1 5. Herbstschule 2006 System Erde Naturgefahren im System Erde
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1 5. Herbstschule 2006 System Erde Naturgefahren im System Erde
5. Herbstschule 2006 System Erde Naturgefahren im System Erde Donnerstag, 9. 11. 2006 "Das Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean GITEWS", Dr. Jörn Lauterjung, GFZ Potsdam Der Aufbau des Tsunami-Frühwarnsystems für den Indischen Ozean (GITEWS) schreitet voran. GITEWS ist Teil eines Early-Warning-Systems, das auch andere Naturkatastrophen wie z.B. Erdbeben und Vulkanausbrüche erfassen soll. Das System integriert terrestrische Beobachtungsnetze der Seismologie und Geodäsie mit marinen Messverfahren und Satellitenbeobachtungen. Die dazu erforderlichen FuE-Arbeiten sollen im Rahmen eines Stufenplans realisiert werden, der einerseits schnell, d. h. innerhalb von 1 bis 3 Jahren, wirksamen Schutz garantiert und andererseits zulässt, auch spätere technologische Entwicklungen, für die jetzt noch Forschungsbedarf besteht, problemlos einzubinden. Das Frühwarnsystem kann später auf den Mittelmeerraum und den Atlantik ausgedehnt werden. Die Initiative wird koordiniert von der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, vertreten durch das GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ). Aufgrund der geologischen Situation muss davon ausgegangen werden, dass vor allem Indonesien wegen der unmittelbaren Nachbarschaft des seismisch aktiven Sundabogens auch in Zukunft am häufigsten und am stärksten von katastrophalen Tsunami-Ereignissen betroffen sein wird. Der Vortrag beleuchtet die Entstehung des Tsunamis vom 26. Dezember 2004, stellt die geplante technische Realisierung des Frühwarnsystems vor, zeigt erste Modellierungsszenarien und gibt einen Ausblick über die vorgesehene Umsetzung eines Frühwarnsystems im Indischen Ozean. "Hochwasser in Deutschland: Ursachen - Auswirkungen - Schutz", Dr. Bruno Merz, GFZ Potsdam Deutschland wird immer wieder von schweren Naturkatastrophen betroffen, wobei Überschwemmungen eine besondere Rolle spielen. So war das Hochwasser im August 2002 mit 12 Mrd. € die bisher teuerste Naturkatastrophe in der Geschichte Deutschlands. Zwar sind Hochwasser ein natürlicher Teil des Wasserhaushalts, trotzdem beeinflusst der Mensch durch seine Eingriffe in den Wasserhaushalt sowie durch seinen Umgang mit der Hochwassergefahr, ob sich solche natürlichen Schwankungen zu Katastrophen ausweiten. Intelligente Schutzstrategien können Katastrophen verhindern oder ihre Auswirkungen deutlich mindern. "Ökologische und gesellschaftliche Auswirkungen des Hitzesommers 2003", Prof. Dr. Wolfgang Cramer, PIK Potsdam Der Sommer 2003 war eine meteorologische Extremsituation fast ohne Beispiel. Bekannt sind die schwerwiegenden Folgen, die die Hitze und Trockenheit für alte und gebrechliche Menschen hatte, von denen viele in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern starben. Neben den Todesfällen gab es auch andere Wirkungen der Hitzewelle, die z.T. komplexe Erklärungen benötigen und nur statistisch nachweisbar sind. Oft übersehen wird die Tatsache, dass die Trockenheit auf verschiedenen Kontinenten auftrat - Methoden der Fernerkundung und Erdsystemmodellierung können inzwischen aber ein relativ gutes Bild der globalen Verteilung liefern. 1 "Wettergefahren und Warnverfahren" Prof. Dr. Werner Wehry, FU Berlin Vielfältige Wettergefahren sind von Meteorologen vorherzusagen: Stürme, Starkregen, Hagel, Glatteis, Großschneefälle, Lawinen, in vielen Regionen der Erde auch Tornados und Hurrikane - aber auch Dürre und Hitze zählen hierzu. Die Vorhersage von Extremereignissen ist schwierig, oft gar nicht möglich. Im Rahmen der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) werden weltweite Forschungsverbünde gefördert und koordiniert, die die Schädlichkeit der Wettergefahren verringern sollen. Die Öffentlichkeit ist rechtzeitig und verständlich zu warnen, was sich als schwieriger erweist als ein Laie erwarten mag. Zu diesem Zweck sind weltweit und lokal Warnzentralen eingerichtet worden. "Müssen wir Angst vor dem Weltraumwetter haben?" Prof. Dr. Hermann Lühr, GFZ Potsdam Für die Jäger und Sammler, die noch in Höhlen wohnten, war das Weltraumwetter kein Thema. Die heutige Zivilisation hat dagegen ihren Lebensraum weit ausgedehnt und ist in vielerlei Bereichen auf moderne Technologie angewiesen. Bewegt man sich mit dem Flugzeug oberhalb der Troposphäre, setzt man sich bereits zu einem erheblichen Maße den Unbilden des Weltraumwetters aus. Magnetische Stürme können Satellitenausfälle verursachen oder Stromversorgungen unterbrechen. Derartige Ereignisse führen in der Regel zu einer Reihe von kritischen Situationen, auch auf der Erdoberfläche. So können z.B. Überlandleitungen durchbrennen, die Flugsicherung beeinträchtigt werden u.v.m. "Naturgefahren in Hochgebirgen - Beispiele aus der vergleichenden Hochgebirgsforschung" Prof. Dr. Margot Böse, FU Berlin Die Hochgebirge der Erde sind u. a. durch eine eiszeitliche Vergletscherungen zumindest der Gipfelregionen gekennzeichnet, ohne dass heute noch zwingend eine glaziale Höhenstufe ausgebildet ist. Vorzeitformen, Tektonik, aktuelles Klima und Verwitterung steuern als wesentliche Faktoren die heutige Reliefbildung. Dabei spielen Ereignisse, die häufig vom Menschen als Naturkatastrophen wahrgenommen werden, eine große Rolle. Beispiele aus den Alpen, einem heute noch in der Gipfelregion vergletscherten Gebirge der mittleren Breiten, und dem randtropischen, vom Monsun und Taifunen beeinflussten Gebirge Taiwans, das keine glaziale Höhenstufe mehr hat, sollen aktuelle Prozessabläufe vergleichend darstellen. Freitag, 10. 11. 2006 "Erdbeben als Naturgefahr - Das Bantul-Beben 2006" Dr. Birger Lühr, GFZ Potsdam Am 26. Mai 2006 ereignete sich im Süden von Zentraljava, Indonesien, ein Erbeben der Magnitude 6,3. Das Beben traf eine dicht besiedelte Region südlich der Großstadt Yogyakarta und hatte mit 6000 Todesopfern katastrophale Auswirkungen im Bereich der Stadt Bantul. Für Geowissenschaftler kam dieses Erdbeben überraschend, denn das Gebiet selbst verzeichnet im weltweiten internationalen Erdbebenkatalog (Daten ab 1964) nur eine sehr geringe Bebenaktivität. Die Insel Java ist Teil des 5000 km langen Sunda-Inselbogens, einer hochaktiven Subduktionszone mit Platten-Geschwindigkeiten zwischen 5 und 7 cm/Jahr. Dieser dynamische Prozess ist Ursache für eine starke Erdbebentätigkeit und einen ausgeprägten Vulkanismus. Trotz dieses Umstandes kam das Beben für die Menschen in der Bantul-Region völlig unerwartet und traf sie unvorbereitet in zum Teil sträflich unstabil konstruierten Gebäuden. Im Februar 2006 hatte der im Norden Yogyakartas gelegene Vulkan 2 Merapi begonnen, eruptiv zu werden und bedrohte nahe gelegene Siedlungen mit pyroklastischen Strömen. Das Bantul-Beben führte nun kurzzeitig zu einer Verdreifachung der Vulkanaktivität und beunruhigte die Bevölkerung der ganzen Regien dadurch zusätzlich mit mehr als 100 Glutlawinen pro Tag, die eine Reichweiten bis zu 7 km hatten. Im Rahmen eines Task Force Einsatzes des GFZ Potsdam wurden nun Daten gesammelt und über 3 Monate die Nachbeben dieses Ereignisses registriert, um das Verständnis für die zugrunde liegenden geodynamischen Prozesse einerseits und die Ursachen für die lateral inhomogene Schadensverteilung andererseits zu verbessern. Ein besseres Verständnis ist die Grundlage für zukünftige risikomindernde Maßnahmen. "Vulkanforschung heute" Dr. Thomas Walter, GFZ Potsdam Die dynamische Lebendigkeit der Erde zeigt sich in der dramatischsten und anschaulichsten Form bei Vulkanausbrüchen. Mit etwa 50 bis 60 Eruptionen bleibt die Anzahl der Vulkanausbrüche nahezu konstant - ganz im Gegensatz zu den geradezu rasanten technologischen und methodischen Entwicklungen der letzten 15 Jahre. Die Arbeitsweise der Vulkanforscher hat sich seither grundlegend verändert: nicht der Geologenhammer und Schutzhelm, sondern vielmehr Satellitendaten, Computermodelle und ferngesteuerte Messsysteme bestimmen die Arbeitsweise der Forscher. Die physikalische Beschreibung von Magmenbewegung im Erdinneren, deren Herkunft und chemische Zusammensetzung, und die Kopplung von Vulkanen und deren Umfeld (Erdbeben, Klima) sind Bereiche zahlreicher neuer Studien und Erkenntnisse, und sollen nun auch vermehrt im Rahmen der Gefahrenanalyse und Frühwarnung Anwendung finden. Jüngstes Beispiel ist der Ausbruch des Merapi (Java) und das Bantul-Erdbeben vor Javas Küste im Mai 2006. "Meteorologische Extremereignisse in Europa und ihre zukünftige Entwicklung" Dr. Gregor Leckebusch, FU Berlin Immer häufiger wird durch ein breites Medieninteresse die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf „Wetter-Katastrophen“ gelenkt. So scheinen unterschiedlichste Extreme immer häufiger in Europa aufzutreten: so z.B. drei verheerende Winterstürme im Dezember 1999 (Anatol, Lothar und Martin), die „Jahrhundert-Flut“ der Elbe und ihrer Zuläufe im Sommer 2002, gefolgt von dem Rekord-Sommer 2003 mit seinen ausgeprägten Hitzewellen und einer europaweiten Dürreperiode. In dem Vortrag soll der Frage nachgegangen werden, wie sich diese „Einzelereignisse“ in den Kontext natürlicher bzw. anthropogener Klimavariabilität einordnen lassen. Können anhand der Ursachen von Extremereignissen (diese werden exemplarisch aufgezeigt) Aussagen über eine mögliche zukünftige Entwicklung europäischer „Wetterextreme“ gemacht werden? Wie sieht eine mögliche Zukunft aus? "Ich denke nie an die Zukunft, sie kommt bald genug." Über die Genauigkeit und Leistung von Wetter- (und anderen) Vorhersagen Dr. Martin Göber, Deutscher Wetterdienst Offenbach Ein wichtiger Test für eine Theorie besteht in der Vorhersage noch nicht bekannter Beobachtungen. Die Wettervorhersage ist der berühmteste (und berüchtigste) Test über unser Verständnis der Komplexität des Klimasystems. Die routinemäßige, objektive Überprüfung der Vorhersagen liefert den Nutzern der Vorhersagen Informationen über die erwartete Vorhersagegenauigkeit und unterstützt die Wissenschaftler in der Verbesserung der Vorhersagemethoden. Die Genauigkeit der Wetterprognosen hat sich in den vergangenen Jahren erhöht auf allen Zeitskalen von wenigen Minuten (Tornados), über Stunden (Gewitter) 3 und Tage (Tiefdruckgebiete) bis hin zu Jahreszeiten (El Nino). Manche Vorhersagefehler sind mittlerweile unmerkbar klein (z.B. bei der Temperaturprognose), andere bleiben eine große Herausforderung (Starkregen). Die Aufmerksamkeit richtet sich immer mehr auf die Quantifizierung der Unsicherheit von Vorhersagen und die optimale Nutzung unsicherer Vorhersagen für die Entscheidungsfindung im Katastrophenschutz oder in der Wirtschaft. Bei der Vorhersage extremer Ereignisse stehen die Meteorologen vor ähnlichen Herausforderungen und nutzen ähnliche Handlungsstrategien wie Mediziner, Juristen oder Militärs. "Der Regenbogen - Wie kann und soll man sich diesem Phänomen im Physikunterricht nähern?" Prof. Dr. Lutz-Helmut Schön, HU Berlin Der Regenbogen wird gern im Physikunterricht behandelt als Anwendung für die Brechung bzw. Dispersion des Lichts. Selten wird etwas genauer auf das Phänomen eingegangen. Dadurch werden Erscheinungen übersehen, die zum Verständnis beitragen können. Im Vortrag soll der "klassische" Weg zum Regenbogen kurz skizziert, dann aber ein phänomenologischer Zugang vorgestellt werden, bei dem die gründliche und systematische Beobachtung am großen Wassertropfen im Mittelpunkt steht. 4