Anregungen Moderne Chorveranstaltungen

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Anregungen Moderne Chorveranstaltungen
SONDERTHEMA
15
enarbeit, Chorliteramöglichkeiten
Wie bereits im vergangenen Jahr haben wir uns auch diesmal wieder
ein Sonderthema überlegt. Ging es 2011 um das Thema Dreistimmigkeit
und die Möglichkeiten, die diese Literatur für Chöre bietet, legen wir den
Schwerpunkt in diesem Jahr auf zeitgemäße Probenarbeit, moderne Literatur und geänderte Auftrittsmöglichkeiten.
Zu diesen Themen haben uns Michael Sauerwald, Chorleiter des Pop-JazzChores des Chorverbandes rheinland-Pfalz „JAZZconVoice“ und Martin Sill,
Meister für Veranstaltungstechnik, jeweils einen Artikel aus ihrer Sicht geschrieben. Darüber hinaus hatten wir das Glück, ein Interview mit Oliver
Gies, Mitglied der bekannten Vocalband MAYBEBOP und Arrangeur zeitgemäßer Chorliteratur, führen zu können.
Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass uns bewusst ist, dass
gerade diese Themen sehr kontrovers diskutiert werden. Nichtsdestotrotz
sind wir der Meinung, dass auch dieser Thematik in SiLa ein Platz eingeräumt gehört.
Michael Sauerwald, geboren am
03.08.1970 in Siegen, leitet unter
anderem den Pop-Jazz-Chor des
Chorverbandes rheinland-Pfalz
„JAZZconVoice“ und den auch bundesweit sehr erfolgreichen „Chor
Divertimento“ - beide gemeinsam
mit Sylvia Sauerwald. Aus der ursprünglich „klassischen“ Chorleitung zog es ihn früh in richtung
rock, Pop und Jazz und seit einiger
Zeit leitet er nur noch Chöre dieser Stilrichtungen. Für „Singendes
Land“ schreibt Michael Sauerwald
über veränderte Probenarbeit, neue
Chorliteratur und zeitgemäße Auftrittsformen.
Chorarbeit ist ständiger Dynamik unterworfen. Damit Chor und Chorleiter miteinander harmonieren und die
gleichen Vorstellungen und Ziele haben, ist es sinnvoll, diese ständig neu
zu hinterfragen. Ein seit vielen Jahren
bestehender Chor hat ein umfangreiches Repertoire und Noteninventar,
welches oftmals – schon durch das
langjährige Bestehen des Chores –
eher in Richtung Volkslieder und traditionelle Chorwerke tendiert. Diese Lieder sollen und dürfen nicht „in der Versenkung verschwinden“. Nichtsdestotrotz heißt das aber ja nicht, dass der
Chor nicht auch moderne Literatur aus
dem Bereich Rock, Pop oder Jazz singen kann. Hier muss ein ehrliches Gespräch mit dem Chor Klarheit darüber
bringen, in welche Richtung gearbeitet werden soll. Chor und Chorleiter
werden gemeinsam nicht glücklich,
wenn die Vorstellungen zu weit auseinander gehen. Zu diesem Gespräch
gehört auch, die Motivation der Sängerinnen und Sänger zu erfragen, sich
moderner Literatur oder auch neuen
Präsentationsmöglichkeiten zu öffnen.
Dies ist aber meiner Erfahrung nach
keine Frage des Alters, sondern liegt
in der persönlichen Einstellung eines
jeden Einzelnen. Hier sollte also zwischen Chor und Chorleiter eine möglichst große Übereinstimmung herrschen, was die gesteckten Zukunftsziele betrifft. Nur so kann ein Chor
motiviert und erfolgreich arbeiten!
Im Laufe der Zeit hat sich natürlich
auch die Probenarbeit verändert. So
kommen immer öfter Übungs-CDs
oder -Dateien bei den Chören zum Einsatz. Zum Einstudieren von Choreografie werden auch Filmaufnahmen
genutzt. Bei den Übungsdateien hat
es sich bewährt, wenn für jede Stimme eine eigene mp3-Datei bzw. CD zur
Verfügung gestellt wird. Optimal ist
es, wenn dabei die zu probende Stimme im Vordergrund steht, die anderen
Stimmen jedoch ebenfalls zu hören
sind. Diese können dann z.B. an einer
Stereoanlage mit dem Balance-Regler individuell „dazu gemischt“ werden, je nachdem, wie sicher der/die
Sänger/In ist. Zum Schluss lässt sich
die eigene Stimme komplett ausblenden und es sind nur noch die anderen
Chorstimmen zu hören. Diese Übungsmethode hat den Vorteil, dass die Irritationen, die oftmals in den Proben
auftreten sobald mehrere Stimmen zusammen singen, abgeschwächt werden. Die Sängerinnen und Sänger fühlen sich insgesamt sicherer. In der Regel sind Übungsstücke, die am Klavier
oder über ein Notenschreibprogramm
eingespielt werden, sicherlich ausreichend. Bei fremder Aussprache oder
einer schwierigen Textverteilung (z.B.
bei Scat-Gesängen im Jazz) kann es jedoch sinnvoll sein, die Übungsstücke
einzusingen. Dadurch bekommen die
Sängerinnen und Sänger ein besseres
Gefühl für die Sprache, die Rhythmik,
die Phrasierung und das ganze Lied.
Oft gibt es die Übungsstücke sogar
schon fertig eingespielt als Ergänzung
zu einem Lied zu kaufen, weil die Arrangeure sie bereits für ihre eigenen
Chöre genutzt haben.
Schon früh in der Probenarbeit werden meiner Meinung nach die Eckpfeiler für erfolgreiche Auftritte gesteckt, indem man die Literatur so
einstudiert, dass sie auswendig gesungen werden kann. Ein Chor kann
noch so sauber singen, aber wenn die
Mappen vor dem Gesicht den Kontakt
zum Publikum verhindern, kann es
durchaus sein, dass der Funke nicht
überspringt! Mal abgesehen davon,
dass der Chorleiter sich dann abmühen kann so viel wie er will, er wird ja
nicht richtig wahrgenommen. Hier gibt
es natürlich Ausnahmen, wenn Stücke
besonders schwierig sind, z.B. große
SONDERTHEMA Zeitgemäße Probenarbeit, Chorliteratur und Auftrittsmöglichkeiten
Chorwerke wie Oratorien oder ähnliches. Dann ist ganz klar, dass diese Stücke nicht auswendig gesungen
werden können. Zumal sie meistens
für besondere Gelegenheiten einstudiert und die Noten nach der Aufführung wieder in den Schrank zurückgelegt werden. Ich spreche von den Stücken, die immer wieder bzw. häufiger
zur Aufführung kommen: bei Konzerten, Sängerfesten, Geburtstagen und
sonstigen Anlässen. Diese Lieder sollte der Chor auswendig singen, um ungehindert mit dem Publikum „kommunizieren“ zu können. Denn so kann
der Funke auf das Publikum überspringen. Es gibt doch nichts Tolleres, als begeisterte Zuhörer, die den
Chor dazu bringen, über sich selbst
hinaus zu wachsen! Ein solches Publikum ist Motivation pur für einen Chor.
Es sind solche Auftritte, die die Menschen dazu veranlassen, mitsingen zu
wollen und zu sagen: „Das war so toll,
da möchte ich mitmachen, das möchte
ich auch erleben!“
Doch das Weglegen der Mappen und
das Auswendig-Singen ist es nicht alleine, was aus einem Auftritt einen gelungenen Auftritt macht. Dazu gehört
natürlich auch die Auswahl passender
Literatur. Selbstverständlich sollte sie
auf den Anlass abgestimmt sein, aber
gerade hier zeigt es sich dann auch,
wie wichtig es ist, die Vorlieben und
Neigungen des Chores zu berücksichtigen. Ein Chor, der es nicht gewohnt
ist, Rock- oder Popstücke zu interpretieren, wird es schwer haben, diese
überzeugend und mit Begeisterung
dem Publikum näher zu bringen. Umgekehrt kann es sein, dass es einem
Chorleiter, der in der traditionellen
Literatur verwurzelt ist, schwer fällt,
Rock-, Pop- oder Jazz-Literatur mit allen dazu gehörenden Facetten einzustudieren.
Hierbei hat es sich gezeigt, dass schon
durch das Anhören entsprechender
Lieder, z.B. auf CD oder auch unterwegs im Radio, viel erreichet werden
kann, da man unbewusst ein Gefühl
für das Genre bekommt. Dies gilt besonders für den Jazz, der viele gesangliche Eigenheiten aufweist, die
ansonsten in der Chorliteratur nur selten vorkommen. Wichtig ist es auch,
sich die Stücke immer mal wieder mit
dem kompletten Chor im Original anzuhören. So bekommt der Chor als
Ganzes eine einheitliche Auffassung
und ein einheitliches Gefühl dafür, um
die Botschaften und Emotionen der
Lieder ans Publikum weiterzugeben!
Das ist zweifelsohne der schwierigste
Teil, denn zunächst einmal muss man
sich darüber im Klaren sein: Was wollen wir als Chor mit den Liedern beim
Publikum erreichen? Wie können wir
die Gefühle, die der Komponist hervorrufen wollte, weitergeben? Töne
kann man üben. Text kann man lernen. Ausstrahlung kann man einstudieren. Aber Gefühle? Wie vermittelt
man Gefühle? Oder anders gefragt,
wie ruft man die gewünschten Gefühle beim Publikum hervor? Eine sehr
gute Möglichkeit dafür ist es, mit Bildern zu arbeiten. Anhand der Bilder
wird mit dem Chor erarbeitet, welche
Empfindungen das Lied beim Publikum hervorrufen soll.
Besondere Highlights kann ein Chor
setzen, wenn er Songs zum Vortrag
bringt, die tagtäglich im Radio rauf
und runter gespielt werden. Sie sind
den Zuhörern gut bekannt, wenn auch
auf eine ganz andere Art und Weise.
Wenn das Arrangement gut gemacht
ist und der Chor sich klarmacht, welche Gefühle das Lied bei den Zuschauern hervorrufen soll, kann er die
gleiche Wirkung erzielen wie der Original-Song (siehe auch Interview mit
Oliver Gies). Leider gibt es gerade diese aktuellen Songs oft noch nicht als
Chor-Arrangement. Hier muss dann
der Chorleiter entweder selbst tätig
werden und das gewünschte Stück arrangieren oder jemanden fragen, der
das für ihn tut. Andererseits sind heute viele junge Arrangeure sehr engagiert tätig, um möglichst viele, derzeit
angesagte Stücke auch für Chöre singbar zu machen.
Ein weiterer, wirklich wichtiger Aspekt ist schon alleine der Wunsch, das
Publikum mitreißen zu wollen. Wenn
ein Chor bereits missmutig, verärgert oder gar gelangweilt auf die Bühne geht, braucht man auf einen tollen Auftritt eigentlich nicht mehr zu
hoffen. Denn die ganze Ausstrahlung
des Chores leidet unter den negativen
Gefühlen und geht sofort auf die Zuschauer, aber auch auf den Chorleiter über. Am schlimmsten jedoch ist,
dass der Chor sich durch die negative
Stimmung selbst runterzieht und nicht
mit Spaß bei der Sache ist. Aus diesem Grund sollte man, wenn immer
möglich, vor Auftritten Zeitpuffer einplanen. So bleibt Gelegenheit, sich als
Gruppe noch einmal zu sammeln, sich
gegenseitig zu motivieren und anzulächeln und dann mit einem Lächeln auf
die Bühne zu gehen. Bei Chorwettbewerben, insbesondere im Bereich Pop,
Jazz und Gospel, ist das allgemein
üblich. Was steht dem entgegen? Im
Sport ist das ebenfalls an der Tagesordnung. Man schaue sich nur Mannschaftssportarten an, wie sich da gegenseitig angefeuert und „hochgepuscht“ wird. Ein Chor ist doch auch
eine „Mannschaft“! Missmutige Menschen sieht man jeden Tag genug.
Wenn Menschen unsere Konzerte besuchen, möchten sie Freude und Spaß
haben und das auch in den Gesichtern
der Sängerinnen und Sänger sehen,
die vor ihnen auf der Bühne stehen.
Das kann man übrigens bereits in der
Probe üben, indem sich die Sängerinnen und Sänger sich ein imaginäres
Publikum vorstellen.
Immer mehr Chöre studieren zu ihren Liedvorträgen eine Choreografie
ein, die entsprechend auf die Lieder
abgestimmt ist. Hierbei geht es nicht
immer um die große, aufwendige Inszenierung. Oftmals reicht eine kleine
Bewegung schon aus, um beim Publikum eine ganz neue Wirkung hervorzurufen. Wichtig ist es, bei der Einstudierung einen langen Atem zu beweisen, denn zunächst einmal wird die
gesangliche Qualität des Chores darunter leiden. Es ist schwer, Choreografie und Gesang unter einen Hut zu
bringen. Die Geduld zahlt sich jedoch
aus, denn es entwickelt sich irgendwann ein gewisser Automatismus.
Spätestens ab diesem Punkt ist es fast
immer so, dass die Musik durch die
Choreografie sogar noch besser wird.
Gerade in der traditionellen Chormusik wird die Choreografie kritischer
gesehen. Ich denke jedoch, dass die
Chorszene die sich ändernden Lebensgewohnheiten der Gesellschaft nicht
außer Acht lassen darf, sondern darauf eingehen muss. Das Fernsehen
und das Internet sind überall gegenwärtig und das Publikum ist dadurch
heute etwas „verwöhnter“ als noch vor
SONDERTHEMA Zeitgemäße Probenarbeit, Chorliteratur und Auftrittsmöglichkeiten
zehn oder 15 Jahren. Es erwartet etwas anderes von einem Chor, als dass
dieser sich einfach nur auf die Bühne
stellt und singt. Zumindest in den Bereichen Rock, Pop, Jazz und Gospel.
Die Devise lautet: „Im Fernsehen und
Internet wird es vorgemacht – warum macht ihr das nicht auch so oder
so ähnlich?“ Die Möglichkeiten stehen
den Chören offen. Sie müssen sich nur
trauen und sie auch umsetzen.
Zu einem optimalen Konzert im Rock,
Pop und Jazz gehört natürlich auch
der Einsatz entsprechender Technik.
Noch vor wenigen Jahren war es absolut verpönt, als Chor mit technischer
Unterstützung zu singen. Die klassische Gesangsausbildung ist darauf
ausgelegt einen großen Raum – natürlich ohne Verstärkung – mit Klang
zu füllen. In der ersten Hälfte des 20.
Jahrhundert kamen mehr und mehr
Mikrofone zum Einsatz. Dadurch entstanden neue Wege, das Gesungene
an den Zuhörer zu übertragen. Diese
Möglichkeiten nutzen nun auch immer
mehr Rock-, Pop- und Jazzchöre. Neue
Gesangstechniken wie die „Complete
Vocal Technique“ und der Einsatz von
Mikrofonierung und Beschallungsanlagen bieten dem Chor ganz neue
Wege, insbesondere Rock- und PopLiteratur effektvoll zu interpretieren.
Lichteffekte können den Auftritt noch
abrunden. Wichtig ist es dabei, mit ei-
nem Ton- bzw. Lichttechniker zusammenzuarbeiten, der sich mit der Beschallung von Chören auskennt und
der bereit ist, sich auf die Bedürfnisse des Chores einzulassen. Davon gibt
es derzeit noch nicht so viele, da sich
sowohl bei den Chören als auch in der
Branche der Veranstaltungstechnik
der Wandel gerade erst vollzieht. Hier
sollte man sich also vorher genau erkundigen.
Zwei, meiner Meinung nach wichtige
Punkte, möchte ich noch ansprechen:
1. Die an einen Auftritt anschließende „Manöverkritik“: Leider wird das
Analysieren eines Konzertes immer
mal wieder etwas vernachlässigt. Hier
arbeiten insbesondere die jüngeren
Chorleiter gerne mit Aufnahmegeräten und Videokameras, um den Auftritt hinterher zu besprechen. Sinnvoll
ist es, dies gemeinsam mit den Sängerinnen und Sängern zu tun, damit
diese die Fehler ebenfalls hören und/
oder sehen. Doch auch für den Chorleiter selbst ist es wichtig, sich diese Aufnahmen anzuhören bzw. anzusehen, denn bei einem Auftritt kann
er nie wirklich jeden Fehler im Klangkörper oder in der Choreografie wahrnehmen. Durch das Studieren der Aufnahmen findet er jedoch schnell die
Stellen, an denen noch nachgearbeitet werden muss. Positive Eindrücke
eines Konzertes geben einem Chor
Edition Ferrimontana wurde 1988 von Johannes Eisenberg
gegründet und entwickelte sich zu einem der führenden deutschen Musikverlage für internationale Chormusik. Seit Beginn
liegt der Schwerpunkt in der Veröffentlichung zeitgenössischer
Chormusik aus vielen europäischen Ländern. Seit 2010 hat Dr.
Matthias Becker den Verlag übernommen und einen weiteren
Schwerpunkt im Bereich Jazz- und Popularmuik gesetzt. Namhafte internationale Autoren wie u. a. Jens Johansen, Darmon
Meader, Roger Treece, Tijs Krammer, Andrea Figallo und The
Real Group veröffentlichen bei Edition Ferrimontana und untermauern den hohen Stellenwert in der aktuellen deutschen und
internationalen Chorszene.
Die Auswahl vieler Kompositionen als Pflichtstücke bei nationalen und internationalen Wettbewerben bestärkt das Verlagskonzept.
Mit dem Zusammenschluß des Verlags mit Musikal Spezial
arbeiten wir ebenfalls als (inter-)nationaler Versandhandel. Sie
haben die Möglichkeit, Noten und Probepartituren von allen
Verlagen zu bestellen. Wir beraten Sie gerne auf Ihre speziellen
Wünsche hin und geben Ihnen Anregungen für Ihre Programmgestaltung. Bestellungen unter [email protected] oder
[email protected]
Selbstbewusstsein und das Gefühl,
dass der Weg, den der Chor geht, der
Richtige ist.
2. Die Möglichkeit, sich „externe Berater“ in den Chor zu holen. Hierbei
kann es sich um Chorleiter befreundeter Chöre oder auch erfolgreicher renommierter Ensembles handeln. Diese Dozenten arbeiten mit dem Chor
z.B. an musikalischen, rhythmischen
Dingen oder auch an der Bühnenpräsenz oder choreografischen Elementen und setzen so neue Impulse. Davon profitiert sowohl der Chor als auch
der Chorleiter in hohem Maße und ich
kann nur allen ans Herz legen, diese
Chance einmal wahrzunehmen. Die
investierte Zeit sowie das investierte
Geld sind gut investiert – und das auf
Dauer.
Zusammenfassend möchte ich sagen,
dass mein Fazit, welches ich aus mehreren Jahren moderner Chorarbeit im
Bereich rock, Pop und Jazz ziehe, ist,
einen Auftritt zu erarbeiten, mit dem
der Chor sowohl durch musikalisch
optimale Leistungen, aber auch durch
Bühnenpräsentation und Show das
Publikum so begeistert, dass es zum
Mitmachen, zum Weitererzählen und
vor allem zum Wiederkommen animiert wird.
Michael Sauerwald
Neue Chorsätze a cappella (Jazz und Pop)
The Real Group: Waltz for Debbie, Bumble bee, Nature boy, All creatures of our God and
King, It don’t mean a thing, Words, viele weitere Arrangements
Jens Johansen (Vocal Line): Viva la vida, Hallelujah
Darmon Meader (New York Voices): In my life, Stoned soul picnic
Andrea Figallo: My funny Valentine, I don’t know, Letter from home
Tijs Krammer: My baby just cares for me
Roger Treece: Hear our cry, Garden, Hodari, Do it with what you got
Juan Garcia (Klangebzirk): Shower the people, Flugzeuge im Bauch, You’ve got a friend,
I want you back, Be still my heart, Easy, Summer sleeps, I deserve
Martin Carbow: September, Winter wonderland, Good day sunshine, My favorite things,
Got to get you into my life
Clemens Schäfer: An Tagen wie diesen, Höchstens mal Koffein
Matthias E. Becker: Scarborough fair, Always look on the bright side of life, We’ll always
have the moon, You’re gone, My cup runneth over, Noel nouvelet
Tel.: 06002-930477,
61239 Ober-Mörlen,
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Viele weitere international renommierte Autoren
Kostenlose Probepartituren auf www.ferrimontana.de
SONDERTHEMA Zeitgemäße Probenarbeit, Chorliteratur und Auftrittsmöglichkeiten
Carus Verlag
CHORBUCH VIERSTIMMIG
für vier- bis achtstimmig gemischten
Chor, zum Teil mit Tasteninstrument,
rund 130 Arrangements deutscher und
internationaler Weihnachtslieder sowie
Motetten in stilistisch vielfältigen Sätzen.
Mittlerer Schwierigkeitsgrad.
Carus 2.140
Der Carus-Verlag wurde 1972 von Günter und Waltraud Graulich als Musikverlag mit dem Schwerpunkt geistliche Chormusik gegründet, um das
Repertoire der Chöre stetig um Wertvolles zu erweitern. Im Zentrum seiner Tätigkeit steht die Edition unbekannter Vokalmusik aller Epochen in
kritischen Erstausgaben sowie die Neuveröffentlichung von Werken, die
nicht mehr in zeitgemäßen oder zuverlässigen Ausgaben vorliegen. Dabei
wird musikwissenschaftlich wie auch editionstechnisch die höchstmögliche Qualität angestrebt und den Bedürfnissen der Aufführungspraxis
Rechnung getragen. Seither hat sich der Verlag zu dem weltweit größten
Anbieter von geistlicher Musik entwickelt, dessen Katalog heute mehr als
28.000 Artikel umfasst.
Einführungspreise*:
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Chorleiterband mit CD
Die Schwerpunkte sind:
CHORBUCH DREISTIMMIG
für zwei Frauenstimmen und eine Männerstimme, zum Teil mit Tasteninstrument, über 80 Arrangements deutscher
und bekannter internationaler Weihnachtslieder und Motetten. Leichter bis
mittlerer Schwierigkeitsgrad.
Carus 2.130
– Geistliche Chormusik: Werke von Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach, Bach-Familie, W. A. Mozart, Felix Mendelssohn Bartholdy,
Franz Schu´0bert.
– Musik für Kinder: Liederprojekt: Wiegenlieder-Projekt 2009, Volkslieder-Projekt 2010, Kinderlieder 2011, Weihnachtslieder 2012; Schulchorbuch „Chorissimo“, breites Angebot an Musicals, Singspielen und
Songs für alle Altersstufen.
– Musikpädagogik: Stimmbildung für Erwachsene und Kinder, Instrumentalschulen, Lehrbücher.
– Gesamt- und Denkmälerausgaben: Josef Gabriel Rheinberger, Wilhelm
Friedemann Bach, Max Reger.
– CD-Label: CD-Aufnahmen der großen Standardwerke der Chormusik,
aber auch Raritäten in exzellenten Einspielungen hochrangiger Künstler.
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Der Verlag besteht seit 1996.
Wir pflegen die etwas andere Chormusik.
Unser Schwerpunkt liegt bei Schlagern,
Oldies, Country- und Westernsongs,
Seemannsliedern, Titel von Udo Jürgens,
Peter Alexander, Hanne Haller
u.v.a. Interpreten.
Außerdem bieten wir etwas andere
Lieder zur Weihnachtszeit an, aber
auch Titel aus der volkstümlichen Musik,
sowie Lieder für ernste Anlässe.
Wir haben z.Zt. über 300 Titel im
Programm, arrangiert für gem. Chor,
Männerchor, Frauenchor und einzelne
Titel für 3-stimmigen gem. Chor.
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Eine kleine Auswahl unserer Titel:
– Auf den Dächern von Berlin – Blue Bayou –
– Mit 66 Jahren – Vater unser – La Paloma –
– Ich zähle täglich meine Sorgen – Heimatlos –
– Ich war noch niemals in New York – Lollipop –
– Take me home – Aber bitte mit Sahne – Marina –
– One Way Wind – Rote Lippen soll man küssen –
– Spaniens Gitarren – Über den Wolken – My Way –
– Welch ein Tag – Der wilde Westen – Ramona –
– Time to say goodbye – Musik ist Trumpf –
– Lili Marleen – Junger Adler – I will follow him –
– Conquest of Paradise – Go West – Fürstenfeld –
– Moskau – Dschinghis Khan – El condor pasa –
– Musik liegt in der Luft – Down Town – Lemon Tree –
– Que sera – Gute Nacht Freunde – Eleni –
– Erstes Morgenrot – Spiel mir eine alte Melodie –
– Tulpen aus Amsterdam – Wo meine Sonne scheint –
– Wunder gibt es immer wieder –
– Unter fremden Sternen – Über sieben Brücken –
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SONDERTHEMA Zeitgemäße Probenarbeit, Chorliteratur und Auftrittsmöglichkeiten
Martin Sill arbeitet seit rund 15
Jahren für kleine und große Veranstaltungen als technischer Dienstleister. Mit der Qualifikation als
Meister für Veranstaltungstechnik
ist er in der Lage, sicherheitsrelevante Aufgaben aus verschiedenen Verordnungen und Vorschriften
rund um das Thema Besucher- und
Arbeitsschutz zu übernehmen. Als
geschäftsführender Gesellschafter
eines mittelständigen Event-Unternehmens aus dem Westerwald
zeigt er sich als technischer Leiter
vielfach für die technische Konzeption und realisierung verschiedenster Veranstaltungen und Incentives
verantwortlich.
Zwischen Tradition
und Moderne…
... findet sich der Veranstaltungstechniker heutzutage bei Auftritten mit
Chören wieder. Da gibt es zum einen
die weitverbreitete Meinung, Beschallung und Technik wären für eine gelungene Chorveranstaltung nicht nötig, wenn nicht sogar hinderlich, zum
anderen machen neue künstlerische
Anforderungen und Rahmenbedingungen der erfolgsorientierten Ausrichter eine Übertragung wohl in Zukunft immer weniger verzichtbar. Eine Vielzahl der Darbietungen findet
nicht mehr in akustisch günstigen
Räumen statt und sollen einem breitem Publikum – und teils im Stile moderner Popmusik – präsentiert werden. Man denke an musikalische oder
rhythmische Begleitung, Sologesänge
oder Stimmeigenschaften, welche erst
durch die Verwendung technischen
Materials entstehen.
Wo die reine Aufnahme einer Aufführung menschlichen Gesangs, mit
dem Ziel einer späteren Wiedergabe
oder Vervielfältigung, noch eine verhältnismäßig leichte und kostengünstige technische Aufgabe darstellt, er-
gibt sich aus den Anforderungen einer
hochkarätigen Sprach-, Gesangs- und
Musikvorstellung, besonders bei relativ leisen Vorträgen, doch eine hohe Herausforderung. Dem zu Grunde
liegt die Tatsache, dass der verstärkte
Schall aus den Lautsprechern schnell
wieder durch das aufnehmende Mikrofon wiederholt verstärkt wird und es
somit zu den gefürchteten Rückkopplungen kommt. Hier trennt sich sicher
die Spreu vom Weizen, dennoch sollte
es den qualifizierten Technikern oder
der Fachfirma möglich sein, diese Veranstaltung angemessen zu unterstützen, zumindest wenn sich alle Beteiligten über mögliche Bedingungen
und Lösungen im Vorfeld einig werden.
Doch auch die teuerste Technik und
die begabtesten Toningenieure können nicht Unmögliches leisten. Wenn
Neben- oder Windgeräusche an der
Stelle des Mikrofons die Sängerinnen
und Sänger übertönen oder diese womöglich kaum mit dem menschlichen
Ohr wahrzunehmen sind, wird dies
auch nicht mit technischen Mitteln zufriedenstellend zu lösen sein. An dieser Stelle sei deutlich gesagt: ein üblicherweise hierfür eingesetztes Mikrofon ist darüber hinaus auch nicht
in der Lage – bei gleichem Abstand
zu verschiedenen Sängern in Aufnahmerichtung – einzelne Interpreten
besonders hervorzuheben. In gewisser Weise hört das Mikrofon, wie es
das menschliche Ohr an seiner Position ebenfalls hören würde. Man sollte demnach darauf verzichten, den
größtmöglichen Abstand zum Mikrofon zu suchen oder dessen Stativ womöglich eigenhändig weiter entfernt
aufzustellen. Der erfahrene Techniker
wird nach den besten Lösungen für
eine gelungene Übertragung bei den
vorherschenden Bedingungen suchen.
In jedem Falle ist er für das Ergebnis
verantwortlich und die Akteure sollten
ihm ermöglichen, seine
Arbeit auch einwandfrei
ausführen zu können.
Viel hilfreicher sind Absprachen und Konzeptionen im Vorfeld der Auftritte. So sollten z.B. günstige Orte mit möglichst guten akustischen Eigenschaften und möglichst
wenig
wetterbedingten
Einflüssen bei Open AirVeranstaltungen gesucht
werden. Eine zu kleine Bühnenfläche oder zu
geringe Höhe der Überdachung läßt keine optimale Positionierung der
Mikrofone und Lautsprecher zu. Weiter sind zeitliche Machbarkeiten zu
prüfen und entsprechend
festzulegen. All dies wird
am Einfachsten bei ei-
ner Ortsbesichtigung mit den entsprechenden Fachleuten Klärung finden.
Der Chor kann sein Bestes im Vorfeld
für das Gelingen beitragen, wenn er
den Verantwortlichen eine geeignete
Bühnenanweisung zukommen lässt.
In dieser werden Eckdaten skizziert,
welche für den betreffenden Auftritt
relevant sein könnten. Notieren Sie
in groben Zügen, was für Ihren Beitrag die Idealbedingungen ausmachen
würden. Detaillösungen und abweichende Übereinkommen finden sich
so leichter, als am Veranstaltungstag
oder schlimmer, zur geplanten Aufführungszeit, eilig nach Möglichkeiten zu
suchen. Angefangen von benötigten
Umkleide- und Vorbereitungsmöglichkeiten, Speisen und Getränken, über
die benötigte Bühnengröße, Anzahl
der Akteure bis hin zu möglichen Auftritts- und Umbauzeiten, stellen diese für den Gruppenfremden wertvolle Informationen dar, um Ihre Darbietung optimal zu präsentieren. Speziell für die Bühne hilft den Technikern
ein grober Bühnenplan mit Positionen
und Hinweisen, welche Rückschlüsse
auf das zu erwartende Programm zulassen. Vergessen Sie nicht, benötigte Auf- und Abgänge, Stromanschlüsse, Solomikrofone oder Begleitinstrumente aufzuführen. Vermerken sie
Monitorlautsprecher auf der Bühne,
wenn Ihre Art der Darbietung dies erfordert.
Ich verfolge mit Begeisterung das Bestreben vieler Akteure, den Chorgesang besonders auch den nachfolgenden Generationen mittels moderner
Stilmittel weiterzugeben oder nahezubringen und ich bin überzeugt, noch
viele großartige Auftritte zu erleben.
Bestimmt ist dies noch leichter möglich, wenn sich alle Gewerke auf die
sich wandelnden Umstände einstellen.
Martin Sill
SONDERTHEMA Zeitgemäße Probenarbeit, Chorliteratur und Auftrittsmöglichkeiten
Interview mit
Oliver Gies
Oliver Gies, geboren 1973 in Walsrode, ist Mitglied der bekannten deutschen a cappella-Gruppe MAYBEBOP und dort zuständig für Songwriting und Arrangement. Darüber
hinaus arrangiert er sehr erfolgreich
aktuelle Popsongs für Chöre und
leitet Workshops für Chorleiter und
Chöre, in denen er seine Erfahrungen und Ideen weitergibt. „Singendes Land“ hatte Anfang Juli die Gelegenheit, ihn in Siegen zu Themen
wie Literatur, Probenarbeit, Chorpräsentation und Nachwuchssorgen
bei Chören zu befragen.
SiLa: Herr Gies, Sie haben ja, wenn
ich richtig informiert bin, Musik und
Mathematik auf Lehramt studiert und
dann ein Aufbaustudium in Komposition/Arrangement gemacht.
oLIver gIeS: Genau.
SiLa: Und wie ist es dann zu MAYBEBOP gekommen?
oLIver gIeS: Ich hab schon immer gesungen, das war mein Hauptinstrument. Und seit ich Musik mache, habe ich Noten geschrieben
und wollte einfach irgendwann ein
Ensemble haben, für das ich selber
schreibe, und da ist dann schon recht
früh MAYBEBOP entstanden. Das
war jetzt schon vor fast 20 Jahren.
SiLa: Und wie sind Sie dann weiter
dazu gekommen, Literatur für Chöre
zu schreiben bzw. aktuelle Lieder für
Chöre zu arrangieren?
oLIver gIeS: Das fing damit an,
dass mich nach Konzerten Leute angesprochen haben, ob ich ihnen Stücke für Chor umsetzen kann. Anfangs hab ich noch gedacht: „Klar,
kein Problem, ich ändere einfach die
Tonart und dann passt das“ und hab
dann ein paar Jahre gebraucht, bis
ich verstanden habe, dass Chor völlig anders funktioniert als eine vierstimmig solistisch besetzte Gruppe.
Jetzt mache ich das nicht mehr so,
jetzt gibt es wirklich Arrangements
für Chor und Arrangements für Gruppen - und da gehe ich jeweils völlig
anders ran.
SiLa: Und wie anders?
oLIver gIeS: Wenn wir bei MAYBEBOP ein Stück singen und dabei zum
Beispiel Rockmusik abbilden wollen, dann haben wir jeder ein Mikrofon vor der Nase und können assoziative Sounds machen, die kann
man gar nicht aufschreiben, dafür
findet man keine Silben. Für Chor
hingegen muss ich Text hinschreiben und finde da dann mitunter Silben, die ich für MAYBEBOP wiederum nicht schreiben würde. Oder
auch umgekehrt. MAYBEBOP klingt
oft fast instrumental, aber eine Chorstimme klingt dann am besten, wenn
sie Worte zu singen hat. Deshalb versuche ich auch, beliebige „dududu“Textierungen weitestgehend zu vermeiden. Stattdessen probiere ich,
aus Textelementen, die ein Stück bietet, etwas zu abstrahieren und daraus den Text z.B. für eine Basslinie
zu finden. Es klingt oft einfach besser, als wenn nur eine Stimme Text
singen würde, begleitet von „dudu“
oder „lalala“. Mal davon abgesehen,
dass das den Chorsängern auch nicht
so viel Spaß macht. Bassisten verdrehen doch – zu Recht! - schon immer
die Augen, wenn eine neue Partitur
kommt und da steht nur „dumdumdum“, da haben die immer schon keine Lust mehr.
SiLa: Was meinen Sie, wie kann man
die Menschen, insbesondere auch
junge Menschen, animieren, auch in
Zukunft weiter im Chor zu singen?
Denn viele Chöre klagen ja über
Nachwuchsmangel.
oLIver gIeS: Das Ganze ist paradox, weil Singen so populär ist wie
nie zuvor durch diese ganzen Castings-Shows. Unzählige Schulen werden gegründet, die Jugendliche darauf vorbereiten wollen, so ein Casting machen zu können. Ich verdreh
da auch die Augen, aber nichtsdestotrotz ist das sehr populär, da kommen viele junge Leute hin, die wollen Singen, Tanzen, Performen lernen. Chorsingen gilt dagegen vielleicht als angestaubt. Die Jugendlichen wollen ja auch was anderes
machen als ihre Eltern. Früher konnte man vielleicht sagen: „Oha, mein
Papa singt im Volklieder-Chor, das
will ich aber nicht!“, da sind die Kinder und Jugendlichen in Jazz-RockPop-Chöre gegangen. Das gibt’s jetzt
aber schon ein paar Jährchen, viele
Eltern sind in Pop-Chören und singen
da flotte Musik.Was will man also als
Jugendlicher noch machen, um sich
davon abzusetzen?
SiLa: Das stimmt, das habe ich so
noch nie gesehen. Aber noch einen
anderen Wandel kann man da doch
gar nicht reinkriegen? Provokativ gefragt: Volksmusik auf der einen Seite, populäre Musik auf der anderen
Seite, was will man denn da noch ...?
Toppen kann man das doch eigentlich gar nicht mehr.
oLIver gIeS: Gibt es denn weniger
Kinder, die Musik machen als früher?
Das glaub ich eigentlich nicht.
SiLa: Nein, im Gegenteil. Der Chorverband Rheinland-Pfalz ist ja einer der Chorverbände, die eine eigenständige Chorjugend haben, und
wir haben festgestellt, dass die Mitgliederzahlen bei Kindern und Jugendlichen in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen sind.
Wir haben jetzt ungefähr 10.000 Kinder und Jugendliche, die bei uns im
Chorverband Rheinland-Pfalz singen. Und trotzdem fragen die Chöre
immer wieder: „Wie können wir junge Menschen animieren, bei uns mitzumachen?“ Es ist wohl auch so eine Art Spagat, die die Chöre da machen müssten. Oder da eine Brücke
schlagen?
oLIver gIeS: Das ist eine sehr gute Frage. Da hängt wahrscheinlich
ganz viel auch mit der Chorleiter-Persönlichkeit zusammen, mit der Chorgemeinschaft, ob die Alteingesessenen offen für Neues sind. Wenn ja,
dann finden die es ja vielleicht auch
toll, wenn Neue dazu kommen und
neue Impulse setzen. Es gibt ja Chöre, die kriegen das durchaus gut hin.
Wenn die Struktur aber eingefahren
ist und die Altvorderen alles abblocken, dann wird der Chor immer älter und ist irgendwann tot. Dafür
wächst aber irgendwo anders wieder
ein neuer, junger Chor.
SiLa: Es scheint so, als wenn vieles
an diesen Dingen hängt. Und dann
stellt sich die nächste Frage: Wie
kann man denn die Chorleiter dazu motivieren, auch offen zu sein für
solche Sachen?
oLIver gIeS: Ich denke, es gibt
Chorleiter, die haben einfach Lust,
sich selber auch immer wieder neu
zu erfinden, was Neues zu lernen,
was Neues auszuprobieren, und diese ziehen dann auch Leute an, die experimentierfreudiger sind. Und dann
gibt es Leute, die machen ihr Ding
und das richtig gut, würden aber irgendetwas anderes auf Anhieb nicht
so gut machen und meiden das dann
lieber.
Wenn der Chorleiter neue Leute haben will, muss er selber auch Interesse daran haben, sich zu entwickeln, sich auf Experimente einzulassen und Neues zu wagen.
Wichtig ist meiner Meinung nach
auch, die Sänger schon in der Chorprobe dazu zu erziehen, dass ständig
etwas Unerwartetes passieren kann
da vorne. Das mache ich bei jedem
Workshop, dass ich sofort abbreche,
wenn die Sänger mir nicht folgen und
dann sage: „Das ist jetzt ganz anders
SONDERTHEMA Zeitgemäße Probenarbeit, Chorliteratur und Auftrittsmöglichkeiten
als beim letzten Mal, macht das, was
ich mache.“ Das ist doch auch für den
Chor viel spannender und lebendiger
und macht viel mehr Spaß. Und die
Chorleiter, bei denen es Spaß macht,
werden mehr Zuspruch haben.
SiLa: Also auch ein bisschen risikofreudig und veränderungsbereit
sein dann dabei?
oLIver gIeS: Unbedingt! Das gehört dazu, finde ich. Denn Leben ist
Bewegung und Veränderung. Und
auch, wenn ich über Jahre einen
Chor leite, passiert Veränderung. Mit
den Menschen passiert etwas, mit
mir passiert etwas und deswegen
muss sich auch die Chorarbeit bewegen. Und wenn sich da in fünf Jahren
gar nichts bewegt… und in zehn Jahren immer noch nicht… dann geht irgendetwas ein, dafür entsteht an anderer Stelle etwas Neues. Wenn man
da aber lange am Ball bleiben will,
muss man mitgehen. Man muss immer wieder in neue Richtungen gehen können.
SiLa: Sowohl als Chorleiter, als auch
wir als Chorverband? Gilt das für uns
genauso?
oLIver gIeS: Na klar!
SiLa: Also dürfen wir auf der einen
Seite die traditionellen Chöre nicht
vernachlässigen und nicht vergessen, aber uns auf der anderen Seite
den neuen Sachen gegenüber nicht
verschließen.
oLIver gIeS: Und ich hör immer
wieder viele Menschen klagen, dass
weniger Menschen als früher singen.
Ich hab hingegen das Gefühl, dass
andauernd neue Gruppen aus dem
Boden schießen.
SiLa: Das stimmt auch. Wir haben
eigentlich nicht weniger Chöre im
Chorverband, aber die Chöre sind
nicht mehr 50, 60, 70 Mann stark,
wie das vor 30 Jahren der Fall war.
Heute sind es oft kleine Ensembles, mal 16, mal 20, manchmal sogar
nur 10 Personen, je nachdem in welche Richtung sie gehen. Und wir sehen, dass die neuen Chöre die sich
gründen, oftmals Chöre sind, die
viel moderne Literatur singen. Das
heißt nicht, dass die traditionelle Literatur, z.B. das Volkslied, deswegen verschwindet. Aber die Moderne spielt inzwischen schon eine sehr
große Rolle. Man darf das eine nicht
vergessen, aber man darf halt auch
das andere nicht vernachlässigen,
weil man sonst beim Publikum womöglich keinen Anklang findet. Und
wenn man beim Publikum keinen
Anklang findet, warum soll ein Chor
dann singen, wenn er nicht die Möglichkeit hat, auch Auftritte zu machen
und Begeisterung zu kriegen? Ist das
nicht letztendlich DIE Motivation für
einen Chor?
oLIver gIeS: Das haben vielleicht
einfach einige auch noch gar nicht
entdeckt, dieses Wechselspiel zwischen Bühne und Publikum. Wie
man sich da gegenseitig hochpushen
kann.
SiLa: Was meinen Sie denn, wo stehen die Chöre allgemein in fünf oder
in zehn Jahren? Haben Sie da eine
Vorstellung?
oLIver gIeS: Ich glaube, die populäre Chor-Kultur wird noch mal einen
ziemlichen Satz machen, weil jetzt
nach und nach immer mehr Chorleiter nach oben kommen, die mit populärer Musik schon aufgewachsen
sind. Es ging damals los mit Chorleitern, die eigentlich klassisch gepolt
waren, die sich dann aber dafür interessiert haben, auch mal Popmusik
zu machen. Aber immer mehr Chöre, die sich heue gründen oder einen
Chorleiterwechsel haben, die haben
vorne Leute stehen, die voll in dieser
Musik drin sind.
Viele traditionelle Chorleiter sind
ja auch gar nicht in der Lage, eine
Pop-Phrase vorzusingen, weil sie die
Stimmfarbe, die Phrasierung, die Artikulation nicht drauf haben, da sie
nur klassisch singen gelernt haben.
Und ein Chor wird niemals ein Stück
poppig singen können, wenn der
Chorleiter nicht in der Lage ist, mal
einen Ton zum Beispiel ohne Vibrato
vorzusingen. Dazu kommt, dass viele Chorleiter die Musik nicht hören,
die sie im Chor machen oder machen
wollen. Viele klassische Chorleiter
hören einfach keine Pop- und Jazzmusik.
SiLa: Sie meinen, sie sind fest der
Klassik verbunden?
oLIver gIeS: Ja. Und die leiten
dann trotzdem Lieder wie z.B. „My
Heart will go on“ im Chor ... Aber
wie wollen die das vermitteln? Wie
soll das gehen?
SiLa: Ja, das stimmt. Da fehlt bei uns
vielleicht ganz viel, da sind wir womöglich einfach auch zu fest, zu unbeweglich.
oLIver gIeS: Wir haben eine lange
Tradition, auf die Deutschland natürlich auch sehr stolz sein kann - und
natürlich sind wir der auch verhaftet.
SiLa: Aber das eine schließt doch das
andere dabei nicht aus?
oLIver gIeS: Nö, aber es dauert,
bis das in Bewegung kommt. Ich finde, da ist Deutschland wie ein großes Symphonie-Orchester. Da kann
der Dirigent vorne wedeln wie wild,
das Orchester ist aber immer etwas zu spät. Aber ich merke, dass
sich da etwas ändert und durch die
nachkommende Chorleitergeneration
wird sich da mit Sicherheit noch einiges bewegen.
SiLa: In welche Richtung?
oLIver gIeS: Das wird die populäre
Chorszene qualitativ nach oben hieven.
SiLa: Was passiert dann mit der traditionellen Chorszene?
oLIver gIeS: Die wird es weiterhin
geben. Es gibt doch immer noch viele Chöre, die auch großes Publikum
ziehen und ein hohes Niveau haben.
Ich kenn jetzt nur Hannover zum Beispiel, wo es wirklich eine Handvoll
sehr, sehr angesagter traditioneller Chöre gibt: den Knabenchor, den
Mädchenchor, den Brahms-Chor, den
Figural-Chor, das junge Vokalensemble. Die sind alle international unterwegs. Und die haben viele, viele
Sänger.
SiLa: Und die Chorleiter sind traditionelle Chorleiter?
oLIver gIeS: Ja. Und es gibt ja immer noch mehr Leute, die klassische
Chorleitung studieren wollen als es
Plätze gibt. Jugend musiziert ist immer noch hoch im Kurs und wir werden auch in 100 Jahren noch Johannes-Passionen singen.
SiLa: Und welche Chöre, meinen Sie,
haben das Potential, weiter zu bestehen?
oLIver gIeS: Sie meinen, worauf
man setzen sollte, wenn der Chor
fortbestehen soll? Welche Aktie würden wir kaufen?
SiLa: Ja, genau. So in etwa.
oLIver gIeS: Die Frage finde ich
jetzt sehr schwer zu beantworten.
Weil ja auch viele Chöre sehr unterschiedliche Ansprüche haben an
das Singen. Bei den einen ist es nur
die Gemeinschaft, andere wollen ein
möglichst hohes Niveau erreichen,
wollen in Wettbewerben gewinnen.
Wieder andere wollen Spaß haben
und das Publikum mitreißen. Für alle
Chöre gibt es eine Nische. Deswegen
gibt es ja so viele unterschiedliche.
SiLa: Also Sie meinen, jeder Chor
muss für sich das finden, was ihm
am besten liegt?
oLIver gIeS: Der Chorleiter – wenn
wir dem jetzt mal die Verantwortung
geben, dass ein Chor lange Bestand
hat – muss sehr wach sein. Er muss
schauen, was passiert im Chor, was
passiert drum herum? Haben meine
Leute alle noch Spaß? Hat das Publikum Spaß? Wenn ja: den eingeschlagenen Weg weitergehen. Wenn
nicht: überlegen, was man ändern
kann.Wenn man das Gefühl hat, das
Publikum bleibt weg, dann versucht
man, neue Wege zu gehen. Verbindet
das Programm z.B. mit einer Lesung
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SONDERTHEMA zeitgemäße Probenarbeit, Chorliteratur und Afutrittsmöglichkeiten
oder packt das Ganze dramaturgisch
so ein bisschen in einen Theaterrahmen, indem man Stücke verbindet,
thematisch Blöcke bildet, die Choraufstellung ändert. Das gilt im klassischen wie im populären Chor. Man
kann zum Glück ja immer noch Dinge
machen, die das Publikum noch nicht
gesehen und gehört hat.
SiLa: Also, was ich da heraushöre ist
eigentlich, dass die Chorleiter Fantasie haben müssen?
oLIver gIeS: Das steht ja sowieso
ganz oben für mich. Ich hab schon so
viele Chorkonzerte gehört, die piekfein gearbeitet waren, in denen ich
mich aber zu Tode gelangweilt habe, weil das Programm leblos runter gespult war. Ich finde, dass viele
Chorleiter sehr gut die Töne probenund danach aber keine Ideen mehr
haben. Doch da geht es ja eigentlich
erst los mit der Musik! Ich höre lieber einen Laienchor, der schief singt,
und jeder Chorsänger brennt aber für
das, was er da gerade macht. Da fühl
ich mich 1000 Mal besser unterhalten als wenn ich perfekte Musik höre, die tot ist.
Und da sind wir dann wieder bei
dem, was ich am Anfang sagte: Einige Chorleiter haben vielleicht Angst,
ihr vertrautes Terrain zu verlassen
und etwas Neues zu wagen. Und
vielleicht mehr zu machen, als man
in den Noten ablesen kann.
Wenn ich Workshops für Chöre gebe, dann will ich immer, dass eine mir sehr wichtige Sache hängen
bleibt: dem Chor klarzumachen, dass
ein nachgesungenes Rock- oder Jazzstück, von dem wir ein Arrangement
singen, immer völlig anders klingen
wird als das Original, denn wir haben nun mal keine E-Gitarren, wir
haben kein Schlagzeug, wir haben
keine Saxophone. Wir müssen also
schauen, was für Emotionen und Assoziationen transportiert das Stück
im Original? Hier arbeite ich dann
ganz viel mit Bildern, indem ich die
Sänger frage, wie das Stück auf sie
wirkt, was sie beim Zuhören empfinden. Dann kommenbei einem Rocksong Worte wie: dreckig, aggressiv,
widerstrebend, böse,…. Und diese
Adjektive, die packe ich dann bei
der Interpretation ganz nach oben
und sage: „Gut, und jetzt wollt ihr als
Chor genau diese Adjektive bei euren Zuhörern hervorrufen. Was habt
ihr für Mittel, um genau das zu erreichen?“ Die menschliche Stimme hat
diese Mittel, sie gibt alles her – und
das ist das Tolle! Und wenn wir diesen Weg gehen und versuchen, dass
der Song böse, aggressiv, widerborstig klingt, und – ganz wichtig – die
Körpersprache der SängerInnen dies
unterstützt, dann ist das Endergebnis soundlich mitunter vollkommen
anders als das Original. Aber der
Eindruck, der entsteht, ist genau derselbe. Und das ist der Weg.
SiLa: Das ist ja raffiniert!
oLIver gIeS: Das ist viel besser
als zu sagen: „Jetzt seid Ihr hier die
Trompeten“ oder irgendwas. Das ist
alles so abstrakt. Musik lebt ja, deswegen berührt sie uns. Und das, was
berührt, das müssen wir destillieren.
Das Destillat, was da übrig bleibt,
diese Emotionen, die können wir bedienen. Und die kann jeder bedienen, egal, ob das jetzt der perfekte
Chor oder ob das ein Laienchor ist.
Emotionen hat jeder. Ich will bei einem Konzert, dass diese Emotionen
im Vordergrund stehen, sonst langweile ich mich als Hörer. Und jeder
Hörer hat sich schon mal irgendwo
gelangweilt und wusste vielleicht
gar nicht warum. Man will mitgerissen werden, man will etwas erleben.
Ich hab schon Workshops gegeben
mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, alten Leuten… Die meisten
Leute finden meine Arbeit super und
wollen genau das. Andere sind nicht
dafür offen, aber das ist ja auch nicht
schlimm. Dann manchen die es eben
so, wie sie es bisher immer gemacht
haben. Ich bin mir aber sicher, dass
in der Summe mehr Menschen Emotionen von der Musik mitnehmen
und nicht nur steif da sitzen wollen.
SiLa: Dann wüsste ich gerne noch
von Ihnen, ob Sie der Meinung sind,
dass es auch den Chorvorständen zusteht, diesbezüglich Einfluss auf den
Chorleiter zu nehmen. Oder sollte
der Chorleiter als musikalischer Leiter eines Chores das ganz frei entscheiden?
oLIver gIeS: Natürlich ist der Chorleiter die letzte Instanz, aber er darf
nicht irgendwelche Strömungen, die
es im Chor gibt, zertreten. Ein Dialog muss schon möglich sein. Die
Sänger/Innen sind sonst irgendwann nicht mehr bei ihm, wenn er
sie die ganze Zeit nur „plattmacht“.
Der Chorvorstand übernimmt da die
wichtige Rolle des Vermittlers. Man
stelle sich vor, der Chorleiter möchte
mit der Probe an einem neuen Stück
beginnen und ein Sänger stellt im
Probenprozess genervt die Frage, ob
denn nicht auch mal ein z.B. Gospel
ins Programm aufgenommen werden
könnte, woraufhin im ganzen Chor
eine Diskussion entbrennt – eine solche Situation ist für den Chorleiter
natürlich stressig. Da wäre es besser,
wenn es vielleicht einmal im Monat
ein kurzes Treffen gibt, zu dem der
Chorvorstand kommt oder die Stimmsprecher und die sagen: „Hier bei
uns im Alt gibt es viele, die wollen
mal einen Gospel singen. Was hältst
du davon?“ Da ist mehr Dialog möglich, weil niemand akut unter Druck
gerät.
SiLa: Was halten Sie denn davon,
wenn Chöre mit Band singen?
oLIver gIeS: Wenn’s gut gemacht
ist, finde ich es gut. Wenn’s nicht gut
gemacht ist, gefällt es mir nicht. So
wie mir insgesamt gute Musik gefällt
und schlechte Musik nicht so gut.
SiLa: Aber das eine schließt das andere nicht aus?
oLIver gIeS: Richtig, ich bin der
Meinung, dass Chöre das gerne machen sollten, denn gerade, wenn sie
sich Musiker holen, die die Musik im
Blut haben, kann sich ja wieder total viel auf die Chorsänger übertragen. Ich hab aber auch schon das Gegenteil erlebt: Es wächst überhaupt
nichts zusammen, weil der Chor stur
etwas komplett anderes macht als
die Band und sich nichts befruchtet.
Auch da geht’s wieder um das Thema Offenheit.
SiLa: Herr Gies, ich danke Ihnen dafür, dass Sie sich die Zeit genommen
haben!
Die Fragen stellte die SiLa-Redaktion.
Ihre Meinung zum Thema interessiert uns!
Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen und Überlegungen,
gerne auch als Leserbrief für die nächste Ausgabe.

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