WS07/08 - Universität Stuttgart

Transcrição

WS07/08 - Universität Stuttgart
Erfahrungsbericht Sevilla
Wintersemester 2007/08
Michael Dietl
Universität Stuttgart
Umweltschutztechnik
Escuela Superior de Ingenieros
Universidad de Sevilla
Ingeniería industrial
Vor Reiseantritt:
Bei meiner relativ spontanen Bewerbung um einen Erasmus-Studienplatz an der
„Escuela Superior de Ingenieros“ (ESI) - der technische Zweig der „Universidad de
Sevilla“ - hatte ich das Glück, dass kurz vor meiner Bewerbung zwei neue
Austauschstudienplätze eingerichtet wurden. Einen davon habe ich bekommen. Die
für die Bewerbung notwendigen Anträge und Formulare wurden mir von meiner
Programmbeauftragten Fr. Krug ausgehändigt und später nach Sevilla geschickt
(Vielen Dank!). Zudem musste ich mich online bei der „Universidad de Sevilla“
registrieren. Etwa drei Wochen nach Abschicken der Unterlagen bekam ich dann
eine E-mail meines Koordinators aus Sevilla, in der meine Zulassung in Sevilla
bestätigt wurde.
Anreise:
Ich bin mit „Air-Berlin“ nach Sevilla geflogen. Zwar musste ich jedes Mal die
Zwischenlandung in Mallorca in Kauf nehmen, jedoch waren die Flüge relativ günstig
(zwischen 40 und 80 €, einfach, inkl. Steuern) und es waren 30 kg Fluggepäck
erlaubt. Alle anderen Anbieter haben lediglich 20 kg Fluggepäck gestattet. Der
Aufpreis für sog. Sportgepäck (Fahrrad, Surfbrett o. Ä.) lag bei „Air-Berlin“ je nach
Größe und Gewicht standardgemäß zwischen 20 und 25 € pro Sportgepäcksstück.
Vom Flughafen Sevilla aus nahm ich den Flughafenbus, der über die „Santa Justa“
(Hauptbahnhof) direkt ins Zentrum Sevillas fuhr (2,30 €). Eine Taxifahrt ins Zentrum
hätte etwa 20 € gekostet.
Neben Direktflügen nach Sevilla wäre es ebenso möglich gewesen, direkt nach
„Jerez de la Frontera“ (z. B. mit „Ryanair“), Madrid (z. B. mit „Germanwings“ oder
Malaga (z. B. Hapag Lloyd) zu fliegen und anschließend den Fernbus oder
Schnellzug nach Sevilla zu nehmen.
In Sevilla:
Wohnen:
Ich hatte mir für die ersten Tage in Sevilla ein Zimmer in dem „Hostal San Esteban“
reserviert. Es kostete 20 € pro Nacht und war als strategischer Ausgangspunkt für
die Wohnungssuche wegen der zentralen Lage passend.
Weitere empfehlbare Hostals und Pensionen befanden sich in und um die „Calle
Gravina“. Dort konnte man mit viel Glück auch ein Zimmer für etwas weniger als 20 €
bekommen. „Hostales“ waren allgemein meist die billigste Variante. Pensionen
kosteten in der Regel ein paar Euro mehr. In einem Hotel nach einem Zimmer zu
fragen konnte man sich allgemein sparen, da dort die Preise oft zum Dreistelligen
tendierten.
Zur
Wohnungssuche
nutzte
ich
hauptsächlich
die
Internetseiten
„www.sevilla.loquo.com/es_es“ und „www.pisocompartido.com“. Dort erschienen
frische Annoncen im Minutentakt, die meistens auch die Handynummern der
Anbieter enthielten. Wenn ich einen Vermieter erreicht habe, wurde ich meistens
gleich für die Folgestunde zur Besichtigung eingeladen. Auf diese Art habe ich mein
erstes WG-Zimmer in „Triana“ gefunden. Wegen einer sich auftuenden Baustelle
extremen Ausmaßes (Augen auf bei der Besichtigung!) zog ich jedoch kurz darauf in
den Stadtteil „Macarena“ um. Die Annonce des zweiten Zimmers fand ich am
„schwarzen Brett“ in einem Seitengang des alten Unigebäudes („Fabrica de
Tabacos“, s.u.). Dort, sowie direkt vor dem Büro der „Relaciones Internacionales“
hingen oftmals Zettel zur Nach-, bzw. Zwischenmietersuche. Auch an Wänden in den
einzelnen Fakultäten und sogar an Ampeln und Hauswänden in Uni-Nähe stieß ich
auf interessante Annoncen. Zwar erschien auch mehrmals wöchentlich die Zeitung
„Cambalache“ (ähnlich dem „Sperrmüll“ in Stuttgart oder der „Kurz-und-Fündig“ in
München), jedoch fand ich darin meist nur Einzelapartments und Anzeigen von
Maklern (mit Stern), die in der Regel ein bis zwei Kaltmieten Provision verlangten.
Notwendige Utensilien für die Wohnungssuche:
-
Handy: ich habe eine alte spanische Vodafone-Nummer von einem Freund
übernommen. Prepaid-Karten für freigeschaltete Handys bekam man jedoch
problemlos bei den Läden der großen Anbieter (Vodafone, Moviestar, o.Ä.).
Dort, sowie an den meisten Zeitungsständen konnte man die Karte aufladen
lassen.
-
Stadtplan: konnte man kostenlos beim „Oficina de Tourismo“ (am Flughafen,
am Hauptbahnhof „Santa Justa“, in der „Calle Arjona“ vor der „Puente de
Isabel II“ oder in der „Avenida de la Constitución“) bekommen.
Im Hinblick auf das Wohnen gefielen mir folgende Viertel besnoders:
-
Triana: „Ursprüngliches Sevilla“, „Arbeiterviertel“, traditionell und lebendig
-
La Macarena: Günstige Wohngegend, nahe zum Zentrum, eher Hochbauten
statt Altstadt, gut gelegen für Studierende an der Cartuja (Ingenieros,
Comunicaciones)
-
Centro: „Altstadtzentrum“, etwas teurer, lebhafter, junges Puplikum
Allgemein war die Stadt auf das „Kommen und Gehen“ ausländischer Studenten und
Praktikanten eingestellt. Viele Spanier haben ihr Zimmer untervermietet, um den
Mietpreis ihrer Wohnung zu drücken. So hatte man also recht gute Chancen mit
„Sevillanos“ zusammenzuwohnen.
Uni/Studium:
Zur Immatrikulation ging ich in das Büro der „Relaciones Internacionales“, welches
sich im sog. „Rectorado“ der alten Tabakfabrik (antikes Unigebäude) im Stadtteil
„Santa Cruz“ befand. Wichtig war hierbei, sämtliche Unterlagen aus Deutschland, vor
allem die Bestätigung der Teilnahme am Erasmus-Programm (ausgestellt von der
Programmbeauftragten der Heimatuniversität), sowie einige Kopien des Ausweises
und der Krankenversicherungskarte dabei zu haben (Copistería ist direkt vor dem
Gebäude). Das Faxformular, das ich zur Bestätigung meines Ankunftsdatums an das
Internationale Zentrum in Stuttgart schicken sollte, konnte ich auch vom „Relaciones
Internacionales“ aus senden. Um die Immatrikulation zu vervollständigen, musste ich
mich beim „Oficina de Erasmus“ meiner Fakultät (ESI), die sich auf der „Cartuja“ (d.h.
im alten Expo-Gebiet) befand, melden und noch einige Formalitäten erledigen. Dort
bekam ich auch die Kontaktdaten eines Tutors für eventuelle, kleinere
„Alltagsprobleme“.
Etwa einen Monat nach der Immatrikulation wurde mir im Rectorado ein vorläufiger
Studentenausweis
ausgehändigt,
mit
dem
ich
Vergünstigungen
für
Sehenswürdigkeiten erhielt, sowie einen Zugang zum Internetpool an der ESI
beantragen konnte (über das Sekretariat der ESI). Den eigentlichen Studienausweis
erhielt ich erst eine Woche vor Ende meines Aufenthaltes in Sevilla.
Die Kurse wurden an der ESI entweder im ersten „Cuatrimestre“ (C1), im zweiten
„Cuatrimestre“ (C2) oder „Annual“ (C1 + C2 = A) angeboten. Ich hatte einen Monat
Zeit um mich definitiv für die Kurse einzuschreiben (Entgegenkommen für
Erasmusstudenten). Daher habe ich in der Anfangsphase des C1 verschiedene
Veranstaltungen besucht und mich erst gegen Ende der Frist entschieden. Das
Learning-Agreement, welches ich für die Bewerbung in Deutschland erstellen
musste, diente also nur der Orientierung und konnte problemlos modifiziert werden.
Ich wählte folgende Fächer:
-
Ingeniería de Procesos Térmicos (IPT)
-
Energías renovables
Beides waren recht umfangreiche Fächer (6 créditos), wobei IPT einige
Rechnerübungen und Hausaufgaben mit sich brachte. In diesem Fach war ich der
einzige „Erasmusaner“, während beim zweiten Kurs der Anteil ausländischer
Studenten etwa 30% betrug. Wichtig war allgemein, einen „guten Draht“ zu
einheimischen Mitstudenten aufzubauen, da in vielen Kursen Termine für Übungen
o. Ä. durch Mundpropaganda verbreitet wurden.
Sprache:
Ich nahm am kostenlosen, semesterbegleiteten Sprachkurs, der am „Instituto de
Ideomas“ („Calle Reina Mercedes“) der Uni Sevilla angeboten wurde. Da ich schon
über Spanischkenntnisse verfügte, habe ich an einem Einstufungstest teilgenommen.
Dieser wurde an fünf verschiedenen Terminen angeboten; der erste Test fand Mitte
September statt, der Letzte lag in der zweiten Oktoberwoche. Für Sprachneulinge
wurde in Sevilla Anfang September (vor Beginn des C1) ein kostenpflichtiger,
dreiwöchiger Vorkurs angeboten, der den allgemeinen Einstieg in Land und Sprache
erleichtern sollte.
Die Sprachkurse hatten im Allgemeinen nicht den allerbesten Ruf, ich persönlich fand
meinen semesterbegleitenden Sprachkurs recht gut. Die Grammatik wurde schnell
durchgenommen und viel mit Übungsbüchern gearbeitet. Kursbegleitend war eine
Novelle zu lesen und ab und an eine „Composición“ zu verfassen. Am Semesterende
legte ich eine mündliche und eine schriftliche Sprachprüfung ab.
Stadtleben:
Ich habe ein wenig Zeit benötigt, um mich an den andalusischen Tagesrhythmus zu
gewöhnen. Generell war der Vormittag die einzige Tageszeit, an der ich wichtige
Dinge erledigen konnte. Ab der Siesta (etwa 14 - 16/17 Uhr) verlief der Tag stets
etwas gemütlicher.
Das Nachtleben Sevillas ließ kaum Wünsche offen. Kommunikation und Geselligkeit
hatten in Sevilla, wie in ganz Spanien schon immer einen sehr hohen Stellenwert.
Somit existierten Mengen an günstigen Bars und Tavernen, Clubs und
menschenvollen, öffentlichen Plätzen. Die meiner Meinung nach besten Gegenden
im Hinblick auf das Nachtleben waren dabei:
-
„La Alameda“ (d.h. Gegend um die Alameda de Hércules)
-
Gegend um den „Plaza de la Alfalfa“
-
„Plaza del Salvador“
Zum „Tapeieren“ gefiel mir besonders das „Los Coloniales“ („Plaza del Cristo de
Burgos“), das “Dos de Mayo” („Plaza de la Gavidia“) und der “Patio San Eloy” („Calle
San Eloy“).
Vor kurzem musste das Nachtleben Sevillas einen kleinen Rückschlag in Kauf
nehmen. Der Gesetzgeber hat den sog. „Botellón“, das spontane oder geplante
Zusammenfinden einiger oder sehr vieler Menschen auf öffentlichen Plätzen in der
Stadt (jeder mit Plastikbecher, Rum, Cola und Eis ausgestattet) verboten. Ursache
des Verbotes waren angeblich Lärmbelästigungen und hinterlassene Müllberge.
Dennoch kamen öfters Botellones zustande, meistens am Flussufer oder etwas
außerhalb des Zentrums.
Sport:
Jede Fakultät der Uni Sevilla hatte ihre eigenen Hochschulmannschaften. Für die
Teilnahme am Training musste man eine „Tarjeta deportiva“ für 10 Euro am „Oficina
de SADUS” (in „Los Bermejales“) kaufen. Für die Nutzung von Sporteinrichtungen
oder zur Teilnahme an Kursangeboten der „Centros deportivos“ (z. B. Fitness,
Tennis, Paddel, usw.) war ein bestimmter Betrag pro Semester zu bezahlen.
Schwimmen konnte man in einem der beiden Hallenschwimmbäder. Zur Nutzung des
Schwimmbads in „Los Bermejales“ (universitäre Einrichtung) musste man eine
Monatsgebühr von 30 € bezahlen. Das zweite Schwimmbad lag in „La Macarena“.
Dort konnte ich Zehnerkarten erwerben, was sich insgesamt als günstiger
herausstellte.
Des Weiteren boten sich noch sportlichen Aktivitäten, wie Joggen (entlang des
Flusses oberhalb der „Puente Isabel II“ oder in den Parks), Skateboard fahren
(Skatepark zwischen Fluss und „Plaza de Armas“, sowie neben der „Avenida de José
Galán Merino“) und Rudern bzw. Kajak fahren an. Für Letzteres musste ich lediglich
einen der zahlreichen Ruder- oder Kajakclubs aufsuchen, mich registrieren lassen
und einen Monatsbeitrag von 36 € bezahlen. Dafür konnte ich mir jeden Abend Boote
ausleihen und bis zur Dunkelheit den Fluss auf- und abpaddeln. Zu Semesterbeginn
wurden auch Einführungskurse im Rudern angeboten. Zum Klettern bot sich
einerseits die „Puente de Isabel II“ an (Bouldern), zum Anderen befand sich eine
etwas höhere Wand am Fluss knapp oberhalb der „Puente Alamillo“ (über sie führt
die „Ronda de Circunvalación“).
Transport:
Da in den vergangenen Jahren das Fahrradwegenetz von Sevilla enorm ausgebaut
wurde, konnte ich jedes, aus studentischer Sicht wichtige Ziel gut mit dem Fahrrad
erreichen. Ein eigenes Fahrrad mitzubringen wäre jedoch ziemlich leichtsinnig
gewesen. Hatte man keinen Stehplatz auf dem Balkon, so lag die mittlere
Lebensdauer eines Fahrrades zwischen 5 Minuten und 3 Wochen, unabhängig
davon, wie gut man es abgesperrt hatte. Mit etwas Glück konnte man sein geklautes
Fahrrad auf dem allwöchentlichen „Diebesmarkt“ in der „Cartuja“ zurückkaufen, wo
vornehmlich „Gitanos“ Dinge wie Obst und Gemüse, gebrannte DVD`s, lebende
Schnecken (Kilopreis), Socken, gebrauchte Schraubschlüssel und eben „gebrauchte“
Fahrräder (15-70 €) anboten (sehenswert!).
Öffentliche Stadtbusse kosteten mit dem sog. „Bonobus“ (Mehrfahrtenticket) 50 Cent
pro Fahrt, ohne Bonobus, d.h. bar, das Doppelte. Bonobus gab es bei den meisten
Zeitungsständen und an den Bahnhöfen. Innerhalb des Zentrums war jedes Ziel zu
Fuß zu erreichen.
Reisen:
als besonders sehenswert empfand ich:
-
Granada (Stadt, Alhambra, Nähe zur Sierra Nevada) und Córdoba (Mezquita)
-
Sierra Nevada (Wandern, Snowboarden)
-
Cadiz und Chipiona (vor allem zum Karneval in der ersten Februarwoche)
-
Costa de la luz, z.B. Conil de la Frontera, El Palmar, Barbate, Tarifa (sehr
bekannter Kite-/Windsurfspot), Gibralta (Vorsicht: Reisepass notwendig!)
-
Almería
-
Portugal
-
Malaga und Huelva wirkten auf mich eher wie klassische „Industriestädte“
Größere Städte (z.B. Cádiz, Granada, Malaga, usw.) erreichte ich unkompliziert von
der „Santa Justa“ aus mit dem Schnellzug. Dieser kostete kaum mehr als ein
Fernbus („Plaza de Armas“), war aber meist deutlich schneller. Zu den kleineren
Städtchen und Dörfern an der Küste gelang ich von Cádiz aus mittels
Busnahverkehr. Einige meiner Freunde in Sevilla verfügten selbst über ein Auto. So
erreichten wir den Strand bei Huelva bereits in 40 Minuten.
Ich habe mir oftmals, zusammen mit einigen Freunden ein Auto gemietet. Der
deutlich günstigste und dazu sehr unkomplizierte Anbieter in Sevilla war
„Aurigacrown“.
Persönliche Tipps:
-
Bringt einfach viel Lust zur Kommunikation mit. Wenn man möchte, dann lernt
man alle fünf Minuten eine Hand voll neuer Leute kennen (Spanier,
„Erasmusaner“ oder auch einfach nur Touristen). So einfach kommt man
vermutlich nicht mehr so schnell zu internationalen Kontakten und
Freundschaften.
-
Wie gesagt: ein paar Worte Spanisch mitzubringen ist von Vorteil. Kaum ein
Andalusier konnte auch nur zwei Worte Englisch. Und auch unter
Erasmusstudenten verschiedener Nationalitäten wurde durchgehend Spanisch
gesprochen (zumindest versucht).
-
Ihr geht über Winter? Dann packt euch für den Dezember ein paar Rollis und
lange Unterhosen ein. Die Temperatur im Dezember ist frisch, aber
angenehm… solange du in der Sonne stehst. Im Schatten und vor allem
nachts wird es empfindlich kalt. Heizungen gibt es in der Regel nicht. Im
Januar wird es bereits wieder etwas wärmer, im Februar beginnt schon der
Frühling.
-
Wenn ihr eine WG gefunden habt, die aber nicht über Internet verfügt, dann
informiert euch bei Anbietern (z. B. Vodafone) über aktuelle Angebote. Diese
sind oftmals, gerade zu Semesterbeginn so günstig, dass sich viele WG-Chefs
überzeugen lassen.
-
Bei der Wahl der Fächer: lasst euch Zeit mit der Entscheidung (Ihr habt einen
Monat Zeit, verbindlich zu wählen). Im Nachhinein zu wechseln ist nicht immer
möglich. Lieber am Anfang mehr anhören und dann entscheiden.
Tipp: Man kann das gesamte Kursangebot der Uni nutzen!

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