RomeroZeitung 2015 - Christliche Initiative Romero eV
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RomeroZeitung 2015 - Christliche Initiative Romero eV
RomeroZeitung Eine Stimme für Gerechtigkeit Zur Seligsprechung von Oscar A. Romero Mai 2015 Die weltweite Bedeutung Romeros E inen Menschen selig sprechen bedeutet, ihn als Beispiel und Vorbild für den christlichen Glauben und die Nachfolge Jesu hervorzuheben. Zugleich ist dieser Akt auch die Betonung eines Modells von Humanität. Für eine Gesellschaft in der Krise vereint das Modell Romero in sich gesellschaftliche Sensibilität, Option für die Schwächsten, intellektuelle Aufrichtigkeit, Courage und Mut, Dialogfähigkeit sowie Suche nach und Zeugnis von der Wahrheit. Nicht ohne Grund haben die Vereinten Nationen Romeros Todestag, den 24. März, zum “Internationalen Tag für das Recht auf Wahrheit über schwere Menschenrechtsverletzungen und für die Würde der Opfer“ erklärt. Nach seiner Seligsprechung wird Bischof Romero also, soweit ich weiß, einer der wenigen, wenn nicht gar der einzige Heilige der katholischen Kirche sein, dem die UNO einen Internationalen Gedenktag gewidmet hat. Denn Romero ist beides: Lebensmodell für ChristInnen und Beispiel für Humanität. Romero ist ein Vorbild für christliche Nächstenliebe und gleichzeitig Modell für weltweite Solidarität mit den Opfern und ihren Rechten. Diese doppelte Bedeutung stellt Romero in eine Reihe von weltweit bedeutsamen ChristInnen, die sich wie Jesus von Nazareth nicht nur durch bedingungslose Nachfolge, sondern auch durch ihre für alle Welt beispielgebende Existenz auszeichnen. Obwohl die Kirchen voller Heiliger sind, gibt es nur wenige, die weltweit anerkannt sind und Symbolkraft für alle Völker besitzen. Franz von Assisi, mit seinem Friedensengagement, seiner Vorstellung von einer versöhnten Schöpfung, mit seinem sozusagen vorweggenommenen ökologischen Charisma, war und ist einer dieser großen Heiligen von Weltrang. Ebenso Martin Luther José María Tojeira SJ ist seit kurzem Leiter der Studierendenseelsorge an der Zentralamerikanischen Universität (UCA) von San Salvador (El Salvador), nachdem er 12 jahrelang deren Rektor war. Sein Beitrag erschien am 26. März 2015 in „Noticias UCA“. Bischof Romero ist Vorbild für christliche Nächstenliebe und Modell für weltweite Solidarität. Von José María Tojeira FOTO: MARTIN SCHLEGEL King, der über seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten christlichen Kirche hinaus ein echter Märtyrer mit weltweiter Bedeutung ist. In diesem Sinn können wir sagen, dass Bischof Romero uns ein Modell von Heiligkeit vor Augen führt, das ganz traditionelle, aber auch deutlich gesellschaftsverändernde Merkmale des christlichen Glaubens in sich vereint. Die christliche Vorstellung des oder der Heiligen kann nur in Verbundenheit mit Jesus, dem Erlöser, gedacht werden. Er ist einerseits das entscheidende Lebensmodell für ChristInnen und zugleich ein fast überall anerkanntes Modell für Humanität. Jesus kündete zugleich existentielle Veränderung und das Kommen eines Neuen Reiches an, in dem Geschwisterlichkeit und die Freude daran, als Geschwister zu leben, die Widersprüchlichkeiten des menschlichen Daseins aufheben würden. Er verdichtete die persönliche und gesellschaftliche Veränderung in einer neuen Form zwischenmenschlicher Beziehung, die die Nackten, Hungernden, Kranken und sozial Marginalisierten zum Zentrum ihrer Sorge und liebevollen Zuwendung macht. In einer Welt und Gesellschaft, die immer noch und immer wieder Menschen zu Opfern macht, und in einem Land, wie das unsere (El Salvador), das insgesamt durch Ungleichheit, Unterdrückung und Gewalt zum Opfer gemacht wurde, musste Romero in seinem barmherzigen Mitgefühl, seiner Zärtlichkeit und seiner entschiedenen Solidarität mit den Opfern zu einer prophetisch befreienden Stimme werden. Dass er ins Krankenhaus zog und bei den Ärmsten unter den todgeweihten Krebskranken wohnte, beweist, wie solidarisch dieser außergewöhnliche Bischof lebte, und macht sichtbar, woher er all seine prophetische Kraft schöpfte. Bischof Romero beschuldigte niemanden wegen einer bestimmten Ideologie oder politischen Idee. Er appellierte vielmehr aus tiefster Compassion und Zärtlichkeit an das Gewissen der Menschen, damit sie sich den Leidenden zuwenden. Er war den Krebskranken menschlich ebenso nah wie den Opfern der Repression, den Kranken in Todesangst ebenso wie der schmerzerfüllten Mutter, die nicht einmal den Leichnam ihres massakrierten oder verschwundenen Kindes betrauern konnte. Eben diese tiefe Mitmenschlichkeit mit den Leidenden, gleichgültig wodurch das Leiden entstanden war, macht ihn zu einem Heiligen für Humanität. Er wurde berühmt, weil er die Armen schützte, weil er zur „Stimme jener wurde, die keine Stimme zur Verteidigung ihrer Rechte besitzen“. Diese tiefempfundene Solidarität und von Herzen kommende Zärtlichkeit, die zugleich durch und durch > 2 | RomeroZeitung 2015 Endlich „Santo súbito!“ menschlich und durch und durch christlich ist, gab ihm die Kraft und die Courage, ein Prophet der Gerechtigkeit zu werden. Alle, die Bischof Romero bekämpfen oder Der Vatikan anerkennt, dass Romero nicht umgebracht wurde, weil herabsetzen wollen, bezichtigen ihn in der er fromm gebetet und theologisch korrekt gepredigt hat, sondern Regel, parteilich zu sein. Sie übersehen dabei völlig, dass man in einer gespaltenen Welt, Prophet einer „realistischen Kirche“ und Kronzeuge für die „Kirche in der die Armen missachtet und die unander Schwachen“ ist. Von Norbert Arntz tastbare Würde der Opfer verletzt werden, nur dann menschlich handelt, wenn man is vor kurzem war in den Augen der und auf die Mörder zu verweisen und andefür die eintritt, die leiden. Das gilt eindeutig vatikanisch orientierten Hierarchie rerseits den Ermordeten zu einem vorbildfür das Evangelium ebenso wie für die Charder katholischen Kirche Romero lichen, nachahmenswerten Menschen zu ta der Menschenrechte. Jeder Familiensinn ein Besorgnis erregender Fall. Romero be- erklären. Das wollten die Gegner mit allen handelt so wie jedes Bewusstsein für echte unruhigte sie, weil er die kirchliche Lehre Mitteln der Diffamierung verhindern. Geschwisterlichkeit, religiös motiviert oder beim Wort nahm. Er redete nicht über die Man erfand in Rom bis vor kurzem stets nicht. Selbst die Logik der Vernunft weiß, Sterne, wie er selbst einmal sarkastisch be- neue Mittel, den Heiligsprechungs-Prozess dass alle Menschen als verletzliche Wesen merkte, sondern von den realen und kon- auf die lange Bank zu schieben. Man foraufeinander angewiesen sind, um überlekreten Problemen, derte wieder und wieder neue Untersuben zu können. unter denen er die chungen. Erst musste geprüft werden, ob Romeros Beispielhaftigkeit und Menschen leiden die Bedingungen dafür hinreichten, dass Universalität haben sich letztlich sah. der ehemalige Erzbischof von San Salvagegen falsche Darstellungen, geRomero betrach- dor als Märtyrer der Kirche bezeichnet wergen interessenbedingte Beschulditete die Realität der den konnte. Die Gegner unterstellten, es gungen, gegen unbegründete ÄngArmen dialektisch: stehe eben nicht zweifelsfrei fest, dass er ste durchgesetzt. Diese AnerkenEs gibt Arme, weil sich in seinen Predigten und seiner Praxis nung hätten wir uns bereits von es Reiche gibt; es vom Glauben leiten ließ anstatt von politiallem Anfang an gewünscht. Viele gibt Unterdrückte, schen Motiven, dass er also „aus feindsehaben es von Anfang an gesagt. weil es Unterdrü- ligen Motiven gegen den Glauben“ („odiIgnacio Ellacuria (1989 in El Salvacker gibt. Romero um fidei“) umgebracht wurde. Die Predor ermordeter Jesuit) sagte wiedertrug den gesell- digten Romeros wurden der Glaubensholt, dass „in Bischof Romero Gott schaftlichen Kon- kongregation unter Leitung des damaligen durch El Salvador gegangen ist.“ flikt in die Kir- Kardinals Ratzinger und späteren Papstes Als Bischof Rivera (Romeros Amtsche hinein. Man Benedikt XVI. übergeben. Sie wollte prüfen, in rio Co Latino, Zeitung nachfolger) den Seligsprechungspro- Dia vador am 04. Februar 2015: warf ihm vor, zu ob die Predigten mit der Glaubenslehre El Sal zess in Gang setzte, veröffentlichte „Papst bestätigt Seligsprechung polarisieren, die der katholischen Kirche übereinstimmten. er das Kommunique der Bischofs- von Monseñor Oscar Arnulfo Kirche zu spal- Das hat sieben Jahre gedauert. Dann verkonferenz mit folgenden Worten: Romero“ FOTO: CIR ARCHIV ten. Er provo- langten Kreise um den ehemaligen Kardinal „Aus Treue zur Wahrheit fiel er wie zierte Konflikte mitten in einer Hi- López Trujillo, alle Äußerungen Romeros die großen Propheten zwischen Tempel und erarchie, die sich zumindest nach außen noch einmal daraufhin zu überprüfen, ob Altar.“ Nach langem Hin und Her können hin den Anschein der Einheit gab. sie auch mit der kirchlichen Soziallehre in wir uns heute nach der Ausrufung des Mehrfach musste Romero nach Rom Übereinstimmung seien. Schließlich wur„Internationalen Tags für das Recht auf reisen, um seinen Widersachern zuvorzu- de auch noch eingewandt, eine HeiligspreWahrheit“ und mit dem konkreten Datum kommen oder um sich zu rechtfertigen. chung könnte politisch missbraucht werfür die Seligsprechung freuen und sagen: Er geriet in einen fundamentalen Gegen- den. San Romero de América ist überall als lebensatz zu den Interessen jener in der Kirche, Nun weiß man endlich, welchen Romero diger Pilger unterwegs, als Romero für Frieden die mit Verweis auf die angeblich religiöse der Vatikan heiligsprechen will. Jener Round Gerechtigkeit, als Romero für die Aufgabe der Amtsträger strikte Neutralität mero wird heiliggesprochen, dessen ErMenschheit. vorgaben. Aber beim Streit um den „Gott, mordung „nicht einfach politisch motider nur geehrt wird, wenn die Armen leben viert (war), sondern vom Hass gegen einen Übersetzung Anne Nibbenhagen, können“ (Romero) ging es nicht um theo- Glauben, der von der Liebe durchdrungen, Norbert Arntz (beide CIR) logische Spitzfindigkeiten, sondern um die vor dem Unrecht nicht schwieg, das die Sache, die den Nerv der Kirche traf. Davon Armen und alle, die sie beschützten, rückaufgeschreckt beschlossen drei Kardinäle sichtslos und grausam überfiel.... Das Werkmappe zu Oscar A. Romero der Kurie in Rom am 20. März 1980, also war als schreckliche Warnung für alle gevier Tage vor dem Mord, dem damaligen dacht, die diesem Weg folgen wollten!“ - so Papst Johannes Paul II. vorzuschlagen, Bischof Vinenzo Paglia, der Postulator des Romero seines Amtes als Erzbischof von vatikanischen Verfahrens, vor der Presse. San Salvador zu entheben. Der Vatikan anerkennt, dass man Romero Oscar A. Romero in Berichten von ZeitUnd nach der Ermordung ging der Kon- nicht umgebracht hat, weil er fromm gebezeugInnen und Ausschnitten aus seinen flikt weiter. Dass ihn das Volk heiligge- tet, theologisch korrekt gepredigt und sich Reden; Anregungen für Gottesdienst sprochen hatte, stellte eine unerträgliche den Armen fürsorglich zugewendet hat, und Meditation sowie eine ausführliche Provokation für seine Gegner dar. Noch sondern weil er der Prophet einer „realisMaterialliste als Arbeitsgrundlagen für schlimmer wäre ein kirchenamtlicher Akt tischen Kirche“ war, einer Kirche, die sich Schule und Gruppenarbeit. der Heiligsprechung gewesen. Romero als nicht mehr als „Machtinstrument“ missHrsg. CIR, 56 Seiten, 4,00 € (2000) Märtyrer anzuerkennen, bedeutete eben, brauchen lässt, nicht mehr als Schachfigur einerseits den Mord nicht zu verschweigen im Spiel der Mächtigen fungiert, sondern B „Falsche Propheten gibt es genug“ RomeroZeitung 2015 | 3 „Fleisch und Blut annimmt im Interesse der Armen“. Für die Armen ist Romero deshalb immer schon „el santo completo“, ein ganzer Heiliger gewesen. Das respektiert nun auch der Vatikan. Nur wer wie Romero an Wunder glaubt, ist Realist. Wer in der organisierten Ausgrenzung der neoliberal globalisierten Welt an das Wunder jener Gesellschaft glaubt, in der alle Platz haben, ist zu politischem Realismus fähig. Der Kernsatz solcher Weitsicht lautet: So leben wollen, dass alle leben können. Dieses Glaubensbekenntnis ist nach Romero zugleich ein Gottesbekenntnis: „Denn Gott wird geehrt, wo und wenn die Armen leben können!“ Norbert Arntz, emeritierter Pfarrer, ist langjähriges Vorstandsmitglied der CIR und engagiert sich im Institut für Theologie und Politik (ITP) in Münster. Um überleben zu können, müssen die Bordadoras sticken, egal wo sie sind. FOTO: Verka Vassilewa Bordadoras - die stickenden Sklavinnen Woher die Stickereien auf netten Kinderkleidchen in Luxusboutiquen kommen, wissen die wenigsten. Noch weniger, dass ihre Herstellung oftmals moderner Sklavenarbeit gleichkommt. Von Kathrin Hartmann ROMERO KONKRET Wir begreifen das Wirken Oscar Romeros als Ansporn für unsere Arbeit D ie Christliche Initiative Romero (CIR) setzt sich seit 1981 als entwicklungspolitische Organisation für Arbeits- und Menschenrechte in Ländern Mittelamerikas ein. Unser Schwerpunkt ist die Unterstützung von Basisbewegungen und Organisationen in Nicaragua, El Salvador, Guatemala und Honduras sowie die Kampagnen- und Bildungsarbeit in Deutschland. Ziel ist, eine Brücke zwischen Ländern des Südens und Deutschland zu schlagen. Im Sinne unseres Namensgebers setzen wir uns gegen Armut und Ungerechtigkeitsverhältnisse ein. Heute ist die Christliche Initiative Romero eine mittelgroße Nichtregierungsorganisation mit einem jährlichen Spendenvolumen von etwa 500.000 Euro. Weitere Informationen zu unserer Arbeit und unseren Projekten sowie Materialien erhalten Sie gerne bei der Christliche Initiative Romero (CIR) Breul 23, D-48143 Münster Telefon 0251/89503 Email [email protected] Internet: www.ci-romero.de I n der Fifth Avenue in New York geht eine wohlhabende Mutter in eine Kinder-Boutique und kauft das hübsche Kleid, das sich ihre Tochter wünscht. Der Stoff ist bunt und rund um den Ausschnitt sind kleine Prinzessinnen gestickt, ein Mädchentraum. Zur selben Zeit in einem Dorf in El Salvador wäscht Valentina* Wäsche, dann spült sie das Geschirr, räumt auf und fegt den Boden. Valentina ist sieben Jahre alt. Sie hätte auch gern ein schönes Kleid, das mit Prinzessinnen bestickt ist. „Ich würde ihr eines sticken“, sagt Clara*, ihre Mutter, „aber dafür habe ich keine Zeit.“ Denn während Valentina die Hausarbeit erledigt, bestickt sie Tag und Nacht Kleidung für USamerikanische Luxusboutiquen. Die 26-Jährige ist eine Bordadora, eine Heimstickerin. Sie bekommt keinen festen Lohn, hat keinen Arbeitsvertrag, keine geregelte Arbeitszeit und die Maquila, in deren Auftrag sie stickt, zahlt keine Sozialabgaben. Zwei Dollar bekommt sie pro Kleid, an dem sie bis zu 16 Stunden sitzt, rund 20 Dollar die Woche. „Es ist unmöglich, davon zu leben“, sagt Clara und muss es trotzdem versuchen. Oft reicht das Geld gerade mal für Tortillas, Reis und Bohnen – und obendrein muss sie Sticknadeln und Scheren selber kaufen. Wenn sie ihr Soll nicht pünktlich erreicht, muss sie mit dem Bus in die Maquila in der Hauptstadt fahren, um die restlichen Stickereien nachzureichen. Das kostet sie einen Dollar und einen halben Arbeits*Name geändert tag. Wenn auch ihr Mann gerade keine Arbeit hat, muss sich die Familie Geld für Essen leihen. Clara ist im sechsten Monat schwanger. Sie schläft nachts oft nur zwei Stunden, denn sie muss sticken, jede freie Minute. So geht das seit neun Jahren, ohne Urlaub, Ferien oder auch nur einen freien Sonntag mit der Familie. „Made in El Salvador … nähend und stickend ist mir das Leben entglitten.“ So heißt ein Theaterstück von Mujeres Transformando. Die Frauenorganisation kämpft für die Rechte der Bordadoras, die unter noch mieseren Bedingungen als in den Maquilas arbeiten. Niemand weiß, wie viele Frauen in dieser rechtlosen Grauzone ausbeuterische Heimarbeit verrichten. Zwei Dutzend von ihnen hat Mujeres Transformando versammelt, damit sie uns von ihrem Alltag erzählen. Mujeres Transformando unterstützt die Stickerinnen dabei, sich zu organisieren. Zu lange sind die Heimarbeiterinnen unsichtbar geblieben, jetzt trauen sie sich an die Öffentlichkeit und fordern endlich Gerechtigkeit. „Wir werden behandelt wie Sklavinnen, die Firmen nehmen uns aus“, sagt Estefania*. Die 43-Jährige arbeitet seit 13 Jahren als Heimstickerin. Ihre Fingerkuppen sind von einer dicken Hornhaut überzogen, die aussieht wie eine große Blase. „Ich bringe meine Familie alleine mit dem Sticken durch“, sagt sie. Estefania und ihre drei Töchter leben in einer Wellblechhütte. „Zu mehr reicht es einfach nicht, so viel ich > 4 | RomeroZeitung 2015 auch sticke.“ Wenigstens, sagt sie, habe sie Strom. Sonst könne sie nachts nicht arbeiten. Während sich die Maquila Stromkosten, Sozialabgaben und Verantwortung spart, verdient Estefania 26 Dollar die Woche. Aber nur dann, wenn ihre drei Töchter, 21, 19 und 17 Jahre alt, und eine Nichte bei den Stickarbeiten helfen. Unbezahlt, versteht sich. Man kann es auch Zwangsarbeit nennen. Als die Mädchen anfingen, mit ihrer Mutter zu sticken, waren sie sieben Jahre alt. „Es ist meine größte Hoffnung, dass meine Töchter einmal eine bessere Arbeit finden“, sagt Estefania. Manchmal, wenn sie wieder einmal in aller Herrgottsfrüh oder mitten in der Nacht Prinzessinnen auf die Königskinderkleider stickt, packt sie die Wut. Vor allem, seit eine ihrer Kolleginnen ein besticktes Kleid in die Finger bekam, an dem ein Preisschild hing: 160 Dollar. Doppelt so viel, wie Clara und Estefania im Monat verdienen. Kathrin Hartmann lebt als freie Autorin in München. Sie schreibt zu den Folgen von Wachstum, Konsumismus und Konzernmacht. Sie nahm Anfang 2015 an einer von der CIR organisierten Reise nach El Salvador zum Thema „Maquila“ teil. Der Artikel erschien im Reisetagebuch (www.ci-romero.de/ueberuns_maquiladelegation) Maquila-Solidaritätsfonds für menschenwürdige Arbeitsbedingungen in Weltmarktfabriken P artei ergreifen und sich gegen herrschen- Betreuung im Falle von ungerechtfertigten de Unrechtsverhältnisse einsetzen, in Kündigungen. In Nicaragua wird aus dem dieser Grundhaltung ist Romero Vorbild für Maquila-Solidaritätsfonds das juristische die CIR. Deshalb engagiert sich die CIR im Team der Frauenorganisation MEC bezahlt, Rahmen der Kampagne für ‚Saubere‘ Klei- das die ArbeiterInnen bei Arbeitsrechtsverletdung für menschenwürdige Arbeitsbedin- zungen berät und begleitet. Auch die Untergungen in den Weltmarktfabriken und will stützung einzelner Frauen ist gefragt. Denn, Stimme der Solidarität sein. wer sich wehrt, läuft Gefahr, von heute auf Die CIR unterstützt Frauenorganisationen morgen ohne Abfindung auf der Straße zu und Gewerkschaften in Mittelamerika in ihrer stehen. Dank des Maquila-Solidaritätsfonds Arbeit für die Verbesserung der Lebens- und kann die CIR ihren PartnerInnen für die ÜberArbeitsbedingungen von ArbeiterInnen in brückung von Lohnausfall bei Entlassungen den Weltmarktfabriken. Sie bilden Promoto- und Streiks Geld zur Verfügung stellen. rInnen für Arbeits- und Menschenrechte aus, die den NäherInnen in den Betrieben mit Rat Bitte unterstützen Sie die NäherInnen in und Tat zur Seite stehen. In El Salvador wird den Weltmarktfabriken mit Ihrer Spende aus dem Maquila-Solidaritätsfonds die Frau- auf das CIR Konto unter dem Stichwort enorganisation MT, Mujeres Transformando, „Maquila-Solifonds“. gefördert. Bei MT treffen sich Landfrauen, Maquila-Arbeiterinnen und Heimstickerin- Konto Nr. 3 11 22 00 nen. Sie lernen hier ihre Rechte kennen. Ma- Darlehenskasse Münster quila-Arbeiterinnen kennen die Frauen von BLZ 400 602 65 MT durch die juristische und psychologische IBAN DE67 4006 0265 0003 1122 00 BESTELLSCHEIN MATERIALIEN ZU OSCAR ROMERO Preis Romero-Zeitung 2015 (vorliegend) nur Porto Faltblatt der Romero-Stiftung „Den Armen eine Stimme gegen“ nur Porto Romero-Werkmappe: „Falsche Propheten gibt es genug“ (2000) 4,00 € geknüpfte El-Salvador-Fadenkreuze (ab 100 St. à 0,60 €) 0,80 € Holzkreuz aus El Salvador, 13 cm Postkarte der CIR „Eine Stimme für Gerechtigkeit“ Stückzahl 8,00 € nur Porto Alle Bestellungen zzgl. Versandkosten. Bestelladresse: Christliche Initiative Romero (CIR), Breul 23, 48143 Münster, Telefon 0251-89503, Fax 0251-82541, [email protected], www.ci-romero.de Name Adresse E-Mail Ich möchte den E-Mail-Newsletter der CIR erhalten. Von Frau zu Frau Wir Frauen werden seit ewigen Zeiten einizig und allein als dienendes Wesen gesehen. Unsere Rechte werden verletzt, unsere Würde mit Füßen getreten. All diese Ungerechtigkeiten rauben uns auch noch die Stimme. S o die deutlichen Worte einer Salvadorianerin. Landfrauen in El Salvador haben selten Zugang zu Bildung und reproduzieren häufig das herrschende System männlicher Dominanz. „Dabei gibt es in unserem Land Entwicklungsmöglichkeiten für Frauen“, stellen MitarbiererInnen vom Zusammenschluss kirchlicher Basisgemeinden (Fundahmer) fest. „Wir müssen unsere Fähigkeiten im Gesundheitsbereich, im Umweltschutz – z.B. durch organische Landwirtschaft –, in der politischen Bildung, in alternativen Wirtschaftsformen, ja bis hin zur Kunst, ausbauen.“ Die Christliche Initiative Romero unterstützt seit vielen Jahren das Programm „Von Frau zu Frau“ von Fundahmer. Zielgruppe sind Frauen in abgelegenen Gebieten, die in großer Armut leben. Fundahmer schult sie in den erwähnten Bereichen und zeigt ihnen gleichzeitig, wie sie das erworbene Wissen an Nachbarinnen weitergeben können. Die Frauen entwickeln ein Gemeinschaftsgefühl und Selbstbewusstsein, Ausgangspunkte für Infragestellung und Veränderung traditioneller Rollenmuster. Wenn Frauen ihr Bewusstsein verändern und die eigenen Fähigkeiten wahrnehmen und schätzen lernen, ist das oft der erste Anstoß für Veränderungen in der gesamten Dorfgemeinschaft. Wenn Sie unsere PartnerInnen von Fundahmer unterstützen wollen, bitten wir um eine Spende auf das CIR-Konto unter dem Stichwort „Von Frau zu Frau“. Konto Nr. 3 11 22 00 Darlehnskasse Münster BLZ 400 602 65 IBAN DE67 4006 0265 0003 1122 00 IMPRESSUM Herausgeberin: Christliche Initiative Romero (CIR), Breul 23, D-48143 Münster Telefon: 0251/89503, Fax: 0251/82541 Email: [email protected] Internet: www.ci-romero.de Redaktion: Omar Fino, Anne Nibbenhagen (Verantw.), Albrecht Schwarzkopf AutorInnen: José María Tojeira, Norbert Arntz, Kathrin Hartmann Fotos: Martin Schlegel, Verka Vassilewa Gestaltung: Grafikdesign-Jaspers.de Druck: Kleyer Druck, Münster