Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe und den

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Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe und den
Rechtliche Maßstäbe für die Fördermittelvergabe und den gerichtlichen
Rechtsschutz in der Praxis
von Klaus Füßer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht (Leipzig)
und Natalie Wolfrum, Rechtsanwältin LL.M.Eur (Leipzig/St. Petersburg)*
Das weitgehend haushaltsrechtlich reglementierte Subventionsrecht wird seit
den aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz abgeleiteten Anforderungen vor
neue Herausforderungen gesetzt. Angesichts knapper Haushaltskassen und
der fortschreitenden Kürzungen des Fördermittelbudgets wird es für die bewilligende Stelle immer schwieriger, zur Verfügung stehende Haushaltsmittel
unter der Vielzahl eingegangener Anträge sachgerecht zu verteilen. Dazu
kommt das Problem, wie effektiver Rechtsschutz auf angemessene Teilhabe
effektiv zu gewähren ist, dies auch unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Vorgaben, z.B. des Jährlichkeitsprinzips und der Erschöpfung von
Haushaltstiteln. Der nachfolgende Beitrag erläutert die allgemeinen rechtlichen Maßstäbe, kann zugleich als Richtschnur für die Gestaltung von rechtskonformen und rechtsschutzfreundlichen Fördermittelvergabeverfahren dienen.
I.
Einleitung
Staatliche Zuwendungen zur Förderung bestimmter Ziele in Politik, Wirtschaft
und Kultur erfreuen sich gerade in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise großer
Beliebtheit. Allein in Deutschland soll es derzeit bis zu 2.000 verschiedene Förderprogramme geben, die aus den Töpfen der Europäischen Union, des Bundes
und der Länder bedient werden1. Unterschieden werden kann die Förderung etwa
nach
bestimmten
Personengruppen
(beispielsweise
Existenzgründer,
Mittelstandsförderung) und Wirtschaftszweigen (beispielsweise Landwirtschaft,
Kohle- oder Stahlindustrie), im Hinblick auf die Zielsetzung nach Investitionsmaßnahmen zur Belebung der Konjunktur, zum Schutze der Umwelt oder zum sozialen und raumstrukturellen Ausgleich. Stehen im betreffenden Förderprogramm
ausreichend Mittel zur Verfügung, um den Förderbedarf vollständig zu decken,
wird die behördliche Fördermittelvergabe regelmäßig nicht in Frage gestellt. Angesichts chronischer Defizite der öffentlichen Haushalte wird es – wie allgemein
*
Klaus Füßer ist Gründer der Sozietät Füßer & Kollegen (www.fuesser.de), als RA und
FAVerwR schwerpunktmäßig im Umwelt- und Planungsrecht tätig; Natalie Wolfrum ist RAin
bei Füßer & Kollegen schwerpunktmäßig im Europarecht tätig; beide sind zunehmend mit dem
Recht regulierter Märkte befasst.
1
Siehe BMWi, Förderdatenbank – Förderprogramme und Finanzhilfen des Bundes, der Länder
und der EU, unter: www.foerderdatenbank.de.
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in Bereichen von zum Zwecke der Daseinsvorsorge stark regulierten Märkten2 –
vor allem aber darum gehen, das knappe Gut Geld unter der Masse der grundsätzlich förderfähigen Vorhaben (sachgerecht) zu verteilen sowie die gewählte
Verteilungspraxis gegebenenfalls vor Gericht zu verteidigen. Dies gibt Anlass, die
rechtlichen – nicht zuletzt verfassungs- und haushaltsrechtlichen – Grundlagen
zu rekapitulieren (sogleich II.) und auf dieser Basis die Handlungs- und Gestaltungsspielräume, einzuhaltenden Maßgaben einer rechtskonformen Fördermittelvergabe herauszuarbeiten (nachfolgend III.) und Konsequenzen hieraus für den
Rechtsschutz abzuleiten (unten IV.). Der Beitrag widmet sich hierbei nicht bestimmten Fördermittelprogrammen, sondern spürt den allgemeinen Strukturprinzipien der Ausreichung öffentlicher Vorteile nach, die sich auch im Bereich der
Gewährung knapper öffentlicher Fördermittel übergreifend herausarbeiten, zugleich zur Lösung neuer Problemlagen mobilisieren lassen.
II.
Rechtsgrundlagen der Fördermittelvergabe und die daraus folgenden Strukturprinzipien
Die Gewährung öffentlicher Fördermittel ist durch einen rechtssystematischen
Doppelklang bestimmt: Die Förderung bedarf wegen des öffentlichen Mitteleinsatzes einer haushaltsrechtlichen Absicherung (unten 1.), impliziert aber zugleich
auch eine – zuweilen fehlende oder sehr lückenhafte – materiell-rechtliche Steuerung im jeweiligen Fachrecht (unten 2.).
1.
Haushaltsrechtliche Rahmenbedingungen
Die Vergabe öffentlicher Fördermittel ist zunächst finanzverfassungsrechtlichen
Maßstäben des Grundgesetzes, namentlich der Artt. 104a bis 115 GG, unterworfen. Einzelheiten ergeben sich insbesondere aus Art. 109 GG für Bund und
Länder gemeinsam und aus Artt. 110 bis 113 GG für den Bund allein. Hierbei
legt
das
auf
der
Grundlage
des
Art. 109 IV GG
aufgestellte
Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) einheitliche Grundsätze für das Haushaltsrecht des Bundes und der Länder fest, die sich in der Bundeshaushaltsordnung
(BHO) und in den Landeshaushaltsordnungen (LHO) der jeweiligen Bundesländer
sowie den Gemeindehaushaltsverordnungen (GemHVO) niederschlagen3.
2
Vgl. hierzu grundlegend Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, Tübingen, 1998, passim, insb. S. 334 ff.; Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht: Schutzanspruch und
Rechtsschutz bei Lenkungs- und Verteilungsentscheidungen der öffentlichen Verwaltung; 1.
Aufl. (1991); Wollenschläger, Verteilungsverfahren: Die staatliche Verteilung knapper Güter:
Verfassungs- und unionsrechtlicher Rahmen, Verfahren im Fachrecht, bereichsspezifische
verwaltungsrechtliche Typen und Systembildung, 2010.
3
Im Folgenden wird angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen allein auf die bundesrechtlichen Vorschriften Bezug genommen.
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Als Ausgaben des Bundes bzw. der Länder sind öffentliche Fördermittel in den
Haushaltsplan einzustellen, der für ein oder mehrere Rechnungsjahre vorab durch
das Haushaltsgesetz festgestellt wird (Art. 110 I, II GG). Hierbei ist die Feststellung des Haushaltsplans durch Gesetz als Ausdruck des parlamentarischen Budgetrechts (Etathoheit) zu verstehen: Ausgaben dürfen nur geleistet werden,
wenn sie im Haushaltsgesetz vorgesehen sind, Ausgaben über die einzelnen
Haushaltsansätze hinaus oder für andere Zwecke sind grundsätzlich verboten4. In
diesem Rahmen enthält der Haushaltsplan zugleich die Bewilligung ausgeworfener Mittel, also die Ermächtigung an die Regierung, die Mittel für die im Haushaltsplan festgelegten Zwecke auszugeben5. Umfang und Struktur des Haushalts
hängen jedoch maßgeblich von der Gesamtspolitik des Bundesstaats ab: Der Gestaltungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers wird weitgehend durch außerhalb
des Haushaltsplanes begründete Verpflichtungen beschränkt, namentlich dadurch, dass der größte Teil der Ausgaben durch außerbudgetäre Leistungsgesetze, Besoldungsgesetze und verschiedenartige Verträge vorgegeben wird6. Die Zuständigkeit des Haushaltsgesetzgebers erstreckt sich bei den Ausgabeansätzen
für die Erfüllung dieser rechtlichen Verpflichtungen allein auf die rechnerische
Zusammenstellung des geschätzten Bedarfs. Demnach können gesetzliche Leistungsansprüche insbesondere nicht dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass im
Haushaltsplan keine bzw. nur unzureichende Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden7. Gegebenenfalls werden Nachträge zum Haushaltsgesetz und –
plan erforderlich. Soweit ein Nachtragshaushaltsgesetz noch rechtzeitig – bis
zum Ende des Haushaltsjahres – eingebracht werden kann (vgl. § §§
33, 37 I 1 BHO), gilt weiterhin der Parlamentsvorbehalt – das Gesetzgebungsverfahren nach Art. 110 GG ist zu betreiben. Anderenfalls kommt die Ausnahmeregelung aus Art. 112 GG zum tragen: Über über- und außerplanmäßige Ausgaben
des Bundes entscheidet die Bundesregierung ohne Beteiligung des Parlaments
4
Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürrig, GG, 63. Aufl. (2011), Art. 110 Rdnr. 15 m.V.a. BVerfG, Urt. v.
19.7.1966 – 2 BvF 1/65 -, BVerfGE 20, 56 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 98); so auch
BVerfG, Urt. v. 25.5.1977 – 2 BvE 1 /74 –, NJW 1977, 1387.
5
BVerfG, a.a.O., BVerfGE 20, 56 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 98).
6
BVerfG, Urt. v. 18.4.1989 – 2 BvF 1/82 -, NJW 1989, 2457; Urt. v. 7.9.2011 – 2 BvR
987/10 –, NJW 2011, 2946 (2950); Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. (2011), Art. 110
Rdnr. 18; Maunz, siehe Fn. 4, Art. 110 Rdnr. 13, Fn. 11, wonach die Ausgaben des öffentlichen Gesamthaushaltes über 90 % auf Leistungsverpflichtungen beruhen.
7
Allgemein zum Verhältnis Haushalts- und Fachrecht: Siekmann, in: Sachs, a.a.O., Art. 110
Rdnr. 38, 42; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. (2007), Art. 110 Rdrn. 16; Maunz, in:
Maunz/Dürig, siehe Fn. 4, Art. 110 Rdnr. 10; Kirchhof, NVwZ 1983, 505 ff.; im Arbeitsrecht
hat sich das Schlagwort „Arbeitsrecht bricht Haushaltsrecht“ eingebürgert, st. Rspr. des BAG
seit Urt. v. 3.5.1978 – 4 AZR 698/76 –, NJW 1978, 2525; dazu Richter am ArbG Berlin
Lakies, NZA 1997, 745 ff.; ähnlich BVerwG, Urt. v.13.9.2001 – 2 C 39/00 –, NVwZ 2002,
604 (605) im Hinblick auf die (nachträgliche) Erfüllung eines Besoldungsanspruchs.
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nur mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen; auch einer nachträglichen Genehmigung durch den Bundestag bedarf es nicht. Die Anwendung dieser
Vorschrift kommt nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses in Betracht (Art. 112 S. 2 GG). Abweichungen hat das Bundesverfassungsgericht für Beträge, die unterhalb von Bagatellgrenzen liegen, zugelassen
(vgl. auch § 37 I 3 BHO)8, Entsprechendes wird gemäß § 37 I 3 BHO angeordnet, wenn Rechtsverpflichtungen zu erfüllen sind9.
2.
Fachrechtliche Basis der Förderung, Hilfsmaßstab des Gleichheitsgrundsatzes
Der überwiegende Teil der Haushaltsausgaben wird durch Leistungsgesetze auf
Bundes- bzw. Landesebene (vgl. dazu Art. 104a III GG) festgeschrieben10. Das
jeweilige Fachgesetz normiert Voraussetzungen, Art und Höhe der Förderung,
wobei regelmäßig – dem Grunde nach – ein Rechtsanspruch auf die entsprechende Leistung gewährt, Art und Höhe der beantragten Förderung in das
pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Behörde gestellt werden11. Auf dieser
Ebene erwächst der Verwaltung ein „Programmermessen“ und ergeben sich die
meisten Schwierigkeiten, ist sie doch befugt einzelne Maßnahmen nicht zu fördern und eine Auswahlentscheidung zwischen gleich geeigneten Maßnahmen unterschiedlicher Antragsteller zu treffen, wenn zur Befriedigung des Bedarfs nur
eine Maßnahme notwendig ist12. Darüber hinaus stellt das materielle den Förderanspruch Gesetz oftmals unter einen Haushaltsvorbehalt, was einer sorgfältigen
Prüfung bedarf, wie weit dieser Vorbehalt reicht. Regelmäßig wird der Gesetzgeber dem Haushaltsgesetzgeber lediglich die Befugnis einräumen, den finanziellen
Rahmen der Förderung zu konkretisieren, ihre näheren Modalitäten insbesondere
in zeitlicher Hinsicht festzulegen und die Förderung somit mit anderen öffentli-
8
BVerfG, Urt. v. 25.5.1977 – 2 BvE 1/74 -, BVerfGE 45, 1 (39).
9
Dies wird für verfassungsrechtlich bedenklich gehalten, vgl. Kube, in Maunz/Dürrig, siehe Fn.
4, Art. 12 Rdnr. 88 m.w.N.
10
Vgl. etwa Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, Bundeskindergeldgesetz, Berufsausbildungsförderungsgesetz, Wohnungsbau-Prämiengesetz, Opferentschädigungsgesetz, Kleinunternehmerförderungsgesetz, Neugründungsförderungsgesetz, Erneuerbare-Energien-Gesetz, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Arbeitsförderungsgesetz, Kinder- und Jugendhilfeförderung.
11
Die Ausgestaltung als Rechtsanspruch führt regelmäßig zur Nichtanwendbarkeit der haushaltsrechtlichen Zuwendungsvorschriften, vgl. etwa BSG, Urt. v. 10.3.2011 – B 3 P 3/10 R –, juris, Rdnr. 30, 33 zur Förderung von Pflegeeinrichtungen; BVerwG, Beschl. v. 10.7.1980 –
3 B 113/79 –, juris, Rdnr. 3 f. zum Krankenhausfinanzierungsgesetz; dazu Überblick bei Baden, NJW 1984, 2622; zur Entwicklung des sozialstaatlichen Leistungsrechts vgl. Kirchhof,
NVwZ 1983, 505 (510).
12
Vgl. BVerwG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris,
dort Rdnr. 27); vgl. zu diesem Begriff Bieback, in: Gagel, SGB II/SGB III, 43. Aufl. (2011),
§ 46 SGB III Rdnr. 161.
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chen Ausgaben zu koordinieren; eine Übertragung der Befugnis, über eine Beendigung – also das „Ob“ – der Förderung überhaupt zu entscheiden, wird im Hinblick auf das besonders geregelte Gesetzgebungsverfahren aus Art. 110 III GG
und mit Blick auf die Mitwirkungsrechte des Bundesrates als verfassungsrechtlich problematisch anzusehen sein13.
Gesetzesfrei gewährte Fördermittel haben ihre Legitimationsgrundlage in der jeweiligen Haushaltsordnung in Verbindung mit dem jeweils geltenden – als Gesetz
beschlossenen – Haushaltsplan, in welchem Einzelplan, Kapitel und Titel die konkret bezeichneten Zuwendungen ausgewiesen sind14. Gegenstand dieser Regelungen ist allein die Haushaltswirtschaft, sachliche Budgetentscheidungen – etwa
die Regelung von Zuwendungsbedingungen – sind nach dem Zweck der Vorschriften nicht erfasst15. Es bedarf der Ergänzung durch eine Gesetzgebung, die
die Ausgabenverpflichtungen des Staates seinem finanziellen Leistungsvermögen
anpasst, und der Einbettung in eine mittel- und längerfristige Politik, die für die
Einsatzfähigkeit des haushaltspolitischen Instrumentariums sorgt16. Gemäß § 23
i. V. m. § 44 BHO dürfen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der Staatsverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke (Zuwendungen) nur veranschlagt werden, wenn der Staat an der Erfüllung
durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen
nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann; die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendungen ist nachzuweisen. Im Übrigen ergeben sich Einzelheiten zum Antragsverfahren, den Bewilligungsvoraussetzungen,
Finanzierungsarten und Höhe sowie Rückabwicklung der Förderung aus den
Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO im Allgemeinen und den fachspezifischen
Förderrichtlinien im Besonderen17. Allesamt regeln diese, dass ein Anspruch auf
Gewährung einer Zuwendung nicht besteht, die Bewilligungsbehörde aufgrund
13
BVerwG, Beschl. v. 19.8.2008 – 3 B 11/08 –, NVwZ 2008, 1355 (hier zitiert nach juris, dort
Rdnr. 19); OVG LSA, Urt. v. 9.2.2011 – 3 L 792/08 –, juris, Rdnr. 37 m.w.N.; kritisch zur
Aufnahme entsprechender Haushaltsvorbehalte Siekmann, in: Sachs, siehe Fn. 6, Art. 110
Rdnr. 41 f.
14
Regelmäßig als ausreichende Rechtsgrundlage für die Subventionierung angesehen vgl.
BVerwG, Urt. v. 21.3.1958 – VII C 6/57 –, BVerwGE 6, 282 (287); Urt. v. 19.6.1963 – V C
176/62 – BeckRS 1963, 31326230; Urt. v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 –, NJW 1979, 2059;
Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220; offen gelassen durch BVerfG, Beschl. v.
22.10.1974 – 1 BvL 3/72 –, NJW 1975, 254; vgl. zur Kritik in Literatur nur Sachs, in:
Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. (2008), § 44 Rdnr. 70, Fn. 96
m.w.N.
15
Siekmann, siehe Fn. 6, Art. 109 Rdnr. 91, 5 jeweils m.w.N; Kirchhof spricht von der kompetenzstützenden Funktion des Haushaltsplans, NVwZ 1983, 505 (508).
16
Vgl. BVerfG, Urt. v. 18.4.1989 – 2 BvF 1/82 -, NJW 1989, 2457 (2458).
17
Z.B. im Bereich Denkmalschutzförderung, Sportförderung, Schulhausbauförderung, Infrastrukturförderung, Förderung der ländlichen Entwicklung, Städtebauförderung etc.
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ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel
entscheidet. Nur vereinzelt allerdings werden Maßstäbe zur Ausübung des Verteilungsermessens, etwa Kriterien zur vorrangigen Berücksichtigung von Anträgen
festgelegt. Feststeht hierbei, dass die Antragsteller weder aus der Haushaltsplanung selbst, die ihre Rechtswirkungen allein im organschaftlichen Rechtskreis
zwischen Parlament und Regierung entfaltet18, noch aus den fachspezifischen
Förderrichtlinien, bei denen es sich nicht um Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen handelt19, einen Anspruch auf die Gewährung der beantragten Fördermittel ableiten können. Allerdings ist in der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass Verwaltungsrichtlinien über die ihnen zunächst nur innewohnende interne Bindung hinaus vermittels sowohl des
Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG als auch des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Artt. 20, 28 GG) eine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger zu begründen vermögen. Diese kann sich insbesondere20 dann ergeben, wenn die Behörde bei der
Behandlung vergleichbarer Fälle gleich bleibend nach einem System verfährt, von
dem sie dann nicht im Einzelfall nach Belieben abweichen darf, ohne dadurch
(objektiv) willkürlich zu handeln und damit gegen den Gleichheitsgrundsatz aus
Art. 3 I GG zu verstoßen21. In diesem Fall verdichtet sich das Begehren eines
übergangenen Antragstellers zu einem Teilhabeanspruch22.
III.
Detailbetrachtungen: Das Zusammenspiel materiell-rechtlicher und haushaltsrechtlicher Regelungen, Implikationen für die Strukturierung der Fördermittelvergabepraxis
18
Vgl. BVerwG, Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort
Rdnr. 17); BVerfG, Beschl. v. 22.10.1974 – 1 BvL 3/72 –, NJW 1975, 254; Urt. v.
18.4.1989 – 2 BvF 1/82 -, BVerfGE 79, 311 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 48; gemäß § 3
BHO werden durch den Haushaltsplan Rechte oder Verbindlichkeiten gegenüber Dritten weder
begründet noch aufgehoben.
19
BVerwG, Urt. v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 –, NJW 1979, 2059; a.a.O., BVerwGE 104, 220
(hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 18).
20
Daneben sind weitere Formen der Selbstbindung denkbar vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs,
siehe Fn. 14, § 40 Rndr. 103 ff.; zur Zusicherung Hellriegel, NVwZ 2009, 571 ff.
21
So st. Rspr. seit BVerwG, Urt. v. 28.4.1978 – IV C 49/76 –, BVerwGE 55, 349 (hier zitiert
nach juris, dort Rdnr. 12 m.w.N.).
22
Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. (2009), § 24 Rdnr. 21; vgl. auch BVerfG,
Beschl. v. 16.6.1990 – 1 BvR 355/86 –, BVerfGE 82, 209 zur Aufnahme in der Krankenhausplan; im Falle von Verwaltungsvorschriften wird damit eine gewisse Außenwirkung im
Verhältnis der Verwaltung zum Bürger begründet, vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.1969 – VIII C
104/69 –, NJW 1970, 675; Urt. v. 17.4.1970 – VII C 60/68 –, BVerwGE 35, 159 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 21); Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert
nach juris, dort Rdnr. 19); vgl. zur dogmatischen Begründung der Außenwirkung Maurer,
a.a.O., § 24 Rdnr. 21 ff.
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Der geschilderte strukturelle Spagat des Fördermittelrechts zwischen haushaltsrechtlichen Vorgaben und inhaltlicher Steuerung verdient näher Betrachtungen:
Auch wenn die Spielräume für die Ausgestaltung von Fördermittelprogrammen
weit sind (nachstehend 1.), muss die Berücksichtigung haushaltsrechtlicher Restriktionen bei knappen Mitteln dazu führen, dass unter dem Gesichtspunkt der
Gewährung effektiven Rechtsschutzes Maßgaben für die rechtsschutzfreundliche
Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens zu beachten sind (unten 2.)
1.
Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung
Hat eine Behörde ihre Entscheidung nach Ermessen zu treffen, so gebietet der
allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG, alle Menschen vor dem Gesetz gleich
zu behandeln und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches
gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln23. Er ist verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche
Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur
der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten
Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils
in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt, kurzum, wenn die Maßnahme als willkürlich bezeichnet werden muss24. Verfährt eine Behörde bei der Behandlung vergleichbarer
Fälle gleichbleibend nach einem – rechtlich unbedenklichen – System (sogleich
1.1.) so darf die Behörde davon nicht im Einzelfall „nach Belieben“ abweichen,
ohne dadurch (objektiv) willkürlich zu handeln und damit gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen (unten 1.2.)25. Im Einzelnen:
1.1. Aufstellung eines Verteilungsprogramms
Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass der Gleichheitssatz dem Subventionsgeber gebietet, ein Verteilungsprogramm zu erstellen26, das seinerseits rechtmäßig, insbesondere gleichheitsgerecht ist und sich innerhalb des gesetzten Ermes-
23
St. Rspr. seit BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 139).
24
BVerfG, a.a.O. und vgl. Beschl. v. 4.4.2001 – 2 BvL 7/98 –, BVerfGE 103, 310 (hier zitiert
nach juris, dort Rdnr. 39 m.w.N); zur Denkmalförderung SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 –
3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (419).
25
Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.1978 – IV C 49/76 –, BVerwGE 55, 349 (hier zitiert nach juris,
Rdnr. 13) m.V.a. BVerfG, Beschl. V. 7.5.1953 –1 BvL 104/52 – BVerfGE 2, 266 (281) und
Urt. v. 16.3.1955 – 2 BvK 1/54 –, BVerfGE 4, 144 (155).
26
BVerwG, a.a.O., BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 20); VG München, Urt.
v. 13.2.2003 – M 4 K 02.74 –, juris, Rdnr. 19; VG Weimar, Urt. v. 9.1.2006 – 8 K 172/05 –
, ThürVBl 2006, 259 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 17).
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senrahmens bewegt27. Dies begründet zu Gunsten jedes Zuwendungsbewerbers
einen Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm behandelt
zu werden28. Denn mit der Planungs- und Entscheidungsbefugnis der Behörde
korrespondiert auch eine Entscheidungsverantwortung. Können im Rahmen der
verfügbaren Haushaltsmittel nicht alle Maßnahmen, für die Förderung begehrt
worden ist und dem Grunde nach in Betracht kommt, im erforderlichen Umfang
gefördert werden, hat die Zuschuss gewährende Stelle die durch den Haushaltssatzungsgeber vorgegebene Mangellage in eigener Verantwortung zu bewältigen29. Dies kann schon wegen der von Rechts wegen gebotenen intersubjektiven
Nachvollziehbarkeit nicht etwa intuitiv – ohne vorherige Vergewisserung – in einer Kette von Einzelentscheidungen erfolgen, gleichsam nach dem Motto „Learning by doing“; vielmehr muss vorab ein entsprechendes Bewertungsverfahren
entwickelt werden30, welches auch unter dem Gesichtspunkt der Rationalität die
durch die fehlende fachrechtliche Steuerung klaffende Lücke schließt. Dies erfordert ein hinreichendes fachspezifisches Maßnahmenkonzept einschließlich einer
durch die Behörde selbst vorzunehmenden Prioritätensetzung31. Als ausreichend
gilt, dass die für die Auswahl der Antragssteller anzulegenden Maßstäbe zumindest in den Grundzügen umrissen, das heißt die in Betracht kommenden Kriterien
und ihr Gewicht nach Tendenz und Programm bestimmt sind32.
Ist damit einer Verteilung der verfügbaren Haushaltsmittel nach dem so genannten Gießkannenprinzip regelmäßig eine Absage erteilt (sogleich 1.1.1.), bleibt es
der Behörde im Übrigen durchaus unbenommen, aus Sachgründen getreu dem
Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ zu verfahren (sodann 1.1.2.) bzw. ihre
Auswahlentscheidung zu einem festgelegten Stichtag anhand zuvor aufgestellter
Bewertungskriterien verbal-argumentativ (nachfolgend 1.1.3.) oder auf Grund ei-
27
Insoweit keine Gleichheit im Unrecht vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.1969 – VIII C 104/69 –,
NJW 1970, 675 (676); Urt. 28.4.1978 – IV C 49/76 –, BVerwGE 55, 349 (hier zitiert nach
juris, Rdnr. 13); Urt. v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 –, NJW 1979, 2059 (2060); zum Ganzen
Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rndr. 108 f. m.w.N.
28
Vgl. BVerwG, siehe Fn. 25, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 20); VG
München, siehe Fn. 26, juris, Rdnr. 19; VG Weimar, siehe Fn. 26, ThürVBl 2006, 259 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 17).
29
Vgl. BVerwG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris,
dort Rdnr. 31); SächsOVG, siehe Fn. 24, LKV 2002, 417 (419).
30
Vgl. Scholles, in: ARL, Handwörterbuch der Raumordnung, 4. Aufl. (2005), S. 97 ff. (105);
vgl. zum Vergabeverfahren VK Sachsen, Beschl. v. 24.3.2011 – 1/SVK/005/11 –, juris, Rdnr.
90.
31
Das BVerwG spricht von einer Förderkonzeption, vgl. Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –,
BVerwGE 103, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 31).
32
So das BVerwG, Urt. v. 3.11.1976 – VII C 60/74 –, BVerwGE 51, 235 (hier zitiert nach juris,
dort Rdnr. 17) und Urt. v. 7.10.1988 – 7 C 65/87 –, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 37) zum Auswahlverfahren um eine Güterfernverkehrsgenehmigung.
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nes typisierenden Kriterienkatalogs mit Punkteskalen zu treffen (anschließend
1.1.4.). Im Einzelnen:
1.1.1. Verteilung nach dem so genannten Gießkannenprinzip
Die Verteilung verfügbarer Haushaltsmittel „wie mit einer Gießkanne“ gleichmäßig unter allen Antragstellern – bei ggf. abgesenkter Förderquote der Einzelvorhaben - grundsätzlich förderwürdiger Vorhaben begegnet durchgreifenden Bedenken. Wenngleich damit eine formal gleiche Zuschussvergabe erfolgen würde,
wird dies häufig zum Ergebnis haben, dass der eigentlich beabsichtigte Subventionszweck im Einzelfall überhaupt nicht bzw. jedenfalls nicht effektiv erreicht
werden kann, weil die Mittel, die letztlich beim Empfänger ankommen, nicht ausreichend sind33; die Problem- und Konfliktbewältigung nicht ausreichender Haushaltsmittel würde in unzulässiger Weise auf die Empfänger verlagert34. Darüber
hinaus würde durch diese formale Gleichheit eine materielle Ungleichheit begründet, da ungeachtet der Verschiedenheit der Sachverhalte jedem eine gleich hohe
Subvention zuerkannt würde35. Die Verteilung nach dem so genannten Gießkannenprinzip stellt demnach regelmäßig vorbehaltlich von begründungsbedürftigen
Sonderlagen eine fehlerhafte Ausübung des Bewirtschaftungsermessens dar.
1.1.2. Verfahren nach dem Prioritätsprinzip
Der einfachste Weg für eine Behörde im Falle widerstreitender Anträge zu einer
sachgerechten Lösung zu gelangen, ist nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Anträge zu entscheiden (so genanntes Prioritäts- bzw.
Windhundprinzip)36. Eine solche Verfahrensweise ordnet der Gesetzgeber immer
wieder an37, vielfach entscheidet die Rechtsprechung in Konkretisierung vager
gesetzlicher Maßstäbe nach Prioritätsgesichtspunkten38. Auch im Fördermittel-
33
SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (419); vgl. auch BVerfG,
Urt. v. 8.4.1987 – 1 BvL 8/84 –, BVerfGE 75, 40 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 103) das
es als mit dem Gleichheitssatz vereinbar ansieht, begrenzte öffentliche Mittel nicht nach dem
Gießkannenprinzip zu verteilen, sondern gezielt - unter Bevorzugung einzelner und Benachteiligung anderer Personengruppen – einzusetzen; ähnlich VG Karlsruhe, Urt. v. 24.9.1996 – 1 K
464/95 –, BeckRS 1996, 31337223.
34
BVerwG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier zitiert nach juris, dort
Rdnr. 31, 34).
35
SächsOVG, siehe Fn. 33, LKV 2002, 417 (419).
36
Vgl. zum Ganzen Rolshoven, NVwZ 2006, 516 ff.
37
Vgl. etwa § 13 V 2 PBefG, § 32 III Nr. 2 HRG, § 6 SchfG, § 103 V SGB V oder § 5 I 3 der
Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres.
38
Vgl. BVerwG, Besch. v. 5.11.2002 – 9 VR 14/02 –, NVwZ 2003, 207 (208) zu konkurrierenden Planungsvorstellungen von Gemeinde und Fachplanungsbehörde; Urt. v. 3.11.1976 –
VII C 60.74 -, BVerwGE 51, 235 zum Auswahlverfahren um eine Güterfernverkehrsgenehmigung; Urt. v. 28.6.1963 – VII C 23.63 -, BVerwGE 16, 190 für die Erteilung der Kraftdrosch-
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recht greifen zahlreiche Richtlinien auf die Bewilligung nach dem Prioritätsgrundsatz zurück39. Vielfach mag der Prioritätsgesichtspunkt ein sachgerechtes Auswahlkriterium darstellen, das dem Gerechtigkeitsgedanken dient, die formale
Gleichbehandlung konkurrierender Antragssteller gewährleistet40 und zu einer zügigen Allokation bereitstehender Mittel führt. In berufsrechtlich sensiblen Bereichen kann das alleinige Abstellen auf den in tatsächlicher Hinsicht oftmals von
vielen Zufälligkeiten abhängigen Eingang der vollständigen Anträge der verfassungsrechtlichen Bedeutung des betroffenen Grundrechts freilich nicht gerecht
werden41. Dazu kommt, dass bei aus haushaltsrechtlichen Gründen nach dem
Jährlichkeitsprinzip ausgegebenen knappen Fördermitteln besonders begründungsbedürftig ist, warum innerhalb des betreffenden Jahres für die optimale
Zweckerreichung ein zeitlicher Vorsprung gegenüber anderen Faktoren bedeutungsvoll sein soll. Grundsätzlich wird man sagen können: Je sachlich spezifischer der Förderzweck ist und damit bei der Verteilung knapper Mittel der Grad
der Zielerreichung von den konkreten sachlichen Gegebenheiten der förderfähigen Sachverhalte abhängt, desto stärker sind die Anforderungen an die Rechtfertigung eines Vorgehens.
1.1.3. Aufstellung sachlich vertretbarer Bewertungskriterien
Was in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd
und deshalb willkürlich ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen,
sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll42. Auf Grund des weiten Ermessensspielraums steht es der Be-
kenkonzession; BayVGH, Entscheidung v. 14.6.1983 – Vf.11-VII/81 -, NVwZ 1984, 232 zur
Verteilung von Standplätzen auf Märkten.
39
Vgl. 1.2 der NdsBetriebsausbildungsverbund – Zuwendungsrichtlinie vom 18.10.2007 – 4580121/30/3/2 -, NdsMBl. S. 1238; Punkt 14 der HessInvestrichtlinie vom 24.3.2009 – VI 4A-061-A 94 # 001 –, StAnz. S. 918; Punkt 7.3 der NdsFörderungsrichtlinie Energieeffizienz
Straßenbeleuchtung v. 15.7.2009 – Stabstelle – 29100 -, NdsMBl. s. 68; Punkt 1.3 der
NRWFörderrichtlinie Fischwirtschaft, Fischerei und Aquakultur v. 9.4.2009 – III-2764.73.50 -, MBl.NRW S. 220; Punkt 8.1 der BRELärmschutz-Richtlinie v. 7.5.2009,
BremAbl. S. 537.
40
Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 11.6.1990 – 13 B 1283/90 -, NVwZ-RR 1991, 147 zur Vergabe
von Taxikonzessionen; NdsOVG, Urt. v. 26.9.1991 – 1 L 74/91 -, juris, Rdnr. 82 zu konkurrierenden Baugenehmigungsanträgen; VG Hamburg, Urt. v. 19.6.2009 – 19 K 1782/08 -, juris, Rdnr. 35 zu § 5 I 4 SeeAnlV; BSG, siehe Fn. 38, MedR 2005, 666 (hier zitiert nach juris,
dort Rdnr. 33) zur Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
41
Vgl. BSG, Urt. v. 23.2.2005 – B 6 KA 81/03 R -, MedR 2005, 666 (hier zitiert nach juris,
dort Rdnr. 32) zur Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; dazu Kaltenborn, in: Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl. (2010), § 103 Rdnr. 7; ferner Storr, in: Pielow, Beck´scher
Online-Kommentar, Gewerbeverordnung (2011), § 70 Rdnr. 41 m.w.N.
42
St. Rspr. vgl. BVerfG, Entscheidung v. 8.10.1963 – 2 BvR 108/62 –, BVerfGE 17, 122
(130); Beschl. v. 8.04.1987 – 2 BvR 909/82 – BVerfGE 75, 108 (157); BVerfG, Urt. v.
17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 40).
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hörde insbesondere frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen43. Die sich daraus ergebenden Unebenheiten, Friktionen und
Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen
müssen hingenommen werden, sofern sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt44. Differenzierungen bei der Verteilung öffentlicher Fördermittel kommen insbesondere in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht
in Betracht.
Ausgehend von der Vorgabe der Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder
nach einem effizienten Einsatz öffentlicher Gelder – konkret der Notwendigkeit
der Ausgaben (vgl. § 6 BHO), ihre wirtschaftliche und sparsame Verwendung
(§ 7 BHO) – können als Bewertungskriterien etwa berücksichtigt werden:
—
—
wirtschaftliche Wertigkeit des zu fördernden Objekts (Alter, Bedeutung und
Zustand),
wirtschaftliche Wertigkeit der Maßnahme (Art der Maßnahme, Grad der Erforderlichkeit, Innovativität und Nachhaltigkeit des Vorhabens).
In Zeiten des Klimawandels können Kriterien der ökologischen Entwicklung, insbesondere zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Nutzung erneuerbarer
Energien besondere Beachtung finden45. Beiträge zur Anpassung an bzw. zur Verringerung der Folgen der demografischen Entwicklung, ihre Berücksichtigung im
Rahmen von regionalen, integrierten Entwicklungsstrategien können als maßgebliches Bewertungskriterium vorgesehen werden46. Darüber hinaus kann bei der
Entscheidung über die Förderung eine regional ausgewogene Verteilung der Fördermittel den Ausschlag geben47. Differenzierungen in zeitlicher Hinsicht können
etwa dahingehend vorgenommen werden, erstmalig gestellte Förderanträge48
43
Vgl. BVerfG, a.a.O., BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 43 m.w.N.).
44
BVerfG, a.a.O., BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 44 m.w.N.).
45
Vgl. insbesondere im Hinblick auf den energetischen Zustand von Schulen und Sportstätten,
aber auch im Hinblick auf die Förderung von Breitbandprojekten, etwa 7.3 der Bayrischen
Breitbandrichtlinie v. 30.5.2011.
46
Vgl. etwa die maßgeblichen Bewertungskriterien für das ILE/LEADER Auswahlverfahren des
SMUL; Förderkonzept für investive Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der schulischen
Infrastruktur im Freistaat Sachsen ab 2011, Entwurf des SMK v. 17.6.2011, unveröff.; Fördervoraussetzungen, Auswahlkriterien und Verfahren des BMAS zur Bekanntmachung v.
23.4.2010 – Demografischer Wandel als betriebliche Herausforderung.
47
Vgl. etwa 2.1 der Niedersächsischen Förderrichtlinie kommunale Sportstätten v. 12.10.2011
bzw. 2.2 der Niedersächsischen Nahverkehr- Notfall-Förderrichtlinie v. 12.10.2011.
48
Etwa aus Gewährleistungen der Berufsfreiheit: BVerwG, Urt. v. 3.11.1976 – VII C 60.74 –,
BVerwGE 51, 235 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 15); Urt. v. 7.10.1988 – VII C 65.87 –,
BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 29), jeweils zum Auswahlverfahren um
eine Güterfernverkehrsgenehmigung.
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oder Antragsteller, deren Förderung schon länger zurück liegt49, vorrangig zu fördern. Besitzstanddenken und Vertrauensschutzaspekten für bereits früher gewährte Fördermittel wird aber regelmäßig eine Absage zu erteilen sein, sofern
nicht besondere Umstände hinzutreten50. Diesen steht wie einem reinen
Windhundprinzip bereits die Jährlichkeit des öffentlichen Haushaltes (vgl.
§ 45 BHO) entgegen51. So sehen Förderrichtlinien teilweise ausdrücklich vor,
dass einmal gewährte Zuwendungen weder dem Grunde noch der Höhe nach zu
einem Rechtsanspruch in den Folgejahren führen, eine Selbstbindung der Behörde
gegenüber einem über einen längeren Zeitraum geförderten Empfänger nicht begründen. Eine Zusatzbewertung für Wiederholungsanträge stellt allenfalls dann
kein sachlich unzulässiges Kriterium dar, wenn sie im Vergleich zur Gesamtbewertung nur unerheblich ins Gewicht fällt52, oder eine effektive Verwendung der
bereits eingesetzten öffentlichen Fördermittel eine Weiterförderung des Projekts
gebietet53. Im Hinblick auf die Weiterförderung von jugendhilferechtlichen Maßnahmen wird regelmäßig eine Verpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe angenommen, eine (begonnene) Förderung nicht abrupt einzustellen oder zu
kürzen, sondern das Auslaufen oder die Anpassung des Projekts finanziell zu
überbrücken54.
1.1.4. Insbesondere: Verwendung numerisch unterlegter Bewertungsschemata
Wenngleich die für die Bewertung von Fördermaßnahmen maßgeblichen Daten
überwiegend nicht in numerischer und damit kardinal messbarer Form vorliegen,
bedienen sich kardinalskalierte Punkte- oder Notensysteme heute in den unter-
49
Etwa wegen der durch die zeitliche Entwicklung tatsächlich begründeten Unterschiede, vgl.:
VG Düsseldorf, Urt. v. 5.2.2010 – 13 K 8815/08 –, juris, Rdnr. 91 zur Krankenhausförderung.
50
So BVerfG, Urt. v 8.4.1987 – 1 BvL 8/84 –, BVerfGE 75, 40 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr.
102) zur staatlichen Subventionierung privater Ersatzschulen; ferner VG Mannheim, Urt. v.
12.6.1990 – 10 S 3081/89 –, NVwZ 1991, 1199 m.w.N.; Sachs, in: Stellkens/Bonk/Sachs,
siehe Fn. 14, § 40 Rdnr. 114 m.w.N.
51
Vgl. BVerwG, siehe Fn. 42, BVerwGE 103, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 47 m.w.N.
aus Literatur und Rechtsprechung).
52
So SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (420) bei einer Zusatzbewertung für einen Wiederholungsantrag mit lediglich 0,5 Punkte von insgesamt 27 Punkten;
Urt. v. 14.1.2010 – 1 B 525/06 –, juris, Rdnr. 27 zur Bewilligungspraxis in der Denkmalförderung, mit dem Hinweis, dass das Regierungspräsidium Dresden dieses Kriterium aufgab, da es
eine bloße Billigkeitserwägung in Bezug auf die Person des Antragstellers darstelle.
53
Vgl. zur ähnlichen Argumentation Kingreen, in: Rolf/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beckscher
Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: Juni 2011, § 109 SGB V, Rdnr. 37 zur Herausnahme
eines Krankenhauses aus dem Krankenhausplan.
54
Zum Meinungsstand vgl. Übersicht bei BVerwG, Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE
134, 206 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 47 m.w.N. aus Literatur und Rechtsprechung).
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schiedlichsten Bereichen großer Beliebtheit55, lassen sich doch Zustände und
Vorgänge intersubjektiv nachvollziehbar oftmals besser ins Verhältnis setzen als
verbal-argumentativ56. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden – bei „Massenverfahren“ mit einer Vielzahl von Anträgen gar geboten – ist es, dass sich eine Behörde numerisch unterlegter Bewertungsschemata bedient, gewährleistet
dies doch grundsätzlich ein Auswahlverfahren nach objektiven, nachvollziehbaren
und transparenten Bewertungskriterien, dient das Verfahren zuletzt der Gleichbehandlung der Bewerber und der Rechtsstaatlichkeit des Auswahlverfahrens57. Es
versteht sich von selbst, dass ein gewisses Maß an Abstraktion, Generalisierung
und Schematisierung begriffsnotwendig ist58, damit ein einheitlicher und nachprüfbarer Maßstab gewonnen werden kann, wenngleich die so erstellten Raster
im Vergleich zu im Einzelfall verbal-argumentativ abgearbeiteten Bewertungsschritte besonders fehleranfällig sind und die Gefahr in sich bergen, dass den Besonderheiten des Einzelfalls nicht immer ausreichend Rechnung getragen wird59.
Natürlich müssen bei der Erstellung des verwendeten Bewertungsschemas anerkannte Bewertungsmaßstäbe Beachtung gefunden haben60: Ein den – auch rechtlich maßgeblichen – anerkannten Bewertungsmaßstäben genügendes Bewertungsverfahren muss die Bewertungsobjekte eindeutig bezeichnen und inhaltlich
bestimmen, was ausgehend von der jeweiligen Zielstellung des Verfahrens die
Identifizierung von Wertträgern als Kriterien oder Indikatoren erfordert, denen für
55
Vgl. etwa zur Verteilung von Fördermitteln aus dem EFRE-Programm der EU das ScoringModell des Nds. Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz v. 29.11.2007 – 22-62629/1 –,
Nds. MBl. S. 1734.
56
Anschaulich Hofmann, Abwägung im Recht, Tübingen 2007, S. 244 ff., 290 ff; vgl. auch
Bortz, Statistik für Sozialwissenschaftler, 5. Aufl. (1999), S. 17 ff.
57
So bereits zum Auswahlverfahren um eine Güterfernverkehrsgenehmigung BVerwG, Urt. v.
7.10.1988 – 7 C 65/87 –, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 37); zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen: BGH, Urt. v. 13.12.1993 – NotZ 56/92 –, juris, Rdnr. 12;
Urt. v. 24.7.2006 – NotZ 3/06 –, juris, Rdnr. 13; Urt. v. 26.3.2007 – NotZ 38/06 –, juris,
Rdnr. 9; auch das BVerfG hat ein in diesem Rahmen verwendetes Punktesystem prinzipiell
nicht beanstandet: BVerfG, Beschl. v. 20.4.2004 – 1 BvR 838/01, 1 BvR 1303/01, 1 BvR
340/02, 1 BvR 1436/01, 1 BvR 1450/01 –, BVerfGE 110, 304; zum rettungsdienstrechtlichen Auswahlverfahren: NdsOVG, Urt. v. 24.4.2008 – 11 LB 266/07 –, juris, Rdnr. 69; zur
personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.3.2009
– 3 S 2455/06 –, juris, Rdnr. 76-80; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.6.2009 – OVG 1 B
1.08 –, juris, Rdnr. 32; VG Halle, Urt. v. 25.10.2010 – 7 A 1/10 –, S. 37 des Umdrucks;
zum Vergabeverfahren VK Sachsen, Beschl. v. 8.1.2010 – 1/SVK/059/09 –, juris, Rdnr. 94.
58
BVerfG, Beschl. v. 4.4.2001 – 2 BvL 7/98 –, BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort
Rdnr. 42 m.w.N.); BGH, Urt. v. 24.7.2006 – NotZ 3/06 –, juris, Rdnr. 13 und Urt. v.
26.3.2007 – NotZ 38/06 –, juris, Rdnr. 9 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen; so auch VG
Halle, Urt. v. 25.10.2010 – 7 A 1/10 -, juris, Rdnr. 181 zur personenbeförderungsrechtlichen
Auswahlentscheidung.
59
Vgl. BGH, a.a.O., juris, Rdnr. 14 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen.
60
Jaeckel, Gefahrenabwehrrecht und Risikodogmatik, Tübingen 2010, S. 189 f. m.w.N.
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die Ausprägung des zu bewertenden Sachverhalts maßgebliche Bedeutung zukommt61. Die identifizierten Wertträger müssen mit Blick auf das Bewertungsziel
tatsächlich aussagekräftig und vor allem vollständig sein62. Unter Berücksichtigung des behördlichen Beurteilungsspielraums kann das gewählte Sachmodell indes rechtlich nur beanstandet werden, soweit sich die Identifizierung noch weiterer Kriterien oder Indikatoren als Wertträger bzw. die fehlende Aussagekraft von
zu Wertträgern gemachten Kriterien oder Indikatoren aufdrängt. Darüber hinaus
ist die kardinale Transformation nicht-numerischer Sachverhalte nur dann nachvollziehbar und plausibel, wenn es sich letztlich um ein geschlossenes System
handelt, wenn also sowohl ein Minimal- als auch ein Maximalwert definiert ist63.
Ein nach unten oder oben hin offenes System ist nicht angängig64. Soweit die
konkrete Punktevergabe anhand bestimmter Kriterien fest vorgegeben ist und der
Behörde keine Spielräume überlässt, unterliegt sie voller gerichtlicher Kontrolle65.
Da sich solche Bewertungsverfahren regelmäßig der Schwierigkeit ausgesetzt
sehen, eine „Verrechnungseinheit“ für sämtliche bewertungsrelevanten Indikatoren und Belange zu finden66, hat die Behörde, bevor sie ihre endgültige Auswahl
trifft, zum einen danach zu fragen, ob für die jeweiligen Antragsteller Umstände
ersichtlich sind, die mit dem Bewertungsschema nicht bzw. nicht hinreichend erfasst wurden oder erfasst werden konnten, aber dennoch zu berücksichtigen
sind67. Anderenfalls schöpft die Behörde ihren Beurteilungsspielraum nicht aus,
wenn sie sich auf eine Gegenüberstellung der für alle einzelnen Antragsteller innerhalb des Bezugssystems gewonnenen Gesamtzahlen beschränkt und ohne
Weiteres – im Regelfall – dem Antragsteller den Vorzug gibt, der die auf diese
Weise ermittelte höchste Punktzahl erreicht hat68. Die Behörde hat darüber hinaus
in einer „wertenden Gesamtschau“ zu prüfen, ob die in das Punktesystem aufge-
61
Bruns, Bewertungs- und Bilanzierungsmethoden in der Eingriffsregelung, Berlin 2007, S. 73.
62
Am Bsp. der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung
- 4 UE 2744/90 -, NVwZ-RR 1994, 252 (255)
63
Siehe wiederum am Beispiel der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Bruns, siehe Fn. 61,
S. 209.
64
So auch OVG S.-A., Beschl. v. 9.2.2007 – 1 M 267/06 –, juris, Rdnr. 12 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung; vgl. aber die Projektauswahl des Ministeriums für
Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V für Beihilfen für nichtproduktive Investitionen zur Steigerung des öffentlichen Werts von NATURA 2000-Gebieten oder anderer Gebiete mit hohem Naturwert vom 12.5.2010, Kap. 1.4.6.1.
65
VG Halle, Urt. v. 25.10.2010 – 7 A 1/10 -, juris, Rdnr. 213 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung.
66
SächsOVG, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (419); am Bsp. der UVP
BVerwG, Urt. v. 8.6.1995 – 4 C 4/94 –, NVwZ 1996, 381 (388); am Beispiel der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Bruns, siehe Fn. 61, S. 178 m.w.N.
67
BGH, siehe Fn. 58, juris, Rdnr. 14 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen.
68
BGH, siehe Fn. 58, juris, Rdnr. 14 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen.
HessVGH,
Urt.
v.
12.2.1993
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nommenen Kriterien und sonst eingeflossenen Gesichtspunkte im jeweiligen Einzelfall angemessen gewichtet sind69, da das verwendete Bezugssystem grundsätzlich nicht gewährleisten kann, dass die einzelnen Kriterien stets in einem
ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Die nach Bepunktung durchgeführte Gesamtbetrachtung darf jedoch nicht dazu führen, dass das Punkteergebnis
anhand der bereits im Bewertungsverfahren herangezogenen Kriterien auf den
Einzelfall „(nach-)getrimmt“ wird70. Etwaige Abweichungen in der Auslegung der
Bewertungskriterien gehen zu Lasten der Behörde71, sofern sie die von ihr verwendete Bewertungsrichtlinie schon vor bzw. während des Antragsverfahrens
sämtlichen Antragstellern zur Verfügung stellt. Denn damit verpflichtet sie sich,
das durch die Bewertungsrichtlinie nach Punkten ermittelte Ergebnis ihrer Ermessensentscheidung zu Grunde zu legen72, begründet damit sogleich für den
Adressatenkreis der Richtlinie einen Vertrauensschutz: Der einzelne Bewerber
kann sich auf feste und für ihn durchschaubare Auswahlkriterien einstellen73.
1.2. Wegfall der Selbstbindung der Verwaltung durch Änderung des Verwaltungssystems
Ein durch eine Verwaltungsvorschrift festgelegtes Förderprogramm kann ohne
Verstoß gegen den Gleichheitssatz oder die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG
aus sachlichen, willkürfreien Gründen jederzeit aufgehoben oder geändert werden74. Der Vorschriftengeber hat im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit in eigener
Verantwortung andere Gemeinschaftsbelange und die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu berücksichtigen und in eine umfassende Planung einzufügen, kann die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel auch für
69
BGH, siehe Fn.58, juris, Rdnr. 16 zur Besetzung von Anwaltsnotarstellen.
70
Vgl. BayVGH, Urt. v. 13.4.2006 – 1 N 04.1501 –, NuR 2007, 61 (63) zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung; VG Halle, siehe Fn. 65, juris, Rdnr. 237 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung; vgl. zur Unzulässigkeit der Doppelverwendung der Eignungskriterien als Zuschlags- bzw. Auswahlkriterien im Vergaberecht VK Sachsen, Beschl. v.
8.1.2010 – 1/SVK/059/09 –, juris, Rdnr. 101 m.w.N.
71
Maßgebend ist insofern der objektive Empfängerhorizont aus Sicht der angesprochenen Antragsteller (§§ 133, 157 BGB) vgl. VG Halle, siehe Fn. 65, juris, Rdnr. 213 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung m.w.N. in Anlehnung an die Rechtsprechung zum
Vergaberecht.
72
VG Halle, siehe Fn. 65, juris, Rdnr. 181 zur personenbeförderungsrechtlichen Auswahlentscheidung.
73
BGH, Urt. v. 13.12.1993 – NotZ 56/92 –, juris, Rdnr. 12; siehe Fn. 58, juris, Rdnr. 13 und
Urt. v. 26.3.2007 – NotZ 38/06 –, juris, Rdnr. 9 jeweils zur Besetzung von
Anwaltsnotarstellen.
74
BVerwG, Urt. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort
Rdnr. 20); Urt. v. 11.5.2006 – 5 C 10/05 –, NVwZ 2006, 1184 (1189), Rdnr. 63; Beschl. v.
17.8.2011 – 3 PKH 15/11 –, juris, Rdnr. 8.
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andere wichtige Gemeinschaftsbelange einsetzen75. Ein Subventionsempfänger
muss grundsätzlich damit rechnen, dass bei Eintritt grundlegender Änderungen
der allgemeinen Rahmenbedingungen die Subventionen gekürzt oder eingestellt
werden, kann auf das unveränderte Fortbestehen einer ihm günstigen Rechtslage
nur eingeschränkt vertrauen76.
Die Änderung einer derartigen ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift hat
grundsätzlich in der Form zu erfolgen, in der die abzuändernde Verwaltungsvorschrift um ihrer Wirksamkeit willen ergehen müsste77. Denkbar ist jedoch auch,
dass der durch Richtlinien ursprünglich erklärte Handlungswille durch eine abweichende Verwaltungspraxis des Vorschriftengebers unbeachtlich wird78. Änderungen entsprechender Verwaltungsvorschriften werden grundsätzlich unabhängig
von ihrer Bekanntmachung formell wirksam. Insoweit besteht keine generelle
Veröffentlichungspflicht, diese kann auch nicht aus der Veröffentlichung der
Verwaltungsvorschrift selbst abgeleitet werden79. Hat sich die Verwaltung allerdings in der Verwaltungsvorschrift selbst bzw. durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift in der einen oder der anderen Richtung gebunden – etwa durch
die Festlegung, dass alle Verwaltungsvorschriften und deren Änderungen zu veröffentlichen sind –, kann dies Grundlage des Vertrauens sein, die Verwaltung
werde entsprechend verfahren80. Generell von Änderungen der Vorschriftenlage
unberührt bleiben bereits ausgesprochene Bewilligungen oder entsprechende Zusicherungen i. S. d. § 38 VwVfG, durch die sich der Anspruch auf Gleichbehandlung im Rahmen der jeweiligen Subventionspraxis zu einem durch den Bescheid
im einzelnen bestimmten Anspruch auf die begehrte Zuwendung konkretisiert
hat81.
Im Rahmen seiner Freiheit, Subventionen zu gewähren, aber auch wieder einzustellen, ist dem Staat ein weites – gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares –
Gestaltungsermessen eingeräumt, das sich auch auf die Festlegung von Stichta-
75
So st. Rechtsprechung des BVerfG, Beschl. v. 23.11.2004 – 1 BvL 6/99 –, BVerfGE 112, 74
(hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 45 m.w.N.) zur Subventionierung privater Ersatzschulen.
76
BVerwG, siehe Fn. 74, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 27); siehe Fn.
74, NVwZ 2006, 1184 (1188), Rdnr. 57 jeweils mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 8.6.1988
– 2 BvL 9/85 –, BVerfGE 78, 249 (284 f.).
77
BVerwG, siehe Fn. 74, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 21).
78
BVerwG, Urt. v. 30.4.1981 – 2 C 8/79 –, NVwZ 1982, 101 (hier zitiert nach juris, dort
Rdnr. 24); VGH München, Urt. v. 27.6.1988 – 3 B 86.01782 –, juris, Ls. 4; VGH Bad.-Würt.,
Beschl.
v.
13.12.1999
– 4 S 2518/97 –,
juris,
Rdnr. 9 m.w.N.;
Sachs,
in:
Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rdnr. 124 m.w.N.
79
BVerwG, siehe Fn. 74, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 22, 28).
80
BVerwG, siehe Fn. 74, BVerwGE 104, 220 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 28).
81
BVerwG, Beschl. v. 17.8.2011 – 3 PKH 15.11 –, juris, Rdnr. 8.
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gen erstreckt82. Ungleichheiten, die durch Stichtagsregelungen entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung eines Stichtages notwendig und
die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, sachlich vertretbar ist83. Dabei besteht allerdings der Gestaltungsspielraum für die Festlegung einer angemessenen Übergangsregelung auch bei einem verfassungsrechtlich zulässigen Subventionsentzug nur im Rahmen der unter Berücksichtigung aller Umstände geltenden Grenze der Zumutbarkeit, deren Einhaltung von einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abhängt84. Wenn eine Subventionierung
Ermessenssache ist, entsprechende Haushaltsmittel aber nicht (mehr) zur Verfügung stehen, darf sie selbst dann zu einem im Übrigen sachgerecht gewählten
Stichtag eingestellt werden, wenn davon bereits anhängige, nach bisheriger Subventionspraxis begründete Subventionsanträge betroffen sind85; es entspricht gerade dem Gebot der Gleichbehandlung, wenn sich die Verwaltungspraxis an den
jeweils aktuell geltenden Förderrichtlinien orientiert86.
2.
Haushaltsrechtliche Grenzen, Problem des effektiven Rechtsschutzes
Ausgangspunkt ist zunächst der Grundsatz, dass die Auskehr von Fördermitteln
strukturell entlang dem haushaltsrechtlichen wie -wirtschaftlichen Rahmen ausgestaltet werden muss. Voraussetzung und mit Rücksicht auf die auch verfassungsrechtlich verbürgten haushaltsrechtlichen Kompetenzen des Parlaments
materielle Grenze ist damit zunächst, dass entsprechende Fördermittel im jeweiligen Haushalt veranschlagt wurden und verfügbar sind. Grundsätzlich gilt damit,
dass zum jeweiligen Zeitpunkt der Entscheidung des Fördermittelgebers die Erschöpfung der für die Förderung eingestellten Haushaltsmittel ebenso den Anspruch auf gleiche Teilhabe am Fördermittelprogramm vernichtet („Wo nicht ist,
hat (auch) der Kaiser sein Recht verloren!“) wie das Ende der jeweiligen Förderperiode, dem Haushaltsjahr. Fraglich ist allerdings, ob Ausnahmen hiervon möglich sind. Strukturell kommen sie nur in Betracht, wenn materiell-rechtliche Überlegungen die genannten haushaltsrechtlichen Grenzen überwinden können, z. B.
im Sinne eines im Fachrecht angelegten unzweifelhaften Anspruchs auf Förderung:
82
BVerwG, siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1188), Rdnr. 58 und (1189), Rdnr. 66 mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 15.10.1996 – 1 BvL 44/92 –, BVerfGE 95, 64 (89) zu gesetzlich
festgelegten Stichtagen.
83
BVerwG, siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1189 f.), Rdnr. 66 mit Verweis auf BVerfG,
Beschl. v. 8.4.1987 – 1 BvR 564/84 –, BVerfGE 75, 78 (106).
84
BVerwG, siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1189 f.), Rdnr. 66 mit Verweis auf BVerfG,
Beschl. v. 8.6.1988 – 2 BvL 9/85 –, BVerfGE 78, 249 (285).
85
BVerwG, siehe Fn. 74, NVwZ 2006, 1184 (1190), Rdnr. 73.
86
BVerwG, Beschl. v. 17.8.2011 – 3 PKH 15/11 –, juris, Rdnr. 9.
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Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann jedenfalls einem gesetzlichen – wenn auch in das Ermessen der Verwaltung gestellten –
Subventionsanspruch das Fehlen von Haushaltsmitteln nicht entgegengesetzt
werden87. Die Verwaltung ist an Gesetz und Recht gebunden (vgl. Art. 20 III GG),
kann sich auf die – nur im Innenverhältnis von Parlament und Regierung geltenden – Vorgaben des Haushaltsplans nicht im Außenverhältnis zum Subventionsbewerber berufen88. Die Befugnis des Haushaltsgesetzgebers gehe in diesen Fällen nicht soweit, auch über das „Ob“ der Förderung zu entscheiden, berechtige
insbesondere nicht dazu, Haushaltsmittel überhaupt nicht einzustellen89. In diesen
Fällen sei Haushaltsrecht und materielles Recht nicht in einer Weise verknüpft,
dass Regelungen des Haushaltsrechts anspruchsvernichtende Wirkung zukommt;
vielmehr sei es umgekehrt Aufgabe des Haushaltsgesetzgebers, in den Haushaltsplan die zur Erfüllung gesetzlicher Ansprüche erforderlichen Mittel einzustellen, notfalls über- und außerplanmäßig (vgl. Art. 110, 112 GG, § 37 BHO)90. Erscheint diese „Vorrang des Sachrechts“-Linie zur Auflösung von Widersprüchen
zwischen Entscheidungen des Parlaments als Haushalts- und als Sachgesetzgeber nicht gänzlich unproblematisch91, kann sie ohnehin nur in Extremfällen auch
im Ergebnis zu einem Subventionsanspruch führen: Das zugrundeliegende materielle Recht muss sowohl in der Sache als auch bezogen auf den Zeitpunkt der
Förderung und den Anspruch auf Auskehr der Mittel eindeutig sein und sei dies
unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Einflüsse, z.B. soweit es um die
87
Vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.8.2008 – 3 B 11/08 –, NVwZ 2008, 1355 (1356, Rdnr. 18) zu
§§ 7 I, II, 8 III PflegeV-AG LSA; Urt. v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 –, BVerwGE 134, 206 (hier
zitiert nach juris, dort Rdnr. 13) zu § 74 III SGB VIII; Urt. v. 25. 11. 2004 – 5 C 66/03 –,
NVwZ 2005, 825 zur Förderung von Kindergärten nach § 74 SGB VIII; OVG NW, Urt. v.
10.7.2003 – 16 A 2822/01 –, juris, Rdnr. 33 f.; VGH BW, Urt. v. 11.1.2007 – 12 S
2472/06 –, juris, Rdnr. 34 mit dem Hinweis, die Haushaltslage könne allenfalls bei der Bemessung der Höhe Bedeutung erlangen; VG Braunschweig, Urt. v. 15.4.2010 – 3 A 122/09 –
, juris, Rdnr. 39; OVG Bln.-Bbg., Urt. v. 24.3.2011 – BeckRS 2011, 49109; Luthe spricht von
einem „Grundsatz der Unterordnung des Haushaltsrechts unter das Gesetzesrecht“, vgl.
jurisPR-SozR 17/2005 Anm. 5.
88
BVerwG, a.a.O., NVwZ 2008, 1355 (1356, Rdnr. 18); a.a.O., BVerwGE 134, 206 (hier zitiert
nach juris, dort Rdnr. 14).
89
So auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.6.1997 – 4 M 1219/97 –, NdsVBl. 1997, 238 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 36) und VGHJ Kassel, Urt. v. 6. 9. 2005 – 10 UE 3025/04 –,
NVwZ-RR 2006, 475 (477) jeweils zur Förderung eines Waldorf-Kindergartens; dazu Wiesner,
in : Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. (2011), § 74 Rdnr. 38.
90
BVerwG, siehe Fn. 87, NVwZ 2008, 1355 (1356, Rdnr. 18); a.a.O., BVerwGE 134, 206 (hier
zitiert nach juris, dort Rdnr. 14).
91
Nach Berlit, RiBVerwG, sprengt dies den Haushaltsvorbehalt, vgl. jurisPR-BVerwG 9/2005
Anm. 4; Rauber bewertet die Auslegung an Hand des Demokratieprinzips, vgl. KommJur
2008, 366 ff.; nach Luthe ist die konkrete Umsetzung des Förderanspruchs in besonderer
Weise auch von den kommunalpolitischen Gestaltungsabsichten und des Bedarfs des örtlichen
Jugendhilfeträgers abhängig, vgl. jurisPR-SozR 17/2005 Anm. 5.
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Kompensationen von Lasten geht, die Private im Rahmen der Erledigung übernommener Aufgaben der Daseinsvorsorge übernommen haben92.
Mag die Erweiterung begrenzter Kapazitäten im Bereich der originären Leistungsrechte ohne jeden Vorbehalt zulässig sein, stehen (zumindest) abgeleitete Teilhaberechte doch unter dem Vorbehalt des Möglichen dessen, was der Einzelne vernünftiger Weise von der Gesellschaft beanspruchen kann93. Dies hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu beurteilen, der bei seiner Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen, Prioritäten zu setzen und hierbei gemäß Art. 109 II GG den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen hat94. Hierbei gibt die Haushaltsplanung ein wirtschaftliches- und sozialpolitisches Profil vor und dient als
staatsleitender Hoheitsakt95. Die finanzielle Teilhabe muss im Interesse anderer
wichtiger Gemeinschaftsgüter und anderer Nachfrage nach Staatsleistungen sowie zur Wahrung der Entscheidungskompetenz des Parlaments gegenüber richterlicher Rechtsfortbildung im Binnenbereich der Haushaltsplanung bleiben96. Eine
rechtmäßige Subventionsgewährung setzt demnach stets voraus, dass entsprechende Fördermittel im Haushaltsplan überhaupt vorgesehen sind97. Eine zur
Selbstbindung führende Verwaltungspraxis darf sich stets nur unter dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel entwickeln, wird per se rechtswidrig, wenn sie
zu einer Überschreitung des Budgets führt und ist dann legitimer (hausrechtlicher) Grund dafür, die Praxis abzubrechen bzw. zu überdenken. Umgekehrt muss
der Umstand der „Endlichkeit des Haushaltstitels“ bei nicht zuschließender
92
Vgl. zum § 8 I 1 KHG BVerfG, Beschl. v 12.6.1990 – 1 BvR 355/86 –, NJW 1990, 2306;
Degener-Hencke, in: Huster, Krankenhausrecht, 1. Aufl. (2010), § 5 Rdnr. 67; Baden, NJW
1984, 2622 (2623) mit dem Hinweis, die notwendige Abstimmung mit haushaltsrechtlichen
Erfordernissen finde bereits im Zuge der Entscheidung über die Aufnahme in das Jahreskrankenhausbauprogramm; zur Förderung von Pflegeheimen vgl. BSG, Urt. v. 26. 1. 2006 – B 3 P
6/04 R –, NZS 2006, 593; BVerwG, siehe Fn. 87, NVwZ 2008, 1355; zu Ausgleichszahlungen im Personenbeförderungsrecht vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.6.1987 – 7 B 30.87 –, Buchholz 442.01 § 45a PBefG Nr 1; zur Förderung eines Waldorf-Kindergartens OVG Lüneburg,
Beschl. v. 16.6.1997 – 4 M 1219/97 –, NdsVBl. 1997, 238 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr.
35 f.).
93
Vgl. BVerfG, Urt. v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 –, NJW 1972, 1561 (1564), sog. Numerusclausus-Urteil; BVerwG, Urt. v. 23.10.1996 – 6 C 1/94 –, NJW 1997, 2465 (2467) zur
Pflicht der Universitäten zur kostenlosen Bereitstellung von zahnärztlichem Instrumentarium.
94
BVerfG, a.a.O., NJW 1972, 1561 (1565); zu den Auswirkungen in der vertragsärztlichen Versorgung vgl. Riedel, NZS 2009, 260 (263); im Zulassungsverfahren zum Referendariat
Sieweke, LKV 2009, 305 (306).
95
BVerfG, Urt. v. 18.4.1989 – 2 BvF 1/82 –, NJW 1989, 2457.
96
Kirchhoff, NVwZ 1983, 505 (511 m.w.N.); Sieweke, LKV 2009, 305 (306 m.w.N.).
97
So BVerwG, Urt. v. 18.7.2002 – 3 C 54/01 –, NVwZ 2003, 92 (93) m.V.a. Urt. v. 8.4.1997
– 3 C 6/95 –, BVerwGE 104, 220 (222); Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14,
§ 40 Rndr. 126; kritisch dazu Siekmann, in: Sachs, siehe Fn. 6, Art. 110 Rdnr. 40.
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„Überzeichnung“ des betreffenden Förderprogramms im maßgeblichen Förderzeitraum hinreichender Anlass dafür sein, schon im Vorhinein durch geeignete
Vorkehrungen (Fristen für Antragstellung und Komplettierung von Antragsunterlagen, geeignete Entscheidungsstichtage für die Auswahl zwischen konkurrierenden Anträgen) abzusichern, dass „Wer zu spät kommt, den….!“ allenfalls dann
zum praktisch wirksamen förderrechtlichen Grundsatz wird, wenn dies ausdrücklich – aus gutem Grund – so gewollt ist98. Legitim erscheint in diesem Zusammenhang auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen99, bei einer Vervollständigung der Antragsunterlagen durch den der Antragssteller ihm das Risiko
aufzubürden, dass zu einem späteren Zeitpunkt entsprechende Fördermittel bereits erschöpft sind100. Wenn freilich in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung
zuweilen davon die Rede ist, bei Verfügbarkeit ausreichender Haushaltsmittel
zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrags solle eine später – bis zur gerichtlichen Entscheidung - eingetretene Ausschöpfung der Haushaltsmittel unerheblich sein101, etwa weil die Behörde es anderenfalls allein durch die Steuerung
der Bearbeitungszeit in der Hand hätte, einen zunächst begründeten Förderungsantrag unbegründet werden zu lassen, somit die Gleichheitsbindung zu unterlaufen102, ist dies fragwürdig: Haushaltsrechtliche Bindungen der Verwaltung zu
Gunsten des Parlaments werden damit letztlich in Richtung auf Überlegungen mit
Sanktionscharakter überspielt, offenbar, um vorgelagerte Schwächen der effektiven Rechtsschutzgewährung und entsprechenden Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens auszugleichen (vgl. noch dazu sogleich IV.). Freilich wird damit
deutlich, dass - gleichsam als auf den Rechtsschutz bezogenen verwaltungsverfahrensrechtliches Desiderats jeglicher Verfahren zur Verteilung knapper öffentlicher Güter Aspekte der Rechtsschutzfreundlichkeit bei der Ausgestaltung des
98
Zum sog. „Windhundprinzip“ als legitimer Teil eines Förderprogramms vgl. oben III.1.1.2.
99
Vgl. nur BVerwG, a.a.O., NVwZ 2003, 91; VG Lüneburg, Urt. v. 29.6.2011 – 5 A 149/10 –,
juris, Rdnr. 33.
100
LSG S-A, Urt. v. 24.3.2004 – L 4 P 4/02 –, BeckRS 2009, 62552 m.V.a. VG Potsdam, Urt.
v. 29.7.1999 – 3 K 649/96 –, LKV 2001, 430.
101
Vgl. VG Potsdam, Urt. v. 29.7.1999 – 3 K 649/96 –, LKV 2001, 430 (431); SächsOVG,
Beschl. v. 17.9.2001 – 3 B 400/99 –, LKV 2002, 417 (418); VG Hannover, Urt. v.
1.10.2008 – 11 A 7719/06 –, juris, Rdnr. 34; LSG S-A, Urt. v. 24.3.2004 – L 4 P 4/02 –,
BeckRS 2009, 62552; VG Weimar, Urt. v. 9.1.2006 – 8 K 172/05 –, ThürVBl 2006, 259
(hier zitiert nach juris); a.A. VG Dresden, Urt. v. 15.1.2004 – 6 K 2300/00 –, unveröff.; OVG
Bln-Bbg., Urt. v. 10.5.2005 –, LKV 2006, 39.
102
So Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, siehe Fn. 14, § 40 Rndr. 126 mit Verweis auf NdsOVG,
Urt. v. 25.6.1987 – 3 A 90/85 –, OVGE 40, 387 (390 f.).
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jeweiligen Förderprogramms im Lichte des Art. 19 IV GG nicht unberücksichtigt
bleiben dürfen103.
IV.
Konsequenzen für den Rechtsschutz
Ausgehend von der Begrenzung der Fördermittel in Bezug auf die zur Verfügung
gestellte Summe und das laufende Haushaltsjahr wird der Frage, auf welche
Weise rechtswidrig übergangene Antragsteller ihre Rechte einer effektiven gerichtlichen Kontrolle zuführen können, bei knappen Mitteln zukünftig eine noch
wichtigere Rolle spielen. Hierbei muss nach dem Vorstehenden grundsätzlich danach differenziert werden, ob es sich um gesetzlich im Ergebnis zwingend vorgeschriebene (nachfolgend 1.) oder – wie regelmäßig - im Ermessensbereich gewährte Subventionen (anschließend 2.) handelt.
1.
Verbindlicher Förderanspruch
Besteht ausnahmsweise104 auch mit Rücksicht auf haushaltsrechtliche Restriktionen durch Ablauf des jeweiligen Haushaltsjahres oder durch Erschöpfung der
eingestellten Haushaltsmittel ein nicht vernichtbarer Förderanspruch, ist dieser
rechtsschutzseitig auch durch die Möglichkeit der Verpflichtungsklage und – in
Extremfällen105 - durch „vorläufige“ Gewährung im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 123 I VwGO) durchsetzbar.
Die Notwendigkeit eines verdrängenden – gegebenenfalls einstweiligen – Konkurrenzschutzes gegen andere Antragsteller wird in den oben genannten Fällen
einer verdichteten Förderpflicht regelmäßig entbehrlich sein, da Haushaltsmittel
unter Umständen über- bzw. außerplanmäßig bereitzustellen sind106, insoweit eine
Ausweitung der Begünstigungen auf der Angebotsseite durchaus möglich ist107.
2.
Förderung nach Ermessen
Besteht Ermessen, ist es nicht Sache der Gerichte zu überprüfen, ob die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt wurde, die im öffentlichen Interesse liegenden Zwecke bei einer anderen Vergabepraxis ebenfalls oder
103
Zu Konsequenzen bei Mißachtung dieses Gebots – i.S.d. des zuweilen auf die Frage „Und was
passiert, wenn sich später herausstellt, dass die Ablehnung der Förderung rechtwidrig war?“
schmunzelnd entgegneten „Sie haben Pech gehabt!“ für den Rechtsschutz vgl. unten IV.2.2..
104
Vgl. oben III.2. - skeptisch – zu den in der Rechtsprechung erörterten Beispielen.
105
Insbesondere in Fällen, bei denen sich der Anspruch nicht auf eine Geldleistung bezieht, etwa
bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen.
106
Vgl. dazu bereits oben III.2. mit den Nachweisen aus Rechtsprechung.
107
Vgl. Sennekamp, in: Quaas/Zuck, Prozesse in Verwaltungssachen, 1. Aufl. (2008), § 3
Rdnr. 82; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Aufl. (2011), § 42
Rdnr. 142.
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sogar besser erreicht werden können, sondern nur, ob die o.g. strukturellen Anforderungen erfüllt und konsequent durchgehalten sind, die Chance des jeweiligen Antragstellers auf eine faire Förderchance gewahrt ist108.
Kann sich insbesondere die Ausschöpfung der für das betreffende Förderprogramm eingestellten Mittel bzw. das Ende der Förderperiode als förderschädlich
herausstellen, ist allerdings fraglich, ob der auf die Durchsetzung des Anspruchs
auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den eigenen Förderantrag gerichtete
Rechtsschutz im Rahmen einer Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage ausreicht. Die Gefahr durch einen zwischenzeitlichen Vollzug des einen Dritten begünstigenden Fördermittelbescheides in seinen eigenen Erfolgsaussichten –
faktisch – geschmälert zu werden, kann das Bedürfnis nach einer zusätzlichen –
flankierenden – Anfechtungsklage gegen den einen Dritten begünstigenden Bescheid (so genannte verdrängende Konkurrentenklage, sogleich 2.1.) gegebenenfalls nach einem einstweiligen – vorbeugenden – Rechtsschutz (nachfolgend
2.2.) erheben.
2.1. Zulässigkeit einer so genannten verdrängenden Konkurrentenklage
Das einfachste Instrument faktischen Vollzug des einen Dritten begünstigenden
Bescheides vorläufig zu verhindern, bietet die Anfechtung des begünstigenden
Drittbescheides mittels Widerspruch und Anfechtungsklage, die gemäß
§ 80 I 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfalten und somit die Funktion des
einstweiligen Rechtsschutzes übernehmen. Die Verwaltung erhält die Möglichkeit, über die Vergünstigung noch zu verfügen109. Die Zulässigkeit und Notwendigkeit einer solchen Vorgehensweise wird für die verschiedenen Fachbereiche in
Rechtsprechung und Literatur bislang nicht einheitlich beurteilt. Im beamtenrechtlichen Konkurrenzstreitverfahren ist seit der geänderten Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts neben der Verpflichtungsklage auf eigene Ernennung
eine Anfechtung der Ernennung des Mitbewerbers statthaft, insoweit bejaht das
Bundesverwaltungsgericht erstmals und unter ausdrücklicher Aufhebung seiner
bisherigen Rechtsprechung die Drittwirkung des Ernennungsverwaltungsaktes für
die unterlegenen Bewerber als Voraussetzung der Klagebefugnis110. Auch in
108
BVerfG, siehe Fn. 31, BVerfGE 103, 310 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 43); BVerwG, Urt.
28.4.1978 – IV C 49/76 –, BVerwGE 55, 349 (hier zitiert nach juris, Rdnr. 12); zur Förderung
aus Wohnungsfürsorgemitteln vgl. OVG M-V, Urt. v. 27.6.2011 – 2 L 39/99 –, NVwZRR 2002, 406; zur Förderung von Schulinvestitionen vgl. VG Braunschweig, Urt. v.
15.5.2007 – 6 A 64/06 –, BeckRS 2007, 25356.
109
Man bezeichnet die Anfechtungsklage auch als „Platzhalter“, vgl. Brohm, Die
Konkurrentenklage: in: Erichsen/Hoppe/V. Mutius, in der Festschrift Menger, 1985, S. 235
(253).
110
BVerwG, Urt. v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 –, NVwZ 2011, 358 (360 Rdnr. 28, 362
Rdnr. 37 f.); dazu Schenke, NVwZ 2011, 324; anders zuvor BVerwG, Urt. v. 25.8.1988 – 2
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Konkurrentenklageverfahren um kontingentierte Genehmigungen geht das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der erfolglose Bewerber zusätzlich zur Verpflichtungsklage auch die dem erfolgreichen
Mitbewerber erteilte Genehmigung anfechten kann111. Die Notwendigkeit, zugleich die den Mitbewerbern erteilten Genehmigungen anzufechten, wird jedoch
im Hinblick auf praktische Hindernisse – etwa eine große Zahl von Genehmigungen in einem einheitlichen Auswahlverfahren – eingeschränkt, anderenfalls wäre
es eine Überforderung erfolgloser Bewerber und eine unzumutbare Erschwerung
des Rechtswegs112. Wohl aus den gleichen Gründen der Praktikabilität verneint
die Rechtsprechung die Notwendigkeit und Zulässigkeit der Anfechtung der
Drittbegünstigung in den sonstigen Fällen kontingentierter Zulassungen113. Dogmatische Schwierigkeiten bei Erschöpfung des Kontingents sollen dadurch überwunden werden, dass die Behörde im Rahmen der Neubescheidung des erfolglosen Bewerbers zugleich über Widerruf und Rücknahme oder der Möglichkeit der
(außerordentlichen) Kündigung, gegebenenfalls gegen Schadenersatz für den
rechtswidrig bevorzugten Bewerber oder gar gänzliche Wiederholung des Verteilungsverfahrens zu befinden hat114.
C 62.85 –, BVerwGE 80, 127, bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 19.9.1989 – 2 BvR
1576/88 –, NJW 1989, 501.
111
Vgl. BVerwG, Urt. v. 30.8.1968 – VII C 122.66 –, BVerwGE 30, 191 (hier zitiert nach juris,
dort Rdnr. 57) zur Subventionierung von Winzergenossenschaften; Urt. v. 2.9.1983 –
7 C 97/81 –, NVwZ 1984, 507 (508) zum Güterfernverkehrsrecht; Urt. v. 6.4.2000 –
3 C 6/99 –, NVwZ 2001, 322 zum Personenbeförderungsrecht; Urt. v. 23.8.1994 –
1 C 19/91 –, NVwZ 1995, 478 zur Erteilung einer Spielbankenerlaubnis; Urt. v. 25.9.2008 –
3 C 35/07 –, NVwZ 2009, 525 Rdnr. 21 f. und BVerfG, Beschl. v. 14.1.2004 –
1 BvR 506/03 –, NVwZ 2004, 718 (719) zur Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan; BSG, Urt. v. 23.2.2005 – B 6 KA 81/03 R –, MedR 2005, 666 zur Zulassung
zur vertragsärztlichen Versorgung.
112
BVerwG, Urt. v. 7.10.1988 – 7 C 65/87 –, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort
Rdnr. 10) zum Güterfernverkehrsrecht.
113
VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.9.1983 – 6 S 2246/83 –, GewArch 1984, 26 zur Zulassung
eines Schaustellers zum Volksfest; in diese Richtung BVerfG, Beschl. v. 15.8.2002 –
1 BvR 1790/90 –, NJW 2002, 3691 (3692) zur Vergabe von Standplätzen auf Jahrmärkten;
BVerwG, Urt. v. 22.6.1973 – VII C 7.71 –, BVerwGE 42, 296 und Urt. v. 8.2.1980 –
VII C 93.77 –, BVerwGE 60, 25 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 24) jeweils zur Zuteilung
eines Studienplatzes.
114
BVerwG, siehe Fn. 112, BVerwGE 80, 270 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 10) zu Güterfernverkehrsrecht; BVerfG, a.a.O., NJW 2002, 3691 (3692) zur Vergabe von Standplätzen
auf Jahrmärkten; VGH Kassel, Beschl. v. 27.11.1992 – 8 TG 2430/92 – GewArch 1993,
248 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 4) zur Vergabe eines Weihnachtsmarktstandplatzes; a.A.
OVG Lüneburg, Urt. v. 3.6.1991 – 7 L 43/89 –, NJW 1992, 1979 (1980) und OVG S-A, Urt.
v. 22.2.1995 – 4 L 382/94 –, NVwZ 1996, 815 jeweils zum Güterfernverkehrsrecht; VGH
München, Urt. v. 22.7.1982 – 22 B 81 A 2506 –, NJW 1984, 680 zur Erteilung einer Rezeptsammelstellenerlaubnis; Pöcker, DÖV 2003, 193 zum Postulat einer einheitlichen Vertei-
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Letztlich hängt die Frage, ob Rechtsschutz in den Fällen der verdrängenden
Konkurrentenklage über eine Kombination von Verpflichtungs- und Anfechtungsklage erlangt werden kann, davon ab, inwieweit das einschlägige materielle
Recht dem übergangenen Bewerber subjektiv Rechtsmacht einräumt. Inwieweit
für den interessierenden Fall der Anspruch auf ermessungsfehlerfreie Auswahlentscheidung auch die Aufhebung des einem Mitbewerber erteilten Zuwendungsbescheides rechtfertigt, hängt maßgeblich davon ab, ob eine hohe Wahrscheinlich dafür dargetan werden kann, dass der übergangene Bewerber bei formell ordnungsgemäßen Verfahren und ermessenfehlerfreier Entscheidung selbst
zum Zuge gekommen wäre115. Insoweit sind erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast im Rahmen des § 42 II VwGO zu fordern (sog. qualifiziertes
Betroffensein)116. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss ein
Konkurrent zumindest dann eine Anfechtungsmöglichkeit haben, wenn er geltend
macht, dass seine schutzwürdigen Interessen willkürlich vernachlässigt worden
sind117. Gegebenenfalls kommt als verletztes Recht die so genannte Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 12 I, 2 I i. V. m. Art. 3 I GG118, Pressefreiheit aus
Art. 5 I 2 GG119 bzw. Religionsfreiheit gemäß Art. 4 I GG120, in Zeiten zunehmender Europäisierung und Globalisierung auch der Verstoß gegen das europäische
Durchführungsverbot aus Art. 108 III 3 AEUV121 in Betracht.
2.2. Erforderlichkeit des einstweiligen (vorbeugenden) Rechtsschutzes
lungsentscheidung; kritisch zum Ganzen Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, siehe Fn. 107 , § 42 Rdnr. 145.
115
Vgl. zu dieser Anforderung Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO,
Stand: Juni 2011,, § 42 Rdnr. 307 m.V.a. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im
Verwaltungsrecht: Das subjektive öffentliche Recht im multipolaren Verwaltungsrechtsverhältnis, 2. Aufl. (2005), S. 467.
116
So auch Sennekamp, in: Fehling/Kastner/Warendorf, VerwR, 1. Aufl. (2006), § 42 VwGO,
Rdnr. 130.
117
BVerwG, siehe Fn. 111, BVerwGE 30, 191 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 57) zur Subventionierung von Winzergenossenschaften.
118
Vgl. BVerwG, Urt. v. 23.3.1982 – 1 C 157/79 –, BVerwGE 65, 167 (hier zitiert nach juris,
dort Rdnr. 27) zum Ladenschlussgesetz Urt. v. 30.8.1968 – VII C 122/66 –, NJW 1969, 522
zur Subventionierung von Winzergenossenschaften; Beschl. v. 27.1.1988 – 7 B 1/88 –,
NJW 1988, 1277 Zuschüsse für Instandsetzungsmaßnahmen an Altenheimen.
119
Vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, siehe Fn. 115,, § 42 Rdnr. 301
m.w.N.
120
Vgl. dazu OVG Bln-Bbg, Urt. v. 10.5.2005 – 1 A 744/03 –, LKV 2006, 39.
121
Drittschützende Wirkung höchstrichterlich bejaht BVerwG, Urt. v. 16.12.2010- 3 C 44/09 –,
NVwZ 2011, 1016 (hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 13); BGH, Urt. v. 10.2.2011 –
I ZR 213/08 –, juris, Rdnr. 25.
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Soweit diese Zulässigkeitshürde überwunden werden kann, können einer Rückgängigmachung des Verteilungsverfahrens materiell-rechtlich gewichtige Gemeinwohlbelange entgegen stehen. So können etwa die Zeitbedingtheit des Zulassungsanspruchs und der Massecharakter der Vergabeentscheidung122, die besondere Eilbedürftigkeit des Auswahlverfahrens123 sowie die Abwägung mit anderen schutzwürdigen öffentlichen124 und privaten Belangen125 zum Untergang des
materiell-rechtlichen Anspruchs und zur Erledigung der erhobenen Klagen führen.
Ähnlich könnte im Fördermittelrecht die Haushaltsautonomie des Gesetzgebers
bzw. das Erfordernis der zügigen Durchführung öffentlicher Investitionen in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise entgegengehalten werden. In diesen Fällen
würde der erfolglose Bewerber auf den Sekundärrechtsschutz verwiesen werden,
eine inhaltliche Überprüfung der Vergabeentscheidung (nur) im Verfahren einer
Fortsetzungsfeststellungsklage oder im Rahmen eines Schadensersatzprozesses
stattfinden. Die verzögerte bzw. gar verweigerte Sachentscheidung führe im Ergebnis dazu, dass die grundgesetzlich geschützten Rechte des erfolglosen Bewerbers unwiederbringlich verloren gingen126.
Dies macht es erforderlich, den Rechtsschutz vorzuverlagern: Wenn der durch
Art. 19 IV GG gebotene effektive Rechtsschutz auf andere Weise nicht gewährleistet werden kann, so muss ein Antrag gerichtet auf Freihaltung von für die
Fördermittelperiode zur Verfügung gestellten Fördermitteln in beantragter Höhe
bis zur rechtskräftigen Entscheidung (Unterlassungsklage im Hauptsacheverfahren flankiert durch einen Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung) statthaft
sein127. Der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG kommt nicht nur die Aufga-
122
So im Hochschulzulassungsrecht, vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 26.6.1987 – 9 S 786/87 -,
NVwZ 1987, 711; NdsOVG, Urt. v. 18.10.1988 – 10 A 348/87 -, NVwZ 1989, 385; § 19 V
VergabeVOZVS i.d.F.v. 20.5.2008 (GVBl. I S. 796) ordnet ausdrücklich an, dass vor Gericht
obsiegende Studienplatzbewerber im nächsten Vergabeverfahren besonders zu berücksichtigen sind.
123
Vg. zur Bestellungsverfahren eines Insolvenzverwalters BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 –
1 BvR 2530/04 -, NJW 2006, 2613 (2615).
124
Gründe der Ämterstabilität, vgl. BVerwG, Urt. v. 25.8.1988 – 2 C 62/85 -, BVerwGE 80, 127
(hier zitiert nach juris, dort Rdnr. 22); bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 19.9.1989 –
2 BvR 1576/88 -, NJW 1990, 501 zu beamtenrechtlichen Beförderungsbescheidungen;
BVerfG, Beschl. v. 29.3.2006 – 1 BvR 133/06 -, DNordZ 2006, 790 für die Besetzung von
Notarstellen; Schutz von Gläubigerrechten bei der Bestellungsverfahren zum Insolvenzverwalter BVerfG, a.a.O., NJW 2006, 2613 (2615).
125
Man denke etwa an Vertrauensschutzaspekte sowie das Kindeswohl bei der Besetzung von
Kindergartenplätzen.
126
Vgl. BVerfG, siehe Fn. 124, NJW 1989, 501 zu beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidungen; Beschl. v. 15.8.2002 – 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 zu Vergabe von Standplätzen auf Jahrmärkten.
127
Vgl. zur Vorverlagerung des Rechtsschutzes bei beamtenrechtlichen Konkurrenzlagen
BVerwG, Urt. v. 25.8.1988 – 2 C 62.85 -, BVerwGE 80, 127, bestätigt durch BVerfG, siehe
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be zu, jeden Akt der Exekutive, der in Rechte des Bürgers eingreift, vollständig
der richterlichen Prüfung zu unterstellen, sondern auch irreparablen Entscheidungen soweit als möglich auszuschließen128. Eine gerichtliche Regelung ist jedenfalls
dann sachgerecht, wenn das Begehren in der Hauptsache nicht offensichtlich
aussichtslos erscheint und außerdem befürchtet werden muss, dass bis zur gerichtlichen Entscheidung über dieses Begehren vollendete Tatsachen geschaffen
werden129, sei es durch Ausschöpfung der Fördermittel, Übergang in eine nächste
Förderperiode und/oder Fortschreibung einer ekletizistisch begonnenen Praxis der
Mittelgewährung, bei deren – ggf. auch: sachgerechten - Fortschreibung der betreffende Antragsteller – nunmehr – nicht mehr in Betracht kommt. Die Notwendigkeit einer derartigen Anordnung besteht umso mehr, wenn die Besorgnis besteht, dass die Behörde sich ihrer unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen
Bindung an Art. 19 IV 1 GG i. V. m. Art. 20 III GG folgenden Pflicht130, die darin
besteht, Fördermittel in beantragter Höhe zurückzuhalten bzw. keine entgegenstehenden Fördermittelbescheide zumindest für die Dauer des vorläufigen
Rechtsschutzverfahrens zu erlassen, zu entziehen beabsichtigt131, indem sie etwa
eine konkrete „Zusicherung“ diesbezüglich ablehnt132. Die rechtzeitige Wahrnehmung dieser Interessen zwingt die Behörde im Übrigen dazu, das dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerte Verwaltungsverfahren so auszugestalten, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz nicht vereitelt oder unzumutbar erschwert133. Die Behörde kann demnach verpflichtet sein, den erfolglosen Bewerber innerhalb einer für seine Rechtsschutzentscheidung ausreichenden Zeitspanne vor Erlass entsprechender Fördermittelbescheide vom Ausgang des Auswahl-
Fn. 124, NJW 1989, 501; zu Vergabe von Standplätzen auf Jahrmärkten BVerfG, a.a.O.,
NJW 2002, 3691 (3692); Huber, siehe Fn. 2, S. 441; Wahl/Schütz, in:
Schoch/Schmitt/Aßmann/Pietzner, siehe Fn. 115, § 42 Rdnr. 329 zum Hochschulzulassungsrecht mit Verweis auf Schmitt-Preuß, siehe Fn. 115, S. 487 f.; zum Ganzen Rennert, DVBl.
2009, 1333 (1336).
128
BVerfG, siehe Fn. 124, NJW 1990, 501 zu beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidungen.
129
Ähnlich bei so genannten „Hängebeschlüssen“ vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 15.12.1992 –
2 W 36/92 –, NVwZ-RR 1993, 391; OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 3.2.1998 – 8 S 184/97 –,
NVwZ-RR 1999, 212; OVG Bautzen, Beschl. v. 17.12.2003 – 3 BS 399/03 –, NVwZ 2004,
1134; Kopp/Schenke, VwGO-Komm., 15. Aufl. (2007), § 123 Rdnr. 29 m.w.N; ähnlich
BVerwG, Urt. v. 13.9.2001 – 2 C 39/00 –, NVwZ 2002, 604 (605) zur Erfüllung eines (nachträglichen) Besoldungsanspruchs.
130
BVerfG, Beschl. v. 4.6.1987 – 1 BvR 620/87 –, NJW 1987, 2219; OVG Bautzen, Beschl. v.
17.12.2001 – 3 BS 399/03 –, NVwZ 2004, 1134; Kopp/Schenke, VwGO-Komm., 15. Aufl.
(2007), § 80 Rdnr. 170 m.w.N.
131
So SächsOVG , a.a.O., NVwZ 2004, 1134.
132
So MacLean, LKV 2001, 107 (108), selbst – seinerzeit – Vorsitzender Richter einer am VG
Berlin mit solchen Konstellationen befassten Kammer.
133
BVerfG, siehe Fn. 124, NJW 1990, 501 m.w.N zu beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidungen.
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verfahrens in Kenntnis zu setzen134 bzw. ein Vorauswahlverfahren zu treffen, das
eine zum Zwecke der gerichtlichen Kontrolle hinreichend sichere Tatsachengrundlage für eine sachgerechte Auswahlentscheidung vermittelt135. Auf diese
Weise erhalten alle Bewerber die Möglichkeit, auf die Auswahlentscheidung Einfluss zu nehmen, einer gleichheitsgerechten Verteilungspraxis maßgeblich Geltung zu verschaffen.
V.
Zusammenfassung und Ausblick
Das Fördermittelrecht wird durch ein Zusammenspiel von Sozialstaatsprinzip,
Haushaltsautonomie und grundrechtlicher Verbürgungen bestimmt:
Während die Entwicklung des sozialstaatlichen Leistungsrechts zu einer weitgehenden Verfestigung der individuellen Leistungserwartungen gegenüber dem
Staat zu Leistungsansprüchen geführt hat, hierbei die finanzielle Hilfspflicht vorbehaltslos und die finanzielle Hilfsfähigkeit des Staates grenzenlos zu sein
scheint, kann dem objektiv-rechtlichen Förderungsauftrag des Staates in den ungeregelten Fördertatbeständen ein sozialgrundrechtliches Leistungsversprechen
nicht entnommen werden, beschränkt sich der Anspruch auf die gerechte Teilhabe am jeweils Vorhandenen. In beiden Konstellationen – im Leistungsbereich zur
Ausgestaltung des verbliebenen Programmermessens, bei der Teilhabegewährung
zur Gewährleistung einer gleichheitskonformen Verteilungspraxis – muss die bislang nur rudimentär ausgestaltete fachrechtliche Basis der Förderung ausgebaut,
verwaltungsrechtlicher Bedarf und Dringlichkeit auf die finanzielle Belastbarkeit
und die Gewichtung der anderen, ebenfalls gleichrangigen Zielsetzungen staatlicher Wirtschafts- und Sozialpolitik abgestimmt werden. Bis dahin ist die Gestaltung rechtskonformer Fördermittelvergabeverfahren über den Umweg des effektiven Rechtsschutzes sicherzustellen, wenn gleich dem Grundsatz der Gewaltenteilung entsprechend und zur Mäßigung exzessiver Rechtsfortbildung legislative
Normierung zu fordern ist.
134
BVerfG, siehe Fn. 124, NJW 1990, 501 m.w.N zu beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidungen.
135
So BVerfG, siehe Fn. 123, NJW 2006, 2613 (2615 m.w.N.) zur Bestellung eines Insolvenzverwalters; siehe etwa das Zusammenwirken von Linienverkehrsgenehmigung und einstweilige
Erlaubnis in §§ 13, 20 a PBefG.
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