Im Handelsalltag angekommen - EHI-Shop

Transcrição

Im Handelsalltag angekommen - EHI-Shop
42
EXTRA DIGITALER STORE Click&Collect
Im Handelsalltag
angekommen
Foto: C&A
Was viele Kunden noch nicht wissen: Click&Collect, also online bestellen und in der
Filiale abholen, ist im deutschen Handel angekommen. Die Unternehmen betreiben
sehr ernsthaft die Schaffung der technischen Omnichannel-Voraussetzungen sowie
die Einrichtung von Service-Countern und Fachpersonal auf der Fläche.
von Konny Scholz
Im luxuriösen Breuninger-Haus in Düsseldorf ist man vorbereitet: Wird die Mitarbeiterin am Info-Point nach Click&Collect gefragt,
verweist sie auf die 2. Etage und den dortigen Bereich Kunden-Service. Die Info-Tafel am
Fuß der Rolltreppen weist den Click&CollectPunkt in der 2. Etage ebenfalls aus. Also nicht
im Eingangsbereich oder in einer Ecke des EG,
sondern in der 2. Etage bei der Womenswear
ist die Abholstation für online bestellte Ware
eingerichtet. Wer sich vorab informieren will,
kann das alles auch schon auf der Website in
Erfahrung bringen.
In der 2. Etage liegt räumlich separiert
von der Verkaufsfläche der Kundenservice-Bereich: ein großzügiger, ruhiger Raum mit verschiedenen Schaltern, einem Wartebereich mit
Sitzgelegenheiten sowie dem extra ausgewie-
senen Click&Collect-Counter. Wenn ein Kunde
bestellte Ware abholt, bekommt er sie im Karton ausgehändigt mit der Möglichkeit, ihn an
Ort und Stelle zu öffnen, den Inhalt zu prüfen
und anzuprobieren. Will er anprobieren, ist ihm
eine Fachberaterin dabei behilflich, die Ware
in den Umkleidetrakt der Etage zu bringen.
In seinem neuen Haus im Rheinland
konnte Breuninger die Click&Collect-Station
mit einplanen. Aber auch an allen seinen weiteren Standorten bietet das Bekleidungshaus
seit 2013 eigens eingerichtete C&C-Counter.
Ein Standard-Service-Tool, so scheint es, und
so wird es dort behandelt.
Um für Händler und Kunde einen reibungslosen Ablauf von Click&Collect zu bieten, stellen sich in der Planungsphase und bei
laufendem Betrieb firmen- und filialspezifische
01 2015 stores+shops
Aufgaben. Systemtechnische Herausforderung
ist das korrekte Verbuchen abgeholter Ware
und retournierter Bestellungen. Die Prozesse
von Webshop und Fläche müssen harmonisiert
sein. Bei K+L Ruppert, wo der Service „K&L
bringt’s“ heißt, gewährt eine kanalübergreifende Kassensoftware den Zugriff und die kreuzweise Bestandsführung in allen Spielarten. Eine
im Webshop aufgegebene und in die Zielfiliale
gelieferte Bestellung kann im Store jederzeit
durch Zusatzkäufe, Retouren oder Umtausch
ergänzt werden. POS- und Warenwirtschaftssystem handeln die unterschiedlichen Warenströme korrekt und für den Kunden transparent.
Ein wirklicher Service
Ähnlich ist es bei Ernsting’s Family. Stephanie
Wölfel, Bereichsleiterin eCommerce, sagt: „Beim
Click&Collect EXTRA DIGITALER STORE
C&A arbeitet mit separaten
Click&Collect-Bereichen
43
Abholstationen in
Servicestationen ausbauen.
Andrea Ferger-Heiter
Leiterin Integration Multichannel-Retailing
Galeria Kaufhof
Zahlvorgang in der Filiale kann die Kundin sowohl online gekaufte Ware als auch stationäre
Ware parallel über einen Kassiervorgang bzw.
einen Bon bezahlen. Das ist systemtechnisch
kompliziert - und für die Kundin ein wirklicher
Service, da einfach und schnell.“
Schwierigkeiten bereiten kann der zusätzliche stationäre Platzbedarf. „Nicht zu unterschätzen ist die Frage des Lagers. Die Thematik der erforderlichen Nebenflächen, um die
Pakete unterzubringen stellt sich spätestens,
wenn Click&Collect vom Kunden gut angenommen wird“, erläutert Knut Brüggemann von C&A
Online. Die Nebenflächen sollten vom Lkw gut
belieferbar als auch nicht zu weit von der Ausgabestelle sein, um dem Kunden Wartezeiten
zu ersparen. Als einer der Pioniere in Sachen
Click&Collect bietet C&A seit 2012 die kostenfreie Lieferung der online bestellten Ware
in eine beliebige Filiale.
„Bei über 500 Filialen zwischen 250 und
13.000 Quadratmetern finden wir sehr unterschiedliche räumliche Voraussetzungen vor“,
erklärt Brüggemann die jeweils individuellen
Bedingungen, auch was die Abhol-Station angeht. Separate Abhol-Tresen gestatten nur die
geräumigen, großen Standorte. In Filialen von
300 oder 400 qm ist ein zusätzlicher Schalter
räumlich, logistisch und personell kaum sinnvoll. Die Ware wird dann an der Kasse übergeben. Der Bezahlvorgang entfällt, da die Ware
bereits bei der Bestellung bezahlt wurde.
Entscheidend für den Erfolg von C&C
sei außerdem, so Brüggemann, dass die Filialmitarbeiter von vornherein gut einbezogen
werden und den Service auf ganzer Linie begleiten. Bei C&A werden die Mitarbeiter mit
Schulungen und Handbüchern auf den Service
vorbereitet, um eine reibungslose Abwicklung
44
EXTRA DIGITALER STORE Click&Collect
Bild links: Bei Ernsting’s Family findet
Click&Collect immer an der Kasse statt
Bild unten: Auch Breuninger arbeitet mit
separaten Click&Collect-Punkten, hier in
Stuttgart
Foto: Ernsting’s Family
Foto: Breuninger
gewährleisten zu können und ihn in den Filialen zu verankern.
Auch bei Sport Scheck, wo die Ware ebenfalls an den Kassen ausgehändigt wird, betont
man, dass Click&Collect nicht mit „PostschalterMentalität“ betrieben werden darf. Rolf Frischknecht von Sport Scheck sagt dazu: „Eine gute
Kommunikation zum Kunden in Verbindung mit
sauberen internen Logistik-Prozessen ist der
Schlüssel. Wenn Lagerung, Ausgabe und Rücknahme der Sendungen funktionieren, dann stellt
Click&Collect einen guten Mehrwert für den
Kunden dar. Bei Fachfragen hat der Händler
Gelegenheit, vor Ort seinen Kunden zu beraten, ihm bei Bedarf eine andere Größe oder
eine Alternative anzubieten. Auch Zusatzverkäufe sind möglich.“
Es muss Spaß machen
Auch bei Ernsting’s Family verweist man auf
die Convenience für den Kunden, mit der der
Erfolg von Click&Collect steht und fällt. Stephanie Wölfel: „Wenn die Paket-Abholung umständlich ist durch lange Wartezeiten, Vorlage
des Ausweises oder Quittieren von Formularen,
dann macht das Ganze keinen Spaß und die
Kundin genießt keinen Mehrwert. Der Prozess
muss – aus Sicht des Kunden – einfach sein.“
Neben der Ersparnis der Versandkosten sprechen für den Kunden vor allem prak-
tische Gründe für Click&Collect: bei Berufstätigen die Abholung in der Mittagspause oder
abends auf dem Heimweg. Oder die Möglichkeit, die Ware zu begutachten und bei Nichtgefallen an Ort und Stelle ohne großen Aufwand retournieren zu können.
In der deutschen Handelslandschaft ist
Click&Collect angekommen. Baumärkte, Sport
& Outdoor und Mode gehören laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens Konzept und Markt zu den Wegbereitern. Auf der
Kundenseite herrscht allerdings durchaus noch
eine gewisse Unkenntnis darüber, wie die Studie zeigt. Die Optionen von Omnichannel sind
in der Kundengemeinde noch nicht verankert.
Doch das soll sich ändern, u.a. durch Engagement des Handels. Kampagnen wie die von Obi,
die „Reservieren und Abholen nach vier Stunden“ propagieren, verfehlen ihre Wirkung nicht
und steigern die Popularität des Themas, meint
Dr. Ottmar Franzen von Konzept und Markt.
In Ländern wie Großbritannien oder Belgien ist der Gang zur Abholstation für Kunden
schon Normalität und etabliert, auch im Lebensmittelhandel. „Hier in UK betreiben die
meisten Retailer irgendeine Spielart von C&C.
Der Service wird als Teil der Retail-Matrix angesehen, und Fragen muss sich gefallen lassen, wer ihn nicht anbietet“, sagt John Ryan,
UK-Korrespondent von stores+shops.
01 2015 stores+shops
Bei Galeria Kaufhof wurde der‚ „Versand
an Filiale“ schon 2011 eingeführt und entwickelte sich seither zu einem der wichtigsten
Services für die Kunden. Die Akzeptanz stieg
noch weiter mit der aktiven Verzahnung der
Kanäle am POS. „Seit der Einführung der Tablets als digitale Beratungsergänzung in unseren bundesweit mehr als 100 Warenhäusern
hat die Nutzung des Service nochmals rasant
zugelegt“, berichtet Andrea Ferger-Heiter, Leiterin Integration Multichannel-Retailing bei Galeria Kaufhof. Die Ware wird 14 Tage in der Filiale gelagert, bevor sie bei Nichtabholung ins
Lager zurückgeschickt wird. Meist jedoch wollen die Kunden die Ware schnell. „Viele Kunden wollen ihre Ware kurze Zeit nach dem
Bestellvorgang abholen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Kunden für die Bestellung mobile Endgeräte nutzen und gerade in
der Stadt sind“, beobachtet Ferger-Heiter. Die
größten Herausforderungen wie Logistik, Prozessabläufe und Mitarbeiterschulung sind bei
Galeria Kaufhof gelöst. So blickt Ferger-Heiter
auf die Weiterentwicklung des Angebots: „Es
ist geplant, unsere Abholstationen in den Filialen Zug um Zug zu umfassenden Service-Stationen auszubauen, zum Beispiel mit zusätzlicher Umkleidekabine.“
[email protected]

Documentos relacionados