Befristete Übernahme nach Abschluss der Berufsausbildung auf

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Befristete Übernahme nach Abschluss der Berufsausbildung auf
Befristete Übernahme nach Abschluss der Berufsausbildung auf Grund tarifvertraglicher
Verpflichtung
Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg vom 09.10.2008 - 10 Sa 35/08 Das Problem:
Das Ausbildungsverhältnis endet grundsätzlich mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit oder zuvor mit
Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung durch den Prüfungsausschuss, § 21 Abs. 2 und 3
Berufsbildungsgesetz (BBiG). Einige Tarifverträge sehen vor, dass Auszubildende nach bestandener
Abschlussprüfung für einen gewissen Mindestzeitraum - etwa 6 oder 12 Monate - in ein Arbeitsverhältnis
übernommen werden sollen. Um dieser tarifvertraglichen Regelung nachzukommen, würde grundsätzlich
der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses für die jeweils einschlägige Mindestdauer genügen. Zu
beachten sind bei Begründung dieses anschließenden Arbeitsverhältnisses die besonderen Regelungen des
Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG ist die Befristung eines
Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein solcher
sachlicher Grund liegt nach der genannten Bestimmung unter anderem vor, wenn die Befristung im
Anschluss an einer Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine
Anschlussbeschäftigung zu erleichtern. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.10.2007 - 7 AZR
795/06 - entschieden, dass der vorgenannte sachliche Grund nur für die Befristung des ersten
Arbeitsvertrages im Anschluss an eine Ausbildung herangezogen werden kann. Eine Vertragsverlängerung
sei mit dem in der genannten Vorschrift normierten Sachgrund nicht möglich. Andererseits ermöglicht § 14
Abs. 2 TzBfG die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen
Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens dreimalige
Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Das Landesarbeitsgericht BadenWürttemberg hatte einen Fall zu beurteilen, in dem im Anschluss an ein Ausbildungsverhältnis ein befristetes
Arbeitsverhältnis auf die Dauer von 12 Monaten vereinbart worden war, wie dies der einschlägige Tarifvertrag
vorgesehen hatte. Noch vor Ablauf dieser Befristung wurde die Verlängerung um einen weiteren Zeitraum
von 12 Monaten vereinbart. Kurz vor Ablauf der Gesamtbefristungsdauer von damit zwei Jahren machte die
Mitarbeiterin geltend, dass die letzte Befristung unwirksam sei und somit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis
bestünde.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 09.10.2008:
Das Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam war. Der
Arbeitgeber konnte die erleichternde Befristungsmöglichkeit des § 14 Abs. 2 TzBfG in Anspruch nehmen.
Das zunächst auf 12 Monate befristete Arbeitsverhältnis konnte auf die Höchstdauer von 24 Monate
verlängert werden. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass die tarifvertragliche Verpflichtung auf
Übernahme eines Auszubildenden für eine bestimmte Mindestzeit in ein Arbeitsverhältnis nicht verbiete,
diese Verpflichtung durch Abschluss eines befristeten Vertrages ohne Sachgrund zu erfüllen. Ziel
entsprechender tariflicher Regelungen sei es, dem Auszubildenden durch die Umsetzung seiner in der
Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten Berufspraxis zu verschaffen sowie die
Bemessungsgrundlage für die Gewährung von Arbeitslosengeld zu verbessern. Dieser Verpflichtung zur
Ausfüllung tariflicher Regelungen genüge der Arbeitgeber auch dann, wenn er dem Auszubildenden einen
Arbeitsvertrag auf Basis der betriebsüblichen Verträge und auf Grundlage der geltenden tariflichen
Bestimmungen als lediglich befristeten Arbeitsvertrag über einen Zeitraum der im Tarifvertrag vereinbarten
Mindestübernahmefrist anbietet. Aus der Tatsache, dass eine solche Übernahmeverpflichtung auch einen
Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG darstelle, könne nicht geschlossen werden, dass damit
eine sachgrundlose Befristung ausgeschlossen sei. Der Anspruch auf einen Arbeitsvertrag mit einer
Mindestdauer wird damit auch durch eine sachgrundlose Befristung erfüllt.
Durch die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG konnte von der
Verlängerungsmöglichkeit bis zur Höchstdauer von insgesamt zwei Jahren Gebrauch gemacht werden.
Dabei wäre es nach Auffassung des Gerichts auch unschädlich, wenn bei Vereinbarung der Befristung der
Sachgrund des § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG im Arbeitsvertrag angegeben worden wäre. Das
Landesarbeitsgericht verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass § 14 Abs. 2 TzBfG kein Zitiergebot
enthalte und sich ein solches auch nicht aus § 14 Abs. 4 TzBfG entnehmen lässt. Nur die Befristung muss
schriftlich vereinbart werden, nicht aber der Sachgrund für eine Befristung. Sofern nicht ein auf das
Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag etwas anderes bestimme, sei die Wirksamkeit der Befristung
nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht von der Angabe dieses Grundes im Arbeitsvertrag abhängig. Eine Befristung
könne grundsätzlich selbst dann auf § 14 Abs. 2 TzBfG gestützt werden, wenn im Arbeitsvertrag ein
Sachgrund für die Befristung genannt ist, sofern bei Vertragsschluss die Voraussetzungen einer möglichen
sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG objektiv vorgelegen haben.
In § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist bestimmt, dass eine sachgrundlose Befristung nicht zulässig ist, wenn mit
demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe.
Auch hieran scheiterte die sachgrundlose Befristung im vorliegenden Fall nicht. Das Landesarbeitsgericht hat
mit der herrschenden Meinung noch einmal bestätigt, dass das vorangehende Ausbildungsverhältnis kein
Arbeitsverhältnis im Sinne dieser Vorschrift ist.
Praxistipp:
Die konkreten Bestimmungen eines geltenden Tarifvertrages sind genau zu beachten. So ist es möglich,
dass im Tarifvertrag bestimmt wird, dass eine sachgrundlose Befristung im Sinne des § 14 Abs. 2 TzBfG nur
zulässig ist, wenn dieses im abzuschließenden Arbeitsvertrag ausdrücklich angegeben wird. Unterbleibt
dieses, kann die sachgrundlose Befristung wegen dieses förmlichen Mangels unwirksam sein. Eine
sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages kann bis zur Höchstdauer von zwei Jahren verlängert werden.
Die Vereinbarung der Verlängerung muss vor Ablauf der zunächst vorgesehen Befristung vereinbart
werden. Im Rahmen dieser Vereinbarung über die Verlängerung müssen die sonstigen Bedingungen des
Arbeitsverhältnisses unberührt bleiben. Werden mit der Verlängerungsvereinbarung weitere Bedingungen
des Arbeitsverhältnisses geändert, so liegt keine "Verlängerung" des vorangehenden, befristeten
Arbeitsverhältnisses mehr vor.
Diese Veröffentlichung erfolgt mit Genehmigung und freundlicher Unterstützung von
Rechtsanwalt Dr. Matthias Braun Marburg