DIE WELT Sonderausgabe Forderungsmanagement
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DIE WELT Sonderausgabe Forderungsmanagement
Im Interview Per Gesetz Neue Beschlüsse sollen vor Abzockern schützen BDIU-Präsident Spitz über Schulden und Erziehung Seite II Seite XI SONDERAUSGABE FORDERUNGSMANAGEMENT JENS KOHRS UND MICHAEL POSCH D er Konsum ist weiterhin eine wichtige Stütze der deutschen Konjunktur. Nach Informationen des Ifo-Geschäftsklimaindexes erreichten die Anschaffungsabsichten der Bürger in den vergangenen Monaten immer wieder Höchststände und lieferten damit erhebliche Impulse für die Wirtschaft. Die GfK-Marktforschungsgruppe führt die anhaltende Kauflaune vor allem auf die stabile Arbeitsmarktlage, eine gute Einkommensentwicklung sowie die weiter sehr niedrigen Zinsen und eine leicht gestiegene Inflationsrate zurück, so dass die Konsumenten ihr Geld vor allem für größere Anschaffungen, darunter Immobilien, nutzen. Doch die Kauflaune hat auch Schattenseiten. Denn nach Angaben von Wolfgang Spitz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU), wird ein Großteil der Anschaffungen über Kredite finanziert. So verzeichnet die Schufa aktuell zirka 17,4 Millionen Ratenkredite für Verbraucher, im Vergleich zu 2003 ein Anstieg um etwa Von Soll und Haben Inkasso sorgt dafür, dass Zahlungsausfälle die deutsche Wirtschaft nicht zu stark belasten Von 19 Millionen Mahnungen pro Jahr werden etwa 80 Prozent zu einem Abschluss gebracht „Es gibt Leute, die gut zahlen, die schlecht zahlen, Leute, die prompt zahlen, die nie zahlen, Leute, die schleppend zahlen, die bar zahlen, abzahlen, draufzahlen, heimzahlen – nur Leute, die gern zahlen, die gibt es nicht“ Georg Christoph Lichtenberg, Begründer des deutschsprachigen Aphorismus (1742 – 1799) GETTY IMAGES die Hälfte. Laut Spitz besteht die Gefahr, dass die aktuell gute Zahlungsmoral kippen könnte, wenn es bei erneuten wirtschaftlichen Turbulenzen beispielsweise durch die Wirtschafts- und Eurokrise zu einer Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt kommen sollte. Denn mit Jobverlusten würde auch die Zahl derer steigen, die Zahlungsverpflichtungen nicht oder kaum noch erfüllen könnten. Laut Spitz „tickt hier eine Zeitbombe“, die auch erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft hätte. Denn nach der aktuellen Herbstumfrage des BDIU reicht bei vielen Unternehmen die Eigenkapitalausstattung nicht aus, um Auftragseinbrüche oder Forderungsverluste zu kompensieren. So gehen 51 Prozent der Inkassofirmen davon aus, dass zu geringes Eigenkapital dafür verantwortlich sei, wenn Unternehmen Rechnungen nicht begleichen können. Als eine Risikogruppe bezeichnet Verbandspräsident Spitz junge Menschen, „deren Konsumwünsche nicht im Einklang mit ihren finanziellen Möglichkeiten stehen“. So führen bei den 18- bis 24Jährigen laut Inkassounternehmen in 86 Prozent der Fälle zu hohe Konsumausgaben dazu, dass Schuldner in dieser Altersgruppe im Durchschnitt 8200 Euro an Miesen angehäuft und Schwierigkeiten beim Begleichen der Summe haben. Von Zahlungsausfällen sind nach Erfahrungen der Branche vor allem Telekommunikationsunternehmen mit 90 und In engen Grenzen D ie Klischees sind bekannt: Düster dreinblickende, schwarz gekleidete Gestalten, groß wie ein Kleiderschrank, klingeln an der Tür und begehren Einlass. Doch dieses in vielen Filmen und immer wieder auch in TV-Dokumentationen präsente Bild des Schuldeneintreibers hat nichts mit den realen Mitarbeitern von seriösen Inkassofirmen zu tun. Denn diese erbringen für ihre Kunden eine wichtige Dienstleistung und haben nichts mit den grobschlächtigen Geldeintreibern aus dem kriminellen Milieu gemein. „Die weit verbreitete Angst vor der Branche liegt vor allem in der Unkenntnis vieler Bürger, was Inkassounternehmen eigentlich dürfen und was nicht“, sagt der Berliner Verbraucherberater Jens von Coburg. Wie in jedem anderen Wirtschaftszweig gibt es zwar einige „schwarze Schafe“. Die Regel seien sie allerdings nicht, sagt von Coburg. „Das liegt allein schon daran, dass es klare gesetzliche Grundlagen für die Arbeit dieser Firmen gibt“, so der Experte. „Denn Inkasso-Dienstleistungen gelten als Rechtsdienstleistungen und unterliegen somit dem Rechtsdienstleistungsgesetz“, erklärt von Coburg. Das Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (RDG) regelt denn auch alle Befugnisse und mögliche Dienstleistungen. Um überhaupt in dem Metier tätig werden zu können, muss ein InkassoUnternehmen bei seinem zuständigen Land- oder Amtsgericht einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser kann verweigert werden, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. „Und selbst wenn ein Inkassobüro eine gültige Genehmigung besitzt, heißt das noch nicht zwangsläufig, dass eine von ihm bearbeitete Forderung im Einzelfall berechtigt sein muss“, schränkt der Verbraucherberater ein. Zudem dürften die Büros nur im gesetzlich definierten Rahmen vorgehen, um die Forderungen einzutreiben. Man sollte also bei einer Drohung durch ein Büro nicht gleich in Schock-Starre verfallen, rät der Experte. Inkassobüros verdienen ihr Geld damit, Schuldner zur Zahlung von Außenständen zu bewegen – entweder im Auf- INHALT III Vorurteile Die Branche hat mit Negativklischees zu kämpfen. Viele basieren auf Unwissenheit über die Arbeit der Firmen IV Weitblick Durch die Aktion „Schulschwein“ lernen Kinder in Bremen, Frankfurt/Main und München den Umgang mit Geld V Partner Schuldnerberater helfen Menschen aus allen Schichten, ihre finanziellen Probleme in den Griff zu bekommen VI Rechnung Wie Firmen ihr Forderungsmanagement effizienter gestalten können und wo in dem Bereich Fallstricke lauern VII Ausland Andere Länder, andere Zahlungssitten. Außerhalb Europas ist es oft schwer, Forderungen geltend zu machen VIII Formeln Statistische Verfahren und Auskunfteien helfen, schnell die Kreditwürdigkeit von Kunden einschätzen zu können IX Handwerk Ausdauer und Verhandlungsgeschick sind vonnöten, will man bei Schuldnern erfolgreich Geld eintreiben X Betrug Die Schäden durch Identitätsdiebstahl im Internet nehmen drastisch zu. Tipps, wie man sich schützen kann XII Amtlich Kommunen verlieren viel Geld durch nicht eingetriebene Zahlungen. Einige haben dafür Lösungen gefunden er und ziehen in der Regel eine unfreundliche Beendigung der Kundenbeziehung nach sich. „Was die meisten Unternehmen gerne vermeiden möchten“, so Falkners Erfahrung. Während früher oft die fehlende Zahlungsmoral als Ursache des Übels genannt wurde, setze sich heute in der Branche mehr und mehr ein neues Verständnis durch. Denn oft ist laut Falkner „eine Störung der Kundenbeziehung Ursache für den stockenden Liquiditätsfluss“. Seiner Meinung nach werden die Unternehmen der Branche auch künftig weiter Inkassofälle bearbeiten, zuvorderst müsse es aber darum gehen, „zum Nutzen der Kunden alles zu versuchen, um diese zu verhindern“. Denn laut Falkner sind bis zu 25 Prozent aller Inkassofälle keine. Die Ursache für fehlende Zahlungen liege oft bei den Gläubigern selbst. Die Frustration der Kunden, die Inkasso-Schreiben erhalten, ohne dass sie sich etwas zu Schulden kommen haben lassen, sei nachvollziehbar. Für Falkner werden Firmen ihre Finanzdienstleister deshalb künftig nicht mehr danach bewerten, „wie viele Inkassofälle sie beigetrieben, sondern wie viele sie verhindert haben“. Den Report finden Sie auch unter: www.welt.de/forderungsmanagement ZAHLEN UND FAKTEN Für Geldeintreiber gelten klare gesetzliche Regeln. Zwang und Nötigung sind unzulässig HOLGER FRANCK Online-Händler mit 84 Prozent betroffen. Hingegen stehen die über 25-Jährigen nach Einschätzung der BDIUHerbstumfrage mit 87 Prozent vor allem bei Banken und Kreditinstituten in der Kreide, gefolgt von Energieversorgern (62), dem Telekommunikationsbereich (61), Versandhändlern (59) und Vermietern (58 Prozent). Der Verband setzt sich deshalb dafür ein, dass das Thema Schulden beginnend mit der Schule eine größere gesellschaftliche Relevanz bekommen sollte. Immerhin belaufen sich laut Statistischem Bundesamt die Zahlungsausfälle durch Insolvenzen allein für das erste Halbjahr 2013 auf fast 13 Milliarden Euro. Deshalb ist laut Spitz auch die Arbeit der Inkassobranche für Wirtschaft und Verbraucher unverzichtbar. „Allein die BDIU-Mitgliedsfirmen bearbeiten pro Jahr fast 19 Millionen außergerichtliche Mahnungen und führen rund fünf Milliarden Euro an Liquidität in den Wirtschaftskreislauf zurück“, so der Verbandschef. Dadurch garantiere man, dass Zahlungsausfälle die Wirtschaft nicht zu stark belasten, Insolvenzen verhindert und Arbeitsplätze gesichert werden können. Denn die Erfolgsquote der Inkasso-Branche ist hoch. Nach Zahlen der Studie „Inkassomarkt in Deutschland“ konnte von den 18,8 Millionen Fällen außergerichtlicher Mahnungen, die Inkassofirmen im Jahr 2011 bearbeiteten, mehr als 80 Prozent zum Abschluss gebracht werden. Was auch eine erhebliche Entlastung der Gerichte bedeutet. Trotz ihrer Bedeutung hat die Branche Imageprobleme. Vor allem wegen „schwarzer Schafe“, die oft ohne Zulassung mit rüden Methoden und hohen Gebühren Rechnungen einzutreiben versuchen, leidet laut Spitz Inkasso unter einer Stigmatisierung. Dabei ergab eine Prüfung der Verbraucherzentralen, bei der vor zwei Jahren 4000 innerhalb von zwei Monaten eingegangene Beschwerden ausgewertet wurden, dass sich jede siebte auf eine nicht registrierte Firma bezog, die eigentlich keine Schulden hätte eintreiben dürfen. Der BDIU als mitgliederstärkste Interessensvertretung der Inkasso-Wirtschaft begrüßt denn auch, dass der Bundesrat jetzt das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ verabschiedet hat. Dieses regelt auch die Arbeit von Inkassounternehmen neu und verschärft u.a. Erklärungs- und Informationspflichten, so dass Schuldner die Forderungen noch einfacher nachvollziehen können. Der BDIU will sich mit Schuldnerberatungsstellen und Verbraucherschützern für eine Umsetzung stark machen, damit für alle Beteiligten Klarheit bestehe. Bundesweit sind etwa 750 Inkassofirmen mit fast 15.000 Mitarbeitern zugelassen. Die Bedeutung der Branche wird laut BDIUChef Spitz weiter zunehmen. Als Gründe nennt er den weiter rasant wachsenden Online-Handel und den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Für die Branche bedeutet das aber auch, sich auf diese Veränderungen noch stärker einzustellen. Zudem muss sie, um ihr Image weiter zu verbessern, auch die Beziehungen zu Kunden und Schuldnern neu definieren. Nach Angaben von Erwin Falkner, geschäftsführender Gesellschafter von Euro-Inkasso, sind Inkassofälle immer teu- trag von Klienten oder im Eigeninteresse, wenn Gläubiger Forderungen an sie abgetreten haben. In Einzelfällen kommt es vor, dass mit Konsequenzen gedroht wird, sollten Zahlungen nicht erfolgen. „Allerdings ist jede Form von Nötigung, Zwang oder gar Selbstjustiz auf jeden Fall unzulässig“, sagt von Coburg. Nächtliche Telefonanrufe oder Erkundigungen bei den Nachbarn beispielsweise muss niemand hinnehmen. Gegen derartige Praktiken können sich Betroffene beim für das Inkassobüro zuständigen Amts- oder Landgericht beschweren. In gravierenden Fällen kann auch eine Strafanzeige hilfreich sein. Wissen sollte man vor allem auch, dass Inkasso-Mitarbeiter im Gegensatz zu Gerichtsvollziehern kein Anrecht darauf haben, die Wohnung eines Schuldners zu betreten. Manchmal berichten Betroffene auch, dass ihnen mit einem negativen SchufaEintrag gedroht wurde, sollten sie den Verpflichtungen nicht nachkommen. „Diese Drohung ist oft haltlos“, sagt Jens von Coburg. Denn eine Schufa-Meldung darf nur bei einem vertragswidrigen Verhalten des Schuldners und nur nach Ab- wägung der betroffenen Interessen erfolgen. Dieses Urteil fällte das Amtsgericht Plön vor sechs Jahren (Az. 2 C 650/ 07). Es muss also eine unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderung vorliegen. Inkassounternehmen, die quasi „standardmäßig“ mit SchufaEinträgen drohen, können deshalb auf Unterlassung verklagt werden. Die Büros dürfen allerdings im Bereich des gerichtlichen Mahn- und Vollstreckungsverfahrens tätig werden. Sobald ein vollstreckbarer Titel vorliegt, ist es ihnen gestattet, eine Zwangsvollstreckung aktiv zu veranlassen. Dabei können sie etwa pfändbare Werte des Schuldners ermitteln und die Informationen für eine spätere Vollstreckung an den Gerichtsvollzieher weiterleiten. Zudem dürfen Inkassofirmen mit Schuldnern auch Lösungen über Ratenzahlungen oder finanzielle Vergleiche vereinbaren. Ohne dieses gemeinsame Suchen nach Alternativen wären die Forderungen sonst kaum eintreibbar. Zudem sorgt eine gütliche Einigung aller Parteien dafür, dass die Kosten für den Schuldner nicht noch weiter steigen. Mittelständler verschenkten im vergangenen Jahr etwa 15 Milliarden Euro, weil sie Rechnungen nicht eingetrieben haben. Die Summe entspricht laut Debitos-Index 2012 knapp 2,5 Prozent aller Forderungen des Mittelstands aus Geschäften mit deutschen Unternehmen. Debitos-Geschäftsführer Hajo Engelke erklärt die hohe Summe damit, „dass gerade kleine und mittelständische Firmen aufgrund knapper Ressourcen auf Forderungen verzichten“. Dabei müssten die Ausfälle nicht sein, denn zu den Dienstleistungen von Inkassofirmen gehört auch, das Forderungsmanagement von Firmen zu übernehmen. In Deutschland haben zwar ein Drittel aller Unternehmen den Bereich bereits ausgelagert, doch nutzen das vor allem große Firmen. Die Zurückhaltung bei kleinen und mittelgroßen erklärt der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen vor allem damit, dass bei ihnen die Möglichkeiten eines Forderungsverkaufs oft noch zu wenig bekannt seien. GETTY IMAGES MITTWOCH, 23. OKTOBER 2013 Ehr’ und Geld treibt alle Welt: Bei säumigen Zahlern kann Inkasso helfen SEITE II D I E W E LT M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 FORDERUNGSMANAGEMENT „Das Thema gehört in den Schulunterricht“ Der Verbandspräsident über den Umgang mit Geld, Leistungen und Kosten seiner Branche und den Datenschutz auf EU-Ebene DIE WELT: Herr Spitz, die Deutschen schließen immer mehr Ratenkredite ab. Der Schufa zufolge laufen derzeit rund 17,4 Millionen dieser Verträge. Aber haben die Verbraucher ihre Budgets wirklich im Griff? WOLFGANG SPITZ: Es gibt durchaus Anlass zur Sorge, gleichwohl gilt: Die meisten Verbraucher können sehr gut mit ihren Finanzen umgehen und haben einen ausreichenden Überblick über ihre Zahlungsverpflichtungen. Diese Einschätzung trifft auf neun von zehn erwachsenen Deutschen zu. Das heißt aber auch: Jeder Zehnte verfügt nicht Wolfgang Spitz, Präsident des Bundesverbands Deutscher InkassoUnternehmen Schaden Sie mit diesem Engagement nicht der Geschäftsgrundlage Ihrer Branche? Keineswegs. Die wachsende Überschuldung der Verbraucher ist ein Gift für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieses Landes. Zwar hat fast jeder schon einmal das Bezahlen einer fälligen Rechnung vergessen, und es gibt manche Verbraucher, die in vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten geraten. Wer aber dauerhaft überschuldet ist, kann seine Gläubiger überhaupt nicht mehr befriedigen. Unternehmen kann das in die Insolvenz treiben, Arbeitsplätze sind gefährdet. Für uns ist völlig klar: Überschuldung muss bekämpft werden. Hier sehen wir uns als Inkassowirtschaft in der Pflicht, und wir wollen unseren Beitrag dazu leisten. GETTY IMAGES D as Geschäft mit dem Forderungsmanagement bleibt ein Wachstumssektor – insbesondere weil Distanzgeschäfte weiter zunehmen, sagt Wolfgang Spitz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU). Sorgen bereiten ihm dagegen Überlegungen der EU, Datenschutzregelungen zu novellieren. Die derzeit diskutierte Grundverordnung könnte „über das Ziel hinausschießen und effizientes Forderungsmanagement unmöglich machen“, befürchtet Spitz. über diese Finanzkompetenz. Auch immer mehr Jugendliche sind betroffen. Viele haben zu wenige Kenntnisse über vertragliche Verpflichtungen oder fühlen sich überfordert, mit den Verlockungen unserer Konsumwelt eigenverantwortlich umzugehen. Deswegen brauchen wir eine bessere Finanzerziehung. Die Themen Geld und das Vermeiden von Schulden gehören in den Schulunterricht. Wir unterstützen neben anderen gemeinnützigen Organisationen das Projekt Schulschwein, das sich genau diese Ziele auf die Fahnen geschrieben hat, und bereits Grundschulkindern und ihren Familien den korrekten Umgang mit Geld beibringt. BDIU JENS KOHRS Geld wächst nicht auf Bäumen. Deshalb sollten Kinder auch in der Schule lernen, dass es besser ist, Schulden zu vermeiden Im September hat das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, das auch die Höhe von Inkassokosten regelt, auch den Bundesrat passiert. Welche Auswirkungen hat das für Schuldner? Gläubiger können Inkassokosten bis zur Höhe eines vergleichbaren Rechtsanwaltshonorars durch den Schuldner erstattet verlangen. Diese bisher schon gängige Praxis wird nun auch endlich durch den Gesetzgeber festgeschrieben. Das begrüßen wir. Die neuen Darlegungsund Informationspflichten regeln zudem, wie Inkassounternehmen ihre Forderungen gegenüber Schuldnern noch transparenter auszuformulieren haben. Hier werden vonseiten der Inkassounterneh- men und unserer Auftraggeber große Anstrengungen in der Umstellung von Datenbanken und ihrer Zahlungsprozesse verlangt. Wir wollen uns in den kommenden Monaten mit den Schuldnerberatungsstellen und den Verbraucherschützern an einen Tisch setzen und uns für eine Umsetzung stark machen, die für alle Beteiligten Klarheit schafft. Bietet das neue Gesetz auch eine bessere Handhabe gegen unseriös arbeitende Firmen? Die Aufsicht hat jetzt mehr Eingriffsmöglichkeiten, auch der Bußgeldrahmen wird drastisch erhöht. Das sind Schritte in die richtige Richtung, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass unseriösen Geschäftemachern nur durch eine anlassbezogene, schnell durchgreifende Aufsicht das Handwerk gelegt werden kann. Übrigens ist das eine Forderung, die wir schon 2008 bei Einführung des für Inkassounternehmen zuständigen Rechtsdienstleistungsgesetzes gestellt haben. Es ist schade, dass diese Reformen so viel Zeit gebraucht haben. ANZEIGE A NZEI G E Flagge zeigen Internationales Inkasso Was sollten Unternehmen bei internationalen Geschäften beachten? Landesspezifische Rechtssysteme und Fälligkeiten in jedem EU-Land oder gar international zu kennen, ist nahezu unmöglich. Da verheddert man sich leicht im internationalen Zahlungs- und Sprachendickicht. Deshalb ist es von Vorteil, einen spezialisierten Dienstleister an der Hand zu haben, der über die notwendige Expertise verfügt. Und das gilt nicht nur für ferne Länder wie in Mittel- und Südamerika oder Asien, sondern auch in der unmittelbaren EU-Nachbarschaft. »Think global, act local«: Die lokalen Platzhirsche beachten Das fängt schon bei den Zahlungsmodalitäten an. Während bei deutschen Online-Shoppern der Rechnungskauf populär ist und sie auch gerne per Lastschrift bestellen, kaufen viele Niederländer nur per iDeal. Jeder dritte Brite setzt auf die Kreditkarte, genauso wie die Franzosen, die mit ihrer weit verbreiteten Carte Bleue fast alles bezahlen. In Italien und Portugal hingegen zahlt man oft noch traditionell per Bareinzahlung bei der Post. Die Local Payment Heroes muss ein Online-Händler unbedingt „drauf haben“, wenn er im Ausland Geschäfte machen möchte. Denn grundsätzlich vertrauen Kunden auf bekannte Zahlmethoden. Und das ist nicht ganz billig: Internationale Dienstleister wie arvato infoscore sind meist bestens vernetzt und haben die lokalen Payment-Platzhirsche zu günstigen Konditionen im Angebot. Wo liegen die Fallstricke im internationalen Inkasso? Das Mahnwesen ist international ungleich komplizierter. Deshalb sind Zahlungsausfälle im Ausland doppelt unangenehm für Unternehmen. Ein dem deutschen Mahnwesen vergleichbares System existiert nur in der DACH-Region und den Niederlanden. In allen anderen Ländern muss man die länderspezifischen Präferenzen und rechtlichen Gegebenheiten vor Ort über lokale Kooperationspartner berücksichtigen, die über profunde Landeskenntnisse verfügen wie arvato infoscore. Meist kann nur ein lokal ansässiges Unternehmen eine Inkassozulassung beantragen. In anderen Ländern wiederum übernehmen Rechtsanwälte den Einzug von Forderungen. Manchmal stellen sogar Zoll oder Polizei die offizielle Zahlungsaufforderung zu. Und auch die EU redet bei dem Thema mit. Wie würden sich die derzeit diskutierten neuen europäischen Regelungen auf deutsche Inkasso-Unternehmen auswirken? Die jetzt geltende EU-Richtlinie zum Datenschutz stammt noch aus den 90erJahren des letzten Jahrhunderts. Der Reformbedarf liegt also auf der Hand. Es ist zu begrüßen, dass die Europäische Union hier nun einheitliche Standards für ganz Europa definieren möchte. Wir befürchten allerdings, dass die zur Debatte stehende Datenschutzgrundverordnung deutlich übers Ziel hinausschießt. Ein Beispiel: Wenn künftig festgeschrieben würde, dass Gläubiger nur mit der Zustimmung des Schuldners Daten zu unbezahlten Rechnungen an ein Inkassounternehmen übergeben dürfen, wäre ein effizientes Forderungsmanagement ein Ding der Unmöglichkeit. Wir hoffen sehr, dass es nicht zu einer solch unsinnigen Regelung kommt, und setzen auf ein modernes europäisches Datenschutzrecht mit Augenmaß, das Wirtschaft und Verbrauchern gleichermaßen nützt. Woran Unternehmen seriöse Anbieter erkennen können HARALD CZYCHOLL U m hohe Zahlungsausfälle und die damit verbundenen existenzbedrohenden Folgen zu vermeiden, setzen Unternehmen verstärkt auf ein professionelles Forderungsmanagement und die Zusammenarbeit mit einem Inkassounternehmen. Allerdings sollten Firmen unbedingt auf die Reputation des potenziellen Partners achten. Wird auf Schuldner Druck ausgeübt, oder wird ihnen gar Gewalt angedroht, hat das nicht nur nach Ansicht des Branchenverbandes BDIU nichts mit seriösem Inkasso zu tun. „So ein Vorgehen kann und sollte bei der Polizei zur Anzeige gebracht werden“, meint auch Achim Speldrich, Leiter des Geschäftsbereichs Forderungsmanagement der D.A.S. Prozessfinanzierung. „Strafbar macht sich nicht nur der Geldeintreiber, sondern auch der Gläubiger, der ihn angeheuert hat.“ Doch wie lassen sich „schwarze Schafe“ erkennen? Einen ersten Anhaltspunkt bietet das Rechtsdienstleistungsregister (www.rechtsdienstleistungsregister.de), in dem alle amtlich zugelasse- arvato infoscore Lösungen für alle Phasen des Kundenlebenszyklus Professionell. Zuverlässig. Effizient. arvato infoscore ist seit dem Zusammenschluss mit der Gothia Financial Group Europas Nummer 3 unter den integrierten Finanzdienstleistern. Als Tochterunternehmen der arvato AG gehört das Unternehmen zur Bertelsmann SE & Co. KGaA. Rund 3.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten in 11 Ländern flexible Komplettlösungen für wertorientiertes Management von Kundenbeziehungen und Zahlungsflüssen. Zuverlässige Services rund um den Zahlungsfluss – von der Risikoprüfung, über die Rechnungsstellung und Buchung bis zu Debitorenmanagement, Vorfinanzierung und Inkasso – bilden die Kernkompetenz. Beim Thema Datenschutz stecken Inkassounternehmen in einer Zwickmühle. Einerseits gilt für sensible Daten ein hoher Schutz, andererseits müssen die Unternehmen möglichst viel über die Schuldner wissen. Wie gehen die Branche damit um? Der Schutz personenbezogener Informationen ist für unsere Branche unabdingbar. Fast alle Inkassounternehmen haben einen eigenen Datenschutzbeauftragten, der sie dabei unterstützt – übrigens auch viele Unternehmen, die gesetzlich gar nicht dazu verpflichtet wären. Unseren Mitgliedsunternehmen steht darüber hinaus der unabhängige BDIU-Datenschutzbeauftragte für ihre Fragen zur Verfügung. Letztlich müssen Inkassounternehmen lediglich über die Informationen verfügen, die jetzt mit den neuen Darlegungs- und Informationspflichten vom Gesetzgeber definiert sind. Uns interessiert nur, wie der Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner zustande gekommen ist, wie hoch der ausstehende Betrag ist und welche Adresse des Schuldners dem Gläubiger zuletzt bekannt war – alles andere ist für uns gar nicht von Belang. Auf der sicheren Seite Innovative und komfortable Verbraucherkommunikation über alle verfügbaren Medien ist deshalb vor allem wichtig im internationalen Geschäft: Brief, Fax, E-Mail, SMS, modernste Telefonie, Online-Portal für die junge, internetaffine Netzgemeinde – das gehört zum Standard-Repertoire. Damit gewährleistet man eine hohe Erreichbarkeit auch außerhalb der deutschen Geschäftszeiten und in den jeweiligen Landessprachen. Ein neutraler Dritter hat zudem den Vorteil, die Kundenbeziehung nicht zu strapazieren, wenn es mal nicht so gut läuft. Deshalb haben Inkassounternehmen erfahrungsgemäß viel höhere Chancen, eine Forderung im Ausland effizient zu realisieren. Verantwortlich für den Inhalt: arvato infoscore Schnell sind Verbraucher heute international unterwegs, wenn es um die Bestellung in einem ausländischen Online-Shop geht. Die Kehrseite der Internationalisierung für die Unternehmen: Sie haben es bei Lieferungen ins Ausland mit anderen Sprachen und Rechtsvorschriften zu tun. Das ist vor allem problematisch, wenn die Zahlung ausbleibt. Reichen Sie Ihnen denn aus? Wir hätten uns da durchaus noch mehr vorstellen können, zum Beispiel die Konzentration auf eine Bundesaufsichtsbehörde für Inkassounternehmen oder maximal eine pro Bundesland. Jetzt soll es erst einmal bei der Zersplitterung der Aufsichtslandschaft auf 79 Behörden bleiben. Hier für noch mehr Rechtssicherheit zu sorgen, ist aus unserer Sicht eine der Aufgaben der neuen Bundesregierung. Wir können uns die Beteiligung an einer damit befassten Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorstellen, zusammen mit der Wirtschaft, den Verbraucherschützern und selbstverständlich der juristischen Praxis. Ihre Mitgliedsunternehmen haben gut zu tun. Wo sehen Sie künftig noch Wachstumspotenzial für die Branche? Zum einen wird sich der Wandel im Handel fortsetzen. Distanzgeschäfte, wie sie typischerweise im E-Commerce stattfinden, werden weiter zunehmen. Hier brauchen die Unternehmen die Unterstützung durch externes Forderungsmanagement – sei es um auf der Grundlage von Erfahrungswerten, die unsere Branche ihnen liefern kann, das Risiko von Forderungsverlusten zu minimieren, aber natürlich auch um im Fall von ausbleibenden Zahlungseingängen im Wege der Rechtsverfolgung ihre berechtigten Ansprüche durchzusetzen. Schnell, kostengünstig und effizient, das ist unsere Maxime. Zum anderen sehen wir großes Potenzial im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Viele öffentliche Träger sind nah am finanziellen Kollaps. Gleichzeitig betragen die Außenstände der öffentlichen Träger in Deutschland zusammengerechnet fast 80 Milliarden Euro. Inkassounternehmen können den öffentlichen Verwaltungen durch ihr Fachwissen und ihre Erfahrungen helfen, zumindest einen Teil dieser offenen Rechnungen einzuziehen. Dies würde letztlich allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen. nen Inkassounternehmen verzeichnet sind. Denn nur wer eine Genehmigung des zuständigen Gerichts hat, darf Inkasso-Dienstleistungen anbieten. Bei Rechtsverstößen kann diese Erlaubnis auch widerrufen werden. Die Voraussetzungen für eine solche Zulassung ist, dass mindestens eine Person in dem jeweiligen Inkassounternehmen Sachkunde in den einschlägigen Rechtsgebieten nachweisen kann und dass sie außerdem über mindestens zwei Jahre praktische Erfahrung im Bereich des Forderungsmanagements besitzt. Zudem müssen die Verantwortlichen strafrechtlich unbescholten sein und in wirtschaftlich geregelten Verhältnissen leben. „Kann ein Unternehmen diese offizielle Erlaubnis nicht nachweisen, ist das bereits ein eindeutiger Beleg dafür, dass etwas nicht stimmt“, sagt Achim Speldrich. Ist ein Inkassobüro nicht zugelassen, begeht dessen Betreiber zudem eine Ordnungswidrigkeit, die dann mit einem Bußgeld von insgesamt bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. Neben der offiziellen Zulassung ist die Mitgliedschaft im Bundesverband Deut- scher Inkasso-Unternehmen (BDIU) ein Indiz für die Seriosität. Die Zugehörigkeit gilt sogar als Gütesiegel, denn der Verband prüft die Einhaltung der berufsrechtlichen Regeln durch seine Mitglieder. Bei Verstößen drohen Sanktionen, die vom Verweis über eine Geldbuße bis hin zum Verbandsausschluss reichen. Verbraucher, die Probleme mit Verbandsmitgliedern haben, können sich an die BDIU-Beschwerdestelle wenden. Der Verband fordert das betroffene Unternehmen dann zu einer Stellungnahme auf. Eine Liste der Mitgliedsunternehmen hat der BDIU auf seiner Internetseite www.inkasso.de veröffentlicht. „Unseriöses Inkasso ist eine bedrohliche Plage. Abzocke und Einschüchterung müssen gestoppt werden“, fordert Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). Eine Auswertung von rund 4000 Verbraucherbeschwerden habe ergeben, dass 99 Prozent aller Beschwerden über unseriöse Inkassopraktiken berechtigt seien. „Seriöses Inkasso ist legitim und sinnvoll“, betont Billen. Aber ohne die Einhaltung von Regeln gehe es nicht. IMPRESSUM: Eine Veröffentlichung der Redaktion Sonderthemen für die „Die Welt“ Redaktionsleitung: Astrid Gmeinski-Walter | Redaktion: Michael Posch, Jens Kohrs (Mitarbeit) | Gestaltung: Jaques Bagios Gesamtanzeigenleiter: Stephan Madel | Nationale Vermarktung: Kai Ehrenschneider-Brinkmann, Alexander Kühl [email protected] + M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 D I E W E LT SEITE III FORDERUNGSMANAGEMENT Zwischen Klischee und Wirklichkeit tigt hat. Auch die hessische Justizverwaltung geht davon aus, dass 98 Prozent der registrierten Inkassounternehmen beanstandungsfrei arbeiten. u Inkasso-Unternehmen verlangen von Schuldnern extreme Gebühren Inkassounternehmen prüfen Forderungen auf ihre Rechtmäßigkeit, bevor sie sie geltend machen. Sie checken Verträge, machen gegebenenfalls Adressrecherchen und Bonitätsüberprüfungen, kontrollieren Zahlungseingänge und stehen im ständigen Kontakt zu ihren Auftraggebern und den Schuldnern. Um individuelle Rückzahlungslösungen zu finden, sind oft viele einzelne Schritte erforderlich. Dafür können die Unternehmen maximal die gleichen Kosten geltend machen, wie sie ein Rechtsanwalt für eine Inkassotätigkeit verlangt. Durch Unwissenheit entstehen Vorurteile. Einige Beispiele q Jeder kann Inkasso machen Nein, notwendig ist eine öffentliche Registrierung. Inkassounternehmer müssen strafrechtlich unbescholten sein, in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben und über theoretische und praktische Sachkunde verfügen. Sie müssen sich im allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie in inkassorelevanten Rechtsgebieten wie dem Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrecht, dem Zivilprozess- einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts und im Kostenrecht auskennen. Wurde in einem juristischen Studium mindestens das erste Staatsexamen absolviert, gelten diese Voraussetzungen als erfüllt. Zudem sind mindestens zwei Arbeitsjahre im Forderungseinzug beispielsweise im anwaltlichen Inkasso bei einem Rechtsanwalt erforderlich. Erst wenn alle Voraussetzungen vorliegen, erteilen die Behörden eine Registrierung zum Inkassodienstleister. w Die Geldeintreiber stehen bei den Schuldnern immer sofort vor der Tür Inkasso kommt nicht aus heiterem Himmel. Fällige Forderungen werden in der Regel mehrmals angemahnt. Der Gläubiger muss auch darauf hingewiesen haben, dass die Forderung bei Nichtbegleichung an ein Inkasso-Unternehmen gehen kann. Ist das der Fall, melden sich Inkasso-Firmen schriftlich und teilen mit, dass die Zahlung nun an sie und nicht mehr an den Gläubiger zu erfolgen Gibt es Schwierigkeiten bei der Zahlung, sollte man schnell Kontakt mit dem Gläubiger aufnehmen hat. Handelt der Schuldner dann nicht, können weitere Schritte bis hin zum gerichtlichen Mahnverfahren und zur Beauftragung eines Gerichtsvollziehers folgen. Deshalb sollte man bei Zahlungsschwierigkeiten schnell Kontakt mit dem Gläubiger oder dem Inkassounternehmen aufnehmen. Sie werden sich bemühen, eine Regelung zu finden. e Forderungsmanagement ist ein reines Männer-Geschäft Es gibt viele Inkassounternehmerinnen, die vorher als Rechtsanwaltsfachangestellte oder in anderen juristischen Berufen gearbeitet und dann den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben. Gerade für Existenzgründerinnen bietet die Inkassobranche gute Perspektiven. r Ich kann mich nirgendwo über ein Inkasso-Unternehmen beschweren Bestehen Zweifel daran, dass eine Forderung gerechtfertigt ist, wird sich ein seriöses Inkasso-Unternehmen darum kümmern und die Betroffenen über die Details informieren. Ist das Unternehmen beispielsweise Mitglied im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen, kann man sich bei Problemen an den Verband wenden. Der BDIU verspricht, jeden Fall zu prüfen. Ist ein Unternehmen nicht registriert, sollten betroffene Verbraucher sogar eine Strafanzeige in Erwägung ziehen. i Die Firmen suchen bei der Arbeit vor allem ihren eigenen Vorteil Inkassounternehmen agieren als Vertreter des Gläubigers. Sie tragen dazu bei, dass der sein Geld für Waren und erbrachte Dienstleistungen auch tatsächlich bekommt. Das sichert Arbeitsplätze und trägt zur Preisstabilität bei, wie Experten betonen. Schließlich müssten die Unternehmen die Kosten für ausgefallene Forderungen ansonsten auf die Preise ihrer Waren oder Dienstleistungen aufschlagen. Und das müsste dann jeder bezahlen. t Inkasso, das bedeutet vorrangig breitschultrige Männer, die auf Schuldner Druck ausüben Inkassounternehmen sehen sich als Mittler zwischen Gläubiger und Schuldner, die den Dialog mit den betroffenen Schuldnern suchen. Seriöse Unternehmer nehmen dabei Rücksicht auf die individuellen finanziellen Verhältnisse der Zahlungspflichtigen, vereinbaren gegebenenfalls Ratenzahlungen oder Stundungen, versuchen also, die wirtschaftlich sinnvollste Lösung für die Gläubiger zu erarbeiten. z Inkassounternehmer gehören zur Halbwelt, sind eher unseriös Die Branche verweist darauf, dass es kaum Beschwerden über Inkassounternehmen gebe, was die Bundesregierung Anfang des Jahres in einer Antwort auf eine kleine Anfrage im Bundestag bestä- GETTY IMAGES D ie Unternehmen der Branche haben mit einer Reihe von Vorurteilen zu kämpfen. Ein größerer Teil von ihnen resultiert auch aus mangelndem Wissen, über die Arbeit von Inkasso-Firmen: für wen sie Leistungen erbringen, welche Möglichkeiten sie dabei haben und in welchem gesetzlichen Rahmen sich ihr Vorgehen bewegen muss. Hier einige landläufige Annahmen und wie es in der Realität aussieht. Beim Geld hört die Freundschaft auf – Die Mitarbeiter der Inkassounternehmen müssen dennoch Rücksicht auf die Finanzsituation der einzelnen Schuldner nehmen o Um Inkasso-Mahnungen muss man sich nicht kümmern Berechtigte Forderungen müssen auch bezahlt werden. Deshalb sollte man eine Mahnung eines Inkassounternehmens in jedem Falle prüfen. Wird das Geld nicht gezahlt, kann es sogar zu einem gerichtlichen Mahnverfahren kommen, bei dem im Zweifel auch noch Gerichtskosten anfallen oder Kosten für die Beauftragung eines Gerichtsvollziehers. Im eigenen Interesse sollten Schuldner deshalb dafür sorgen, dass berechtigte Forderungen schnell beglichen werden. Betroffene sollten auch wissen, dass die Inkassokosten ein Verzugsschaden des Gläubigers sind, den er sich von seinem Schuldner erstatten lassen kann. ANZEIGE UMSATZVERLUST VERLUST Streichen Sie mit Lindorff die Verluste aus Ihrem Umsatz! Als eines der größten Inkassounternehmen in Deutschland kümmern wir uns um Ihre Außenstände. 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Initiativen wie das „Schulschwein“ machen im wahrsten Wortsinn Schule, denn sie wenden sich über die Bildungseinrichtungen an die Kinder und versuchen, bereits den Jüngsten den Umgang mit Geld nahezubringen. Finanzkompetenz, Gelderziehung, Jugendverschuldung – das sind die sperrigen und dennoch so wichtigen Schlagworte hinter solchen Projekten. Und immer mehr Schulen erkennen den Wert, den das spielerische Herangehen an das Thema Geld haben kann: Es ist Prävention vor Verschuldung und schult den klugen Umgang mit Ausgaben und Wünschen. Dies scheint notwendiger denn je, denn einerseits, so zeigt die Kids-Verbraucheranalyse des Ehapa-Verlages, haben Kinder und Jugendliche immer mehr Taschengeld zur Verfügung, andererseits jedoch fällt vielen der richtige Umgang mit eigenem Geld enorm schwer. Immerhin stand laut Jugendstudie 2012 des Bundesverbandes Deutscher Banken bereits fast jeder Fünfte zwischen 14 und 24 Jahren schon einmal bei jemandem in der Kreide. Acht Prozent der 18- bis 24-Jährigen galten demnach sogar als überschuldet, und selbst zwei Prozent der unter 18-Jährigen hatten bereits vor ihrer Volljährigkeit Freunde oder Eltern über die Maßen angepumpt. Als Grund für ihre Schulden gaben mehr als 80 Prozent der jungen Leute ihre „Konsumwünsche“ an. Und genau beim „Konsum“ setzt das Projekt „Schulschwein“ an. „Es geht da- Ein blaues Schwein macht Schule Geld einteilen, Budgets überblicken – schon Grundschüler lernen das Einmaleins des Wirtschaftens „Wenn ich meiner Mama im Haushalt helfe, dann bekomme ich mehr Taschengeld“ Daniela, 2. Klasse „Ich spare für ein T-Shirt von Bayern-Star Tiago“ Konrad, 4. Klasse DIANA BARTL FOTODESIGN (3) SABINE SCHMITT rum, sich Gedanken zu machen, wofür man Geld ausgeben will, Prioritäten zu setzen und zu erkennen, dass sich Wünsche oft auch kurzfristig verändern“, sagt Diana Bartl, Mitgründerin der Initiative. „Dazu muss man sich mit einem Budget beschäftigen und einteilen lernen.“ Das Sparschwein mit den vier Fächern „Ausgeben“, „Sparen“, „Investie- Über Geld spricht man nicht – Projekte wie das „Schulschwein“ wollen genau das Gegenteil bewirken und Kinder schon früh an das Thema Geld heranführen ren“ und „Gute Tat“ hilft dabei. Die Schüler nehmen das Schwein mit nach Hause und füttern es: Ein Teil des Taschengeldes zum direkten Ausgeben, der Rest landet in den anderen Fächern – je nachdem, welche individuellen Ziele es gibt und wie groß die Wünsche sind. Denn selbst die – auf Zetteln notiert – werden ins Schulschwein gesteckt. Und nach ein paar Wochen wird überprüft, ob der Wunsch noch dringend ist. Das clevere Schwein ist das Herzstück des Projekts, für das die Gründerinnen Geldgeber und Paten aus der Wirtschaft gewonnen haben. „Im Grunde steht dahinter ein ganzes Unterrichtskonzept“, erläutert Bartl. „Über Geld kann man in jedem Fach sprechen, man kann damit rechnen, aber auch in Religion oder Ethik über Werte diskutieren.“ Der Fantasie seien da keine Grenzen gesetzt. Um sie zu beflügeln, haben Bartl und ihre Kollegin und Rechtsanwältin Stephanie Schmid mit Unterstützung einer Grundschullehrerin Material für den Unterricht erarbeitet. „Da geht es dann auch ganz klar um Wissens- und Wertevermittlung“, sagt Bartl. Anhand von Musterfamilien und fiktiven Budgets lernen die Kinder beispielsweise die Ausgaben kennen, mit denen ihre Eltern sich jeden Monat herumschlagen müssen – und sie lernen einzuschätzen, wie viel am Ende zum Ausgeben übrig bleibt. Weil dies selbst viele Eltern nicht wis- ANZEIGE Dynamisch, erfahren, effizient: Wir bringen Ihre Forderungen auf Kurs. Mit Kompetenz und Konsequenz. sen, hält Schmid die Prävention von Kindesbeinen an für so wichtig. Als Anwältin berät sie oft überschuldete Erwachsene und begleitet sie in die Insolvenz. Lehrer überzeugen, Eltern mit ins Boot holen, darum bemühen sich die beiden Münchnerinnen bei Workshops und Informationsabenden in den Schulen. Die Kinder sind immer schnell bei der Sache, denn der Umgang mit Geld macht ihnen Spaß. „Bei vielen gehört das Schulschwein mittlerweile einfach dazu“, erzählt die Leiterin der Grundschule am Amphyion-Park, Evelyn Weiser: „Es ist erstaunlich, was allein seine Präsenz ausmacht.“ Seit drei Jahren sind Bartl und Schmid mit dem „Schulschwein“ unterwegs. Nach München haben sie Schulen in Bremen und Frankfurt am Main überzeugt, und mit der Adam-Ries-Grundschule in Lichtenberg gibt es auch in Berlin eine Kooperation. Bereits im Kindergarten setzt das Berliner Projekt „Bricklebrit“ an. Den Namen hat sich Kirstin Wulf aus dem Märchen mit dem Goldesel abgeschaut: Fällt darin das Zauberwort, kommen die goldenen Taler aus dem Esel zum Vorschein. „Das ist ein tolles Bild“, sagt Wulf – und hat deshalb bei allen Veranstaltungen ihren großen Stoffesel dabei. „Kinder interessieren sich ganz früh für Geld“, sagt Wulf. „Sie gehen mit zum Einkaufen, und sie spielen Kaufmannsladen.“ Das Wichtigste für sie: das Gespräch über Geld. Weil genau dies in den meisten Familien ein Tabuthema sei, „setzen wir da an. Wir müssen die Eltern erreichen. Sie sind immer Vorbild.“ Anfangen mit Spieltalern, um Budgets zu erklären, mit Kindern bewusst einkaufen, Kaufentscheidungen erläutern – all dies gehört für Kirstin Wulf dazu. Sie möchte erreichen, dass Entscheidungen der Eltern transparent werden. „Vieles ist für Kinder nicht nachvollziehbar“, erklärt die Bricklebrit-Gründerin. „Es geht da nicht um frühen Drill. Geld ist eine Möglichkeit, Kinder zu fördern. Sonst brauchen sie dann irgendwann Finanzkompetenz – spätestens mit 18 – und haben es nie gelernt.“ In einer doppelten Falle Suchtkranke häufen oft Schulden an. Die Marianne von Weizsäcker Stiftung unterstützt Betroffene bei der Rückkehr ins normale Leben Liquiditätsmanagement mit Kompetenz ALEXANDRA GROSSMANN Knapp 30 Jahre Erfahrung in der individuellen, transparenten und schnellen Abwicklung offener Forderungen haben uns zu einem der Marktführer und einem der bedeutendsten konzernunabhängigen Inkassounternehmen Deutschlands gemacht. Über 200 hochqualifizierte Mitarbeiter betreuen Kunden aus allen Branchen bundesweit mit einem jährlichen Forderungsvolumen von ca. 520 Mio. €. Unser Ziel: Risiken minimieren, Kosten senken, Effizienz steigern. TESCHINKASSO Forderungsmanagement GmbH Bielsteiner Str. 43, 51674 Wiehl Tel. + 49 2262 711-400 Fax. + 49 2262 711-198 [email protected] www.tesch-inkasso.de Vorgerichtliches Inkasso . Telefoninkasso . Gerichtliches Mahnverfahren . Vollstreckungsmaßnahmen . Langzeitüberwachung . Forderungskauf + GETTY IMAGES E hemals Suchtkranke haben es doppelt schwer. „Sie haben meist sehr hohe Schulden, die sie alleine nicht ablösen können“, sagt Rita Hornung, Geschäftsführerin der Marianne von Weizsäcker Stiftung. Die Verbindlichkeiten belasten diese Personengruppe erheblich und führen oft zum Rückfall in den Teufelskreis aus Sucht-Schulden-Abhängigkeit. „Darum ist Ziel unserer Stiftungsarbeit, die Schuldensituation Betroffenen zu klären“, so Hornung. „Wir nehmen das unseren Klienten nicht ab, aber anhand der wirtschaftlichen und persönlichen Leistungsfähigkeit machen wir die Lage überschau- und bezahlbar.“ Die von der Gattin des sechsten Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker gegründete Stiftung arbeitet bundesweit mit örtlichen Sucht- und Schuldnerberatungsstellen, Nachsorgeeinrichtungen, Rechtsanwälten, Familienhilfen und Betreuern zusammen. Diese können bei der Stiftung einen Antrag auf Entschuldungshilfe stellen. Rund 240 Anträge bearbeitet das Team von Rita Hornung pro Jahr. „Wenn wir einen Antrag bewilligt haben, wickeln wir das Kaufmännische ab. Und die Kollegen vor Ort kümmern sich um die Behandlung der Sucht.“ Im nächsten Jahr feiert die Stiftung 25-jähriges Bestehen. Ursprünglich war sie gegründet worden, um Leuten mit Drogenproblemen zu helfen. „1994 öffneten wir uns auch für Alkohol-Abhängige, dann kamen Medikamenten- und im Einzelfall Spielsucht dazu“, so Hornung. Nach Auskunft der Stiftung müssen sie im Durchschnitt ehemals Suchtkranke Er muß Lehrgeld geben, sagen die Spieler: Abhängigkeit führt oft zu hohen Schulden einen Schuldenberg von 12.000 Euro abtragen. Eine Summe, die sie allein nur sehr schwer bewältigen können. Deshalb hilft die Organisation nicht nur beim Abtragen der Schulden, sondern auch beim Wiedereinstieg ins Erwerbsleben. Heute hat sich die Stiftung als bundesweit führende Anlaufstelle für verschuldete Suchtkranke etabliert. Neben ihr gibt es kleinere Stiftungen, meist kirchliche oder von Bundesländern finanzierte. Diese bieten allerdings fast ausschließlich klassische Schuldnerberatung an. Anders die Marianne von Weizsäcker Stiftung. „Wir bieten der Gläubigerseite Vergleichszahlungen als EinmalZahlungen an. Dabei verzichten die Gläubiger auf einen großen Teil der Forderung“, so Hornung. Im Gegenzug bekommen die Gläubiger – durch die Stiftung abgesichert – den ausgehandelten Vergleichsbetrag sofort und ohne weitere Kosten. Der Klient im Gegenzug hat nur noch einen Gläubiger – nämlich die Stiftung – und eine überschaubare Rate. Einen Konsens zu finden, liegt stets im Interesse der Stiftung. Hornung: „Wir bemühen uns immer, Kontakt zur Gläubiger-Seite aufzunehmen, um auch dort für unsere Arbeit zu werben.“ Sie wolle transparent machen, was genau die Stiftung biete und warum ihre Arbeit so wichtig ist. Dafür versucht die Schuldnerberaterin die Gläubiger-Seite zu animieren, mit ihr gemeinsam eine für alle Seiten tragbare Lösung finden. So hat die Stiftung bereits seit 1995 Kontakt zum Bundesverband Deutscher InkassoUnternehmen. „Es findet ein Dialog statt, mit dem auf beiden Seiten Vorurteile abgebaut werden. Man erkennt, dass die Zusammenarbeit sinnvoll ist“, resümiert die Geschäftsführerin die bisherige Zusammenarbeit. Wer heute das Verbraucher-Insolvenzverfahren durchläuft, muss sich mit den Gläubigern einigen. Dafür hat die „Stephan-Kommission“, zusammengesetzt aus Banken-Verbänden, Inkassounternehmen und Vertretern von Justiz, Schuldnerberatung, Kreditwirtschaft und Insolvenzverwaltern, einen Standard entwickelt. „Anhand der Daten können sich Gläubiger ein realistisches Bild machen, wie aussichtsreich das Realisieren ihrer Forderungen ist“, erklärt Hornung. Denn die meisten Menschen kämen kaum noch in den pfändbaren Bereich, vor allem Suchtkranke nicht, weil sie auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance hätten. „Wenn wir schlichten, steht am Ende eine Zahl“, sagt Hornung. Sie könne in einem Vergleich beispielsweise 20 Prozent der Gesamtforderung anbieten. Diese Summe bekäme der Gläubiger dann sofort. Im Insolvenzverfahren würde dagegen in der Regel meist eine Null herauskommen. M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 D I E W E LT SEITE V FORDERUNGSMANAGEMENT Wenn das Geld knapp wird Zu Schuldnerberater Carlo Wahrmann kommen Menschen aus allen sozialen Schichten. Vielen von ihnen kann er helfen D ie Leute kommen meist erst sehr spät“, sagt Carlo Wahrmann. Wenn das Konto beispielsweise gepfändet ist, der Gerichtsvollzieher vor der Tür stand und die Schuldner nicht mehr weiter wissen, dann suchen sie Rat bei dem Sozialpädagogen. Denn Carlo Wahrmann hat eine Zusatzausbildung zum Schuldnerberater absolviert und weiß, wovon er spricht: Seit 24 Jahren arbeitet er in dem Beruf, davon zwölf in der Beratungsstelle der Caritas in Berlin Mitte. Dort berät er verschuldete Menschen. „Wer Schulden hat, erhält jede Menge Rechnungen und Mahnungen“, sagt Wahrmann. Und wer darauf nicht reagiere, löse schließlich eine ganze Lawine aus: Inkasso-Dienste, Gerichtsvollzieher und Kontopfändung. „Also das komplette Programm“, so der Experte. Menschen, die zur Schuldnerberatung gehen, kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten, weiß Wahrmann aus langjähriger Erfahrung. Unternehmer sind dabei, gut situierte und weniger gut situierte Menschen, gebildete und weniger gebildete. Drogenabhängige sind darunter, vor allem auch Spielsüchtige. Aber auch Schauspieler oder Leute von Behörden gehörten zu seiner Klientel. „Es gibt eigentlich keine Berufsgruppe, die man ausnehmen kann“, sagt Wahrmann. Vor Tagen erst hatte er einen tragischen Fall. Eine 21-jährige Frau, die sich bereits mit 18 Jahren selbstständig gemacht hatte. Drei Jahre lang hatte sie einen Betrieb mit einigen Angestellten geführt. Die Geschäfte liefen nicht wie erhofft. Als sie zu Wahrmann kam, hatte sie schon seit Monaten die Krankenkassen nicht mehr bezahlen können, damit war sie nicht mehr versichert. Zudem hatte sie Ärger mit dem Finanzamt, weil ihr alter Steuerberater die Unterlagen nicht herausgab und sie keine Steuererklärung abgeben konnte. Trotz der ausweglosen Situation wirkte die junge Unternehmerin auf den Experten noch immer optimistisch und tatkräftig. „So etwas war für mich neu“, sagt Wahrmann. Denn sonst sammelte er eher die Erfahrung, dass sich immer mehr Jugendliche verschulden. Unbezahlte Handyrechnungen sind dabei das größte Problem. Denn können Jugendliche die Verträge nicht erfüllen, kommen schnell ein paar tausend Euro zusammen. „Für junge Leute ist das Handy als Statussymbol extrem wichtig, vor allem, wenn sie sonst nichts haben“, sagt der Sozialpädagoge. Es sei „irre, wie viele Leute, die eigentlich kein Geld haben, trotzdem ein iPhone oder ein vergleichbares Gerät besitzen.“ Denn heutzutage ist es eher normal, auf Pump einzukaufen – meist sind es Reisen oder Autos. Wer mit beiden Beinen im Berufsleben steht, gewöhnt sich leicht an den schnellen Ratenkauf. Doch steht man einmal nicht mehr in Lohn und Brot – zum Beispiel wegen Alter oder Krankheit – können diese Raten nicht mehr bedient werden. „Dann bricht alles zusammen“, sagt Wahrmann. GETTY IMAGES ALEXANDRA GROSSMANN beitslos. Und jetzt ist die Rente so gering, dass sie nicht mehr klarkommen“, erklärt der Schuldnerberater. Normalerweise kommen diese Menschen allerdings nicht so schnell in die Beratungsstellen. Sie glauben, es selbst zu schaffen. Doch während sie das versuchen, entstehen immer neue Löcher, die sie nicht stopfen können. „Irgendwann landen sie dann doch bei uns“, sagt Wahrmann. Die Folge: Gerade bei Älteren wird häufig der Strom gesperrt. Oder sie können ihre steigenden Mieten nicht mehr bezahlen. Wahrmann berichtet von einem weiteren Beispiel, einer Frau Anfang 40, alleinerziehend mit zwei Kindern, der das Amt die Unterstützung um 106 Euro kürzte. „Damit liegt sie unter dem Sozialhilfesatz. Da ist es abzusehen, dass es irgendwann kracht“, meint der Sozialpädagoge. Wahrmann und seine Kollegen agieren in einem Netzwerk. Im selben Haus arbeiten auch die Sucht- und die Familienberatung, es gibt Spezialisten für Leute, die in Wohnungsnot geraten. Die Experten schauen dann, ob sie Ausnahmen machen können, um so an zusätzliche Gelder zu kommen. Im Ernstfall helfen sie sogar dabei, eine neue Wohnung zu finden. Wer ein akutes Problem hat, bekommt innerhalb von zwei Wochen einen Termin. Die Wartezeit für eine umfassende Beratung ist allerdings deutlich länger: „Leider sind wir viel zu wenige. Wir erreichen deutschlandweit höchstens zehn Prozent der Überschuldeten, weil nicht mehr Kapazitäten da sind“, erklärt Wahrmann. In der Regel dauert es etwa fünf Monate. Danach übernehmen die Schuldnerberater aber den gesamten Schriftverkehr mit allen Gläubigern, machen Regulierungspläne in Insolvenzverfahren Vornehme Schuldner – schlechte Zahler: Viele junge Leute geraten durch hohe Handy-Rechnungen und Ausgaben für Kleidung schnell in Zahlungsschwierigkeiten Gerade unter den älteren Menschen, die Wahrmanns Beratung in Anspruch nehmen, sind viele ehemals Selbstständige oder solche, die nicht so viele Arbeitsjahre haben. „Sie waren lange ar- TIPPS RUND UM’S GELD AUSGEBEN Führen Sie ein Haushaltsbuch über alle Einnahmen und Ausgaben. Notieren Sie, welche Ausgaben unbedingt nötig sind – etwa Miete, Heizung und Strom. Überweisen Sie diese Beträge gleich zum Monatsanfang, dann wissen Sie, wie viel Geld übrig bleibt. Bleiben Sie beim Bargeld. Studien haben bewiesen, dass wir weniger ausgeben, wenn wir bar bezahlen. Kaufen Sie nur, was Sie wirklich brauchen. Und wenn Sie versucht sind, einer spontanen Entscheidung nachzugeben: Schlafen Sie eine Nacht darüber. Vergleichen Sie Preise – im Supermarkt, aber auch bei regelmäßigen Posten wie Strom, Telefon und Versicherungen. Nehmen Sie keinen Kredit auf, um einen anderen zu tilgen: Damit steigt die Zinslast, Sie verschulden sich mehr und mehr. oder füllen Anträge der Klienten aus. Zusätzlich gibt es Anwälte im Hintergrund, die kostenlos helfen. „Unser Angebot ist kostenlos“, sagt Wahrmann. Außerdem unterscheiden sie sich von anderen Schuldnerberatern, weil ihr Ansatz ganzheitlich ist. Das heißt, sie versuchen herauszufinden, warum die Leute die Schulden anhäuften, ob es Sucht-, Erziehungs- oder andere Probleme gibt. Das ist natürlich ein längerer Prozess. „Denn Betroffene müssen auch selbst ihr Verhalten ändern und die Ursachen be- „Betroffene müssen selbst die Ursachen bekämpfen“ Carlo Wahrmann, Schuldnerberater kämpfen, um nicht wieder in diese Lage zu geraten.“ Arbeitslosigkeit, sagt der Sozialpädagoge, sei immer ein großes Problem, gefolgt von Trennung und Scheidung sowie Krankheit und Sucht: „Das sind die drei Bausteine, die immer wieder auftauchen.“ Hinzu kämen Schicksalsschläge aller Art. Doch viele Leute sind auch einfach nur leichtsinnig: Sie kaufen auf Kredit ein und denken nicht an die kommenden Jahre. „Manche verschulden sich dermaßen, das ist schon verrückt“, findet Wahrmann. Für den Experten ist es unerlässlich, einen Haushaltsplan zu führen. Den aber hätten die wenigsten. Meistens kann er aber sehr konkret helfen. Denn viele Schuldner fühlen sich wie das sprichwörtlich gehetzte Reh. „Wir beruhigen sie, ordnen mit ihnen die Unterlagen und helfen, die Kontrolle wieder zu gewinnen“, erklärt der Schuldnerberater. Für viele ist das bereits eine riesige Entlastung. Sie können wieder klar denken und konstruktiv die weitere Zukunft planen. „Schuldnerberatung ist ein toller Weg, um Leuten zu helfen, wieder ein besseres Leben zu führen.“ ANZEIGE Die Außendienstmitarbeiter bei EOS setzen auf Transparenz und Einfühlungsvermögen Raus aus den Miesen Eine private Insolvenzerklärung bietet gute Chancen, Schulden nachhaltig loszuwerden. Das Verfahren wird ab 2014 verkürzt D as Konsumklima in Deutschland ist prächtig, die Kreditzinsen sind niedrig und die Arbeitslosigkeit sinkt. Und dennoch: Fast jeder zehnte Deutsche steckt bis zum Hals in Schulden. 6,6 Millionen Menschen gelten nach den Zahlen des Schuldneratlas der Wirtschaftsauskunftei Creditreform mittlerweile als überschuldet oder zahlungsunfähig. Eine Privatinsolvenz ist für viele von ihnen der letzte Ausweg – und zugleich auch die Chance für einen wirtschaftlichen Neustart. Rund 100.000 Menschen gehen in Deutschland jedes Jahr den ganz offiziellen Weg in die Pleite. In der sogenannten Verbraucherinsolvenz suchen die Schuldner Zuflucht vor ihren Gläubigern – auch in wirtschaftlich guten Zeiten: Allein in den ersten sechs Monaten diesen Jahres wurden nach Angaben von Creditreform fast 48.000 Verfahren eröffnet. Allerdings sind es nicht immer Unvermögen oder eine unvernünftige Haushaltsführung, die Menschen in die Zahlungsunfähigkeit treiben. „Es sind eher die unvorhergesehenen Schicksale, durch die sich Schulden auftürmen“, sagt Hjördis Christiansen, Juristin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Scheidung oder Trennung stehen da an den vorderen Stellen. „Und ganz viele kommen aus einer gescheiterten, kleinen Selbstständigkeit“, sagt Christiansen. Für all jene ist die Verbraucherinsolvenz tatsächlich die allerletzte Möglichkeit, um aus der finanziellen Schieflage wieder auf die Beine zu kommen und nicht lebenslang in den Schulden zu bleiben. Hinter vielen Privatpleitiers liegt ein langer Weg durch Schulden und Ängste, der sie schließlich zum Schuldnerberater und ins Insolvenzverfahren führt. Die meisten Betroffenen gestehen sich lange nicht ein, dass sie am finanziellen Ruin stehen – und wenn sie es dann tun, sind die Wartezeiten bei den kostenlosen Beratungsstellen inzwischen lang. In der Beratung selbst kommt dann alles auf den Tisch: Rechnungen, Mahnbescheide, Kreditverträge, Kontoauszüge – alles, was die Zahlungsunfähigkeit belegt. Als zahlungsunfähig oder überschuldet gilt ein Haushalt, wenn die Verbindlichkeiten mit den monatlichen Einkünften oder aus Ersparnissen nicht mehr bedient werden können. Die Schuldnerberater versuchen zunächst, eine Einigung mit den Gläubigern zu erreichen. Lehnt allerdings nur ein einziger von ihnen den Plan ab, geht es vor Gericht. Dieses Verfahren der Privatinsolvenz wurde im Jahr 1999 eingeführt und hat eine Regelung abgelöst, bei der die Vollstreckungsbescheide über einen Zeitraum von 30 Jahren gültig blieben – raus aus den Schulden kam damals also kaum jemand. Doch private Insolvenz heißt auch heute noch, dass man für sechs Jahre an der Armutsgrenze leben muss. Denn in der sogenannten Wohlverhaltensphase geht jeder Cent, der über dem Pfändungsfreibetrag von 1045,04 Euro ohne Unterhaltspflichten erwirtschaftet wird, an einen vom Gericht bestellten Treuhänder. Dieser verteilt die Einnahmen dann an die Gläubiger. Viel Geld kommt bei denen allerdings meist nicht an, denn oft leben die Schuldner ohnehin GETTY IMAGES SABINE SCHMITT Wie gewonnen, so zerronnen – vielfältige Schicksale sorgen für Verschuldung unterhalb der Pfändungsgrenze. Nach sechs Jahren erteilt das Gericht dann eine Restschuldbefreiung. Doch wer negativ auffällt, seinen Verpflichtungen nicht nachkommt oder sogar noch neue Schulden macht, kann damit rechnen, dass am Ende die Restschuldbefreiung – und damit die Schuldenfreiheit – in Frage steht. Eine Verkürzung der „Wohlverhaltensphase“ auf drei Jahre wird schon seit Jahren diskutiert – und ab Juli 2014 wird sie tatsächlich Gesetz. Allerdings wird die Möglichkeit, sich früher aus den Schulden zu befreien, an Bedingungen geknüpft, die Experten sehr kritisch sehen: Wer gegenüber seinen Gläubigern nach drei Jahren von seiner Restschuld losgesprochen werden will, muss 35 Prozent seiner Schulden getilgt und auch die Verfahrenskosten von etwa 1500 Euro gezahlt haben. „Das werden wohl die wenigsten tatsächlich schaffen“, befürchtet Frank Weide, Schuldnerberater bei der Verbraucherzentrale Berlin. „Wir rechnen nur mit rund fünf Prozent, denen das gelingen könnte.“ Seiner Ansicht nach werden die meisten Schuldner wohl auch in Zukunft die sechsjährige Wohlverhaltensphase bis zur Schuldenfreiheit durchstehen müssen. Die durchschnittlichen Außenstände der Überschuldeten summieren sich in Berlin auf immerhin 32.000 Euro – bundesweit sieht es ähnlich aus. Das sind für viele Schuldner unüberschaubare Dimensionen. Auch Christoph Niering, der Vorsitzende des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands, ist deshalb skeptisch: „Die Hürde von 35 Prozent liegt einfach zu hoch.“ Auch er plädiert für eine Verkürzung des Verfahrens ohne Bedingungen, denn der Schutz der Gläubiger sei ohnehin durch das Gesetz gewährleistet. Ein neues Insolvenzverfahren dürften Betroffene erst nach zehn Jahren wieder durchlaufen, betont Niering: „Der Drehtüreffekt wird damit nachhaltig vermieden.“ Kommunikation auf Augenhöhe Unternehmer kennen das: Das Produkt ist geliefert, die Leistung erbracht – aber der Kunde zahlt die Rechnung nicht. Eine ärgerliche Situation, die ein Unternehmen in Bedrängnis bringen kann. Hier hilft ein seriöser Partner, der nicht nur an sich selbst denkt. Ein Spezialist wie die EOS Gruppe arbeitet als neutraler Mittler zwischen säumigem Zahler und Gläubiger. Vom Energieversorger bis zum Versandhändler: Jedes Unternehmen ist darauf angewiesen, dass Kunden ihre Rechnungen fristgerecht begleichen. Doch einige Kunden zahlen verspätet, andere gar nicht. Diese überfälligen Forderungen kosten dem Unternehmen Geld – das für laufende Ausgaben und Investitionen fehlt. Ein Grund, sich an einen professionellen Anbieter von Forderungsmanagement zu wenden: EOS hat sich zum Ziel gesetzt, Lösungen zu finden, die für die Kunden der Auftraggeber genauso verträglich sind wie für die Gläubiger selbst. Wertorientiertes Handeln Denn für alle Mitarbeiter gilt: EOS lebt das Markenversprechen ‚Konsequenz und Sympathie‘. Konsequent, weil EOS zielstrebig Vereinbarungen trifft, die das Unternehmen auch einhält. „Durch verantwortliches Handeln mit Maß suchen wir mit Schuldnern einvernehmliche Lösungen – und bieten damit immer auch einen Mehrwert für unsere Kunden“, meint Jürgen Borgartz, Geschäftsführer von EOS Deutschland. Sympathisch, weil EOS besonderen Wert auf einen offenen Austausch auf Augenhöhe legt. „Kommunikation ist für EOS der Schlüssel zum Erfolg“, so Borgartz. Das zeigen auch die folgenden Zahlen: Mehr als 130 Mitarbeiter des EOS Callcenters in Berlin und Potsdam telefonieren täglich mit säumigen Zahlern. Bei 63 Prozent der Anrufe werden konkrete Zahlungsvereinbarungen getroffen. 70 Prozent davon werden eingehalten. Die Kollegen von + EOS Deutscher Inkasso-Dienst verschicken monatlich etwa 1,2 Millionen Briefe. Und die Außendienstmitarbeiter von EOS Field Services haben bis zu 60 persönliche Kontakte pro Woche. Seriöse Anbieter arbeiten transparent Nicht nur die Quantität ist entscheidend, sondern auch die Qualität: Zeigen schriftliche und telefonische Mahnungen keine Wirkung, kommt auf Wunsch des Kunden der Außendienst zum Einsatz. Ziel ist es hierbei, Zahlungsvereinbarungen zu treffen, denen die Betroffenen auch nachkommen können. „Wichtig ist dabei, dass uns die Schuldner zuhören und vertrauen, nur so können wir gemeinsam eine Lösung finden“, sagt Borgartz. Der Geschäftsführer von EOS Deutschland rät, bei der Suche nach einem verlässlichen Partner genau hinzusehen: Seriöse Inkassodienstleister erkenne man daran, dass sie Wert auf Transparenz gegenüber Schuldnern sowie Kunden legen und wie EOS etabliertes Mitglied im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. sind. Mehr Informationen unter www.eos-deutschland.de SEITE VI D I E W E LT M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 FORDERUNGSMANAGEMENT B rita Marx legt den Telefonhörer auf und bucht einen Auftrag im Rechner ein. „Die sechs Ordner hier“, sagt die Unternehmerin und zeigt auf das Regal in ihrem Büro, „da sind noch lauter Titel drin. Von Anfang der 90erJahre“. Damals, in den ersten Jahren nach der Wende, wurden jede Menge bröcklige Gebäude saniert in Ostdeutschland, marode Häuser abgerissen, neue errichtet. Ein Bauboom, von dem auch Brita Marx profitierte: Bei ihrem Entsorgungsunternehmen im brandenburgischen Städtchen Luckenwalde wurde so mancher Container bestellt, schließlich mussten auch große Mengen an Bauschutt auf die Deponien geschafft werden. Die Aktenordner mit den Mahnbescheiden zeigen die Kehrseite der Medaille. Zahlreiche Bauherren hatten sich mit ihren Projekten übernommen, und Brita Marx blieb auf unbezahlten Rechnungen sitzen. „Damals hatte ich gar nicht die Zeit, mich von früh bis spät darum zu kümmern und Zahlungseingänge zu kontrollieren.“ Doch mittlerweile hat Brita Marx ihr Forderungsmanagement längst verändert. Sonst wäre sie 2009 wohl auch nicht zur „Brandenburger Unternehmerin des Jahres“ gekürt worden. Mit den Erfahrungen, die sie als Jungunternehmerin gemacht hat, steht Brita Marx nicht allein. „Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist das Bewusstsein leider häufig nicht sehr ausgeprägt, dass sie zu Kreditgebern werden, wenn sie in Vorleistung gehen“, sagt Frank Rieger, Referent im Geschäftsbereich Recht und Steuern bei der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve. „Wenn Banken Kredite vergeben, schauen sie genau hin, ob jemand kreditwürdig ist. Da wird intensiv geprüft, wie weit man bereit ist, ein Risiko einzugehen. So muss das grundsätzlich auch bei Unternehmern sein.“ Forderungsmanagement sei Risikomanagement, betont der IHK-Experte. Schließlich gehe es darum, die eigene Liquidität im Auge zu behalten. Da gehe es nicht einfach um das Abarbeiten von Rechnungen, das sei eine echte Managementaufgabe. „In vielen Insolvenzfällen scheitern Unternehmen nicht an mangelnder Fachkompetenz, sondern wegen eines unzureichenden Forderungsmanagements“, sagt Rieger. Forderungsausfälle könnten in Einzelfällen ein Prozent des Umsatzes oder mehr ausmachen, so der Jurist. Die Zahl kann Meinolf Wippermann, Tischlermeister im westfälischen Paderborn, bestätigen. Und das, obwohl in der Buchhaltung seiner Firma Zahlungseingänge genau überwacht werden. Wippermann hat das Mahnwesen mit einem Computerprogramm bestens organisiert Immer die eigene Liquidität im Blick Wie Mittelständler ihr Forderungsmanagement organisieren und wo Fallen lauern JAQUES BAGIOS KATRIN STARKE Nur Bares ist Wahres: Manche Unternehmer verlangen von ihren Kunden mittlerweile ausschließlich Bargeld, um finanzielle Ausfälle zu vermeiden – ganz so, wie es das Bundeswirtschaftsministerium in seinen „Tipps zur Vermeidung von Forderungsausfällen“ rät. Weil Forderungsverluste ein Unternehmen schlimmstenfalls in seiner Existenz bedrohen könnten, gelte es, frühzeitig Ausfallrisiken zu erkennen, warnt das Ministerium in seinem Internetportal. Meinolf Wippermann hat einen Vorteil gegenüber anderen Mittelständlern. "@"1%"0:0)"3 5" 1%0"Ú ¾ !"" 1%0" "11% BÐÔÞo£ ©|oÔÞoÐ ºÐ¾»c :©ÐÔÞB£f foÐ 1o©Ð£ c ç£f 5îo ©Ô\c oÔ\B|ÞÔ|êÐoÐ foÐ 1o©Ð£ £BÔÔ© R @Bç£ ©Þc ç£fo RoRÞ 1%0" ÔÞ foÐ ÐB£\o£ oï¸oÐÞo |êÐ :oÐÔ\oÐç£o£c B£o£ ç£f :oÐÔB£fB£fo¾ ;Ð ÔÞoo£ |êÐ ç£fo£Ô\oУ foÔ ©ÐfoÐç£ÔB£Boo£Þ¾ ;B££ oÐ oÔ ¬\ ç£f îÐÞÔ\B|Þ\ Ô££í© ÔÞc oÐBÞo£ 1o í©£ ç£Ô Ð of 5" Ðo£ ç£fo£ ôçÐê\¾ o££ o£o oÐoÞÞoÞo ç£fo£ Roôoç£ ÔÞ £ foÐ 0oo o||ôo£ÞoÐ ç£f ¸Ð©|ÞBRoÐ BÔ o£o "oçç£fo£o磾 ;o îÐ fBÔ B\o£Æ ;Ð RoÞÐB\Þo£ Ðo£ ç£fo£ oÐ Bç\ BÔ ç£ÔoÐo£ ç£ fo£c fo£ îÐ £ Ðo 1££o |BÐc ÐoÔ¸oÞí© ç£f íoÐR£f \ RoÞÐoço£¾ oÐ £fífçoo B© Þ fo ç£fo£ ÔÞ foÐ 1\êÔÔo ôç Ð|©¾ oÔBR RoÐê\Ô\Þo£ îÐ ÔÞoÞÔ fo ¸oÐÔ¬£\o 1ÞçBÞ©£ ÐoÔ ç£fo£c B£BðÔoÐo£ fo Ðê£fo |êÐ fo£ @Bç£Ô íoÐôç ç£f Ð\Þo£ ç£ÔoÐo 1ÞÐBÞoo foo£ÞÔ¸Ðo\o£f BçÔ¾ 1© |£fo£ îÐ £ foÐ 0oo o£o ¬Ôç£c ç Ðo ço£ ÔÞF£fo ôç ÐoBÔoÐo£c ©£o fBRo Ðo ç£fo£Roôoç£ ôç RoBÔÞo£¾ !Þ 1\oÐoÞ Ô\oÐ BÞo£Ô\oÐoÞ ÔÞ fo Ðç£f Bo |êÐ :oÐÞÐBço£¾ oÐ 1\çÞô í©£ !B£fB£Þo£ ç£f ç£fo£ fBÞo£ BÞ Ro ç£Ô ©RoÐÔÞo .ЩÐÞFÞ¾ oÔBR Ô£f ç£ÔoÐo 1\oÐoÞÔÔðÔÞoo oÐ Bç| fo £oçoÔÞo£ 1ÞB£f¾ @ç oÔ¸o íoÐ|êo£ îÐ êRoÐ o£o£ BçÔoBoÐÞo£ "©Þ|B ÔÞB£f©ÐÞ w BçÔoÐêÔÞoÞ Þ o£o ©¸oÞÞo£ ôîoÞo£ 0o\o£ôo£ÞÐç¾ îîî¾Ôo©Ð£¾fo Weil er maßgefertigte Möbel liefert – Ausstattungen für Arztpraxen und Anwaltskanzleien beispielsweise ebenso wie Einbauschränke für Eigenheime –, kommt er zum Aufmessen zu den Kunden nach Hause. Und bei diesen Gelegenheiten schaut er genau hin, mit wem er es zu tun hat. Läuten beim Hausbesuch die Alarmglocken, verlangt Wippermann 30 bis 50 Prozent Vorauskasse. Beispielsweise auch dann, wenn sich ein noch ziemlich junger Existenzgründer einen schmucken Laden von ihm einrichten lassen möchte. Es sei doch klar, dass der noch nicht viel habe ansparen können – für den Fall der Fälle, wenn das Geschäft nicht gut anläuft. Da sichert sich der erfahrene Tischlermeister, mitt- „Professionelle Bonitätsprüfungen finden im Mittelstand oft nicht statt“ Frank Rieger, Niederrheinische IHK lerweile 30 Jahre im Geschäft, lieber ab. Wohl wissend, wie mühsam es ist, bei Insolvenz eines Kunden an sein Geld zu kommen – „wenn da überhaupt noch etwas zu holen ist“. Insgesamt schätzt Wippermann die Zahlungsmoral seiner Kunden aber als gut bis zufriedenstellend ein. Das Gros zahle binnen zwei Wochen – also innerhalb der auf seinen Rechnungen ausgewiesenen Frist. Doch auch wenn das Computerprogramm seine Buchhaltung darauf aufmerksam macht, dass eine Zahlung noch nicht eingegangen ist, schickt er nicht in jedem Fall sofort eine Erinnerung. Es könne ja ein treuer Kunde sein, der im Urlaub sei. Eine absolut richtige Vorgehensweise, sagt IHK-Jurist Frank Rieger. Gerade Mittelständlern empfiehlt er, auf die Kundenbeziehung zu achten und keine standardisierten Zahlungsaufforderungen zu verschicken. Der Mittelständler müsse eher schauen, „wie er am effektivsten an sein Geld kommt“, immer mit Blick darauf, dass er mit dem Kunden vielleicht künftig noch zusammenarbeiten möchte. „Manchmal entschuldigen sich Kunden sogar auf den Überweisungsträgern“, erzählt Tischlermeister Wippermann. Sind die freundliche Zahlungserinnerung sowie erste und zweite Mahnung allerdings fruchtlos geblieben, schaltet Wippermann einen Anwalt ein. „Dann ist klar, die Leute wollen oder können nicht zahlen.“ Auch Brita Marx schreibt säumige Kunden maximal dreimal an. „Dann übergebe ich das Ganze an ein Inkassobüro.“ Damit habe sie keine Kosten, der Schuldner müsse das Inkassobüro bezahlen. „Und wir müssen dem Kunden nicht hinterherrennen.“ Außerdem ist die Unternehmerin dazu übergegangen, Privatkunden in bar zahlen zu lassen. Entweder direkt, wenn der Container geliefert wird – „wenn der Kunde nicht dort wohnt“. Oder bei Abholung des gefüllten Containers. Die Zeiten, als Rechnungen erst nach getaner Arbeit geschrieben wurden, seien vorbei. Mit dem Ergebnis, „dass wir nur noch sehr wenige Ausfälle haben“. Bei gewerblichen Kunden sichert sich Marx noch einmal anders ab: „Jeder Neukunde wird versichert. Meldet ein Kunde dann Insolvenz an, und meine Forderung an ihn ist unstrittig, bekomme ich mein Geld von der Versicherung.“ Will der Versicherer den Kunden wegen schlechter Bonität nicht absichern, verlangt Marx Vorkasse. „Ansonsten lehne ich den Auftrag ab.“ Eine professionelle Bonitätsprüfung „findet im Mittelstand aber oft nicht statt“, beklagt IHK-Mann Rieger. Dabei sei es wichtig, dass ein Forderungsmanagement nicht erst dann ansetze, wenn ein Kunde seine Rechnung nicht begleiche. Stattdessen müssten Unternehmer vorausschauend handeln, sonst könnten sie schnell in einen gefährlichen Teufelskreis geraten. „Bei größeren Aufträgen sollten Informationsquellen zur Liquidität des Kunden genutzt werden, außerdem sollte die Vorleistung abgesichert werden“, rät Rieger. Zudem müsse die Rechnung rasch erstellt werden, sobald eine Leistung vollständig erbracht worden sei. „Und dann muss der Zahlungseingang natürlich verfolgt und die Forderung muss konsequent durchgesetzt werden“, betont Rieger. Um insbesondere Existenzgründern Hilfestellung zu geben, hat die Niederrheinische IHK ein kostenloses ExcelTool entwickelt, das die grundlegenden Funktionen des Forderungsmanagements von Klein- und Kleinstunternehmen abdeckt. Damit lassen sich ohne viel Aufwand Rechnungen und Mahnungen erstellen. „Auch das Zahlungsverhalten der einzelnen Kunden können Firmen so im Blick behalten“, sagt Rieger – um bei neuen Aufträgen Sicherheiten zu verlangen, wenn das Zahlungsverhalten bestimmter Kunden in der Vergangenheit zu wünschen übrig gelassen hatte. Mit Strategie und Weitsicht Um Risiken zu vermeiden, sollten Firmen bei neuen Geschäftspartnern erst einmal deren Finanzlage klären. Es gibt diverse Wege, um an die nötigen Informationen zu gelangen Übrigen gelte: „Forderungsausfälle werden letztlich von allen zahlenden Kunden getragen und somit kompensiert. Gelingt es einem Unternehmen, Forderungsausfälle zu vermeiden, senkt dies letztlich die Preise für alle Kunden.“ Erstellt werden Bonitätsauskünfte auf der Basis einer Vielzahl von Einzeldaten. Dazu gehören veröffentlichte Bilanzen, Insolvenzdaten, Branchenentwicklungen, das bisherige Zahlungsverhalten bis hin zu Daten über die Mitarbeiterfluktuation. Und gerade auch die Daten aus Inkassoverfahren fließen in Bonitätsbewertungen ein. Manche Anbieter setzen dabei auf die Aggregation verschiedener Quellen. So wie beispielsweise die Eos-Gruppe, die mit der Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG, einem Unternehmen der Allianz AG zusammenarbeitet. „Unsere gemeinsame Datenbank mit Bürgel, der Deutsche Debitoren Monitor (DDMonitor), liefert Informationen zu wirtschaftsaktiven Unternehmen und Gewerbetreibenden aus Deutschland“, erläutert Stephan Spieckermann. Dabei steuert Bürgel die klassischen Informationen aus den öffentlich zugänglichen Registern bei, Eos liefert die Inkassodaten. Zusätzlich speisen die Partner beziehungsweise Nutzer des DDMonitors ihrerseits noch Erfahrungswerte in die Datenbank ein. JOST BURGER D ie Zeiten, in denen in vielen Gasthöfen die Geldbörse vorgezeigt werden musste, bevor der Wirt Speis und Trank brachte, sind vorbei. Doch auch heute müssen sich Unternehmen vor Zahlungsausfällen schützen. Die beste Möglichkeit ist immer noch, sich vorab über die Zahlungsfähigkeit, also die Bonität, der potenziellen Kunden zu informieren. Präventives Forderungsmanagement nennt man das heute. „Es verhindert Folgeschäden, die die Liquidität von Unternehmen nachhaltig gefährden können“, sagt Stephan Spieckermann, Geschäftsführer der Eos KSI. Die EosGruppe gehört zu den führenden Anbietern für das Forderungsmanagement und ist aus dem Inkassodienst des Versandhändlers Otto hervorgegangen. Im Zuge des Forderungsmanagements bietet Eos zudem Bonitätsinformationen sowohl über Unternehmen als auch Privatpersonen an. Präventiv bedeutet aber auch, mit Strategie und Weitsicht vorzugehen: „Je früher ein Unternehmen Risiken erkennt, desto eher kann es gegensteuern. Das ist wie mit der Titanic: Hätte der Kapitän den Eisberg frühzeitig erkannt, hätte eine kleine Kurskorrektur gereicht, um das Unglück zu verhindern“, sagt Spieckermann. Im + Der Verband der Vereine Creditrefom e.V. wiederum, den meisten schlicht als Crefo bekannt, bietet ebenfalls unter anderem Inkassodienste und Bonitätsbewertungen an. Doch bei der Crefo wird man nicht Kunde, sondern Mitglied in einem der lokalen oder regionalen Vereine. Denn historisch geht die Crefo auf örtliche Vereinigungen von Kaufleuten, die sich gegenseitig über die Zahlungsmoral ihrer Kunden informierten, zurück. Seit Jahren arbeitet die Crefo auch mit der Handelsblatt-Gruppe zusammen. Auf dem gemeinsamen Portal „firmenwissen.de“ können Informationen über Firmen erworben werden. Hier zeigt sich, dass es den Königsweg zur Bonitätsauskunft nicht gibt. Auch deshalb empfehlen Experten, im Internet nach Auskunfteien zu suchen – und dann deren Konditionen zu erkunden. Wer beispielsweise immer über Veränderungen in der Bonität seiner Kunden informiert sein will, braucht eine dauerhafte Beziehung zu einem Datenlieferanten – sprich, er muss Dauerkunde von Dienstleistern wie Eos, Auskunfteien wie Bürgel oder Mitglied im Verein werden. Denn nur dann lohnt sich die in der Regel fällige Grundgebühr im Verhältnis zu den Kosten einer Einzelabfrage. Eine Mitgliedschaft hat allerdings auch weitere Vorteile: „Die Creditreform Wirtschaftsauskunft umfasst für Mitglie- der auch ein Monitoring, das dem Nutzer zwölf Monate lang tagesaktuell Aktualisierungen zu seiner Auskunft bietet“, erläutert Michael Bretz vom Verband der Vereine Creditreform. Doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit, Bonitätsinformationen zu bekommen: indem ein unabhängiger Vermittler eingeschaltet wird, ein Informationsbroker wie etwa die Agentur von Nicola Stobbe. Die Gründerin und Inhaberin der iMOE GmbH hat sich auf Wirtschaftsauskünfte aus Mittel- und Osteuropa spezialisiert, doch ihr Geschäftsmodell gilt beispielhaft für alle Agenturen dieser Art. „Wir agieren absolut unabhängig auf dem Markt, vergleichen die lokalen Anbieter von Bonitätsauskünften und kooperieren mit dem Anbieter, der unserer Meinung nach die beste Qualität anbietet“, sagt Nicola Stobbe. Agenturen wie iMOE verstehen sich auch als Anwälte von Firmen, die sich auf die Qualität einer Auskunft verlassen wollen, aber keinen Bedarf an einer langfristigen Bindung an einzelne Anbieter haben: „Wir prüfen jede einzelne gelieferte Auskunft nochmals und gehen besonders auf individuelle Informationswünsche ein. Wer nicht gewillt ist, selber Bonitätsauskünfte verschiedener Anbieter oder Auskunfteien auf Qualität und Preis zu vergleichen, ist mit einem Informationsbroker wie uns besser bedient.“ M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 D I E W E LT SEITE VII FORDERUNGSMANAGEMENT Andere Länder, andere Zahlungssitten KATHARINA LEHMANN F ür den Mitarbeiter eines Hamburger Inkasso-Dienstleisters ist es eigentlich ein Routine-Vorgang – denkt er zumindest. Er soll für einen Kunden eine unbeglichene Rechnung von einem in Österreich ansässigen Schuldner einfordern. Er verfasst – wie üblich in Deutschland – ein kurzes und sachliches Mahnschreiben. Doch der Brief verfehlt die erhoffte Wirkung. Schlimmer noch: Der Adressat aus Wien legt die Mahnung gleich kopfschüttelnd zur Seite und reagiert gar nicht. „Beide Parteien sprechen zwar die gleiche Sprache, sie verstehen sich aber nicht“, erklärt Ellen Ulbricht, Expertin für Auslandsinkasso, den Fall. Denn neben den regionalen Spitzfindigkeiten ist dieses Schreiben für den Österreicher vor allem eins: unangemessen. Im kleinen Alpenland bittet ein Inkasso-Unternehmen in einem Zahlungsersuchen höflich und ausführlich um das Begleichen des ausstehenden Betrages. Und dann braucht es Geduld. Denn bis der Schuldner zahlt, können schon mal Wochen ins Land gehen. Ein österreichischer Dienstleister hätte das gewusst. „Die kulturellen Unterschiede werden immer größer, je weiter man in den Süden Europas kommt“, sagt Ellen Ulbricht. Zudem gelten nicht überall die gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen. Und schließlich kann neben diesen Schwierigkeiten schnell auch die Sprache selbst die Probleme vertiefen, wenn bei Forderungen der deutschsprachige Raum verlassen wird. Hier sind Missverständnisse programmiert. Die studierte Juristin weiß, wovon sie spricht. Nachdem sie verschiedene Inkassounternehmen in Deutschland geleitet hat, ist sie vor einigen Jahren nach Österreich gezogen und schreibt und referiert seitdem vor allem über das Thema „grenzüberschreitender Zahlungsverkehr“. Das sollte jedoch für deutsche Unternehmen kein Grund sein, auf Export zu verzichten. Experten raten allerdings, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und Mentalitäten des jeweiligen Landes möglichst schon vor dem Abschluss eines großen Geschäfts vertraut zu machen. Helfen kann dabei vor allem ein grenzüberschreitend tätiger Anwalt oder ein Inkassounternehmen mit Auslandserfahrung. Beide können Tipps zum richtigen Umgang mit dem Kunden, zur Vertragsgestaltung, aber auch zur Absicherung des Geschäfts geben. „Insgesamt ist es in der EU relativ einfach, offene Forderungen durchzusetzen“, meint die Inkasso-Expertin. Dafür sorgen zunehmend standardisierte Regelungen. Vor allem die Einführung des Europäischen Mahnverfahrens erleichterte den Umgang mit säumigen Zahlern im EU-Ausland. Für Forderungen bis 2000 Euro gelten für die gerichtliche Geltendmachung nun einheitliche Vorgaben. Sie schließen auch die Möglichkeit ein, Verhandlungen auf elektronischem Wege, also zum Beispiel mittels Telefonkonferenzen, zu führen. Das ist vor allem für den Gläubiger günstiger, muss er doch nicht jedes Mal in das Land des Schuldners reisen. Außerdem gelten für alle Beteiligten kurze Fristen. „Das spart viel Zeit und macht dieses Verfahren so effektiv“, so Ulbricht. Sollte die außergerichtliche Einigung nicht funktionieren, bleibt in der EU noch die Möglichkeit, den nationalen Vollstreckungsbescheid in einen europäischen zu übertragen. Damit können Gläubiger in jedem EU-Land zwangsvollstrecken. Doch Vorsicht: Die Zwangsvollstreckung richtet sich nach dem Recht des jeweiligen Landes. Mitunter können hier noch weitere Mittel notwendig sein. Nicht einheitlich gere- JAQUES BAGIOS Im Ausland muss man auf die Rechtslage und kulturelle Unterschiede achten, sonst drohen Verstimmung und schlimmstenfalls Ausfälle Was den Menschen ruiniert, sind dumme Geschäfte: Im Ausland erschweren komplizierte Rechtssysteme den Zahlungsverkehr gelt ist auch, wer die Kosten des Inkassos trägt. Denn nicht überall gelten diese Kosten als Verzugsschaden und müssen deshalb vom Schuldner übernommen werden. In einigen Ländern trägt sie stattdessen der Gläubiger. Vorsicht ist auch in der Schweiz geboten. Denn dort ist alles anders, meint Inkasso-Expertin Ulbricht. „Ohne Schweizer Anwalt läuft dort gar nichts.“ Und selbst dann sei ein langwieriges und kompliziertes Verfahren nötig, bis die Forderung überhaupt anerkannt ist. Auch außerhalb Europas sind die rechtlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich. Was in einem Land gilt, kann im nächsten grundverkehrt sein. Wird aber bereits vor Geschäftsabschluss ein Anwalt zu Rate gezogen, kann er den Vertrag so gestalten, dass der auch im jeweiligen Ausland wasserdicht ist. Der Mittelstand sichert sich indes noch viel zu selten ab. Zwar legen die Firmen in ihren Verträgen oft fest, dass deutsches Recht gelte und verweisen ausdrücklich auf ihre Allgemeinen Ge- schäftsbedingungen (AGB). Doch vergessen sie, dass dadurch Lücken entstehen. Als Beispiel nennt Ulbricht den Eigentumsvorbehalt. Der ist in vielen AGB enthalten und besagt, dass die Ware bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Verkäufers bleibt. „Viele Länder kennen so einen Eigentumsvorbehalt aber gar nicht“, gibt Ulbricht zu Bedenken. „Damit verliert der Verkäufer dann trotz vermeintlicher Absicherung bei Grenzübertritt der Ware das Eigentum, oft, ohne dass er sich dessen bewusst ist.“ Rebecca Giesecke vom InkassoDienstleister Eos kennt das Problem: „Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist der Umgang mit offenen Forderungen von Kunden im Ausland oft noch Neuland.“ Die Leiterin des Cross-Border Centers in Hamburg stellt immer wieder fest, dass viele Firmen zwar Verträge abschließen, die besagen, dass im Streitfall deutsches Recht angewendet werden soll. Die Frage, ob und wie das bei einem säumigen Kunden zum Beispiel in Süd-Korea aber tatsächlich möglich ist, sorgt dann im Ernstfall doch für Probleme. Giesecke rät deshalb zu einem Inkassounternehmen im Land des Kunden. Denn die kennen nicht nur die Sprache und die landestypische Mentalität. Sie haben auch Erfahrung im Umgang mit Ämtern, kennen die rechtlichen Möglichkeiten und Fristen. Und nicht zuletzt helfen sie auch dem säumigen Zahler, wenn der Verzug nur dadurch zu Stande kam, dass der sich mit Auslandsüberweisungen nicht auskennt oder ihm ein Formular oder gar nur ein Stempel fehlt. „Allerdings ist es auch schwer, ein solides und vertrauenswürdiges Inkassounternehmen in einem fernen Land zu finden und anzusprechen“, weiß Rebecca Giesecke. Sinnvoller sei es, ein Unternehmen im eigenen Land zu engagieren, das einen Partner im Land des Schuldners hat. Aus diesem Grund bietet die Eos-Gruppe ihren Kunden ein Netzwerk mit Inkassounternehmen in mehr als 140 Ländern weltweit. Und auch Ellen Ulbricht empfiehlt, immer ein Inkassounternehmen zu suchen, das eine Tochtergesellschaft oder Kooperation im jeweiligen Ausland hat. So seien deutsche Gläubiger auf der sicheren Seite. Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen hat einen Leitfaden für grenzüberschreitendes Bonitäts- und Forderungsmanagement erstellt. ANZEIGE Forderungsmanagement Liquiditätsmanagement Schwarze Zahlen schreiben und Verständnis aufbringen für schwierige Situationen auf Kundenseite: Die richtige Balance zwischen diesen beiden Polen ist das Fundament guter Geschäftsbeziehungen. Das ist unsere Überzeugung, die wir in unseren Leitsatz ,,EOS. With head and heart in finance“ gegossen haben. Und nach dieser Devise arbeiten wir auch für lhr Unternehmen. Unsere Dienstleistungen rund um das Forderungsmanagement verschaffen lhnen Liquidität. Dabei begegnen wir lhren säumigen Kunden im lnkassoprozess kooperativ und auf Augenhöhe, um Lösungen zu entwickeln, die allen Beteiligten gerecht werden. Damit die Bilanzen stimmen. Und die Geschäftsbeziehungen. Mehr über unsere Services finden Sie unter www.eos-deutschland.de. With head and heart in finance + Informationsmanagement Besuchen Sie unsere Internetseite und erfahren Sie mehr über das EOS Forderungsmanagement. SEITE VIII D I E W E LT M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 FORDERUNGSMANAGEMENT Einkaufsformeln Die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern wird oft über statistische Verfahren geklärt. Für viel der Betroffenen ist dieses Scoring eher rätselhaft, doch so undurchsichtig ist es eigentlich nicht W er online etwas auf Rechnung kauft, bekommt wahrscheinlich einen. Wer im Elektronikmarkt sein neues Handy auf Raten bezahlt, ebenfalls. Und wer mal eben rasch einen kleinen Verbraucherkredit abschließt, über den wird ganz sicher ein Kreditscore erstellt. Dieser persönliche Punktwert sagt etwas über die Kreditwürdigkeit der jeweiligen Person aus, macht schnelle Einkäufe möglich und soll Firmen vor Zahlungsausfällen schützen. Scoring heißt das Verfahren. Aber wie funktioniert es, und wer steckt dahinter? Die infoscore Consumer Data GmbH (ICD) zum Beispiel. Die Wirtschaftsauskunftei gehört zur Bertelsmann-eigenen Arvato-Gruppe, einem führenden Anbieter von Outsourcing-Dienstleistungen. Die ICD versorgt ihre Geschäftspartner im Handel mit Informationen über die Kreditwürdigkeit ihrer (potenziellen) Kunden. Für ihre umfangreiche Datenbank greift sie, wie alle Auskunfteien, unter anderem auf öffentlich zugängliche Bonitätsinformationen wie das Insolvenzverzeichnis oder die Schuldnerregister der Amtsgerichte zurück. Auch Erfahrungen, die ein Unternehmen in der Vergangenheit mit einem Kunden gemacht hat, fließen in die Bewertung ein. Doch nicht immer reicht das aus, erklärt Geschäftsführer Wolfgang Hübner: „Liegen zu einem Konsumenten keine bekannten Zahlungserfahrungen vor – insbesondere in der Neukundenphase – kommen auch ScoringVerfahren zum Einsatz.“ Dabei nutzt Scoring statistische Verfahren, die die Wahrscheinlichkeit errechnen, mit der die Kunden ihre Rechnungen bezahlen. Kombiniert werden Erfahrungen mit bestimmten Merkmalsgruppen. Je nach Anbieter schaut man etwa auf Alter, Beruf, Name oder Adresse. Wohnt jemand beispielsweise in einem Stadtviertel mit schlechter Zahlungsmoral, kann der Scoringwert sinken. Versandhändler fordern dann eventuell Vorkasse, um Risiken zu vermeiden oder zu begrenzen. „Scorewerte werden einzelfallbezogen und tagesaktuell ermittelt“, betont Hübner. Das heißt, den einen Scoringwert gibt es nicht. Je nach anstehendem Geschäft, je nach Branche und je nach Produkt werden die vorhandenen Daten in der Regel auf verschiedene Weise genutzt. Übrigens: Welche Daten Auskunfteien gespeichert haben, müssen sie laut Gesetz den Betroffenen mitteilen, fal- ANZEIGE sche Daten müssen sie zudem ändern. Doch wie sie die Scoringwerte dann jeweils im Detail berechnen, das bleibt bei allen ein Geschäftsgeheimnis. Das ist auch bei der Schufa so. Als Institution dürfte sie nahezu jedem Deutschen bekannt sein. Im Unterschied zu anderen Auskunfteien kennt Eine kluge Frau ist ein unbezahlbarer Schatz: In einer Partnerschaft mag das Sprichwort stimmen. Doch bei Krediten oder Online-Käufen wird sie alle 66,2 Millionen auch deren Kreditwürdigkeit genau geprüft. Denn nach einer Studie stammen 72 Prozent der Einnahmen des deutschen Handels von Frauen Deutschen, die potenzielle Kreditnehmer sind. Denn auch die Schufa erstellt branchenabhän- zum Beispiel Online-Kredite und spon- strument“, erklärt Tobias Teuber, tem erkennt genau solche Ungereimtheigige Scores. Genau wie andere Anbieter tane Finanzierungen an der Kasse, ge- Deutschland-Chef von Klarna. Wählt ein ten. Unter Umständen wird der Kauf sorgt sie so unter anderem für die troffen werden“, schildert Lehmann die Kunde in einem angeschlossenen On- dann abgelehnt.“ Auch wenn die einzelschnelle Bearbeitung von Krediten oder Vorteile. Das wird am Beispiel Online- lineshop die Option „Rechnungskauf“, nen Daten für sich gesehen natürlich unRatenzahlungen – Bequemlichkeiten, die Handel deutlich. Viele Shopbetreiber übernimmt Klarna den Fall. Einzugeben problematisch sein könnten. Konsumenten erwarten. „An dieser Stel- übergeben ihre Zahlungsabwicklung zu- sind nur wenige Daten wie Namen, Dieses Beispiel von Klarna zeigt: Bei le kommen häufig Scoring-Systeme zum mindest teilweise an Dienstleister, vor Adresse, Geburtsdatum, E-Mail und eine Scoring geht es neben statistischen AbEinsatz“, sagt Andreas W. Lehmann, allem, wenn es um den Kauf auf Rech- Telefonnummer. Über die Schufa wird wägungen auch um PlausibilitätsprüfunSprecher der Schufa Holding. Denn Sco- nung oder Rate geht. Dabei treten Sie ih- dann vollautomatisch ein Identitäts- gen, mit deren Hilfe sich Unternehmen ring ist vor allem ein schnelles Verfah- re Forderung an den Dienstleister ab – Check durchgeführt – und geklärt, ob die schützen wollen. Dass Scoringanbieter ren. Scoringwerte werden vom Compu- und damit das Risiko eines Zahlungsaus- Person überhaupt existiert. dabei ihre Verfahren nicht offenlegen ter berechnet, auf die Datenbanken der falls. Die Ware kann sofort versendet „Sollte sich schon über die Schufa er- wollen, ist aus deren Sicht verständlich. Anbieter können angeschlossene Unter- werden, und der Verkäufer bekommt weisen, dass die Bonität extrem fragwür- Und dass die Verfahren treffsicher sind, nehmen online zugreifen – oft automati- umgehend sein Geld vom Dienstleister. dig ist, ziehen wir bereits zu diesem Zeit- liegt ebenfalls in deren Interesse. Einen siert aus ihren Bezahlprozessen heraus. Factoring heißt diese Art des Geschäfts. punkt die Notbremse. Die maßgebliche gewissen Schutz vor falschen Einschät„So können teils auch nachts oder am Einer der größten Factoring-Anbieter Prüfung findet jedoch bei uns intern zungen erhalten Betroffene zudem Wochenende Kreditentscheidungen, wie im Onlinebereich in Deutschland ist die statt“, sagt Tobias Teuber. Dabei werden durch das Datenschutzgesetz. Und auch Klarna Gmbh – und sie setzt auf Scoring. dann mehrere Dutzend Faktoren zur Ab- Scoringunternehmen selbst versuchen, „Als Factoring-Dienstleister gehen wir schätzung der Kreditwürdigkeit einbezo- sich diesbezüglich abzusichern: Klarna finanziell in Vorleistung. Deshalb ist es gen. Wie das vor sich geht, erläutert Teu- etwa erhebt die Telefonnummer nach eiunser ureigenstes Interesse, Zahlungs- ber an einem möglichen Beispielfall: gener Aussage, um fragliche Eingaben diausfälle zu vermeiden. Wir müssen in- „Wenn jemand nachts um halb drei von rekt klären zu können. Denn rein theorenerhalb von Sekunden klären, ob ein einem Internetcafé aus 20 iPads bestellt tisch ist es ja durchaus möglich, dass eiEinkauf nicht ein zu großes Risiko ist. und dabei angibt, er sei eine 85-jährige ne rüstige Rentnerin nachts tatsächlich Dafür ist Scoring ein unerlässliches In- Frau, dann werden wir stutzig. Das Sys- zehn iPads ordern will. GETTY IMAGES JOST BURGER „Auch eine Frage der Erziehung“ Psychologe Georg Felser über Zahlungsmoral und Schuldenmachen E s ist die grundsätzliche Abneigung, einen Verlust zu realisieren, die viele davon abhält, Rechnungen pünktlich zu bezahlen, sagt Georg Felser, Fachdozent für Markt- und Konsumpsychologie an der Hochschule Harz in Wernigerode. Hinzu komme außerdem, dass der Genuss einer Leistung und das Bezahlen immer stärker entkoppelt werden. DIE WELT: Herr Felser, warum ist die Zahlungsmoral von Menschen so unterschiedlich? GEORG FELSER: Grundsätzlich haben wir alle eine Abneigung, Verluste zu realisieren. Doch der Referenzpunkt, von dem aus wir betrachten, ob etwas für uns ein Gewinn oder Verlust ist, liegt nicht fest. Das ist eine Frage der persönlichen Deutung. Wer es also als Verlust sieht, eine Rechnung zu begleichen oder Schulden zu tilgen, weil das ein Loch in seine Kasse reißt, wird sich mit dem Bezahlen schwer tun. Dabei lässt sich die Situation natürlich auch anders herum interpretieren: Mit den Schulden ist der Verlust längst gemacht, und durch die Tilgung wird er abgemildert. IHR SPEZIALIST IM FORDERUNGSMANAGEMENT. Als führender Anbieter für Forderungsmanagement-Dienstleistungen finden wir auch für Sie die richtige Lösung. Wir sind Ihr Spezialist für: klassisches Inkasso/Auslandsinkasso Portfoliomanagement Forderungskauf Outsourcing Datenmanagement E-Commerce Lösungen Ist die Deutung eine Frage des Typs? Eine Möglichkeit ist sicher, dass wir es von Geburt an, gewissermaßen genetisch bedingt, unangenehm finden, irgendwo Schulden zu haben. Viel wichtiger allerdings sind die Erziehung und das, was uns vorgelebt wird – durch unser Umfeld, die Familie und die Freunde. Außerdem spielen die Politik und die Nachrichten eine große Rolle. Wenn in der allgemeinen Stimmung Konsum gewissermaßen als Bürgerpflicht gilt, werden auch diejenigen, die sonst eher dagegen sind, es in Ordnung finden, Schulden zu machen. Die omnipräsente Meta-Botschaft ‚Konsum ist gut’ ist ein Baustein für das Schuldenmachen. GFKL betreut ein Forderungsvolumen von derzeit rund 21,7 Milliarden Euro. Standard & Poor's verlieh das höchste Ranking als Servicer „Strong.“ Risiken minimieren – Kosten senken – Erträge steigern. Durch die Übertragung Ihres Forderungsmanagements an die Experten von GFKL. GFKL Financial Services AG Limbecker Platz 1 45127 Essen Sprechen Sie uns an! Tel. +49 201 102 1162 Fax +49 201 102 110 2256 [email protected] www.gfkl.com Bei der Steuererklärung ist Schummeln zum „Volkssport“ geworden. Ist + es ein ähnliches Phänomen, dass Rechnungen erst auf den letzten Drücker bezahlt oder sogar bewusst die Mahnungen abgewartet werden? Bei der Steuererklärung verursacht eine drohende Nachzahlung ein Verlustgefühl. Je nachdem, wie hoch die Erwartung einer Rückzahlung ist, sinkt die Bereitschaft zu schummeln. Mit Blick auf eine Nachforderung könnte man ja auch sagen, der Staat hat bislang einen kostenlosen Kredit gewährt, und dieses Geld war dadurch viel länger nutzbar. Doch die Verlustaversion ist höher als die Freude über diesen Gewinn. Auch eine Rechnung wird oft nicht mit der bereits erhaltenen Leistung in Verbindung gebracht Georg Felser ist und darf deshalb Fachdozent für ruhig eine Weile Markt- und Konliegen bleiben. sumpsychologie Dahinter steht auch, dass Genuss und Bezahlen immer stärker entkoppelt werden. Kreditkarten, Flatrates und „Heute-kaufen-später-zahlen-Angebote“ tragen dazu bei. Auch deshalb werden normale Zahlungsvorgänge als Realisierung eines Verlustes umgedeutet. HOCHSCHULE HARZ JENS KOHRS Warum zeigt Post von einem Inkasso-Büro meist schneller Wirkung als die Mahnungen der Gläubiger? Das erklärt sich vielleicht mit der Idee der mentalen Kontoführung. Die Frage ist, welcher Kategorie jemand einen Posten zuordnet. Nehmen Sie beispielsweise das Budget für Winterkleidung. Wenn es ausgeschöpft ist, jemand ein bestimmtes Kleidungsstück aber unbedingt haben möchte, deklariert er es einfach als ‚gut für den Übergang’ oder ‚ideal fürs Büro’. Schon gehört es in eine andere Kategorie, und es kann gekauft werden. Mein mentales Konto definiert, welchen Zweck ich erreiche und welches Ziel ich habe. Ein Inkasso-Büro ist in diesem Sinn ein anderes Konto – da will ich verhindern, dass ich richtig Ärger bekomme. Gläubiger fürchten oft, Kunden für künftige Geschäfte zu verlieren, wenn sie beharrlich auf Zahlungen bestehen. Ist die Angst berechtigt? Aus lernpsychologischer Sicht halte ich das für hochproblematisch, denn es verstärkt das Verhalten der Nicht-Zahler. Stattdessen sollten Unternehmen grundsätzlich mit einrechnen, dass Kunden eine unterschiedliche Qualität haben. Dabei müssen sie gut differenzieren, denn es gibt zwei große Fehlerquellen: den falschen Alarm, bei dem ich einen Kunden herausfiltere, obwohl keine Gefahr des Zahlungsausfalls bestand, und die Auslassungsfehler, bei denen ich mit Kunden Geschäfte mache, die später nicht bezahlen. Es ist etwas zynisch, aber die Frage ist, wie viele dieser falsch-negativen Auslassungsfehler ich mir leisten kann. Kommen sie zu häufig vor, muss individueller differenziert werden. Das ist ja nicht neu: Der Krämer um die Ecke hat schon früher immer gewusst, wer ein guter und wer ein schlechter Kunde war. Heutige Verfahren sind die konsequente Weiterführung. Dabei ist die Grundidee, von vergangenem auf künftiges Verhalten zu schließen, nicht falsch. Und wie ist das, wenn wir uns von Freunden Geld geliehen haben? Wie steht es da um die Bereitschaft, dieses auch wieder zurück zu zahlen? Da fällt die persönliche Beziehung stark ins Gewicht. Und was die Bereitschaft jenseits aller Beziehungspflege zusätzlich enorm verstärkt, ist das Gefühl, dass der Andere das nicht tun musste, dass er also einen ungeschuldeten Gefallen getan hat. Dann ist der Druck zum Ausgleich sehr viel höher, weil das Gefühl besteht, den Gefallen unbedingt erwidern zu müssen. Würde es gelingen, auch dem Angebot eines Dienstleisters diesen Charakter zu geben, wäre das eine Möglichkeit, den Zahlungsdruck zu erhöhen. M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 D I E W E LT SEITE IX FORDERUNGSMANAGEMENT Mit Empathie und Argumenten Reich sind nur die, die Freunde haben: Statt auf Konfrontation setzen seriöse Inkassofirmen vor allem auf Dialog, um Lösungen zu finden. Dabei bieten sie Schuldner auch Ratenzahlungen an Verständnis, Ausdauer und Verhandlungsgeschick sind gefragt, um offene Rechnungen einzutreiben. Je nach Größe des Arbeitgebers unterscheidet sich der Arbeitsalltag eines Inkasso-Beraters erheblich F ür einen Inkasso-Berater gibt es keinen geregelten Tagesablauf. Jeder neue Arbeitstag bringt neue Kunden, neue Schuldner, neue Ausreden – aber auch neue Einigungen. Eines allerdings ist immer gleich: „Ganz früh morgens kontrolliere ich meinen Kontostand und sehe nach, ob jemand gezahlt hat. Das ist das erste, was ich mache“, sagt Annegret Krol, selbstständige InkassoBeraterin. Danach hänge vieles davon ab, was anfalle: Wiedervorlagen durchgehen, Briefe schreiben, Schuldner erinnern, mit den Kunden in Kontakt treten. Krol hat ihre Inkasso-Firma Ask Me vor sechs Jahren gegründet. Seitdem arbeitet sie allein. Sie zieht Forderungen für kleine und mittelständische Unternehmen ein, derzeit hat sie rund 50 Auftraggeber. „Meine Kunden rufen an, schildern einen neuen Fall, und wir überlegen, ob es sinnvoll ist, diesen weiter zu verfolgen“, sagt sie. „Meist lasse ich mir dann die Unterlagen schicken und prüfe, ob ich das übernehme.“ Ähnlich verfahren die Mitarbeiter von Dr. Duve Inkasso, einem mittelständischen Unternehmen mit Sitz in Hannover. Die Firma wurde 1987 gegründet und beschäftigt 25 Mitarbeiter. „Ganz typisch für die Vorgehensweise ist, dass wir Aufträge von unseren Kunden bekommen“, erklärt Geschäftsführer Andreas Bingemer. „Dann beginnt in der Regel der Recherche-Teil, das heißt, wir versuchen, die Daten zu verifizieren, um herauszubekommen, ob die Forderungen wirtschaftlich werthaltig sind.“ Annegret Krol schreibt zunächst die Schuldner an. Im Idealfall kommt dann prompt die Zahlung. Wenn nicht, schickt die Inkasso-Beraterin in der Regel einen zweiten Brief oder versucht, telefonisch Kontakt mit der Person oder Firma aufzunehmen. Ziel ist immer eine Vereinbarung – entweder nennt der Schuldner einen Termin, zu dem er bezahlen kann, oder er vereinbart eine Ratenzahlung. „Auf Fingerspitzengefühl kommt es an“, weiß Annegret Krol. Auch sie passt ihre Verhandlungstaktik dem Gegenüber an: „Ein Schuldner, der bereit ist für Verhandlungen, auf den gehe ich auch ein. Aber wenn einer pampig ist, dann reagiere ich härter.“ Es sei wichtig, trotzdem immer freundlich zu bleiben. Zudem müsse sie neutral bleiben und dürfe keine persönliche Beziehung entwickeln. Die Kommunikation mit den Kunden ist für Krol ebenso wichtig, wie die mit den Schuldnern „Meine Kunden möchten in den meisten Fällen über jeden meiner Schritte sehr genau informiert sein“, sagt Krol. Deshalb bekommen sie die gesamte Korrespondenz als Kopie, ebenfalls die Protokolle der Telefonate. Auch Frank Kebsch, Geschäftsführer von Arvato Infoscore weiß: „Beim Inkasso kommt es auf die Kommunikation an.“ Seine Mitarbeiter seien pau- senlos damit beschäftigt, mit den Gläubigern und den Kunden zu sprechen, diese zu informieren und mit ihnen zu verhandeln. Das zur Bertelsmann-Gruppe gehörende Unternehmen ist europaweit tätig, rund 3500 Mitarbeiter betreuen etwa 10.000 Kunden in elf Ländern. „Wir haben Kunden aus ganz verschiedenen Branchen“, so Kebsch. „Wir bearbeiten sowohl Hypotheken-Forderungen als auch solche aus dem Schwarzfahrer-Geschäft.“ Hinzu kämen unter anderem Telekommunikation und Versandhandel. Mit diesem Branchen-Mix gehen die unterschiedlichsten Arten von Forderungen einher. Diese wiederum sind mit unterschiedlichen Rechtsfragen verknüpft. Laut Kebsch muss man sich spezialisieren, „denn die jeweiligen Sachgebiete unterscheiden sich auch in rechtlicher Hinsicht teilweise erheblich von einander“. Deshalb seien bei Arvato Infoscore die Abteilungen so organisiert, „als würden wir aus einzelnen Inkasso-Unternehmen bestehen“. Am Ende komme es aber immer darauf an, möglichst wenig Zeit und Geld zu investieren, um die Schulden einzutreiben, meint auch Andreas Bingemer von Dr. Duve Inkasso: „Wir wollen nicht, dass unsere Kunden gutes Geld schlechtem Geld hinterherwerfen.“ Das bedeutet: Hat ein Schuldner bereits mehrere Forderungen negativ IN KONTAKT Seriöse Inkassofirmen setzen auf Kommunikation. Denn im Gespräch mit Schuldnern können Fragen geklärt und Lösungswege für das Begleichen der Schulden besprochen werden. Die Erfahrungen zeigen, dass eine gerichtliche Verfolgung so oft vermieden werden kann. Die Kommunikation umfasst neben dem obligatorischen Briefverkehr eine telefonische Kontaktaufnahme und auch das direkte Gespräch durch Außendienstmitarbeiter. hinter sich – also in Form von Eidesstattlichen Versicherungen, Haftanordnungen – oder ist er bei den Inkassounternehmen mehrfach aufgefallen, so hält Andreas Bingemer Rücksprache mit seinem Kunden. Er informiert ihn über die Vorgeschichte des Gläubigers und fragt nach, ob er in diesem Fall wirklich tätig werden soll. Dafür ist es allerdings notwenig, umfangreiche Re- CreditreformThese Nr. 5 GELD IST NICHT ALLES, Die Branche setzt verstärkt auf Kontakt am Telefon. Das signalisiert Kompromissbereitschaft und verbessert die Kundenbeziehung JAQUES BAGIOS P ro Jahr wechseln 4,8 Millionen Menschen in Deutschland ihren Wohnort und damit ihre Adresse. Versäumen sie dabei, einen Nachsendeantrag bei der Post zu stellen, landen die Briefe wieder beim Absender oder verschwinden im Zweifelsfall einfach. „Das kann zu einem klassischen Missverständnis in der Kommunikation führen“, sagt Steffen Kowalski. „Wenn ein Unternehmen Rechnungen verschickt und keine Rückmeldung bekommt, muss der Schuldner am Ende hohe Gebühren zahlen oder wird sogar in ein Gerichtsverfahren verwickelt.“ Kowalski ist Trainer an der Deutschen Inkasso Akademie und anderen Institutionen, und er weiß: „Die meisten Menschen, die Rechnungen nicht bezahlen, sind zahlungswillig. Der Grund für die Schulden liegen oft in anderen Bereichen.“ Damit sie diese Gründe kennenlernen und Missverständnisse aus dem Weg räumen können, schult Kowalski Unternehmen und Inkassofirmen im Telefoninkasso. Die Idee ist es, Schuldner nach der ersten schriftlichen Kontaktaufnahme per Anruf zu erreichen. Im Gespräch können die Kunden dann ihre Gründe darlegen, warum sie Rechnungen nicht begleichen, und die Unternehmen haben die Möglichkeit, entsprechend zu reagieren. „Das Ziel eines solchen Anrufs ist immer, am Ende die Zahlungsmodalitäten wie Raten und Termine festgelegt zu haben“, sagt Kowalski. Für die Firmen hat sich dieses Vorgehen schon häufig bewährt. „Briefe sind sehr anonym und ganz klar eine reine Forderung“, sagt Rebecca Poppe von GFKL Financial Services. „Mit den Telefongesprächen signalisieren wir unsere Kompromissbereitschaft. Das führt nicht Geld ist nicht alles: Missverständnisse lassen sich am besten im Gespräch klären nur dazu, dass Rechnungen schneller beglichen werden, sondern bewirkt auch, dass die gute Beziehung zwischen Kunde und Rechnungssteller bestehen bleibt.“ Steffen Kowalski schult seine Seminarteilnehmer, damit die Anrufe erfolgreich verlaufen: „Gerade beim Thema Geld reagieren viele emotional. Damit ein solches Telefonat nicht aus dem Ruder läuft, sollte der Anrufer sachlich bleiben“, erklärt der Trainer. Zudem müssen die Mitarbeiter mit den Datenschutzbestimmungen vertraut sein. HOHE FORDERUNGEN Die durchschnittliche Forderung, die Inkassounternehmen für Gläubiger einziehen, beträgt dem Branchenverband zufolge 646 Euro. Forderungen mit niedrigen Eurobeträgen machen demnach lediglich einen geringen Teil aus: Nur in 16 Prozent der Fälle geht es um weniger als 100 Euro. Mit Blick auf private Verbraucher liegt die Höhe jeder vierten Forderung zwischen 100 und 499 Euro. Und der Bereich von 100.000 Euro und mehr macht immerhin 19 Prozent aus. cherchen über den Schuldner einzuholen und sich auch von diesen Informationen nicht hinters Licht führen zu lassen. „Oft ist zum Beispiel ein Firmenname ein Fantasiename, so etwa wie ‚Andreas’ Pommesbude’. Dann müssen wir herausfinden, wer eigentlich der Gewerbetreibende ist, wer also für die Forderung haftbar zu machen ist“, erklärt Bingemer. ANZEIGE Persönliche Mitteilungen STINA BEBENROTH Auch Annegret Krol überprüft als erstes den Schuldner und seine Bonität. Dazu nutzt sie in den meisten Fällen das Internet. Über Auskunfteien erhalte sie eine Vermögensauskunft und erfahre, ob es bereits andere Forderungen gegen den Schuldner gebe, sagt die Inkasso-Unternehmerin. In jedem Fall aber versucht sie, mit dem Schuldner in Kontakt zu treten: „Meist gelingt es auch, und wir finden eine Einigung.“ Selten passiere es, dass sich Schuldner nicht melden oder nur einmal ans Telefon gehen, danach nicht mehr. Wenn Krol gar nicht an die Leute herankomme, gehe sie gerichtlich vor – mit einem Mahnbescheid und dann mit einem Vollstreckungsbescheid. Schließlich drohe sie schriftlich mit dem Gerichtsvollzieher, erklärt sie: „Dass der kommt, wäre der letzte Schritt. Die meisten zahlen vorher.“ GETTY IMAGES ALEXANDRA GROSSMANN WAS SIE * VERLIEREN. Der Trend zur persönlichen Kommunikation hat mittlerweile einen Großteil der Inkassobranche erfasst. Je nach Schuldnergruppe werden dabei unterschiedliche Wege der Kontaktaufnahme gewählt. Beim persönlichen Gespräch am Telefon oder beim Vor-Ort-Inkasso etwa kann die individuelle Situation der Schuldner geklärt und gemeinsam eine Lösung gefunden werden. Zudem kommen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten auch E-Mails und SMS zum Einsatz, zum Beispiel um an Ratenzahlungen zu erinnern. Ein weiteres wichtiges Instrument sind Schuldnerportale, über die Schuldner Kontakt zu Inkassofirmen aufnehmen und direkt Zahlungsmodalitäten vereinbaren können. „Statt als das unheimliche Unbekannte, präsentieren sich Inkassofirmen dort als Helfer und Unterstützer der Schuldner. Das Bild in der Öffentlichkeit wird dadurch positiv beeinflusst“, sagt Steffen Kowalski. Auch bei dohr-inkasso hat sich das bereits 2009 installierte Schuldnerportal im Internet bewährt. „Die wichtigste Funktion ist es, mit den Schuldnern ins Gespräch zu kommen und ihnen klar zu machen, dass wir uns für ihre Sicht der Dinge und Probleme interessieren“, sagt Geschäftsführer Hans Iuel Dohr: „Besonders freut uns, dass sich ehemalige Abwicklungskunden als Testimonials zur Verfügung gestellt haben, die mit unserer Hilfe ihre Schulden begleichen konnten. Das macht anderen natürlich Mut.“ Internetportale und Mails ermöglichen es, „andere Wege des Forderungseinzuges zu gehen“, betont auch Erwin Falkner, Geschäftsführer von Euro-Inkasso: „Dieser findet dann nicht mehr gegenüber einem Schuldner statt, sondern gegenüber einer Person mit Wünschen und Bedürfnissen.“ * CREDITREFORM. MIT SICHERHEIT MEHR WERT. Zahlungsverzögerungen bei Ihren Kunden kosten Geld und Nerven. Wenn Sie auf Ihren Forderungen sitzen bleiben, können sich schnell fatale Finanzierungslücken auftun. Wir sorgen dafür, dass Sie schneller an Ihr Geld kommen und schonen noch dazu Ihre Kundenbeziehungen. Damit Sie die Ruhe bewahren und sich auf Ihr Geschäft konzentrieren können. Sprechen Sie mit uns. Verband der Vereine Creditreform e.V. Tel. 0800 - 9995500 | www.creditreform.de + SEITE X D I E W E LT M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 FORDERUNGSMANAGEMENT Wenn Betrüger einkaufen gehen Das Geschäft mit gestohlenen Identitäten nimmt dramatisch zu E s war ein Freitag im März, als über Stefanie Groth der Sturm losbrach. Ein Dreivierteljahr vorher hatte die junge Rechtsanwaltsfachangestellte ihr eigenes Inkassobüro gegründet. Ruhig und beständig wuchs das Geschäft. Handwerker und Freiberufler, Vermieter, Tier- und Zahnärzte klopften bei Groths BDE Inkasso e.K. in Ratingen an, um das Forderungsmanagement des Betriebs abzugeben, oder weil sie sich um säumige Kunden kümmern sollte. „Aber an diesem Tag bekamen wir auf einmal einen Anruf nach dem nächsten, und alle sprachen von irgendeinem Gewinnspiel“, berichtet Groth. „Ich habe erst gar nicht verstanden, worum es ging.“ Das sollte sich rasch ändern. Denn auch nach dem Wochenende hörte das Telefon nicht mehr auf zu klingeln. Eine Anruferin erbarmte sich schließlich und faxte den Brief durch, über den sich alle beschwerten. Es stellte sich heraus: Groth und ihre BDE Inkasso waren Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden. In dem Brief forderte eine erfundene „BDE Inkasso GmbH aus München“ im Namen einer LottoSpielgemeinschaft die Empfänger zur Zahlung von 288,48 Euro auf. In den Briefkopf hatten die Betrüger das Logo und die Adresse der echten Firma aus Ratingen hineinkopiert. Die meisten Adressaten machten im Grunde alles richtig: Sie riefen bei der BDE Inkasso in Ratingen an und fragten nach, statt einfach das Geld zu überweisen. Genau dazu raten alle Verbraucherschützer und Experten. Doch Groth und ihr junges Unternehmen brachten der Betrug und seine Folgen beinahe um die Existenz. „Anderthalb Monate lang haben wir jeden Tag 80 Anrufe gehabt – nur zu diesem Thema“, sagt Groth. Das eigentliche Geschäft lag in der Zeit brach, weil die Firmengründerin nur damit beschäftigt war, die Betrugsgeschichte aus der Welt zu schaffen. „Um unseren Namen sauber zu halten, habe ich auf jeden Blog-Eintrag reagiert und auf jedes Schreiben vom Anwalt. Ich habe jede Mail beantwortet, jedes Fax und jeden Anruf. Zwischenzeitlich haben wir sogar ein Callcenter eingeschaltet, weil wir die Masse an Anrufen einfach nicht mehr stemmen konnten.“ „Solche Betrügereien mit gestohlenen Identitäten haben in letzter Zeit enorm zugenommen“, sagt Marco Weber vom Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU). Entweder geben sich die Täter – wie im Fall der BDE aus Ratingen – als Inkassounternehmen aus und verschicken Fantasierechnungen. Oder sie stehlen die Identität von Privat- „Alleine im letzten Quartal 2012 haben wir eine Viertelmillion Identitätsdiebstähle registriert“ Tim Griese, BSI-Sprecher personen und gehen auf deren Kosten teuer im Internet shoppen: Die Ware wird an irgendeine Lieferadresse geschickt, die dicke Rechnung bekommen allerdings die Opfer. „Mit den Distanzgeschäften im Internet, bei denen es keinen persönlichen Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer gibt, ist das relativ einfach“, sagt Marco Weber. Tim Griese, Sprecher des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sieht das genauso: „Bei vielen Accounts reicht es schon aus, wenn Sie einen Benutzernamen und ein Passwort haben oder auch den Namen, die Adresse und das Geburtsdatum. Damit können Sie sich einloggen und einkaufen gehen.“ Wie viele Menschen in Deutschland durch Identitätsdiebstahl tatsächlich zu Schaden kommen, weiß niemand genau. Es gibt lediglich Hinweise darauf, wie verbreitet das Phänomen ist. „Im Rahmen der Allianz für Cybersicherheit haben wir alleine im letzten Quartal 2012 eine Viertelmillion Identitätsdiebstähle registriert“, sagt BSI-Sprecher Tim Griese. Damit ist noch nicht gesagt, dass diese Daten auch tatsächlich missbraucht werden – aber nutzbar sind sie. Nach dem Lagebericht Cyberkriminalität des Bundeskriminalamtes (BKA) registrierte die Polizei im vergangenen Jahr die Rekordzahl von fast 64.000 Fällen von „Cybercrime“ – also Straftaten, die mit Hilfe von Computern oder im Internet begangen werden, beziehungsweise Taten, die Angriffe auf Computer oder mobile Geräte beinhalten. Im Vergleich zu 2011 war das eine Steigerung um acht Prozent. Besonders dramatisch fiel dabei der Anstieg bei Computersabotage aus: Fast 11.000 Eingriffe registrierte das BKA GETTY IMAGES MARION MEYER-RADTKE schreiben in der Fußgängerzone war, bei dem man Postkarten ausgefüllt hat, sind heute die Pflichtfelder im Internet, wenn man sich etwas herunterladen oder bestellen will“, sagt Griese. „Man sollte sich immer fragen: Ist es mir dieser Dienst wert, dass ich dafür meine Daten angebe? Wenn ich einen Newsletter per Mail haben will – wozu muss der Anbieter wissen, wo ich wohne?“ Solche Daten sind Gold wert – für Unternehmen, aber eben auch für Kriminelle. Wenn man zu viel über sich preisgeben müsse, solle man im Zweifel lieber auf ein Angebot verzichten, empfiehlt Griese. Vor allem Smartphone-Nutzer, die massenhaft Apps herunterladen, seien noch zu wenig sensibilisiert: „Das sind kleine Computer und die müssen genauso geschützt werden wie die Geräte zu Hause“, betont Griese. „Aber vielen Nutzern ist das noch immer nicht bewusst.“ Das Risiko, Opfer eines Identitätsdiebstahls zu werden, steigt also. Wen es wirklich trifft, der sollte vor allem eines tun: Ruhe bewahren, sagt BDIU-Sprecher Marco Weber: „Ganz wichtig ist zu wissen: Niemand muss Forderungen bezahlen, die nicht rechtens sind.“ Eine rasche Reaktion sei trotzdem wichtig, sagt Gerrit Cegielka, Jurist bei der Verbraucherzentrale Bremen: Wenn die offenbar von Fremden genutzt wurde, dann müsse sie so schnell wie möglich gesperrt werden. Falsche Abbuchungen vom Konto könne man sich bei der Bank zurückholen. Und auch wenn falsche Rechnungen oder Mahnungen ins Haus flattern, solle man „auf jeden Fall reagieren und die Forderung bestreiten“, rät Cegielka. Die Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Rechnung liege beim Unternehmen, nicht beim Käufer. Und natürlich solle man sofort die Polizei einschalten und Anzeige erstatten. Stefanie Groth hat den Angriff auf ihre BDE Inkasso inzwischen überstanden. Sie hatte damals die Bank alarmiert, bei der die Täter das Konto für die Zahlungen eingerichtet hatten, und den Betrug über ihre Webseite und auf Facebook öffentlich gemacht. „Darauf haben wir nur positive Meldungen bekommen, und jetzt läuft unser Geschäft wieder in normalen Bahnen“, sagt sie. „Aber es hat mich viel Zeit und viel Geld gekostet.“ Der eine hat den Beutel, der andere hat das Geld: Betrugsdelikte sorgen für hohe Schäden – ein Zuwachs um 134 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Die Täter nutzen Schwachstellen aus, um Rechner mit Schadsoftware zu infizieren, so dass sie zum Beispiel Eingaben auf der Tastatur mitlesen können. Oder sie hacken sich in Datenbanken ein und stehlen dort Nutzerdaten, wie das zum Beispiel 2011 beim Online-Dienst Sony Playstation Network geschehen ist“, sagt Griese. Für Computernutzer gilt es also, auf der Hut zu sein: „Sie sollten Ihren Rechner immer auf dem neuesten Stand halten, was Virenschutz und SicherungsUpdates angeht, und Ihre Passwörter so wählen, dass sie möglichst nicht zu knacken sind“, rät BSI-Experte Griese. Fatal ANZEIGE FORUDNERGEN KNÖNEN MHER VEWRIRNRUG SFTIETN ALS MAN SCIH VOLERSTLEN KNAN. sind zum Beispiel Mails mit Anhängen, die den einzigen Zweck haben, Trojaner auf den Rechner zu spielen, um diesen ausspionieren zu können. So seien in jüngster Zeit viele gefälschte E-Mails im Umlauf, die vorgäben von bekannten Unternehmen wie etwa der Deutschen Telekom oder Amazon zu stammen, warnt Griese: „Wenn Ihr Rechner nicht ausreichend geschützt ist und Sie Anhänge oder Links dieser Mails anklicken, haben Sie sich meistens schon die Schadsoftware eingefangen.“ Experten sehen zudem mit Sorge, wie freigiebig Verbraucher mit ihren Daten umgehen – und gerade das Internet verführt dazu. „Was früher das Preisaus- Post, die niemand will Was sollte man beachten, wenn sich ein Inkassobüro meldet LENA BULCZAK E ine Nachricht von einem Inkassounternehmen einfach zu ignorieren, kann kostspielig werden, warnt Michael Requardt: „Aktiv zu bleiben, ist immer die beste Lösung“, sagt der Anwalt und Vorsitzende des Bundesverbands Schuldnerhilfe Deutschland. Sich aus Scham nicht zu rühren, wenn berechtigte Forderungen nicht beglichen werden können, sei ein Fehler, der viele Schuldner oft teuer zu stehen komme. Aber auch säumige Zahler, die aus Angst vor einem Schufa-Eintrag sofort übereilig allen Forderungen eines Inkassobüros nachkommen wollen, sollten zuvor innehalten und erst genau prüfen: Hat das Inkassobüro eine Zulassung, um Geld eintreiben zu können? Sind alle Posten auf der Rechnung berechtigt? „Was viele nicht wissen: Die erste Mahnung ist nicht kostenpflichtig“, sagt Requardt, „egal, ob sie vom Gläubiger oder von einem Inkassobüro kommt.“ Wurden trotzdem Mahngebühren in Rechnung gestellt, könne man diese getrost ignorieren. Es reiche, die eigentliche Forderung zu begleichen. Bleibt die entscheidende Frage: Ist die Forderung auf dem Papier der Höhe nach wirklich berechtigt? „Aus fünf Euro dürfen nicht plötzlich 65 werden. Inkassodienstleister fallen aber nicht selten dadurch auf, dass sie neben der eigentlichen Inkassovergütung noch zahlreiche unberechtigte oder überhöhte Gebühren verlangen“, ärgert sich Bernd Ruschinzik, Bereichsleiter Recht und Beratung bei der Verbraucherzentrale Berlin. „Verbraucher sollten die ursprüngliche Forderung sowie Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz von aktuell minus 0,38 Prozent zahlen. Sind Portokosten angefallen, sollten man auch diese begleichen“, rät Ruschinzik. Wer ganz sicher gehen wol- APONTAS BRINGT ORDNUNG IN IHR FORDERUNGSMANAGEMENT. www.apontas.de + le, können noch fünf bis zehn Euro mehr überweisen – verbunden mit einem klaren Hinweis, dass er nicht bereit ist, mehr zu zahlen. Dann nämlich könne der nächste Schritt seitens des Inkassounternehmens nur eine Klage sein. Allerdings reicht es nicht, die Ablehnung weiterer Zahlungen per E-Mail oder Telefon zu bekunden. Geht es vor Gericht, muss der Schuldner dies mit einem postalischen Einschreiben nachweisen können. Versprechen, dass der Spuk damit vorbei ist, kann Ruschinzik jedoch nicht. „Nageln Sie uns bitte nicht fest“, ist sein Standardsatz in der Inkasso-Beratung: „Die Rechtsprechung ist schillernd.“ Michael Requardt rät Schuldnern dagegen, neben Hauptforderung und Verzugszinsen auch die Inkassokosten zu begleichen. Nach der Rechtssprechung dürften Inkassobüros ihren Schuldnern Gebühren für ihre Tätigkeit in Rechnung stellen, sagt Requardt. Diese dürften aber die Sätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes nicht überschreiten. Die genaue Höhe der Inkassokosten sei damit abhängig vom Wert der Forderung TEURE FEHLER BEI RATENZAHLUNGEN Treffen Schuldner Ratenvereinbarungen, begehen viele einen typischen und teuren Fehler: Sie versäumen es zu bestimmen, dass ihre Zahlungen zuerst auf die Hauptforderung angerechnet werden, dann auf die Inkassokosten und zuletzt auf die Zinsen. So tragen sie mit ihren ersten Raten jeweils nur die Zinsen ab. Der eigentliche Schuldenberg, die Hauptforderung, anhand der sich die Zinsen bemessen, verringert sich damit nur schleppend. Die insgesamt abzuzahlende Summe steigt. und lasse sich im Internet nachprüfen. Zwei Juristen, zwei Meinungen – genau das macht Inkassofragen so schwierig. Wer seine Schulden nicht begleicht, hat aber häufig noch ganz andere Schwierigkeiten – ihm fehlt Geld. Dann hilft verhandeln. „Auch Schuldner haben Rechte und sollten darauf pochen“, sagt Requardt. Doch bevor Verbraucher mit einem Inkassobüro in Verhandlungen treten, sollten sie prüfen, ob dieses überhaupt eine rechtliche Erlaubnis hat. Das lässt sich im Register beim Landgericht des Ortes erfragen, an dem das Büro seinen Sitz hat. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Hat der Gläubiger seine Forderung an das Inkassounternehmen abgetreten, braucht es keine gerichtliche Erlaubnis, um tätig zu werden. Auf diese Weise ist es selbst zum Gläubiger geworden. Allerhöchste Zeit, aktiv zu werden, ist es jedoch, wenn ein Mahnbescheid vom Mahngericht kommt. Denn das Gericht prüft nicht automatisch, ob eine Forderung berechtigt ist oder nicht. Verbraucher haben zwei Wochen Zeit, Widerspruch gegen unberechtigte Forderungen einzulegen. Geschieht dies nicht, folgt ein Vollstreckungsbescheid – diesmal mit zweiwöchiger Einspruchsfrist. Wer dann immer noch nicht handelt, hat dem Gläubiger einen vollstreckbaren Titel geschenkt und sich selbst einen negativen Schufa-Eintrag beschert. Damit darf der Inkassodienstleister Konto oder Gehalt pfänden oder einen Gerichtsvollzieher schicken. Das ist auch schon fast das schlimmste Szenario: Noch schlimmer kann es nur kommen, wenn der Schuldner beim Besuch des Gerichtsvollziehers nicht zumindest eine Ratenzahlung anbietet. Dann nämlich kann dieser ihm die eidesstattliche Versicherung abnehmen, was einen Eintrag in das Schuldnerverzeichnis zur Folge hat. Bis zur Privatinsolvenz ist es dann nur noch ein weiterer, letzter Schritt. M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 D I E W E LT SEITE XI FORDERUNGSMANAGEMENT Paragrafen gegen Abzocker Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken soll Verbraucher vor Massen-Abmahnungen, unerlaubten Werbeanrufen und falschen Geldeintreibern schützen E s verspricht mehr Schutz und soll gleich ein ganzes Bündel an Problemen lösen: das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, das Ende September auch vom mehrheitlich rot-grün besetzten Bundesrat verabschiedet worden ist. Es soll unter anderem die unerlaubte Telefonwerbung eindämmen, Missstände bei den urheberrechtlichen Abmahnungen beseitigen, und es umfasst auch neue Regelungen für die Inkassobranche. Das heißeste Thema des Gesetzes jedoch war die Eindämmung kostspieliger urheberrechtlicher Abmahnungen gegen das sogenannte Filesharing im Internet. Dabei geht es zum Beispiel um Musikdateien oder Filme, die illegal aus OnlineTauschbörsen heruntergeladen werden. Zukünftig sollen Rechtsanwälte für eine erste Abmahnung von Privatleuten nur noch 148 Euro verlangen dürfen. Hinzu kommen erweiterte Informationspflichten, nach denen genau klar werden muss, wofür die Zahlungen gefordert werden, sowie bessere Verteidigungsmöglichkeiten für zu Unrecht Abgemahnte. Zudem dürfen Privatleute wegen Urheberrechtsverletzungen künftig nur noch an ihrem Wohnort verklagt werden. Rechtsanwalt Sven Mühlberger, der Betroffene vertritt, empfindet es als einen wichtigen Schritt, dass Opfer erkennbar unberechtigter Abmahnungen jetzt Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten haben. Gerade die wichtige Begrenzung der Gebühren bleibt aber unsicher: Die Begrenzung soll dem neuen Gesetz zufolge nicht gelten, wenn im Einzelfall doch höhere Gebühren angemessen wären. „Eine ähnliche Regelung hat sich schon nach der letzten Reform als Schlupfloch erwiesen“, kritisiert Mühlberger und Branche besser zu regulieren und schwarze Schafe herauszufiltern.“ Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) hat bereits angekündigt, sich im Dialog mit Schuldnerberatungsstellen und den Verbraucherschützern für eine klare Umsetzung einzusetzen. Geld verdirbt den Charakter: Neue Vorschriften sollen auch zweifelhafte Geschäfte mit Telefonwerbung und Gewinnspielen weiter erschweren Die Aufsicht über Inkassounternehmen wird durch das neue Gesetz ebenfalls gestärkt. Die Aufsichtsstellen re Höchstsätze für das erste Mahn- wenig weitgehend rügt, empfindet tisiert Berg. Auch deshalb behalte sich können jetzt auf einen besser abgestuf- schreiben nach Eintritt des Verzugs fest- Legial-Vorstand Constantin Svoboda ei- der BDIU eine verfassungsrechtliche ten Maßnahmenkatalog zurückgreifen, gelegt werden, und auch im Fall des so- ne solche Festlegung der Gebührensätze Überprüfung der Regelungen vor. genannten Masseninkassos soll es Ober- als Überregulierung – genau wie der Der dritte Teil des neuen Gesetzes um die Branche zu regulieren. Auch die möglichen Bußgelder wur- grenzen geben. Das betrifft Fälle, bei de- BDIU: „Die Arbeit von Inkassounterneh- trifft die Telefonwerbung. Gewinnspiele den erhöht: Sie können jetzt bis zu nen ein Gläubiger einem Inkassodienst- men darf nicht durch eine Überregulie- beispielsweise können Unternehmen 50.000 Euro betragen. Kritik gibt es al- leister innerhalb eines Monats mehr als rung der Inkassokosten gefährdet wer- nicht mehr per Anruf verabreden. Wer lerdings an der weiterhin zersplitterten 100 sogenannte gleichartige Forderun- den“, warnt Kay Uwe Berg. Der Ver- teilnehmen möchte, muss dies künftig Struktur der Aufsicht. Denn auch künftig gen zum Einzug übergibt. Diese Maxi- bandsgeschäftsführer sieht in der Rege- schriftlich bestätigen. Zudem werden die sollen insgesamt 79 Aufsichtsstellen den malgebühren kann das Bundesjustizmi- lung insbesondere eine Ungleichbehand- maximalen Bußgelder für unerlaubte Markt regulieren. In ungewöhnlicher nisterium laut Gesetz im Rahmen einer lung der verschiedenen Berufsstände. Werbeanrufe von 50.000 auf 300.000 Denn nach dem Wortlaut des Gesetzes Euro versechsfacht, und sie gelten nicht Eintracht haben BDIU, Verbraucher- Rechtsverordnung festlegen. Dieses Einfallstor staatlicher Regulie- solle eine solche Gebührenverordnung mehr nur, wenn echte Menschen anruschützer und Unternehmer der künftigen Regierung deshalb schon jetzt ins rung findet allerdings wenig Beifall. nur für registrierte Inkassodienstleister, fen, sondern auch wenn sich am anderen Aufgabenbuch geschrieben, diese Zu- Während der vzbv die Regelung als zu nicht aber für Rechtsanwälte gelten, kri- Ende ein Telefoncomputer meldet. ständigkeit in der kommenden LegislaANZEIGE turperiode effektiv zu bündeln (siehe Beitrag unten auf dieser Seite). Weniger einig sind sich die Interessengruppen, wenn es um die neuen Gebührenregelungen für Inkassodienstleister geht. Diese wurden mit dem neuen Gesetz den Rechtsanwaltsgebühren angepasst. Der Bundesverband Verbraucherzentrale (vzbv) etwa fordert, dass die Inkassogebühren weiter standardisiert und gedeckelt werden müssen. In der Tat enthält das Gesetz hierzu einen Ansatzpunkt: Für die Gebühren, deren Erstattung ein Gläubiger von einer Privatperson verlangen kann, soll es feste Sätze geben. Dabei sollen insbesonde- fürchtet, die Gerichte könnten die Ausnahmeregel etwa bei neuen Kinofilmen oder Musikalben anwenden. Über den Umweg von Schadensersatzforderungen könnten Anwälte zudem weiter hohe Kosten produzieren. Das zweite wichtige Anliegen des Gesetzes ist eine schärfere Regulierung der Inkasso-Dienstleister. Die Branche soll transparenter werden und übersichtliche Gebührenstrukturen erhalten. Künftig muss aus dem Inkassobrief klar hervorgehen, für wen ein Inkassounternehmen tätig wird. Auch der Forderungsgrund, der Vertragsgegenstand und das Vertragsdatum müssen offengelegt werden. Außerdem wird die Berechnung von Inkassokosten und Zinsen aufgeschlüsselt, und Privatpersonen haben Anspruch auf noch weitergehende Auskünfte. Für Constantin Svoboda, Vorstand des Inkasso-Dienstleisters Legial, ist das ein sinnvoller Schritt: „Die neuen Transparenzregeln helfen dabei, korrekte Inkassotätigkeit klarer zu definieren. Auch den Aufsichtsbehörden werden damit Leitlinien an die Hand gegeben, die GETTY IMAGES CHRISTOPH ENDELL „Die neuen Transparenzregeln helfen dabei, eine korrekte Inkassotätigkeit klarer zu definieren“ Schwere Fälle fallen uns leicht. Constantin Svoboda, Vorstand Legial Alles unter Kontrolle? In Deutschland sind insgesamt 79 Gerichte für die Aufsicht von Inkassofirmen zuständig. Effektive Prüfung ist so kaum möglich D ie Theorie ist eindeutig: Fällt ein Inkasso-Unternehmen negativ auf, kann das Gericht, bei dem der Dienstleister registriert ist, dessen Genehmigung widerrufen. Das regelt das Rechtsdienstleistungsgesetz. Doch die Praxis zeigt: Ist eine Genehmigung einmal erteilt, wird sie nur in den seltensten Fällen wieder entzogen. So hat eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein im Jahr 2010 ergeben, dass Inkassofirmen bundesweit lediglich in zwei Fällen aufgrund von Verbraucherbeschwerden die Zulassung entzogen wurde. Verbraucherschützer werfen der Branche zudem vor, dass auch deren Selbstregulierung nur unzureichend funktioniere. So würden die „berufsrechtlichen Richtlinien“ des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) weder eine Gebührenordnung noch konkrete Informationspflichten vorgeben, kritisiert der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Rund 750 zugelassene Inkassounternehmen gibt es derzeit in Deutschland, von denen zwei Drittel im BDIU organisiert sind. Sie bewegen nach Verbandsangaben jährlich ein Forderungsvolumen von mehr als 24 Milliarden Euro. Doch eine effektive Kontrolle der Unternehmen finde nicht statt, bemängeln Experten. Der Grund dafür liege in der Zersplitterung der Aufsichtslandschaft: Momentan sollen 79 verschiedene Amtsund Landgerichte die Tätigkeit der Inkassounternehmen kontrollieren. Zwar hat das Ende September verabschiedete „Gesetz gegen unseriöse Ge- schäftspraktiken“, das auch als „Anti-Abzock-Gesetz“ bekannt geworden ist, die Aufsicht über Inkassofirmen verbessert. Laut Bundesjustizministeriums wurden die Widerrufsmöglichkeiten für die Registrierung erweitert. Außerdem können zuständige Gerichte zusätzliche Sanktionsmaßnahmen unterhalb des Widerrufs der Registrierung verhängen. Dazu zählen etwa Bußgelder und die Möglichkeit, den Firmen die Arbeit für eine gewisse Zeit komplett oder teilweise zu untersagen. Allerdings haben weiterhin 79 Behörden die Aufsichtspflicht. Dabei handelt es sich um Gerichte, die meist schon mit ihren Kernaufgaben überlastet JAQUES BAGIOS HARALD CZYCHOLL Zum Reichtum führen viele Wege: Behörden prüfen die Arbeit der Firmen sind. Diese Regelung ist denn auch aus Sicht des Branchenverbandes BDIU unbefriedigend. „Optimal wäre eine bundesweite Aufsichtsbehörde“, sagt Verbandsgeschäftsführer Kay Uwe Berg. „Realistisch wäre zumindest eine Aufsichtsbehörde pro Bundesland.“ Nach Einschätzung der Interessensvertretung ist eine solche Regelung daran gescheitert, dass die Bundesregierung nicht dazu bereit war, mehr Geld für die Aufsicht über Inkassounternehmen auszugeben. Aus Sicht des BDIU ist das ein schwerer Fehler: Wer unseriöse Geschäftspraktiken wirklich eindämmen wolle, müsse den Behörden auch die dafür notwendigen Mittel an die Hand geben, heißt es beim Verband. Die Branchenvertreter fordern daher weitere gesetzliche Änderungen. In einem ersten Schritt solle die Bundesregierung eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Wirtschaft, der Verbraucherschützer und der juristischen Praxis einsetzen, um Vorschläge für eine weitere Verbesserung der Inkasso-Aufsicht zu erarbeiten. Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) fordert eine schlagkräftigere Aufsicht mit lediglich einer zuständigen Aufsichtsbehörde pro Bundesland und setzt sich für noch effektivere Sanktionsmöglichkeiten ein, die von gestaffelten Geldbußen bis hin zum Entzug der Zulassung reichen. „Inkasso braucht Regeln, gesetzliche Informationspflichten, verlässliche Gebührenvorgaben und eine schlagkräftige Aufsicht“, betont der Verbraucherzentralen-Chef Gerd Billen. „Ein Mangel an effektiven Kontrollen und Sanktionen ist geradezu eine Einladung für Betrüger.“ Altforderungen sind oft schwer zu managen. Ihnen fehlen Zeit und die nötige Kapazität. So gerät das Ertragsgleichgewicht ins Wanken. Mit unserem außergewöhnlichen Forderungsmanagement überbrücken wir diese Strecke – Schritt für Schritt. Auf Wunsch kaufen wir auch Ihren Altforderungsbestand. Rufen Sie uns noch heute an: 0800 3647465 Stichwort „Elefant“. www.dohr-inkasso.de + SEITE XII D I E W E LT M I T T WO C H , 2 3 . O KT O B E R 2 013 FORDERUNGSMANAGEMENT „Wir hatten das Geld schon abgeschrieben“ Geld ist nicht alles: Für die finanziell klammen Kommunen und Städte ist es allerdings überlebenswichtig. Dennoch sind diese beim Eintreiben von Forderungen oft immer noch sehr nachlässig Mit externer Hilfe können Städte und Kommunen offene Rechnungen reduzieren V on dem Erfolg waren Christian Strunk und sein Team selbst überrascht. Seit gut eineinhalb Jahren gibt die Stadt Xanten in NordrheinWestfalen Forderungen, die ihre Mitarbeiter mit eigenen Mitteln nicht mehr eintreiben können, an ein Inkassounternehmen ab – und freut sich über zusätzliche Erträge im Haushalt: „Bisher liegt die Erfolgsquote bei 25 Prozent“, sagt Bürgermeister Strunk: „Die Gelder hatten wir eigentlich schon abgeschrieben.“ Der Dienstleister arbeite auf Erfolgsbasis und bekomme neben den Gebühren, die er von den Schuldnern verlange, 30 Prozent der eingetriebenen Forderungen. Dabei handelte es sich in Xanten zunächst hauptsächlich um nicht bezahlte Strafzettel, vor allem „Knöllchen“ von Besuchern aus den Niederlanden. Zudem würden jetzt aber auch verstärkt Außenstände bei Steuern und Gebühren an das Inkassounternehmen abgegeben, sagt Strunk. Die Spanne reiche von zehn Euro für die Urkunde des Standesamtes bis hin zu mehreren Tausend Euro Gewerbesteuern. Und Xanten werde diesen Weg „konsequent weiter gehen“, so das Fazit des Bürgermeisters. Dass sich viele Kommunen damit beschäftigen, ihr Forderungsmanagement zu verbessern, bestätigt Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Ob wie in Xanten allerdings auch Dienstleister beauftragt werden, um als sogenannte Verwaltungshelfer beispielsweise die Kommunikation mit Schuldnern zu übernehmen, sei für die Kommunen letztlich eine betriebswirtschaftliche Frage, sagt Zimmermann. Das Potenzial für derartige Kooperationen scheint jedenfalls groß. Schätzungen zufolge entgehen der öffentlichen Hand jährlich mehr als eine Milliarde Euro, weil Forderungen niedergeschlagen werden müssen. Das heißt, in diesen Fällen sehen die Kommunen wie die Stadt Xanten bei ihren Knöllchen keine Chance mehr, dass sie das Geld noch bekommen werden. Sie haben mehrmals längst gegeben. Nach dem neuen hessischen Justizkostengesetz dürfen künftig auch die Gerichtskassen des Landes mit privaten Inkassounternehmen zusammenarbeiten. Hintergrund sind offene Gerichtskosten im zweistelligen Millionenbereich. Laut Gesetz dürfen die Firmen die Gerichtskassen als Verwaltungshelfer beim Einzug niedergeschlagener Forderungen unterstützen. Sie bewerten die Erfolgsaussichten, ermitteln Anschriften, nehmen schriftlich und telefonisch Kontakt mit Schuldnern auf oder sorgen für die langfristige Überwachung von Forderungen. Hoheitliche Aufgaben wie etwa Vollstreckungsmaßnahmen übernehmen sie nicht. Die bleiben auch weiterhin ausschließlich staatlichen Gerichtsvollziehern vorbehalten. Vorbild des Landes war die eigene Landeshauptstadt. Wiesbaden hat sein Forderungsmanagement seit 2003 komplett neu aufgebaut und die monatlichen Außenstände seitdem von rund 50 Millionen Euro auf rund 31 Millionen Euro reduziert. Seit Jahren kooperiert die Stadt auch mit externen Anbietern, erklärt Thomas Idstein, der in der Kämmerei das Forderungsmanagement leitet. Beim Inkasso etwa kümmere sich ein Dienstleister ausschließlich um niedergeschlagene Fälle. „Wir achten streng darauf, dass wir für das Inkasso nur die nötigsten Daten der Schuldner weitergeben“, betont Idstein. Beschwerden habe es noch nie gegeben. Dafür habe die Stadt in den vergangenen zweieinhalb Jahren rund 110.000 Euro eingenommen. Zudem seien mit Schuldnern Ratenvereinbarungen über weitere 300.000 Euro getroffen worden, sagt Idstein: „Dieses Geld wäre sonst komplett weg gewesen.“ JAQUES BAGIOS JENS KOHRS gemahnt, und weil auch ihre Vollstreckungsbeamten nichts erreichten, wird das Geld abgeschrieben. Dabei könne bei entsprechend langem Atem durchaus noch Geld fließen, sagt Andreas Tafel, CEO von Apontas Die Forderungsmanager. Das Hannoveraner Unternehmen arbeitet auch für öffentliche Unternehmen wie Stadtwerke und gesetzliche Krankenkassen. „Externe Dienstleister haben genug Ressourcen, um eine niedergeschlagene Forderung über einen langen Zeitraum zu überwachen“, sagt Tafel: „Erfahrungsgemäß werden viele Schuldner nach einer gewissen Zeit wieder leistungsfähig.“ Des- halb werde schriftlich und teilweise auch telefonisch Kontakt gehalten, und sollte sich die Finanzlage der Schuldner verbessern, werden zum Beispiel neue Zahlungsvereinbarungen getroffen. Denkbar seien etwa Ratenzahlungen oder Einmalzahlungen im Sinne von Vergleichen. Darauf setzt auch Dirk Schatz im Landkreis Mansfeld-Südharz in SachsenAnhalt. Als sich die nicht eintreibbaren Forderungen auf mehr als 106.000 Euro summierten, zog der Landrat die Notbremse und lagerte die weitere Bearbeitung an ein Inkassounternehmen aus. Neben Forderungen des Straßenverkehrsamtes und des Bauamtes, zum Beispiel für Baugenehmigungen, machen Unterhaltsvorschüsse für Kinder mit 39.200 Euro den Großteil der niedergeschlagenen Außenstände aus. „Wir sehen es aber nicht ein, dass ein Vater die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinem Nachwuchs nicht erfüllt und die Allgemeinheit diese begleichen muss“, sagt Schatz. Vor allem bei denjenigen, die sich nur zeitweise in einer finanziell knappen Lage befinden, sollen die Forderungen doch noch realisiert werden, sobald sich die Schuldner wirtschaftlich erholen. Deshalb behält sie das Inkassounternehmen künftig langfristig im Auge, „und wir senken dadurch unnötigen und unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand“, erklärt Schatz. Trotzdem ist die Zahl der Kommunen, ANZEIGE „Wir achten streng darauf, dass wir nur die nötigsten Daten der Schuldner weitergeben“ Thomas Idstein, Kämmerei Wiesbaden die sich externe Hilfe holen, bislang überschaubar. Dafür sorgen unterschiedliche Landesgesetzgebungen genauso wie die Diskussion, ob es nicht doch eine reine Staatsangelegenheit ist, kommunale Forderungen einzuziehen. Vor allem aber bleibt die grundsätzliche Frage, ob die Kommunen Daten ihrer Bürger überhaupt an die Privatwirtschaft abgeben dürfen. „Die Datenschutzbeauftragten der Länder bewerten dies vollkommen unterschiedlich, und auch auf Seiten der Politik und in den Verwaltungen gibt es vielfach kontroverse Ansichten“, sagt Apontas-Chef Tafel. Entsprechend groß sei die Unsicherheit. Hessens Datenschutzbeauftragter Michael Ronellenfitsch hat sein Okay Alles andere als Standard Die Einsatzmöglichkeiten in der Branche sind vielfältig. Am Anfang steht die Sachkundeprüfung, aber Weiterbildung bleibt Pflicht PAULINE KREBS W er an Universitäten oder Fachhochschulen nach einem Studiengang „Forderungsmanagement“ sucht, sucht vergebens. Auch einen eigenständigen Ausbildungsberuf gibt es nicht. Die theoretischen Grundlagen, um sich als Inkassounternehmer registrieren lassen zu können, werden in einem Lehrgang vermittelt. Angeboten wird er etwa von der Deutschen Inkasso Akademie (DIA), einer Tochtergesellschaft des BDIU. Er deckt das gesetzlich verlangte juristische Wissen ab, denn Inkassounternehmer müssen sich etwa im bürgerlichen Recht, im Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrecht, aber auch im Zivilprozess-, Insolvenz- sowie Kostenrecht auskennen. In 120 Stunden lernen die Teilnehmer eines solchen Sachkundelehrgangs die relevanten Gesetzesgrundlagen. In weiteren 18 Stunden werden bei der DIA Themen wie Datenschutz- und Berufsrecht beleuchtet. „Da es beim Forderungsmanagement immer das Ziel ist, dass sich Schuldner und Gläubiger – am besten außergerichtlich – einigen, spielt im Unterricht neben der Theorie auch der soziale Aspekt eine große Rolle“, sagt Ulrich Jäger, DIA-Dozent und Justiziar der Seghorn Inkasso GmbH. Der Lehrgang endet mit einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung. Juristen, die das erste Staatsexamen haben, benötigen die Sachkundeprüfung nicht. Aber wie die Lehrgangsabsolventen müssen sie für die Registrierung als + Inkassounternehmer noch mindestens zwei Jahre Berufserfahrung im Forderungsmanagement nachweisen. Das zweite Staatsexamen berechtigt dazu, sich direkt selbstständig zu machen. „Die Teilnehmer des Sachkundelehrgangs sind in der Regel bereits im Forderungsmanagement tätig“, sagt Anett Bremert, die an der DIA die Seminare und Lehrgänge organisiert. „Sie arbeiten als Anwaltsgehilfen, im Vertrieb, als Sachbearbeiter, Assistenz der Geschäftsführung oder als Bürokaufmann in der Forderungsabteilung großer Unternehmen, in Inkassofirmen oder privatärztlichen Abrechnungsstellen. Sie sind bereits Teamleiter oder wollen innerhalb ihres Unternehmens andere Aufgaben übernehmen beziehungsweise sich als Inkassounternehmer selbstständig machen.“ Für Bremert ist dieser Weg sinnvoll, denn viele der komplexen Zusammenhänge seien ohne das praktische Knowhow kaum nachvollziehbar. Die Altersspanne der Teilnehmer reiche für gewöhnlich von Mitte 20 bis Ende 60. Den neunmonatigen Lehrgang bietet die DIA zweimal im Jahr an. Die Theorie wird an 23 Unterrichtstagen sowie in Form von monatlichen Blockseminaren vermittelt. Doch auch danach sind Inkassounternehmer verpflichtet, sich regelmäßig weiterzubilden. „In den Zusatzseminaren vermitteln wir beispielsweise aktuelle Gesetzesänderungen“, sagt Ulrich Jäger. „Und die sind jedes Jahr zahlreich.“ Aber auch Seminare zu Softskills bei der Mitarbeiterführung oder zu Telefoninkasso und Zwangsvollstreckungen gehö- ren zum Angebot. Die Teilnehmer entwickeln beispielsweise Gesprächsleitfäden oder absolvieren Telefontrainings, um den Umgang mit Schuldnern zu lernen und Lösungsansätze zu finden. Ähnliche Fortbildungen und Trainings bieten neben der DIA auch mehrere Industrieund Handelskammern sowie die DIHKBildungs-GmbH an. Stefanie Roth arbeitet seit sechs Jahren als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte sowie Rechtsfachwirtin bei Inkasso Kodat in Essen. Die 33-jährige Gruppenleiterin hat vor kurzem den Sachkundelehrgang absolviert. Besonders geholfen hat ihr neben dem praxisnahen Unterricht der Austausch mit den anderen Teilnehmern: „Es ist interessant zu erfahren, was andere erleben und wie sie mit bestimmten Forderungsfällen und Arbeitsabläufen umgehen.“ Die Branche, sagt sie, sei unglaublich vielfältig. Es gibt Arbeitsmöglichkeiten in Firmen jeder Größe und mit unterschiedlicher inhaltlicher Ausrichtung, in Kanzleien oder Inkassounternehmen. „Neben unternehmerischem Denken ist eine gute Menschenkenntnis wichtig“, sagt Roth. „Hinter jedem Fall steht eine Person mit einer ganz eigenen Geschichte.“ Roth hat gemerkt, dass standardisierte Workflows nicht immer helfen: „Unsere Aufgabe ist es, auch individuell zu handeln – sonst kommen wir manches Mal nicht weiter.“ Ihr Tipp für angehende Inkassounternehmer: „Einfach mal gucken, welcher Bereich einem gefällt – denn Forderungsmanagement ist nie gleich Forderungsmanagement.“