RFID-Kongress 2015

Transcrição

RFID-Kongress 2015
Ausgabe März 2015 | ISSN 1860 - 5907 | www.rfid-im-blick.com
10 Jahre „RFID im Blick“ | 2005 bis 2015
DAS FACHMAGAZIN FÜR KONTAKTLOSEN DATENTRANSFER |
AUTOMATISCHE IDENTIFIKATION | PROZESSOPTIMIERUNG
RFID
in der Medizin 2015
Der Patient | Die Klinik | Das Labor | Die Medizintechnik
RFID-Drucker und
Applikatorensysteme
2015
RFID-Kongress 2015 | 28. und 29. September 2015 | Düsseldorf
5 Foren | 36 Vorträge | 35 Aussteller| 30 SpeedLabs | www.rfid-kongress.com
International Journal
BUSINESS PLATFORM | RFID CONFERENCE
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RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | RFID
in der Medizin
Reportage
RFID in der Medizin 2015
Der Spagat zwischen optimaler Patientenvorsorge
und Wirtschaftlichkeit in allen Bereichen des Gesundheitswesens ist herausfordernd. Leistungserbringer sehen sich einem zunehmendem Sparzwang, bei mehr als 300 Milliarden Euro Ausgaben
im deutschen Gesundheitswesen 2012, ausgesetzt
und dürfen dennoch nicht den Blick für die bestmögliche Patientenbetreuung verlieren.
Der Patient
Immer mehr Patienten werden in immer kürzerer
Zeit in Krankenhäusern behandelt. Unsicherheiten und Risiken für die Patientensicherheit
entstehen wenn keine Zeit bleibt, Arbeitsschritte regelkonform auszuführen, wie beispielsweise
Hygienerichtlinienen. RFID kann hier unterstützen – ebenso bei der Patientenidentifikation
und bei der Sicherheit von Neugeborenen.
Die Klinik
Im Klinikbetrieb kann RFID insbesondere in
logistischen Prozessen, dem Asset-Management
und der Geräte- und Betriebsmittelverwaltung
zum Einsatz kommen. Zeit und Kosten werden
eingespart und die Mitarbeiter entlastet. Werden Produkte wie Blutbeutel mit RFID-Transpondern gekennzeichnet, trägt eine gesteigerte
Transparenz auch zur Patientensicherheit bei.
Die Medizintechnik
Ohne technologische Lösungen wäre ein modernes Gesundheitswesen undenkbar. Vom
Pipettier-Handgerät bis zum Hightech-Beatmungsgerät – integrierte RFID-Applikationen
unterstützen Mitarbeiter im Labor und im Krankenhaus bei ihrer Arbeit.
Das Labor
Jeden Tag werden Millionen Proben in Laboren
analysiert – Fehler bei der Zuordnung von Probe
und Patient müssen bestmöglich ausgeschlossen
werden. Für die Masse der Proben kommt RFID
(noch) nicht zum Einsatz. Bei speziellen Proben,
wie in der Reproduktionsmedizin oder im KryoBereich, ist der RFID-Einsatz bereits Realität.
RFID in der
Der Patient | Die Klinik
Von Jan Phillip Denkers, Dunja Kandel
und Anja Van Bocxlaer
Medizin 2015
Das Labor | Die Medizintechnik
Der Patient | Seite 32 bis 37
Die Klinik | Seite 38 bis 41
Die Medizintechnik | Seite 42 bis 47
Das Labor | Seite 47 bis 49
32
RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | RFID
in der Medizin
Statistische Betrachtungen
Gesundheit in Zahlen
1.
Die Entwicklung der Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland
von 1991 bis 2011
1991
19,3 %
2011
15,0 %
16,4 %
20,6 %
65,7 %
63,0 %
0-18 Jahre
ab 65 Jahre
18-64 Jahre
Die Bevölkerung in Deutschland ist im Zeitraum zwischen 1991 und 2011 stark gealtert. Die Zahl der Jugendlichen
unter 18 nahm bis 2011 um 2,9 Prozent gegenüber 1991 ab, hingegen stieg die Anzahl der Bevölkerung ab 65 im
gleichen Zeitraum um 5,9 Prozent.
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder – Zensus 2011
2.
Anzahl der Pflegeheime und ambulanter Pflegedienste in Deutschland
Pflegeheime
Darunter mit vollstationärer Dauerpflege
2005
2009
12745
10949
13030
12026
10384
11634
10977
9414
10424
Der Patient
Ambulante Pflegedienste
2013
Die Veränderung in der Altersstruktur zeigt sich im Bereich der Altenpflege sehr deutlich. Sowohl die Anzahl der
Pflegeheime als auch die der ambulanten Pflegedienste stieg innerhalb von nur acht Jahren zwischen 2005 und 2013
um fast 30 Prozent an.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015
RFID in der Medizin 2015 |
3.
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
33
Krankenhäuser in Deutschland
Bettenauslastung in Prozent
5.
2000
2005
Die Anzahl der Krankenhäuser in Deutschland hat in
den vergangen 25 Jahren kontinuierlich abgenommen.
2013 wurde erstmals die Anzahl von 2.000 unterschritten. Ähnlich verhält es sich bei den Betten: Die
Anzahl wurde seit 1991 bis 2013 um mehr als 160.000
von ehemals über 660.000 auf knapp über 500.000
reduziert. Die Bettenbelegungsquote hingegen steigt
seit 2005 wieder leicht an.
1996
2139
1995
77,3
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015
2013
Ausgaben im deutschen Gesundheitswesen
Gesundheitsausgaben in Milliarden Euro
Anteil am BIP in Prozent
11,3
10,4
9,6
212,8
300,4
Die Ausgaben für Gesundheit überstiegen in Deutschland im Jahr 2012 erstmals die Marke von 300 Milliarden Euro. Damit verdoppelten sich die Ausgaben
nahezu innerhalb von 20 Jahren seit 1992. Der Anteil
der Ausgaben am Bruttoinlandprodukt stieg im gleichen Zeitraum jedoch nur um 1,7 Prozent.
158,6
4.
74,9
2242
1991
81,9
2325
82,1
2411
Anzahl Krankenhäuser
84,1
1992
2000
2012
Personalbelastungszahl je Vollkraft in Krankenhäusern
Ärztlicher Dienst
Pflegedienst
1991
6.
2001
14,8
6,3
14,4
18
6,7
20,2
22,8
8,5
29,2
Medizinisch-technischer Dienst
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik, Februar 2012
2010
Verhältnis von Fallzahlen und Patientenverweildauer
14
Patientenverweildauer
9,4
Fallzahlen
7,5
Die Fallzahlen in deutschen Krankenhäusern steigen,
die Verweildauer der Patienten nimmt ab
1991
2001
2013
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015
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RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | RFID
in der Medizin
Eine Plattform für die Sicherheit von Patienten
Laut des Aktionsbündnisses Patientensicherheit e. V. (APS) schätzt die Weltgesundheitsorganisation, dass weltweit jährlich zehn Millionen Menschen schwere
körperliche Schäden davontragen oder sterben, weil die Gesundheitsversorgung
nicht sicher genug ist. Bei bis zu jeder zehnten Krankenhausbehandlung wird ein
Patient infolge eines vermeidbaren Ereignisses geschädigt – und das auch in finanziell gut ausgestatteten und modernen Gesundheitssystemen, wie beispielsweise
Deutschland, so die Sicht des APS. Mitglieder des APS sind im Gesundheitswesen
Tätige, Patienten sowie Institutionen der Gesundheitspolitik, -versorgung, -forschung und -wirtschaft.
Interview mit Hedi François-Kettner, Vorsitzende Aktionsbündnis
Patientensicherheit e. V.
Für welche Ziele steht das Aktionsbündnis Patientensicherheit?
Um die Patientensicherheit in Deutschland zu erhöhen, hat sich
das APS, gegründet in 2005, eine Reihe von Zielen gesteckt,
die durch konkrete Projekte unter der Mitwirkung multidisziplinärer Arbeitsgruppen erreicht werden sollen. Unsere Ziele
sind, eine größere Offenheit, Transparenz und Sicherheitskultur zu schaffen sowie das Wissen diesbezüglich bei sämtlichen
Gesundheitsfachberufen zu erweitern. Das APS versteht sich
als unabhängiges Netzwerk aller an einer sicheren Patientenversorgung Interessierten, mittlerweile hat es sich als wichtigste Organisation für die Förderung der Patientensicherheit in
Deutschland etabliert.
Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie im Hinblick auf die Optimierung der Patientensicherheit?
Wir benötigen einheitliche Datenlagen, die einen jährlichen
Verlauf unserer Bemühungen, die ja überall stattfinden, sichtbar machen. Wir wollen die Patientensouveränität und Eigenverantwortung stärken, denn ohne den Patienten wird vieles
nicht gelingen. Wir brauchen Resilienz und Mut, auch Dinge,
die heute noch von Hierarchien, nicht geübter Praxis oder Partialinteressen getrübt sind, dringend anzugehen.
Im europäischen Vergleich betrachtet - Wie wertvoll ist Patientensicherheit an deutschen Kliniken?
Es gibt keine pauschalen Vergleiche, um die Frage zu beantworten.
Wertvoll ist Patientensicherheit allemal. Inzwischen weiß jeder Klinikmanager, dass es sehr viel Skandalpotenzial gibt, welches ein Gesundheitsunternehmen maximal gefährden kann. Wir sehen, dass ein
Staat wie Japan sich in Deutschland Anregungen holt, wenn es um
Patientensicherheit geht. Vieles ist aus meiner Sicht sicherer geworden, aber es gibt noch sehr viel zu tun.
Welche „Unsicherheitsfaktoren“ sind am häufigsten anzutreffen?
Seit 2010 betreibt das APS zusammen mit den Partnern ein deutschlandweites, öffentlich zugängliches Fehlerberichts- und Lernsystem
für Kliniken, das Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland. Wir können
aus Fehlermeldesystemen, aus Behandlungsfehlerregistern oder durch
Schieds- und Schlichtungsstellen lernen, an welchen Punkten anzusetzen ist. So machen wir im APS auf besonders gravierende Probleme
aufmerksam und erarbeiten in Arbeitsgruppen Empfehlungen oder
beispielsweise einen Leitfaden, welcher den Ausbildungseinrichtungen
und Universitäten für wichtige Lerneinheiten Hinweise gibt. Gravierend scheint mir zu sein, dass die Personalstärke dringend anzupassen
ist, aber auch die multiprofessionelle Zusammenarbeit mit der entsprechenden Kommunikation unser aller Aufmerksamkeit bedarf. Das sind
alles keine technischen Fragen.
Der Patient
Schutz des neugeborenen Lebens Schützen ohne zu bevormunden
In 739 der insgesamt 1996 deutschen
Krankenhäusern kamen 2013 laut Statistischem Bundesamt
682.069 Kinder zur
Welt. In der Regel
verbringen die Kinder die nach der Geburt folgende Zeit im Zimmer der Mutter. Das
fördert nicht nur die Verbindung zwischen Mutter und Kind, sondern entlastet auch das Pflegepersonal, da die Mütter ihre Kinder
weitestgehend selbst versorgen. Jedoch erhöht sich der Kontrollaufwand, wenn Säuglinge nicht mehr zentral auf einer Station
rund um die Uhr von Pflegekräften überwacht werden. Die Gefahr von Entführungen ist, wenn auch zumindest in Deutschland
nicht unmittelbar, gegeben. In Gesprächen, die „RFID im Blick“
mit Pflegeverantwortlichen führte, wurde deutlich, dass nach Lösungen gesucht wird, wie Säuglinge technologischer Unterstützung überwacht werden können. Zahlreiche RFID-Hardware
und -Systemanbieter haben passende Applikationen im Portfolio
– beim Blick auf die deutsche Krankenhauslandschaft zeigte sich
jedoch, dass technologische Lösungen dort (noch) keinen Einzug
zur Erhöhung der Sicherheit von Säuglingen erhalten haben.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft schätzt die Anzahl Demenzkranker aktuell auf rund 1,5 Millionen, prognostiziert wird eine Verdoppelung dieser Zahl bis zum Jahr 2050. Betroffene leiden oftmals
an Unruhezuständen und Fluchtverhalten – die Gefahr, dass sie ihre
Wohnung oder ihre Pflegeeinrichtung, wo nach Schätzungen rund
60 Prozent der Bewohner an Demenzerkrankungen leiden, verlassen und sich verirren, steigt. Zur Erhöhung der Bewohnersicherheit
und Entlastung der Pflegenden kommen zunehmend unterschiedliche Ortungstechnologien zum Einsatz.
Bei der Outdoor-Personenortung sind GPS-Transponder, zum Teil
gekoppelt mit einem Mobilfunkmodul zur Standortübermittlung,
erste Wahl. In Gebäuden jedoch gibt es unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten von WLAN- und vor allem RFID-Applikationen. Gegenüber WLAN-Transpondern haben RFID-Lösungen den Vorteil,
dass sie nicht nur ohne Batterie funktionieren, auch lassen sich
Bewohnern klar definierte Bereiche zum Aufenthalt zuweisen. Mit
RFID-Applikationen können Türen und Fenster selektiv verriegelt
oder Aufzüge nur auf bestimmten Etagen gestoppt werden. Vorteil
aller technologischen Lösungen ist, dass sie die Möglichkeit bieten,
Bewohner trotz Erkrankung nicht in allen Lebensbereichen zu bevormunden, sondern Freiheiten zu bewahren.
RFID in der Medizin |
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
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Anwesenheitsnachweis mit RFID in der ambulanten Pflege
Transparenz erhöhen – Missstände vermeiden
Um Tätigkeiten von Mitarbeitern von ambulanten Pfle- dürftigem. Ein sicherer NFC-Tag zusammen mit einer
gediensten korrekt abzurechnen, bedarf es einer exakten innovativen Applikation von HID Global kann eine solArbeitszeiterfassung der geleisteten Arbeit pro Pflegebe- che Lösung sein, die Abrechnungsbetrug verhindert.
Mit einem NFC-Tag und einer innovativen Lösung im Hintergrund können Arbeitsnachweise von Pflegediensten
einfach, exakt und kostengünstig dokumentiert werden.
In den vergangenen Jahren gab es in zahlreichen Bundesstaaten der USA gerichtliche
Prozesse, die betrügerische Vorgänge in der ambulanten Kranken- und Altenpflege
zum Gegenstand hatten. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaften prangerte betrügerische Arbeitszeitabrechnungen an, die zu Fehlabrechnungen in Höhe mehrerer hundert Millionen US-Dollar führten. „Systeme, um die Besuchs- und Behandlungszeiten
zu kontrollieren und anschließend korrekt abzurechnen existieren zwar, sind aber
wenig praktikabel“, erläutert Eric Suligoj, ‎Director - Business Development Industry & Logistics, HID Global. „Eine Lösung setzt beispielsweise auf ein Gerät, dass
bei jedem Besuch einen individuellen Code generiert, der über ein Festnetztelefon
eingegeben werden muss. Ein zeitaufwendiger Prozess mit signifikanten Kosten für
Gerät und Montage. GPS-Lösungen, welche die Fahrten der Pflegemitarbeiter dokumentieren, sind zu ungenau, da nicht der Nachweis erbracht werden kann, welcher
Patient tatsächlich besucht wurde.“ Mittels eines NFC-Tags will HID die Herausforderung kostengünstig und sicher nachvollziehbar lösen. Der Tag wird in der Wohnung
des Patienten befestigt. Der Pflegedienstmitarbeiter muss den Trusted Tag sowie sein
persönliches NFC-Badge lediglich mit seinem Smartphone tappen. „Durch die HID
‚Trusted Tag‘-Lösung wird bei jedem Tappen eine einzigartige URL kreiert, die online
verifiziert wird, ohne eine App am Telefon zu benötigen. So können sehr simpel
und dennoch prozesssicher Behandlungszeiten exakt dem jeweiligen Patienten und
dem Mitarbeiter zugeordnet werden, Betrügerische Abrechnungen können auf diese
Weise deutlich reduziert werden“, erklärt Eric Suligoj.
Zu 100 Prozent das richtige Implantat
Kennzeichnung von orthopädischen Implantaten
bei Stryker in sieben europäischen Ländern
In Australien verwenden bereits sechs der weltweit von Implantaten. Der erste Rollout in Europa ist mit
sieben führenden orthopädischen Implantatherstel- dem Medizintechnikunternehmen Stryker Europe
ler die PJM RFID-Technologie für die Kennzeichung gestartet.
Der Hersteller orthopädischer Implantate setzt die PJM-Lösung
in seinen Hauptverteilerzentren in Großbritannien, Frankreich,
Deutschland, Spanien, Belgien, Italien und Schweden in der
Versandlogistik ein. Die Stryker Corporation sammelte erste Erfahrungen mit der PJM-Lösung vor dem europäischen Rollout
Allein in Deutsch­land wer­den jähr­lich knapp 200.000 Hüft­en­do­pro­the­sen ein­ge­setzt.
(Quelle: VDE Initiative Mikromedizin)
bereits in Australien und Neuseeland. Die Implantate werden
als Konsignationsware an Krankenhäuser geliefert. Diese Leihkits werden auf die spezifischen Anforderungen des Krankenhauses zusammengefasst und mit einer Vielzahl von Implantaten unterschiedlicher Größen in einem Karton versendet. Eine
PJM-fähige RFID-Lösung von Sato Vicinity kommt zum Einsatz,
um die Umverpackungen der Implantate zu kennzeichnen und
so eine Nachverfolgung zu ermöglichen, wie Detlev Müller,
General Manager, Sato, berichtet: „Der Chirurg entscheidet oftmals erst während der OP, welches Implantat er einsetzt. Die
übrigen neun von zehn Implantaten eines Consignment Blocks
gehen an das Distributionszentrum zurück. Da diese nicht sortenrein zurückgesendet werden, ist die Zuordnung schwierig
und der manuelle Aufwand, die Auslieferungen und Retouren
einzeln zu erfassen, enorm. Diese Zuordnung wird mit der
PJM-Technologie aufgrund der sicheren 100-prozentigen Erfassung aller gekennzeichneten Implantate erheblich vereinfacht.“
36
RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | RFID
in der Medizin
Hygienemanagement
„Hygiene ist ein Riesenproblem
in deutschen Krankenhäusern“
Die Nichteinhaltung einfachster Richtlinien führen zu folgenschweren Auswirkungen –
RFID kann unterstützen, so Professor Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow
Der gefährliche Mitarbeiter – so beschreibt Prof. Dr. med. Potenzial für Optimierungen, auch mittels RFID. „HygieneKlaus-Dieter Zastrow Mitarbeiter in Krankenhäusern, die mängel müssen in aller Deutlichkeit benannt werden – von
sich der Auswirkungen von nicht eingehaltenen Hygiene- Menschen wegen unsachgemäßer Hygiene im Krankenhaus
richtlinien nicht bewusst sind. Der Experte für Krankenhaus- verbreitete Keime sind für mehrere tausend Tote und Langhygiene prangert Missstände deutlich an und sieht ein großes zeitschäden mitverantwortlich“, sagt Prof. Dr. med. Zastrow.
Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow, Chefarzt des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Vivantes
Kliniken Berlin, im Interview mit „RFID im Blick“
Häufig wird eine zu dünne Personaldecke und ein zu hohes Arbeitsaufkommen für Missstände in der Hygiene verantwortlich gemacht. Ist das
für Sie nachvollziehbar?
Nein. Eine grundsätzliche Personaldebatte ist nicht zielführend.
Vollkommen richtig ist es, dass der Personalschlüssel für Intensivstationen die Betreuung von zwei Patienten durch einen Pfleger
hergeben muss. Auf Isolierstationen muss ein 1:1-Verhältnis möglich sein. Ist eine Pflegekraft gleich für vier Isolationspatienten zuständig, ist es nur eine Frage der Zeit, bis alle anderen Patienten
vom gleichen Keim befallen sind. Eine solches, häufig in Deutschland praktiziertes, Betreuungsverhältnis ist aus meiner Sicht absolut
unzulässig. Anders ist es auf Normalpflegestationen. Da spielt es
im Hochbetrieb keine Rolle, ob ein Verband eine halbe Stunde
früher oder später gewechselt wird. Ein weiterer Punkt: Der Bundesgerichtshof sieht die Sterilgutaufbereitung als voll beherrschba-
„Widerstand gegen unterstützende Maßnahmen zur Einhaltung von Hygienerichtlinien sind für mich ein Zeichen, dass
man sich der Gefahr, die von einem selbst als Krankenhausmitarbeiter ausgeht, nicht bewusst ist.“
Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow
Der Patient und die Pflege
Bereits seit 1982 arbeitet Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow im Bereich der Krankenhaushygiene. In Kliniken und Bundes-Institutionen leitete er Abteilungen und
Kommissionen. Seit 2002 ist er Chefarzt des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin bei Vivantes, Vorsitzender des Berufsverbandes der Deutschen Hygieniker und
seit mehreren Jahren Vorsitzender der Sektion Krankenhausbau und technische
Hygiene im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V..
Herr Prof. Dr. med. Zastrow, ist es in Krankenhäuser überhaupt möglich, Hygieneregeln 100-prozentig umzusetzen?
Ja! Aber nur, wenn alle Beteiligten, also nicht nur Pfleger, Ärzte und Betriebsräte, sondern Gesundheitsämter und nicht zuletzt
die Politik daran mitarbeiten. Zunächst sind Kontrollen von Gesundheitsämtern, so wie sie derzeit vollzogen werden, absolut
unzureichend. Überprüfungen werden oftmals Wochen vorher
angekündigt und dann werden auch nicht die infektionsrelevanten Tätigkeiten wie beispielsweise Verbandswechsel, das Legen
von Venenkathetern oder invasive Eingriffe in Operationssälen
überprüft. Folgenschwere Hygienefehler werden daher nur unzureichend aufgedeckt. Aber auch jeder einzelne ist gefragt. Die
Händedesinfektion ist hier ein zentraler Punkt. Jeder Pfleger und
jeder Arzt hört in der Ausbildung unzählige Male, wie wichtig das
sachgerechte Desinfizieren von Haut und Händen mit einer ausreichenden Menge an Desinfektionsmittel ist und dennoch wird dieser Verpflichtung – aus verschiedensten Gründen – nur halbherzig
nachgekommen.
res Risiko an. Die benötigte Technik ist bekannt und hoffentlich
auch vorhanden. Sämtliche Operationen – Notfälle ausgeschlossen
– sind geplant, daher gibt es auch ausreichend Zeit für alle Aufgaben. Personalmangel ist also nicht der Hauptgrund allen Übels.
Wie können Mitarbeiter bei der Umsetzung von Hygienerichtlinien zusätzlich zu bereits getroffenen Maßnahmen unterstützt werden?
Es gibt Systeme, bei denen die Mitarbeiter einen RFID-Transponder
bei sich tragen. Eine entsprechend ausgestatteter Desinfektionsspender im Patientenzimmer erkennt den Transponder und gibt ein
optisches oder akustisches Signal als Hinweis zur noch nicht erfolgten Händedesinfektion. Das Signal verstummt erst, wenn der Mitarbeiter die notwendige Menge an Desinfektionslösung entnommen
hat, denn der häufigste Fehler bei der Händedesinfektion ist nicht,
dass die Mitarbeiter es komplett unterlassen, sondern dass sie die
Händedesinfektion mit zu wenig Lösung zu kurz durchführen und
sich dann sicher fühlen. Pflegende und Ärzte in Vivantes-Häusern
hätten sich mit einem solchen System arrangiert, aber Bedenken
des Betriebsrates hinsichtlich einer möglichen Kontrolle und Überwachung der Mitarbeiter haben die Einführung vorerst gestoppt.
Widerstand gegen unterstützende Maßnahmen sind jedoch für
mich ein Zeichen, dass man sich der Gefahr, die von einem selbst
ausgeht, nicht bewusst ist. Daher ist die notwendige Konsequenz,
dass Mitarbeiter, die dreimal hintereinander Regel missachten, entlassen werden. Solche Mitarbeiter sind eine reale Gefahr für unsere
Patienten. Einem Taxifahrer, der dreimal bei „Rot“ über die Kreuzung fährt und dabei Fußgänger schwer verletzt, würde der Führerschein mit Sicherheit entzogen werden.
Wie unterstützt RFID Pflegende und Patienten?
| Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
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Patientenpflege
Wie unterstützt RFID
Pflegende und Patienten?
Die Patientenpflege ist zeit- und dokumentationsaufwendig. Der Bedarf nach automatisierten Lösungen nimmt zu
Immer weniger Pflegekräfte kümmern sich um immer von Infusionen wird zunehmend geringer. Eine kürzemehr Patienten. Die Zeit für die Unterstützung der Pa- re Verweildauer von Patienten trägt zu einem steigentienten bei Körperpflege und der Nahrungsaufnahme, den Dokumentationsaufwand bei. „Wir haben einen
Arzneimittelgabe, Blutentnahme, Injektionsverabrei- großen Bedarf an Lösungen zur Prozessautomatisiechung sowie bei der Vorbereitung und des Anschlusses rung“, sagt Iris Meyenburg-Altwarg.
Iris Meyenburg-Altwarg, Geschäftsführerin Pflege, Medizinische Hochschule Hannover,
im Gespräch mit „RFID im Blick“
Aufwand verringern, Qualität erhöhen
„Um den Dokumentationsaufwand für die Pflegenden zu reduzieren, wird eine automatisierte Identifikation von Patienten unumgänglich – so bleibt mehr Zeit Pflege und Betreuung der Patienten.
Auch mögliche Fehler durch sprachliche Barrieren könnten so vermieden werden.“ Derzeit wird jeder Patient über ein Armband identifiziert, das in Klarschrift über die Patienten- und Stationsnummer,
den Namen sowie das Geburtsdatum informiert. „Ein visueller Abgleich des Bandes mit den Unterlagen ist somit immer erforderlich
und kann zu Fehlern führen. Der Abgleich ist ein zusätzlicher Arbeitsschritt, der durch eine automatisierte Erfassung entfallen kann.“
„Um den Dokumentationsaufwand für die Pflegenden zu reduzieren, wird eine automatisierte Identifikation von Patienten
unumgänglich – so blebt mehr Zeit für Pflege und Betreuung
der Patienten.“
Iris Meyenburg-Altwarg, Medizinische Hochschule Hannover
Individuelle Pflegemaßnahmen im Blick
Die Zunahme neuer Behandlungs- und Therapiemethoden erhöht die Anzahl von patienten spezifischen Mischlösungen, die
in individuellen Dosierungen und Zeiträumen verabreicht werden, so Iris Meyenburg-Altwarg: „Dabei ist es wichtig, nicht nur
die richtige Dauer der Infusion über Spritzen- oder Infusionspumpen zu überwachen, sondern auch das richtige Medikament
an den richtigen Patienten zu bringen. Über einen RFID-Chip
kann die Zuordnung zum Patienten erfolgen und so die Erfassung automatisch in einem Dokumentationssystem gespeichert
werden. In der Intensivmedizin wird bereits über das Dokumentationssystem die Geschwindigkeit der Infusionspumpen angepasst, aber eine stationsübergreifende Lösung auf Basis einer
automatischen Patientenidentifikation ist bei uns nicht realisiert.“
Säuglinge in Sicherheit
Jährlich werden 2.000 Babys in der MHH geboren, Tendenz steigend. „Gesunde Neugeborene bleiben heute in der Regel bei ihren Müttern im Zimmer und werden von den Müttern eigenständig
versorgt. Einerseits eine zeitliche Entlastung für die Pflegenden,
andererseits werden Säuglinge nicht mehr permanent in einem
Raum vom Pflegepersonal zentral überwacht. Wir müssen absolut
sicherstellen, dass Entführungen und Verwechslungen zu 100 Prozent ausgeschlossen sind. Eine Lösung, welche das Pflegepersonal
automatisch informiert, sollte ein Neugeborenes ohne die Mutter
die Station verlassen, wäre für uns eine große Hilfe“, so Iris Meyenburg-Altwarg.
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
Die MHH ist als Universitätsklinikum in den Bereichen
Forschung, Krankenversorgung und Lehre aktiv. Patienten
werden in 18 medizinischen Zentren mit 75 Abteilungen,
verteilt auf 90 Stationen mit mehr als 1.400 Betten, auf dem
Campus der MHH behandelt und gepflegt.
Zahlen und Fakten aus 2012: 57.676 Patienten wurden stationär in der MHH (mit statistisch insgesamt 452.698 Behandlungstagen) behandelt. Im gleichen Jahr gab es im ambulanten
Bereich 429.734 Behandlungskontakte. Insgesamt arbeiteten
7.731,4 Vollzeitkräfte in allen Bereichen der MHH, darunter
1.297,2 im ärztlichen Dienst und 1.473,8 im Pflegedienst. 3.288
Studenten waren im Wintersemester an der MHH eingeschrieben, davon 2.039 für das Fach Medizin und 539 für das Fach
Zahnmedizin. Unter den 607 Auszubildenden befanden sich
200 angehende Krankenpfleger und Kinderkrankenpfleger.
Die MHH ist zahlenmäßig Deutschlands größtes Transplantationszentrum. Die Chirurgen der MHH verpflanzten 423 Organe, darunter 16 Herz- sowie 128 Lungentransplantationen.
Damit gehört die MHH auch zu den weltweit führenden Zentren für die Verpflanzung solider Organe.
(Quelle: Medizinische Hochschule Hannover - Jahresbericht MHH, 2012;
MHH Kompakt, 2010)
RFID-Tags auf Blutbeuteln
Die Möglichkeit zur eindeutigen und robusten Identifikation reduziert
Verwechslungen auf ein Minimum und beschleunigt den Weg zum Empfänger.
Blutspendedienst
Steht RFID auf dem Blutbeutel
vor dem Durchbruch?
Die Interregionale Blutspende SRK (IRB SRK) will eine neuartige RFID-Kennzeichnung einsetzen, um den Weg des Blutes vom Spender bis zum Empfänger zu optimieren.
RFID auf dem Blutbeutel – eine Applikation, die seit
mehr als acht Jahren regelmäßig von Anbietern und
Anwendern thematisiert wird. Jedoch wurde bislang
keine sinnvoll einsetzbare und übertragbare Lösung
entwickelt. Bisherige Versuche blieben Einzelanwendungen. Ein neuer Ansatz soll in der Lage sein, RFID
auf dem Blutbeutel zum Durchbruch zu verhelfen. Dieser könnte noch in 2015 bei der IRB SRK in Bern erfolgen. Ende März startet ein erster Praxistest mit einer auf
der Phasenjittermodulation (PJM) basierenden RFIDApplikation. Dieser Praxistest soll Gewissheit über die
technologische Machbarkeit erbringen.
Wilhelm Hilger, Technischer Assistent, Interregionale Blutspende SRK, im Gespräch mit „RFID im Blick“
Phasenjittermodulation (PJM)
Die Klinik
Was ist PJM?
PJM basiert auf der Modulation des Phasenrauschens der
HF-Trägerfrequenz, um eine höhere Datenübertragungsrate und das Erfassen einer höheren Anzahl von Transpondern im Gegensatz zur HF-RFID-Frequenz nach ISO/IEC
15693 zu erreichen. PJM ist seit 2004 nach ISO/IEC 180003 standardisiert und kann insbesondere in Anwendungen
zum Einsatz kommen, wo es absolut notwendig ist, eine
große Anzahl dicht gestapelter Objekte, wie beispielsweise
Blutbeutel, zu identifizieren. PJM wurde 1996 von Tim Frost
beim australischen Unternehmen Magellan entwickelt. 2002
wurde PJM patentiert. Das Unternehmen Magellan spezialisierte sich auf Anwendungen im Gesundheitswesen und
präsentierte 2010 erste Komplettlösungen für den medizinischen Markt. 2013 übernahm die Sato Group Magellan und
damit auch die patentierte PJM. Laut Sato Vincinity, die für
die Entwicklung und den Vertrieb von PFM-Lösungen zuständig ist, können PJM-Transponder unabhängig von ihrer
Ausrichtung gelesen werden. Eine spezielle Antikollisionmethode sei zehnmal schneller als andere Methoden. PJM-Tags seien ebenfalls in der Lage,
Frequenzsprünge durchzuführen, um trotz
gesperrter Kanäle dennoch zu antworten.
(Quelle: www.satovincinity.com)
Video „PJM RFID Blood Tracking Demonstration by Sato Vincinity“
Steht RFID auf dem Blutbeutel vor dem Durchbruch?
| Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
39
Eine hochsensible Angelegenheit
Jeden Schritt an zehn Punkten nachvollziehen
An insgesamt sechs stationären Einrichtungen und bei nahezu
500 mobilen Spendeaktionen entnehmen die Mitarbeiter der Interregionale Blutspende SRK in den beiden benachbarten Kantonen Bern und Waadt rund 90.000 Blutspenden pro Jahr. „Um
Verwechslungen auszuschließen, müssen sämtliche Schritte der
Blutspende und der Weiterverarbeitung sorgfältig – jedoch aktuell händisch – dokumentiert werden“, berichtet Wilhelm Hilger.
Daten wie ein Übergabeprotokoll von der Entnahme in die Verarbeitung erfolgen handschriftlich auf Papier. „Diese papierbasierten Schnittstellen wollen wir, wenn es technologisch machbar ist,
mittels RFID automatisieren“, so Wilhelm Hilger.
In gleich mehreren Arbeitsschritten kann, so Wilhelm Hilger,
die RFID-Technologie prozessoptimierend eingesetzt werden.
Beginnend bei der Entnahme wird momentan lediglich die
Spendennummer auf den Blutbeutel gebracht. „Für unsere Prozesse wäre es jedoch optimal, wenn Daten der Blutmischwaagen, die das Blut während der Entnahme mit den
Antikoagulanzien vermischen und das Gewicht des Blutbeutels überprüfen, direkt in einen RFID-Transponder auf dem
Beutel geschrieben werden könnten.“
(Noch) ungelöste Herausforderungen
Weshalb es bislang noch keine etablierte Standardlösungen für
die Überwachung von Blutbeuteln in Echtzeit gibt, liegt für Wilhelm Hilger insbesondere an zwei Herausforderungen: „Zum einen müssen die Transponder das Schockgefrieren von Blutbeuteln
auf bis zu minus 60 Grad Celsius überstehen. Bei Tests anderer
Blutspendedienste sind RFID-Labels dabei beschädigt worden.
Zum anderen werden Blutbestandteile in den Zentrifugen der
Verarbeitung mit der 5.000-fachen Erdbeschleunigung voneinander getrennt. Diese extreme Beschleunigung führte ebenfalls zum
Defekt zahlreicher Transponder.“ Auf den ersten Seiten des Lastenheftes steht auch die Möglichkeit der Pulkerfassung: „Dicht aneinander liegende Blutbeutel müssen zu 100 Prozent sicher erfasst
werden, alles andere wäre keine Prozessoptimierung.“
Wirtschaftlichkeitsberechnung nach der technischen Machbarkeit
Gemeinsam mit einem RFID-Unternehmen, das PJM-Lösungen
bereits erfolgreich integriert hat, wird die Interregionale Blutspende SRK einen Pilotversuch starten, um die technologische
Machbarkeit zu überprüfen. „Da Blut eine Flüssigkeit ist, kommt
für uns die Nutzung von UHF-RFID aufgrund von daraus resultierenden physikalischen Herausforderungen nicht in Frage.
Das Unternehmen, mit dem wir testen werden, setzt auf PJM
und HF als Trägerfrequenz, um Blutbeutel zu 100 Prozent zu
erfassen. Aber erst wenn wir wissen, ob sich die Technologie so
einsetzen lässt, wie es in unseren Prozessen notwendig ist, wird
eine Kostenberechnung realistisch. Ist es technisch möglich, sehen die Chancen auf eine Umsetzung jedoch sehr gut aus. Alle
unsere Prozesse und technischen Geräte sind validiert – es fehlt
allein an der Validierung der Informationen zur Bewegung der
Blutbeutel. Diese kann mit RFID verwirklicht werden“, berichtet
Wilhelm Hilger.
Im gesamten Prozess sieht Wilhelm Hilger rund zehn wichtige
Erfassungspunkte, insbesondere an den Übergängen von der
Entnahme in die Verarbeitung, ins Lager und anschließend in
den Vertrieb in Richtung der Empfänger.
Geschwindigkeit bringt Sicherheit
Am Beispiel der Nachspendeinformationen erläutert Wilhelm
Hilger einen weiteren Vorteil des RFID-Einsatzes: „Meldet uns
ein Spender, dass er unmittelbar nach der Entnahme erkrankt
ist, muss seine Spende umgehend vernichtet werden. So wie
die Lagerung derzeit erfolgt, erfordert der Suchvorgang sehr
viel Arbeitszeit – in einem Plasma-Lager bei minus 30 Grad
ein weder effizienter noch komfortabler Prozess. Die RFIDTechnologie kann Suchzeiten deutlich reduzieren.“
Chaotisches Lagern effizient organisiert
Derzeit lagern Blutbeutel bei der Interregionale Blutspende
SRK sortiert und getrennt nach dem AB0-System, insgesamt
gibt es jedoch 29 offiziell anerkannte Blutgruppensysteme.
„Eine allgemeine Strategie in der Medizin und damit auch
in der Blutspende ist die steigende Patientenorientierung. Es
gibt Bestrebungen bei uns, die bekannten Blutgruppenunterteilungen um weitere offizielle Blutgruppensysteme zu erweitern. Um Blutspenden nach weiteren Systemen getrennt zu
lagern, müssen wir entweder unsere Lagerkapazitäten kostenintensiv erweitern oder wir stehen vor der Herausforderung
einer unübersichtlichen manuellen Dokumentation. Auch hier
setzen wir unsere Erwartungen in eine RFID-Lösung, um den
Aufwand mittels einer chaotischen Lagerung so gering wie
möglich zu halten“, erklärt Wilhelm Hilger.
Blutbeuteltracking für die Privatklinik „La Providence“ in Neuchâtel
Gemeinsam vom Blutspendedienst „Service régional
neuchâtelois et jurassien de transfusion sanguine“ (SRNJTS),
dem Technologieunternehmen „Biolog-id“ und dem Labor
„Synlab“ wurde im vierten Quartal 2014 eine RFID-basierte Lösung zur Nachverfolgung von Blutbeuteln zwischen
dem Blutspendedienst, dem Labor und der Klinik „La Providence“ im schweizerischen Neuchâtel integriert. Die Anwendung soll mögliche, durch Menschen verursachte Fehler in der Kette zwischen Spender und Empfänger in der
Klinik ausschließen. Transport und Lagerung können auf Basis
von RFID und einer Software von Bilog-id in Echtzeit überwacht
und kontrolliert werden. Die Software erlaubt den Zugriff auf
die Echtzeitdaten aller am Prozess beteiligter Einrichtungen. Die
Gesamtmenge der Blutprodukte – und somit die Kosten durch
verdorbene Bluteinheiten – könnten verringert werden.
Quelle: Pressemeldung von Biolog-id
www.biolog-id.com/blood-traceability-neufchatel.html
Den Materialfluss im Blick
Ohne eine zuverlässige und reaktionsschnelle
Logistik kann kein Krankenhaus die bestmögliche
Patientenversorgung sicherstellen. Ein effektives
Asset-Management reduziert Kosten.
Logistik im Krankenhaus
„Tracking & Tracing
ist unser Alltagsgeschäft“
Nachverfolgbare Prozesse in der Inhouse-Logistik sind das A und O im Krankenhaus –
auch mit RFID?
„Die logistischen Anforderungen in einem Krankenhaus sind oftmals höher als in der Automobilindustrie“, sagt André Reinicke, der als Geschäftsführer
der KLE die Logistik am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg verantwortet. „Notfälle können
sämtliche Planungen nichtig machen.“ Bestmöglich
organisierte Schnittstellen und flexible Prozessge-
staltungen sollen einen reibungslosen Patienten- und
Materialtransport gewährleisten. „Das Potenzial zur
weiteren Automatisierung von Prozessen ist definitiv
da. Konkrete Ansätze in Richtung RFID verfolgen
wir aktuell jedoch nicht“, berichtet Ansgar Kruth,
verantwortlich für die Inhouse-Logistik an der
MHH.
Die Klinik
Ansgar Kruth, Abteilungsleiter Transportwesen und Materialwirtschaft, MH Hannover und
André Reinecke, Geschäftsführer, Klinik Logistik Eppendorf (KLE), im Gespräch mit „RFID im Blick“
Spezielle Logistik für ein spezielles Umfeld
Barcode-Scanning im Warentransport
Große Krankenhäuser, wie das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) oder die Medizinische Hochschule Hannover
(MHH), müssen einen großen Aufwand in ihren logistischen
Abläufen betreiben, damit nicht nur der OP zur richtigen Zeit
mit Medizinprodukten wie beispielsweise Instrumente, Abdeckungen und Kleingeräte versorgt ist, sondern auch, damit Patienten pünktlich zu ihren Untersuchungen gelangen. Neben
dem Transport verantworten die zuständigen Geschäftsbereiche oder Tochtergesellschaften unter anderem auch die Sterilgutaufbereitung, Post- und Paketzulieferung sowie die Entsorgungslogistik. Anders als spezialisierte Logistikdienstleister
werden in Krankenhäusern alle Dienstleistungen aus einer
Hand realisiert. „Eine wichtige Anforderung an die Logistik im
Krankenhaus ist die Nachverfolgbarkeit aller Transportprozesse. Nur so können wir sicherstellen, dass keine Nachteile für
die Patienten, Mitarbeiter oder das Krankenhaus selbst entstehen“, fasst Ansgar Kruth die Herausforderungen zusammen.
In der MHH kommt eine Barcode-Lösung zum Einsatz, um den
Transport von Materialien aus dem Lager in die Stationen und
Funktionsbereiche zu dokumentieren, so Ansgar Kruth: „Unsere Mitarbeiter scannen bei jeder Übergabe einer Lieferung
einen Barcode und dokumentieren so die persönliche Übergabe und den Zeitpunkt der Auslieferung. Gleichzeitig erhält der
Mitarbeiter unmittelbar die Rückmeldung über den Scanner, ob
er sich beispielsweise auf der richtigen der insgesamt 90 Stationen befindet. Die Barcodes zum Einscannen durch Mitarbeiter
des Transportwesens haben wir auf dem gesamten Campus
der MHH verteilt angebracht. Sämtliche erfassten Daten werden
per Mobilfunk in unser Logistik-System geschickt. Eigens installierte Repeater an Knotenpunkten in der Kellerebene stellen
eine flächendeckenden Mobilfunkempfang sicher. So funktioniert bei uns der Echtzeitabgleich.“
„Tracking & Tracing ist unser Alltagsgeschäft“ |
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
41
Fallwagenversorgung –
höchste Konzentration gefordert
Die Fallwagenversorgung am UKE sieht vor, zu jeder Zeit
sämtliche Medizinprodukte für Operationen – ganz gleich ob
spontan oder geplant – im Zentral-OP bereitzustellen. Insbesondere Notfalloperationen können die sorgfältigen Planungen
mit einem Schlag zunichte machen, erläutert André Reinecke:
„Warum die Zeit für uns bei der Fallwagenbereitstellung der
entscheidende Faktor ist, lässt sich anschaulich im Vergleich
zum Automobilbau erläutern. Bestellt ein Kunde heute ein
neues Auto, erhält die Produktionsplanung alle notwendigen
Informationen. Die Auslieferung kann jedoch je nach Hersteller erst in wenigen Wochen oder mehreren Monaten erfolgen
– gut für die Planung der Just-in-time-Produktion. Wir haben
zwar auch einen OP-Plan, aber beispielsweise kann eine einzige mehrstündige Notfalltransplantation die Planung hinfällig
werden lassen.“ Trotz dieser Herausforderungen, werden auch
bei Notfall-OPs die Fallwagen mit allen benötigten Materialien
je nach Dringlichkeit nach bereits fünf, maximal jedoch nach
30 Minuten bereitgestellt. „Intelligente Barcodescanner leiten
unsere Mitarbeiter durch das Lager, um Materialien für die Fallwagen möglichst effizient zusammenzustellen.“
Potenzial für RFID in der Sterilgutaufbereitung
In der Zentralen Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA) eines
Krankenhauses, wo wiederverwendbare Medizinprodukten,
wie beispielsweise Operationsbestecke, aufbereitet werden,
steckt ein großes Potenzial für den Einsatz der RFID-Technologie, berichtet André Reinecke: „In jedem Sieb liegen zwischen
zwei und 150 Teilen – immer verbunden mit der Frage nach der
Vollständigkeit. Nur eine exakte Dokumentation der Sterilisationsarbeiten stellt die hygienische und damit sichere Verwendung sicher. Diese Herausforderungen könnten optimal gelöst
werden, wenn alle Instrumente über einen integrierten RFIDTransponder verfügten.“ Selbst die Erfassung auf Siebebene
sieht André Reincke als prozessoptimierend an, schränkt jedoch
ein: „Nicht alle Instrumente, wie beispielsweise Punktionsnadeln für die Neurochirurgie, können mit einem Transponder
gekennzeichnet werden. Die größte Hürde, warum wir kein
RFID in der ZSVA einsetzen, ist, dass die Veränderung eines
medizinischen Produktes immer ein Haftungsproblem auslöst.“
Lager-Management und Kommissionierung sind zentrale Aufgaben der Kliniklogistik.
Ob inhouse realisiert oder an einen externen Dienstleister vergeben – alle Prozesse
müssen transparent und nachvollziehbar sein.
Ein RFID-RTLS für Medizintechnik?
Mobile Geräte wie Bronchoskope, Spritzenpumpen oder Ultraschallgeräte sind kostenintensive Assets in Krankenhäusern.
Bei der Versorgung mehrerer Tausend Patienten täglich kann
jedoch schnell der Überblick verloren gehen, wo sich welches
Gerät befindet. Die Konsequenz ist, dass Krankenhäuser oftmals einen höheren Bestand an Geräten haben, als eigentlich
benötigt werden. „Wir verknüpfen die Seriennummern der Geräte IT-seitig mit einer Inventarnummer. So können wir in der
Software beispielsweise nachverfolgen, wann welches Bronchoskop übergeben wurde. Das funktioniert allerdings nur so
lange, wie beispielsweise kein Arzt ein Gerät von Station 43 zur
Station 44 mitnimmt – da ist unser System ‚blind‘. Eine RFIDLösung wäre hier von Vorteil, da sie kein aktives Eingreifen des
Beteiligten benötigt und wir in der Logistik dennoch die Information erhalten, wo sich das entsprechende Gerät befindet“,
erläutert Ansgar Kruth und führt aus: „Vor circa vier Jahren haben Technologieanbieter Lösungen für diese Herausforderung
bei uns vorgestellt. Basierend auf aktiver RFID-Technologie
wäre ein Realisierung allein für das Transportwesen kostenseitig niemals abbildbar gewesen.“
WLAN-Projekt am UKE zur Ortung von VAC Therapiepumpen
Pumpen für die Vakuumtherapie werden in Krankenhäusern eingesetzt, um den Heilungsverlauf bei chronischen
und akuten Wunden mittels eines örtlich begrenzten negativen Drucks zu verbessern und zu beschleunigen. Die
Pumpen werden von der KLE am UKE an die jeweils anfordernde Station geliefert und die Tage der Nutzung als
Mietgebühr in Rechnung gestellt. „Aktuell ist es so, dass die
Pumpen auch nach der Behandlung noch auf den Stationen
verbleiben, da der Rücktransport und damit das Ende der
Miete nicht unmittelbar bei Entlassung des Patienten angefordert wird. So entstehen nicht nur unnötige Mietmehrkosten, auch wird der gesamte Pool der rund 35 Geräte
nicht optimal ausgelastet“, schildert André Reinecke die
derzeitigen Probleme für die KLE. „Es ist geplant, noch dieses
Jahr gemeinsam mit einem Lösungsanbieter ein Projekt zu starten, bei dem wir die Pumpen, in Abstimmung mit dem Pumpenhersteller, mit einem WLAN-Transponder kennzeichnen.“
Die WLAN-Transponder sollen das bereits auf dem gesamten
Krankenhausgelände bestehende WLAN-Netzwerk nutzen, um
Standortdaten in Echtzeit an die KLE zu übermitteln. „Das UKE
hat vor Jahren bereits eine digitale Patientenakte eingeführt.
Dazu ist ein leistungsstarkes WLAN-Netzwerk in sämtlichen
Klinikbereichen nötig. Dieses Netzwerk können wir nun in
unserem Projekt nutzen, ohne dass wir – anders als bei einer
vergleichbaren RFID-Applikation – eine eigene Infrastruktur
aufbauen müssen“, schließt André Reinecke.
Rückverfolgung von Pipetten
RFID-Tags in Liquid-Handling-Geräten
erleichtern Verwaltung und Dokumentation
Dokumentation und Rückverfolgung im Labor
RFID in der Pipette
Um die Rückverfolgung und Dokumentation des Einsatzes von Pipetten im reguliertem Umfeld zu erleichtern, kann das TrackIT-System der Eppendorf AG die in Geräten der LiquidHandling-Produktlinie integrierten RFID-Tags lesen und beschreiben.
Labore verfügen nicht selten über viele hundert
Liquid-Handling-Handgeräte. In den meisten Fällen
unterliegt jedes einzelne Gerät der regelmäßigen Messmittelüberwachung. Dies erfordert einige zeitintensi-
ve Verwaltungsschritte, wie die Inventarisierung und
Nachverfolgung der Geräte. Das bequeme Einlesen der
individuellen Merkmale eines Instruments mithilfe des
RFID-Tags erleichtert diese Arbeitsschritte signifikant.
Uwe Dunker, Produktlinien Manager, Eppendorf AG, im Gespräch mit „RFID im Blick“
Bereits alle seit dem Jahr 2008 in den Markt eingeführten
Pipetten des Hamburger Herstellers Eppendorf AG verfügen
über einen integrierten RFID-Tag. Auf diesem werden Informationen über das Liquid-Handling-Gerät werden gespeichert. Seit dem Frühjahr 2013 ist mit dem TrackIT-System nun
das geeignete Software- und Reader-Gegenstück am Markt.
Die komplette Entwicklung der Lösung von der Spezifikation und Auswahl der Tags, über die Kodierung der Daten,
bis hin zur Strukturierung des Speichers, erfolgte komplett
inhouse und in enger Abstimmung mit den Kunden des Unternehmens, da „Eppendorf über ein sehr breites Wissen auf
vielen technologischen Gebieten verfügt“, wie Uwe Dunker
Die Medizintechnik
Wer wir sind
Die Eppendorf AG ist ein führendes Unternehmen der
Life- Science-Branche, welches Geräte, Verbrauchsgüter
und Dienstleistungen für seine drei Kernkompetenzen
Liquid-, Sample- und Cell-Handling für Labore weltweit
entwickelt und vertreibt. Das Unternehmen wurde im
Jahr 1945 gegründet und hat seinen Stammsitz in Hamburg. Im Geschäftsjahr 2013 erreichte das Unternehmen
einen Umsatz von 502,7 Millionen Euro.
Das bequeme Einlesen der individuellen Merkmale eines Instruments mit Hilfe des
RFID-Tags erleichtert diese Arbeitsschritte signifikant.
erklärt. Abnehmer kommen aus den verschiedensten Bereichen der Life-Science-Branche, angefangen von Forschungsinstituten an Hochschulen bis zu hin zu Industrielaboren,
in denen beispielsweise Qualitätskontrollen durchgeführt
werden. Der Einsatz kann sich bereits für sehr kleine Labore
lohnen, da die Technologie grundsätzlich als Teil der Pipetten kostenlos geliefert wird und lediglich das TrackIT-System
bestehend aus Software und dem Reader zusätzlich für etwa
450 Euro angeschafft werden muss. Derzeit kann das System
ausschließlich mit Liquid-Handling-Produkten und nur mit
Pipetten von Eppendorf eingesetzt werden, aber eine Ausweitung in Zukunft ist möglich.
RFID im Labor |
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
43
Labortechnik
„Smarte“ Laborarbeitsplätze
Spezielle UHF Systeme ermöglichen
exakte Identifikation von Probengestellen
In mehreren Kliniken in der Türkei laufen bereits
seit 2014 mehrere Systeme zur Identifikator von
Patienten spezifischen mehrfach Probegebinden,
die eine trennscharfe Erfassung auf Basis spezieller Smart- Shelf-Antennen von Kathrein RFID ermöglicht.
Dezentrale und zentrale Speicherung
von Anwendungsdaten
Daten werden dezentral auf dem Tag der Pipette gespeichert und können verändert werden. Während die
Stammdaten, welche die eindeutige Identifikation und Informationen über die Erst-Kalibrierung enthalten, bereits
werkseitig in den Speicher geschrieben werden, können
mit dem TrackIT-Schreib-/Lesegerät vom Anwender weitere,
individuelle Daten gespeichert werden. Solche individuellen
Daten könnten beispielsweise Kalibrierungszeitpunkt und
-ergebnisse oder spezielle Anwendungen sein. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Eppendorf Service
Organisation Kalibrierdaten in den Chip speichert und Informationen über getauschte Bauteile hinterlegt. Die Software
kann die, auch zentral in einer Datenbank, gespeicherten
Information ebenfalls exportieren, um diese beispielsweise
in Programme wie Electronics Lab Book oder LIMS zu implementieren.
Besondere Anforderungen
durch Sterilisierungsprozesse
Der Einsatz im medizinischen Umfeld stellt besondere Anforderungen an die verwendete Technologie. So erklärt Uwe
Dunker: „Bei der Spezifikation und Auswahl des RFID-Tags
waren uns die Standfestigkeit und Robustheit der Chips ganz
besonders wichtig. Die Produkte von Eppendorf werden
häufig mehr als zehn Jahre im täglichen Laborbetrieb eingesetzt und sind dort hohen Belastungen durch chemische
Dämpfe und biologische Verunreinigungen sowie aggressiven Reinigungsmitteln, hohem Druck bei der Sterilisierung
im Autoklav, UV-Strahlung und Ähnlichem ausgesetzt.“ Die
RFID-Transponder sind daher fest und unverlierbar mit den
Gehäuseteilen und dem Bauteil, welches die Seriennummer
trägt, verschweißt.
Des Weiteren musste, um den Einsatzbereich der Tags möglichst breit zu halten, berücksichtigt werden, dass metallische Bauteile im Inneren der Geräte Einfluss auf das elektromagnetische Feld des Transponders nehmen könnten,
was die Wahl des Frequenzbereichs einschränkte. Eine weitere Herausforderung war es, die Baugröße des Tags so gering wie möglich zu halten, da Eppendorfs Liquid-HandlingInstrumente so bemessen sind, dass sie sich durch günstige
Griffformen, kurze Bedienwege, kleine Bedienkräfte, geringes Gewicht und kompakte Bauweise optimal bedienen lassen. Dementsprechend fällt der verwendete RFID-Chip mit
einem Durchmesser von zwei und einer Länge von zwölf
Millimetern recht gering aus.
Thomas Brunner, Kathrein RFID,
im Gespräch mit „RFID im Blick“
Herr Brunner, welche Arbeitsschritte im Labor werden mittels
UHF-RFID optimiert?
In dem Labor werden
sowohl Proben von Medikamenten, die patientenspezifisch gemischt
und hergestellt werden,
als auch Blutproben
analysiert. Die korrekte
Zuordnung der Proben
zum Untersuchungsauftrag ist entscheidend
für alle Arbeitsschritte. UHF-RFID stellt die
eindeutige Identifikation der Probengestelle sicher. Die Kennzeichnung einzelner
Einwegprobenröhrchen mit RFID-Labels wäre nicht wirtschaftlich darstellbar.
Wie wird die eindeutige Identifizierung ausschließlich des benötigten Probengestells gewährleistet?
Mit einer speziellen und patentierten Technologie – die Antenne schafft eine definierte Lesehalbkugel von einem halben Meter oder weniger und das nur direkt über der Grundfläche der Antenne von circa 30 mal 30 Zentimetern. Die
Trennschärfe des Lesefeldes liegt bei unter zwei Zentimetern.
So wird sichergestellt, dass nur das Gestell direkt im Lesefeld
erfasst wird und nicht das auf dem Nachbartisch oder in der
Hand des Kollegens im Vorbeigehen. Zusätzliche Maßnahmen wie Abschirmungen sind nicht erforderlich.
Mit welchem Aufwand ist die Integration verbunden und wie
hoch sind die Investitionen in eine solche Lösung?
Der Integrations- und Kostenaufwand für die Antennen ist
minimal, da die Smart-Shelf-Antennen kostengünstig auf
Leiterplatten-Basis hergestellt werden. Die daraus resultierende flache Bauweise mit einer Höhe von 8,6 Millimetern
ohne Gehäuse ermöglicht eine einfache Integration in die
Arbeitsplätze. Die patentierte KRAI-Technologie erlaubt den
Anschluss von bis zu 32 Antennen – in der Regel sind es
nur vier – an einen RFID-Reader. Das hält die Investition in
Hardware in engen Grenzen. Da die Erfassung von Probengestellen im Labor nicht vergleichbar zeitkritisch wie in der
Logistik ist, wo es auf Millisekunden ankommt, reicht die Erfassung innerhalb einer Sekunde aus. Somit ist die kaskadierende Erfassung über die Smart-Shelf-Antennen eine ideale
und kostengünstige Lösung für Laborarbeitsplätze.
Die Medizintechnik
Ist der Schlauch korrekt angeschlossen? Wann
muss der Flow-Sensor gewechselt werden? – Diese
und weitere Fragen zu optimierten Abläufen beim
Gebrauch von Beatmungs- und Anästhesiegeräten
beantwortet in Geräten von Dräger eine RFIDApplikation. „Die RFID-Technologie ist die Basis für zahlreiche Prozessoptimierung bei der Verwendung unterschiedlicher Zubehörteile, die für
Beatmung und Anästhesie genutzt werden.
Mögliche Verwechslungen werden minimiert,
Wechselintervalle automatisch angezeigt sowie Patientenparameter zwischen den Geräten übertragen
– das unterstützt die Sicherheit in den Arbeitsabläufen, auch wenn es im OP oder auf der Intensivstation hektisch zugeht. Die RFID-Technologie trägt zu
einem verbesserten Arbeitskomfort entscheidend
bei“, erläutert Andreas Otto, der die RFID-Produktentwicklung bei Dräger verantwortet.
Unsichtbare Helfer im OP und auf der Intensivstation |
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
45
Intensivbeatmung und Anästhesie
Unsichtbare Helfer
im OP und auf der Intensivstation
Mit der Entwicklung einer RFID-Applikation für optimierte Abläufe im OP und auf der Intensivstation traf Dräger ins Schwarze – die Nachfrage nach der Lösung steigt
Andreas Otto, Senior Product Manager, Dräger, im Gespräch mit „RFID im Blick“
RFID-Innovation im Intensivbereich
„In der Kommunikation zwischen Gerät und Zubehör mittels RFID
sehen wir uns als Pionier“, berichtet Andreas Otto. „Als wir 2009
die ersten Beatmungsgeräte mit integrierter RFID-Technologie auf
den Markt brachten, war dies eine weltweite Premiere.“ Gemeinsam mit einem RFID-Reader- und Antennenhersteller sowie einem
Unternehmen für RFID-Speziallabels wurde bei Dräger eine auf
Basis der HF-Frequenz kommunizierende Applikation entwickelt,
die beispielsweise beim korrekten Anschluss von Zubehör an Beatmungs- und Anästhesiegeräte für Operationssäle und Intensivstationen unterstützt. Neben konventionellen Label-Transpondern
bei Einwegprodukten setzt Dräger beim aufbereitbaren Zubehör
auch autoklavierbare Transponder ein, die problemlos Temperaturen von bis zu 134 Grad Celsius in der Dampfdrucksterilisation
überstehen. „Neben der Verwechslungskontrolle ermöglicht unsere Lösung noch weitere Funktionen, die Klinikmitarbeiter bei
ihrer Arbeit unterstützen. Aktuell stehen 24 verschiedene Zubehörteile mit RFID-Funktionalität zur Verfügung.“
Muss ein Beatmungspatient transportiert werden, können sämtliche Parameter zur
Beatmung auf dem RFID-Transponder des Schlauches gespeichert werden. Die Arbeitserleichterung für die Mitarbeiter unterstützt bei der optimalen Behandlung der Patienten.
RFID anstatt Farbkennzeichnung
Kontrolle mit RFID für Beatmungsschläuche
Normen schreiben vor, dass Anschlüsse von Beatmungsschläuchen einheitlich gestaltet sein müssen. Das grenzt Möglichkeiten für Kennzeichnungen über farbliche Unterschiede oder
mechanische Kennzeichnungen, beispielsweise durch eine
Vertiefung, offenbar ein. „Mittels RFID können äußerlich weitgehend standardisierte Zubehörteile dennoch durch akustische
und optische Alarme unterscheidbar gemacht werden. So können wir dazu beitragen, die Vertauschungssicherheit zu erhöhen“, erläutert Andreas Otto.
Beatmungsschläuche werden für unterschiedliche Patientenkategorien, beispielsweise für Erwachsene, Kinder oder Neugeborene, hergestellt. Die Anschlüsse sind jedoch bei nahezu allen
Modellen gleich, was leicht zu Verwechslungen führen kann.
„Um bei der richtigen Zuordnung von Schlauch zu Patient beziehungsweise zu Gerät zu helfen, haben wir einen HF-RFIDTransponder in den Anschluss integriert. Wird ein Schlauch
falsch herum an den inspiratorischen Port des Beatmungsgerätes gesteckt, wird dies von einer in den Port integrierten Antenne erkannt und ein Warnsignal – optisch und/oder akustisch
– wird ausgelöst. Ebenso wird ein Alarm ausgelöst, wenn ein
Schlauch angeschlossen wird, der nicht zur im Gerät eingestellten Patientenkategorie passt“, erklärt Andreas Otto die Funktion der Kontrolle mittels RFID-Technologie. „Die innovative
Drahtlostechnologie kommt auch beim Anschluss eines manuellen Beatmungsbeutels zum Einsatz. Es könnte beispielsweise
vorkommen, dass er am falschen Port eines Anästhesiegerätes
angesteckt und somit der Beutel und nicht der Patient beatmet
werden würde. Mit RFID kann das besser verhindert werden.“
Konfiguration auf dem Transponder gespeichert
Die RFID-Transponder
in den Anschlüssen
von Beatmungsschläuchen- und beuteln
werden automatisch von
integrierten Antennen in
den Ports erfasst. Nicht
korrekte Anschlüsse
lösen unmittelbar einen
Alarm aus.
Wird ein Patient, der permanent beatmet werden muss, aus
dem OP auf die Intensivstation transportiert, unterstützt die
RFID-Lösung die Mitarbeiter bei der Konfiguration der Beatmungsgeräte, berichtet Andreas Otto: „Die Konfiguration der
Beatmung unterscheidet sich von Patient zu Patient, beispielsweise nach Alter, Größe und Gewicht, aber auch danach, in
welchem Maße der Patient die Atmung noch selbst unterstützt.
Diese Parameter muss das Klinikpersonal in den Beatmungsund Anästhesiegeräten individuell einstellen. Bei unserem
System können alle Konfigurationen auf den Transponder im
Anschluss des Schlauches geschrieben werden und beim Anstecken an ein weiteres Gerät automatisch gelesen und übernommen werden.“
46
RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | Unsichtbare
Helfer im OP und auf der Intensivstation
Vereinfachte Austauschkontrolle
Zubehörteile an Beatmungs- und Anästhesiegeräten werden regelmäßig ausgetauscht, um die einwandfreie Funktion zu gewährleisten und so die Sicherheit der Beatmungspatienten sicherzustellen.
„Die Dokumentation der Austauschintervalle erfolgt ohne RFID
über Listen und handschriftliche Notizen oder Aufkleber an den
Zubehörteilen. Das erfordert, dass das Klinikpersonal regelmäßig
die handschriftlichen Daten prüfen muss, damit kein Austausch
verpasst wird. „Die RFID-Transponder in den Anschlüssen der
Zubehörteile vereinfachen diese Kontrolle erheblich. Individuelle
Intervalle zum Austausch von Beatmungsschläuchen, aber auch
von Atemluft-Durchfluss-Sensoren, Exspirationsventilen oder
Atemkalkbehältern lassen sich programmieren. Steht ein Austausch an, werden die Mitarbeiter automatisch per Meldung auf
dem Bildschirm benachrichtigt“, erklärt Andreas Otto.
und zertifiziert ist“, sagt Andreas Otto. Mittels der automatischen Kompatibilitätsprüfung werden potenzielle Gefahren
für den Patienten, aber auch für die Funktion des Gerätes
vermieden.
Der RFID-Chip in der Wasserfalle kann das Datum der ersten Nutzung automatisch
speichern. Nach Ablauf der vorgegebenen Nutzungsdauer wird eine Information zum
Wechsel angezeigt, Schäden am Gerät werden so vermieden.
Die Nachfrage steigt
Mittels RFID erkennt das Gerät automatisch, ob sich der CO2-Absorber korrekt im Halter
oder lediglich in der Parkposition befindet. Direkt nach dem Start der Beatmung wird
ein Alarm ausgelöst, wenn der Absorber sich nicht in der korrekten Position befindet.
Automatische Kompatibilitätsprüfung
„RFID-fähige Geräte von Dräger sind nicht nur in der Lage,
falsch angesteckte Zubehörteile zu erkennen, auch wird
beim Anstecken automatisch überprüft, ob das Zubehörteil überhaupt für die Nutzung mit dem Gerät zugelassen
Seit 2009 ist die Anzahl von Geräten mit RFID-Funktionalität angewachsen, auch sind weitere Zubehörteile mit
RFID-Transponder erhältlich. „Beatmungs- und Anästhesiegeräte sind in Kliniken zwischen acht und zehn Jahren im
Gebrauch. Investitionen in Innovationen werden somit vom
Einkauf genauestens geprüft. Kliniken haben die Wahl, ob
sie unser Zubehör mit zahlreichen Mehrwerten auf Basis
der RFID-Technologie nutzen oder ob sie Fremdprodukte
anschließen. Aber der Zuspruch aus dem Markt signalisiert
uns, dass unsere Innovation gebraucht wird, sodass es unser
mittelfristiges Ziel ist, einen Großteil der Zubehörteile mit
RFID-Funktionalität anzubieten“, schaut Andreas Otto auf
die zukünftige Ausrichtung.
Die Medizintechnik
Innovationsführerschaft bei Anästhesie- und Beatmungstechnik
Dräger ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Medizin- und Sicherheitstechnik. Eine weltweite Spitzenposition
nimmt das Unternehmen mit Hauptsitz in Lübeck im Bereich
technischer Lösungen für Anästhesie und Beatmung ein. Dräger
ist in 190 Ländern aktiv, betreibt in mehr als 50 Ländern Vertriebs- und Servicegesellschaften und produziert an Fertigungsstandorten in acht Ländern rund um den Globus. Ein Großteil
der Kunden ist außerhalb von Deutschland aktiv. Insbesondere
Schwellenländer und der asiatische Raum sind Wachstumsmärkte für Dräger. „Wir setzen in zahlreichen Bereichen technologische Benchmarks. Dies gelingt uns, indem wir Impulse aus
dem Markt aufnehmen und in Innovationen mit hoher Qualität umsetzen. Diese Position müssen wir uns aber auch immer
wieder aufs Neue erarbeiten“, erläutert Andreas Otto und führt
aus: „Mitarbeiter von Dräger sind im Klinikalltag persönlich vor
Ort, um die Anforderungen des Ärzte- und Pflegepersonals aus
der Praxis zu erfahren. Daraus entstehen nah am Arbeitsalltag
orientierte Innovationen, wie beispielsweise eine Arbeitsfläche an einem unserer Hightech-Geräte, die das Personal für
handschriftliche Notizen nutzen kann. Dies sind praktische Lösungen, die sich am Klinikalltag orientieren.“ In 2014 investierte
Dräger insgesamt über 210 Millionen Euro für Forschung und
Entwicklung in den beiden Geschäftsbereichen Medizin (151,7
Millionen Euro) und Sicherheitstechnik (58,4 Millionen Euro).
Somit flossen 8,7 Prozent des Gesamtumsatzes von knapp über
2,4 Milliarden Euro in Neu- und Weiterentwicklungen.
Kinderwünsche so sicher wie möglich erfüllen |
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
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100 % Sicherheit in den Laborabläufen und bei der Patientenidentifikation
Kinderwünsche so sicher
wie möglich erfüllen
Eine RFID-Applikation in der Praxisklinik Dr. Sydow erhöht die Patientensicherheit bei
künstlichen Befruchtungen
In reproduktionsmedizinischen Arbeitsabläufen men. Eine RFID-Lösung, integriert in die Arbeitsmuss zu jeder Zeit der Fokus aller Mitarbeiter darauf prozesse und in die Kommunikation mit den Patienliegen, Verwechslungen von Ei- und Samenzellen zu ten, löst das Unsicherheitsgefühl auf, wie der Einsatz
100 Prozent auszuschließen. Herkömmliche Metho- im Kinderwunschzentrum Praxisklinik Dr. Sydow
den, wie handschriftliche Kennzeichnungen und der unter Beweis stellt. „Verwechslungen werden mittels
regelmäßige Abgleich mit den Patientendaten garan- RFID erkannt, bevor sie zu einem Schaden führen
tieren zwar bereits ein hohes Maß an Sicherheit, der können“, berichtet die Laborleiterin des IVF-Labors,
menschliche Faktor kann jedoch noch Einfluss neh- Dr. K. Rosenberg.
Dr. sc. hum. K. Rosenberg, MVZ Praxisklinik Sydow am Gendarmenmarkt,
im Gespräch mit „RFID im Blick“
Ein Komplettsystem für die Praxisklinik
Unterschiedliche Smart-Label-Bauformen
In der RFID-Lösung kommen neben den RFID-Karten unterschiedliche Transponder zu Einsatz. „Für jedes Probengefäß nutzen wir
verschiedene Transponder. Für die runden Kulturschalen im Eizellenlabor benötigen wir ringförmige Transponder, da die Proben
in den Schälchen mit einem Umkehrmikroskop von unten durchleuchtet werden. Ein vollflächiges Label wäre somit nicht geeignet“,
so Dr. Rosenberg. „Die für die Probenröhrchen verwendeten Aufkleber sind je nach Größe des Gefäßes quadratisch (10x10 Millimeter) oder rechteckig (35x17 Millimeter). Im an das System angebundenen Kryo-Labor werden Barcodes genutzt. „RFID-Transponder,
welche die Lagerung in flüssigem Stickstoff überstehen und zudem
dauerhaft an nur wenigen Millimeter dünnen Probenröhrchen sicher befestigt werden können, sind sehr teuer, daher nutzen wir
hier Barcode-Etiketten.“
Ein unerfüllter Kinderwunsch betrifft in Deutschland mehr als 2,5 Millionen Paare.
200.000 Paare nehmen deshalb jährlich reproduktionsmedizinischen Rat in Anspruch.
(Quelle: praxisklinik-sydow.de)
gelangt, deren RFID-Transponder nicht mit dem aktuellen Arbeitsauftrag übereinstimmt, wird der Mitarbeiter umgehend per
optischem und akustischem Signal gewarnt“, erläutert Dr. Rosenberg den Sicherheitsmechanismus. „Verwechslungen werden
somit ausgeschlossen, bevor ein Mitarbeiter mit der eigentlichen
Arbeit beginnen kann. Er müsste sich über die Warnsignale und
über die Tatsache, dass auf dem Monitor am Arbeitsplatz keine
weiteren Prozessschritte angezeigt werden, mutwillig hinwegsetzen, damit es zu einer Verwechslung kommt. Die Sicherheit
durch die RFID-Technologie ist dementsprechend sehr hoch.“
In den ersten drei Monaten nach der Einführung gab es rund
20 sogenannter Missmatches – Schälchen unterschiedlicher Patienten fanden ihren Weg auf die Arbeitsplatte. „Ein Missmatch
ist eine Kennzahl unserer Prozesse, aber bei weitem noch keine folgenschwere Verwechslung. Es entsteht bereits, wenn ein
Mitarbeiter gebrauchte Schälchen versehentlich in der Nähe des
Arbeitsplatzes abstellt. Durch Anpassung unserer Arbeitsabläufe
war dies leicht zu verhindern“, erklärt Dr. Rosenberg. In 2015
gab es bislang lediglich einen Missmatch, verursacht durch einen
Techniker bei einem System-Update.
RFID-Antenne in der Heizung
Eizellen müssen konstant bei Körpertemperatur bearbeitet werden, daher sind die Arbeitsplatten der drei Plätze im Labor beheizt. Die Heizung dient gleichzeitig als Antenne um die mit
einem Transponder gekennzeichneten Kulturschalen zu identifizieren. „Sobald versehentlich eine Probe auf die Arbeitsplatte
YouTube-Video über den Einsatz des Systems
„IvF Witness“ in der Praxisklinik Sydow
Das Labor
„Wir nutzen die RFID-Technologie in zwei miteinander verbundenen Bereichen. Zum einen erhält jedes Paar eine RFID-Karte,
auf der alle Daten verschlüsselt abgelegt werden, um sich zuverlässig in der Praxis zur Eizellenentnahme und -verpflanzung am
OP zu authentifizieren und zum anderen kommt RFID an den
Laborarbeitsplätzen zum Einsatz, um Verwechslung bei der Bearbeitung der Proben möglichst absolut auszuschließen“, erklärt
Dr. K. Rosenberg. „Jedes Jahr führen im Jahr zirka 1000 IVF
Behandlungszyklen mit Eizellentnahmen durch und bis zu 350
Zyklen aus kryokonserviertem Material, dabei darf es zu keinem
Zeitpunkt zu einer Verwechslung kommen.“
Die Praxisklinik Dr. Sydow hat bereits 2010 als damals erstes und
bis heute einziges Kinderwunschzentrum in Deutschland ein
RFID-basiertes System in seine Arbeitsprozesse integriert, um die
Patientensicherheit zu erhöhen und Verwechslungen nahezu unmöglich werden zulassen. In der neusten Ausbaustufe wurde nun
auch der Kryobereich angeschlossen, in dem jedoch Barcodes zur
Kennzeichnung der Probenröhrchen genutzt werden.
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RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | RFID
in der Medizin
RFID für Spezielle Lösungen gefragt
Bei der Standard-Probenidentifikation
führt kein Weg am Barcode vorbei.
In speziellen Bereichen schlägt jedoch
die Stunde von RFID.
Labormedizin
20.000 Proben täglich fehlerlos
identifiziert – ohne RFID?
Labore müssen extrem effizient und sorgfältig arbeiten. RFID kann dabei unterstützen.
Es fehlt jedoch (noch) an wirtschaftlichen Lösungen
„Die positive Probenidentifikation ist der wichtigste
Arbeitsschritt und die Grundlage in allen Prozessen
im Labor“, sagt Angela Borrink, Technische Laborleitung, LADR MVZ Dr. Kramer & Kollegen und geht
weiter: „Verwechslungen müssen absolut ausgeschlossen werden.“ Labore in Deutschland analysieren jeden
Tag unzählige Proben aus Krankenhäusern und Arztpraxen. Großlabore mit mehreren tausend Kunden untersuchen allein jeden Tag bis zu 20.000 einzelne Pro-
ben. Die Untersuchungsaufträge begleiten die Proben
auf Papier bis ins Labor. Nur mit optimal organisierten
Prozessen lässt sich die Verwechslungsquote nahe null
halten. „RFID könnte uns in unserer Arbeit unterstützen und entlasten. Der Bedarf ist definitiv da. Aktuell
sehen wir jedoch noch keine Lösung, die wir einsetzen
können“, sagt Andreas Lamers, IT-Management beim
Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam
MVZ.
Angela Borrink, Technische Laborleitung, LADR MVZ Dr. Kramer & Kollegen und Andreas Lamers, ITManagement, Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam MVZ, im Gespräch mit „RFID im Blick“
Das Labor
Der Ist-Stand
Labore wie das LADR MVZ Dr. Kramer & Kollegen aus
Geesthacht oder das Institut für Medizinische Diagnostik
Berlin-Potsdam MVZ stellen im Regelprozess ihren Kunden
vorgedruckte Barcode-Etiketten zur Verfügung. Diese Etiketten werden vom Praxispersonal beispielsweise bei der Blutentnahme auf die verschiedenen Blutröhrchen geklebt. Ein
Etikett kommt auf den Auftragsschein, der die Informationen
enthält, welche Analyseleistung das Labor zu den einzelnen
Proben erbringen soll. Im Probeneingang der Labore werden die Barcodes der Röhrchen automatisch erfasst und der
Auftragsschein eingescannt. „Sollte einmal eine Probe ohne
Auftragsdokument unser Labor erreichen – was die absolute
Ausnahme ist – stellt dies per se keinen Beinbruch dar. Da
der Barcodesatz mit den Daten des Einsenders in unserem
System verknüpft ist, wird immer zu 100 Prozent ersichtlich,
an welchen Einsender wir uns wenden müssen, um den Auftrag nachzufordern“, berichtet Angela Borrink.
Selbst der 2D-Barcode ist nicht weitverbreitet
Einige Systeme setzen bereits auf einen 2D-Barcode, die das
Einscannen der Auftragsscheine unnötig macht, da alle Daten im 2D-Code enthalten sind. Der Vorteil, dass das Scannen
20.000 Proben täglich fehlerlos identifiziert – ohne RFID? |
der Auftragsscheine entfällt, verpufft jedoch in den nächsten
Schritten der Analyse, so Andreas Lamers: „Alle Geräte für die
Weiterverarbeitung, die wir in unseren Laboren einsetzen, sind
nahezu ausnahmslos nicht in der Lage, den 2D-Barcode zu
lesen.“
Wo RFID gebraucht wird
Jedes einzelne Einwegprobengefäß mit einem RFID-Label zu
kennzeichnen halten sowohl Angela Borrink als auch Andreas
Lamers für nicht realisierbar – vor allem aus Kostengründen.
„Es tritt vielleicht – und nicht regelmäßig – eine Verwechslung
pro 100.000 Proben auf, die auf einen nicht lesbaren Barcode
zurückzuführen ist. Eine solche Quote allein rechtfertigt nicht
die Investition in eine RFID-basierte Lösung“, erläutert Andreas
Lamers und führt aus: „Aber natürlich wäre es perfekt, wenn
an jeder Probe auf einem Chip der Untersuchungsauftrag gespeichert wäre. Das würde, RFID-fähige Laborgeräte vorausgesetzt, gleich zahlreiche Arbeitsschritte verbessern.“
Spezielle Proben mit Potenzial
Ebenso könnte die RFID-Technologie im Bereich der speziellen Proben prozessoptimierend eingesetzt werden, sagt Angela Borrink: „Konkret erwogen haben wir den RFID-Einsatz im
Bereich der Rückstellproben. Bei bestimmten Proben ist eine
Langzeitarchivierung notwendig, zum Beispiel von Proben im
Bereich von Studien oder zur Qualitätssicherung in der Infektionsserologie bei Schwangeren. Ein Teil der Proben wird
dazu tiefgefroren. Für diesen Prozess haben wir bereits geprüft, ob eine RFID-Kennzeichnung möglich ist, da BarcodeEtiketten hier an ihre Grenzen geraten und eine Identifikation ohne Sichtkontakt das Auffinden der Proben erleichtern
würde.“
Hemmt der Kostendruck Innovationen?
Das bislang für Labore noch kein Ansatz für eine innovative
(RFID-)Lösung für die Probenidentifikation zu sehen sei, führt
Angela Borrink auf einen steigenden Kostendruck im Gesundheitswesen zurück. „Der prozentuale Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt hat sich in den letzten 50
Jahren kaum verändert. Die Menschen werden jedoch nicht nur
älter, auch gibt es immer mehr neue Behandlungsmethoden, die
auch teurer sind als früher. Sollen diese von den Krankenkassen finanziert werden, zu dem muss an anderen Enden gespart
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
49
werden. Für Labormediziner bedeutet dies, dass sich seit 1988
die Vergütungen im Sinkflug befinden. Wir erhalten für gleiche
Einzelleistungen kontinuierlich weniger Geld.“ Im Jahr 2012 wurde eine Quotierung für Laborleistungen beschlossen, was dazu
führt, dass Labore einen Abschlag von bis zu 8,4 Prozent bei jeder abgerechneten Leistung hinnehmen müssen. Hinzu kommt,
dass es seit 2013 einen Niederlassungsstopp für Labormediziner
gibt. „Es gäbe also theoretisch genug Arbeit für die Labore, jedoch gilt eine Staffelung der geleisteten Arbeiten pro Labor, die
ab einer bestimmten Anzahl von Leistungen zu einer Kürzung
der Bezahlung um weitere 20 Prozent führt“, so Angela Borrink.
Die Industrie muss liefern
„Eine RFID-Pulklesung am Probeneingang hätte ihren Charme
für unsere Arbeitsabläufe. Solange aber keine 100-Prozent-Erfassung möglich ist, müssten wir im Anschluss manuell vereinzeln und prüfen“, formuliert Angela Borrink eine der wichtigen
Anforderungen an die Funktionsweise möglicher technologischer Lösungen. Andreas Lamers hat nach zahlreichen Gesprächen mit Unternehmen aus dem Bereich der Entwicklung und
Herstellung von Laborgeräten den Eindruck, dass die Entwicklung hinsichtlich von Lösungen zur automatischen Probenidentifikation via RFID nur langsam vorankommt: „Wir haben
den Bedarf und wissen, dass wir mit RFID schneller werden
können, aber wir sind keine Lösungsentwickler, sondern ein
medizinisches Labor. Daher würden wir uns freuen, wenn die
Industrie uns Lösungen präsentieren könnte.“
Integrierte Lösungen dringend gesucht
„Natürlich spüren auch wir den zunehmenden Kostendruck
und können keine Unsummen investieren, nur weil eine Lösung möglicherweise alle unsere Anforderungen erfüllt. Wir
brauchen solide erprobte und nutzenorientierte Lösungen –
keine Hightech-Spielerei“, formuliert Andreas Lamers die laborseitigen Anforderungen und führt aus: „Der Nutzen muss
in Relation zur Investition stehen. Wir haben bereits mit einigen Zulieferern gesprochen und theoretisch als auch praktisch
funktionieren deren RFID-Lösungen auch, stellen aus unserer
Perspektive betrachtet aber nur Insellösungen dar. Ein ‚reines‘
RFID-Unternehmen hilft uns wahrscheinlich nicht weiter, da
wir durchgängige und in die Geräte integrierte Lösungen
benötigen.“
Projekt zur beleglosen Laborleistungsanforderung in Schleswig-Holstein
In einem Pilotprojekt mit in der ersten Phase weniger
als zehn Arztpraxen erprobt das Labor LADR MVZ Dr.
Kramer & Kollegen gemeinsam mit der Kassenärztlichen
Vereinigung Schleswig-Holstein als erstes Labor bundesweit die beleglose Anforderung von Labordienstleistungen für Kassenpatienten. Ziel des Projektes ist es,
eine rechtssichere papierlose Auftragsübermittlung zu
realisieren. „Die Rückverfolgbarkeit ist gegeben, da wir
eine automatisch generierte Information erhalten, sobald
der Arzt seinen Auftrag an uns digital abschickt, und umgekehrt erhält der Artzt automatische eine Information,
wenn die Probe bei uns im Probeneingang erfasst wurde
und in die Bearbeitung geht. Der Vorteil für uns: Wir wissen, was kommt. Auch der Arzt weiß zeitnah, dass wir seine
Proben bearbeiten.“ Verlaufen die ersten Tests zufriedenstellend soll das Pilotprojekt ausgeweitet werden. „Dieses
Projekt ist ganz klar ein weiterer Schritt in Richtung transparent gelenkter Prozesse.“ Eine reibungslos funktionierende
beleglose und digitale Leistungsanforderung könnte auch
die datentechnische Grundlage schaffen, auf der eine RFIDLösung aufsetzen könnte. „Denn bislang sehen die Vorgaben eine papier-basierte Übermittlung von Aufträgen vor,
die eine Redundanz zu einer RFID-Lösung darstellt“, schließt
Angela Borrink.
50
RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | RFID
in der Medizin 2015
RFID-Kompetenzen und -Erfahrungen
RFID-Lösungen
für die Medizinbranche
RFID-Transponder für die Medizinbranche
RFID-Miniaturtransponder
RFID kann mehr als nur RTLS!
Durchgängige Traceability
ist nur mit RFID gegeben
Interview mit Eric Suligoj, Director Business
Development – Industry & Logistics, HID Global
Interview mit Yilmaz Benzer, Vertriebsleiter, und
Eugen Swoboda, Entwicklungsleiter, Neosid
„RFID im Gesundheitswesen
ist die Basis, um die Patientensicherheit zu erhöhen, Verwechslungen von medizinischen Proben auszuschließen,
Operationsgeräte exakt zu
parametrieren sowie prozessübergreifend Kosten zu reduzieren.“
Die Integration von RFID-Tags
ermöglicht die durchgängige
Nachverfolgung der Instrumente
über den kompletten logistischen
Prozess, angefangen vom Operationsraum und Vorbereitungsbereich, über den Waschvorgang
und die Sterilisation, bis zur unterstützenden Nachverfolgung nach
der OP. “
Eric Suligoj, HID Global
Yilmaz Benzer, Neosid
Trotz zahlreicher realisierter Anwendungen ist
RFID noch eine Nischentechnologie im medizinischen Umfeld – zu unrecht, wie innovative und
wirtschaftliche Lösungen zeigen.
RFID-Transponder für die Medizinbranche
52 bis 53
RFID-Miniaturtransponder erfüllen alle Anforderungen für den Einsatz in medizinischen Instrumenten und Geräten - auch im Sterilisationsprozess
RFID-Miniaturtransponder
54 bis 55
RFID in der Medizin 2015 |
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
51
Schrank-Systemlösung für OP-Kleidung
RFID-Kennzeichnungslösungen für Autoinjektoren
Verbesserte Hygiene
und weniger Kosten
Innovation für die Medikation
Smarte Patienteninformation mit NFC
Interview mit Jos Fransen, Geschäftsführer,
ABG Systems Deutschland
Interview mit Thorsten Kircher, Business
Development Manager, Schreiner MediPharm
„Mit einem RFID-basierten Ausund Rückgabesystem lässt sich
der Bedarf der OP-Kleidung besser planen und der Bestand nachweislich reduzieren. Zudem trägt
ein automatisiertes Schranksystem den Hygieneaspekten im hohen Maße Rechnung.“
Jos Fransen, AGB Systems
„Eine NFC-basierte Lösung ist
ideal, damit der Patient selbst
interaktiv für ihn wichtige zusätzliche Informationen abrufen
kann, denn Patienten wollen
zunehmend ihre Krankheit und
die ihnen verschriebenen Therapiemaßnahmen verstehen und
nachvollziehen.“
Thorsten Kircher, Business Development Manager,
Schreiner MediPharm
Schrank-Systemlösung für OP-Kleidung senkt die
Vorräte und unterstützt Hygieneanforderungen
Schrank-Systemlösung für OP-Kleidung
56 bis 57
Trotz zahlreicher realisierter Anwendungen ist RFID
noch eine Nischentechnologie im medizinischen
Umfeld – zu unrecht, wie innovative und wirtschaftliche Lösungen zeigen.
RFID-Kennzeichnungslösungen für Autoinjektoren
58 bis 60
52
RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | RFID
kann mehr als nur RTLS!
RFID prozessoptimierend eingesetzt - in Krankenhäusern, Laboren und medizinischen Einrichtungen
RFID im Operationssaal
Der Einsatz der RFID-Technologie im OP-Saal ist vielfältig und reicht von
der Kennzeichnung chirurgischer Instrumente und Schwämme bis zu
Anwendungen in der Gerätetechnik. „Werden elektronische OP-Geräte
genutzt, gewährleistet eine RFID-Applikation bestehend aus einem getaggten Instrument und einem in die Basis integrierten Reader-Moduls
die exakte Parametrierung des Instruments. Das sorgt für Sicherheit“,
berichtet Eric Suligoj. „Im OP-Bereich kommen hauptsächlich HF- und
UHF-Anwendungen zum Einsatz. Da wir an keine Frequenz gebunden
sind, können wir für einen Großteil der Anwendungen HF-Lösungen
liefern, sollten Vorbehalte gegenüber UHF aufgrund möglicher Beeinflussung medizinischer Geräte bestehen.“
Personenidentifikation
„Zur Identifikation von Personen in Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen sind RFID-Transponder in Armbändern eine sichere und kostengünstige Methode, um Verwechslungen auszuschließen.
Auch lässt sich beispielsweise systemseitig anhand der Armbänder eine
Verbindung zwischen Mutter und Neugeborenem herstellen, um sicherzustellen, dass das Baby nicht ohne die Mutter von der Station gebracht
werden kann“, erklärt Eric Suligoj. „Die heimische Selbstmedikation ist
eine weitere Applikation. RFID wird eingesetzt, um den Patienten dabei
zu unterstützen, zur richtigen Zeit die richtige Dosierung seiner Medikamente einzuhalten. In Verbindung mit Sensorik kann auch eine
automatisierte Kontrolle von Vitalfunktionen erfolgen.“
Probenidentifikation
Das Kennzeichnen spezieller Probenröhrchen lässt sich optimal auf Basis der HF-Technologie realisieren, berichtet Eric Suligoj: „Insbesondere
bei Proben, die kryotechnisch eingefroren werden, lassen sich BarcodeEtiketten direkt nach dem Auftauen schlecht lesen, da sie beschlagen.
Per Direct Bonding hergestellte Miniatur-RFID-Transponder sind in den
Boden der Röhrchen integriert und bei nahezu jeder Temperatur lesbar.
Die Positionierung am Boden hat zusätzlich den Vorteil, dass die Röhrchen in einem Probenhalter immer zu 100 Prozent von einem Tischleser
erfasst werden, ohne dass die Ausrichtung der Röhrchen einen Einfluss
auf das Leseergebnis hat.“
Asset Tracking
Die RFID-Technologie bietet für das Asset-Management im Krankenhaus
ein breitgefächertes Potenzial zur Prozessoptimierung. „In Krankenhäusern rund um den Globus kommen RFID-Transponder zur Lokalisierung
von medizinischen Geräten zum Einsatz. Ein Real-Time Location System
(RTLS) lässt sich mit der passenden Hardware auf Basis passiver oder aktiver RFID-Technologie aufbauen. Gleichzeitig erleichtert die eindeutige
Identifikation Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen. Da medizinische Geräte kostenintensive Assets sind, rechnet sich eine Applikation, die
jederzeit Auskunft über den Standort sowie den Zustand geben kann, sehr
schnell. Für die Wäscheidentifikation hält das HID-Transponderportfolio
bewährte HF- und UHF-Lösungen bereit, darunter auch einen vollkommen neuartigen Textiltransponder aus Stoffgewebe, der derart robust ist,
dass er 300 Waschzyklen schadlos übersteht“, erläutert Eric Suligoj.
Quelle:
Ausgabe März 2015, ISSN 1860-5907, www.rfid-im-blick.de
RFID kann mehr als nur RTLS! |
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
53
RFID-Transponder für die Medizinbranche
RFID kann mehr als nur RTLS!
Trotz zahlreicher realisierter Anwendungen ist RFID noch eine Nischentechnologie im
medizinischen Umfeld – zu unrecht, wie innovative und wirtschaftliche Lösungen zeigen.
Kaum zählbare Prozesse können in einer Branche profitieren, in der Fehler oder Verwechslungen
schlimmstenfalls den Tod eines Patienten zur Folge
haben können. „Das RFID-Potenzial im Gesundheitswesen ist sehr viel facettenreicher als oftmals bekannt – und das nicht nur aus theoretischer Sicht“,
stellt Eric Suligoj heraus. „Vor allem Transponder in
unterschiedlichsten Bauformen und -größen, aber
auch Reader-Module aus unserem Portfolio kommen
bereits in unzähligen Applikationen in nahezu allen
Bereichen der Medizin zum Einsatz.“ In welchen Prozessen RFID optimierend bereits genutzt wird, darüber sprach Eric Suligoj mit „RFID im Blick“.
Eric Suligoj, Director Business Development – Industry & Logistics, HID Global
im Gespräch mit „RFID im Blick“
Geeignet für alle Prozesse?
Transparenz der Prozesse und Sicherheit von Patienten
und medizinischem Personal, das sind die übergreifenden
Schlagworte für Mehrwerte, welche die RFID-Technologie
in unterschiedlichsten Applikationen im Gesundheitswesen
realisieren kann. Transponder von HID in den Frequenzen
LF, HF und UHF, als Glastransponder, Miniaturtransponder
oder Textiltransponder haben in zahllosen Applikationen
ihren Nutzwert unter Beweis gestellt. „Wir bevorzugen keine Frequenz oder Technologie, sondern orientieren uns immer an der Applikation und den Kundenanforderungen. LFTransponder können beispielsweise vollständig mit Metall
umschlossen werden, HF-Transponder mit FRAM-Speicher
sind strahlungsresistent und UHF bietet die größte Lesereichweite“, erläutert Eric Suligoj.
Interview mit Eric Suligoj
Herr Suligoj, welche sind die größten Herausforderungen für den
Durchbruch der RFID-Technologie im Gesundheitswesen?
Das Wissen um die Vorteile der RFID-Technologie ist noch
nicht im gesamten Gesundheitswesen verbreitet. Durch begrenzte oder auch schrumpfende Budgets der Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen entsteht oftmals nicht das
Interesse, sich mit innovativen Technologien zur Prozessoptimierung auseinanderzusetzen. Selbst Lösungen, die bereits in
anderen Einrichtungen gewinnbringend genutzt werden, können nur selten übertragen werden. Jedes Krankenhaus will Lösungen erneut von Beginn an testen. Für weitere Verzögerungen sorgt eine oftmals nicht ausreichende IT-Infrastruktur in
Richtung eines elektronischen Workflows sowie eine fehlende
übergreifende Instanz, welche den erfolgreichen RFID-Einsatz
empfehlen könnte. Grundsätzlich nehmen Inovationsprojekte
im Gesundheitswesen langjährige Zeiträume für die Validierung und Entscheidung in Anspruch, sodass Piloten und mögliche anschließende Rollouts oftmals mehrere Jahre andauern,
nur in seltenen Fällen sind weniger als 18 Monate möglich.
Dabei liegen die Vorteile doch offensichtlich auf der Hand...
Definitiv! Und das nicht nur in der Theorie, sondern in unzähligen Anwendungen in den USA, in Europa und im mittleren
Osten. RFID ist die Basis, um die Patientensicherheit zu erhöhen, Verwechslungen von medizinischen Proben auszuschließen, Operationsgeräte exakt zu parametrieren sowie direkte
Kosten – beispielsweise Koordination von technischem Gerät,
Bettenbelegungen, Textilbestückung – und indirekte Kosten –
beispielsweise Versicherungsbeiträge oder rechtliche Fragestellungen – zu vermeiden.
Quelle:
Abseits der Benefits – rechnet sich RFID wirklich im realen Einsatz?
Darauf möchte ich mit einem Beispiel aus der Praxis antworten.
Wird während einer Operation ein Schwamm im Körper des Patienten vergessen, hat das schwerwiegende Folgen – insbesondere
für den Patienten, aber auch für das behandelnde Krankenhaus,
menschlich wie auch finanziell. Eine RFID-Applikation mit einem Transponder im Schwamm kann einen solchen Fehler zu
100 Prozent ausschließen. Der Nutzen überstrahlt die Kosten also
deutlich. Auch der grundsätzliche ROI ist oftmals schnell realisierbar, allein durch einen erhöhten Patientendurchlauf bei gleicher
Behandlungsqualität, steigende Kapazitäten in Fachabteilungen
sowie die Vermeidung von Mietkosten für Geräte und Textilien.
Ausgabe März 2015, ISSN 1860-5907, www.rfid-im-blick.de
54
RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | „Wir
sprechen erst über Lösungen, dann über die Hardware“
Instrumenten-Tracking
Die Verfolgung von OP-Bestecken mit RFID hat
wesentliche Vorteile. Die Technologie ist in der Anwendung
erprobt und erfüllt die Anforderungen der Hersteller.
RFID-Miniaturtransponder
Durchgängige Traceability
ist nur mit RFID gegeben
RFID-Miniaturtransponder erfüllen alle Anforderungen für den Einsatz in
medizinischen Instrumenten und Geräten - auch im Sterilisationsprozess
Technologisch erfüllen heutige RFID-Transponder alle Anforderungen für den Einsatz in medizinischen Instrumenten. Bereist getestet und erprobt sind RFID-Transponder für die Integration
in OP-Bestecke, um komplette Tracking-Lösungen
zu realisieren. Eine andere Anwendung ist die Authentifizierung von Applikatoren für medizinische
Geräte mittels RFID-Technologie, wie Yilmaz
Benzer und Eugen Swoboda, Neosid, im Interview
mit „RFID im Blick“ erläutern. „Die Einsetzbarkeit und Zuverlässigkeit der RFID-Technologie ist
im Bereich Medizintechnik gegeben. Speziell im
Autoklavierprozess bestätigt die Technologie, dass
sie zuverlässig arbeitet.“
Yilmaz Benzer, Vertriebsleiter, und Eugen Swoboda, Entwicklungsleiter, Neosid, im Interview mit „RFID im Blick“
Traceability für chirurgische Instrumente
durch integrierte Transponder
Für die Nachverfolgung von chirurgischen Instrumenten mittels
RFID-Technologie gibt es gleich mehrere gute Gründe und der
Technologieeinsatz hat wesentliche Vorteile gegenüber dem Barcode oder Datamatrixcode, wie Yilmaz Benzer, Vertriebsleiter
bei dem Hersteller von Miniaturtranspondern Neosid erklärt:
„Die Integration von RFID-Tags ermöglicht die durchgängige
Nachverfolgung der Instrumente über den kompletten logistischen Prozess, angefangen vom Operationsraum und Vorbereitungsbereich, über den Waschvorgang, die Sterilisation und
vorgelagerte Prozesse wie Säubern und Schleifen der Instrumente, bis zur unterstützenden Nachverfolgung nach der OP und
der sicheren Detektion von Werkzeugen im Patientenbereich.“
Eine solche Traceability-Lösung für chirurgische Instrumente mit
integrierten RFID-Transpondern ist bereits seit zwei Jahren bei
einem Instrumentenhersteller, für den das Unternehmen Nesoid
anwendungsspezifische Transponder entwickelt hat, im Einsatz.
Beispielhaftes Designkonzept für die Kennzeichnung eines chirurgischen Instruments
mittels RFID-Miniaturtransponder mit einer Größe von 2,6 x 2,4 Millimetern.
Durchgängige Traceability ist nur mit RFID gegeben |
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
55
In Tests bestätigt:Tags überstehen
Autoklavierprozesse bis 2.000 Zyklen schadlos
LF, HF oder UHF – Welche Frequenz eignet
sich am besten für die Integration in Metall?
„Die technischen Vorteile der Transponder liegen zum einen
in der kleinen Baugröße. Zum anderen erfüllen die RFIDTags die Anforderungen an Autoklavierprozesse. Tests haben
nachweislich ergeben, dass die Transponder bei einem Autoklavierzyklus über 20 Minuten dem Druck von drei Bar bei
Temperaturen von 136 Grad Celsius standhalten und mehr
als 2.000 Zyklen schadlos überstehen“, erklärt Entwicklungsleiter Eugen Swoboda.“ Diese Zyklenzahl sei durchaus eine
Anforderungen, die von den Herstellern gewünscht sei, da
die Instrumente fünf bis zehn Jahre im Krankenhaus im Einsatz sein können.
„Untersuchungen, die wir mit LF durchgeführt haben, haben markante Vorteile zugunsten von HF ergeben: Neben der
Baugröße der zu realisierenden Tags ist dies die internationale
Standardisierung. Auch die Pulkleserate ist deutlich höher gegenüber LF. Zudem lassen sich HF-Tags auch mit NFC-fähigen
Smartphones auslesen. Wir sind technisch jedoch vorbereitet,
um beide Frequenzen zu begleiten und wenn es zu technologischen Änderungen kommt, auch entsprechende Lösungen
anzubieten“, erklärt Yilmaz Benzer. Um für den Einsatz im metallischen Umfeld höhere Reichweiten zu erzielen, kann ein verlängertes Inlay eingesetzt werden, auf dessen Basis Neosid einen
kundenspezifischen Transponder entwickelt hat. Für UHF konnte
bisher noch nicht bestätigt werden, dass die Tags 2.000 Zyklen
im Autoklav überstehen, so Benzer.
Verschiedene Möglichkeiten der Integration
in OP-Bestecke
Für die Integration in die OP-Bestecke bestehen verschiedene Möglichkeiten, die von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich gehandhabt wird. Entweder kann der Tag direkt
in das Instrument eingebracht werden oder in einem Gehäuse verbaut an diese Instrumente angebunden werden. „Welche Variante gewählt wird, ist abhängig davon, welche Zielsetzung und Aufgabenstellung in der Anwendung verfolgt
werden, ob beispielsweise eine Einzelauslesung oder eine
Pulkerfassung erfolgen soll“, erklärt Yilmaz Benzer und erläutert: Ist ein Miniaturtransponder direkt in das Instrument
eingebracht, reduziert sich die Reichweite. Dies hat Auswirkungen auf die Pulklesefähigkeit. Zudem bringt jede Änderung immer auch die Frage der Gewährleistung mit sich.“
Um einen RFID-Tag direkt in ein Instrument zu integrieren,
gilt es außerdem biologische und chemische Vorgaben des
Krankenhausumfeldes zu beachten. Der Transponder muss
so geschützt sein, dass sich keine Keime ablagern können.
Einsatz auch in
Sterilisationsprozessen
Ein wichtiger Punkt ist, dass der Anwender immer involviert
ist, wenn es darum geht, eine Einbausituation direkt am Instrument sicherzustellen, erklärt Eugen Swoboda. „Wir unterstützen den Anwender, indem wir die optimale Platzierung
am Instrument empfehlen sowie die Konfiguration des Readers in Bezug auf die Leseempfindlichkeit vornehmen. Die
Lesegenauigkeit wird von der Konstellation der Instrumentenbelegung und der Readertechnik beeinflusst. Standardantennen erzielen nicht immer die optimalen Ergebnisse.“
Daher arbeitet das Unternehmen Neosid eng mit Lesegeräteherstellern, aber auch Chipherstellern zusammen. Denn
auch die verwendete Speichertechnologie ist entscheidend.
Da medizinische Implantate während des Sterilisationsprozesses Gammastrahlung ausgesetzt werden, ist die StandardEEPROM-Speichertechnologie nicht geeignet, da die Tags
die Bestrahlung nicht ohne Datenverlust überstehen. „Daher nutzen wir eine Speichertechnologie, die resistent gegenüber Gammastrahlung ist. Der Einsatz von RFID-Tags ist
für die Kennzeichnung von Implantaten bereist erprobt“, so
Swoboda.
Authentifizierung von Applikatoren mittels RFID
Ein anderer Anwendungsfall für RFID ist die Integration in
Hilfsmittel und Applikatoren, beispielsweise für die Stoßwellentherapie. Integriert in Applikatoren lässt sich mittels der
Tags nachverfolgen, dass diese austauschbaren Elemente vorschriftsmäßig nach der vom Hersteller vorgegeben Zyklenzahl
gewechselt und entsorgt werden. Nur dann ist sichergestellt,
dass ein Gerät seine Funktionsfähigkeit beibehält. Auch kann
eindeutig nachgewiesen werden, dass ein Hilfsmittel, das
nur für den einmaligen Gebrauch bestimmt ist, ersetzt wurde. „RFID rechnet sich auch bei nur einmaligen Gebrauch der
Hilfsmittel“, betont Benzer: Nicht nur, weil es um hochpreisige
Technik geht, sondern nicht zuletzt darum, dass der Therapieerfolg sichergestellt werden kann.“
Die Technologie ist bereit Jetzt sind die Hersteller gefragt
Die Vorteile der RFID-Technologie liegen für den Experten auf
der Hand – und technologisch erfüllen heutige Transponder
alle Voraussetzungen. „Wir nehmen auch seitens der Hersteller die Bestrebung wahr, die RFID-Technologie anstelle von
Barcodes und Datamatrix-Codes einzusetzen – nicht zuletzt
trägt die gesetzliche Kennzeichungspflicht dazu bei.“ Und der
Schritt vom Barcode zu RFID ist aus Sicht des Experten auch
für Krankenhäuser nicht groß. „Ist bereits ein Barcode-System
vorhanden, ist ein Wechsel zu RFID mit überschaubarem Integrationsaufwand gegeben.“
Miniaturtransponder mit Ferritkern
Die Verwendung von Ferrit als Kern der Transponder ermöglicht die optimale Positionierung des Chips. Auch wirkt
das Ferrit als Multiplikator der Induktivität, sodass zum einen die Antenne mit weniger Windungen auskommt und
zum anderen dennoch hohe Lesereichweiten möglich sind.
Ohne den Einsatz von Ferrit wäre auch keine vollautomatische Produktion der Transponder möglich. Für die gleichbleibende Produktqualität führt Neosid insgesamt drei
100-Prozent-Prüfungen während der Produktion durch.
Management und Distribution
von OP-Kleidung
Ein RFID-basiertes Aus- und Rückgabesystem
reduziert Logistikkosten
Schrank-Systemlösung für OP-Kleidung
Verbesserte Hygiene
und weniger Kosten
Schrank-Systemlösung für OP-Kleidung senkt die Vorräte
und unterstützt Hygieneanforderungen
Das Management von OP-Wäsche ist nicht nur logistisch, sondern auch aus Hygieneaspekten eine komplexe Aufgabe für Kliniken. Ein RFID-basiertes Ausund Rückgabesystem für OP-Kleidung unterstützt
beide Aufgaben. Das System ist bereits in Kranken-
häusern in Deutschland, Österreich, Italien und der
Schweiz sowie Notfallambulanzen implementiert.
Zahlen aus dem praktischen Einsatz belegen, dass
sich mit einem automatisierten System Bestände im
Schnitt um 25 Prozent reduzieren lassen.
Jos Fransen, Geschäftsführer, ABG Systems Deutschland, im Interview mit „RFID im Blick“
Aktivitäten in OP-Räumen können nicht immer geplant werden. Bedarf und Umschlaghäufigkeit sind daher unvorhersehbar. Zum anderen ist die Hygiene extrem wichtig. OPKleidung darf nur im OP-Bereich getragen werden und sollte
vor dem Verlassen gewechselt werden, um die Verteilung von
Krankheitserregern durch das ganze Krankenhaus zu vermeiden. Zudem ist Platzmangel im OP-Bereich eher die Regel als
die Ausnahme.
Hygiene- und Bestandskontrolle in einem System
Das Unternehmen ABG Systems hat ein RFID-basiertes
Schranksystem für das Management und die Distribution von
OP-Kleidung entwickelt, das in verschieden Größen platzsparend direkt im Umkleidebereich aufgestellt werden kann.
„Mit einem Aus- und Rückgabesystem lässt sich der Bedarf
der OP-Kleidung besser planen und der Bestand nachweislich
reduzieren. Zudem trägt ein automatisiertes Schranksystem
den Hygieneaspekten im hohen Maße Rechnung: Die OPKleidung wird direkt im OP-Bereich aus- und zurückgegeben,
verlässt diesen also nicht. Eine Besonderheit des Systems ist,
dass die Wäschefächer vereinzelte Zellen sind, sodass automatisch immer nur ein Wäscheteil beziehungsweise ein Set
bestehend aus Kasack und Hose entnommen und somit angefasst werden kann“, erklärt Jos Fransen, Geschäftsführer von
ABG Systems Deutschland.
RFID-basierte Nutzer- und Wäscheidentifikation
Zur Ausgabe der Wäsche identifiziert sich der Mitarbeiter
am Automaten per PIN-Code, Magnetstreifen-Karte oder
RFID-Karte und wählt auf dem integrierten Bildschirm das
gewünschte Kleidungsstück. Das Gerät öffnet ein Einzelfach
mit der für den Benutzer hinterlegten Größe. „Für die Wäscheidentifikation selbst kommt ein HF- oder UHF-System
zum Einsatz. Dies wird von den Krankenhäusern unterschiedlich gehandhabt. Die Wäschestücke selbst sind dazu
mit Transpondern versehen, teilweise wird die OP-Kleidung
direkt verschweißt vom externen Textildienstleister geliefert“,
so Fransen. Am Rückgabeautomaten erfolgt die Erfassung der
Verbesserte Hygiene und weniger Kosten |
eingeworfenen Wäsche über eine RFID-Reader-Antenne am
Einwurfschacht. Nach Einwurf schließt die Klappe automatisch und die Wäsche wird in einen Rollcontainer, der neben
dem Automaten steht, gepustet.
Zentrale Verwaltung über Software
Mittels einer eigens entwickelten Software sind detaillierte Bestände der Automaten im OP-Bereich auch über Fernabfrage
einsehbar. „Die Software lässt sich ohne Aufwand im Krankenhaus installieren und die Konfiguration der Stammdaten mittels
skalierbarer HTMS-Software-Plattform, die speziell entwickelt
wurde, um die Ausgabe von Arbeitskleidung und deren Rückgabe in Gesundheitseinrichtungen zu verwalten, durchführen“,
wie Fransen erklärt. Die Software überwacht die Bestände in
der Ausgabestation und schlägt Alarm, wenn gesetzte Schwellen überschritten werden. Der Anwender kann eine Kommissionierliste erstellen und wird alarmiert, wenn die Rollcontainer
voll sind. Die Daten können auch auf dem LGD Client abgerufen werden. Dieser beinhaltet die SQL-Datenbank mit den
Stammdaten, wie Nutzer, Artikel, Guthaben, Ausweiskarten.
Kontrollierte Distribution der Kleidung
Auch die Distribution von OP-Kleidung wird auf diese Art kontrolliert, da eine Ausgabe erst nach Rückgabe von Schmutzwäsche erfolgen kann. „Einem Nutzer steht nur eine bestimmte Anzahl an Teilen zur Verfügung. Hat er alle Wäschestücke
in Gebrauch, erhält er erst nach Rückgabe der gebrauchtem
Kleidung neue. Eine kontrollierte Verteilung bedeutet auch,
dass das Personal nur die benötigte Kleidung erhält und nicht
Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
57
Zahlen aus der Praxis
Reduzierung des Waschvolumens um 4,5 Tonnen
„Die Auswertung von Daten aus dem praktischen Einsatz in
einem Krankenhaus in Italien belegen den mehrfachen Nutzen des Schranksystems“, so Fransen. Bei einem Gebrauch
von täglich 200 Teilen hat die Klinik auf Jahresbasis eine
Reduzierung des Waschvolumens (Mikrofaserteile) um rund
4,5 Tonnen festgestellt.
Die Vorteile auf einen Blick
• Reduzierte Nutzung der OP-Kleidung
•
•
•
um 30 Prozent
führt zur Senkung der Wäsche- und Logistikkosten.
Eine Reduzierung der Nachbestellungen für Ersatzwäsche um 80 bis 90 Prozent im Vergleich zu unkontrollierter Distribution im Vorjahr
Mit einer richtigen FIFO-Distribution wird die Umschlaghäufigkeit der Wäsche verbessert und eine inhomogene Abnutzung verhindert.
Die Bestandsreduzierung beträgt durchschnittlich 25
Prozent.
die Menge, die wünschenswert wäre“, erklärt Jos Fransen.
Dem „Bunkern“ von Wäsche wird damit Einhalt geboten. Die
Verfolgung der Kleidung reduziert den möglichen Schwund in
Richtung Null. Zudem schont eine deutliche Reduzierung des
Waschvolumens auch die Umwelt.
ABG System seit 2013 im Einsatz bei der Ambulanz Aicher München
Markus Knopp, Quality Representative bei der Ambulanz Aicher München,
im Interview mit „RFID im Blick“
Die Ambulanz Aicher München setzt seit 2013 ein ABG System mit Ausgabe- und Abwurfschrank für Poloshirts und
-hosen in der Hauptwache
ein. Rund 440 Kleidungsstücke routieren wöchentlich in dem System. Mit
dem Automaten konnten
zwei Ziele erreicht werden:
Kontrolle über die Bestände und Einhaltung der Hygieneanforderungen.
Auf der Hauptwache in
München sind 55 bis 60
Mitarbeiter
mit
hohem
Durchsatz bei geringfügiger
Beschäftigung im Einsatz.
„Vor Einführung des Systems bestand grundsätzlich
das Problem zu geringer
Bestände. Es kam vor, dass
ABG Ausgabeschrank, hier abgebildet mit 200 Wäschefächern.
Mitarbeiter mehrere Wäschesets „bunkerten“, aus Sorge, dass
in der Ambulanz ihre Größen nicht zur Verfügung stehen. Im
Zuge der Umstellung der gesamten Bekleidung auf Miettextilien entschieden wir uns 2013 gleichzeitig für die Einführung
des Schranksystems, um die Bestände insgesamt zu reduzieren“, so Markus Knopp.
Die Textlien werden eingeschweist geliefert, sodass diese mit
der normalen Kleidung nicht in Kontakt kommen. Die Hygienerichtlinen sehen ganz klar vor, dass gebrauchte Kleidung
nicht mit nach Hause genommen und mit Dienstwäsche auch
keine Arbeitsfahrt angetreten werden darf. Sie muss regulär
täglich gewechselt werden, nach Infektfahrten oder bei starker Verschmutzung häufiger. Über eine kontrollierte Aus- und
Rückgabe wird indirekt auch der Hygieneaspekt unterstützt.
„Vorbehalte der Mitarbeiter gegenüber der RFID-Technologie
gab es keine, zumal wir deutlich kommuniziert haben, dass
die Technologie nicht der Kontrolle der Arbeitszeiten dient.
Die Mitarbeiter haben sich schnell an die Abläufe am Automaten gewöhnt, und heute läuft das System reibungslos“, so
Knopp. Auch die Ausgabe von Jacken, die ebenfalls mit RFID
gepatcht sind, erfolgt – wenngleich nicht über die Automaten
- über das ABG-Programm. „Kurz über einen RFID-Reader
gezogen, können wir die Jacken schnell zuordnen oder im
System eingreifen, beispielsweise um Größen zu ändern.“
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RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | Innovation
für die Medikation - Smarte Patienteninformation mit NFC
Schreiner MediPharm entwickelt Innovationen
gemeinsam mit der Pharmabranche
„Die Pharmaindustrie zeigt zunehmend Interesse an RFID
und NFC, um innovative Produkte auf den Markt zu bringen, die nicht nur von der Wirkung her, sondern auch von
der Funktion und Handhabung das Patientenwohl im Blick
haben“, sagt Thorsten Kircher. „Seit vielen Jahren ist Schreiner MediPharm Partner der Global Player der pharmazeutischen Industrie und Medizintechnik. Wir nehmen die
Impulse der Branche auf und entwickeln in enger Kooperation mit ihnen Lösungen, um Therapie und Heilung von
Patienten zu unterstützen.“ Mit tiefgreifendem Know-how
in der Entwicklung von Funktionsetiketten ist Schreiner
MediPharm an der Realisierung eines vollkommen neuen
Ansatzes der Patienteninformation beteiligt.
Technologische Innovationen
ein wertvolles, aber sensibles Thema
Gemessen an den Ausgaben und an der
Zahl der Mitarbeiter ist die deutsche Pharmaindustrie führend im Bereich der Forschung und Entwicklung. Kein anderer
Wirtschaftssektor investiert in Deutschland prozentual mehr in Innovationen,
Neu- und Weiterentwicklungen als die
Hersteller von Arzneimitteln. „Die Branche ist sehr empfänglich für Innovationen,
denn Forschen zum Wohle des Patienten
sichert das Vertrauen im Markt. Pharma
bedeutet absolute Sicherheit, Nachhaltigkeit und das Einhalten strenger regulatorischer Vorgaben. Technologische Innovationen in der Pharmabranche sind ein
wertvolles, aber auch sensibles Thema – zu
viel hängt von der 100-prozentigen Funktion und Wirkung der Produkte ab. Investitionen werden mit Bedacht getätigt“, erläutert Thorsten Kircher.
Innovation für die Medikation - Smarte Patienteninformation mit NFC
| Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
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RFID-Kennzeichnungslösungen für Autoinjektoren
Innovation für die Medikation
Smarte Patienteninformation mit NFC
Schreiner MediPharm entwickelt gemeinsam mit Global Playern der Pharmaindustrie
innovative RFID-Kennzeichnungslösungen, welche die Sicherheit und den Komfort der
Selbstmedikation erhöhen
Thorsten Kircher, Business Development Manager, Schreiner MediPharm, im Gespräch mit „RFID im Blick“
Gemeinsam mit Herstellern werden Lösungen für
Autoinjektoren konzipiert, die mittels integrierter RFID- und NFC-Technologie einen innovativen Weg beschreiten, um einfache Handhabung
und sichere Verabreichung liquider Medikamente zu ermöglichen. „Schreiner MediPharm als
Anbieter von Funktionsetiketten ist innerhalb
der Schreiner Group der größte Geschäftsbereich
und seit Jahrzehnten verlässlicher Partner der
Pharmaindustrie. Mehr als 70 Prozent unseres
Umsatzes erwirtschaften wir im Export von multifunktionalen Labels für diese Branche“, berichtet Thorsten Kircher. Dies zeige, dass Unternehmen weltweit nach hochwertigen Lösungen von
Spezialisten suchen, die den hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden.
Bestes Beispiel: Lösungen für Autoinjektoren
Pens und Autoinjektoren wurden entwickelt, damit Patienten sich auf einfachem und sicherem Weg liquide Medikamente selbst und ohne Hilfe eines Arztes oder eines Pflegers sowie ohne spezielle Kenntnisse verabreichen können.
„Injektoren nehmen Patienten die Angst vor der Injektion,
da sie optisch nicht wie eine Spritze aussehen. Bei zahlreichen Geräten ist noch nicht einmal die Injektionsnadel zu
erkennen. Dies trägt dazu bei, dass Patienten sich eher an
ihren Medikationsplan halten. Das fördert den mündigen
Patienten, entlastet das Pflegepersonal beispielsweise in der
ambulanten Patientenbetreuung und spart somit Kosten im
Gesundheitswesen“, erläutert Thorsten Kircher.
aufgrund ihrer Erkrankung in ihrer Motorik, wie etwa bei
einer Arthritis, eingeschränkt sind, können sich mittels Autoinjektoren dennoch sicher ihr Medikament verabreichen ohne
das Risiko eingehen zu müssen, sich selbst mit einer Spritze
möglicherweise zu verletzen. Zudem bedeuten Injektionssysteme ein hohes Maß an Komfort für den Patienten.“
RFID- und NFC-Lösungen für Injektoren
„Wir sehen den Nutzen von RFID- und NFC-Lösungen bei
Autoinjektoren im praktischen Gebrauch insbesondere in
zwei Dimensionen. Dabei spielt die RFID-Technologie mit
den technischen Features des Injektors zusammen. Nicht
selten sind Autoinjektoren Hightech-Geräte, die über Bluetooth, WLAN und Mobi l f un k sch n it t stel len
verfügen. Zum einen
werden die Echtheit,
das
Mindesthaltbarkeitsdatum sowie mögliche Rückrufe beim
Einlegen einer neuen Kartusche, die mit
einem HF-Label gekennzeichnet ist, automatisch
überprüft
– auch über eine OnDie Integration eines NFC-Chips ermöglicht die elektronische Nachverfolgung, die Patientenkommunikation oder die Überwachung der korrek- line-Abfrage. Zum anten Verabreichung. Ein aufgedruckter QR-Code führt die Anwender zu einer Website oder zu wichtigen Zusatzinformationen.
deren hat der Patient
die Möglichkeit, NFCTags an den Kartuschen und den Injektoren mittels eines
Hochwertige Medikamente
NFC-fähigen Smartphones zu erfassen und so zusätzliche
automatisch injiziert
Injektionssysteme kommen insbesondere bei hochpreisigen Informationen zum Medikament und zur Handhabung des
liquiden Medikamenten zum Einsatz, bei denen eine Ein- Injektors, beispielsweise in Form eines Video-Tutorials, zu
zeldosis nicht selten 1.000 Euro oder mehr kostet. Beispiels- erhalten“, berichtet Thorsten Kircher und führt aus: „Eine
weise wird bei anaphylaktischen Schocks Adrenalin mittels NFC-basierte Lösung ist ideal, damit der Patient selbst inAutoinjektoren verabreicht. Auch für Medikamente bei mul- teraktiv für ihn wichtige zusätzliche Informationen abrufen
tipler Sklerose oder rheumatoider Arthritis sowie im Falle kann, denn Patienten wollen zunehmend ihre Krankheit
von Wachstumshormonen werden solche Injektionssysteme und die ihnen verschriebenen Therapiemaßnahmen versteverwendet, fasst Thorsten Kircher zusammen: „Patienten, die hen und nachvollziehen.“
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RFID im Blick | Ausgabe März 2015 | Innovation
für die Medikation - Smarte Patienteninformation mit NFC
Patienten-Compliance verbessern
Bei der Selbstmedikation steht immer die Antwort auf die
Frage im Raum, ob sich der Patient exakt an den ärztlich
vorgegebenen Therapieplan hält. Insbesondere in Bezug
auf eine alternde Gesellschaft und den wachsenden Homecare-Bereich gewinnt dieser Aspekt weiter an Bedeutung.
„Moderne Präparate reagieren zunehmend sensibel auf
Abweichungen vom Medikationsschema – wird eine Dosis
ausgelassen oder deutlich zeitversetzt injiziert, kann dies
die Therapie um Tage oder sogar Wochen zurückwerfen“,
erläutert Thorsten Kircher. Autoinjektoren-Labels mit integrierten NFC-Inlays können einen Beitrag zur PatientenCompliance leisten. „Der Therapieerfolg des Patienten steht
an erster Stelle und ist nicht nur im Sinne des Patienten
selbst, auch Kosten für das Gesundheitswesen können
eingespart werden, da unnötige stationäre oder betreute
Behandlungen vermieden werden.“ Auch bei klinischen
Studien spielt Compliance eine wichtige Rolle, da diese
entscheidend für den Nachweis der Wirksamkeit der getesteten Präparate ist.
Alleinstellungsmerkmale für
Premiumprodukte
Laufen Patente für bestimmte Präparate aus, kommen Generika auf den Markt und verändern so das Preisgefüge. RFID
ist eine Möglichkeit für Pharmahersteller, einen Preisverfall
zu umgehen oder zumindest abzumildern, so Thorsten Kircher: „In zahlreichen Ländern weltweit müssen Patienten
ihre Medikamente selbst zahlen. Autoinjektoren, die mittels
RFID im Sinne des Patientenwohles aufgewertet sind, steigern die Attraktivität des Produktes und verschaffen den
Herstellern von Markenprodukten trotz auslaufendem Patent einen Vorteil durch Einzigartigkeit der Produkte bei
Bedienung und Komfort gegenüber einfachen Generika.“
Serialisierung: Auf Umwegen doch mit RFID?
Die für die Zulassung von medizinischen Produkten in den
USA zuständige Food and Drug Administration (FDA) sieht
RFID zwar als probates Mittel der Serialisierung an, hat letzt-
endlich jedoch die Empfehlung ausgesprochen, QR-Codes
für die eindeutige Kennzeichnung von medizinischen Produkten zu nutzen. Thorsten Kircher sieht eine Möglichkeit,
wie RFID jedoch zur Serialisierung genutzt werden kann:
„Lösungen mit NFC und RFID werden von Pharmaunternehmen im Bereich der Autoinjektoren in Betracht gezogen,
um die Patientensicherheit zu erhöhen. Sind Autoinjektoren
dann bereits mit einem RFID-Transponder gekennzeichnet,
liegt der Gedanke nahe, diesen auch zur Serialisierung zu
nutzen.“
Der Innovator Schreiner MediPharm
Der Anspruch als Innovationsführer zeigt sich bei vielen
Produktentwicklungen von Schreiner MediPharm. So war
etwa das Produkt Pharma-Tac, ein Spezialetikett mit integrierter Aufhängevorrichtung für Infusionsflaschen, eine
der ersten Innovationen von Schreiner MediPharm. „Diese Etiketten sind heute praktisch weltweiter Standard. In
den Anfängen des Bereiches MediPharm waren es die mechanischen Funktionen, später zusätzliche Sicherheitsfeatures, die im Zentrum der Entwicklungen standen. Heute
stehen zudem digitale Funktionen im Fokus unserer Forschung und Entwicklung, bei der die Vision in Richtung
der Verknüpfung von Produkten mit Smartphone-Apps und
Cloud-Anwendungen geht. RFID und NFC sind für uns dabei wichtige Komponenten, um weitere Evolutionsstufen zu
beschreiten“, schließt Thorsten Kircher.
Die Pharmaindustrie im Blick
Da die Pharmaindustrie keine Branche sei, in der Entscheidungen zugunsten einer Investition in Innovationen spontan
getätigt werden, ist das Vorgehen der Unternehmen diskret
und zeitintensiv, so der Business Development Manager:
„Vorlaufzeiten bis zum Market Launch einer neuen Lösung
oder eines neuen Produkts betragen nicht selten zwischen
drei und sieben Jahren. Wir pflegen Partnerschaften mit den
Global Playern am Markt und entwickeln kundenindividuelle Innovationen, Strategien und Lösungen.“
Kennzeichnungslösung für SHL Medical
Schreiner MediPharm realisierte multifunktionale Kennzeichnungslösungen für den Hersteller von Pen- und Autoinjektoren SHL Medical. Die Spezial-Labels enthalten unterschiedliche Features wie etwa einen Anti-Rutsch-Lack für
besseren Grip, der ein Abrutschen während der Injektion
verhindert. Ein integriertes Hologramm dient zum Produkt-
und Markenschutz. Zudem zeigt ein Temperaturindikator
an, wenn das Medikament die richtige Injektionstemperatur erreicht hat und ein integrierter NFC-Chip ermöglicht
interaktive Anwendungen: Benutzer können so beispielsweise direkt auf der Website des Herstellers weitere Informationen erhalten, wie etwa ein Demo-Video.
Innovation für die Medikation - Smarte Patienteninformation mit NFC
| Ausgabe März 2015 | RFID im Blick
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Zahlen, Daten und Fakten
zur Pharmaforschung und -entwicklung
Auf dieser Seite finden Sie aktuelle Statistiken, Fakten und Daten zur Pharmaforschung in
Deutschland, basierend unter anderem auf den Angaben des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e.V..
Deutschland als Standort für Pharmaforschung und -entwicklung:
Führend bei finanziellen und personellen Investitionen in F&E
Die forschenden
Pharma-Unternehmen (vfa)
Luft- und Raumfahrzeugbau
Im Schnitt vergehen laut dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.v. (vfa) mehr als 13 Jahre von der ersten Idee bis
zur Marktreife eines Medikamentes. Wie aufwändig Pharmaforschung sei, zeige sich daran, dass von ursprünglich 5.000 bis
10.000 Wirkstoffen, die für das geplante Medikament in Frage
kämen, am Ende nur ein einziger übrig bliebe, der eine Zulassung erhält. Für die Zulassung eines Medikamentes sind Studien mit oftmals mehreren Tausend Patienten notwendig, um
Wirkung und Sicherheit des Produktes nachzuweisen. Dieser
Aufwand ist kostspielig: Die durchschnittlich 25 neuen Medikamente jährlich kosten die Pharmahersteller zwischen 970 Millionen und 1,6 Milliarden US-Dollar pro Medikament, so der vfa.
Herstellung von Kraftwagen
und -teilen
Elektrotechnik
Herstellung von
chemischen Erzeugnissen
Maschinenbau
Information und
Kommunikation
Wirtschaftsnahe
Dienstleistungen
0
5
10
15
20
25
FuE-Personal in Prozent der Beschäftigenten
FuE-Aufwendungen in Prozent des Umsatzes
In Deutschland wenden die forschenden Pharmaunternehmen laut vfa jährlich rund
fünf Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung (F&E) auf – das entspricht rund
zehn Prozent des Jahresumsatzes – deutlich mehr als andere führende Wirtschaftsbranchen.
Ausgaben für F&E in Deutschland: 15 Millionen Euro täglich
Von den insgesamt 44 Firmen im vfa organisierten Firmen
unterhalten derzeit 21 Labors und Forschungsstandorte
für Wirkstoff- oder galenische Forschung in Deutschland.
Unter diesen Unternehmen sind Hersteller mit Haupt-
14,1
14,3 14,5
14,5 14,5
15,7
16,8
17,0 17,3
sitz sowohl in Deutschland als auch in den USA, Frankreich,
Großbritannien, Japan und der Schweiz. Insgesamt 35 aller
Mitgliedsfirmen koordinieren von Deutschland aus klinische
Studien im Inland und teilweise auch in anderen Ländern.
17,5 18,0
18,3 18,3
17,5
F&E-Beschäftigte in vfa-Mitgliedsfirmen in Deutschalnd (in Tausend)
F&E-Ausgaben der vfa-Mitgliedsfirmen (in Milliarden Euro)
Laut vfa wenden alle in Deutschland aktiven forschenden
Arzneimittelhersteller jährlich rund 5,6 Milliarden Euro für
F&E allein in Deutschland auf – das entspricht Investitionen
von täglich mehr als 15 Millionen Euro.