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Masterthesis Master of Arts in Fine Arts Major Art in Public Spheres Hochschule Luzern – Design und Kunst Studienjahr 2013/14 Sabina Speich Essay, Artistbook, Tagebuch Winterthur Ende April 2014 crochetpower.net / Freitagstexte MentorIn: Sabine Gebhardt Fink Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist nicht in einem konventionellen Sinne gestaltet, da es sich bei der vorliegenden Masterthesis um ein Artistbook handelt. Einige der Freitagstexte sind nicht unbedingt bestimmten Themen zuzuordnen – andere jedoch sehr wohl. So werde ich hier die spezifischen Themen zugeordneten mit Seitenzahlen versehen und nachfolgend auflisten: . - Kontextualisierung in der Kunst Seiten 15 bis 20 und Seite 93 - Kontextualisierung in der Ergotherapie der Psychiatrie Seiten 39 bis 40 - E-Mail Interviews Seiten 46 bis 71 - Kontextualisierung in der Vermittlung Seiten 37 bis 38 - Die Crip-Bewegung Seiten 89 bis 92 - Häkeln in Gruppen im Nicht-Psychiatrie-Umfeld Seite 94 - Genderstudies Seiten 77 bis 79 Einleitung Einleitung Meine schriftlichen Mastersthesis ist ein Artistbook in Form eines Tagebuchs. Das Textformat meiner Studie ist das Essay, welches die Produktion der künstlerischen Arbeit begleitet und deren zentrale Themenfelder analysiert. Es werden unter anderem folgende Themen behandelt; und zwar in der Chronologie der von mir recherchierten Themenfelder: Häkeln als Aktivismus im Kunstkontext . Häkeln in der Vermittlung, Häkeln in der Psychotherapie – respektive der Ergotherapie, die Cripbewegung und Häkeln in Gruppen im Nicht-Psychiatrie-Umfeld. Es sollen Analogien zwischen Netzwerkbildung, Handlungspraxis und Textproduktion sichtbar werden. Die Beobachtung und Beschreibung meiner eigenen Tätigkeit und die Kulturanalyse in der Praxis des Häkelns werden so ebenfalls deutlich. Beim Zitieren habe ich bewusst die Darstellungsweise des Textsamplings als Stilmittel gewählt – also die Form des direkten Zitats. Die der Arbeit zugrundeliegende Hypothese Die Handarbeitstechnik Häkeln wurde früher als Mittel der Disziplinierung und Konditionierung auf handwerkliche Tätigkeiten verwendet. In der Gegenwartskunst spielt Häkeln, da es seine didaktische Bedeutung weitgehend verloren hat, als aktivistische Strategie eine grosse Rolle – nach dem Prinzip „Umwertung der Werte“. Ich behaupte, dass Häkeln eine beruhigende Wirkung auf das gesamte menschliche System hat. 5 Einleitung Einleitung Meine Themenfelder Das praktische Projekt Ich gehe von Selbstbeobachtungen aus und beleuchte was mich dazu bewogen hat, Häkeln als Stress abbauende, relaxierende Tätigkeit einzusetzen. Ich nehme Bezug auf meine Handycaps, der frühkindlichen Traumatisierung und der daraus entstandenen, Kettenreaktion aus Symptomen der Depression, den Panikzuständen, der Agoraphobie und den daraus resultierenden – teils schweren und invalidisierenden – somatischen Auswirkungen. Während meines dreimonatigen Klinikaufenthaltes wegen einer Erschöpfungsdepression (Burnout) im Frühjahr 2013 entstand dann die Idee einer Hilfe/Selbsthilfe Internetplattform als künstlerische Abschlussarbeit; die Idee von einem Netzwerk, Auffangnetz, das farbig, froh, lebensbejahend und zusammenführend sein soll. Es ist ein Netzwerk wo man sich austauschen kann, das viele reale Häkelgruppen entstehen lässt und aus dem immer wieder ein künstlerisches Projekt im öffentlichen Raum hervorkommen kann, welches aus vielen gehäkelten Einzelteilen zusammen getragen und schliesslich zu einem grossen Ganzen zusammengehäkelt wird – von verschiedenen Menschen global und international. Daraus entstand mein soziales künstlerisches Langzeitprojekt. Das partizipativ soziale, künstlerische Langzeitprojekt ist eine Hilfe/Selbsthilfe Internetplattform, für Burnoutpatienten, für Burnoutgefährdete, für Depressive, für Agoraphobiker und Panikerkrankte und natürlich auch für sogenannt „normale“ Menschen; ein Netzwerk und Auffangnetz, an dem man aktiv teilhaben und sich austauschen kann. Meine praktische und theoretische Arbeit, welche sehr eng miteinander „verhäkelt“ sind, ist ein künstlerisches Projekt mit soziologischen Aspekten, bei dem es um Ermächtigungsstrategien geht, um aus einer Ohnmachtsituation Selbstkompetenz zu erlangen. Es werden gesellschaftliche Ausschlüsse adressiert und thematisiert, dabei wird auch die Cripbewegung kurz analysiert. Für mich ist die Cripbewegung ein manifestierter Gegenpol zum Opferstatus. Ich verdeutliche, dass ich die Arbeit aus eigener Betroffenheit heraus konzipiert und realisiert habe; was die Rezipienten ermutigen soll, zu aktiven Partizipienten zu werden. 6 Die Grundidee ist, dass Häkeln Stress abbauen soll. Der Aspekt der Gruppenarbeit soll dem Erkrankten das Gefühl der Isolation und der Sinnlosigkeit erleichtern und lindern. Aufgrund der Internetplattform erhoffe ich mir, dass diverse reale Häkelgruppen entstehen werden, bei denen sich Menschen austauschen können. Aus dem Netzwerk sollen künftig immer wieder künstlerische Häkel-Projekte im öffentlichen Raum hervorgehen, welche verschiedene Menschen global und international verbinden. Die Kontextualisierung Die Kontextualisierungen wurden im künstlerischen Bereich, im Umfeld der Ergotherapie und im Gebiet der Geschichte der Psychiatrie, der Pädagogik/Vermittlung, der Criptheorien und in den Genderstudys gesucht. Ich gehe von Fragen aus wie: wann taucht Häkeln in der Ergotherapie der Psychiatrie auf? Wie und was transformierte sich im Laufe der Zeit? So kann ich zum Teil auch den Weg von der Disziplinierung bis zum Aktivismus nachzeichnen. Es findet weiter eine Auseinandersetzung mit der Funktion des Häkelns in der Psychiatrie und der aktivistischen Kunstszene sowie im eigenen Alltagsverhalten statt. 7 Freitag 8. November 2013 Freitag den 8. November 2013 : Sich aus dem Gedankenkarussell heraushakeln Rückblendung in meinen Gefühls- und Gedankenfilm ins Frühjahr dieses Jahres. . März 2013: ich war gesundheitlich und psychisch am tiefsten Nullpunkt meines Lebens angelangt. Auf Anraten meiner Therapeutin trat ich zur Erholung und Rehabilitation in die offene psychiatrische Privatklinik in Aadorf ein. Zum Glück hatte diese Klinik so gar nichts mit meiner schrecklichen Vision einer psychiatrischen Klinik zu tun, es war eine Wohlfühloase. Es wurde ein auf jeden einzelnen Patienten individuell zugeschnittenes Therapieprogramm erstellt vom einfühlsamen Personal. Trotzdem sträubte ich mich anfänglich mit Händen und Füssen gegen das eine oder andere Ding, so zum Beispiel die Ergotherapie. Ich dachte inbrünstig, elitär und ziemlich überheblich in dem Moment. NEIN, ich bin doch eine etablierte Künstlerin (zumindest im kleinen lokalen Rahmen), was soll ich mich hier mit so langweiligem Zeug herumschlagen, das ist doch total ätzend. Als ich dann aber das Textilatelier der Klinik betrat und die vielen farbigen Wollknäuel in diversen Qualitäten, wie zum Beispiel Bambus, Seide, Leinen, Viskose und so weiter erblickte, nahm es mir „den Ärmel rein“. Ich sah all die eifrig häkelnden, strickenden, nähenden und webenden Frauen (und einen Mann, der sich dann nach ca. einer Stunde abmeldete mit den Worten, er wolle etwas Männlicheres machen), welche sich zum Teil angeregt unterhielten, oder einfach nur entspannt und konzentriert arbeiteten. Spontan dachte ich, ich würde gerne Häkeln lernen, das könnte ich sicher als Werkzeug gut gebrauchen für meine Kunst, in der ich mich schon seit längerer Zeit unter anderem im textilen Bereich bewege. Ebenso impulsiv und zeitgleich überkam mich eine Panikattacke, mit den inneren Bildern meiner Nähschulzeit als Kind. Ich war sehr 9 Freitag 8. November 2013 Freitag 8. November 2013 langsam, schüchtern und introvertiert und wurde wegen meinen Unzulänglichkeiten andauernd blossgestellt und ausgelacht und war dadurch in einer permanenten „Schockstarre“, dass ich unfähig war etwas zu lernen, was die Handarbeitslehrerinnen nicht im geringsten interessierte und mich ebenfalls mobbenderweise links liegen liessen. Jedoch diese ältere warmherzige Ergotherapeutin zerstach kopfschüttelnd meine Angstblase (in meiner Imagination mit einer gelblichen Bambustricknadel) und ermutigte mich, mir gleich etwas resolut ein Häkchen und Garn in die Hand drückend, mit den Worten, Frau Speich sie werden das lernen und ein schönes Projekt machen, ich traue ihnen das absolut zu. Das tönt alles sehr banal, für mich mit quasi null Selbstbewusstsein ist das aber keine Selbstverständlichkeit. Wie sich im Laufe des Klinikaufenthaltes herausstellte, leide ich unter Traumatisierungen und der daraus entstandenen, Kettenreaktion aus Symptomen der Depression, den Panikzuständen, der Agoraphobie und den daraus resultierenden teils schweren und invalidisierenden somatischen Auswirkungen, welche mich schon ein Leben lang begleiten, die Gründe dafür aber erst jetzt ins Bewusstsein treten und geheilt werden können. Hoffentlich werde ich irgendwann auch ein gesundes Selbstbewusstsein erlangen. Einen Teilerfolg was das Erlangen eines guten Selbstbewusstseins betrifft, hatte ich während meines Klinikaufenthaltes. Mein Häkelprojekt war es, mir ein kompliziertes Jäckchen anzufertigen, was mir total wider Erwarten gelang und am Schluss von allen MitpatientInnen und sämtlichem Personal der Abteilung gross gefeiert wurde, als hätte ich den Ironman Marathon gewonnen. Das tönt wiederum alles etwas lächerlich und sehr banal, ist es aber nicht, das wird mir immer klarer je mehr ich über das Phänomen Trauma herausfinde. Als ich dann schliesslich diese Versagensangst bezüglich des Häkelns hinter mir lassen konnte, bemerkte ich, dass mich diese etwas monotone Tätigkeit total beruhigte. Eines der Symptome meiner Erschöpfungsdepression war eine extreme innere Unruhe, welche sich in Form von sich im Kopf drehenden quälenden Gedanken manifestierte und aber auch auf körperlicher Ebene zeigte in Form eines Bewegungsdranges. Das alles liess sich für mich enorm herunterfahren mit der simplen Tätigkeit des Häkelns. Es fühlte sich an, als ob ich dieses Gedankenkarussell aus meinem Kopf heraushäkeln würde und dabei entstand im Kopf inneren Ruhe und in meinen Händen ein ansehnliches Werk. In unserer Abteilung, welche ein Einfamilienhaus mit ca. zehn PatientInnen war, traf man sich abends oft im Wohnzimmer. Unter uns Frauen entwickelte sich ein regelrechter Häkelboom. Es wurden Häkelmuster, -können und Häkelweisheiten ausgetauscht. Oft vergassen wir während den langen anregenden und gleichzeitig relaxierenden Häkelsessions auf den gemütlichen Sofas unsere Probleme kurzfristig und genossen unser geselliges Beisammensein. 10 11 Abb. 1 Freitag 8. November 2013 Freitag 8. November 2013 Bald trafen wir uns auch tagsüber zum Häkeln, während den Therapiepausen. Ich erkannte, dass das für mich persönlich und offensichtlich auch für die anderen ein Schlüsselerlebnis war. Einerseits der soziale Kontakt und Austausch. (Eines meiner Burnout und Depression Symptome war der soziale Totalrückzug. Ich bemerkte, dass mir der Austausch und der soziale Kontakt in dem Moment mit Menschen die sich so quasi im selben Boot befanden, sehr viel leichter fiel.) Dann auf der anderen Seite dieses Sinnbildliche heraushäkeln der üblen Gedanken, was sich in meinen Händen zu etwas Schönem transformierte. Zu dem Zeitpunkt entstand meine Idee für die praktische künstlerische Master-Thesis Arbeit. Ich wollte eine Internetplattform ins Leben rufen, die Netzwerk, Auffangnetz, Hilfe, Selbsthilfe, farbig, froh, lebensbejahend und zusammenführend sein soll. Ein Netzwerk wo man sich austauschen kann, das viele reale Häkelgruppen entstehen lässt und aus dem immer wieder ein künstlerisches Projekt im öffentlichen Raum hervorkommt, welches aus vielen gehäkelten Einzelteilen zusammen getragen wird und zu einem grossen Ganzen zusammengehäkelt wird, von verschiedenen Menschen global und international. (Oh ja, ich bin in meinem Herzen ein einfach und handgestrickter Flowerpowerhippie, mit dem immer währenden Wunsch nach, Peace, Love and Happyness und Zusammengehörigkeit) Ich habe seit der Aufnahme im Mai 2013 dieser Fotografie, durch Psychopharmaka 18 Kilo zugenommen, die Einnahme von Psychopharmaka ist unter anderem Auflage der schweizerischen Invalidenversicherung, trotzdem wurde mir die Rente gestrichen. Abb. 2 12 Freitag 15. November 2013 Freitag den 15. November 2013 : : Hakelobjekte und Hakelstrategien Zur Zeit befasse ich mich mit der künstlerischen Kontextualisierung meiner Arbeit, genauer gesagt, suche ich nach ebenfalls häkelnden KünstlerInnen, oder künstlerischen Projekten, die Gehäkeltes zum Thema machen. . Olek Vor ca. zwei Jahren ist mir im Internet die Yarnbombing Aktivistin „Olek“ aufgefallen. 1Agata Oleksiak (so ihr bürgerlicher Name) ist 1978 in Polen geboren. Nach Abschluss des Bachelor Studiums in Kulturstudien an der Universität in Poznan in Polen, wanderte sie nach New York City in die USA aus. Seit dem stellte sie weltweit in Galerien, Museen und im öffentlichen Raum aus. Sie erhielt fünf Kunstpreise und ebenso fünf Artist in residence Awards. Diverse Publikationen über sie wurden realisiert. Mit der von ihr eingehäkelten Stierstatue an der Wallstreet, hatte sie damals meine Aufmerksamkeit erheischt und mich neugierig gemacht. 2 „The 7,100lb, 11ft tall bronze which stands prominently in Manhattan‘s financial district, was covered head to tail in brightly crocheted wool by Olek, who takes weeks creating her perfectly proportioned pieces.The guerilla work, which had no planning permission, was sadly torn apart by officials the morning after it was put up.“ „Olek has said of her art: „I am crocheting, making the sculpture for my body, in which my body becomes the ready-made.“ 1 Olek, Biografie, http://oleknyc.com/resources/images/about/Olek_CVbio.pdf online 13. 11. 2013 2 Olek, Streetart, eingehäkelte Stierstatue an der Wallstreet in New York City USA, http://blogs.mirror.co.uk/the-ticket/2010/12/olek-crochets-cover-for-wall-s.html online 14. 11. 2013 15 Freitag 15. November 2013 Freitag 15. November 2013 Immer wieder tauchen überall Fotos von ihren bunten Werken auf, so als Exempel auf Socialmedia Plattformen auf denen ich mich täglich bewege, wie zum Beispiel Facebook und Twitter, oder Instagram. Selbstverständlich folge ich ihr in sämtlichen diesen Netzwerken, in Sozialmedia Groupie-Stalker Manier. Ich glaube es gibt nichts, was diese Frau noch nicht komplett und vollkommen eingehäkelt hätte, sogar ganze Menschen werden auf beeindruckende weise, wie ich persönlich finde, von ihr umgarnt und von Kopf bis Fuss total zugehäkelt. Das häkeln ist Oleks Obsession, ein Hobby welches total ausser Kontrolle geriet. „Ihr Ziel: Alltagsobjekte umdeuten, Passanten und Eingeweihte mit Energie, Farbe und Überraschung konfrontieren.“ 3 Die Farbpalette ihrer Garne erinnert an meinen eigenen unverkennbaren Farbgeschmack, welcher oft auf zwiespältige Gefühle der Mitmenschen stösst. Diese kreischenden Disharmonien sind nicht Jederfraus/manns Sache. : Das Hakelobjekt Vor einigen Monaten bin ich im Rahmen meiner Recherchen, beim durchstöbern meines Buches „craftista! handarbeit als aktivismus“ auf das „Häkelobjekt“ gestossen. Das ist ein künstlerisches Langzeitprojekt der beiden Schweizer Künstlerinnen, Regula Michell und Meret Wandeler, (beide aus den Bereichen Performance und Fotografie kommend) welches 2004 startete und 2014 enden wird. Gehäkelt wird in der „Freestye Technik“ wie sie es zu nennen pflegen. Die beiden 4 „häkeln während zehn Jahren einmal pro Monat zu zweit oder gemeinsam mit Gästen am Häkelobjekt. Das Objekt wird 3 Olek, http://www.arte.tv/de/6429692.html online 14. 11. 2013 4 Das Häkelobjekt, das Projekt, http://www.haekelobjekt.ch/projekt.html online 16. 09.2013 16 aus rosa Acrylwolle hergestellt. Gehäkelt wird jeden Monat an einem anderen Ort im öffentlichen oder privaten Raum. Alle TeilnehmerInnen einer Häkelaktion häkeln am gleichen Stück. Weiter werden keine formalen oder technischen Vorgaben gemacht (sog. Freestylehäkeln). Auf Anfrage können die Künstlerinnen von Institutionen, Firmen oder Privatpersonen für Aktionen engagiert werden. Bei grosser Nachfrage finden in einem Monat mehrere Aktionen statt.“ Das Künstlerinnen Duo interessiert unter anderem das gestalterische Potential der Technik häkeln. „Eigentlich hat man immer nur eine Masche, und trotzdem kann man eine Vielfalt an Formen produzieren.“ Regula Michell und Meret Wandeler interessiert dabei das Häkeln ohne Vorgaben. Normalerweise gibt es strenge Vorlagen, Muster und Abläufe und es gibt Regeln wie gehäkelt werden muss. Die beiden häkeln einfach frisch fröhlich drauflos und schauen was passiert und brechen dabei aus diesem Regelmuster aus. 5 In meinem Projekt geht es mir auch nicht um sogenannt schönes, oder perfektes Häkeln, es darf durchaus etwas „Freestyle“ sein, wobei in meinem Fall das Muster der traditionellen „Grannysquares“ und der Häkelblumen dann doch nicht ganz aus den Augen verloren gehen sollte, da ich dabei auch an traditionelle Themen anlehnen und vergleiche ziehen möchte. An dem Häkelobjekt der beiden, wird immer gleichzeitig gearbeitet, das heisst, mehrere Personen häkeln zusammen zur selben Zeit am selben Ort am Objekt. Bei meinem Gemeinschaftsprojekt wird dann nicht gemeinsam zur selben Zeit an einem Stück gehäkelt, wohl aber durchaus zur selben Zeit und zusammen im selben Raum am selben Ort (teilweise zumindest). Mein Objekt, ich nenne es Spinnennetz, wird in Einzelteilen gefertigt und am Schluss zu einem ganzen zusammengefügt, was ich mir dann durchaus wiederum als performative Gruppenaktion im öffentlichen Raum vorstellen kann, soweit bin ich aber mit der Planung noch nicht fortgeschritten um 5 Elisabet Freiss, Elke Gaugele, Elke Zobel, Sonja Eismann und Verena Kuhn, critical crafting circle (hg.), craftista! Handarbeit als Aktivismus, Mainz, 2011. S. 129 17 Freitag 15. November 2013 Freitag 15. November 2013 das definitiv zu bestimmen. Ich könnte es mir aber als interessante performative Intervention vorstellen. Das Häkelobjekt von Wandeler und Michell ist in der Farbe Rosa gehalten. Rosa sei zum Teil eine typische Häkelfarbe, wirke niedlich und harmlos, kippe aber ab einer gewissen Grösse ins üppige, ins zu viel, ins amorphe fleischige über, so die Aussage der beiden. 6 : Das Hyperbolische Hakel Korallen Riff „ „The Hyperbolic Crochet Coral Reef“, ins Leben gerufen von den australischen Zwillingsschwestern Christine und Margaret Wertheim. Die Fäden ziehen sich dabei durch ganz Europa, mit Wolle aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden, aber auch aus der Schweiz, Österreich und Luxemburg. Die Idee stammt ursprünglich aus den USA, wo eine Mathematikerin den geometrischen Begriff ‘hyperbolische Räume’ mit Hilfe von gehäkelten Korallen besser erklären und verbildlichen konnte. Einige Jahre später griffen die Schwestern Margaret und Christine Wertheim diese Idee auf und haben inzwischen 15 Korallenriffe in den USA, Australien und Europa initiiert. So auch jetzt für die Insel Föhr! Mit Ihrer Aktion möchten sie nicht nur die Mathematik fassbar machen, sondern auch die Kunst des Häkelns, die Natur und das Ökosystem verknüpfen.“ 7 Ich habe sogar eine Webseite gefunden mit Anleitungen zum Hyperbolischen häkeln, 9 „EINFÜHRUNG IN DAS HYPERBOLISCHE HÄKELN Um eine hyperbolische Struktur zu häkeln, werden in jeder Reihe die Anzahl der Maschen in bestimmten Intervallen verdoppelt. Je öfter die Maschenanzahl verdoppelt wird, desto schneller kräuselt sich das Modell.“ Das werde ich bei Gelegenheit einmal ausprobieren und nachhäkeln. Ein sehr schönes Projekt nach meinem Empfinden, das lässt zumindest mein Weltverbesserinnenherz etwas höher schlagen und meine Buntfarbobsession wird befriedigt. Inhaltlich eine doch sehr vielschichtige Geschichte, welche sogar komplexe Mathematik mittels einfachster Häkel Handarbeitstechnik sichtbar macht. Die beiden Urheberinnen dieses bunten Kunstprojektes, die Schwestern Margaret und Christine Wertheim, die eine Physikerin, die andere Künstlerin, haben hunderte von MithäklerInnen für ihr Projekt mobilisieren können, tausende von Arbeitsstunden und mehr als 400 Kilogramm Garn wurde verhäkelt, alleine für das Projekt auf der Insel Föhr. Die Schwestern ordnen ihr Projekt selber zwischen Mathematik, Wissenschaft, Meeresbiologie, Frauenhandarbeit, Kunst und Aktivismus ein. So erzählt das Margaret Wertheim im Video (siehe Link unter Fussnote Nr. 10), sie ist die Physikerin, Christine ihre Zwillingsschwester ist die Künstlerin und Kunstprofessorin. Das Projekt weitet sich immer weiter aus, es erstreckt sich Mittlerweilen über drei Kontinente und diverse Länder. Die Korallen Riff Installationen werden immer neu konzipiert und neu gehäkelt, für jedes Museum oder Ausstellungslokalität. Zu 99% sind es Frauen welche die Kunst des Hyperbolischen Häkelns ausführen. Die Häklerinnen werden jedes mal vor Ort gefunden und Instruiert. Es handelt sich dabei um lokale Häkelgruppen, oder Häkelkaffees. Mittlerweilen sind tausende von Menschen in das Projekt weltweit involviert und hunderte haben dabei mitgehäkelt. Zehntausende von Stunden wurde dafür gehäkelt. Das Projekt wurde 2005 gestartet, weil in diesem Jahr in der Wissenschaftspresse viel über die globale Erwärmung geschrieben wurde und die Auswirkungen auf die sehr empfindlichen Korallen Riffe. 6 Elisabet Freiss, Elke Gaugele, Elke Zobel, Sonja Eismann und Verena Kuhn, critical crafting circle (hg.), craftista! Handarbeit als Aktivismus, Mainz, 2011. S. 129 7 The Hyperbolic Crochet Coral Reef http://h0rusfalke.wordpress.com/2013/03/21/ uber-kunst-fur-bedrohte-schonheit-in-meeren-sensibilisieren/ online 8. 11. 2013 8 The Hyperbolic Crochet Coral Reef http://www.abendblatt.de/kultur-live/article2315392/Komm-wir-haekeln-uns-ein-Korallenriff.html online 14. 11. 2013 9 Anleitung zum Hyperbolischen häkeln http://www.mkdw.de/uploads/media/Haekelanleitung_Korallen.pdf online 15. 11. 2013 10 Margaret Wertheim http://www.ted.com/talks/lang/de/margaret_wertheim_crochets_the_coral_reef.html?utm_medium=on.ted.com-twitter&awesm=on.ted. com_erMP&utm_campaign=&utm_content=addthis-custom&source=twitter&utm_ source=facebook.com#.UoXIyeCLNyp.twitter online 15. 11. 2013 8 18 10 19 Freitag 15. November 2013 Ob es denn nun auch etwas bewirkt, im Naturschutzbereich, wie es wohl die zwei Initiantinnen beabsichtigt haben, und tatsächlich aufrüttelt und die Menschheit dazu auffordert wirklich achtsamer mit der Umwelt und der Natur umzugehen sei dahingestellt, wohl eher nicht, oder es spricht eh wieder diejenigen an, welche sowieso sorgfältig mit der Umwelt umgehen. Rein Formal ist es einfach nur bunt und hübsch anzusehen, was zwar unprätentiös und simpel ist, mich aber durchaus anspricht und abholt, da mir das einfach gestrickte oft ( zwar durchaus nicht immer) näher steht, als das komplizierte und komplexe. 20 Abb. 3 Abb. 4 Freitag 29. November 2013 Freitag den 29. November 2013 . Noch immer bin ich ohne Computer und dafür um eine qualvolle und äusserst peinigende Erfahrung reicher. Heute lag ein Vorbescheid von der Invalidenrente im Briefkasten, mein Antrag meine 50% Rente (welche im Jahr 2010 von 100% im Rahmen der von der SVP iniziierten 5. IV Revision auf 50% gekürzt wurde) wieder auf 100% zu erhöhen, wurde abgelehnt mit der Begründung, ich könne ja schliesslich auch ein Masterstudium absolvieren. Was ich zur Zeit von Zuhause aus mache, Seminare und Mentoratsgespräche, findet ausschliesslich per Skype statt. Das gesamte Kunststudium habe ich im Jahre 1999 in Luzern begonnen, damals wohlbemerkt, als Umschulung von der Invalidenrente bezahlt. Da ich aber bald aussetzen musste aus gesundheitlichen Gründen, wurde die Umschulung sistiert und mir wurde eine 100% Rente zugesprochen. Seit dem Jahr 1999 versuche ich, immer wieder im Studium Fuss zu fassen, Abb. 5 was mir mit etlichen krankheitsbedingten Unterbrüchen immer wieder für kurze Zeit gelang. 2010 hab ich es dann endlich geschafft mit dem Bachelordiplom abzuschliessen. Seit dem das Selbe in Grün mit dem Masterstudium. Zur Zeit ist es mir wegen meiner Agoraphobie unmöglich, zu reisen oder mich in Menschenmengen zu begeben. Deswegen wurde es mir freundlicherweise vom Leitungsteam des Masterkunststudienganges erlaubt, den Abschluss nun in diesem Format zu beenden. 25 Freitag 29. November 2013 Freitag 6. Dezember 2013 Diese Peinigungen seitens der IV sind natürlich kontraproduktiv und werfen mich gesundheitlich immer wieder zurück. Es fällt mir äusserst schwer, mich nur auf irgendetwas zu konzentrieren. Was ausserdem natürlich auch noch des Weiteren der Depressionserkrankung zuzuschreiben ist, welche laut IV inexistent sein soll. Des Weiteren begründet die IV, da ich es vorziehe einfach nur Kunst zu machen, statt einer anständigen Tätigkeit nachzugehen, dass sie mir nun die ganze Rente auf 0% streichen!!! Ich sei mit sofortiger Wirkung wieder zu 100% arbeitsfähig! (Wie schon erwähnt: 1999 begann ich das Kunststudium als von der IV bezahlte Umschulung, sehr, sehr, SEHR ironisch das Ganze!!!) ????????????????????????????????????????????????? !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Freitag den 6. Dezember 2013 Das erste öffentliche Event von crochetpower.net soll im Juni 2014 in Luzern stattfinden. Alle am Netzwerk aktiv beteiligten Personen und Gruppen sind aufgerufen, ihre persönlichen Häkelblumen zu einem grossen Häkelblumennetz beizusteuern. Dieses kann auf der Webseite angesehen werden. Das Häkelblumennetz soll dann im Sommer in einer öffentlichen Aktion aus allen eingeschickten Häkelblumen real zusammengenäht werden. Häkelblumen liegt im Prinzip das sogenannte Grannysquare zugrunde - das behaupte ich jetzt einfach einmal so. Es existieren viele vom Granny Square abgeleitete Häkelmuster, welche wie Blumen aussehen. Ich denke gerade intensiv über das Sprichwort nach: „Ehrlichkeit währt am längsten“ Auf der anderen Seite höre ich dann, dass es tatsächlich IV Betrüger gibt, meine Güte was überlegen sich solche Leute eigentlich, wegen solchen Menschen (die Betitelung welche ich mir für diese gerade erdacht habe schreibe ich hier lieber nicht nieder...) müssen Menschen wie ich die ein Leben lang gelitten haben den Kopf hinhalten und als unglaubwürdig und als Simulanten hingestellt beim Sozialamt betteln? Ich wünsche nicht mal meinen ärgsten Widersachern mein Leben und meine psychischen und körperlichen Schmerzen. (Ich bin 48 Jahre alt!) Empathie, das ist es was ich mir wünsche. Abb. 6 26 Freitag 6. Dezember 2013 Freitag 6. Dezember 2013 „1897: A pattern called “Patchwork Square” is printed in Weldon’s Practical Needlework, published by The Weldon Company of London. The description indicates that it is good way to use up scrap and leftover bits of yarn which can then be sewn together into an afghan, rug or baby blanket. A look at the picture shows what we know today as the Traditional Granny Square“ 1 Das Buch „victorian crochet by Weldon and Company“ wurde 1974 gedruckt. Es ist eine ungekürzte Neuauflage von Weldons praktischem Häkeln, aus dem Jahr 1895. Leider ist das Buch kaum noch aufzutreiben. Wie auf diversen Webseiten beschrieben wird ist anzunehmen, dass das der Ursprung der gehäkelten Granny Squares sein muss, was dann wohl so um die Zeit der Achtzenhundertneunziger-Jahre sein müsste. Damals wurde es noch mit dem Namen Patchwork Squares bezeichnet. 2 „Patchwork ist mehr als 3000 Jahre alt! Der Ursprung dieser Technik liegt im Orient. Dort wurden Zeltbahnen, Decken und Kleidung durch Zusammensetzen von Stoffteilen gestaltet, wobei die Muster und Farben damals einen hohen symbolischen Wert hatten. Im 11. Jahrhundert brachten Kreuzfahrer die Technik mit nach England, wo in dieser Art klerikale Gewänder und Wandbehänge verziert wurden. Von Europa kam Patchwork mit den Auswanderern in die USA. Dort vernähten die Siedlerfrauen anfangs aus Mangel an Stoffen jeden Fetzen so lange wieder, bis er endgültig auseinander fiel. Die Art und Weise des Zusammensetzens der Teile wurde zum Erkennungszeichen in den verschiedenen Regionen entwickelten sich unterschiedliche Muster, über die es heute zahlreiche Literatur gibt.“ Ruth Tschudi beschreibt in ihrem Buch „Der Reichtum der Frauen“, dass Nomadenfrauen im zentralasiatischen Raum eine Patchworktechnik entwickelten namens Korak. Diese Koraks waren Symbole der Gemeinschaft, der Freundschaft und der Zusammengehörigkeit. 3 Bei all diesen Techniken wurden Reste verwertet, um Geld zu sparen, das ergab dann diese charakteristischen, bunt zusammengewürfelten Muster und überall lag zugleich der Gemeinschaftsakt im Vordergrund. In den Hippie- und Flowerpower-Zeiten kamen alle diese Techniken plötzlich wieder in Mode. Hier auf dieser Webseite sieht man Bilder von den Beatles in Grannysquare und Stoffpatchworkkleidern: 4 http://vintagevisage.typepad.com/my-blog/granny-squares/ Und ganz aktuell erobern die bunten Retro Granny’s sogar die Laufstege mit Häkelmode von Designern wie zum Beispiel Henry Holland und Paul Smith. Das Quilten und die Patchworkarbeit hatte und hat auch oft noch heute einen sozialen Aspekt, nämlich den des Beisammenseins und der Gruppenarbeit. 1 http://crochetnirvana.weebly.com/1/post/2012/08/the-granny-square-projectpart-i.html Online 16. 01. 2014 2 http://www.patchwork.rhoenovations.de/geschichte.html Online 17. 01. 2014 28 3 Ruth Tschudy, Der Reichtum der Frauen, Patchworkgeschichen_Geschichtenpatchwork, Deutschland, 2012. S. 7 4 http://vintagevisage.typepad.com/my-blog/granny-squares/ 29 Freitag 13. Dezember 2013 Freitag den 13. Dezember 2013 . War ja fast vorprogrammiert, dass ich an einem Freitag den 13. auf Widerstand stosse. Als Agoraphobikerin ist es schon relativ schwierig, an Fachbücher zu gelangen. Immer wieder lande ich lediglich im Internet mit meinen Recherchen – leider handelt es sich bei den dabei gefundenen Texten nicht immer um Fundiertes Wissen, oder man weiss es einfach nicht richtig, ob der Sache zu trauen ist. Solange ich eine Bibliothek zu Fuss erreichen kann, klappt mein Vorhaben oft, mir Bücher zu ergattern. Nur hat es natürlich genau die von mir erwünschten nicht in der Winterthurer Stadtbibliothek. Die Nebisbibliothek ist selbstverständlich reich bestückt mit guten Büchern, aber genau über die Geschichte der Handarbeit, (das Thema bin ich aktuell gerade am Aufarbeiten, zumindest versuche ich das), sind sie natürlich nicht in der ZHAW Bücherei vorhanden, sondern nur in fernen Städten. Neulich wurde mir zugetragen, man könne in der schweizerischen Nationalbibliothek Bücher per Fernleihe ordern, welche einem dann per Packetpost zugesandt werden. Das fand ich die beste Nachricht seit langem. Tatsächlich fand ich da Geschichtsbücher über die weibliche Handarbeit bis weit zurück ins 19. Jahrhundert. Freudig bestellte ich fünf Bücher datiert zwischen den1880-er Jahren und 1980-er Jahren. Freitag der 13. Das Packet lag im Briefkasten und ich fühlte mich als wäre da ein vorverschobenes Weihnachtspäckchen im Kasten. Aufgeregt öffnete ich das Ding..... oh..... o.....k......, dachte ich und sah wohl gerade aus wie eine Tulpe in der Vase der man vergessen hatte Wasser zu geben. Im Packet waren zwei Bücher und eine Häkelzeitschrift aus den Neunzehnhundertachziger Jahren. Ansonsten fand ich noch zwei Zettel vor, welche mich darauf hinwiesen, dass folgende Bücher nur im Lesesaal einzusehen sind: Ein Buch über schweizerische Frauen-Handarbeit von Konrad Denzler, vom E. Herzog Verlag aus dem Jahre 1889, und ein Buch aus dem Jahre 1949 vom Lehrmittelverlag des Kantons Zug von Rosina Kälin, mit dem Titel Handarbeit – Mädchens Freud: Obligatorisches Lehrmittel für den Handarbeitsunterricht. Also gut, aus eigener Erfahrung kann ich nur für mich sprechen, aber „Mädchens – Freud“ war das bestimmt 31 Freitag 13. Dezember 2013 Freitag 20. Dezember 2013 nicht! Handarbeit im Kontext der Neunzehnhundert Sechziger und anfangs Siebziger Jahre. Handarbeit diente damals der Disziplinierung, was ich am eigenen Leib bitter erfahren musste. Erst viele Jahre später entdeckte ich die Freude am Umgang mit Textilem und der Handarbeit, Heute behaupte ich ja sogar, dass Häkeln eine relaxierende Wirkung auf Menschen ausübt. Der Rest meines Wunderpaketes war enttäuschend für mich, es handelte sich um gross bebilderte Handarbeitsbücher, gänzlich ohne Text. Was fast wieder in den heutigen Onlinekontext passen würde, aber ich bin ja auf der Suche nach Text. Ich werde weiter suchen...... 32 Freitag den 20. Dezember 2013 Mein interaktives Masterprojekt crochetpower.net schreitet voran. Ich häkle meine Webseite selber mit Hilfe des Webdesignprogrammes Dreamweaver! Ich kann es kaum erwarten die Seite online zu schalten und in Interaktion mit den RezipientInnen zu treten. Mit interaktiver Kunst beschäftige ich mich schon seit ein paar Jahren, meine Bachelorabschlussarbeit „On Top oft he Shitlist“ 2010, war ein interaktives Spiel, in welchem ich mich auf Kosten von prominenten Personen amüsierte und diese in den Schmutz zog, wobei das Ende so gewesen wäre, dass Gleiches mit Gleichem hätte vergolten werden können. Der Gewinner des Spieles, resp. die prominente Person, welche von den PartizipientInnen am meisten gewählt wurde, hätte mir als Gewinn eine Buttercremetorte ins Gesicht werfen können, was der Gewinner dann aber irgendwie leider nicht wollte.... Die aktuelle interaktive Arbeit von mir ist das Gegenteil dieser Arbeit, ich möchte damit etwas Sinnvolles bezwecken. 33 Freitag 27. Dezember 2013 Freitag den 27. Dezember 2013 Es sind Weihnachtsferien und ich häkle vor mich hin. Mein Ziel ist es, einen funktionstauglichen QR-Code herzustellen, ich stelle mir vor, diese gehäkelten Codes, die beim Einscannen auf meine Plattform crochetpower.net führen, als Werbeplakate zu verteilen. . Abb. 7 Freitag 27. Dezember 2013 Freitag 3. Januar 2014 Diese Codes setzte ich schon ab und zu ein, als ich als Streetart Artistin unterwegs war unter dem Pseudonym „Tüpfl Li“ während ich diese Art der Kunst ausschliesslich in nicht destruierender Form einsetzte. Zum Beispiel mit Moosgraphitys oder Textil, Strick und Häkelkunst oder dem Verteilen von kleinen Objekten wie die kleinen mit Geldmünzen gefüllten Tüpflischachteln. Unter dem Projektnamen „das Geld liegt auf der Strasse“ brachte ich auf der Strasse gefundene Geldmünzen – hübsch verpackt – zurück auf die Strasse. QR-Codes interessieren mich vom formalen und inhaltlichen Potential her. Wegen ihres schnörkellos gewinnorientierten Zwecks dürfte es besonders verblüffen, wenn diese mittlerweile allgegenwärtigen Zeichen plötzlich die subversive Kraft entfalten, wie sie Jean Beaudrillard den anonymen Graffiti in New York zugeschrieben hat ( vgl. „Cool Killer oder Der Aufstand der Zeichen“). Nach diversen Fehlversuchen gelang es mir nun endlich einen funktionstauglichen Code zu häkeln. Aber die Idee, mehrere solcher als Werbung zu häkeln verwerfe ich wieder, da man erst ganz am Schluss weiss ob es klappt oder nicht. Das Ganze ist viel zu zeitraubend und führt absolut nicht zu der von mir propagierten Häkelentspannung – im Gegenteil ich bin richtiggehend entnervt! Freitag den 3. Januar 2014 Weibliche Handarbeit: so wird die Tätigkeit des Häkelns im allgemeinen beschrieben. „das Wort Handarbeit hat eine doppelte Bedeutung. Es meint die Tätigkeit wie auch das Produkt: Häkeln ist Handarbeit, der Topflappen ebenfalls. Bemerkenswert ist, dass Handarbeiten historisch, beispielsweise als Unterrichtsgegenstand, lange unter dem Terminus „weibliche Arbeiten“ firmierten.“ 1 Die „weibliche Handarbeit“ diente lange Zeit der Disziplinierung, selbst ich habe das noch so erlebt und so empfunden in den frühen neunzehnhundert siebziger Jahren während meiner Schulzeit In Winterthur. „Geschicklichkeit in der weiblichen Handarbeit ziert jedes Mädchen und jede Frau, selbst in den höchsten Ständen; und wer sieht sie nicht alle lieber am Stickrahmen und Nähtisch, als am Spieltisch, wäre auch selbst jene Arbeit nur Spiel der Nadeln“ 2 Ums Himmelswillen und Hilfe! Bin ich doch froh 1965 geboren zu sein. „Die weibliche Handarbeiten sind anspruchslose, aber heitere Künste, Trägerinnen des Segens und der Stille.“ 3 In den meisten Büchern über Handarbeit des achzehnten und neunzehnten Jahrhunderts wird lediglich die männliche Handarbeit behandelt, wie zum Beispiel das Arbeiten mit den Materialien Holz, Stein und Metall. 1 Walpurga Hoff, Elke Kleinau, Pia Schmid (Hg.) Gender Geschichte/n, Erlebnisse bildungshistorischer Frauen- und Geschlechterforschung. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien. 2008 S. 50 2 August Hermann Niemeyer, Hermann Agathon Niemeyer, Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts für Eltern, Hauslehrer und Schulmänner. Halle 1834. S. 683 3 Johanna Brecke (J. Hipp), Handarbeiten der Mädchen, Nadelarbeit-Lehrgang. Strassburg 1913. 36 37 Freitag 3. Januar 2014 Freitag 10. Januar 2014 In der Schweiz wurden vor ca. zwanzig Jahren auch Knaben zum „weiblichen“ Handarbeitsunterricht zugelassen, im umgekehrten Falle fand das ca. vor dreissig Jahren statt. Im Buch von Matilda Felix, Nadelstiche, Sticken in der Kunst der Gegenwart, wird auf Seite 18 beschrieben, 4 dass Mädchen im 19. Jahrhundert anhand der Nadelarbeit zugleich im Rechnen und Lesen und Schreiben unterrichtet wurden. Mit der disziplinierenden Arbeit wollte man die moralische Entwicklung fördern, indem die Mädchen zu Sauberkeit, Sittsamkeit, sittsamer Körperhaltung und zu Zurückgezogenheit angeregt wurden. Freitag den 10. Januar 2014 Ergotherapie hielt ich früher immer für etwas wenig Sinnvolles bis ich selber in den Genuss einer solchen kam. „Schon im 18. Jahrhundert berichteten einige Ärzte über beachtliche Behandlungserfolge bei psychisch Kranken durch regelmäßige Arbeit. Doch erst Anfang des 20. Jahrhunderts nutzte man in den USA die Arbeitstherapie systematisch zur Behandlung psychischer Störungen: der Beruf des Ergotherapeuten entstand. Durch den deutschen Psychiater Hermann Simon erfuhr die Arbeitstherapie in den 1920er Jahren eine besondere Förderung, denn er führte eine arbeitsähnliche Tätigkeit unter therapeutischen Gesichtspunkten für psychisch Kranke ein. Die Ergotherapie wurde dabei von unterschiedlichen Berufsgruppen wie Ärzten, Sozialarbeitern, Krankenschwestern, Künstlern, Handwerkslehrern und Architekten unabhängig voneinander weiter entwickelt. 1 Der entscheidende Wandel in der Entwicklung der Arbeitstherapie zur Beschäftigungstherapie erfolgte in Deutschland während des Zweiten Weltkriegs - als viele Kriegsverletzte gezielte Rehabilitationsmaßnahmen benötigten. Mit Unterstützung des Britischen Roten Kreuzes wurden Kurzlehrgänge zur Ausbildung von Beschäftigungstherapeuten eingerichtet. Die erste staatlich anerkannte Schule für Beschäftigungstherapie wurde 1953 in Hannover gegründet. 1977 trat ein neues Gesetz in Kraft, das die Arbeitstherapie und die Beschäftigungstherapie zusammenfügte unter der neuen Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“.“ In der Diplomarbeit „Flow Momente“ wird beschrieben, dass es gut ist, wenn der Patient sich selber Ziele setzt und, dass Ziele die Ausgangslage bilden für das therapeutische Arbeiten. Unter Einbe2 4 Matilda Felix, Nadelstiche, Sticken in der Kunst der Gegenwart, Bielefeld, 2010, S. 18 38 1 Neurologen und Psychiater im Netz http://www.neurologen-und-psychiater-imnetz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/therapie/ergotherapie/geschichte/ online 10. 01. 2014 2 Eugen Bütler, Maya Muggli, Isolde Schumann, Flow Momente, Erfüllung im Tun eine Theorie nach Mihaly Csikszentmihalyi und Ergotherapie in der Psychiatrie. Diplomarbeit, Schule für Ergotherapie, Zürich 1999. S. 97 39 Freitag 10. Januar 2014 Freitag 24. Januar 2014 zug der Ressourcen des Patienten wird versucht, eine Tätigkeit zu suchen die dem Patienten entspricht. Freitag den 24. Januar 2014 Ich hatte mir auch selber Ziele gesetzt wie im Text vom Freitag den 8. November 2013 beschrieben, so setzte ich mir zum Ziel, auf Ende meines Klinikaufenthaltes ein kompliziertes Jäckchen fertig zu Häkeln. Nach fünfmonatiger Arbeit an der Webseite crochetpower.net – ich habe selbige mit dem Webdesign Programm Dreamweaver selber zusammen „gehäkelt“ – geht sie heute am 24. Januar endlich online. Ich bin total aufgeregt und gespannt! Die Anfänge der Ergotherapie reichen bis ins 1. Jahrhundert nach Christus zurück. So findet man in Schriften des Römischen Arztes Claudius Galenus von Pergamon die bis heute bedeutsame Aussage: „Arbeit ist die beste Medizin, die uns die Natur gegeben hat“. 3 Am ehesten der Realität entsprechend und am sympathischsten finde ich die Version der oben erwähnten Diplomarbeit „Flow Momente“, in welcher festgehalten wird, dass die Ergotherapie jeweils den Ressourcen des Patienten angepasst wird. So wurde das auch in meinem Falle gehandhabt; alles andere wäre wieder kontraproduktiv. Wichtig ist auch, dass der Patient seine eigenen Ziele setzt, denn nur so kann es wirklich zum Erfolgserlebnis führen. Gesetzt den Fall natürlich, dass sich die Patienten gut selber einschätzen können – das ist die Voraussetzung eines positiven Erfolgserlebnisses überhaupt. Abb. 8 Schon nach wenigen Stunden kamen die ersten Anmeldungen zum Projekt im Projekt, nämlich dem Einsenden einer Häkelblume. Ausgeschrieben als erstes Häkelprojekt von crochetpower.net zum mitmachen: 3 Clara Scheepers, Ute Steding-Albrecht, Peter Jens, Ergotherapie vom Behandeln zum Handeln, Stuttgart 1999/2007, S. 11 40 „Es wird ein riesiges Häkelblumennetz, zusammengesetzt aus lauter Häkelblumen und Granny Squares, die von Menschen aus der ganzen Welt gehäkelt wurden und anschliessend der crochetpower.net Basisstation zugesandt werden. 41 Abb. 9 Freitag 24. Januar 2014 Mailinterviews Diese Häkelteilchen werden im Durchschnitt einen Durchmesser von 10 cm haben. Die maximale Anzahl könnten 1245 Plätzchen sein. Die Form und Grösse des Ganzen unterliegt dem Zufallsprinzip und ist abhängig davon, wie viele Personen sich an dem Projekt beteiligen, wie gross die einzelnen Stücke sein werden und welche Plätze im Netz belegt werden. Auch die Farbigkeit wird am Schluss eine tolle Überraschung sein und ist ebenfalls dem Zufall überlassen – je nachdem welche Garnfarben von den Häklerinnen und den Häklern verwendet werden. Das Häkelblumennetz wird unter der Leitung von Sabina Speich im Rahmen der Master Kunst-Diplomausstellung an der HSLU in Luzern im Juni 2014 während einer performativen Veranstaltung als Gemeinschaftsaktion zusammengefügt. Am Schluss wird das Häkelnetz zugunsten von Pro Mente Sana (eine Schweizerische Stiftung im Interesse psychisch kranker Menschen) versteigert werden.“ Mailinterviews Um meine schriftliche Masterthesis zu verdichten und meine Fragen auch aus der Sichtweise von Fachpersonen beleuchten zu können und nicht nur starr in meinem kleinen Sabina Speich-Universum zu verharren, habe ich nach empirischer Methode ein Email Interview geführt. Dieses wurde an fünf – im Vorfeld diesbezüglich angefragte ExpertInnen – gesendet. Folgenden Fragebogen bekamen meine Interview Partnerinnen: Mail Interview zu Themenfeldern meiner schriftlichen Masterthesis CROCHETPOWER:NET (Sabina Speich). In meiner schriftlichen Mastersthesis erstelle ich ein Artistbook, welches die Produktion der künstlerischen Arbeit begleitet und deren zentrale Themenfelder analysiert. In Form eines Tagebuchs, werden folgende Themen behandelt: Häkeln als Aktivismus im Kunstkontext, Häkeln in der Vermittlung, Häkeln in der Psychotherapie – respektive der Ergotherapie, die Cripbewegung und Häkeln in Gruppen im Nicht-Psychiatrie-Umfeld. Diese Text- und Onlinerecherchearbeit wird ergänzt durch fünf Leitfadeninterviews zu den gleichen Themenfeldern. Alle InterviewpartnerInnen erhalten dieselben Fragen und werden gebeten, möglichst alle zu beantworten; selbstverständlich die Fragen in Ihrem spezifischen Themenfeld ausführlicher als die anderen. 44 45 Mailinterviews Mailinterviews : Hakeln als Aktivismus im Kunstkontext Die Cripbewegung 1.Hast Du schon einmal etwas darüber gehört, oder gelesen? Wenn ja was? 1.Hast Du Dich je mit diesem Thema befasst? Wenn ja, in welcher Form? 2.Denkst Du, das traditionelle Frauenbild hat sich durch diese Bewegung wesentlich verändert? 2.Bist Du persönlich der Meinung, dass diese Bewegung ein gutes Gefäss der Selbstermächtigung darstellt? 3.Hast Du selber schon in diesem Kontext agiert? 3.Was hältst Du von Criptheorien wie von Simi Linton, die besagen, dass das Recht auf „Disability“ eingefordert werden und anders über „disability“ nachgedacht werden müsse als es bisher in den akademischen Studien geschehen ist, damit soziale Ausschlüsse benannt und andere soziale Positionen eingefordert werden können? : : Hakeln in der Padagogik/Vermittlung 1.Hast Du selbstHäkeln in der Grund/Primarschule als Disziplinierungsmassnahme erlebt oder empfunden? 3.Gibt es immer noch genderspezifische Unterschiede in der Vermittlung von textiler Gestaltung/Werken? : Hakeln in der Psychotherapie respektive der Ergotherapie 1.Kannst Du Dir vorstellen, dass Häkeln eine beruhigende Wirkung hat? Hakeln in Gruppen, welches nicht im Psychiatrie Umfeld stattfindet : 2.Findest Du persönlich, dass sich etwas in der textilen Gestaltung/Vermittlung verändert hat im Laufe der vergangenen dreissig Jahre? Wenn ja, was? 1. Hast Du selber schon einmal in einer Gruppe gehäkelt? 2.Was passiert in solchen Sessions – falls Du es weisst durch eigene Erfahrung, beschreibe es bitte. Andernfalls . was stellst Du Dir vor, was da entstehen kann? 3.Beteiligen sich an solchen Events Frauen und Männer, oder nur Frauen, oder nur Männer? Oder Transgender Menschen? 2.Bist Du selber Therapeut/in und konntest die Wirkung dieser Tätigkeit auf Patienten selber schon beobachten? 3.Bist Du selber Patient/in und hast diesbezüglich eigene Erfahrungen gemacht? 46 47 Mailinterviews Mailinterviews Die Antworten von Alexandra D’Incau Künstlerische und wissenschaftliche Mitarbeitern Hochschule Luzern Häkeln als Aktivismus im Kunstkontext Hast Du schon einmal etwas darüber gehört, oder gelesen? Wenn ja was? Ja klar. Also nein, ich muss präzisieren. Wenn es konkret ums Häkeln geht, kenne ich hauptsächlich das Projekt von Meret Wandeler und Regula Michell. Aber ich sympathisiere mit DIY, mag insbesondere die Zine-Bewegung. Da gefällt mir dieses Initivative und das Unperfekte, Improvisierte. Hauptsache da ist Energie drin! So richtig einordnen konnte ich aber die subversive Strategie der Craftistas erst, als ich auf einer USA-Reise mit feministischen Magazinen wie Bitch und Bust in Kontakt kam. Da schloss sich für mich plötzlich ein Kreis und ein neuer Raum ging für mich auf. Denkst Du, das traditionelle Frauenbild hat sich durch diese Bewegung wesentlich verändert? Hm, gerne würde ich sagen ja. Aber ich bin skeptisch. Wir kämpfen da gegen jahrhundertealte Normen an. Also klar, vieles ist in Bewegung. Ich möchte hier keineswegs Trübsal blasen oder Pessimismus verbreiten. Bewegung heisst aber auch, dass es nicht überall stetig vorwärts geht, besser wird. Da ist diese Bewegung meines Erachtens ein Tropfen auf den heissen Stein. Die Sache ist aber super-komplex, vor allem wenn wir global denken, also im Sinne „für alle Frauen“. Aber im kleinen, sei es Empowerment für einzelne Produzentinnen oder allfällige Schlüsselerlebnisse, die allfällige Rezipienten erfahren, wenn die Aktion oder das Werk öffentlich sichtbar wird, da kann einiges passieren und ausgelöst werden. Und so fängt ja jede Veränderung an. Beim einzelnen Subjekt. Insofern trau ich der Bewegung einiges zu. Aber: um die 48 volle Wirkkraft bei einem breiten Publikum zu entzünden, braucht es eine ebenso wirksame Vermittlungsstrategie. Gerade für ein nicht so kunstaffines oder -interessiertes Publikum braucht es allenfalls noch vermehrt gute Ideen auf Seiten der Aktivistinnen, um Kontexte und Chancen zu vermitteln. Hast Du selber schon in diesem Kontext agiert? Hihi. Nicht im Bereich häkeln. Ich bin wirklich eine ganz extrem schlechte Häklerin. Aber ich mache gerne Zines. Aber mehr für den Eigengebrauch. Nie als grosse Aktion. Aber als ich zum Beispiel in den Niederlanden studierte für ein Jahr, da merkte ich, dass viele Studierende viel weniger Geld zur Verfügung hatten als in der Schweiz. Da wurde also in der Foto/Kunst-Klasse viel mehr improvisiert, es wurde bei Ausstellungen nicht jedes Foto auf Alu aufgezogen, sondern auch einfach mal frech mit sichtbarem Kleber an die Wand getaped. Das hat mir extrem viel Luft gegeben, mich befreit. Von diesem evt. sehr schweizerischen Perfektionsgedanken. Klar kann es sein, dass mal ein Bild hinter Glas muss. Aber evt, ist der erste Entwurf auf die Rückseite eine Notizpapiers gedruckt je nach dem die beste Lösung. Ich merkte, dass gute Kunst nichts mit High-End Produktion zu tun haben muss. Häkeln in der Pädagogik/Vermittlung Hast Du selbstHäkeln in der Grund/Primarschule als Disziplinierungsmassnahme erlebt oder empfunden? Nicht direkt als Disziplinierungsmassnahme, also in dem Moment nicht. Rückblickend kommt es dem ein wenig näher. Wir häkelten eigentlich extrem selten. Ich erinnere mich nur an eine Häkelarbeit. Eine sehr lange Schnur musste gehäkelt werden, in der zweiten Klasse, die wurde dann um ein Nadelkissen gewickelt, mit Leim angeklebt. Zur Verschönerung. Ich erinnere gar noch die Farbe, lila. 49 Mailinterviews Mailinterviews Das war mir generell das Liebste in der Nähschi, wenn man Farben für Wolle, Stoffe und so auswählen konnte. Aber das konkrete nähen, häkeln und stricken...ich empfand es als Stress. Es hängt evtl. mit meiner Linkshändigkeit zusammen. Ich weiss nun gar nicht mehr, ob ich links häkeln durfte in der Nähschi. Auch stricken. Ich erinnere einfach, dass ich es einen uuu Krampf fand, immer zu fest oder zu wenig fest anzog, schwitzige Hände hatte, dass das Garn manchmal richtig knarzte. Ich glaube fast, dass ich „falsch rum“, also im Sinne von „richtig, sprich rechts orientiert“ häkeln und stricken lernen musste. Findest Du persönlich, dass sich etwas in der textilen Gestaltung/ Vermittlung verändert hat im Laufe der vergangenen dreissig Jahre? Wenn ja, was? Oup. Das kann ich schwer beurteilen. Dafür müsste ich Einblick haben in den aktuellen Unterrichtsalltag. Die Kinder in meinem Umfeld sind alle erst im Krippenalter...Wobei ich für ein Forschungsprojekt viel in Schulhäusern unterwegs bin und Zeichenzimmer fotografiere. Da seh ich oft auch andere Räume, zum Beispiel das Nähschi Zimmer. Es sieht so aus wie bei mir damals, optisch hat sich also in den letzten 25 Jahren wenig verändert. Aber beim Namen hat sich was getan, bei mir hiess es wohl gar noch auf dem Stundenplan wirklich Nähschi und heute nennt sich das Fach selbstbewusst Textiles Gestalten. Es wäre noch spannend zu wissen, wie es denn heutzutage umgangssprachlich genannt wird, unter Schülerinnen und Schülern sowie Lehrpersonen. Gibt es immer noch genderspezifische Unterschiede in der Vermittlung von textiler Gestaltung/Werken? und Bügelbretter für Mädchen und rote oder blaue Hammer und Bohrmaschinen für Jungs. Da werden extrem früh Weichen gelegt, die fast nicht mehr aus den Köpfen zu hämmern oder zu häkeln sind. Ich sehe es bei uns in der Ausbildung der Art Teaching Lehrpersonen im Master Kunst Luzern, der Frauenanteil ist enorm hoch. Das erlernen des Umgangs mit Schleifmaschine und Kreissäge etc. empfehlen wir aber allen, Männern wie Frauen! Denn das ermöglicht, dass unsere AbgängerInnen im Bedarf auch im Werkunterricht eingesetzt werden können. Wenn ich überlege...an der HSLU beispielsweise, in der Holzwerkstatt, das Team besteht aus drei Männern...In den Textilwerkstätten, ich bin nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, dort sind hauptsächlich Frauen im Einsatz, von Werkstattleitung bis zur Assistenz runter. Das kann Zufall sein. Aber ich glaube leider nicht. Und ich meine nicht, dass das falsch ist! Diese Menschen sind alle super in ihrem Job, es sind ihre Traumjobs, ich weiss das. Häkeln in der Psychotherapie – respektive der Ergotherapie Kannst Du Dir vorstellen, dass Häkeln eine beruhigende Wirkung hat? Ja, ich denke schon, dass man beim Häkeln in diesen Flow kommen kann, und das dann gut tut, dass es im Kopf nicht mehr denkt. Oder störende Gedanken wieder in Fluss kommen und geordnet werden können, während der Tätigkeit. Wobei ich nicht denke, dass man in eh schon aggressivem Zustand gross Lust hat, zum Häkel- Stäbchen zu greifen...Also ich sähe mich da auch eher auf einen Boxsack dreschen...Aber danach, nach dem Boxsack eine Runde häkeln, das könnte ich mir sehr stimmig vorstellen! Auch hier bin ich zu wenig Expertin. Aber wenn man sich die Kinderspielzeugabteilungen der Grossverteiler aber auch der Spezialläden anschaut, dann gibt es da kleine pinke Nähmaschinen 50 51 Mailinterviews Mailinterviews Bist Du selber Therapeut/in und konntest die Wirkung dieser Tätigkeit auf Patienten selber schon beobachten? Nein Bist Du selber Patient/in und hast diesbezüglich eigene Erfahrungen gemacht? Nein fang, aber wie wann und wo dringt es genug vehement in die breite Masse. Wann oder wie profitiert xy von nebenan? Ich glaub, wir stehen da noch sehr am Anfang. Und zudem, wo hört „normal“ auf und fängt „crip“ an? Das sind Normen und Definitionen die sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ändern...kulturell bedingt sind sowieso. Es sind diese Fragen und deren Verhandlung, die mich interessieren und in denen ich Potential sehe. Wann gilt was wo als „Disability“ und warum? Müssen sich da allgemeingültige Regeln finden lassen oder geht es auch hier wieder um die freie Einschützung des Individuums? (ich glaube Punkt drei ist damit auch ein biz abgedeckt...) Die Cripbewegung Hast Du Dich je mit diesem Thema befasst? Wenn ja, in welcher Form? Ich kenne die Thematik ehrlich gesagt erst seit ich Eva Egermann kennengelernt habe mit ihrem Magazin. Das Thema wird nach wie vor extrem tabuisiert. Ich weiss nicht, ob es mit der Erleichterung der „nicht betroffenen Subjekte“ zu tun hat, dass Disability gerne ausgeblendet wird. Die Erleichterung „normal“ zu sein, unnormal zu sein kommt einem Unglück gleich. Gleichzeitig trifft dieses „zum Glück, ich bin normal“ auf die Anforderung „speziell und einzigartig“ sein zu müssen, nicht in der Masse unterzugehen. Auch die Werbung proklamiert, sei du selbst! Da besteht irgendwie ein Konflikt. Aber ich bewege mich von deiner Frage weg... Was hältst Du von Criptheorien wie von Simi Linton, die besagen, dass das Recht auf „Disability“ eingefordert werden und anders über „disability“ nachgedacht werden müsse als es bisher in den akademischen Studien geschehen ist, damit soziale Ausschlüsse benannt und andere soziale Positionen eingefordert werden können? Häkeln in Gruppen, welches nicht im Psychiatrie Umfeld stattfindet Hast Du selber schon einmal in einer Gruppe gehäkelt? ...ich versuche also hier nochmals den Faden aufzugreifen. Natürlich ist diese Bewegung super! Aber es dünkt mich manchmal auch so intellektuell. Also wem kommt diese Selbstermächtigung zu Gute, wer profitiert davon? Ich kenne die Cripbewegung aus (m) einem künstlerisch linksorientierten Umfeld. Klar, das ist ein An- Nein, noch nie. Ich glaube, man müsste mir erst sehr viel anderes wegnehmen, bevor ich zu häkeln beginnen würde. Wobei, einmal wollte ich so eine Granny-Decke, so eine, die aus vielen Blätzen besteht, so ähnlich, wie du eine machst nun aus den Blätzen der TeilnehmerInnen. Das ist ja mittlerweile extrem im Trend, gerade in Zürich, so Granny-Stile Möbel und Decken, oder auch dieses Landhausstil Mobililar. Nun jedenfalls war ich nicht willens, für eine solche Decke den überrissenen Trend-Preis zu bezahlen und liebäugelte also mit selber machen. Aber dann fiel mir wieder ein, dass ich ja nur Schnürli häkeln kann...Das Experiment fand also schon 52 53 Bist Du persönlich der Meinung, dass diese Bewegung ein gutes Gefäss der Selbstermächtigung darstellt? Mailinterviews Mailinterviews in meinem Kopf ein ziemlich jähes Ende...Aber wer weiss, vielleicht kommenden Winter..? In einer Gruppe häkeln sehe ich mich aber nicht, weil ich nicht so sehr ein Gruppen-Mensch bin. Was passiert in solchen Sessions – falls Du es weisst durch eigene Erfahrung, beschreibe es bitte. Andernfalls . was stellst Du Dir vor, was da entstehen kann? Nun, ich glaube schon, dass da eine geschäftige Stimmmung aufkommen kann, ein reger Austausch, ein Bestärken, wow wie schön, wie hast du das gemacht etc. Oder auch einfach ein sich aufgehoben fühlen in der Gruppe, ohne viele Worte, weil und in dem man das tut, was einem gut tut. Oder vielleicht ist es ähnlich wie im Groupfitness! Man weiss, das ist mein fixer Termin, da geh ich hin. Und auch wenn ich mal nicht sooo Lust habe, ich gehe trotzdem, und wie immer tut es mir dann extrem gut. Beteiligen sich an solchen Events Frauen und Männer, oder nur Frauen, oder nur Männer? Oder Transgender Menschen? Nun, ich denke, da es eben ein „Event“ ist und nicht Alltag, dass an solchen Treffen die Gendervielfalt da sein kann. Und das ist ein Anfang. Aber wichtig wäre es doch eben, dass es total normal wird, wenn Männer strickend im Zug sitzen! Und jesus, bis dahin, wir sind noch nirgends. Forza, Menschheit! 54 Die Antworten von Meret Wandeler Künstlerin, Fotografien Seit 2004 Langzeitprojekt „Das Häkelobjekt“, zusammen mit Regula Michell. Häkeln als Aktivismus im Kunstkontext Hast Du schon einmal etwas darüber gehört, oder gelesen? Wenn ja was? Im Kunstkontext kenne ich vor allem Aktionen im Rahmen von „Urban Knitting“, wo Gegenstände im öffentlichen Raum eingehäkelt (teilweise auch eingestrickt) werden. Weiter einzelne KünstlerInnen wie z.B. Jürg Benninger, welche Objekte häkeln und als Skulturen ausstellen. Dann die Übersicht im Buch „Craftistas“. Denkst Du, das traditionelle Frauenbild hat sich durch diese Bewegung wesentlich verändert? Nein Hast Du selber schon in diesem Kontext agiert? Ich arbeite zusammen mit Regula Michell an einem rosa Häkelobjekt, einem Langzeitprojekt, das seit 2004 läuft. Im Rahmen dieses Projektes führen wir regelmässig Häkel-Aktionen zu zweit im öffentlichen Raum oder auf Einladung mit Gästen durch. Ich verstehe mich jedoch nicht im eigentlichen Sinn als Häkel-Aktivistin oder als Teil einer Bewegung. 55 Mailinterviews Mailinterviews Häkeln in der Pädagogik/Vermittlung Häkeln in der Psychotherapie – respektive der Ergotherapie Hast Du selbstHäkeln in der Grund/Primarschule als Disziplinierungsmassnahme erlebt oder empfunden? Kannst Du Dir vorstellen, dass Häkeln eine beruhigende Wirkung hat? Nein, ich habe den Handarbeitsunterricht sehr gerne besucht. Findest Du persönlich, dass sich etwas in der textilen Gestaltung/ Vermittlung verändert hat im Laufe der vergangenen dreissig Jahre? Wenn ja, was? Das kann ich nicht beurteilen, da ich weder in der textilen Vermittlung tätig bin noch selber Kurse besuche. Ich denke jedoch, dass der gestalterische Unterricht heute allgemein freier ist und mehr Raum da ist, eigene Ideen zu verwirklichen. Dies zeigt sich u.a. daran, dass wir mit dem Häkelobjekt auch schon von Schulen eingeladen worden sind. Gibt es immer noch genderspezifische Unterschiede in der Vermittlung von textiler Gestaltung/Werken? Was sich entscheidend verändert hat ist die Ko-Edukation: heute besuchen Mädchen und Jungen gemeinsam sowohl Handarbeitsunterricht als auch Werken, Zu meiner Schulzeit war das noch getrennt, Mädchen Handarbeit, Jungen Werken. Die Ko-Edukation ermöglicht sicher beiden Geschlechtern einen unbefangeneren Zugang zu diesen Tätigkeiten. Ob darüber hinaus weiterhin genderspezifische Unterschiede wirksam sind, kann ich nicht beurteilen, nehme es aber an. Etwas mit den Händen tun kann in jedem Fall eine beruhigende Wirkung haben, beim Häkeln bzw. der Handarbeit allg. kommt das Repetitive hinzu, welches diese verstärken kann. Voraussetzung ist jedoch, dass kein Leistungsdruck, etwas besonders Schönes oder Perfektes machen zu müssen, vorhanden ist. Bist Du selber Therapeut/in und konntest die Wirkung dieser Tätigkeit auf Patienten selber schon beobachten? Ich bin Künstlerin, nicht Therapeutin. Bist Du selber Patient/in und hast diesbezüglich eigene Erfahrungen gemacht? Nein Die Cripbewegung Hast Du Dich je mit diesem Thema befasst? Wenn ja, in welcher Form? Nein Bist Du persönlich der Meinung, dass diese Bewegung ein gutes Gefäss der Selbstermächtigung darstellt? Das kann ich nicht beurteilen. 56 57 Mailinterviews Mailinterviews Was hältst Du von Criptheorien wie von Simi Linton, die besagen, dass das Recht auf „Disability“ eingefordert werden und anders über „disability“ nachgedacht werden müsse als es bisher in den akademischen Studien geschehen ist, damit soziale Ausschlüsse benannt und andere soziale Positionen eingefordert werden können? Das kann ich nicht beurteilen, da ich diese nicht kenne. Es scheint mir aber einleuchtend, dass Zuschreibungen wie „behindert/nichtbehindert“ oder „verhaltensauffällig/normal“ auch normativen Charakter haben und damit auch eine sozial ausschliessende Wirkung entfalten (können). Häkeln in Gruppen, welches nicht im Psychiatrie Umfeld stattfindet Stelle wieder auf. Man kann für sich sein, am eigenen arbeiten, und sich trotzdem als Teil in einer Gruppe erfahren. (Diese Beobachtungen gelten für unser Projekt, wo alle am gleichen Stück häkeln, ich würde sie nicht verallgemeinern) Beteiligen sich an solchen Events Frauen und Männer, oder nur Frauen, oder nur Männer? Oder Transgender Menschen? Je nach Anlass Frauen und Männer. Jüngere Männer und Knaben häkeln selbstverständlicher mit, da sie es in der Schule gelernt haben, während Männer unserer Generation (40+) eine höhere Hemmschwelle haben und das Häkeln erst lernen müssen, was erschwerend wirkt. Hast Du selber schon einmal in einer Gruppe gehäkelt? Ja, wir führen im Rahmen unseres Projektes regelmässig Häkelaktionen in Gruppen durch (www.haekelobjekt.ch) Was passiert in solchen Sessions – falls Du es weisst durch eigene Erfahrung, beschreibe es bitte. Andernfalls . was stellst Du Dir vor, was da entstehen kann? Mich interessiert daran die eigene Form der Kommunikation insbesondere zwischen Fremden, die entstehen kann, verbal und non-verbal. Das gemeinsame Tun stellt einen Kontakt zwischen den Beteiligten her, auch wenn man nicht spricht. Es wird möglich, zusammen zu schweigen, was mit fremden Leuten häufig schwieriger auszuhalten ist als z.B Small Talk. Die Gespräche sind weniger zielgerichtet, man redet etwas, schweift ab, konzentriert sich auf die Arbeit, nimmt den Faden des Gesprächs an einer anderen 58 59 Mailinterviews Mailinterviews Die Antworten von Cornelia Renggli Kulturwissenschaftlerin Häkeln als Aktivismus im Kunstkontext Hast Du schon einmal etwas darüber gehört, oder gelesen? Wenn ja was? Ja: Ausstellungen „radical lace & subversive knitting“ im Museum of Arts & Design in New York sowie „Gilbert Bretterbauer Vernetzungen“ im Museum Bellerive in Zürich; Häkelobjekt von Regula Michell & Meret Wandeler; (v.a. englischsprachige) Blogs; Kontexte: DIY, guerilla crochet, WWKiP, yarn bombing… Denkst Du, das traditionelle Frauenbild hat sich durch diese Bewegung wesentlich verändert? Meines Erachtens hat craftivism als Bewegung Impulse gegeben, u.a. traditionelle Geschlechterrollen zu hinterfragen. Hast Du selber schon in diesem Kontext agiert? Nicht häkelnderweise. Häkeln in der Pädagogik/Vermittlung Hast Du selbstHäkeln in der Grund/Primarschule als Disziplinierungsmassnahme erlebt oder empfunden? Findest Du persönlich, dass sich etwas in der textilen Gestaltung/ Vermittlung verändert hat im Laufe der vergangenen dreissig Jahre? Wenn ja, was? Ja: Handarbeiten für Knaben (& Werken für Mädchen); andere Projekte. Betr. Veränderungen in der Vermittlung fehlt mir das Wissen. Gibt es immer noch genderspezifische Unterschiede in der Vermittlung von textiler Gestaltung/Werken? Das weiss ich nicht. Häkeln in der Psychotherapie – respektive der Ergotherapie Kannst Du Dir vorstellen, dass Häkeln eine beruhigende Wirkung hat? Ja, es kann, muss aber nicht. Häkeln kann manche Menschen auch hibbelig machen. Bist Du selber Therapeut/in und konntest die Wirkung dieser Tätigkeit auf Patienten selber schon beobachten? Nein Bist Du selber Patient/in und hast diesbezüglich eigene Erfahrungen gemacht? Nein Nein 60 61 Mailinterviews Mailinterviews Die Cripbewegung Hast Du Dich je mit diesem Thema befasst? Wenn ja, in welcher Form? Ja: Forschung zu Behindertenbewegung in der Schweiz, Lektüre zu Behindertenbewegung international. Bist Du persönlich der Meinung, dass diese Bewegung ein gutes Gefäss der Selbstermächtigung darstellt? Die Cripbewegung stellt eine Möglichkeit zur Selbstermächtigung dar. In jeder Bewegung hat es jedoch auch Momente, die nichts mit Selbstermächtigung zu tun haben. Ich kann und will nicht beurteilen, ob die Cripbewegung sich gut dazu sei, sich selbst zu ermächtigen. Was hältst Du von Criptheorien wie von Simi Linton, die besagen, dass das Recht auf „Disability“ eingefordert werden und anders über „disability“ nachgedacht werden müsse als es bisher in den akademischen Studien geschehen ist, damit soziale Ausschlüsse benannt und andere soziale Positionen eingefordert werden können? Meines Erachtens wird Behinderung in unserer Gesellschaft weitgehend essentialistisch gedacht. Ich teile hingegen die Auffassung, dass man nicht behindert ist, sondern behindert wird. Damit meine ich nicht, dass böse Menschen ohne Behinderung arme Menschen mit Behinderung behindern würden. An der Stelle solcher Schuldzuweisungen und Opferdiskurse ziehe ich die Sichtweise vor, dass Behinderung ein komplexer Prozess ist, mit dem verschiedene Praktiken verbunden sind. Dieser Prozess kann sich in allen sozialen Systemen ereignen: Die Wissenschaft ist eines davon, in ihm gibt es jedoch auch andere Stimmen. Für die gesellschaftliche Lage sind m.E. Institutionen wie z.B. Sozialversicherungen von grösserer Bedeutung. Wenn nun von einem „Recht auf 62 ‚Disability’“ gesprochen wird, so ist das eine politische Forderung im Zusammenhang mit Identitätsbildung. Da Identitätskurse Gratwanderungen sein können, gilt es hier besonders gut zu schauen, wer hier wie von was als Behinderung spricht. Ansonsten besteht die Gefahr, dass etwas wiederum mit einem essentialistischen Behinderungsbegriff eingefordert wird, den man eigentlich verabschieden möchte. Häkeln in Gruppen, welches nicht im Psychiatrie Umfeld stattfindet Hast Du selber schon einmal in einer Gruppe gehäkelt? Nur im Handarbeitsunterricht. Was passiert in solchen Sessions – falls Du es weisst durch eigene Erfahrung, beschreibe es bitte. Andernfalls, was stellst Du Dir vor, was da entstehen kann? Soziale Kontakte, Gespräche über Gott und die Welt, geteilte Zeit, gemeinsame Arbeit an einem Projekt oder/und Unterstützung bei der Arbeit an eigenen Projekten. Beteiligen sich an solchen Events Frauen und Männer, oder nur Frauen, oder nur Männer? Oder Transgender Menschen? Alles ist möglich. In den Massenmedien wird beispielsweise nicht nur über Gruppen hinsichtlich Geschlecht, sondern auch Alter berichtet. 63 Mailinterviews Mailinterviews Die Antworten von meiner in Amerika lebenden Stiefschwester welche durch crochetpower.net initierte Häkelgruppen ins Leben gerufen hat Chaya Mueller Bronstein Lehrerin, Massagetherapeutin, psychic reader Häkeln als Aktivismus im Kunstkontext Hast Du schon einmal etwas darüber gehört, oder gelesen? Wenn ja was? Ich habe von einer Freundin von einer Kuenstlerin in Neuseeland gehoert, die haekelt. Denkst Du, das traditionelle Frauenbild hat sich durch diese Bewegung wesentlich verändert? Weiss nicht Hast Du selber schon in diesem Kontext agiert? Nein Findest Du persönlich, dass sich etwas in der textilen Gestaltung/ Vermittlung verändert hat im Laufe der vergangenen dreissig Jahre? Wenn ja, was? Von was ich so gehoert habe, denke ich es ist viel kreativer und weniger Ausdauer und „ Richtig/Falsch“ orientiert. Gibt es immer noch genderspezifische Unterschiede in der Vermittlung von textiler Gestaltung/Werken? Weiss ich nicht. Häkeln in der Psychotherapie – respektive der Ergotherapie Kannst Du Dir vorstellen, dass Häkeln eine beruhigende Wirkung hat? Absolutely!!!!! Auf jeden Fall! Bist Du selber Therapeut/in und konntest die Wirkung dieser Tätigkeit auf Patienten selber schon beobachten? Nein Häkeln in der Pädagogik/Vermittlung Hast Du selbstHäkeln in der Grund/Primarschule als Disziplinierungsmassnahme erlebt oder empfunden? Bist Du selber Patient/in und hast diesbezüglich eigene Erfahrungen gemacht? Nein ich bin keine Patientin, doch habe ich selbst schon erfahren, dass Haekeln beruhigt. Nein, ich fand es schwierig und interessant und ein bisschen zu langsam fuer meinen Geschmack...und wenn ich mich genauer erinnere, da war schon viel Disziplin und wenig Auswahl. Z.B. Farbauswahl rot oder blau, evtl vielleicht sogar gruen. 64 65 Mailinterviews Mailinterviews Die Cripbewegung Hast Du Dich je mit diesem Thema befasst? Wenn ja, in welcher Form? Weiss nicht was das ist. Bist Du persönlich der Meinung, dass diese Bewegung ein gutes Gefäss der Selbstermächtigung darstellt? Wir lachen, plaudern, reden Unsinn und dann ploetzlich ist es fuer eine lange Zeit ganz still, weil jeder sich in seine Handarbeit vertieft. Auch helfen, diejenigen, die mehr Erfahrung haben, den Anfaengern oder denen, die zum ersten Mal seit 25 Jahren wieder haekeln. Wir trinken Tee (oder rosa Champagner) und jemand erzaehlt etwas von sich. Alles sehr entspannt, weil der Fokus nicht auf dem sozialen Austausch ist , sondern jeder in seiner Haekelei geankert ist. Beteiligen sich an solchen Events Frauen und Männer, oder nur Frauen, oder nur Männer? Oder Transgender Menschen? Do not know Was hältst Du von Criptheorien wie von Simi Linton, die besagen, dass das Recht auf „Disability“ eingefordert werden und anders über „disability“ nachgedacht werden müsse als es bisher in den akademischen Studien geschehen ist, damit soziale Ausschlüsse benannt und andere soziale Positionen eingefordert werden können? Nur Frauen bisher. Häkeln in Gruppen, welches nicht im Psychiatrie Umfeld stattfindet Hast Du selber schon einmal in einer Gruppe gehäkelt? Ja oefters. Was passiert in solchen Sessions – falls Du es weisst durch eigene Erfahrung, beschreibe es bitte. Andernfalls, was stellst Du Dir vor, was da entstehen kann? 66 67 Mailinterviews Mailinterviews Die Antworten von Michela Galli Psychotherapeutin Findest Du persönlich, dass sich etwas in der textilen Gestaltung/ Vermittlung verändert hat im Laufe der vergangenen dreissig Jahre? Wenn ja, was? Ich weiss es nicht Häkeln als Aktivismus im Kunstkontext Hast Du schon einmal etwas darüber gehört, oder gelesen? Wenn ja was? Nein Gibt es immer noch genderspezifische Unterschiede in der Vermittlung von textiler Gestaltung/Werken? Ich weiss es nicht Denkst Du, das traditionelle Frauenbild hat sich durch diese Bewegung wesentlich verändert? Häkeln in der Psychotherapie – respektive der Ergotherapie Kannst Du Dir vorstellen, dass Häkeln eine beruhigende Wirkung hat? Siehe oben Hast Du selber schon in diesem Kontext agiert? Ja Bist Du selber Therapeut/in und konntest die Wirkung dieser Tätigkeit auf Patienten selber schon beobachten? Siehe oben Häkeln in der Pädagogik/Vermittlung Hast Du selbstHäkeln in der Grund/Primarschule als Disziplinierungsmassnahme erlebt oder empfunden? Nein Ich bin seit 10 Jahren als Psychotherapeutin tätig. Häkeln war noch nie ein Thema – auch habe ich es noch nie thematisiert. Ich habe bis anhin keine Beobachtungen dazu gemacht. Bist Du selber Patient/in und hast diesbezüglich eigene Erfahrungen gemacht? Nein. 68 69 Mailinterviews Mailinterviews Die Cripbewegung Hast Du Dich je mit diesem Thema befasst? Wenn ja, in welcher Form? Nein Häkeln in Gruppen, welches nicht im Psychiatrie Umfeld stattfindet Hast Du selber schon einmal in einer Gruppe gehäkelt? Nein Bist Du persönlich der Meinung, dass diese Bewegung ein gutes Gefäss der Selbstermächtigung darstellt? Ich kenne diese Bewegung zu wenig, um mich zu äussern. Die Infos auf dem Web sind mir zu abstrakt, um mich ein konkretes Bild zu machen. Was hältst Du von Criptheorien wie von Simi Linton, die besagen, dass das Recht auf „Disability“ eingefordert werden und anders über „disability“ nachgedacht werden müsse als es bisher in den akademischen Studien geschehen ist, damit soziale Ausschlüsse benannt und andere soziale Positionen eingefordert werden können? Was passiert in solchen Sessions – falls Du es weisst durch eigene Erfahrung, beschreibe es bitte. Andernfalls, was stellst Du Dir vor, was da entstehen kann? Siehe oben Beteiligen sich an solchen Events Frauen und Männer, oder nur Frauen, oder nur Männer? Oder Transgender Menschen? Siehe oben Ich habe die Publikationen von S. Linton nicht gelesen – grundsätzlich ist eine Reflexion über „disability“ im Zusammenhang mit den sozialen Positionen notwendig. 70 71 Freitag 7. Februar 2014 Freitag den 7. Februar 2014 : Hakeln als Aktivismus Wie schon in meinem Text vom 15. November 2013 beschrieben, ist mir vor einigen Jahren im Internet die Yarnbombing Aktivistin „Olek“ aufgefallen. Danach entdeckte ich immer mehr in allen möglichen Medien über diese aktivistischen „Garnbewegungen“ im öffentlichen Raum. „Handarbeit ist heute mehr als Mützen häkeln oder Vogelhäuschen zimmern, es ist eine ernstzunehmende Bewegung geworden: Do it yourself, kurz DIY. Einigen macht Selbermachen einfach Spass, viele handwerkeln aber aus einem politischen Bewusstsein heraus.“ 1 . Yarnbombing könne viele Formen annehmen, schreiben Mandy Moore und Leanne Prain in ihrem Buch Strick Graffiti. Strassenkunst, Installation und Handarbeit gehen ineinander über. „Im allgemeinen versteht man darunter das Anbringen eines handgearbeiteten Gegenstandes an einem festen Objekt auf der Strasse oder das zurücklassen eines Strick- oder Häkelmodells in der Landschaft.“ 2 Ich selber Häkle immer mal wieder „Robidog“ Kästen ein, das sind Hundekot Sammelsäcklein-Dispenser. Oft sind meine aufwändigen und bunten Kunstwerke schon wieder entfernt nach ca. einer Stunde, wenn ich auf dem Hundespaziergang auf dem Nachhauseweg wieder daran vorbeikomme. Dann ist alles wieder auf wundersame Weise verschwunden und hat sich in Luft aufgelöst. Ich habe noch nie irgendwelche Überreste oder Spuren von Garn gefunden. Saubere, züchtige, ordentliche Schweiz. Aber dass die sich darunter befindenden Abfallbehälter überquellen mit vollen Hundekotsäcken und oft in einem grossen Umkreis darum herumliegenden (prallgefüllt) achtlos weggeworfenen Dinger herumliegen, das scheint niemanden gross zu stören – also das durchaus auch „transgres1 http://www.srf.ch/sendungen/kontext/do-it-yourself-basteln-als-politischer-aktivismus Online 6. 2. 2014 2 Mandy Moore, Leanne Prain, Strick Graffiti, München 2011, S. 17 73 Freitag 7. Februar 2014 Freitag 7. Februar 2014 sive“ Zeichen weggeworfenes Hundekotsäckchen wird als passend interpretiert, die Verzierung des Behälters mit Häkeln dagegen als unpassend transgessives Zeichen (vgl. Ron Scollon, Language in the Material World) verstanden 3. Bei mir erzeugt jedes Hundekot Säckchen Dichtestress. Abb. 11 „Menschen, die sich als Handarbeits-Enthusiastinnen outen und damit sogar Politik machen wollen. Das kann durchaus erstaunen: Schliesslich gelten Handarbeiten wie Sticken, Häkeln und Stricken traditionell als Tätigkeiten, mit denen sich vorzugsweise „brave Mädchen“ und „gute Hausfrauen“ beschäftigen. Als Hort des Althergebrachten und als lebenslanges Trainingslager für das Ein- und Ausüben klassischer Geschlechterrollen – oder genauer gesagt einer reaktionären Auffassung von „Weiblichkeit“.“ 4 Abb. 10 3 Ron and Suzie Wong Scollon, Language in the Material World, London 2003. 74 4 Elisabet Freiss, Elke Gaugele, Elke Zobel, Sonja Eismann und Verena Kuhn, critical crafting circle (hg.), craftista! Handarbeit als Aktivismus, Mainz, 2011. S. 8 75 Freitag 14. Februar 2014 Freitag den 14. Februar 2014 Gender-Themen Die Tätigkeit des Häkelns wird, wie ja schon des Öfteren von mir besprochen in meinen Texten, konnotiert mit weiblicher Handarbeit. . Es gibt aber durchaus auch ganz viele Männer, welche das Häkeln zum Hobby und sogar zum Beruf und zur Marketingsache ausgebaut haben. So zum Beispiel die beiden jungen Männer mit ihrem Label „Myboshi“ http://www.myboshi.net.1 „Die Gründer und Geschäftsführer von myboshi sind Thomas Jaenisch und Felix Rohland aus Oberfranken. Felix und Thomas sind sportbegeisterte Outdoormenschen, die oft in der Natur unterwegs sind, als Skilehrer natürlich auch im Winter. Sie wissen aus persönlicher Erfahrung, auf was es bei einer Mütze ankommt, die mehr sein soll als ein modisches Accessoire und sich im Outdooreinsatz bewähren muss. Felix ist Boshiträger aus voller Überzeugung. Wenn er seine Boshi mal nicht dabei hat, häkelt er halt schnell eine nach. Felix stammt aus Helmbrechts in Oberfranken. Thomas ist passionierter Häkler, kommt von der Häkelnadel nicht mehr los und häkelt nach wie vor viele Prototypen. Thomas stammt aus Konradsreuth in der Nähe von Hof.“ „Häkeln ist total hip. Besonders bei Männern. „Seit es die ,Boshi’Bücher gibt, kommen viele Männer zu uns und wollen genau diese Mützen häkeln“, sagt Petra Pohl, Filialleiterin von „Wolle Rödel“ an der Bongardstraße.“ 2 Für mein Häkelprojekt hab ich eine Frau gebeten, ein männlich aussehendes (wie ich mir das halt in meiner Fantasie vorstellte, ein von einem Mann gehäkeltes Teil aussehen müsste) Häkelplätzchen anzufertigen – was sie gerne für mich machte in braun, grau und Schwarztönen. Wir schalteten es als „Köder“ auf die Startseite von 1 http://www.myboshi.net/Story/ Online 14. 02. 2014 2 http://www.derwesten.de/staedte/bochum/echte-kerle-haekeln-muetzen-aimpid8847334.html Online 14. 02. 2014 77 Freitag 14. Februar 2014 Freitag 14. Februar 2014 crochetpower.net (zu finden auf der obersten Tupfenreihe ganz links unter dem braunen Tupfen) und mittlerweile hab ich vernommen, dass einige Frauen ihre Männer am bearbeiten sind, dass sie für mein Projekt eine Häkelblume häkeln sollen. Ich hoffe bald nebst dem Fakemann noch weitere Häkler in der illustren Runde begrüssen zu dürfen. Dann bin ich auf „Crafty Andy“ gestossen, ein in Amerika lebender Mann der Häkeln zu seiner absoluten Leidenschaft erklärt hat, http://www.craftyandy.net/p/ crochet-patterns-for-sale.html. Sobald der englische Teil meiner Plattform crochetpower.net steht, möchte ich ihn mal anschreiben und fragen, ob er nicht eventuell Lust hätte eine Häkelblume für mein Projekt beizusteuern. 3 Das sind jetzt nur zwei Beispiele, aber das Internet ist voll von Männern die Häkeln. (Seltsam nur, dass sich die Schweizer Männer so zieren und starken Widerstand zeigen). Abb. 12 „ Zunehmend werden nun Lebensweisen sichtbar , die die Gesetze der konventionellen Geschlechterordnung zu durchkreuzen scheinen. Lesbisch-schwules Begehren ist in den Medien und der Kulturindustrie verstärkt präsent. So experimentieren Künstlerinnen wie Madonna, Lady Gaga, oder Peaches in ihren Videoclips mit Formen von Queerness; in unrbanen Räumen entsteht ein breites Angebot an entsprechenden Partys und Events; Lesben und Schwule treten als politische Subjekte auf und fordern juridische Gleichstellung homosexueller Lebensweisen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen.“ 4 Auf Arte sah ich am Freitag den 7. Februar den Film, Das Neutrale Geschlecht, Neue Erziehungsmethoden in Schweden. Da wurde gezeigt, dass in Schwedischen Kindergärten keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern gemacht werden. Alle Mädchen und alle Jungs dürfen zum Beispiel Röcke tragen wenn sie das wollen und sie werden nicht mit sie oder er betitelt, sondern mit einem neutralen Wort. „Hen“ sagten sie, was es genau bedeutet, weiss ich nicht, auf jeden Fall stellt es ein neutrales Geschlecht dar. Dieser Film hatte mich schwer beeindruckt. „Es ist bekannt, dass es eine neue und bedeutsame Bewegung von Personen gibt, die sich gegen korrigierende Genitaloperationen bei Kindern wenden. Viele Kinder – schätzungsweise zwei bis drei Prozent der Weltbevölkerung – werden mit Genitalien geboren, die nicht eindeutig als männlich oder weiblich zu identifizieren sind.“ 5 Das ist ein sehr grosses und extrem komplexes Thema. „ Weltweit gibt es und zu allen Zeiten gab es Intersexuelle: Menschen, die bei der Geburt die Hebamme in Verwirrung bringen, weil sie auf die erste Frage „was ist es denn“? nur antworten kann: „es ist ein gesundes Kind“ 6 „ Es steht in einer utopischen Tradition, die sich eine Welt ohne Gender vorstellt, die vielleicht eine Welt ohne Schöpfung, aber möglicherweise auch eine Welt ohne Ende ist. Die Inkarnation der Cyborgs vollzieht sich ausserhalb der Heilsgeschichte. Cyborgs sind Geschöpfe in einer Post-Gender-Welt.“ 7 3 http://www.craftyandy.net/p/crochet-patterns-for-sale.html Online November 2013 4 Franziska Bergmann, Franziska Schlössler, Bettina Schreck,(Hg.), Gender Studies, Bielefeld 2012. S. 117 5 Hildegard Mogge-Grotjahn, Gender, Sex und Gender Studies, Eine Einführung. Freiburg im Breisgau, 2004. S. 158 6 Ulla Fröhlich, Leben zwischen den Geschlechtern, Intersexualität – Erfahrungen in einem Tabubereich. Berlin 2003, S. 13 7 Donna Haraway, Die Neuerfindung der Natur, Primaten, Cyborgs und Frauen. New York 1995, S. 35 78 79 Freitag 21. Februar 2014 Freitag 28. Februar 2014 Freitag den 21. Februar 2014 Freitag den 28. Februar 2014 Die definitive Verfügung der Invalidenversicherung ist da, der Einspruch wurde ignoriert. Ich habe nun definitiv keinen Anspruch mehr auf Unterstützung und bin gezwungen, um Sozialhilfe zu betteln. Unglaublich, ich bin bestürzt und fix und fertig – ein derber Rückschlag. Momentan hab ich keine Ahnung, woher ich noch die Kraft für irgendetwas aufbringen und finden kann. Aber es muss weiter gehen und dank der unermüdlichen tollen Unterstützung des Sozialarbeiters der mir seit Jahren immer wieder erfolgreich hilft in diesen Belangen, setze ich nochmals an und lege Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht gegen diesen Entscheid der IV ein. Liebe IV, verfolgt doch wenn schon Versicherungsbetrüger und nicht kranke Menschen die ums Überleben kämpfen! Danke! Rund einen Monat nach Aufschaltung der Internetplattform crochetpower.net, sind schon unzählige Häkelblumen-Anmeldungen eingetroffen und sieben gehäkelte Blumen per Post hier bei mir der „Crochetpower Basisstation“ angekommen! 80 81 : Freitag 7. Marz 2014 : Freitag 7. Marz 2014 : Freitag den 7. Marz 2014 Alle eingetroffenen Häkelblumen werden einzeln von mir fotografiert, der von den HäklerInnen ausgewählten Platznummer zugeordnet und mit dem eingesandten Text versehen auf die Startseite von crochetpower.net am der Platznummer entsprechenden Ort aufgeschaltet. Abb. 14 Abb. 13 Jeder Partizipierende wählt auch seinen Farbtupfen selber aus unter dem auf der Webseite (nach Anklicken) die Häkelblume erscheint. Danach verpacke und nummeriere ich die Häkelblumen, fotografiere wieder jede einzelne und lade diese dann auf Instagram. Diese Dokumentation ist auf crochetpower.net unter dem Link „Instagram“ zu finden. 82 Abb. 15 83 : Freitag 7. Marz 2014 Abb. 17 Die ersten Anmeldungen von Männern und sogar das erste Häkelplätzchen treffen ein. Ich bin hell begeistert. Obwohl es mir zur Zeit psychisch wieder ganz akut hundslausig geht, bin ich fähig, mich zu freuen über den tollen Erfolg meines Projektes und des durchwegs positiven Feedbacks auch von wildfremden Menschen. Jeder der mitgemacht hat (bis auf wenige Ausnahmen) gab mir im Nachhinein das Feedback, dass sie regelrecht ins Häkelfieber verfallen seien und wollten gleich ganz viele Blumen häkeln. Ich beschloss nachträglich die Anzahl Häkelteilchen pro Person auf drei zu beschränken, dass möglichst viele verschiedene Menschen mitmachen können. 85 Abb. 16 Freitag 21. Marz 2014 : : Freitag 14. Marz 2014 Auf crochetpower.net gibt es eine Rubrik „Häkelgruppen“, da kann man private und öffentliche Häkelgruppen anmelden. Öffentliche Gruppen wurden bis dato noch nicht angemeldet, private dagegen schon einige. Meine in den USA lebende Stiefschwester organisiert nun in regelmässigen Abständen Häkelgruppen (nicht im Psychiatrie-Kontext, nur aus purer Freude am Häkeln und am Austausch mit anderen) und lädt immer wieder andere Frauen dazu ein. Diese häkeln dann momentan Häkelteilchen fürs Häkelblumennetz, welches ja im Juni in einer partizipativen Kunstaktion im Rahmen der Diplomausstellung zusammen genäht wird. Heute ist der vierte Todestag meines Vaters, es schmerzt nach wie vor sehr. Ich vermisse ihn, seine Wärme, seine Liebe, seine Farbigkeit (die zwar unübersehbar in mir weiterlebt, die Farbigkeit, meine ich) und vieles mehr. : Freitag den 21. Marz 2014 : Freitag den 14. Marz 2014 Künftig sollen öffentlich zugängliche Häkelgruppen entstehen, die psychisch Kranken zum Austauschen dienen sollen. Die Plattform crochetpower.net soll Austauschort solcher Gruppen sein. Bei mir im Haus finden auch in unregelmässigen Abständen solche Häkelgruppen statt, bis anhin ausschliesslich mit weiblichen Teilnehmerinnen. 86 87 : Freitag 28. Marz 2014 Freitag den 28. Marz 2014 Crip-Theorien, Disability Studies und Crip-Bewegungen Auf diese Themen bin ich erst im Rahmen meiner Masterthesis gestossen. Ich konnte mich vorerst nur marginal damit befassen. Dies wird künftig aber von mir auf jeden Fall viel mehr Aufmerksamkeit und Zeit in Anspruch nehmen müssen. Mit diesen Themenfeldern werde ich mich eingehend befassen in den nächsten Jahren! . Ich selber bin nicht offensichtlich behindert, man sieht mir den „Krüppel“ nicht an. Ich bin weder äusserlich deformiert, noch sitze ich im Rollstuhl, noch bin ich sonst mit „Behinderten Merkmalen gekennzeichnet“. Meine körperlichen Dysfunktionen, wie auch die psychischen Belange, sieht man mir nicht von aussen an. Ich wirke meistens sehr heiter und sehr fröhlich auf andere Menschen. Dennoch sind sie da. Durch meine Krankheit Endometriose zum Beispiel, welche mit dem elften Lebensjahr ausbrach und im sechzehnten Lebensjahr diagnostiziert wurde, war ich oft monatelang ans Bett gefesselt, schon in jungen Jahren, durch diese Krankheit war ich nicht nur aus dem sozialen Leben ausgeschlossen. Von sämtlichen Ärzten wurde ich jahrzehntelang als Simulantin hingestellt. Diese Krankheit wurde erst in den vergangenen zehn Jahren richtig bekannt und wahrgenommen. Jedoch so richtig erforscht ist sie nach wie vor nicht. Erst mit dreissig Jahren kam ich zu einem Endometriose-Spezialisten. Ebenfalls mit dreissig Jahren bekam ich dann auch noch zusätzlich Fibromyalgie – was wiederum als nicht wirklich existente Krankheit gilt. Komisch nur, dass einen dadurch der ganze Körper täglich abartig schmerzt, um nur ein kleines Beispiel zu den Symptomen zu nennen. Meine Wirbelsäule ist leicht verbogen (Skoliose), viele Ärzte behaupten, dass diese zu wenig ausgeprägt sei, um mir reale Dauerschmerzen zu bereiten, das tut es aber! Schon fast mein ganzes Leben lang. Meine psychischen Handycaps wurden hier in diesem Essay ja schon zur Genüge und mehrfach angesprochen, sind ebenfalls nicht beweisbar. Ich möchte nicht länger Opfer sein. Deswegen gefällt mir diese Cripbewegung sehr. 89 Freitag 28. Marz 2014 : : Freitag 28. Marz 2014 „Freaks und Krüppel, Verrückte und Lahme, Eigensinnige und Blinde, Kranke und Normalgestörte – kommt mit uns raus auf die Straße und feiert die Disability & Mad Pride Parade 2013! 1 : Tanzt Barrieren weg! Hupft aus den Schubladen! Scheisst auf Diagnosen! Wir wollen eine Gesellschaft, die bereit ist, Barrieren abzubauen, statt Menschen als „krank“, „gestört“ und „nicht normal“ auszusortieren! Wir verwahren uns dagegen, Experimentierfeld für problemorientierte Menschenverbesserungen zu sein. So, wie wir sind, sind wir richtig! Also: Küsst den Wahnsinn wach, liebt Krummbeine und Spasmus, begehrt Krücken und Katheter! Malt Eurer Scham Pink und Glitzer auf die Wange und lasst sie laufen! Rollt, humpelt, tastet Euch vor – zum Hermannplatz, am 13. Juli, um 15 Uhr. Wir sind viele. Wir verstören und verführen. Unser Leben gehört uns! Unsere Körper gehören uns! Und zur Parade gehört uns auch die Straße! Wir wurden Randgruppen zugeteilt und sind trotzdem hier, mitten im Zentrum. Wir zeigen uns – unsere Buckel und schiefen Hüften, unsere Neurosen und Verhaltensauffälligkeiten!“ „Moore co-founded Sins Invalid, the much-loved and very sexy disability performance project back in 2004. Holding live productions of trailblazing art pieces of many forms (dance, spoken-word, music), „Sins“ is a groundbreaking, beautiful blend of art and activism with a commitment to „social and economic justice for all people with disabilities... moving beyond individual legal rights to collective human rights.“ A guiding ethos of the organization is to celebrate artists from historically marginalized communities (people with disabilities, gender-variant, queer, people of color), showcasing incredible performances that challenge notions of normalcy, disability and sexuality.“ 2 1 http://pride-parade.de/text.html Online 12. 11. 2013 2 http://bitchmagazine.org/post/tales-from-the-crip-love-letter-to-leroy-moore-disability-performance Online 02. 03. 2014 90 Ich möchte definitiv selber Dinge in dieser Richtung auf die Beine stellen, ich denke meine Internetplattform crochetpower.net ist ein kleiner Schritt dahin. „Die Unterscheidung zwischen Behinderung und Nichtbehinderung, so wie wir sie heute treffen, ist eine Erfindung der Moderne. Zuvor wurde anderes unterschieden bzw. das Unterschiedene anders benannt. Die Bezeichnung „Behinderung“ gewann erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Cornelia Renggli“ 3 „Innerhalb der Disability Studies wird „Behinderung“ als Produkt sozialer Organisation und als „kulturell/historisch konstruiert“ betrachtet. Eva Egermann.“ 4 „Die Disability Studies sind ein recht junger Wissenschaftsansatz, der eng mit der Geschichte der internationalen Behindertenbewegung verbunden ist. In den vergangenen 30 Jahren zeigte die internationale „Independent Living“-Bewegung auf, dass die wirklichen Probleme behinderter Menschen nicht in ihrer individuellen Beeinträchtigung sondern in den ausgrenzenden gesellschaftlichen Bedingungen, dem eingeschränkten Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe und den massiven Vorurteilen gegenüber Behinderung bestehen. Diese Sichtweise mündete in der Theorie vom sozialen Modell von Behinderung, das in den USA und Großbritannien zur gleichen Zeit von behinderten WissenschaftlerInnen erarbeitet und dem vorherrschenden medizinischen Modell gegenüber gestellt wurde. Nach dem medizinischen Modell ist Behinderung eine individuelle, krankhafte Störung, wohingegen sie im sozialen Modell als gesellschaftliche Konstruktion betrachtet wird. (vgl. Degener 2003) Es wird infrage gestellt, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer Beeinträchtigung und dem BehindertWerden gibt.“ 5 3 Crip Magazine, Wien 2012, S. 20 4 Crip Magazine, Wien 2012, S. 4 5 http://www.disability-studies-deutschland.de/dsd.php Online 06. 04. 2014 91 Freitag 4. April 2014 : Freitag 28. Marz 2014 „We are, as Crosby, Stills, and Nash told their Woodstock audience, letting our „freak flag fly.“ And we are not only the high-toned wheelchair athletes seen in recent television ads but the gangly, pudgy, lumpy, and bumpy of us, declaring that shame will no longer structure our wardrobe or our discourse. We are everywhere these days, wheeling and loping down the street, tapping our canes, sucking on our breathing tubes, following our guide dogs, puffing and sipping on the mouth sticks that propel our motorized chairs.“ 6 Freitag den 4. April 2014 Über Facebook wurde ich aufmerksam gemacht auf Jürg Benninger: er ist ein häkelnder Künstler, der aktuell gerade in Luzern in der Galerie Vitrine ausstellt. Ich bin absolut begeistert von seinen Arbeiten, welche ich leider nur online bestaunen durfte bis jetzt (aus schon bekannten Gründen, kann ich momentan nicht von Winterthur nach Luzern reisen) „Wolle statt Farbe, Häkelnadel statt Pinsel. Der Künstler arbeitet mit Wolle und häkelt Kunstwerke. Die Technik des Häkelns, so fremd sie auch erscheint, weist Ähnlichkeiten mit derjenigen des Zeichnens auf. Die Figuren von Jürg Benninger sind keine Kuscheltiere, auch wenn sie durch ihre Materialität und Farbigkeit zum Anfassen animieren. Sie sind raffiniert, durchtrieben und fantasievoll. Sie sind nicht einfach schrill und leuchtend sondern verbreiten einen leisen Schauer. Beim Betrachten seiner hintergründigen Häkelwerke assoziiert man unausweichlich Gestalten, die man zu kennen vermeint, und das Schmunzeln bleibt im Halse stecken. „Les bêtes heureuses“ stammen aus einer anderen Welt. Sie sind von absurder Komik beseelt und veritable Kunstwerke“ 1 6 CLAIMING DISABILITY KNOWLEDGE AND IDENTITY, Simi Linton, FOREWARD BY MICHAEL BERU BE, New York 1998, S. 3 - 4 92 1 http://www.jjwb.ch/About-Jurg-Benninger Online 29. 03. 2014 93 Freitag 11. April 2014 Freitag den 11. April 2014 Die meisten von mir organisierten Häkelgruppen fanden bis jetzt im Nicht-Psychiatrie-Umfeld statt. Die Mehrheit meiner Freunde oder Bekannten hat keine psychischen Probleme oder Erkrankungen. Es sind immer fröhliche Zusammenkünfte; es wird ausgetauscht, geklatscht und getratscht, Tee, Kaffee und Kuchen oder ähnliches, ev. Prosecco und Wasser, oder was immer an Getränken da ist oder mitgebracht wird, konsumiert. Es werden Häkelmuster ausgetauscht oder man zeigt sich gegenseitig wie gewisse knifflige Muster herzustellen sind, wenn es jemand nicht weiss. Ich zum Beispiel halte mich nicht unbedingt an reale Muster und häkle einfach wild drauf los. Bestehende Häkelmuster muss ich mir immer Schritt für Schritt erklären lassen, ansonsten sind sie für mein Gehirn zu abstrakt, um sie erfassen und verstehen zu können. Die Feedbacks der Teilnehmer sind meist in heller Begeisterung und es wird immer eine Wiederholung des Geschehnisses gewünscht. Auch was meine Stiefschwester mir aus Amerika berichtet, sind das ausschliesslich Häkelgruppen im Nicht-Psychiatrie-Umfeld, die sie leitet – näher beschreibt sie diese Events in ihrer E-Mail Interview-Antwort. Aber es liegt noch einiges an Arbeit vor mir, um diese Gruppen mit psychisch Kranken organisieren zu können; die meisten von mir vor Wochen in Praxen und Kliniken aufgelegten Flyer liegen noch beinahe unberührt da. Aber eventuell ergibt sich da ja später auch ein Arbeitsfeld für mich in einer für mich möglichen und geeigneten Form des Arbeitens und des Geld-Verdienens. Denn im Gegensatz zur Meinung der meisten Menschen bin ich sehr wohl gewillt, mir meinen Lebensunterhalt selber zu verdienen – nur ist das für mich leider nicht in jedem Kontext, zu jeder Zeit und in jedem Arbeitsumfeld möglich, es müsste zur Zeit noch eher einem „geschützten Arbeitsplatz“ ähneln (Ich glaube, dieser Ausdruck ist zwar mittlerweile nicht mehr politisch korrekt, mir ist jedoch der korrekte nicht geläufig)... 94 Abb. 18 Abb. 19 Resume- ResumeDa die schriftliche eng mit der praktischen Masterthesis verhäkelt ist, wird sich das auch im Resumée spiegeln müssen. . Anfangs meiner theoretischen Arbeit habe ich stets freitags meine Texte zum „Arbeitstagebuch“ geschrieben. Irgendwann im Februar bin ich durch die Geschichte mit der Invalidenrente so aus dem Konzept geraten, dass es einen Unterbruch gab. Dann habe ich eine Weile lang nur noch Stichworte aufgeschrieben und die fehlenden Texte in den folgenden Wochen im Nachhinein ergänzt. Als das Ganze Schreiben und künstlerische Arbeiten noch in regelmässiger Synchronizität lief, hat es richtig Spass gemacht und mir sehr geholfen, meine eigene Arbeit besser zu verstehen. Für mich war das Artistbook die ideale Art und Form diese Thesis zu schreiben. Einige mir sehr wichtige Themen konnte ich viel zu wenig vertiefen, da sie einfach zu komplex sind, um auf die Schnelle abgehandelt werden zu können. So werde ich mich in die Materie zum Thema Cripmovement zum Beispiel nach dem Diplom weiter vertiefen. Ich bin eine Quereinsteigerin in der Theorie: will heissen, ich bin über die Kunst zum Masterstudium gekommen, ich habe nie ein Gymnasium von innen gesehen und habe lediglich eine Sonderschule besucht – das ist natürlich alles wiederum eng verhäkelt mit meiner Lebensgeschichte. Ich habe das Studium 1999 an der HSLU begonnen und musste es diverse Male unterbrechen. 2010 machte ich den Bachelor in Kunst und Vermittlung und wiederum vier Jahre später ist es unglaublicherweise fast soweit, dass ich es nun endlich zum Abschluss des Masters bringen kann. Durch mein aktuelles künstlerisches Projekt haben sich viele neue Kontakte ergeben. Einige habe ich schon persönlich kennen gelernt, hier bei mir zuhause, einige werde ich noch später treffen. Dies bedeutet, es ist mir – zumindest zum Teil – gelungen aus meinem Schneckenhaus hervor zu kommen. Der nächste grosse Schritt 97 Resume- Resume- wird sein, dass ich versuchen werde, mein Expositionstraining wieder aufzunehmen, denn ich möchte gerne im Juni zur Diplomierung und zum Anleiten meiner Kunstaktionen im Rahmen der Master Diplomausstellung nicht nur über den Bildschirm per Skype in Luzern anwesend sein sondern real – ich hoffe ich werde es schaffen!!! schiedenen Sozialmedia-Plattformen habe ich ebenfalls Werbung gemacht. Da es ein Langzeitprojekt ist, darf der Prozess auch Zeit brauchen, bis die Plattform ein Austausch-Ort wird für verschiedene Anliegen. In der kommenden Zeit werde ich auch noch diverse PrintMedien kontaktieren wie Zeitungen, Zeitschriften etc. ... Es freut mich auch, dass ich aufgrund meiner website eine Anfrage bekommen habe, in einem Dokfilm mitzumachen und eine Anfrage für ein Interview, respektive in einer Kunstzeitschrift in einem Artikel zu erscheinen. Bis zum definitiven Zustandekommen möchte ich noch nicht mehr dazu sagen. Mein Projekt wurde ausserdem in Italien in Blogna in einer Radiosendung im Sender Radio Città Fujiko 103.1 in der Sendung „Coxo Spaziale“ erwähnt und es wurde ein Aufruf zur Partizipation gestartet von meinen Künstlerfreunden Alex Meszmer, Reto Müller und Stefano W. Pasquini Hier der Podcast dazu http://www.stefpasquini.com/coxo/podcast/CoxoSpaziale2014-04-04.mp3 Erwähnung auf (1:17:19)! Ich habe alle in diesem Büchlein erwähnten Künstlerinnen und Künstler (welche ich alle nicht kannte vorher) persönlich angefragt, ob sie sich in der einen oder andern Art am Projekt beteiligen möchten. Vereinbaren konnte ich dabei, dass ich mich im August zum Häkeln hier bei mir mit Regula Michell und Meret Wandeler treffen werde, die seit 2004 am Langzeitprojekt „Das Häkelobjekt“ (www.haekelobjekt.ch) zusammen arbeiten. Jürg Benninger hat auf meine Anfrage hin zugesagt, für mich eine Blume zu häkeln, fürs Häkelblumennetz. Der Kontakt zu den Betroffenen, den psychisch Kranken, läuft noch ziemlich schleppend. Schätzungsweise haben sich an der Häkelaktion fast nur sogenannt gesunde Menschen beteiligt. Ca. hundert Häkelblumen wurden mir bis jetzt zugesandt. Sobald ich die schriftliche Arbeit abgegeben habe werde ich mich da noch stärker kümmern können. Bis anhin habe ich achthundert Flyer an Psychiatriepraxen, Kliniken und Ergotherapien versendet und ca. hundert persönlich verteilt oder diversen Leuten mitgeben können. Auf ver98 99 Quellenverzeichnis Quellenverzeichnis I Printmedien Crip Magazine, Wien 2012, S. 4. Crip Magazine, Wien 2012, S. 20. . Franziska Bergmann, Franziska Schlössler, Bettina Schreck,(Hg.), Gender Studies, Bielefeld 2012. S. 117. Johanna Brecke (J. Hipp), Handarbeiten der Mädchen, Nadelarbeit-Lehrgang. Strassburg 1913. Eugen Bütler, Maya Muggli, Isolde Schumann, Flow Momente, Erfüllung im Tun – eine Theorie nach Mihaly Csikszentmihalyi und Ergotherapie in der Psychiatrie. Diplomarbeit, Schule für Ergotherapie, Zürich 1999. S. 97. Matilda Felix, Nadelstiche, Sticken in der Kunst der Gegenwart, Bielefeld, 2010, S. 18. Elisabet Freiss, Elke Gaugele, Elke Zobel, Sonja Eismann und Verena Kuhn, critical crafting circle (Hg.), craftista! Handarbeit als Aktivismus, Mainz, 2011. S. 8. Elisabet Freiss, Elke Gaugele, Elke Zobel, Sonja Eismann und Verena Kuhn, critical crafting circle (Hg.), craftista! Handarbeit als Aktivismus, Mainz, 2011. S. 129. Ulla Fröhlich, Leben zwischen den Geschlechtern, Intersexualität – Erfahrungen in einem Tabubereich. Berlin 2003, S. 13. Donna Haraway, Die Neuerfindung der Natur, Primaten, Cyborgs und Frauen. New York 1995, S. 35. 101 Quellenverzeichnis Quellenverzeichnis August Hermann Niemeyer, Hermann Agathon Niemeyer, Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts für Eltern, Hauslehrer und Schulmänner. Halle 1834. S. 683. Walpurga Hoff, Elke Kleinau, Pia Schmid (Hg.) Gender Geschichte/n, Erlebnisse bildungshistorischer Frauen- und Geschlechterforschung. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien. 2008 S. 50. Hildegard Mogge-Grotjahn, Gender, Sex und Gender Studies, Eine Einführung. Freiburg im Breisgau, 2004. S. 158. Mandy Moore, Leanne Prain, Strick Graffiti, München 2011, S. 17. Clara Scheepers, Ute Steding-Albrecht, Peter Jens, Ergotherapie vom Behandeln zum Handeln, Stuttgart 1999/2007, S. 11. Simi Linton, Claiming Disability Knowledge and Identity, Foreward by Michael Berube, New York 1998, S. 3 – 4. Ruth Tschudy, Der Reichtum der Frauen, Patchworkgeschichen_ Geschichtenpatchwork, Deutschland, 2012. S. 7. Ron and Suzie Wong Scollon, Language in the Material World, London 2003. II Informationen aus dem Internet (Quellen) Das Häkelobjekt, das Projekt, http://www.haekelobjekt.ch/projekt. html, online 16. 09.2013. http://www.srf.ch/sendungen/kontext/do-it-yourself-basteln-alspolitischer-aktivismus online 18.10.2013 http://www.craftyandy.net/p/crochet-patterns-for-sale.html Online 02.11. 2013 The Hyperbolic Crochet Coral Reef http://h0rusfalke.wordpress. com/2013/03/21/uber-kunst-fur-bedrohte-schonheit-in-meerensensibilisieren/, online 8. 11. 2013. http://pride-parade.de/text.html, online 12. 11. 2013. Olek, Biografie, http://oleknyc.com/resources/images/about/Olek_ CVbio.pdf, online 13. 11. 2013. Olek, Streetart, eingehäkelte Stierstatue an der Wallstreet in New York City USA, http://blogs.mirror.co.uk/the-ticket/2010/12/olekcrochets-cover-for-wall-s.html, online 14. 11. 2013. Olek, http://www.arte.tv/de/6429692.html, online 14. 11. 2013. The Hyperbolic Crochet Coral Reef http://www.abendblatt.de/ kultur-live/article2315392/Komm-wir-haekeln-uns-ein-Korallenriff. html, online 14. 11. 2013. Anleitung zum Hyperbolischen häkeln http://www.mkdw.de/uploads/media/Haekelanleitung_Korallen.pdf, online 15. 11. 2013. 102 103 Quellenverzeichnis Abbildungsverzeichnis Margaret Wertheim http://www.ted.com/talks/lang/de/margaret_ wertheim_crochets_the_coral_reef.html?utm_medium=on.ted. com-twitter&awesm=on.ted.com_erMP&utm_campaign=&utm_ content=addthis-custom&source=twitter&utm_source=facebook. com#.UoXIyeCLNyp.twitter, online 15. 11. 2013. Neurologen und Psychiater im Netz http://www.neurologen-undpsychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/therapie/ergotherapie/geschichte/, online 10. 01. 2014. http://crochetnirvana.weebly.com/1/post/2012/08/the-grannysquare-project-part-i.html, online 16. 01. 2014. Abbildungsverzeichnis Alle Abbildungen Fotos von Sabina Speich ausser: Abb. 02: S. 13 Foto von Bettina Wunderli Abb. 12: S. 78 Foto von Anonymus am 09.04.2014 um 16:27 via Facebook E-Mail vermacht an Sabina Speich http://www.patchwork.rhoenovations.de/geschichte.html, online 17. 01. 2014. http://www.myboshi.net/Story/, online 14. 02.2014. http://www.derwesten.de/staedte/bochum/echte-kerle-haekemuetzen-aimp-id8847334.html, online 14. 02. 2014. http://bitchmagazine.org/post/tales-from-the-crip-love-letter-toleroy-moore-disability-performance, online 02. 03. 2014. http://www.disability-studies-deutschland.de/dsd.php, online 06. 04. 2014. http://www.jjwb.ch/About-Jurg-Benninger, online 29. 03. 2014. 104 105 . Layout: Bettina Wunderli „La boîte de couleurs“ in enger Zusammenarbeit mit Sabina Speich.