FRAUENBILDER IM DEUTSCH-RAP

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FRAUENBILDER IM DEUTSCH-RAP
Eva
Tuchscherer
FRAUENBILDER
IM DEUTSCH-RAP
Zwischen Subversion und Affirmation
männlich geprägter Rollenzuschreibungen
1
Wissenschaftliche E-Book-Reihe, Band 16
Originalausgabe
© 2014 Archiv der Jugendkulturen Verlag KG, Berlin und bei den AutorInnen
Alle Rechte vorbehalten
Archiv der Jugendkulturen Verlag KG
Fidicinstraße 3, D – 10965 Berlin
E-Mail: [email protected]
Ansprechpartner für die Wissenschaftliche Reihe: Klaus Farin
Vertrieb: www.shop.jugendkulturen.de
ISBN: 978-3-945398-13-5
Lektorat: Gabriele Vogel
Die Wissenschaftliche Reihe im Archiv der Jugendkulturen
Alljährlich entstehen an Universitäten und Fachhochschulen Hunderte von wissenschaftlichen Arbeiten,
die zumeist nur von zwei Gutachtern gelesen werden und dann unbeachtet in den Asservatenkammern
der Hochschulen verschwinden. Dabei enthalten viele dieser Arbeiten durchaus neues Wissen,
interessante Denkmodelle, genaue Feldstudien. Das Archiv der Jugendkulturen, Fachbibliothek und
Forschungsinstitut zugleich zu allen Fragen rund um Jugendkulturen, hat deshalb damit begonnen,
wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Jugend zu sammeln und öffentlich zugänglich zu machen. Mehr
als 600 solcher Arbeiten enthält die Präsenzbibliothek des Archivs inzwischen – für jedermann kostenlos
und frei zugänglich.
In der Wissenschaftlichen Reihe publiziert der Archiv der Jugendkulturen Verlag seit 2007 zudem
qualitativ herausragende wissenschaftliche Arbeiten zu jugendkulturellen Zusammenhängen. Die
Arbeiten werden von fachkundigen GutachterInnen gelesen und vor der Veröffentlichung professionell
lektoriert. Da pro Jahr von 20 - 25 eingereichten Arbeiten nur zwei veröffentlicht werden, kann bereits die
Aufnahme in den Verlagskatalog als Auszeichnung verstanden werden. Doch für die AutorInnen lohnt
sich die Veröffentlichung auch materiell. Die Archiv der Jugendkulturen Verlag KG verlangt keinerlei
Kostenbeteiligungen! Im Gegenteil: AutorInnen, deren Arbeiten wir in unserer Wissenschaftlichen Reihe
veröffentlichen, erhalten bereits für die Erstauflage ein Garantiehonorar von 1.000 Euro!
Seit 2011 wird diese Reihe durch eine elektronische Schwester ergänzt. Denn immer wieder mussten wir
hervorragende Manuskripte ablehnen, da ein kleiner Verlag wie der unsrige sich nicht mehr als zwei
wissenschaftliche Titel mit den gesetzten Qualitätsstandards (großformatige Hardcover, alle Bände sind
illustriert, oft in Farbe) und dem bewusst niedrig angesetzten Ladenpreis (um möglichst viele Menschen
zu erreichen) leisten kann. Die E-Book-Reihe soll dieses Manko ausgleichen. Was für die Printreihe gilt,
gilt auch für unsere E-Books: Sie werden ebenfalls sorgfältig ausgewählt und lektoriert, die AutorInnen
erhalten ein kleines Garantiehonorar und werden am Umsatz beteiligt.
Das Archiv der Jugendkulturen e. V.
Das Berliner Archiv der Jugendkulturen e. V. existiert seit 1998 und sammelt – als einzige Einrichtung
dieser Art in Europa – authentische Zeugnisse aus den Jugendkulturen selbst (Fanzines, Flyer, Musik
etc.), aber auch wissenschaftliche Arbeiten, Medienberichte etc., und stellt diese der Öffentlichkeit in
seiner Bibliothek kostenfrei zur Verfügung. Darüber hinaus betreibt das Archiv eine eigene
Jugendforschung, berät Kommunen, Vereine etc., bietet jährlich bundesweit rund 80 Schulprojekttage
und Fortbildungen für Erwachsene an und publiziert eine Buchreihe sowie eine eigene Zeitschrift – das
Journal der Jugendkulturen. Das Archiv der Jugendkulturen e. V. hat derzeit 270 Mitglieder weltweit
(darunter viele Institutionen). Die Mehrzahl der MitarbeiterInnen arbeitet ehrenamtlich.
Schon mit einem Jahresbeitrag von 48 Euro können Sie die gemeinnützige Arbeit des Archiv der
Jugendkulturen unterstützen, Teil eines kreativen Netzwerkes werden und sich zugleich eine umfassende
Bibliothek zum Thema Jugendkulturen aufbauen. Weitere Infos unter www.jugendkulturen.de
AutorInnen einer wissenschaftlichen Arbeit zum Fokus Jugendkulturen können sich um den Respekt!Preis zur Förderung wissenschaftlicher Arbeiten über Jugendkulturen bewerben: www.respekt-stiftung.de
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Bachelorarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades „Bachelor of Arts (B.A.)“
im Studiengang Sozialwissenschaften und Philosophie/Kernfach
Kulturwissenschaften
an der Universität Leipzig
Frauenbilder im Deutsch-Rap
Zwischen Subversion und Affirmation
männlich geprägter Rollenzuschreibungen
Betreuer der Bachelorarbeit: Dr. Harald Homann
vorgelegt von:
Eva Tuchscherer
Matrikelnr.: 1640683
Fockestraße 80
04277 Leipzig
[email protected]
Leipzig, den 14.9.2012
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INHALT
1. EINLEITUNG & FORSCHUNGSINTERESSE .................................................................................................. 5
2. DAS DISKURSANALYTISCHE VORGEHEN................................................................................................... 8
2.1 BEGRIFFE & BESONDERHEITEN DES MATERIALS ................................................................................................ 8
2.2 EINGRENZUNGEN & PRAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ............................................................................................. 9
2.3 ERSTELLUNG DES DATENKORPUS ..................................................................................................................... 11
2.4 TEXTANALYSE .................................................................................................................................................. 12
3. THEORETISCHE GRUNDLAGEN & WISSENSCHAFTLICHER DISKURS ZUM THEMA RAP ........ 13
3.1 GESCHICHTLICHER ABRISS DER RAP-KULTUR .................................................................................................. 13
3.2 RAP-TYPISCHE SPRECHPRAKTIKEN & VERHALTENSWEISEN ............................................................................. 15
3.3 GESCHLECHTERDISKURS IM RAP ....................................................................................................................... 17
3.3.1 Zur Konstruktion von Geschlecht ............................................................................................................. 17
3.3.2 Geschlechterverhältnisse im HipHop ....................................................................................................... 18
3.3.3 „Rap-Models“ von Menrath/Völker ......................................................................................................... 18
3.3.4 Subversionspotential bei Klein/Friedrich ................................................................................................. 19
4. HAUPTTEIL ......................................................................................................................................................... 22
4.1 ERGEBNISSE DER DISKURSANALYSE ................................................................................................................. 22
4.1.1 Evaluation des Forschungsprozesses und damit verbundene Ergebnisse ................................................ 22
4.1.2 Identifikationsstrategien der einzelnen Rapperinnen ............................................................................... 23
4.1.2.1 Lena Stoehrfaktor ................................................................................................................................................23
4.1.2.2 Pyranja.................................................................................................................................................................25
4.1.2.3 Kitty Kat ..............................................................................................................................................................27
4.1.2.4 Lady Bitch Ray....................................................................................................................................................30
4.1.2.5 Sookee .................................................................................................................................................................32
4.1.3 Vergleich der fünf Rapperinnen................................................................................................................ 35
4.2 FRAUENBILDER ZWISCHEN SUBVERSION & AFFIRMATION ................................................................................ 37
4.2.1 Menrath/Völker's Rap-Models im Vergleich mit eigenen empirischen Ergebnissen ................................ 37
4.2.2 Fünf Frauenbilder & ihr kritisches Potential........................................................................................... 39
4.2.2.1 Die Flowprinzessin (Pyranja) ..............................................................................................................................39
4.2.2.2 Die rappende Nutte (Lady Bitch Ray) .................................................................................................................40
4.2.2.3 Die Quing (Sookee) .............................................................................................................................................40
4.2.2.4 Die Mörderpuppe (Kitty Kat) ..............................................................................................................................41
4.2.2.5 Der Störfaktor Lena (Lena Stoehrfaktor).............................................................................................................42
4.2.3 Zusammenfassung..................................................................................................................................... 43
5. SCHLUSS .............................................................................................................................................................. 44
5.1 EVALUATION DES FORSCHUNGSPROZESSES ...................................................................................................... 45
LITERATURVERZEICHNIS ................................................................................................................................. 48
ANHANG................................................................................................................................................................... 51
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1. Einleitung & Forschungsinteresse
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit unterschiedlichen Frauenbildern im Deutsch-Rap
und deren Strategien der Ausdeutung von Geschlechtsidentität im Hinblick auf die in der Szene
vorherrschende Dominanz von Männlichkeit.
Mithilfe einer diskursanalytischen Untersuchung von Liedtexten der Rapperinnen Sookee,
Pyranja, Kitty Kat, Lena Stoehrfaktor und Lady Bitch Ray werden die von den Künstlerinnen
vertretenen Interpretationen geschlechtlicher Identität ermittelt und im Anschluss daran deren
kritisches Potential in Bezug auf die Überrepräsentanz von Männlichkeit im Rap unter
Berücksichtigung der theoretischen Ansätze von Menrath/Völker1 und Klein/Friedrich2
untersucht.
Bei HipHop handelt es sich um eine weltweit verbreitete Jugendkultur, die von ihren
subkulturellen Ursprüngen zum gesellschaftlichen Mainstream vorgedrungen ist. Kulturelle
Aktivität spielt im Kontext von HipHop eine hervorgehobene Rolle. Sie setzt sich aus vier
Elementen zusammen: DJ-ing, Breakdance, Rap und Graffiti. Rap-Musik bezeichnet den zur
HipHop-Kultur gehörenden Musikstil und wird irrtümlicherweise oft mit HipHop-Kultur
gleichgesetzt. „Rap ist das bekannteste und kommerziell erfolgreichste Feld des HipHop, seine
Protagonisten sind die berühmtesten Aktivisten und stehen im Rampenlicht der Medien.“3
Im Rap, sowie im HipHop allgemein, steht die Präsentation des Selbst in Verbindung mit
dem eigenen Können und dem Status in der HipHop-Szene im Vordergrund. Die Zahl der im
Rap aktiven Künstler_innen ist klar von Männern dominiert.4 Das Phänomen des
Ungleichgewichts zwischen männlichen und weiblichen Vertreter_innen lässt sich jedoch in
allen Bereichen der Rock- und Popmusik beobachten, sodass sich hierin kein Alleinstellungsmerkmal der HipHop-Kultur konstatieren lässt.5
Männlichkeit konstituiert sich im Rap als vorherrschende Norm, sodass Männlichkeit als
identitätsstiftendes Moment im Zuge der Selbstinszenierung überrepräsentiert ist.
In diesem Kontext ergab sich die Frage nach aktiven Frauen im HipHop und darauffolgend
das Forschungsinteresse an Frauenbildern im Rap. Die grundsätzliche Frage war: Wie verhalten
sich Frauen im Rap im Hinblick auf die dargelegte Überrepräsentanz von Männlichkeit? Damit
einher ging die Frage nach der Relevanz von Weiblichkeit als identitärem Bezugspunkt für die
Selbstdarstellung der Künstlerinnen und die Art und Weise der Bezugnahme auf Weiblichkeit
1
Menrath/Völker (2007): „Rap-Models. Das schmückende Beiwerk“.
Klein/Friedrich (2003): „»Männliche Herrschaft« - Weibliche Subversion?“
3
Klein/Friedrich (2003), S. 30.
4
Vgl. Käckenmeister (2008), S. 52.
5
Vgl. ebd., S. 52.
2
5
durch die aktiven Rapperinnen. Ziel war es, unter der Annahme der Existenz von variierenden
Frauenbildern Umgangsstrategien herauszuarbeiten und diese mit wissenschaftlichen Ansätzen
zum Thema „Frauenbilder im HipHop“ zu vergleichen. Inwiefern ergeben sich dabei
Besonderheiten für Frauenbilder im deutschsprachigen Rap-Kontext? Als Grundlage hierfür
dienen einerseits die Rap-Models von Menrath/Völker und andererseits die Thesen zum
Subversionspotential von Frauenbildern im Musikgeschäft von Klein/Friedrich. In Bezug auf die
idealtypischen Frauenbilder von Menrath/Völker gilt es zu überprüfen, ob diese auf die
Selbstdarstellungen der untersuchten Rapperinnen anwendbar sind, um zu ermitteln, ob die
Thesen im deutschsprachigen Kontext eine Entsprechung finden. Die Frage, inwiefern
Frauenbilder in der Lage sind, die Überrepräsentanz von Männlichkeit infrage zu stellen, soll
mithilfe der von Klein/Friedrich vorgestellten Ansätze von Bordieu und Butler untersucht
werden.
Ziel der Arbeit ist es, die Positionen und Strategien der aktiven Rapperinnen herauszustellen und ihre selbst produzierten Frauenbilder als autonome Perspektive festzuhalten und zu
konstituieren.
Vor dem Hintergrund dieser Fragestellungen und Interessenschwerpunkte entwickelt sich
der Prozess meiner Arbeit.
Nach der Klärung des Forschungsinteresses werden der Prozess der Recherche und Akteurinnenwahl, die Zusammenstellung des Datenkorpus, theoretische und praktische Eingrenzungen sowie
Probleme und Erwartungen bei der Auswertung der Texte beschrieben. Es folgt ein Theorieteil,
in dem die Geschichte der HipHop- bzw. Rap-Kultur von ihren Ursprüngen in den USA bis zu
ihren Ausdifferenzierungen in Deutschland entlang der darin aktiven Künstlerinnen
nachgezeichnet wird, auf Charakteristika der Rap-typischen Sprachpraktiken und Verhaltensweisen eingegangen wird und die für die Analyse relevanten Theorien in Bezug auf Geschlechtskonstruktion und Geschlechtsidentität, Geschlechterverhältnisse im HipHop, vorherrschende
weibliche Inszenierungen nach Menrath/Völker und die Theorien von Klein/Friedrich zur
Möglichkeit der Subversion „männlicher Herrschaft“6 im Rap dargelegt werden.
Anschließend werden im Hauptteil die Ergebnisse der Untersuchung der Rap-Texte im
Hinblick auf die Relevanz von Weiblichkeit für die darin enthaltenen Selbstdarstellungen einzeln
dargestellt. Dabei werden die Verortung der Rapperinnen in Subgenres und deren Reflexionen in
Bezug auf gesellschaftliche Rollenerwartungen berücksichtigt. Die Ergebnisse werden zu
Anfang mit den der Analyse vorausgegangenen Erwartungen abgeglichen und schließlich
6
Klein/Friedrich (2003), S. 205.
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