Rundbrief 7 - Dezember 2104 Sicherungsabrede in Allgemeinen

Transcrição

Rundbrief 7 - Dezember 2104 Sicherungsabrede in Allgemeinen
Rundbrief 7 - Dezember 2104
Sicherungsabrede in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
BGH Urteil v. 01.10.2014 – VII ZR 164/12
Leitsatz:
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene
Klauseln, wonach Gewährleistungsansprüche bis zu vorbehaltlose Annahme der
Schlusszahlung des Auftraggebers in Höhe von 7 % der Auftrags- bzw.
Abrechnungssumme durch Bürgschaften gesichert sind benachteiligen den
Auftragnehmer unangemessen und sind daher unwirksam.
Sachverhalt:
Der geschlossene Vertrag nahm Bezug auf ZVB/E wonach der Auftragnehmer als Sicherheit
für die Vertragserfüllung in Höhe von 5 % der Auftragssumme einschl. der Nachträge zu
stellen hat. Ferner sollte der Auftraggeber berechtigt sein, wenn nicht binnen 18 Tage nach
Vertragsschluss (Zugang Auftragsschreiben oder Nachtragsvereinbarung) berechtigt sein, die
Abschlagszahlungen bis zur Höhe des Sicherheitsbetrags einzubehalten. Nach Empfang der
Schlusszahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche konnte der Auftragnehmer
verlangen, dass die Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 2% der
Abrechnungssumme umgewandelt wird. Zusätzlich war geregelt, dass als Sicherheit für die
Gewährleistung von 2% der Abrechnungssumme einbehalten werden konnte, die der
Auftragnehmer auch in Form der vorgenannten Bürgschaft stellen konnte.
Die Vertragserfüllungsbürgschaft erstreckte sich auf Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus
dem Vertrag, insbesondere auch auf Gewährleistung Schadensersatz und Erstattung
Überzahlungen. Die Vertragserfüllungsbürgschaft über musste ein solche auf erstes Anfordern
sein, im Übrigen eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der
Anfechtung, Aufrechnung und Vorausklage.
Die Vorauszahlungsbürgschaft selbst sollte der Auftraggeber erst herausgeben müssen, wenn,
wenn der Auftragnehmer
- die Leistung vertragsgemäß
- etwaige erhobene Ansprüche (einschließlich Ansprüche Dritter) befriedigt hat
- eine vereinbarte Sicherheit für Gewährleistung geleistet hat.
Der BGH stellt unter Bezugnahme auf frühere Entscheidungen klar:
a. dem Bürgen stehen gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB alle Einwendungen des Schuldners
aus der Sicherungsabrede mit dem Gläubiger zu. Hat der Bürge eine Sicherung gewährt,
obwohl die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger unwirksam ist,
so kann sich der Bürge ebenfalls auf die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede berufen.
Rosemann | Winkelmann . Rechtsanwälte für Bau- und Architektenrecht sowie Immobilienrecht in Bürogemeinschaft
Georgstraße 24 . 49809 Lingen (Ems) | Postfach 21 30 . 49791 Lingen (Ems) | [email protected]
www.rosemann-winkelmann.de
Dies folgt aus dem Grundsatz der Akzessorietät, dass der Bürge grundsätzlich nicht
mehr zu leisten hat als der Hauptschuldner (BGH, Urt. v. 12.02.2009 –VII ZR 39/08).
b. ob der formularmäßig ausgedungene Verzicht des Bürgen auf die Einrede der
Aufrechenbarkeit für die von dem Bürgen zustellende Gewährleistungsbürgschaft die
Unwirksamkeit der Sicherungsabrede zur Folge hat, wenn der Einredeausschluss auch
unbestrittene oder rechtskräftig festgestellt Forderungen umfasst (so OLG Jena MDR
2010, 259; OLG Frankfurt NJW Spezial 2012, 686, dagegen OLG Hamburg BauR 2011,
1007 Rdn 5; OLG Düsseldorf NZBau 2008, 767 f.) entscheidet der BGH nicht, weil die
Sicherungsabrede sowie unwirksam sei; sie führe zu einer unangemessenen Sicherung.
Vermerk:
hieraus lässt sich schließen, dass der BGH vermutlich den Einredeausschluss für
wirksam erachtet
c. die Verpflichtung des Auftragnehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingen des
Auftraggebers, zur Sicherung des Anspruchs auf Erfüllung des Vertrages eine
Sicherheit auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam wegen Verstoß gegen §
307 Abs. 1 BGB. Für Verträge, die vor dem 01.01.2003 geschlossen wurden gilt dies
aber nicht. Hier wird der Vertrag so ausgelegt, dass die Bürgschaft als unbefristete
selbstschuldnerische Bürgschaft weiterhin Bestand hat (BGH Urt. v. 04.07.2002 – VII
ZR 502/99, BGHZ 151, 229, 234 ff; BGH Urt. v. 25.03.2004 – VII ZR 453/02, BauR
2004, 1143, 1145)
d. eine Vertragserfüllung kann auch Gewährleistungsansprüche sichern, aber dann darf die
Bürgschaftshöhe den Betrag von 5 % der Auftragssumme nicht überschreiten (BGH
Urt. v. 20.03.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 236 Rn. 16; BGH Urt. v. 05.05.2011
– VII ZR 178/10, BauR 2011, 1324 Rn. 23, 27)
e. Soweit zusätzlich für Gewährleistungsansprüche eine weitere Sicherheit von 2 % der
Abrechnungssumme zu stellen ist, die nicht sofort nach vorbehaltloser Abnahme und
vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückzugeben ist zurückzugeben ist,
bewirkt eine Übersicherung, die für Gewährleistungsansprüche über 5 % liegt (hier 5 %
und 2 % = 7 % ), die nicht hinnehmbar ist. Allenfalls ist in Ausnahmefällen eine
Sicherheit durch eine kombinierte Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft
von 6 % noch hinnehmbar, die auch Überzahlungsansprüche sichert (BGH Urt. v.
24.03.2004 – VII ZR 453/02, BauR 2004, 1143, 1145).
f. Die AGB-Klausel, dass nur eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 2 % der
Abrechnungssumme zu gewähren sei und einen eigenständigen Rechtsgrund bilde, sei
nicht zutreffend. Es sei nicht Sache des Gerichts bei einer mehrgliedrigen Klausel
auszusuchen, welche Klausel bestehen bleiben soll (BGH Urt. v. 05.05.2011 – VII ZR
178/10 a.a.O. Rn. 29). Wegen des inneren Zusammenhangs seien die Klauseln
insgesamt unwirksam. Dies gelte besonders, wenn die Unwirksamkeit einer Teilklausel
von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisher
völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die
Teilunwirksamkeit die Gesamtklausel (BGH Urt. v. 10.10.1996 – VII ZR 224/95; BauR
1997, 302, 33).
Rosemann | Winkelmann . Rechtsanwälte für Bau- und Architektenrecht sowie Immobilienrecht in Bürogemeinschaft
Georgstraße 24 . 49809 Lingen (Ems) | Postfach 21 30 . 49791 Lingen (Ems) | [email protected]
www.rosemann-winkelmann.de
Praxishinweis:
Bei vom AG gestellten Allgemeine Geschäftsbedingungen immer prüfen, ob diese AGBrechtlich unbedenklich sind. Ist dies nicht der Fall, die Klausel nicht vor Vertragsabschluss
monieren, denn dann wird der AG, der seine Bedingungen ja Vertragsinhalt werden lassen will,
den Auftrag an den AN, der die Bedingungen bemängelt, nicht erteilen. Besser deshalb den
Vertrag unterzeichnen und erst danach die Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel
einwenden. Dies ist unschädlich, denn durch Unterzeichnung einer AGB-Vereinbarung wird
diese nicht zur Individualvereinbarung.
Erk Winkelmann
Rechtsanwalt – Notar a.D.
Fachanwalt f. Bau- u. Architektenrecht
Rosemann | Winkelmann . Rechtsanwälte für Bau- und Architektenrecht sowie Immobilienrecht in Bürogemeinschaft
Georgstraße 24 . 49809 Lingen (Ems) | Postfach 21 30 . 49791 Lingen (Ems) | [email protected]
www.rosemann-winkelmann.de