.2001 – 2 C 39/00 –, NVwZ 2002, 604 (605) im Hinblick auf die (nachträgliche) Erfüllung eines Besoldungsanspruchs. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 4 von 27 nur mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen; auch einer nachträglichen Genehmigung durch den Bundestag bedarf es nicht. Die Anwendung dieser Vorschrift kommt nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses in Betracht (Art. 112 S. 2 GG). Abweichungen hat das Bundesverfassungsgericht für Beträge, die unterhalb von Bagatellgrenzen liegen, zugelassen (vgl. auch § 37 I 3 BHO)8, Entsprechendes wird gemäß § 37 I 3 BHO angeordnet, wenn Rechtsverpflichtungen zu erfüllen sind9. 2. Fachrechtliche Basis der Förderung, Hilfsmaßstab des Gleichheitsgrundsatzes Der überwiegende Teil der Haushaltsausgaben wird durch Leistungsgesetze auf Bundes- bzw. Landesebene (vgl. dazu Art. 104a III GG) festgeschrieben10. Das jeweilige Fachgesetz normiert Voraussetzungen, Art und Höhe der Förderung, wobei regelmäßig – dem Grunde nach – ein Rechtsanspruch auf die entsprechende Leistung gewährt, Art und Höhe der beantragten Förderung in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Behörde gestellt werden11. Auf dieser Ebene erwächst der Verwaltung ein „Programmermessen“ und ergeben sich die meisten Schwierigkeiten, ist sie doch befugt einzelne Maßnahmen nicht zu fördern und eine Auswahlentscheidung zwischen gleich geeigneten Maßnahmen unterschiedlicher Antragsteller zu treffen, wenn zur Befriedigung des Bedarfs nur eine Maßnahme notwendig ist12. Darüber hinaus stellt das materielle den Förderanspruch Gesetz oftmals unter einen Haushaltsvorbehalt, was einer sorgfältigen Prüfung bedarf, wie weit dieser Vorbehalt reicht. Regelmäßig wird der Gesetzgeber dem Haushaltsgesetzgeber lediglich die Befugnis einräumen, den finanziellen Rahmen der Förderung zu konkretisieren, ihre näheren Modalitäten insbesondere in zeitlicher Hinsicht festzulegen und die Förderung somit mit anderen öffentli- 8 BVerfG, Urt. v. 25.5.1977 – 2 BvE 1/74 -, BVerfGE 45, 1 (39). 9 Dies wird für verfassungsrechtlich bedenklich gehalten, vgl. Kube, in Maunz/Dürrig, siehe Fn. 4, Art. 12 Rdnr. 88 m.w.N. 10 Vgl. etwa Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, Bundeskindergeldgesetz, Berufsausbildungsförderungsgesetz, Wohnungsbau-Prämiengesetz, Opferentschädigungsgesetz, Kleinunternehmerförderungsgesetz, Neugründungsförderungsgesetz, Erneuerbare-Energien-Gesetz, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Arbeitsförderungsgesetz, Kinder- und Jugendhilfeförderung. 11 Die Ausgestaltung als Rechtsanspruch führt regelmäßig zur Nichtanwendbarkeit der haushaltsrechtlichen Zuwendungsvorschriften, vgl. etwa BSG, Urt. v. 10.3.2011 – B 3 P 3/10 R –, juris, Rdnr. 30, 33 zur Förderung von Pflegeeinrichtungen; BVerwG, Beschl. v. 10.7.1980 – 3 B 113/79 –, juris, Rdnr. 3 f. zum Krankenhausfinanzierungsgesetz; dazu Überblick bei Baden, NJW 1984, 2622; zur Entwicklung des sozialstaatlichen Leistungsrechts vgl. Kirchhof, NVwZ 1983, 505 (510). 12 Vgl. BVerwG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 27); vgl. zu diesem Begriff Bieback, in: Gagel, SGB II/SGB III, 43. Aufl. (2011), § 46 SGB III Rdnr. 161. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 5 von 27 chen Ausgaben zu koordinieren; eine Übertragung der Befugnis, über eine Beendigung – also das „Ob“ – der Förderung überhaupt zu entscheiden, wird im Hinblick auf das besonders geregelte Gesetzgebungsverfahren aus Art. 110 III GG und mit Blick auf die Mitwirkungsrechte des Bundesrates als verfassungsrechtlich problematisch anzusehen sein13. Gesetzesfrei gewährte Fördermittel haben ihre Legitimationsgrundlage in der jeweiligen Haushaltsordnung in Verbindung mit dem jeweils geltenden – als Gesetz beschlossenen – Haushaltsplan, in welchem Einzelplan, Kapitel und Titel die konkret bezeichneten Zuwendungen ausgewiesen sind14. Gegenstand dieser Regelungen ist allein die Haushaltswirtschaft, sachliche Budgetentscheidungen – etwa die Regelung von Zuwendungsbedingungen – sind nach dem Zweck der Vorschriften nicht erfasst15. Es bedarf der Ergänzung durch eine Gesetzgebung, die die Ausgabenverpflichtungen des Staates seinem finanziellen Leistungsvermögen anpasst, und der Einbettung in eine mittel- und längerfristige Politik, die für die Einsatzfähigkeit des haushaltspolitischen Instrumentariums sorgt16. Gemäß § 23 i. V. m. § 44 BHO dürfen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der Staatsverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke (Zuwendungen) nur veranschlagt werden, wenn der Staat an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann; die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendungen ist nachzuweisen. Im Übrigen ergeben sich Einzelheiten zum Antragsverfahren, den Bewilligungsvoraussetzungen, Finanzierungsarten und Höhe sowie Rückabwicklung der Förderung aus den Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO im Allgemeinen und den fachspezifischen Förderrichtlinien im Besonderen17. Allesamt regeln diese, dass ein Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung nicht besteht, die Bewilligungsbehörde aufgrund 13 BVerwG, Beschl. v. 19.8.2008 – 3 B 11/08 –, NVwZ 2008, 1355 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 19); OVG LSA, Urt. v. 9.2.2011 – 3 L 792/08 –, juris, Rdnr. 37 m.w.N.; kritisch zur Aufnahme entsprechender Haushaltsvorbehalte Siekmann, in: Sachs, siehe Fn. 6, Art. 110 Rdnr. 41 f. 14 Regelmäßig als ausreichende Rechtsgrundlage für die Subventionierung angesehen vgl. BVerwG, Urt. v. 21.3.1958 – VII C 6/57 –, BVerwGE 6, 282 (287); Urt. v. 19.6.1963 – V C 176/62 – BeckRS 1963, 31326230; Urt. v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 –, NJW 1979, 2059; Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220; offen gelassen durch BVerfG, Beschl. v. 22.10.1974 – 1 BvL 3/72 –, NJW 1975, 254; vgl. zur Kritik in Literatur nur Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. (2008), § 44 Rdnr. 70, Fn. 96 m.w.N. 15 Siekmann, siehe Fn. 6, Art. 109 Rdnr. 91, 5 jeweils m.w.N; Kirchhof spricht von der kompetenzstützenden Funktion des Haushaltsplans, NVwZ 1983, 505 (508). 16 Vgl. BVerfG, Urt. v. 18.4.1989 – 2 BvF 1/82 -, NJW 1989, 2457 (2458). 17 Z.B. im Bereich Denkmalschutzförderung, Sportförderung, Schulhausbauförderung, Infrastrukturförderung, Förderung der ländlichen Entwicklung, Städtebauförderung etc. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 6 von 27 ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel entscheidet. Nur vereinzelt allerdings werden Maßstäbe zur Ausübung des Verteilungsermessens, etwa Kriterien zur vorrangigen Berücksichtigung von Anträgen festgelegt. Feststeht hierbei, dass die Antragsteller weder aus der Haushaltsplanung selbst, die ihre Rechtswirkungen allein im organschaftlichen Rechtskreis zwischen Parlament und Regierung entfaltet18, noch aus den fachspezifischen Förderrichtlinien, bei denen es sich nicht um Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen handelt19, einen Anspruch auf die Gewährung der beantragten Fördermittel ableiten können. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass Verwaltungsrichtlinien über die ihnen zunächst nur innewohnende interne Bindung hinaus vermittels sowohl des Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG als auch des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Artt. 20, 28 GG) eine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger zu begründen vermögen. Diese kann sich insbesondere20 dann ergeben, wenn die Behörde bei der Behandlung vergleichbarer Fälle gleich bleibend nach einem System verfährt, von dem sie dann nicht im Einzelfall nach Belieben abweichen darf, ohne dadurch (objektiv) willkürlich zu handeln und damit gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 I GG zu verstoßen21. In diesem Fall verdichtet sich das Begehren eines übergangenen Antragstellers zu einem Teilhabeanspruch22. III. Detailbetrachtungen: Das Zusammenspiel materiell-rechtlicher und haushaltsrechtlicher Regelungen, Implikationen für die Strukturierung der Fördermittelvergabepraxis 18 Vgl. BVerwG, Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 17); BVerfG, Beschl. v. 22.10.1974 – 1 BvL 3/72 –, NJW 1975, 254; Urt. v. 18.4.1989 – 2 BvF 1/82 -, BVerfGE 79, 311 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 48; gemäß § 3 BHO werden durch den Haushaltsplan Rechte oder Verbindlichkeiten gegenüber Dritten weder begründet noch aufgehoben. 19 BVerwG, Urt. v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 –, NJW 1979, 2059; a.a.O., BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 18). 20 Daneben sind weitere Formen der Selbstbindung denkbar vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rndr. 103 ff.; zur Zusicherung Hellriegel, NVwZ 2009, 571 ff. 21 So st. Rspr. seit BVerwG, Urt. v. 28.4.1978 – IV C 49/76 –, BVerwGE 55, 349 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 12 m.w.N.). 22 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. (2009), § 24 Rdnr. 21; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 16.6.1990 – 1 BvR 355/86 –, BVerfGE 82, 209 zur Aufnahme in der Krankenhausplan; im Falle von Verwaltungsvorschriften wird damit eine gewisse Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger begründet, vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.1969 – VIII C 104/69 –, NJW 1970, 675; Urt. v. 17.4.1970 – VII C 60/68 –, BVerwGE 35, 159 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 21); Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 19); vgl. zur dogmatischen Begründung der Außenwirkung Maurer, a.a.O., § 24 Rdnr. 21 ff. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 7 von 27 Der geschilderte strukturelle Spagat des Fördermittelrechts zwischen haushaltsrechtlichen Vorgaben und inhaltlicher Steuerung verdient näher Betrachtungen: Auch wenn die Spielräume für die Ausgestaltung von Fördermittelprogrammen weit sind (nachstehend 1.), muss die Berücksichtigung haushaltsrechtlicher Restriktionen bei knappen Mitteln dazu führen, dass unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes Maßgaben für die rechtsschutzfreundliche Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens zu beachten sind (unten 2.) 1. Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung Hat eine Behörde ihre Entscheidung nach Ermessen zu treffen, so gebietet der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln23. Er ist verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt, kurzum, wenn die Maßnahme als willkürlich bezeichnet werden muss24. Verfährt eine Behörde bei der Behandlung vergleichbarer Fälle gleichbleibend nach einem – rechtlich unbedenklichen – System (sogleich 1.1.) so darf die Behörde davon nicht im Einzelfall „nach Belieben“ abweichen, ohne dadurch (objektiv) willkürlich zu handeln und damit gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen (unten 1.2.)25. Im Einzelnen: 1.1. Aufstellung eines Verteilungsprogramms Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass der Gleichheitssatz dem Subventionsgeber gebietet, ein Verteilungsprogramm zu erstellen26, das seinerseits rechtmäßig, insbesondere gleichheitsgerecht ist und sich innerhalb des gesetzten Ermes- 23 St. Rspr. seit BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 139). 24 BVerfG, a.a.O. und vgl. Beschl. v. 4.4.2001 – 2 BvL 7/98 –, BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 39 m.w.N); zur Denkmalförderung SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (419). 25 Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.1978 – IV C 49/76 –, BVerwGE 55, 349 (hier zitiert nach juris, Rdnr. 13) m.V.a. BVerfG, Beschl. V. 7.5.1953 –1 BvL 104/52 – BVerfGE 2, 266 (281) und Urt. v. 16.3.1955 – 2 BvK 1/54 –, BVerfGE 4, 144 (155). 26 BVerwG, a.a.O., BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 20); VG München, Urt. v. 13.2.2003 – M 4 K 02.74 –, juris, Rdnr. 19; VG Weimar, Urt. v. 9.1.2006 – 8 K 172/05 – , ThürVBl 2006, 259 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 17). M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 8 von 27 senrahmens bewegt27. Dies begründet zu Gunsten jedes Zuwendungsbewerbers einen Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm behandelt zu werden28. Denn mit der Planungs- und Entscheidungsbefugnis der Behörde korrespondiert auch eine Entscheidungsverantwortung. Können im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nicht alle Maßnahmen, für die Förderung begehrt worden ist und dem Grunde nach in Betracht kommt, im erforderlichen Umfang gefördert werden, hat die Zuschuss gewährende Stelle die durch den Haushaltssatzungsgeber vorgegebene Mangellage in eigener Verantwortung zu bewältigen29. Dies kann schon wegen der von Rechts wegen gebotenen intersubjektiven Nachvollziehbarkeit nicht etwa intuitiv – ohne vorherige Vergewisserung – in einer Kette von Einzelentscheidungen erfolgen, gleichsam nach dem Motto „Learning by doing“; vielmehr muss vorab ein entsprechendes Bewertungsverfahren entwickelt werden30, welches auch unter dem Gesichtspunkt der Rationalität die durch die fehlende fachrechtliche Steuerung klaffende Lücke schließt. Dies erfordert ein hinreichendes fachspezifisches Maßnahmenkonzept einschließlich einer durch die Behörde selbst vorzunehmenden Prioritätensetzung31. Als ausreichend gilt, dass die für die Auswahl der Antragssteller anzulegenden Maßstäbe zumindest in den Grundzügen umrissen, das heißt die in Betracht kommenden Kriterien und ihr Gewicht nach Tendenz und Programm bestimmt sind32. Ist damit einer Verteilung der verfügbaren Haushaltsmittel nach dem so genannten Gießkannenprinzip regelmäßig eine Absage erteilt (sogleich 1.1.1.), bleibt es der Behörde im Übrigen durchaus unbenommen, aus Sachgründen getreu dem Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ zu verfahren (sodann 1.1.2.) bzw. ihre Auswahlentscheidung zu einem festgelegten Stichtag anhand zuvor aufgestellter Bewertungskriterien verbal-argumentativ (nachfolgend 1.1.3.) oder auf Grund ei- 27 Insoweit keine Gleichheit im Unrecht vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.1969 – VIII C 104/69 –, NJW 1970, 675 (676); Urt. 28.4.1978 – IV C 49/76 –, BVerwGE 55, 349 (hier zitiert nach juris, Rdnr. 13); Urt. v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 –, NJW 1979, 2059 (2060); zum Ganzen Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rndr. 108 f. m.w.N. 28 Vgl. BVerwG, siehe Fn. 25, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 20); VG München, siehe Fn. 26, juris, Rdnr. 19; VG Weimar, siehe Fn. 26, ThürVBl 2006, 259 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 17). 29 Vgl. BVerwG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 31); SächsOVG, siehe Fn. 24, LKV 2002, 417 (419). 30 Vgl. Scholles, in: ARL, Handwörterbuch der Raumordnung, 4. Aufl. (2005), S. 97 ff. (105); vgl. zum Vergabeverfahren VK Sachsen, Beschl. v. 24.3.2011 – 1/SVK/005/11 –, juris, Rdnr. 90. 31 Das BVerwG spricht von einer Förderkonzeption, vgl. Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 103, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 31). 32 So das BVerwG, Urt. v. 3.11.1976 – VII C 60/74 –, BVerwGE 51, 235 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 17) und Urt. v. 7.10.1988 – 7 C 65/87 –, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 37) zum Auswahlverfahren um eine Güterfernverkehrsgenehmigung. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 9 von 27 nes typisierenden Kriterienkatalogs mit Punkteskalen zu treffen (anschließend 1.1.4.). Im Einzelnen: 1.1.1. Verteilung nach dem so genannten Gießkannenprinzip Die Verteilung verfügbarer Haushaltsmittel „wie mit einer Gießkanne“ gleichmäßig unter allen Antragstellern – bei ggf. abgesenkter Förderquote der Einzelvorhaben - grundsätzlich förderwürdiger Vorhaben begegnet durchgreifenden Bedenken. Wenngleich damit eine formal gleiche Zuschussvergabe erfolgen würde, wird dies häufig zum Ergebnis haben, dass der eigentlich beabsichtigte Subventionszweck im Einzelfall überhaupt nicht bzw. jedenfalls nicht effektiv erreicht werden kann, weil die Mittel, die letztlich beim Empfänger ankommen, nicht ausreichend sind33; die Problem- und Konfliktbewältigung nicht ausreichender Haushaltsmittel würde in unzulässiger Weise auf die Empfänger verlagert34. Darüber hinaus würde durch diese formale Gleichheit eine materielle Ungleichheit begründet, da ungeachtet der Verschiedenheit der Sachverhalte jedem eine gleich hohe Subvention zuerkannt würde35. Die Verteilung nach dem so genannten Gießkannenprinzip stellt demnach regelmäßig vorbehaltlich von begründungsbedürftigen Sonderlagen eine fehlerhafte Ausübung des Bewirtschaftungsermessens dar. 1.1.2. Verfahren nach dem Prioritätsprinzip Der einfachste Weg für eine Behörde im Falle widerstreitender Anträge zu einer sachgerechten Lösung zu gelangen, ist nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Anträge zu entscheiden (so genanntes Prioritäts- bzw. Windhundprinzip)36. Eine solche Verfahrensweise ordnet der Gesetzgeber immer wieder an37, vielfach entscheidet die Rechtsprechung in Konkretisierung vager gesetzlicher Maßstäbe nach Prioritätsgesichtspunkten38. Auch im Fördermittel- 33 SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (419); vgl. auch BVerfG, Urt. v. 8.4.1987 – 1 BvL 8/84 –, BVerfGE 75, 40 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 103) das es als mit dem Gleichheitssatz vereinbar ansieht, begrenzte öffentliche Mittel nicht nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen, sondern gezielt - unter Bevorzugung einzelner und Benachteiligung anderer Personengruppen – einzusetzen; ähnlich VG Karlsruhe, Urt. v. 24.9.1996 – 1 K 464/95 –, BeckRS 1996, 31337223. 34 BVerwG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 31, 34). 35 SächsOVG, siehe Fn. 33, LKV 2002, 417 (419). 36 Vgl. zum Ganzen Rolshoven, NVwZ 2006, 516 ff. 37 Vgl. etwa § 13 V 2 PBefG, § 32 III Nr. 2 HRG, § 6 SchfG, § 103 V SGB V oder § 5 I 3 der Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres. 38 Vgl. BVerwG, Besch. v. 5.11.2002 – 9 VR 14/02 –, NVwZ 2003, 207 (208) zu konkurrierenden Planungsvorstellungen von Gemeinde und Fachplanungsbehörde; Urt. v. 3.11.1976 – VII C 60.74 -, BVerwGE 51, 235 zum Auswahlverfahren um eine Güterfernverkehrsgenehmigung; Urt. v. 28.6.1963 – VII C 23.63 -, BVerwGE 16, 190 für die Erteilung der Kraftdrosch- M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 10 von 27 recht greifen zahlreiche Richtlinien auf die Bewilligung nach dem Prioritätsgrundsatz zurück39. Vielfach mag der Prioritätsgesichtspunkt ein sachgerechtes Auswahlkriterium darstellen, das dem Gerechtigkeitsgedanken dient, die formale Gleichbehandlung konkurrierender Antragssteller gewährleistet40 und zu einer zügigen Allokation bereitstehender Mittel führt. In berufsrechtlich sensiblen Bereichen kann das alleinige Abstellen auf den in tatsächlicher Hinsicht oftmals von vielen Zufälligkeiten abhängigen Eingang der vollständigen Anträge der verfassungsrechtlichen Bedeutung des betroffenen Grundrechts freilich nicht gerecht werden41. Dazu kommt, dass bei aus haushaltsrechtlichen Gründen nach dem Jährlichkeitsprinzip ausgegebenen knappen Fördermitteln besonders begründungsbedürftig ist, warum innerhalb des betreffenden Jahres für die optimale Zweckerreichung ein zeitlicher Vorsprung gegenüber anderen Faktoren bedeutungsvoll sein soll. Grundsätzlich wird man sagen können: Je sachlich spezifischer der Förderzweck ist und damit bei der Verteilung knapper Mittel der Grad der Zielerreichung von den konkreten sachlichen Gegebenheiten der förderfähigen Sachverhalte abhängt, desto stärker sind die Anforderungen an die Rechtfertigung eines Vorgehens. 1.1.3. Aufstellung sachlich vertretbarer Bewertungskriterien Was in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll42. Auf Grund des weiten Ermessensspielraums steht es der Be- kenkonzession; BayVGH, Entscheidung v. 14.6.1983 – Vf.11-VII/81 -, NVwZ 1984, 232 zur Verteilung von Standplätzen auf Märkten. 39 Vgl. 1.2 der NdsBetriebsausbildungsverbund – Zuwendungsrichtlinie vom 18.10.2007 – 4580121/30/3/2 -, NdsMBl. S. 1238; Punkt 14 der HessInvestrichtlinie vom 24.3.2009 – VI 4A-061-A 94 # 001 –, StAnz. S. 918; Punkt 7.3 der NdsFörderungsrichtlinie Energieeffizienz Straßenbeleuchtung v. 15.7.2009 – Stabstelle – 29100 -, NdsMBl. s. 68; Punkt 1.3 der NRWFörderrichtlinie Fischwirtschaft, Fischerei und Aquakultur v. 9.4.2009 – III-2764.73.50 -, MBl.NRW S. 220; Punkt 8.1 der BRELärmschutz-Richtlinie v. 7.5.2009, BremAbl. S. 537. 40 Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 11.6.1990 – 13 B 1283/90 -, NVwZ-RR 1991, 147 zur Vergabe von Taxikonzessionen; NdsOVG, Urt. v. 26.9.1991 – 1 L 74/91 -, juris, Rdnr. 82 zu konkurrierenden Baugenehmigungsanträgen; VG Hamburg, Urt. v. 19.6.2009 – 19 K 1782/08 -, juris, Rdnr. 35 zu § 5 I 4 SeeAnlV; BSG, siehe Fn. 38, MedR 2005, 666 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 33) zur Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. 41 Vgl. BSG, Urt. v. 23.2.2005 – B 6 KA 81/03 R -, MedR 2005, 666 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 32) zur Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; dazu Kaltenborn, in: Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl. (2010), § 103 Rdnr. 7; ferner Storr, in: Pielow, Beck´scher Online-Kommentar, Gewerbeverordnung (2011), § 70 Rdnr. 41 m.w.N. 42 St. Rspr. vgl. BVerfG, Entscheidung v. 8.10.1963 – 2 BvR 108/62 –, BVerfGE 17, 122 (130); Beschl. v. 8.04.1987 – 2 BvR 909/82 – BVerfGE 75, 108 (157); BVerfG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 40). M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 11 von 27 hörde insbesondere frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen43. Die sich daraus ergebenden Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen müssen hingenommen werden, sofern sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt44. Differenzierungen bei der Verteilung öffentlicher Fördermittel kommen insbesondere in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht in Betracht. Ausgehend von der Vorgabe der Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder nach einem effizienten Einsatz öffentlicher Gelder – konkret der Notwendigkeit der Ausgaben (vgl. § 6 BHO), ihre wirtschaftliche und sparsame Verwendung (§ 7 BHO) – können als Bewertungskriterien etwa berücksichtigt werden: — — wirtschaftliche Wertigkeit des zu fördernden Objekts (Alter, Bedeutung und Zustand), wirtschaftliche Wertigkeit der Maßnahme (Art der Maßnahme, Grad der Erforderlichkeit, Innovativität und Nachhaltigkeit des Vorhabens). In Zeiten des Klimawandels können Kriterien der ökologischen Entwicklung, insbesondere zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Nutzung erneuerbarer Energien besondere Beachtung finden45. Beiträge zur Anpassung an bzw. zur Verringerung der Folgen der demografischen Entwicklung, ihre Berücksichtigung im Rahmen von regionalen, integrierten Entwicklungsstrategien können als maßgebliches Bewertungskriterium vorgesehen werden46. Darüber hinaus kann bei der Entscheidung über die Förderung eine regional ausgewogene Verteilung der Fördermittel den Ausschlag geben47. Differenzierungen in zeitlicher Hinsicht können etwa dahingehend vorgenommen werden, erstmalig gestellte Förderanträge48 43 Vgl. BVerfG, a.a.O., BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 43 m.w.N.). 44 BVerfG, a.a.O., BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 44 m.w.N.). 45 Vgl. insbesondere im Hinblick auf den energetischen Zustand von Schulen und Sportstätten, aber auch im Hinblick auf die Förderung von Breitbandprojekten, etwa 7.3 der Bayrischen Breitbandrichtlinie v. 30.5.2011. 46 Vgl. etwa die maßgeblichen Bewertungskriterien für das ILE/LEADER Auswahlverfahren des SMUL; Förderkonzept für investive Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der schulischen Infrastruktur im Freistaat Sachsen ab 2011, Entwurf des SMK v. 17.6.2011, unveröff.; Fördervoraussetzungen, Auswahlkriterien und Verfahren des BMAS zur Bekanntmachung v. 23.4.2010 – Demografischer Wandel als betriebliche Herausforderung. 47 Vgl. etwa 2.1 der Niedersächsischen Förderrichtlinie kommunale Sportstätten v. 12.10.2011 bzw. 2.2 der Niedersächsischen Nahverkehr- Notfall-Förderrichtlinie v. 12.10.2011. 48 Etwa aus Gewährleistungen der Berufsfreiheit: BVerwG, Urt. v. 3.11.1976 – VII C 60.74 –, BVerwGE 51, 235 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 15); Urt. v. 7.10.1988 – VII C 65.87 –, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 29), jeweils zum Auswahlverfahren um eine Güterfernverkehrsgenehmigung. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 12 von 27 oder Antragsteller, deren Förderung schon länger zurück liegt49, vorrangig zu fördern. Besitzstanddenken und Vertrauensschutzaspekten für bereits früher gewährte Fördermittel wird aber regelmäßig eine Absage zu erteilen sein, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten50. Diesen steht wie einem reinen Windhundprinzip bereits die Jährlichkeit des öffentlichen Haushaltes (vgl. § 45 BHO) entgegen51. So sehen Förderrichtlinien teilweise ausdrücklich vor, dass einmal gewährte Zuwendungen weder dem Grunde noch der Höhe nach zu einem Rechtsanspruch in den Folgejahren führen, eine Selbstbindung der Behörde gegenüber einem über einen längeren Zeitraum geförderten Empfänger nicht begründen. Eine Zusatzbewertung für Wiederholungsanträge stellt allenfalls dann kein sachlich unzulässiges Kriterium dar, wenn sie im Vergleich zur Gesamtbewertung nur unerheblich ins Gewicht fällt52, oder eine effektive Verwendung der bereits eingesetzten öffentlichen Fördermittel eine Weiterförderung des Projekts gebietet53. Im Hinblick auf die Weiterförderung von jugendhilferechtlichen Maßnahmen wird regelmäßig eine Verpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe angenommen, eine (begonnene) Förderung nicht abrupt einzustellen oder zu kürzen, sondern das Auslaufen oder die Anpassung des Projekts finanziell zu überbrücken54. 1.1.4. Insbesondere: Verwendung numerisch unterlegter Bewertungsschemata Wenngleich die für die Bewertung von Fördermaßnahmen maßgeblichen Daten überwiegend nicht in numerischer und damit kardinal messbarer Form vorliegen, bedienen sich kardinalskalierte Punkte- oder Notensysteme heute in den unter- 49 Etwa wegen der durch die zeitliche Entwicklung tatsächlich begründeten Unterschiede, vgl.: VG Düsseldorf, Urt. v. 5.2.2010 – 13 K 8815/08 –, juris, Rdnr. 91 zur Krankenhausförderung. 50 So BVerfG, Urt. v 8.4.1987 – 1 BvL 8/84 –, BVerfGE 75, 40 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 102) zur staatlichen Subventionierung privater Ersatzschulen; ferner VG Mannheim, Urt. v. 12.6.1990 – 10 S 3081/89 –, NVwZ 1991, 1199 m.w.N.; Sachs, in: Stellkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rdnr. 114 m.w.N. 51 Vgl. BVerwG, siehe Fn. 42, BVerwGE 103, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 47 m.w.N. aus Literatur und Rechtsprechung). 52 So SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (420) bei einer Zusatzbewertung für einen Wiederholungsantrag mit lediglich 0,5 Punkte von insgesamt 27 Punkten; Urt. v. 14.1.2010 – 1 B 525/06 –, juris, Rdnr. 27 zur Bewilligungspraxis in der Denkmalförderung, mit dem Hinweis, dass das Regierungspräsidium Dresden dieses Kriterium aufgab, da es eine bloße Billigkeitserwägung in Bezug auf die Person des Antragstellers darstelle. 53 Vgl. zur ähnlichen Argumentation Kingreen, in: Rolf/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: Juni 2011, § 109 SGB V, Rdnr. 37 zur Herausnahme eines Krankenhauses aus dem Krankenhausplan. 54 Zum Meinungsstand vgl. Übersicht bei BVerwG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 47 m.w.N. aus Literatur und Rechtsprechung). M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 13 von 27 schiedlichsten Bereichen großer Beliebtheit55, lassen sich doch Zustände und Vorgänge intersubjektiv nachvollziehbar oftmals besser ins Verhältnis setzen als verbal-argumentativ56. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden – bei „Massenverfahren“ mit einer Vielzahl von Anträgen gar geboten – ist es, dass sich eine Behörde numerisch unterlegter Bewertungsschemata bedient, gewährleistet dies doch grundsätzlich ein Auswahlverfahren nach objektiven, nachvollziehbaren und transparenten Bewertungskriterien, dient das Verfahren zuletzt der Gleichbehandlung der Bewerber und der Rechtsstaatlichkeit des Auswahlverfahrens57. Es versteht sich von selbst, dass ein gewisses Maß an Abstraktion, Generalisierung und Schematisierung begriffsnotwendig ist58, damit ein einheitlicher und nachprüfbarer Maßstab gewonnen werden kann, wenngleich die so erstellten Raster im Vergleich zu im Einzelfall verbal-argumentativ abgearbeiteten Bewertungsschritte besonders fehleranfällig sind und die Gefahr in sich bergen, dass den Besonderheiten des Einzelfalls nicht immer ausreichend Rechnung getragen wird59. Natürlich müssen bei der Erstellung des verwendeten Bewertungsschemas anerkannte Bewertungsmaßstäbe Beachtung gefunden haben60: Ein den – auch rechtlich maßgeblichen – anerkannten Bewertungsmaßstäben genügendes Bewertungsverfahren muss die Bewertungsobjekte eindeutig bezeichnen und inhaltlich bestimmen, was ausgehend von der jeweiligen Zielstellung des Verfahrens die Identifizierung von Wertträgern als Kriterien oder Indikatoren erfordert, denen für 55 Vgl. etwa zur Verteilung von Fördermitteln aus dem EFRE-Programm der EU das ScoringModell des Nds. Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz v. 29.11.2007 – 22-62629/1 –, Nds. MBl. S. 1734. 56 Anschaulich Hofmann, Abwägung im Recht, Tübingen 2007, S. 244 ff., 290 ff; vgl. auch Bortz, Statistik für Sozialwissenschaftler, 5. Aufl. (1999), S. 17 ff. 57 So bereits zum Auswahlverfahren um eine Güterfernverkehrsgenehmigung BVerwG, Urt. v. 7.10.1988 – 7 C 65/87 –, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 37); zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen: BGH, Urt. v. 13.12.1993 – NotZ 56/92 –, juris, Rdnr. 12; Urt. v. 24.7.2006 – NotZ 3/06 –, juris, Rdnr. 13; Urt. v. 26.3.2007 – NotZ 38/06 –, juris, Rdnr. 9; auch das BVerfG hat ein in diesem Rahmen verwendetes Punktesystem prinzipiell nicht beanstandet: BVerfG, Beschl. v. 20.4.2004 – 1 BvR 838/01, 1 BvR 1303/01, 1 BvR 340/02, 1 BvR 1436/01, 1 BvR 1450/01 –, BVerfGE 110, 304; zum rettungsdienstrechtlichen Auswahlverfahren: NdsOVG, Urt. v. 24.4.2008 – 11 LB 266/07 –, juris, Rdnr. 69; zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.3.2009 – 3 S 2455/06 –, juris, Rdnr. 76-80; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.6.2009 – OVG 1 B 1.08 –, juris, Rdnr. 32; VG Halle, Urt. v. 25.10.2010 – 7 A 1/10 –, S. 37 des Umdrucks; zum Vergabeverfahren VK Sachsen, Beschl. v. 8.1.2010 – 1/SVK/059/09 –, juris, Rdnr. 94. 58 BVerfG, Beschl. v. 4.4.2001 – 2 BvL 7/98 –, BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 42 m.w.N.); BGH, Urt. v. 24.7.2006 – NotZ 3/06 –, juris, Rdnr. 13 und Urt. v. 26.3.2007 – NotZ 38/06 –, juris, Rdnr. 9 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen; so auch VG Halle, Urt. v. 25.10.2010 – 7 A 1/10 -, juris, Rdnr. 181 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung. 59 Vgl. BGH, a.a.O., juris, Rdnr. 14 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen. 60 Jaeckel, Gefahrenabwehrrecht und Risikodogmatik, Tübingen 2010, S. 189 f. m.w.N. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 14 von 27 die Ausprägung des zu bewertenden Sachverhalts maßgebliche Bedeutung zukommt61. Die identifizierten Wertträger müssen mit Blick auf das Bewertungsziel tatsächlich aussagekräftig und vor allem vollständig sein62. Unter Berücksichtigung des behördlichen Beurteilungsspielraums kann das gewählte Sachmodell indes rechtlich nur beanstandet werden, soweit sich die Identifizierung noch weiterer Kriterien oder Indikatoren als Wertträger bzw. die fehlende Aussagekraft von zu Wertträgern gemachten Kriterien oder Indikatoren aufdrängt. Darüber hinaus ist die kardinale Transformation nicht-numerischer Sachverhalte nur dann nachvollziehbar und plausibel, wenn es sich letztlich um ein geschlossenes System handelt, wenn also sowohl ein Minimal- als auch ein Maximalwert definiert ist63. Ein nach unten oder oben hin offenes System ist nicht angängig64. Soweit die konkrete Punktevergabe anhand bestimmter Kriterien fest vorgegeben ist und der Behörde keine Spielräume überlässt, unterliegt sie voller gerichtlicher Kontrolle65. Da sich solche Bewertungsverfahren regelmäßig der Schwierigkeit ausgesetzt sehen, eine „Verrechnungseinheit“ für sämtliche bewertungsrelevanten Indikatoren und Belange zu finden66, hat die Behörde, bevor sie ihre endgültige Auswahl trifft, zum einen danach zu fragen, ob für die jeweiligen Antragsteller Umstände ersichtlich sind, die mit dem Bewertungsschema nicht bzw. nicht hinreichend erfasst wurden oder erfasst werden konnten, aber dennoch zu berücksichtigen sind67. Anderenfalls schöpft die Behörde ihren Beurteilungsspielraum nicht aus, wenn sie sich auf eine Gegenüberstellung der für alle einzelnen Antragsteller innerhalb des Bezugssystems gewonnenen Gesamtzahlen beschränkt und ohne Weiteres – im Regelfall – dem Antragsteller den Vorzug gibt, der die auf diese Weise ermittelte höchste Punktzahl erreicht hat68. Die Behörde hat darüber hinaus in einer „wertenden Gesamtschau“ zu prüfen, ob die in das Punktesystem aufge- 61 Bruns, Bewertungs- und Bilanzierungsmethoden in der Eingriffsregelung, Berlin 2007, S. 73. 62 Am Bsp. der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung - 4 UE 2744/90 -, NVwZ-RR 1994, 252 (255) 63 Siehe wiederum am Beispiel der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Bruns, siehe Fn. 61, S. 209. 64 So auch OVG S.-A., Beschl. v. 9.2.2007 – 1 M 267/06 –, juris, Rdnr. 12 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung; vgl. aber die Projektauswahl des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V für Beihilfen für nichtproduktive Investitionen zur Steigerung des öffentlichen Werts von NATURA 2000-Gebieten oder anderer Gebiete mit hohem Naturwert vom 12.5.2010, Kap. 1.4.6.1. 65 VG Halle, Urt. v. 25.10.2010 – 7 A 1/10 -, juris, Rdnr. 213 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung. 66 SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (419); am Bsp. der UVP BVerwG, Urt. v. 8.6.1995 – 4 C 4/94 –, NVwZ 1996, 381 (388); am Beispiel der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Bruns, siehe Fn. 61, S. 178 m.w.N. 67 BGH, siehe Fn. 58, juris, Rdnr. 14 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen. 68 BGH, siehe Fn. 58, juris, Rdnr. 14 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen. HessVGH, Urt. v. 12.2.1993 M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 15 von 27 nommenen Kriterien und sonst eingeflossenen Gesichtspunkte im jeweiligen Einzelfall angemessen gewichtet sind69, da das verwendete Bezugssystem grundsätzlich nicht gewährleisten kann, dass die einzelnen Kriterien stets in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Die nach Bepunktung durchgeführte Gesamtbetrachtung darf jedoch nicht dazu führen, dass das Punkteergebnis anhand der bereits im Bewertungsverfahren herangezogenen Kriterien auf den Einzelfall „(nach-)getrimmt“ wird70. Etwaige Abweichungen in der Auslegung der Bewertungskriterien gehen zu Lasten der Behörde71, sofern sie die von ihr verwendete Bewertungsrichtlinie schon vor bzw. während des Antragsverfahrens sämtlichen Antragstellern zur Verfügung stellt. Denn damit verpflichtet sie sich, das durch die Bewertungsrichtlinie nach Punkten ermittelte Ergebnis ihrer Ermessensentscheidung zu Grunde zu legen72, begründet damit sogleich für den Adressatenkreis der Richtlinie einen Vertrauensschutz: Der einzelne Bewerber kann sich auf feste und für ihn durchschaubare Auswahlkriterien einstellen73. 1.2. Wegfall der Selbstbindung der Verwaltung durch Änderung des Verwaltungssystems Ein durch eine Verwaltungsvorschrift festgelegtes Förderprogramm kann ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz oder die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG aus sachlichen, willkürfreien Gründen jederzeit aufgehoben oder geändert werden74. Der Vorschriftengeber hat im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit in eigener Verantwortung andere Gemeinschaftsbelange und die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu berücksichtigen und in eine umfassende Planung einzufügen, kann die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel auch für 69 BGH, siehe Fn.58, juris, Rdnr. 16 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen. 70 Vgl. BayVGH, Urt. v. 13.4.2006 – 1 N 04.1501 –, NuR 2007, 61 (63) zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung; VG Halle, siehe Fn. 65, juris, Rdnr. 237 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung; vgl. zur Unzulässigkeit der Doppelverwendung der Eignungskriterien als Zuschlags- bzw. Auswahlkriterien im Vergaberecht VK Sachsen, Beschl. v. 8.1.2010 – 1/SVK/059/09 –, juris, Rdnr. 101 m.w.N. 71 Maßgebend ist insofern der objektive Empfängerhorizont aus Sicht der angesprochenen Antragsteller (§§ 133, 157 BGB) vgl. VG Halle, siehe Fn. 65, juris, Rdnr. 213 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung m.w.N. in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Vergaberecht. 72 VG Halle, siehe Fn. 65, juris, Rdnr. 181 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung. 73 BGH, Urt. v. 13.12.1993 – NotZ 56/92 –, juris, Rdnr. 12; siehe Fn. 58, juris, Rdnr. 13 und Urt. v. 26.3.2007 – NotZ 38/06 –, juris, Rdnr. 9 jeweils zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen. 74 BVerwG, Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 20); Urt. v. 11.5.2006 – 5 C 10/05 –, NVwZ 2006, 1184 (1189), Rdnr. 63; Beschl. v. 17.8.2011 – 3 PKH 15/11 –, juris, Rdnr. 8. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 16 von 27 andere wichtige Gemeinschaftsbelange einsetzen75. Ein Subventionsempfänger muss grundsätzlich damit rechnen, dass bei Eintritt grundlegender Änderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen die Subventionen gekürzt oder eingestellt werden, kann auf das unveränderte Fortbestehen einer ihm günstigen Rechtslage nur eingeschränkt vertrauen76. Die Änderung einer derartigen ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift hat grundsätzlich in der Form zu erfolgen, in der die abzuändernde Verwaltungsvorschrift um ihrer Wirksamkeit willen ergehen müsste77. Denkbar ist jedoch auch, dass der durch Richtlinien ursprünglich erklärte Handlungswille durch eine abweichende Verwaltungspraxis des Vorschriftengebers unbeachtlich wird78. Änderungen entsprechender Verwaltungsvorschriften werden grundsätzlich unabhängig von ihrer Bekanntmachung formell wirksam. Insoweit besteht keine generelle Veröffentlichungspflicht, diese kann auch nicht aus der Veröffentlichung der Verwaltungsvorschrift selbst abgeleitet werden79. Hat sich die Verwaltung allerdings in der Verwaltungsvorschrift selbst bzw. durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift in der einen oder der anderen Richtung gebunden – etwa durch die Festlegung, dass alle Verwaltungsvorschriften und deren Änderungen zu veröffentlichen sind –, kann dies Grundlage des Vertrauens sein, die Verwaltung werde entsprechend verfahren80. Generell von Änderungen der Vorschriftenlage unberührt bleiben bereits ausgesprochene Bewilligungen oder entsprechende Zusicherungen i. S. d. § 38 VwVfG, durch die sich der Anspruch auf Gleichbehandlung im Rahmen der jeweiligen Subventionspraxis zu einem durch den Bescheid im einzelnen bestimmten Anspruch auf die begehrte Zuwendung konkretisiert hat81. Im Rahmen seiner Freiheit, Subventionen zu gewähren, aber auch wieder einzustellen, ist dem Staat ein weites – gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares – Gestaltungsermessen eingeräumt, das sich auch auf die Festlegung von Stichta- 75 So st. Rechtsprechung des BVerfG, Beschl. v. 23.11.2004 – 1 BvL 6/99 –, BVerfGE 112, 74 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 45 m.w.N.) zur Subventionierung privater Ersatzschulen. 76 BVerwG, siehe Fn. 74, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 27); siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1188), Rdnr. 57 jeweils mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 8.6.1988 – 2 BvL 9/85 –, BVerfGE 78, 249 (284 f.). 77 BVerwG, siehe Fn. 74, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 21). 78 BVerwG, Urt. v. 30.4.1981 – 2 C 8/79 –, NVwZ 1982, 101 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 24); VGH München, Urt. v. 27.6.1988 – 3 B 86.01782 –, juris, Ls. 4; VGH Bad.-Würt., Beschl. v. 13.12.1999 – 4 S 2518/97 –, juris, Rdnr. 9 m.w.N.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rdnr. 124 m.w.N. 79 BVerwG, siehe Fn. 74, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 22, 28). 80 BVerwG, siehe Fn. 74, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 28). 81 BVerwG, Beschl. v. 17.8.2011 – 3 PKH 15.11 –, juris, Rdnr. 8. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 17 von 27 gen erstreckt82. Ungleichheiten, die durch Stichtagsregelungen entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung eines Stichtages notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, sachlich vertretbar ist83. Dabei besteht allerdings der Gestaltungsspielraum für die Festlegung einer angemessenen Übergangsregelung auch bei einem verfassungsrechtlich zulässigen Subventionsentzug nur im Rahmen der unter Berücksichtigung aller Umstände geltenden Grenze der Zumutbarkeit, deren Einhaltung von einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abhängt84. Wenn eine Subventionierung Ermessenssache ist, entsprechende Haushaltsmittel aber nicht (mehr) zur Verfügung stehen, darf sie selbst dann zu einem im Übrigen sachgerecht gewählten Stichtag eingestellt werden, wenn davon bereits anhängige, nach bisheriger Subventionspraxis begründete Subventionsanträge betroffen sind85; es entspricht gerade dem Gebot der Gleichbehandlung, wenn sich die Verwaltungspraxis an den jeweils aktuell geltenden Förderrichtlinien orientiert86. 2. Haushaltsrechtliche Grenzen, Problem des effektiven Rechtsschutzes Ausgangspunkt ist zunächst der Grundsatz, dass die Auskehr von Fördermitteln strukturell entlang dem haushaltsrechtlichen wie -wirtschaftlichen Rahmen ausgestaltet werden muss. Voraussetzung und mit Rücksicht auf die auch verfassungsrechtlich verbürgten haushaltsrechtlichen Kompetenzen des Parlaments materielle Grenze ist damit zunächst, dass entsprechende Fördermittel im jeweiligen Haushalt veranschlagt wurden und verfügbar sind. Grundsätzlich gilt damit, dass zum jeweiligen Zeitpunkt der Entscheidung des Fördermittelgebers die Erschöpfung der für die Förderung eingestellten Haushaltsmittel ebenso den Anspruch auf gleiche Teilhabe am Fördermittelprogramm vernichtet („Wo nicht ist, hat (auch) der Kaiser sein Recht verloren!“) wie das Ende der jeweiligen Förderperiode, dem Haushaltsjahr. Fraglich ist allerdings, ob Ausnahmen hiervon möglich sind. Strukturell kommen sie nur in Betracht, wenn materiell-rechtliche Überlegungen die genannten haushaltsrechtlichen Grenzen überwinden können, z. B. im Sinne eines im Fachrecht angelegten unzweifelhaften Anspruchs auf Förderung: 82 BVerwG, siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1188), Rdnr. 58 und (1189), Rdnr. 66 mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 15.10.1996 – 1 BvL 44/92 –, BVerfGE 95, 64 (89) zu gesetzlich festgelegten Stichtagen. 83 BVerwG, siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1189 f.), Rdnr. 66 mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 8.4.1987 – 1 BvR 564/84 –, BVerfGE 75, 78 (106). 84 BVerwG, siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1189 f.), Rdnr. 66 mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 8.6.1988 – 2 BvL 9/85 –, BVerfGE 78, 249 (285). 85 BVerwG, siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1190), Rdnr. 73. 86 BVerwG, Beschl. v. 17.8.2011 – 3 PKH 15/11 –, juris, Rdnr. 9. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 18 von 27 Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann jedenfalls einem gesetzlichen – wenn auch in das Ermessen der Verwaltung gestellten – Subventionsanspruch das Fehlen von Haushaltsmitteln nicht entgegengesetzt werden87. Die Verwaltung ist an Gesetz und Recht gebunden (vgl. Art. 20 III GG), kann sich auf die – nur im Innenverhältnis von Parlament und Regierung geltenden – Vorgaben des Haushaltsplans nicht im Außenverhältnis zum Subventionsbewerber berufen88. Die Befugnis des Haushaltsgesetzgebers gehe in diesen Fällen nicht soweit, auch über das „Ob“ der Förderung zu entscheiden, berechtige insbesondere nicht dazu, Haushaltsmittel überhaupt nicht einzustellen89. In diesen Fällen sei Haushaltsrecht und materielles Recht nicht in einer Weise verknüpft, dass Regelungen des Haushaltsrechts anspruchsvernichtende Wirkung zukommt; vielmehr sei es umgekehrt Aufgabe des Haushaltsgesetzgebers, in den Haushaltsplan die zur Erfüllung gesetzlicher Ansprüche erforderlichen Mittel einzustellen, notfalls über- und außerplanmäßig (vgl. Art. 110, 112 GG, § 37 BHO)90. Erscheint diese „Vorrang des Sachrechts“-Linie zur Auflösung von Widersprüchen zwischen Entscheidungen des Parlaments als Haushalts- und als Sachgesetzgeber nicht gänzlich unproblematisch91, kann sie ohnehin nur in Extremfällen auch im Ergebnis zu einem Subventionsanspruch führen: Das zugrundeliegende materielle Recht muss sowohl in der Sache als auch bezogen auf den Zeitpunkt der Förderung und den Anspruch auf Auskehr der Mittel eindeutig sein und sei dies unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Einflüsse, z.B. soweit es um die 87 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.8.2008 – 3 B 11/08 –, NVwZ 2008, 1355 (1356, Rdnr. 18) zu §§ 7 I, II, 8 III PflegeV-AG LSA; Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 13) zu § 74 III SGB VIII; Urt. v. 25. 11. 2004 – 5 C 66/03 –, NVwZ 2005, 825 zur Förderung von Kindergärten nach § 74 SGB VIII; OVG NW, Urt. v. 10.7.2003 – 16 A 2822/01 –, juris, Rdnr. 33 f.; VGH BW, Urt. v. 11.1.2007 – 12 S 2472/06 –, juris, Rdnr. 34 mit dem Hinweis, die Haushaltslage könne allenfalls bei der Bemessung der Höhe Bedeutung erlangen; VG Braunschweig, Urt. v. 15.4.2010 – 3 A 122/09 – , juris, Rdnr. 39; OVG Bln.-Bbg., Urt. v. 24.3.2011 – BeckRS 2011, 49109; Luthe spricht von einem „Grundsatz der Unterordnung des Haushaltsrechts unter das Gesetzesrecht“, vgl. jurisPR-SozR 17/2005 Anm. 5. 88 BVerwG, a.a.O., NVwZ 2008, 1355 (1356, Rdnr. 18); a.a.O., BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). 89 So auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.6.1997 – 4 M 1219/97 –, NdsVBl. 1997, 238 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 36) und VGHJ Kassel, Urt. v. 6. 9. 2005 – 10 UE 3025/04 –, NVwZ-RR 2006, 475 (477) jeweils zur Förderung eines Waldorf-Kindergartens; dazu Wiesner, in : Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. (2011), § 74 Rdnr. 38. 90 BVerwG, siehe Fn. 87, NVwZ 2008, 1355 (1356, Rdnr. 18); a.a.O., BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). 91 Nach Berlit, RiBVerwG, sprengt dies den Haushaltsvorbehalt, vgl. jurisPR-BVerwG 9/2005 Anm. 4; Rauber bewertet die Auslegung an Hand des Demokratieprinzips, vgl. KommJur 2008, 366 ff.; nach Luthe ist die konkrete Umsetzung des Förderanspruchs in besonderer Weise auch von den kommunalpolitischen Gestaltungsabsichten und des Bedarfs des örtlichen Jugendhilfeträgers abhängig, vgl. jurisPR-SozR 17/2005 Anm. 5. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 19 von 27 Kompensationen von Lasten geht, die Private im Rahmen der Erledigung übernommener Aufgaben der Daseinsvorsorge übernommen haben92. Mag die Erweiterung begrenzter Kapazitäten im Bereich der originären Leistungsrechte ohne jeden Vorbehalt zulässig sein, stehen (zumindest) abgeleitete Teilhaberechte doch unter dem Vorbehalt des Möglichen dessen, was der Einzelne vernünftiger Weise von der Gesellschaft beanspruchen kann93. Dies hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu beurteilen, der bei seiner Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen, Prioritäten zu setzen und hierbei gemäß Art. 109 II GG den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen hat94. Hierbei gibt die Haushaltsplanung ein wirtschaftliches- und sozialpolitisches Profil vor und dient als staatsleitender Hoheitsakt95. Die finanzielle Teilhabe muss im Interesse anderer wichtiger Gemeinschaftsgüter und anderer Nachfrage nach Staatsleistungen sowie zur Wahrung der Entscheidungskompetenz des Parlaments gegenüber richterlicher Rechtsfortbildung im Binnenbereich der Haushaltsplanung bleiben96. Eine rechtmäßige Subventionsgewährung setzt demnach stets voraus, dass entsprechende Fördermittel im Haushaltsplan überhaupt vorgesehen sind97. Eine zur Selbstbindung führende Verwaltungspraxis darf sich stets nur unter dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel entwickeln, wird per se rechtswidrig, wenn sie zu einer Überschreitung des Budgets führt und ist dann legitimer (hausrechtlicher) Grund dafür, die Praxis abzubrechen bzw. zu überdenken. Umgekehrt muss der Umstand der „Endlichkeit des Haushaltstitels“ bei nicht zuschließender 92 Vgl. zum § 8 I 1 KHG BVerfG, Beschl. v 12.6.1990 – 1 BvR 355/86 –, NJW 1990, 2306; Degener-Hencke, in: Huster, Krankenhausrecht, 1. Aufl. (2010), § 5 Rdnr. 67; Baden, NJW 1984, 2622 (2623) mit dem Hinweis, die notwendige Abstimmung mit haushaltsrechtlichen Erfordernissen finde bereits im Zuge der Entscheidung über die Aufnahme in das Jahreskrankenhausbauprogramm; zur Förderung von Pflegeheimen vgl. BSG, Urt. v. 26. 1. 2006 – B 3 P 6/04 R –, NZS 2006, 593; BVerwG, siehe Fn. 87, NVwZ 2008, 1355; zu Ausgleichszahlungen im Personenbeförderungsrecht vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.6.1987 – 7 B 30.87 –, Buchholz 442.01 § 45a PBefG Nr 1; zur Förderung eines Waldorf-Kindergartens OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.6.1997 – 4 M 1219/97 –, NdsVBl. 1997, 238 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 35 f.). 93 Vgl. BVerfG, Urt. v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 –, NJW 1972, 1561 (1564), sog. Numerusclausus-Urteil; BVerwG, Urt. v. 23.10.1996 – 6 C 1/94 –, NJW 1997, 2465 (2467) zur Pflicht der Universitäten zur kostenlosen Bereitstellung von zahnärztlichem Instrumentarium. 94 BVerfG, a.a.O., NJW 1972, 1561 (1565); zu den Auswirkungen in der vertragsärztlichen Versorgung vgl. Riedel, NZS 2009, 260 (263); im Zulassungsverfahren zum Referendariat Sieweke, LKV 2009, 305 (306). 95 BVerfG, Urt. v. 18.4.1989 – 2 BvF 1/82 –, NJW 1989, 2457. 96 Kirchhoff, NVwZ 1983, 505 (511 m.w.N.); Sieweke, LKV 2009, 305 (306 m.w.N.). 97 So BVerwG, Urt. v. 18.7.2002 – 3 C 54/01 –, NVwZ 2003, 92 (93) m.V.a. Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 (222); Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rndr. 126; kritisch dazu Siekmann, in: Sachs, siehe Fn. 6, Art. 110 Rdnr. 40. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 20 von 27 „Überzeichnung“ des betreffenden Förderprogramms im maßgeblichen Förderzeitraum hinreichender Anlass dafür sein, schon im Vorhinein durch geeignete Vorkehrungen (Fristen für Antragstellung und Komplettierung von Antragsunterlagen, geeignete Entscheidungsstichtage für die Auswahl zwischen konkurrierenden Anträgen) abzusichern, dass „Wer zu spät kommt, den….!“ allenfalls dann zum praktisch wirksamen förderrechtlichen Grundsatz wird, wenn dies ausdrücklich – aus gutem Grund – so gewollt ist98. Legitim erscheint in diesem Zusammenhang auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen99, bei einer Vervollständigung der Antragsunterlagen durch den der Antragssteller ihm das Risiko aufzubürden, dass zu einem späteren Zeitpunkt entsprechende Fördermittel bereits erschöpft sind100. Wenn freilich in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung zuweilen davon die Rede ist, bei Verfügbarkeit ausreichender Haushaltsmittel zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrags solle eine später – bis zur gerichtlichen Entscheidung - eingetretene Ausschöpfung der Haushaltsmittel unerheblich sein101, etwa weil die Behörde es anderenfalls allein durch die Steuerung der Bearbeitungszeit in der Hand hätte, einen zunächst begründeten Förderungsantrag unbegründet werden zu lassen, somit die Gleichheitsbindung zu unterlaufen102, ist dies fragwürdig: Haushaltsrechtliche Bindungen der Verwaltung zu Gunsten des Parlaments werden damit letztlich in Richtung auf Überlegungen mit Sanktionscharakter überspielt, offenbar, um vorgelagerte Schwächen der effektiven Rechtsschutzgewährung und entsprechenden Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens auszugleichen (vgl. noch dazu sogleich IV.). Freilich wird damit deutlich, dass - gleichsam als auf den Rechtsschutz bezogenen verwaltungsverfahrensrechtliches Desiderats jeglicher Verfahren zur Verteilung knapper öffentlicher Güter Aspekte der Rechtsschutzfreundlichkeit bei der Ausgestaltung des 98 Zum sog. „Windhundprinzip“ als legitimer Teil eines Förderprogramms vgl. oben III.1.1.2. 99 Vgl. nur BVerwG, a.a.O., NVwZ 2003, 91; VG Lüneburg, Urt. v. 29.6.2011 – 5 A 149/10 –, juris, Rdnr. 33. 100 LSG S-A, Urt. v. 24.3.2004 – L 4 P 4/02 –, BeckRS 2009, 62552 m.V.a. VG Potsdam, Urt. v. 29.7.1999 – 3 K 649/96 –, LKV 2001, 430. 101 Vgl. VG Potsdam, Urt. v. 29.7.1999 – 3 K 649/96 –, LKV 2001, 430 (431); SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (418); VG Hannover, Urt. v. 1.10.2008 – 11 A 7719/06 –, juris, Rdnr. 34; LSG S-A, Urt. v. 24.3.2004 – L 4 P 4/02 –, BeckRS 2009, 62552; VG Weimar, Urt. v. 9.1.2006 – 8 K 172/05 –, ThürVBl 2006, 259 (hier zitiert nach juris); a.A. VG Dresden, Urt. v. 15.1.2004 – 6 K 2300/00 –, unveröff.; OVG Bln-Bbg., Urt. v. 10.5.2005 –, LKV 2006, 39. 102 So Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rndr. 126 mit Verweis auf NdsOVG, Urt. v. 25.6.1987 – 3 A 90/85 –, OVGE 40, 387 (390 f.). M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 21 von 27 jeweiligen Förderprogramms im Lichte des Art. 19 IV GG nicht unberücksichtigt bleiben dürfen103. IV. Konsequenzen für den Rechtsschutz Ausgehend von der Begrenzung der Fördermittel in Bezug auf die zur Verfügung gestellte Summe und das laufende Haushaltsjahr wird der Frage, auf welche Weise rechtswidrig übergangene Antragsteller ihre Rechte einer effektiven gerichtlichen Kontrolle zuführen können, bei knappen Mitteln zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Hierbei muss nach dem Vorstehenden grundsätzlich danach differenziert werden, ob es sich um gesetzlich im Ergebnis zwingend vorgeschriebene (nachfolgend 1.) oder – wie regelmäßig - im Ermessensbereich gewährte Subventionen (anschließend 2.) handelt. 1. Verbindlicher Förderanspruch Besteht ausnahmsweise104 auch mit Rücksicht auf haushaltsrechtliche Restriktionen durch Ablauf des jeweiligen Haushaltsjahres oder durch Erschöpfung der eingestellten Haushaltsmittel ein nicht vernichtbarer Förderanspruch, ist dieser rechtsschutzseitig auch durch die Möglichkeit der Verpflichtungsklage und – in Extremfällen105 - durch „vorläufige“ Gewährung im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 123 I VwGO) durchsetzbar. Die Notwendigkeit eines verdrängenden – gegebenenfalls einstweiligen – Konkurrenzschutzes gegen andere Antragsteller wird in den oben genannten Fällen einer verdichteten Förderpflicht regelmäßig entbehrlich sein, da Haushaltsmittel unter Umständen über- bzw. außerplanmäßig bereitzustellen sind106, insoweit eine Ausweitung der Begünstigungen auf der Angebotsseite durchaus möglich ist107. 2. Förderung nach Ermessen Besteht Ermessen, ist es nicht Sache der Gerichte zu überprüfen, ob die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt wurde, die im öffentlichen Interesse liegenden Zwecke bei einer anderen Vergabepraxis ebenfalls oder 103 Zu Konsequenzen bei Mißachtung dieses Gebots – i.S.d. des zuweilen auf die Frage „Und was passiert, wenn sich später herausstellt, dass die Ablehnung der Förderung rechtwidrig war?“ schmunzelnd entgegneten „Sie haben Pech gehabt!“ für den Rechtsschutz vgl. unten IV.2.2.. 104 Vgl. oben III.2. - skeptisch – zu den in der Rechtsprechung erörterten Beispielen. 105 Insbesondere in Fällen, bei denen sich der Anspruch nicht auf eine Geldleistung bezieht, etwa bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen. 106 Vgl. dazu bereits oben III.2. mit den Nachweisen aus Rechtsprechung. 107 Vgl. Sennekamp, in: Quaas/Zuck, Prozesse in Verwaltungssachen, 1. Aufl. (2008), § 3 Rdnr. 82; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Aufl. (2011), § 42 Rdnr. 142. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 22 von 27 sogar besser erreicht werden können, sondern nur, ob die o.g. strukturellen Anforderungen erfüllt und konsequent durchgehalten sind, die Chance des jeweiligen Antragstellers auf eine faire Förderchance gewahrt ist108. Kann sich insbesondere die Ausschöpfung der für das betreffende Förderprogramm eingestellten Mittel bzw. das Ende der Förderperiode als förderschädlich herausstellen, ist allerdings fraglich, ob der auf die Durchsetzung des Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den eigenen Förderantrag gerichtete Rechtsschutz im Rahmen einer Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage ausreicht. Die Gefahr durch einen zwischenzeitlichen Vollzug des einen Dritten begünstigenden Fördermittelbescheides in seinen eigenen Erfolgsaussichten – faktisch – geschmälert zu werden, kann das Bedürfnis nach einer zusätzlichen – flankierenden – Anfechtungsklage gegen den einen Dritten begünstigenden Bescheid (so genannte verdrängende Konkurrentenklage, sogleich 2.1.) gegebenenfalls nach einem einstweiligen – vorbeugenden – Rechtsschutz (nachfolgend 2.2.) erheben. 2.1. Zulässigkeit einer so genannten verdrängenden Konkurrentenklage Das einfachste Instrument faktischen Vollzug des einen Dritten begünstigenden Bescheides vorläufig zu verhindern, bietet die Anfechtung des begünstigenden Drittbescheides mittels Widerspruch und Anfechtungsklage, die gemäß § 80 I 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfalten und somit die Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes übernehmen. Die Verwaltung erhält die Möglichkeit, über die Vergünstigung noch zu verfügen109. Die Zulässigkeit und Notwendigkeit einer solchen Vorgehensweise wird für die verschiedenen Fachbereiche in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht einheitlich beurteilt. Im beamtenrechtlichen Konkurrenzstreitverfahren ist seit der geänderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts neben der Verpflichtungsklage auf eigene Ernennung eine Anfechtung der Ernennung des Mitbewerbers statthaft, insoweit bejaht das Bundesverwaltungsgericht erstmals und unter ausdrücklicher Aufhebung seiner bisherigen Rechtsprechung die Drittwirkung des Ernennungsverwaltungsaktes für die unterlegenen Bewerber als Voraussetzung der Klagebefugnis110. Auch in 108 BVerfG, siehe Fn. 31, BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 43); BVerwG, Urt. 28.4.1978 – IV C 49/76 –, BVerwGE 55, 349 (hier zitiert nach juris, Rdnr. 12); zur Förderung aus Wohnungsfürsorgemitteln vgl. OVG M-V, Urt. v. 27.6.2011 – 2 L 39/99 –, NVwZRR 2002, 406; zur Förderung von Schulinvestitionen vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 15.5.2007 – 6 A 64/06 –, BeckRS 2007, 25356. 109 Man bezeichnet die Anfechtungsklage auch als „Platzhalter“, vgl. Brohm, Die Konkurrentenklage: in: Erichsen/Hoppe/V. Mutius, in der Festschrift Menger, 1985, S. 235 (253). 110 BVerwG, Urt. v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 –, NVwZ 2011, 358 (360 Rdnr. 28, 362 Rdnr. 37 f.); dazu Schenke, NVwZ 2011, 324; anders zuvor BVerwG, Urt. v. 25.8.1988 – 2 M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 23 von 27 Konkurrentenklageverfahren um kontingentierte Genehmigungen geht das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der erfolglose Bewerber zusätzlich zur Verpflichtungsklage auch die dem erfolgreichen Mitbewerber erteilte Genehmigung anfechten kann111. Die Notwendigkeit, zugleich die den Mitbewerbern erteilten Genehmigungen anzufechten, wird jedoch im Hinblick auf praktische Hindernisse – etwa eine große Zahl von Genehmigungen in einem einheitlichen Auswahlverfahren – eingeschränkt, anderenfalls wäre es eine Überforderung erfolgloser Bewerber und eine unzumutbare Erschwerung des Rechtswegs112. Wohl aus den gleichen Gründen der Praktikabilität verneint die Rechtsprechung die Notwendigkeit und Zulässigkeit der Anfechtung der Drittbegünstigung in den sonstigen Fällen kontingentierter Zulassungen113. Dogmatische Schwierigkeiten bei Erschöpfung des Kontingents sollen dadurch überwunden werden, dass die Behörde im Rahmen der Neubescheidung des erfolglosen Bewerbers zugleich über Widerruf und Rücknahme oder der Möglichkeit der (außerordentlichen) Kündigung, gegebenenfalls gegen Schadenersatz für den rechtswidrig bevorzugten Bewerber oder gar gänzliche Wiederholung des Verteilungsverfahrens zu befinden hat114. C 62.85 –, BVerwGE 80, 127, bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 19.9.1989 – 2 BvR 1576/88 –, NJW 1989, 501. 111 Vgl. BVerwG, Urt. v. 30.8.1968 – VII C 122.66 –, BVerwGE 30, 191 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 57) zur Subventionierung von Winzergenossenschaften; Urt. v. 2.9.1983 – 7 C 97/81 –, NVwZ 1984, 507 (508) zum Güterfernverkehrsrecht; Urt. v. 6.4.2000 – 3 C 6/99 –, NVwZ 2001, 322 zum Personenbeförderungsrecht; Urt. v. 23.8.1994 – 1 C 19/91 –, NVwZ 1995, 478 zur Erteilung einer Spielbankenerlaubnis; Urt. v. 25.9.2008 – 3 C 35/07 –, NVwZ 2009, 525 Rdnr. 21 f. und BVerfG, Beschl. v. 14.1.2004 – 1 BvR 506/03 –, NVwZ 2004, 718 (719) zur Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan; BSG, Urt. v. 23.2.2005 – B 6 KA 81/03 R –, MedR 2005, 666 zur Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. 112 BVerwG, Urt. v. 7.10.1988 – 7 C 65/87 –, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 10) zum Güterfernverkehrsrecht. 113 VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.9.1983 – 6 S 2246/83 –, GewArch 1984, 26 zur Zulassung eines Schaustellers zum Volksfest; in diese Richtung BVerfG, Beschl. v. 15.8.2002 – 1 BvR 1790/90 –, NJW 2002, 3691 (3692) zur Vergabe von Standplätzen auf Jahrmärkten; BVerwG, Urt. v. 22.6.1973 – VII C 7.71 –, BVerwGE 42, 296 und Urt. v. 8.2.1980 – VII C 93.77 –, BVerwGE 60, 25 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 24) jeweils zur Zuteilung eines Studienplatzes. 114 BVerwG, siehe Fn. 112, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 10) zu Güterfernverkehrsrecht; BVerfG, a.a.O., NJW 2002, 3691 (3692) zur Vergabe von Standplätzen auf Jahrmärkten; VGH Kassel, Beschl. v. 27.11.1992 – 8 TG 2430/92 – GewArch 1993, 248 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 4) zur Vergabe eines Weihnachtsmarktstandplatzes; a.A. OVG Lüneburg, Urt. v. 3.6.1991 – 7 L 43/89 –, NJW 1992, 1979 (1980) und OVG S-A, Urt. v. 22.2.1995 – 4 L 382/94 –, NVwZ 1996, 815 jeweils zum Güterfernverkehrsrecht; VGH München, Urt. v. 22.7.1982 – 22 B 81 A 2506 –, NJW 1984, 680 zur Erteilung einer Rezeptsammelstellenerlaubnis; Pöcker, DÖV 2003, 193 zum Postulat einer einheitlichen Vertei- M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 24 von 27 Letztlich hängt die Frage, ob Rechtsschutz in den Fällen der verdrängenden Konkurrentenklage über eine Kombination von Verpflichtungs- und Anfechtungsklage erlangt werden kann, davon ab, inwieweit das einschlägige materielle Recht dem übergangenen Bewerber subjektiv Rechtsmacht einräumt. Inwieweit für den interessierenden Fall der Anspruch auf ermessungsfehlerfreie Auswahlentscheidung auch die Aufhebung des einem Mitbewerber erteilten Zuwendungsbescheides rechtfertigt, hängt maßgeblich davon ab, ob eine hohe Wahrscheinlich dafür dargetan werden kann, dass der übergangene Bewerber bei formell ordnungsgemäßen Verfahren und ermessenfehlerfreier Entscheidung selbst zum Zuge gekommen wäre115. Insoweit sind erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast im Rahmen des § 42 II VwGO zu fordern (sog. qualifiziertes Betroffensein)116. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss ein Konkurrent zumindest dann eine Anfechtungsmöglichkeit haben, wenn er geltend macht, dass seine schutzwürdigen Interessen willkürlich vernachlässigt worden sind117. Gegebenenfalls kommt als verletztes Recht die so genannte Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 12 I, 2 I i. V. m. Art. 3 I GG118, Pressefreiheit aus Art. 5 I 2 GG119 bzw. Religionsfreiheit gemäß Art. 4 I GG120, in Zeiten zunehmender Europäisierung und Globalisierung auch der Verstoß gegen das europäische Durchführungsverbot aus Art. 108 III 3 AEUV121 in Betracht. 2.2. Erforderlichkeit des einstweiligen (vorbeugenden) Rechtsschutzes lungsentscheidung; kritisch zum Ganzen Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, siehe Fn. 107 , § 42 Rdnr. 145. 115 Vgl. zu dieser Anforderung Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Juni 2011,, § 42 Rdnr. 307 m.V.a. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht: Das subjektive öffentliche Recht im multipolaren Verwaltungsrechtsverhältnis, 2. Aufl. (2005), S. 467. 116 So auch Sennekamp, in: Fehling/Kastner/Warendorf, VerwR, 1. Aufl. (2006), § 42 VwGO, Rdnr. 130. 117 BVerwG, siehe Fn. 111, BVerwGE 30, 191 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 57) zur Subventionierung von Winzergenossenschaften. 118 Vgl. BVerwG, Urt. v. 23.3.1982 – 1 C 157/79 –, BVerwGE 65, 167 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 27) zum Ladenschlussgesetz Urt. v. 30.8.1968 – VII C 122/66 –, NJW 1969, 522 zur Subventionierung von Winzergenossenschaften; Beschl. v. 27.1.1988 – 7 B 1/88 –, NJW 1988, 1277 Zuschüsse für Instandsetzungsmaßnahmen an Altenheimen. 119 Vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, siehe Fn. 115,, § 42 Rdnr. 301 m.w.N. 120 Vgl. dazu OVG Bln-Bbg, Urt. v. 10.5.2005 – 1 A 744/03 –, LKV 2006, 39. 121 Drittschützende Wirkung höchstrichterlich bejaht BVerwG, Urt. v. 16.12.2010- 3 C 44/09 –, NVwZ 2011, 1016 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 13); BGH, Urt. v. 10.2.2011 – I ZR 213/08 –, juris, Rdnr. 25. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 25 von 27 Soweit diese Zulässigkeitshürde überwunden werden kann, können einer Rückgängigmachung des Verteilungsverfahrens materiell-rechtlich gewichtige Gemeinwohlbelange entgegen stehen. So können etwa die Zeitbedingtheit des Zulassungsanspruchs und der Massecharakter der Vergabeentscheidung122, die besondere Eilbedürftigkeit des Auswahlverfahrens123 sowie die Abwägung mit anderen schutzwürdigen öffentlichen124 und privaten Belangen125 zum Untergang des materiell-rechtlichen Anspruchs und zur Erledigung der erhobenen Klagen führen. Ähnlich könnte im Fördermittelrecht die Haushaltsautonomie des Gesetzgebers bzw. das Erfordernis der zügigen Durchführung öffentlicher Investitionen in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise entgegengehalten werden. In diesen Fällen würde der erfolglose Bewerber auf den Sekundärrechtsschutz verwiesen werden, eine inhaltliche Überprüfung der Vergabeentscheidung (nur) im Verfahren einer Fortsetzungsfeststellungsklage oder im Rahmen eines Schadensersatzprozesses stattfinden. Die verzögerte bzw. gar verweigerte Sachentscheidung führe im Ergebnis dazu, dass die grundgesetzlich geschützten Rechte des erfolglosen Bewerbers unwiederbringlich verloren gingen126. Dies macht es erforderlich, den Rechtsschutz vorzuverlagern: Wenn der durch Art. 19 IV GG gebotene effektive Rechtsschutz auf andere Weise nicht gewährleistet werden kann, so muss ein Antrag gerichtet auf Freihaltung von für die Fördermittelperiode zur Verfügung gestellten Fördermitteln in beantragter Höhe bis zur rechtskräftigen Entscheidung (Unterlassungsklage im Hauptsacheverfahren flankiert durch einen Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung) statthaft sein127. Der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG kommt nicht nur die Aufga- 122 So im Hochschulzulassungsrecht, vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 26.6.1987 – 9 S 786/87 -, NVwZ 1987, 711; NdsOVG, Urt. v. 18.10.1988 – 10 A 348/87 -, NVwZ 1989, 385; § 19 V VergabeVOZVS i.d.F.v. 20.5.2008 (GVBl. I S. 796) ordnet ausdrücklich an, dass vor Gericht obsiegende Studienplatzbewerber im nächsten Vergabeverfahren besonders zu berücksichtigen sind. 123 Vg. zur Bestellungsverfahren eines Insolvenzverwalters BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04 -, NJW 2006, 2613 (2615). 124 Gründe der Ämterstabilität, vgl. BVerwG, Urt. v. 25.8.1988 – 2 C 62/85 -, BVerwGE 80, 127 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 22); bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 19.9.1989 – 2 BvR 1576/88 -, NJW 1990, 501 zu beamtenrechtlichen Beförderungsbescheidungen; BVerfG, Beschl. v. 29.3.2006 – 1 BvR 133/06 -, DNordZ 2006, 790 für die Besetzung von Notarstellen; Schutz von Gläubigerrechten bei der Bestellungsverfahren zum Insolvenzverwalter BVerfG, a.a.O., NJW 2006, 2613 (2615). 125 Man denke etwa an Vertrauensschutzaspekte sowie das Kindeswohl bei der Besetzung von Kindergartenplätzen. 126 Vgl. BVerfG, siehe Fn. 124, NJW 1989, 501 zu beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidungen; Beschl. v. 15.8.2002 – 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 zu Vergabe von Standplätzen auf Jahrmärkten. 127 Vgl. zur Vorverlagerung des Rechtsschutzes bei beamtenrechtlichen Konkurrenzlagen BVerwG, Urt. v. 25.8.1988 – 2 C 62.85 -, BVerwGE 80, 127, bestätigt durch BVerfG, siehe M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 26 von 27 be zu, jeden Akt der Exekutive, der in Rechte des Bürgers eingreift, vollständig der richterlichen Prüfung zu unterstellen, sondern auch irreparablen Entscheidungen soweit als möglich auszuschließen128. Eine gerichtliche Regelung ist jedenfalls dann sachgerecht, wenn das Begehren in der Hauptsache nicht offensichtlich aussichtslos erscheint und außerdem befürchtet werden muss, dass bis zur gerichtlichen Entscheidung über dieses Begehren vollendete Tatsachen geschaffen werden129, sei es durch Ausschöpfung der Fördermittel, Übergang in eine nächste Förderperiode und/oder Fortschreibung einer ekletizistisch begonnenen Praxis der Mittelgewährung, bei deren – ggf. auch: sachgerechten - Fortschreibung der betreffende Antragsteller – nunmehr – nicht mehr in Betracht kommt. Die Notwendigkeit einer derartigen Anordnung besteht umso mehr, wenn die Besorgnis besteht, dass die Behörde sich ihrer unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Bindung an Art. 19 IV 1 GG i. V. m. Art. 20 III GG folgenden Pflicht130, die darin besteht, Fördermittel in beantragter Höhe zurückzuhalten bzw. keine entgegenstehenden Fördermittelbescheide zumindest für die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zu erlassen, zu entziehen beabsichtigt131, indem sie etwa eine konkrete „Zusicherung“ diesbezüglich ablehnt132. Die rechtzeitige Wahrnehmung dieser Interessen zwingt die Behörde im Übrigen dazu, das dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerte Verwaltungsverfahren so auszugestalten, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz nicht vereitelt oder unzumutbar erschwert133. Die Behörde kann demnach verpflichtet sein, den erfolglosen Bewerber innerhalb einer für seine Rechtsschutzentscheidung ausreichenden Zeitspanne vor Erlass entsprechender Fördermittelbescheide vom Ausgang des Auswahl- Fn. 124, NJW 1989, 501; zu Vergabe von Standplätzen auf Jahrmärkten BVerfG, a.a.O., NJW 2002, 3691 (3692); Huber, siehe Fn. 2, S. 441; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmitt/Aßmann/Pietzner, siehe Fn. 115, § 42 Rdnr. 329 zum Hochschulzulassungsrecht mit Verweis auf Schmitt-Preuß, siehe Fn. 115, S. 487 f.; zum Ganzen Rennert, DVBl. 2009, 1333 (1336). 128 BVerfG, siehe Fn. 124, NJW 1990, 501 zu beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidungen. 129 Ähnlich bei so genannten „Hängebeschlüssen“ vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 15.12.1992 – 2 W 36/92 –, NVwZ-RR 1993, 391; OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 3.2.1998 – 8 S 184/97 –, NVwZ-RR 1999, 212; OVG Bautzen, Beschl. v. 17.12.2003 – 3 BS 399/03 –, NVwZ 2004, 1134; Kopp/Schenke, VwGO-Komm., 15. Aufl. (2007), § 123 Rdnr. 29 m.w.N; ähnlich BVerwG, Urt. v. 13.9.2001 – 2 C 39/00 –, NVwZ 2002, 604 (605) zur Erfüllung eines (nachträglichen) Besoldungsanspruchs. 130 BVerfG, Beschl. v. 4.6.1987 – 1 BvR 620/87 –, NJW 1987, 2219; OVG Bautzen, Beschl. v. 17.12.2001 – 3 BS 399/03 –, NVwZ 2004, 1134; Kopp/Schenke, VwGO-Komm., 15. Aufl. (2007), § 80 Rdnr. 170 m.w.N. 131 So SächsOVG , a.a.O., NVwZ 2004, 1134. 132 So MacLean, LKV 2001, 107 (108), selbst – seinerzeit – Vorsitzender Richter einer am VG Berlin mit solchen Konstellationen befassten Kammer. 133 BVerfG, siehe Fn. 124, NJW 1990, 501 m.w.N zu beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidungen. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc RAe Füßer & Kollegen Seite 27 von 27 verfahrens in Kenntnis zu setzen134 bzw. ein Vorauswahlverfahren zu treffen, das eine zum Zwecke der gerichtlichen Kontrolle hinreichend sichere Tatsachengrundlage für eine sachgerechte Auswahlentscheidung vermittelt135. Auf diese Weise erhalten alle Bewerber die Möglichkeit, auf die Auswahlentscheidung Einfluss zu nehmen, einer gleichheitsgerechten Verteilungspraxis maßgeblich Geltung zu verschaffen. V. Zusammenfassung und Ausblick Das Fördermittelrecht wird durch ein Zusammenspiel von Sozialstaatsprinzip, Haushaltsautonomie und grundrechtlicher Verbürgungen bestimmt: Während die Entwicklung des sozialstaatlichen Leistungsrechts zu einer weitgehenden Verfestigung der individuellen Leistungserwartungen gegenüber dem Staat zu Leistungsansprüchen geführt hat, hierbei die finanzielle Hilfspflicht vorbehaltslos und die finanzielle Hilfsfähigkeit des Staates grenzenlos zu sein scheint, kann dem objektiv-rechtlichen Förderungsauftrag des Staates in den ungeregelten Fördertatbeständen ein sozialgrundrechtliches Leistungsversprechen nicht entnommen werden, beschränkt sich der Anspruch auf die gerechte Teilhabe am jeweils Vorhandenen. In beiden Konstellationen – im Leistungsbereich zur Ausgestaltung des verbliebenen Programmermessens, bei der Teilhabegewährung zur Gewährleistung einer gleichheitskonformen Verteilungspraxis – muss die bislang nur rudimentär ausgestaltete fachrechtliche Basis der Förderung ausgebaut, verwaltungsrechtlicher Bedarf und Dringlichkeit auf die finanzielle Belastbarkeit und die Gewichtung der anderen, ebenfalls gleichrangigen Zielsetzungen staatlicher Wirtschafts- und Sozialpolitik abgestimmt werden. Bis dahin ist die Gestaltung rechtskonformer Fördermittelvergabeverfahren über den Umweg des effektiven Rechtsschutzes sicherzustellen, wenn gleich dem Grundsatz der Gewaltenteilung entsprechend und zur Mäßigung exzessiver Rechtsfortbildung legislative Normierung zu fordern ist. 134 BVerfG, siehe Fn. 124, NJW 1990, 501 m.w.N zu beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidungen. 135 So BVerfG, siehe Fn. 123, NJW 2006, 2613 (2615 m.w.N.) zur Bestellung eines Insolvenzverwalters; siehe etwa das Zusammenwirken von Linienverkehrsgenehmigung und einstweilige Erlaubnis in §§ 13, 20 a PBefG. M:\Texte\Klaus Füßer\Publikationen\PubXXVII-Abt. 5\Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe in der behördlichen Praxis- Neu.doc