Erasmus- Erfahrungsbericht Jyväskylä/ Finnland

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Erasmus- Erfahrungsbericht Jyväskylä/ Finnland
Laura Nestrojil
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Auslandssemester 2015
Erasmus- Erfahrungsbericht Jyväskylä/ Finnland
Kälte, Einsamkeit, Dunkelheit- Dies sind für viele die ersten Assoziationen, die einem
bei dem Stichwort Finnland in den Sinn kommen. Auch ich hatte nur wenig konkrete
Vorstellungen und mit ungewissen Erwartungen reiste ich Ende August 2015 in das
Land der tausend Seen. Doch während meines Auslandssemesters in Jyväskylä,
habe ich gelernt, dass das nordeuropäische Land eine Fülle an Möglichkeiten und
Eindrücken bietet. Nach vier Monaten Studentenleben in Mittelfinnland, bin ich zu
einem absoluten Liebhaber der finnischen Natur, der Menschen und ihrer Mentalität
geworden. Wer einmal Finnland erkundet hat, denkt nur noch an die Schönheit der
Landschaft zurück, an die Seen, Wälder, Sonnenuntergänge und Polarlichter.
Vorbereitungen
Bereits zu Beginn meines Studiums war ich fest entschlossen ein Auslandssemester
verleben zu wollen. Die Planungen wurden zur Mitte meines dritten Semesters
konkreter. Da es in meinem Studiengang Sozialwissenschaften möglich ist zwischen
dreißig verschiedenen Partneruniversitäten in ganz Europa zu wählen, bestand der
erste Schritt in Richtung Ausland darin, sich durch die Homepages der Universitäten
zu klicken und einen Überblick über das Angebot zu gewinnen. Rasch entschied ich
mich mein Augenmerk auf die skandinavischen Länder zurichten, da diese mit einem
breiten Angebot an englischsprachigen Kursen aufwarteten. Besonders die OnlinePräsentation der „University of Jyväskylä“ weckte mein Interesse, denn schon hier
richteten sich viele Informationen direkt an Austauschstudenten. Die Broschüre
„Study with us“ gab eine detaillierte Auskunft über das Studentenleben in der Stadt
und auf dem Campus. Überzeugt durch die Kursangebote und die Lage der
Universität, bewarb ich mich im November 2014 an der finnischen Universität.
Nach dem ich die Zusage von meiner Heimatuniversität und aus Finnland erhalten
hatte, verliefen die Vorbereitungen gut strukturiert. Der „Guide for outgoings“
erleichtere mir die Erfüllung aller notwendigen Schritte, um das Erasmus- Stipendium
wahrnehmen zu können. Eine Mail vom International Office erhielt zu dem alle
wichtigen Links und Kontaktdaten, sodass ich mich zügig auf dem finnischen OnlinePortal für Studierende anmelden konnte. Hier konnte ich erste Kurse wählen und
mich für einen Wohnheimsplatz anmelden. Hierbei gibt es die Möglichkeit zwischen
dem Kortepojja Student Village oder des KOAS- Apartments zu wählen (jedoch wird
gerade im WS die eigne Favorisierung nicht immer Berücksichtigt). Zudem sind
einige andere Vorkehrungen unbedingt zu treffen:
- Vor der Anreise ist es empfehlenswert einen günstigen Kranken- und Unfallschutz
abzuschließen. Ich konnte dies über meine Krankenkasse arrangieren, wobei ich den
exakten Zeitraum auswählen konnte.
- Entscheidung der Student Union beizutreten: In mehreren E- Mails der finnischen
Universität wird man darauf hingewiesen, dass man Mitglied der Student Union
werden kann. Diese Organisation garantiert einige Studentenservice, wie einer
kostenfreien ärztlichen Versorgung oder vergünstigten Mensaessen. Meiner Meinung
lohnt sich eine Mitgliedschaft nur, wenn man in Kortepohja leben möchte, da für die
Bewohner des Student Villages die Gebühr verpflichtend ist.
- Überprüfen ob der Reisepass gültig ist! Für die Einreise in Finnland benötigt man
zwar keinen Reisepass, aber es werden verschiedene Trips nach Russland
angeboten (hierbei ist ein Reisepass unbedingt notwendig).
- Wichtig ist die Anreise rechtzeitig zu planen und Flüge zu buchen. Wie bei fast jeder
Reise bietet es sich an, sich so früh wie möglich nach Flügen umzugucken. In der
Sommerzeit fliegen diverse Airlines Finnland an, jedoch werden im Winter weniger
Flüge angeboten. Ich bin mit Finnair geflogen. Der große Vorteil hierbei war, dass ich
relativ günstig ein weiteres Gepäckstück mitnehmen konnte. Außerdem sollte man
unbedingt wissen, dass der Flughaften „Jyväskylä“ 25 km außerhalt liegt. Leider gibt
es keine Bus- oder Zugverbindung in die Stadt, sodass man nicht vergessen sollte
Geld für ein Taxi einzukalkulieren. Eine andere Option ist es von Helsinki mit dem
Fernreisebus nach Jyväskylä zu fahren, dies ist fast immer die günstigere Variante.
- Für vier Monate den Koffer packen: Beim Packen der Tasche ist es wichtig zu
wissen, dass in den Apartments außer Bett, Schreibtisch, Regal, Kleiderschrank
nichts enthalten ist! Keine Putzutensilien, Küchensachen wie Topf, Pfanne etc.
Jedoch gibt es die Möglichkeit ein Survivalkit anzufordern, dieses enthält alltägliche
Dinge wie eine Decke, ein Kissen, Besteck…Sehr praktisch ist zudem die
Facebookgruppe „Second- Hand Items Jyväskylä“, in der gerade zu Beginn des
Semesters allerhand nützliches angeboten wird. Besonders in Finnland ist
funktionale Bekleidung lebenswichtig! Gerade im Herbst und Winter sollten
ausreichend warme und wasserdichte Kleidungsstücke eingepackt werden. Hier
empfiehlt sich diese im Vorfeld zu kaufen, da Schuhe und Anziehsachen in Finnland
recht teuer sind.
Der Aufenthalt
Am 28. Februar begann meine Reise ins Ungewisse. Den einzigen finnischen
Kontakt, den ich bereits im Vorfeld knüpfen konnte, war der zu meiner Tutorin.
Jedem Austauschstudenten wurde in den ersten Wochen ein finnischer Tutor zu
Seite gestellt, um den Einstieg zu erleichtern. Dieser Tutor betreute vier weitere
Studenten, die in Kleingruppen das Universitätsgelände erkundeten. Meine Tutorin
war zu Beginn meines Aufenthaltes noch nicht zurück in der Stadt, sodass eine
finnische Freundin mich abholte und zu meiner Wohnung brachte. Ich lebte in
Myllyjärvi, einem der neueren Gebäude. Die Uni war in 20 Minuten fußläufig zu
erreichen und quasi direkt vor der Haustür liegt ein See. Meine Wohnung teilte ich
mir mit zwei weiten Austauschstudentinnen, die bereits seit Anfang August dort
wohnten. Sie gaben mir bereits zu Beginn hilfreiche Tipps über mein neues Leben.
In den ersten Tagen an der Universität wurde eine Vielzahl an Vorträgen angeboten,
in denen wir alles über die Stadt, die Wahl unserer Kurse, Sportkursen und externen
Angeboten erfuhren. Positiv hervorzuheben ist die Vorstellung von ESN, diese
Studentenverbindung organisierte viele Veranstaltungen und Trips im gesamten
Semester. Meine Tutorin half mir sehr bei Angelegenheiten, wie dem Erstellen eines
Bibliotheksausweises, der Anmeldung im International Office oder bei Problemen mit
KOAS. Im Alltag eines Studenten in Jyväskylä spielt das Fahrrad eine zentrale Rolle.
Es ist das Fortbewegungsmittel Nummer eins! Daher ist nur zu raten, sich
schnellstmöglich nach einem Fahrrad umzusehen.
Blick auf die Innenstadt
Aus dem Bereich Sozialwissenschaften konnte ich gerade im Fach Soziologie
zwischen einer Vielzahl an englischsprachigen Kursen wählen. Der Fokus der
Universität liegt hierbei auf der Thematik Globalisierung, so war es beispielsweise
möglich ein „Living with globalization“- Zertifikat zu erwerben. Um dieses zu erhalten
wählte ich neben drei Pflichtkursen noch zwei weitere Kurse, die diesem
Themenbereich entsprachen. Ziel war es mindestens 25 CP’s zusammeln. Zu dem
belegte ich zwei Englischsprachkurse und einen Kurs aus dem Bereich
Kommunikation. Die Sprachkurse sind rückblickend weniger zu empfehlen, da wenig
Neues behandelt wird und ich meinen Wortschatz eher in den regulären Seminaren
erweitern konnte. Die Ansprüche der Dozenten sind recht unterschiedlich, doch alle
Anforderungen waren gut zu schaffen. Anders als an meiner Heimatuniversität, ist
das Semester in Finnland in zwei Perioden aufgeteilt. Die Kurse werden ähnlich wie
Blockveranstaltungen angeboten, sodass der Arbeitsaufwand sich von Woche zu
Woche ändert. Ich hatte durchschnittlich vier bis sechs Kurse pro Woche.
Da ich den Großteil meiner Seminare in der ersten Periode des Semesters hatte,
blieb mir im Oktober und November Zeit zum Reisen. Ich habe für mich erkannt, dass
der eigentliche Wert eines Auslandssemesters nicht nur am Studieren festzumachen
ist, sondern viel mehr am Entdecken von neuen Orten und durch das Kennenlernen
neuer Menschen. So unternahm ich mit neugewonnen Freunden Trips nach Estland
oder quer durch Finnland. Wir mieteten uns öfter ein Cottage und kostengünstige Air
B’n’Bs. Dabei kann man festgalten: Auch im teuren Skandinavien ist es möglich mit
wenig Geld viel zu sehen. Mit der Reiseagentur „Timetravels“ reiste ich nach St.
Petersburg und in meiner letzten Woche nach Lappland (ein echtes Muss für alle, die
einmal in Finnland sind).
Die wohl schönsten Erfahrungen meines Aufenthaltes waren wohl die zahlreichen
Begebungen mit neuen Menschen anderer Kulturen. Ich habe das Sozialleben
während meines Auslandssemester als sehr positiv empfunden, es besteht Zeit
Freundschaften zu knüpfen und viel gemeinsam zu erleben. Gerade die ESN- Events
und die Tutorengruppen erleichtern es Anschluss zu finden. Viele Apartmentfeiern,
gemeinsame Saunagänge und Kochabenden bleiben mir in schöner Erinnerung.
Auch wenn Jyväskylä mit seinen 130.00 Einwohnern keine übermäßig große Stadt
ist, gibt es genügend Bars, Clubs und Sportanlagen, um sich zu vergnügen.
Mit keiner konkreten Erwartung habe ich das Abenteuer Finnland begonnen und mit
durchweg positiven Erlebnissen, Eindrücken und Emotionen schließe ich dieses
Kapitel meines Lebens ab.