Lebensstile/Persönlichkeit
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Lebensstile/Persönlichkeit
Vorlesung Konsumentenverhalten Lebensstile/Persönlichkeit Sommersemester 2011 TU Berlin, Lehrstuhl Marketing Prof. Dr. V. Trommsdorff, Sekr. WIL-B-3-1, Wilmersdorfer Straße 148, 10585 Berlin, www.marketing-trommsdorff.de Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Lebensstile/Persönlichkeit Zustandskonstrukte der Theorie des Konsumentenverhaltens Orientierung Konstrukt Anreicherung Involvement/ Aktiviertheit Qualität Gefühle/ Emotionen Ziel Motive/ Bedürfnisse Objekt Einstellungen/ Images Wissen/ Kognitionen Harmonie Werte/ Normen Person Lebensstile/ Persönlichkeit Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 2 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI-Ansatz • VALS-Ansatz • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 3 Grundlagen Persönlichkeit - Schlüsselbegriff der (differenziellen) Psychologie „Persönlichkeit ist das, was eine Vorhersage darüber erlaubt, was eine Person in einer gegebenen Situation tun wird“ (Cattell 1950, S. 2) „Personality – The sum total of the behavioural and mental characteristics that are distinctive of an individual.“ (Colman, A.M.,Oxford Dictionary of Psychology, Oxford 2001, S. 547) Der Dispositionsorientierte Ansatz der Persönlichkeitstheorie: Personenspezifische Eigenschaften (Dispositionen, traits) sollen das Verhalten erklären, vorhersagen und beeinflussen. Dazu kommen sämtliche Zustandskonstrukte in Betracht. Die Differenzielle Psychologie unterscheidet (differenziert) Personen nach solchen traits, entwickelt/operationalisiert entsprechende Konstrukte. Mit den meisten traits der differenziellen Psychologie kann die Theorie des Konsumentenverhaltens wenig anfangen, aber mit dem Aggregat „lifestyle“. „Persönlichkeit“ spielt dennoch in der Marketingpraxis verschiedene Rollen. Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 4 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 5 Modellpersonen Modellpersönlichkeiten in der Werbung haben diverse Funktionen, u.a. Identifikation, Glaubwürdigkeit, Produktassoziation, Sympathie Präsenter (mit Produktbezug, präsentierend) Dekorative Modelle (ohne Produktbezug) Cindy Crawford für Jade Isabella Rosselini für Lancôme und viele andere Beispiele Zielpersonen in Konsumsituation (mit Produktbezug, nicht präsentierend) Star (echt, double, assoziativ): Verona Feldbusch für Iglo Experte: Krankenschwester für Pampers Unternehmensrepräsentant: Claus Hipp für Babynahrung Eine Hausfrau für Ariel viele andere Beispiele Typischer Konsument: Beispiele en masse Modellpersonen in der Werbung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 6 Modellpersonen Modellpersonen in der Werbung Dekorative Modelle: Personen aus der Zielpopulation in Konsumsituationen: In der Werbung beeinflussen allgemeine Beurteilungen und Einstellungen. Aufmerksamkeit und Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der Anzeige steigen. Induzieren Imitations- oder Identifikationsvorgänge. Diese Personen sollten persönliche und soziale Eigenschaften besitzen: z.B. Attraktivität, Beliebtheit. 1. Stars: erzeugen bessere Beurteilungen der Werbung und des Produkts sowie erhöhte Aufmerksamkeit, aber keine positive Wirkung auf die wahrgenommene Produktqualität usw. Risiko! Präsenter: 2. Experten:Sie erhöhen die Glaubwürdigkeit sowie die Preis- und Wertvorstellungen vom Produkt. 3. Unternehmensrepräsentanten: Sie erhöhen Glaub- und Vertrauenswürdigkeit. Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 7 Modellpersonen Prominente als Modellpersonen – gern gesehene Gäste in der Werbung • • Ziele • • • • Probleme • • • Aufmerksamkeit erzeugen Eigenschaften der Marke durch das Image des Prominenten unterstützen (z.B. Iris Berben und Nutrisse Haar-Coloration) Glaubwürdigkeit des Prominenten für Botschaft nutzen (z.B. Günther Jauch und Telekom) Marke durch Prominente emotionalisieren (z.B. Klitschko Brüder & Milchschnitte) Die Zielgruppe muss sich mit dem Testimonial identifizieren negativ: Dior in China & Sharon Stone) Das Markenimage und das Image des Prominenten müssen übereinstimmen (z.B. Heidi Klum + Seal und VW Tiguan) Person und Marke müssen miteinander verbunden sein (z.B. negativ: Franz Beckenbauer für O2) Die Marke darf nicht von der Person abhängig werden Der Werbewert eines Prominenten muss ermittelt werden, d.h. der Beitrag zum Werbeerfolg der Marke. Absatzwirtschaft 12 / 04, s.26- 47, dazu aktuelle Beispiele Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 8 Modellpersonen Standardiserte Methoden zur Bewertung von Modellen in der Werbung TNS Emnid Promicheck • Jährliche Befragung zum Markenfünfklang zu ca. 450 Marken • Werteinstellungen werden in einem standardisierten semantischen Positionierungsraum dargestellt • Durch Überbewertungen bzw. Unterbewertungen wird das Werteprofil erstellt • Fit erstellen zwischen Marke und Prominenten IMAS International Promi-Meter • Es werden 1.000 Personen mit einem standardisierten Fragebogen Face-to-Face über max. 8 Prominente befragt • Abgefragt wird: • Bekanntheit: Visuelle Bekanntheit und Namensbekanntheit • Sympathie: Sympathiegrad, Vorbildcharakter und Identifikationsbereitschaft • Persönliche Eigenschaften: Humorvoll, modern, vertrauenswürdig, etc.... • Kompatibilität für 14 Produktkategorien: z.B. Fruchtsaft, Kosmetik, etc.... Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 9 Modellpersonen Sportler sind bei Werbetreibenden die beliebtesten Modellpersonen – besonders im Umfeld der Weltmeisterschaft Mit welchen Prominenten würden Sie im Umfeld der Fußball-WM 2006 am liebsten werben? N= 193, Die Prominenten sind die jeweils Meistgenannten in ihrer Kategorie Sportler 86% Prominente aus FF 38% Filmstar 31% Unternehmer 18% Umfrage GWA unter Werbetreibenden im Dezember 2004 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 10 Modellpersonen Bewährte Hypothesen zur Anzeigengestaltung mit Modellpersonen Bevorzugtes Imitieren von Zielpersonen-ähnlichen Modellen, insbesondere: Geschlecht Bei Erwachsenen-Zielgruppen rangieren bezüglich Ähnlichkeit Prestige und Kompetenz vor Alter Bei Kinder-Zielgruppen besser etwas ältere Modelle Attraktivität des Modells erhöht Aufmerksamkeit und Gefallen, aber die Überzeugung nur bei bestimmten Produktarten Modellpaare wirken glaubwürdiger als ein männliches oder ein weibliches Modell Gegenüber Kinder-Zielgruppen wirken Modell-Gruppen besser als einzelne Modelle Expertenmodelle sind neutralen Modellen überlegen Besser leicht Status-überlegene Modelle als der Zielgruppe im Status gleiche Modelle Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 11 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI-Ansatz • VALS-Ansatz • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 12 Meinungs- und Innovationsführer Der Persönlichkeitstyp „Meinungsführer“ Kurzdefinition Schlüsselperson, die Informationen vom Kommunikator filtert, übersetzt, bewertet und persönlich an Zielpersonen weitergibt • kompetent, besonders produktspezifische Expertise • hat ein gutes soziales Netzwerk Merkmale • hat relativ hohen Sozialstatus • besitzt Vertrauensstellung • ist kommunikativ und mobil • adoptiert Innovationen eher früh (siehe auch Typ „Innovator“) Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 13 Meinungs- und Innovationsführer Einsatz in der zweistufiger Kommunikation • zweistufige Kommunikation • als Modellperson in der Werbung Einsatz • sein Verhalten lässt schnell Innovationserfolgsprognosen zu. Meinungsführer sind teilweise zugleich erste Adoptoren von Innovationen. Sie sind als Zielpersonen besonders wichtig, um einem neuen Produkt schnell zum Durchbruch zu verhelfen. Kommunikation Einstufige Kommunikation Medien Zielpersonen Zweistufige Kommunikation Medien Meinungsführer Zielpersonen Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 14 Meinungs- und Innovationsführer Meinungsführung - Operationalisierung Soziometrie Abfragen faktischen Informationsverhaltens in einer Gruppe Abbildung durch Soziogramm, Pfeile bilden Informationsflüsse ab Informanten Eingeschleuste Beobachter registrieren das Informationsverhalten Selbsteinstufung Skalen wie die nachstehende Sprechen Sie mit Bekannten gern über Autos? Geben Sie Bekannten über Autos ... Informationen? Werden Sie im Vergleich zu Bekannten ... über Autos gefragt? Was kommt öfter vor? Werden Sie von Bekannten als Ratgeber zu Autos angesehen? ja nein 2 1 sehr wenig durchschnittlich viel sehr viel 1 2 3 weniger wahrscheinlich genauso wahrscheinlich wahrscheinlicher 1 2 3 Bekannten über Autos erzählen von Bekannten über Autos hören 2 1 ja nein 2 1 Punktsumme Quelle: nach King & Summers (1969) Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 15 Meinungs- und Innovationsführer Persönlichkeitsstärke begünstigt Meinungsführung – aber nicht nur Persönlichkeitsstärke Produktinvolvement MF: produktspezifisch Lebensphase Sozial-status Informationsaktivität innovative Kaufbereitschaft Persönlichkeitsstärke versus Meinungsführer • Der Begriff des Meinungsführers kommt dem Merkmal Persönlichkeitsstärke nahe • Der Meinungsführer beschreibt jedoch eher den Personenkreis von einflussreichen und besser informierten Personen mit höherem Status. • Meinungsführer sind somit meistens starke Persönlichkeiten. • Das Konstrukt Persönlichkeitsstärke ist aber wesentlich weitreichender und bezieht sich auf alle sozialen Schichten. Quelle: Duden-Lexikon S. 1745, Blibliographische Institut, Mannheim 1987 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 16 Meinungs- und Innovationsführer Persönlichkeitsstärke ist ein Meinungsführerschaftskriterium unabhängig vom sozio-ökonomischen Status Merkmale PersönlichkeitsStärke Selbstbewusstsein, Durchsetzungsvermögen, sympathische Ausstrahlung, selbstbewusste Körperhaltung, diplomatisches Handeln, Standhaftigkeit Untersuchungsergebnisse zur Persönlichkeitsstärke des Allensbacher Instituts für Demoskopie Typische Merkmale • • • • Selbstkritik Arbeitsfreude Aufgeschlossenheit für Neues größere Bereitschaft Geld auszugeben • hohe ästhetische Sensibilität Fördernde Faktoren • Erziehung, Prinzipien und Entwicklung im Elternhaus • haben viel Liebe und Zuwendung erfahren, wurden oft gelobt und haben mit der Familie viel gemeinsam unternommen Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 17 Meinungs- und Innovationsführer Persönlichkeitsstärke – Operationalisierung durch Selbstratings Zustimmung auf Items wie: • • • • • • • ich rechne gewöhnlich mit Erfolg ich bin selten unsicher im Verhalten ich übernehme gern Verantwortung es macht mir Spaß, andere zu überzeugen andere richten sich oft nach mir ich bin anderen oft einen Schritt voraus ich besitze etwas, worum mich andere beneiden Zusätzlich Interviewerurteil: 89% der befragten “Persönlichkeitsstarken” wurde der Eindruck zugeschrieben: • “strahlt Kraft, Energie aus” Quelle: Noelle-Neumann 1985 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 18 Meinungs- und Innovationsführer Merkmale der Persönlichkeitsstärke und ihre Häufigkeiten Gewöhnlich rechne ich bei dem, was ich mache, mit Erfolg. Ich übernehme gern Verantwortung. Ich bin selten unsicher, wie ich mich verhalten soll. Ich kann mich gut durchsetzen. Ich gebe anderen öfter Ratschläge, Empfehlungen. Es macht mir Spaß, andere Menschen zu überzeugen. Ich merke öfter, dass sich andere nach mir richten. Ich übernehme bei gemeinsamen Unternehmungen gern die Führung. Ich besitze vieles, worum mich andere beneiden. Ich bin anderen oft um einen Schritt voraus. % 0 10 20 30 40 50 60 Basis: Bevölkerung ab 14 Jahre insgesamt Quelle: Stern media business 10/2002 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 19 Meinungs- und Innovationsführer Persönlichkeit und Selbstkonzept • • Die Kenntnis einer Konsumenten-Persönlichkeit ist zwar allgemein zur Erklärung seines Verhaltens geeignet aber gerade deshalb im Einzelfall (Kauf einer bestimmten Marke in einer bestimmten Situation) nur mit beschränkter Aussagekraft. Es ist kaum möglich, eine Persönlichkeit durch Marketing zu ändern. Die sozialpsychologische Selbstkonzepttheorie dagegen war fruchtbar für die Marketingforschung. Nach ihrer Grundannahme hat der Mensch im Hinblick auf bestimmte Motive, Einstellungen und Werte ein ausgeprägtes Bild von sich selbst. Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 20 Meinungs- und Innovationsführer Selbstkonzepttheorie Selbstbild Summe aller Vorstellungen in Bezug auf die eigene Person, das reale Selbstimage, das ideale Selbstimage und das externe Selbstimage. Weltbild Summe aller Vorstellungen einer Person über die dieses Individuum umgebende Umwelt umfasst erlerntes Wissen und gemachte Erfahrungen ebenso wie politische Meinungen oder Markenimages. Selbstkonzept Überwiegend kognitiv geprägte Ausgestaltung der Persönlichkeit, stimmt Weltbild und Selbstbild aufeinander ab und strebt nach Kontinuität und Konsistenz. Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 21 Meinungs- und Innovationsführer Innovatoren Definition Personen (ca. 2,5% der Gesamtheit), die Neuerungen schon in der Frühphase adoptieren. Diese Eigenschaft ist nicht identisch, aber korreliert mit Meinungsführerschaft • Demografie: mittleres Alter, höhere Bildung, gehobene Schicht • Persönlichkeit: extravertiert, Selbstvertrauen, belesen, positive Einstellung zum Wandel, leistungsmotiviert, risikobereit Merkmale • Sozialverhalten: soziale Integration, Meinungsführerschaft, Offenheit, Bereitschaft zur Abweichung von sozialen Normen, soziale Mobilität, viel Information • Käuferverhalten: allgemein: frühe Adoption speziell: sehr produktspezifisch z.B. Ärzte: mittleres Alter, oft Kongressbesuch, liest viel Fachliteratur, verschreibt solche Präparate besonders oft Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 22 Meinungs- und Innovationsführer Innovationsführer Definition haben Persönlichkeitsmerkmale / Kommunikationsverhalten des Meinungsführers und Persönlichkeitsmerkmale des Innovators Meinungsführer Innovator • hohes Beeinflussungspotenzial innerhalb der Bezugsgruppe • Geselligkeit • soziale Integration • hohe Produktkenntnis • Wagemut • gering wahrgenommenes Risiko und Unsicherheit bei einer NeuproduktKaufentscheidung Innovationsführer Quelle: nach Dissertation Eckhoff 2001 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 23 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI-Ansatz • VALS-Ansatz • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 24 Lebensstilforschung Lebensstile können nach dem AIO-Ansatz kategorisiert werden Activities Arbeit Hobbies gesellschaftl. Ereignisse Urlaub Unterhaltung Vereine Gemeinde Einkaufen Sport Interests Familie Heim Beruf Gemeinde Erholung Mode Essen Medien Leistungen Opinions über sich selbst gesellschaftl. Probleme Politik Handel Wirtschaft Erziehung Produkte Zukunft Kinder • Zusätzlich zu demographischen und produktbezogenen Statements und Fragen werden auch Statements zu 300 AIO-Items in Fragebogen eingeführt. • Der AIO-Ansatz dient als Basis vieler Lifestyle-Typologien Quelle: Sabine Kramer 1991, Sascha Kirchner 2010 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 25 Lebensstilforschung Die Soziale Schicht ist eine Haupt-Determinante des Lebensstils: Soziologische Schichtmodelle Differenzierungen: vertikal (Bildungsstand, Prestige des Berufs, Einkommen) + horizontal (z.B. industriell, Berufstradition etc.) = jeweils 7 Schichten Moore/Kleining (1960): O - OM - MM - UM - OU - UU - SV (sozial Verachtete) Bolte (1967): O - OM - MM - UM - UM/OU - U – SV Dahrendorf (1968): Eliten - Dienstklasse - Mittelstand - Arbeiterelite – Falscher Mittelstand - Arbeiterschicht - Unterschicht Quelle: tw. nach Endruweit, G., Milieu und Lebensstilgruppe - Nachfolger des Schichtenkonzepts?, München und Mering (Hampp) 2000 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 26 Lebensstilforschung Grundlagen zur Lebensstilforschung: Definitionen und wichtige Begriffe Stil Lebensstil Ansätze Der Stilbegriff ist ein Mittel zur Charakterisierung eines Objektes oder Subjektes, zu deren Bestimmung markante Merkmale ausgewählt werden, um ähnlich Objekte zu Kategorien zusammenzufassen. Lebensstil ist die jeweilige Ausdrucksform der alltäglichen Handlungen, der Tätigkeiten und des Verhaltens bestimmter Personen, sozialer Einheiten oder Bevölkerungsteile Die klassischen Ansätze zur Lebensstilforschung unterteilen sich in: • quantitativ-sozialstrukturelle Ansatz • qualitativer Ansatz (Milieu) • entwicklungspsychologischer Ansatz (Werte) Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 27 Lebensstilforschung Grundlagen zur Lebensstilforschung: Definitionen und wichtige Begriffe Typenbildung basierend auf kaufrelevanten Kriterien zur Marktsegmentierung nach verschiedenen Merkmalen LifestyleTypologien Pseudo-Typologien: Sozial-Stereotype (Mercedesfahrer) Kausale Typologien: Kausalzusammenhang zwischen Charaktertyp und Konsum (Alkohol-Konsument) Persönlichkeits-Typologien: ermittelt anhand psychodiagnostischer Verfahren Persönlichkeitsmerkmale zur Einteilung in Konsumententypen Quelle: Sascha Kirchner 2010 Unter sozialen Milieus sind subkulturelle Einheiten innerhalb der Gesellschaft zu verstehen, die Menschen ähnlicher Lebensauffassung zusammenfassen. Milieu Dauerhafte Überzeugungen, dass eine bestimmte Lebensführung oder ein bestimmter Zustand persönlich oder gesellschaftlich einer entgegengesetzten Lebensführung oder einem entgegengesetzten Zustand vorzuziehen ist (Rokeach, 1973). Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 28 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI-Ansatz • VALS-Ansatz • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 29 Der VALS-Ansatz baut auf Maslow‘s Bedürfnispyramide auf VALS-Ansatz • Theorie: Die hierarchisch angeordneten Bedürfnisse von nach innen und nach außen orientierten Menschen beeinflussen deren Werte • Direkte Erfragung von Werten (ggf. anhand von Einstellungen) • Anschließend: Verhaltensstile werden aus Wertmustern abgeleitet Schwächen: • schwer übertragbar auf Europa • keine Aussagen zu Veränderungen (sozialer Wandel) Nach zweifacher Überarbeitung: • Lebensstilhierarchie durch Ressourcendimension ersetzt • Orientierung an Persönlichkeitsdimensionen statt an Werten Quelle: Sascha Kirchner, 2010 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 30 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI-Ansatz • VALS-Ansatz • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 31 Lifestyletypologien Es gibt viele Marketing-Lifestyle-Typologien Populäre Typen: Yuppies: youg urban professionals Dinks: double income, no kids Woopies: well-off older people Lohas: Lifestyle of Health and Sustainability Lovos: Lifestyle of Voluntary Simplicity Generation Golf etc. Produktspezifische Konsumstilgruppen: Beispiel Spiegel-Studie „Outfit-6“ 1. Unauffällig gekleidete Ältere 2. korrekt Gekleidete 3. zweckmäßig-sportlich Gekleidete 4. Anspruchsvolle Dame 5. Weiblich-Charmante 6. Modeorientierte, 7. Unkonventionelle 8. junge Sportlich-Modische 9. junge Modisch-Amüsante tw. nach Endruweit, G., Milieu und Lebensstilgruppe - Nachfolger des Schichtenkonzepts?, München und Mering (Hampp) 2000 aktualisiert Trommsdorff 2008 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 32 Spiegel-Verlag und Sinus Sociovision erstellen vierjährig die größte Studie über den Deutschen Markt: Outfit-6 (2007) Zielsetzung • Abgrenzung und Beschreibung von Typen mit jeweils ähnlichen Einstellungen, Motiven, Präferenzen hinsichtlich Kleidung und Mode • Typenbildung getrennt für Männer und Frauen Grundgesamtheit: deutsche Wohnbevölkerung im Alter von 14-64 Jahren (50,11 Millionen Personen) Mündliche und schriftliche Interviews (Selbstausfüllbogen) Produktbereiche: Kleidung, Schuhe, Schmuck, Uhren, Brillen, Lederwaren, Schreibgeräte Steckbrief Abschnitte der Befragung: 1.Stellenwert der jeweiligen Produkte 2.Einstellung zu Marken 3.Einstellung zum Kauf 4.Informationsverhalten vor Kauf, Ausgabeverhalten, Kaufentscheidung, -anlass und -kriterien Sascha Kirchner 2010 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 33 Lifestyletypologien Beispiel Frauenmodetyp „Die Souveräne“ (2007) Einstellung zu Kleidung: • achtet auf Herkunft und Herstellung ihrer Kleidungsstücke • Bevorzugt werden hochwertige Kunstfasern, Zusatzfunktionen und –eigenschaften • Wichtiger als Modetrends ist edle und dem Anlass entsprechende Kleidung • ablehnende Haltung bezüglich auffälliger und extravaganter Kleidung Einstellung zu Mode: • neueste Mode hat keine Priorität und wird als „Geldschneiderei“ angesehen • Kleidung dient auch zur Selbstdarstellung und zum Ausdruck des Befindens entsprechen eher ihren Vorstellungen Einstellung zum Kleidungskauf: • eigene Vorstellungen und Prinzipien stehen im Vordergrund • nimmt sich beim Kleidungskauf viel Zeit und wünscht sich (zum richtigen Zeitpunkt) mag kompetente Unterstützung durch das Verkaufspersonal • bevorzugt Stammgeschäfte, die auf ihren Stil eingestellt sind und das ihr Gefühl vermitteln, als Kunde im Mittelpunkt zu stehen Quelle: Sascha Kirchner 2010 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 34 Lifestyletypologien Beispiel Frauenmodetyp „Die Souveräne“ (2007) Markenorientierung: • Zeitlose, eigenständige, aber auch traditionelle Marken werden bevorzugt • bei der Markenwahl sind zudem pragmatische Aspekte wie z.B. gute Passform von Bedeutung Konsumorientierung: • deutsche Produkte haben beim Kauf Vorrang und Qualität der Ware ist wichtiger als der Preis • die bewusste Kaufentscheidung, ggf. sogar der Verzicht gehen ihr über Kauflust und Überfluss Demographische Schwerpunkte • mittlere und ältere Altersgruppen: 74% in der Altersgruppe 40 bis 64 Jahre • Mittleres Bildungsniveau: 76% Haupt-/Volksschulabschluss mit Lehre • Hoher Angestelltenanteil: 73% einfache, mittlere oder leitende Angestellte • Mittlere persönliche Einkommen: 35% zwischen 1.000 und 2.500 € monatlich (netto) Quelle: Sascha Kirchner 2010 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 35 Das Semiometrie-Modell von TNS Infratest Zielgruppen werden anhand von über- und unterbewerteten Wörtern zwischen den Extremen Sozialität/Individualität und Pflicht/Lebensfreude ermittelt und mit Marken, Medien und Testimonials abgeglichen. Dabei wird die innere Grundeinstellung und Wertvorstellung durch emotionale (positive/ negative) Bewertung von 210 Begriffen gemessen. Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 36 Lifestyletypologien In der Praxis besonders verbreitet sind die „SINUS-Lebenswelten“ Studie Seit 1979 regelmäßig, quantitativ / qualitativ, deutsche Wohnbevölkerung ab 14 Jahren; Stichprobe: 100.000 Personen Variablen Zwei Hauptdimensionen: sozialer Status und Werteeinstellung Einstellungen zu Arbeit/Leistung, Familie/Partnerschaft, Gesellschaftsbild, Freizeit, Konsum, Lebensstil, Lebensziel Wunsch-/Leitbilder, Ängste, Zukunftserwartungen, Methode 1.400 Explorationen (qualitativ) und 44 Items (quantitativ) Ergebnis 8-12 "soziale Milieus" aus Schicht (unten bis oben) und Wertorientierung (konservativ bis progressiv) Akzeptanz Sehr erfolgreiches Modell, Standard in vielen Branchen tw. nach Endruweit, G., Milieu und Lebensstilgruppe - Nachfolger des Schichtenkonzepts?, München und Mering (Hampp) 2000 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 37 Entwicklung des Sinus-Milieu-Indikators Jahr 1979 Erste Studie des SINUS-Institut in Heidelberg - standardisiertes Instrument zur Diagnose der Milieuzugehörigkeit von Befragten - regelmäßige Segmentierung der bundesdeutschen Bevölkerung 1981 Einführung quantitativer Erhebungen - Reduzierung der qualitativen Tiefeninterviews 1982 Einsatz des Sinus-Milieuindikators in repräsentativen Erhebungen -standardisiertes, ökonomisch einsetzbares Instrument zur Bestimmung der Sinus-Milieus - Besitz/Verwendung von Produkten und Dienstleistungen, Mediaverhalten, Stilpräferenzen usw. 1983 Alltagsästhetik und Stilpreferenzen werden zusätzlich untersucht - Hilfe bei der Analyse stilistischen Wandels - Veranschaulichung von Zielgruppen 2001 Komplett modifiziertes gesamtdeutsches Modell - davor: differenziert nach Ost- und Westdeutschland Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 38 Lifestyletypologien Das zweidimensionale Modell 2 Mittlere Mittelschicht 3 Einkommen, Bildung, Beruf Oberschicht/ Obere Mittelschicht Soziale Lage 1 Untere Mittelschicht / Unterschicht Soziale Lage Grundorientierung Grundorientierung Alltagsbewußtsein, Lebensstil, Lebenziele A B C Traditionelle Werte Modernisierung I Modernisierung II Pflichterfüllung, Ordnung Konsum-Hedonismus und Postmaterialismus Patchworking, Virtualisierung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 39 Lifestyletypologien Die Dimension „Grundorientierung“ und deren Ausprägungen nach ihrem Vorherrschen in den letzten Jahrzehnten 50er Jahre Pflicht- und Akzeptanzwerte 60er bis 80er Jahre Anpassung, traditionelle Moral Grundorientierung Status und Prestige, dokumentiert durch den Besitz von Gütern Jederzeitige Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen Selbstverwirklichung Emanzipation Kommunikation Ökologie ab 90er Jahre Flexibilität, Mobilität, „Adaptive Navigation“ Multioptionalität PatchworkIdentitäten Komplexitätsakzeptanz, „Reality Sampling“ A B C Traditionelle Werte Modernisierung I Modernisierung II Pflichterfüllung, Ordnung Konsum-Hedonismus und Postmaterialismus Patchworking, Virtualisierung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 40 Lifestyletypologien Die Sinus-Milieus® 2005 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 41 Charakteristiken der Sinus Milieus in Deutschland Gesellschaftliche Leitmilieus Sinus B1 (Etablierte) 10% Das selbstbewusste Establishment: Erfolgsethik, Machbarkeitsdenken und ausgeprägte Exklusivitätsansprüche Sinus B12 (Postmaterielle) 10% Das aufgeklärte Nach-68er-Milieu: liberale Grundhaltung, postmaterielle Werte und intellektuelle Interessen Sinus C12 (Moderne Performer) 10% Die junge, unkonventionelle Leistungselite: intensives Leben – beruflich und privat Sinus A12 (Konservative) 5% Das alte deutsche Bürgertum: konservative Kulturkritik, humanistisch geprägte Pflichtauffassung und gepflegte Umgangsformen Sinus A23 (Traditionsverwurzelte) 14% Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs-/Nachkriegsgeneration: verwurzelt in der kleinbürgerlichen Welt / in traditioneller Arbeiterkultur Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 4% Die resignierten Wende-Verlierer: Festhalten an preußischen Tugenden und altsozialistischen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidarität Sinus B2 (Bürgerliche Mitte) 15% Der statusorientierte moderne Mainstream: Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen Sinus B3 (Konsum-Materialisten) 12% Die stark materialistisch geprägte Unterschicht: Anschluss halten an die Konsum-Standards der breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteiligung Sinus C2 ( Experimentalisten) 9% Die individualistische neue Bohème: ungehinderte Spontanität, Leben in Widersprüchen, Selbstverständnis als Lifestyle-Avantgarde Sinus BC3 (Hedonisten) 11% Die spaßorientierte moderne Unterschicht/untere Mittelschicht: Verweigerung von Konventionen und Verhaltenserwartungen der Leistungsgesellschaft Traditionelle Milieus Mainstream-Milieus Hedonistische Milieus Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit Vgl.: Sascha Kirchner 2010 W. Pepels 2007 42 Anwendungsbeispiele aus der Praxis • Grundlage für Marketingkonzeptionen von Unternehmen (anfangs hauptsächlich von Automobilherstellern durchgeführt) • Zielgruppenbeschreibung der Sinus-Milieus gibt Hinweise für die Kommunikationspolitik • Mit Hilfe von geografischen Datensystemen kann auf bestehende Kunden-Adressbestände zurückgegriffen werden Direktmarketing-Aktivitäten • Verbesserung von qualitativen Zielgruppenbeschreibungen zur Optimierung der Treffgenauigkeit 2006 gab die katholische Kirche eine Sinus-Milieu-Studie in Auftrag, um die Einstellungen und Wünsche von 7 bis 27-Jährigen zu Religion und Kirche zu ermitteln. ProSieben stellte durch eine Sinus-Milieu-Studie fest, dass überdurchschnittlich viele „Moderne Performer“, „Hedonisten“, „Experimentalisten“ und „KonsumMaterialisten“ den Sender beim Fernsehen einschalten; dagegen kaum „Konservative“ und „Traditionsverwurzelte“. Vgl: Sascha Kirchner 2010 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 43 Lifestyletypologien Sinus B12 Postmaterielle: Beschreibung und TV-Konsumverteilung eines ausgewählten Milieus Lebensziel • Sie gehen souverän mit beruflichen Herausforderungen um, Erfolg um jeden Preis lehnen sie aber ab. • Sie definieren sich mehr über Intellekt und Kreativität als über Besitz und Konsum. Lebensstil • Die Postmateriellen sind überwiegend hoch gebildet, kosmopolitisch und tolerant. Als Kinder der „Alt-68er“ üben sie Kritik an den negativen Folgen von Technologisierung und Globalisierung. • Materieller Erfolg heißt für die jedoch auch Unabhängigkeit und die Möglichkeit, ihre Ideen zu realisieren und einen gewissen Lebensstil zu pflegen (subtile Genüsse) Soziale Lage • Altersspektrum von Anfang 20 bis „junge Alte“ • Hohe und höchste Ausbildung • Hohe Angestellte und Beamte, Freiberufler, Studenten • Gehobene Einkommen Marktanteile, Basis: AGF/GfK-PC#TV Aktuell, 1.-3. Quartal 2001, Mo-So (Sendetag, SW-Gebiet Erstes/ARD ZDF RTL SAT.1 Südwest TV Dritte o. SW TV Pro7 Kabel I 18,4 % 17,0 % 9,4 % 8,3 % 7,9 % 7,0 % 5,7 % 3,7 % Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 44 Lifestyletypologien Verteilung der Sinus-Milieus® in Deutschland Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 45 Lifestyletypologien Zusammensetzung des SW TV-Publikums nach den Sinus-Milieus SW-Gebiet, (Mo-So, Sendetag) im Jahr 2004 (Zuschauer ab 14 Jahre) Überdurchschnittlich 233 und mehr Min. Durchschnittlich 192 – 232 Min. Unterdurchschnittlich Unter 191 Min. Sehdauer auf Milieubasis: 227 Minuten Basis: Erwachsene ab 14 Jahren/ Quelle: AGF/GfK PC#TV/ Sinus Sociovision Heidelberg, 03.00-03.00 Uhr, 01.01.2004-31.12.2004 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 46 Bevorzugte Programm-Genres der neuen Sinus-Milieus (Sehr interessiert) A12: Konservativ B1: Etablierte B12: Konservative Politische Magazine; Kulturmagazine; Nachrichtensendungen; Volkstheater, Heimatfilme; Regionale Sendungen; Naturmagazine; Technik-Ratgeber; Zeitkritische Sendungen; Gesundheit-Ratgeber Wirtschaftsmagazine; Kulturmagazine; Nachrichtensendungen; TechnikRatgeber; Theater-, Opernsendungen, Zeitkritische Sendungen; Sportberichte; Regionale Sendungen; Videotext Nachrichtensendungen; Politische Magazine; Reiseberichte; Kulturmagazine; Theater-/, Opernsendungen; Zeitkritische Sendungen; Kabarett, Satire; Kinder-/Jugendsendungen, Naturmagazine AB2: DDR-Nostalgische C12: Moderne Performer Große Unterhaltungsshows; Regionale Sendungen; Operetten, Musikfilme; Familien-, Arztserien; Kabarett; Zeitkritische Sendungen; Quizsendungen, Game-Shows, Naturmagazine; Volkstheater, Heimatfilme, Nachrichtensendungen Musiksendungen; Videotext; Horror-, Gruselfilme; Kinder- und Jugendsendungen; Kabarett, Satire; Erotikfilme; Wirtschafsmagazine; Kulturmagazine; Auto-Ratgeber; TechnikRatgeber; Abenteuer-, Actionfilme; Talkshows C2: Experimentalisten A23: Traditionsverwurzelte Horror-, Gruselfilme; Erotikfilme; Kulturmagazine; Musiksendungen; Kinder- und Jugendsendungen; Videotext; Autoratgeber; Wirtschaftsmagazine Volkstheater, Heimatfilme; Operetten; Musikfilme; Theater-, Opernsendungen; Familien-, Arztserien; Regionale Sendungen; Große Unterhaltungsshows; Gesundheit-Ratgeber; Natursendungen; Nachrichtensendungen B2: Bürgerliche Mitte B3: Konsum-Materialisten BC3: Hedonisten Volkstheater, Heimatfilme; Familienserien, Arztserien; Große Unterhaltungsshows; Regionale Sendungen; Quizsendungen, Game-Shows; Reiseberichte; Gesundheits-Ratgeber; Nachrichtensendungen Erotikfilme; Horror-, Gruselfilme; Western; Abenteuer-, Actionfilme; Sportberichte Horror-, Gruselfilme; Erotikfilme; Musiksendungen Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 47 Lifestyletypologien Eine ähnliche Segmentierung wird vom SIGMA-Instititut vorgenommen: die SIGMA Milieus® 2006 Etabliertes Milieu 9,1% - 6.3 Mio Upper Middle Class Middle Middle Class Lower Middle Class Liberal-Intellektuelles Milieu 8,2% - 5.7 Mio Traditionelles Modernes Aufstiegsbürgerliches Modernes bürgerliches Milieu orientiertes Milieu Arbeitnehmermilieu 11,9% - 8.2 Mio Milieu 12,3% - 8.5 Mio 9,2% - 6.3 Mio 17,1% - 11.8 Mio Traditionelles Arbeitermilieu 4,9% - 3.4 Mio Lower Class Postmodernes Milieu 6,9% 4.8 Mio Hedonistisches Milieu 9,9% - 6.8 Mio Konsummaterialistisches Milieu 10,5% - 7.3 Mio Traditional "To preserve" Modern Status, Property, Self-indulgence "To have, to consume and to indulge" Postmodern Subjectivism " I - am – me" Value Orientations Upper Class Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 48 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 49 Zukunftsanalyse Demografie und Trends Demografische Merkmale sind keine eigentlichen Konstrukte der Theorie des Konsumentenverhaltens, jedoch häufig Indikatoren solcher Konstrukte, z.B. • Beruf, Ausbildung, Einkommen für soziale Schicht • Alter, Familienstand, Kinder im Haushalt für Familienlebenszyklus Manche demografischen Merkmale sind aber wegen ihrer relativen Stabilität und langsamen Veränderung relativ gut geeignet für (auch längerfristige) Prognosen aggregierter Konsumverhaltensgrößen, z.B. • Altersverteilung • Ausländeranteil • Bildungsverteilung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 50 Zukunftsanalyse Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands Quelle: Statistisches Bundesamt, Tsp/Bartel, 2001 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 51 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 52 Seniorenmarketing Trends für Seniorenmarketing Zunahme der sozialen Kontakte Zunahme der Finanzkraft Anstieg der Freizeitaktivitäten: Reisen, do-it-yourself in Haus und Garten, Sport, Teilnahme am Vereinsleben, Spaß am Geldanlegen Sinkende Bereitschaft, in Altersinstitutionen zu leben Quelle: AWA Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 53 Seniorenmarketing Welche Anbieter sind die Gewinner dieser Marktveränderungen? 1 Wer die Probleme des Alters verringert, lindert, verzögert, vergessen lässt Bsp.: 2 Pharma, Kosmetik, Heil-/Hilfsmittel, Ernährung, Bekleidung, Unterhaltung Wer Dienstleistungen bietet, damit Senioren lange zu Hause bleiben können Bsp.: Einkaufsservice, Haus- und Gartenpflege, Putzen, Renovieren, mobiles Essen, Pflegedienst, Notruf, Sicherheitssysteme 3 4 Wer komfortable Freizeitgestaltung anbietet Bsp.: Hobby, Reisen, Garten; Einrichtung, Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik Wer Bildung mit Sozialkontakten anbietet Bsp.: Kulturreisen, Executive MBA, Computerkurse, Seniorenuniversität Σ Wer diese Zielgruppenbedürfnisse gezielt / bedarfsgerecht gebündelt befriedigt Quelle: Eggert, BBE Trend- und Handels-Forum 99 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 54 Agenda • Persönlichkeit • Grundlagen • Modellpersonen • Meinungs- und Innovationsführer • Lebensstilforschung • AOI • • Lifestyletypologien Zukunftsanalyse des Konsumentenverhaltens • Demografie • Seniorenmarketing • Trendforschung Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 55 Trendforschung Qualitative Trendforschung jenseits demografischer Prognosen: Fünfzehn „Konsumtrends 2005“ – bitte kritisch zu lesen! • Market of the Real: Die Sehnsucht nach dem Echten, Guten, Wahren • Bad Taste: Die Freude am schlechten Benehmen • Ageless Consuming: Smarte Produkte befreien sich von Altersbeschränkungen • Mass Customization: Maßanfertigungen für Individualisten • Life Assistance: Die Professionalisierung der Alltagshilfen • Inszenierungskonsum: Sinnliche Events und Erlebnisse • Wellness 2: Sich-verwöhnen-lassen und Suche nach Balance • Homing: Zentrum der Welt im (Un)Sicherheits-Zeitalter • Female Shift: Der Konsum wird weiblich • The Great Outdorrs: Die Such nach dem Paradies im eigenen Garten • Minority Forces: Stolze Minderheiten fordern eigene Konsumkonzepte • Feel-Good-Consuming: „Richtige“ Produkte für Sinnsucher • Nomadic Markets: Navigation und permanente Anpassung wird zum Lebenskonzept • High-Touch-Markets: Der Wunsch nach Produkten mit Bezug zur eigenen Person • Total Gaming: Spielen wird zum gesellschaftlichen Funktionsprinzip Quelle: Huber, Th., Consumer Trends 2005, Hamburg (Zukunftsinstitut) 2002 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 56 Trendforschung Trendforschung ist möglich und populär, aber… Trend-Arten • statistisch (Zeitreihenextrapolation) • historisch (entdeckte Wellen: Juppie, Fress, Light, Wellness) • künftig (Zukunftsanalytische Methoden) Trend-Gurus • • • • John Naisbitt Gerd Gerken Faith Popcorn M. Horx (Trendbüro Hamburg) Trend-Kritik • • • • populär und teilweise unseriös vielfach sehr weich, qualitativ self fulfilling prophecy (es kommt, weil es bedacht wird) agenda setting (es wird bedacht, weil es die Medien bringen) Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 57 VON LAMBORGHINI ZU FORD WEISS ALS AUTOFARBE Auch für Branchentrends gelten Diffusions-Gesetzmäßigkeiten. Innovationen werden von den „Meinungsführern“ übernommen. Auch wenn Lamborghini wenig Umsatz generiert, so ist der Einfluss auf alle anderen Hersteller enorm. 2004 2008 Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 58 AUS DEN GHETTOS IN DEN MAINSTREAM HIP HOP Der Aufstieg von HipHop ist maßgeblich in den einfachen und vielfältigen Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme begründet. Representen bzw. Selbstdarstellen ist ein wichtiger Aspekt der HipHop Kultur. Individualisierung ist hier ein fester Wert Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 59 VON HOLLYWOOD UM DIE WELT „LOHAS“ In Hollywood war Nachhaltigkeit „cool“ als der Begriff in weiten Teilen der Gesellschaft noch mit Ökos und „Atomkraft nein Danke“ Buttons verbunden war. Da Celebrities das westliche Schönheitsideal bestimmen war die weltweite Entwicklung des Trends schon früh absehbar. Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 60 VON DER STRASSE IN DIE SCHAUFENSTER FIXED GEAR Fixed Gears wurden zuerst von Fahrradkurieren genutzt – um die Verschleißteile zu reduzieren. Später wurde es von einer Lifestyle-Sportart zu einem Modephänomen ModePhänomen LifestyleSport Szene Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 61 VON HIGH-FASHION IN DEN MASSENMARKT CO-BRANDING Innovative Modelabels wie Louis Vuitton und Comme des Garcons begannen schon in den Neunzigern mit innovativen Künstlern wie KAWS oder Murakami zu kooperieren. Heute ist Co-Branding essentieller Bestandteil von erfolgreichem Markenmanagement Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 62 VON HARVARD UM DIE WELT FACEBOOK Auch erfolgreiche Web-Phänome folgen dem Diffusionsprinzip Facebook begann als elitäres Portal für Harvard-Studenten, wurde von internationalen Studenten übernommen und anschließend zum Massenphänomen Technische Universität Berlin Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff Konsumentenverhalten – Lebensstile/Persönlichkeit 63