grenzenlos 1/2008
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Heft 2/2002 www.kindermissionswerk.de grenzenlos Eine Welt in Schule & Gemeinde Lasst uns nach Ghana gehen Thema im Unterricht Stoffe und Symbole Materialien Das Lied der bunten Vögel Märchen aus Ghana Vorwort, Inhalt, Editorial Eine Überraschung aus Ghana hat mich schon vor zwanzig Jahren fasziniert. Beim Katholikentag ‘82 hatte ich in der Düsseldorfer Philipshalle ein Offenes Singen mit einigen tausend Jugendlichen zu moderieren: „Lieder der Völker“. Ganz unprogrammgemäß bevölkerte auf einmal der Kumasi-Chor aus Ghana die Bühne. (Es gibt ihn noch heute, wenn auch manche seiner Mitglieder - wie ich - inzwischen „in die Jahre“ gekommen sind!) Mit einem unglaublichen urmusikalischen Temperament überstrahlten die Singenden und Swingenden schlagartig alle anderen beteiligten Gruppen. Die Begeisterung in der Halle schlug hohe Wellen. Seitdem bin ich mehrfach nach Ghana eingeladen worden, sei es von einer „Weißen Schwester“, die schon lange dort arbeitet, sei es von engagierten Menschen in unserem Land, sei es von ghanesischen Besuchern im KINDERMISSIONSWERK. „Lasst uns nach Ghana gehen?“ Leider hat es bis jetzt noch nicht geklappt. Immerhin habe ich damals in Düsseldorf auf offener Bühne von dem Bischof, der „seine“ Gruppe begleitete, gelernt, was in seiner Sprache „selig“ heißt: SHIRAMI“ Damit grüße ich Sie und wünsche Ihnen aus diesem Heft viele gute Impulse. Inhalt Thema im Unterricht Zukunftsperspektiven und Armut in Ghana Wulf Schmidt-Wulffen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Länderübersicht Ghana . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Erzählen in Afrika Das Lied der bunten Vögel Ein Märchen aus Ghana . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Vorschläge zur Umsetzung . . . . . . . . . . . . . 14 Die Bedeutung der Erzählkunst in Afrika (mit Impulsen). . . . . . . . . . . . . . . 16 Sprichwörter bei uns und in Afrika Marlies Gahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Anregungen und Materialien Symbole und Stoffe in Ghana . . . . . . . . . . 20 Rezept und Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Thematischer Zugang Kakao: Die Kinder in den Anbauländern kennen die Süße der Schokolade nicht Bernhard Salomon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Impulse zu Kakao und Schokolade . . . . . . . 32 Fairer Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Unterrichtsskizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Projektbeschreibung Bei Regen fällt die Schule aus Eine Einladung zum Mithelfen Barbara Osterwinter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Stundenentwurf zum Schulwechsel In Gottes Händen - in Gottes Segen Friedrich Fiederlein / Carola Steinhilber. . . 40 Winfried Pilz Präsident Berichte Sankt Martins-Aktion 2001 . . . . . . . . . . . . . 51 Auf der DIDACTA in Köln . . . . . . . . . . . . . . 52 Hinweise und Materialien . . . . . . . . . . . 53 Liebe Leserinnen und Leser! mit der ,Aufforderung’, „Lasst uns nach Ghana gehen“, möchten wir Sie einladen, dieses afrikanische Land mit vielen unterschiedlichen Facetten, ein Stück weit kennen zu lernen. Afrika ist ja nicht gleich Afrika und darum versuchen wir mit den Themen dieses Heftes ein etwas differenzierteres Afrikabild zu vermitteln. Auch wenn es den Anschein erweckt, dass einige Themen das eher Negative und Problembeladene zeigen, werden doch auch Perspektiven aufgezeigt, die Hoffnung andeuten. Mit den hier vorliegenden Beiträgen zu Armut, Erzählkunst in Afrika, Sprichwörtern, Stoffen und Symbolen, Rezept und Spiel, Kakao und Schokolade, haben wir eine Fülle von Material zur individuellen Gestaltung in der Schule erarbeitet. So eignen sich Themen wie Armut, Sprichwörter, Stoffe und Symbole eher für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I, während das Thema Kakao/Schokolade sicher für jedes Kind in der Grundschule von Interesse ist. Das hier vorgestellte Material zu „Schokolade/Kakao“ kann ergänzt werden durch Themen und Fakten im beiliegenden Heft „Sternsinger Mission“ 2/2002,das im Klassensatz kostenlos bestellt werden kann.Die Unterrichtsskizze zum Thema verweist an entsprechender Stelle auf die jeweils im Heft „Sternsinger Mission“ zu findenden Texte. Viele der Beiträge sind handlungsorientiert und vermitteln Erfahrungen, die Schülerinnen und Schüler zu einem positiven Bild von Afrikas, insbesondere von Ghanas hinführen können. Mit dem Beitrag „In Gottes Händen – in Gottes Segen“, hat Dr. Fiederlein passend zum kommenden Schuljahresende einen Stundenentwurf konzipiert. Er ist für Schülerinnen und Schüler an der Schwelle zum Übergang in weiterführende Schulen gedacht Dass auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, „in Gottes Händen - in Gottes Segen“ bleiben mögen, das wünscht Ihnen Ihre Redaktion 2 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Thema im Unterricht Zukunftsperspektiven und Armut in Ghana „ ... Armut herrscht für mich in Afrika: Kein Geld, keine Arbeit, kein Dach über dem Kopf. Ich verstehe nicht, wie die mit ihrem Leben zurecht kommen. ... Viele Kinder schauen dich mit großen Augen an, sie wissen nicht, warum sie arm sind. ... Wir haben es afrikanischen Kindern gegenüber gut, wir kriegen alles, was wir haben wollen. – Armut, das ist für mich Afrika und die Dritte Welt, obwohl es bei uns auch Armut gibt.“ D Afrikaner schildern Armut demgegenüber als eigenes Erleben. Sie beziehen sie ganz überwiegend auf sich selbst. Meine Umfragen in Ghana 1999 und 2001, in denen ich versuchte, die In- nisses: Ohne Einkommen keine Zukunft, keine Selbstachtung, ja manchmal sogar der Verlust der eigenen Moral. ■ Für ältere Menschen, die schon auf ihr Leben zurückschauen, verbindet sich Armut bzw. Nichtarmut eher mit dem sozialen Status, den sie in ihrer Umgebung einnehmen: Erleben sie auch die Achtung der Jüngeren? ■ Für die Selbsteinschätzung der Frauen ist ausschlaggebend, ob sie die Ernährung ihrer Familie, vor allem ihrer Kinder zu gewährleisten vermögen, wobei ihr Verständnis von Ernährung sich auch auf Gesundheit und Schulbildung erstreckt. nensicht dortiger Armut für unsere Schüler aufzuhellen, zeigt „unter dem Strich“, dass es Altersund Geschlechterperspektiven von Armut gibt und die gehen jeweils über den bloßen Mangel an Geld hinaus. Geldmangel ist nur die „objektive“ Seite der Armut. Zu ihr gesellen sich zahllose „subjektive“ Aspekte, die Einblick in den Alltag der Menschen gestatten. Armut wird auf eine einfache Formel gebracht: Arm ist, wer nichts zu essen hat und keine Familie, die für ihn sorgt. Hat er eine Familie, hat er auch zu essen. Armut wird nicht allein als individuelles Schicksal gesehen. Sie wird oft mit dem Potenzial der Region und der Sozialgruppe, der man angehört, in Zusammenhang gebracht. Im vernachlässigten Norden wird die Umweltsituation und damit auch die Armut krasser erlebt als im „reichen“ Süden: „Unser Dorf hat Landmangel, unsere Böden sind ausgelaugt, wir ernten nur noch einen Bruchteil von dem vor zehn Jahren“. Und: „Wir hören manchmal im Radio, welche Hilfe die Regierung vom Ausland erhält. Aber die Regierung kennt uns Arme nicht“, so ein namenloser Bauer. ■ Bei Jugendlichen steht die Frage nach einem Job, nach guter, dauerhafter Arbeit im Zentrum ihres Armutsverständ- Die Befragten Foto:W. Schmidt-Wulffen ie obige Umfrage aus einer 8. Realschulklasse macht deutlich:Armut verbindet sich bei unseren Schülern in erster Linie mit Afrika, obwohl ihnen bewusst ist, dass es sie auch in Deutschland und anderswo gibt. Armut ist ein Phänomen, das sie aus der Distanz, aus der Anschauung wahrnehmen, das andere Menschen betrifft, nicht sie selbst. Armut spricht sie in erster Linie auf der Gefühlsebene an; sie ist weniger präsent im Sinne sozio-ökonomischer Kriterien. Wulf Schmidt-Wulffen Armut in Afrika – am Beispiel Ghanas. Fragen dazu habe ich im wesentlichen Jugendlichen gestellt, allen voran Gymnasiasten, Privilegierten also (AchunotaSchool in Accra,Vitting-SS-Technical-School in Tamale). Daneben Schule & Mission Heft 2 - 2002 3 aber auch einigen „normalen“ Jugendlichen: Schulabbrechern, Chancenlosen, Gescheiterten – den augenscheinlich wirklich Armen. Daneben antworteten auch einige Erwachsene unterschiedlicher Schichtzugehörigkeit.Warum dann die Bevorzugung Jugendlicher? 1. Afrikaner sind für unsere Schülerinnen und Schüler nicht in erster Linie Erwachsene, Bauern, Arbeiter und Stadtbewohner, sondern Gleichaltrige, Jugendliche (vgl. Schmidt-Wulffen 1999). 2. Kinder und Jugendliche sind in Ghana die am stärksten von Armut betroffene Gruppe. 72 % aller 5 – 18-Jährigen gehören offiziell der Gruppe der Armen an (Dueda 2001). Dabei muss zwischen Schülern im vernachlässigten Norden und denen im „goldenen“ Süden unterschieden werden. Da bei der Armutswahrnehmung nicht nur von Geschlechter-, sondern auch von Altersklassenunterschieden ausgegangen werden sollte (Narayan 2000), wurden auch einige ältere (über 40 Jahre) wie jüngere Erwachsene (20 – 30 Jahre) befragt. Dabei handelte es sich z.T. um langjährige, z.T. um zufällige Bekanntschaften. Ermittlung des Armutsverständnisses: Vorgehensweise Leitfragen waren die folgenden: ■ Wir Europäer halten Afrikaner stets für arm. Zählst du dich auch zu den Armen? ■ Was hast du für Gefühle, wenn du an Armut denkst? ■ Was vermisst du im alltäglichen Leben besonders? ■ Kannst du dir die Armut bei euch erklären? ■ Siehst du einen Weg für dich, aus der Armut herauszukommen? 4 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Das Thema im Unterricht Thema im Unterricht 1. Wie ihr das Thema bearbeiten könnt Teilt die fünf Befragtengruppen (siehe unten) nach euren Neigungen so auf, dass ihr sie in Tischgruppen bearbeiten könnt. Analysiert dabei die Charakteristika von Armut sowie die Zukunftsperspektiven, so wie ihr sie in den Stellungnahmen der Ghanaer (M) findet und notiert diese als Stichworte auf breiten Papierstreifen.Viele der Statements sind mit einem Hinweis auf Zusatzinformationen (Z) versehen. Lest die entsprechenden Informationen. Ihr solltet bei eurer Präsentation berichten können, was ihr darin an Erklärungen gefunden habt. Ähneln die Ghanaer uns in ihrem Empfinden, Denken und Handeln oder sind sie eher anders als wir? 2. Schülerinnen im Süden Ghanas 1. Schüler im Süden Ghanas Armut in Ghana 3. Schüler im Norden Ghanas 4. Schülerinnen im Norden Ghanas 5. Erwachsene Männer u. Frauen 2. Präsentation: Übertragt mit Hilfe einer Folie den Grundriss Ghanas auf ein großes Plakat.Tragt dort die Städte ein, in denen Befragungen vorgenommen wurden. Haltet eure Erkenntnisse in Stichworten auf Papierstreifen fest, die ihr dann lagegerecht - der jeweiligen Stadt/Region zugeordnet - auf das Plakat klebt. Die Wortstreifen sollen die verschiedenen Aspekte von Armut charakterisieren, z. B.: "keine Familie - keine Zukunftsperspektive". Benutzt dabei unterschiedliche Farben für die verschiedenen Armutsgruppen, z. B. „Schülerinnen" blau, "Erwachsene" schwarz.Vergesst nicht eine entsprechende Farblegende am Fuß des Plakats. Materialien Befragungsergebnisse M 1 Schüler im Süden Ghanas (Achimoto SSS Accra, 38 Schüler) Von 38 Schülern zählten sich nur zwei persönlich zu den Armen. Zwei antworteten mit „teils-teils“. Viele Antworten zeigten eine sehr emotionale Ablehnung der Frage: „Nein, auf gar keinen Fall“ – „Nooo“ – No!!!“ Infolgedessen wurden die Fragen „Wie fühlst du dich, wenn du an Armut denkst“ und „Was vermisst du im Alltag besonders?“ nicht beantwortet oder mit der Aussage abgewiesen: „Ich kann nichts fühlen/vermissen, weil ich nicht arm bin.“ Auch für die beiden Folgefragen fühlten sich diese Schüler mangels Betroffenheit nicht zuständig. Die Ausnahmen: Foto:W. Schmidt-Wulffen Mensah-Joseph, 17: „Ja, ich bin arm, ich fühle mich unglücklich, arm zu sein und mit den anderen nicht mithalten zu können.Was ich am meisten vermisse, ist das Geld für Schulbücher, anständige Sandalen usw. Es ist immer wieder eine Zitterpartie, ob meine Eltern das Schulgeld aufbringen können! (Z 10) Ich schäme mich. Ein Weg aus der Armut? Mein Ziel ist es, Arzt zu werden. Das bedeutet unglaublich harte Lernarbeit.“ Yaw-Kye, 16: „Ich bin nicht arm, fühle mich aber unglücklich, dass wir so viele arme Menschen in unserer Gesellschaft haben. Mich tröstet, dass das ein weltweites Problem ist. Ich habe dank meiner Eltern alles, was ich zum Leben brauche.“ Joseph Owusu-Boateng, 16: „Ich bin nicht arm. Das verdanke ich meinen Eltern. Sie versorgen mich mit allem, was ich brauche. Ich bin traurig, dass es bei uns so viel Armut gibt.Wer arm ist, hat keine Chance, seine Lebensziele zu erreichen. Um nicht arm zu werden, arbeite ich hart in der Schule, bin patriotisch und beachte alle christlichen Gebote.“ (Z 3) Ohne Namen, 17: „Ich bin nicht arm, aber das Leben ist erbärmlich, wenn du zu den Armen gehörst. Du hast keinen sozialen Status, du zählst nichts. Du hast keine Freunde und jede Krankheit wird zum Problem. Aus der Armut führten nur Bildung und Ausbildung des ganzen Volkes, um unsere Ressourcen zum eigenen Nutzen auszubeuten und nicht für die ausländischen Konzerne.“ (Z 2) M 2 Schülerinnen im Süden Ghanas (Achimoto SSS Accra, 60 Schülerinnen) Bei den Schülerinnen ergab sich ein anderes Bild: Zehn von ihnen bekannten sich zu persönlicher Armut, 28 lieferten differenzierte Antworten („teils-teils“).Aber selbst die verneinenden Stellungnahmen wiesen die Berechtigung der Frage nicht zurück. Dafür zwei Beispiele: Cynthia Awuse, 17: „Armut ist ein Leben im Elend. Das ist eine Katastrophe. Du bist von allem ausgeschlossen, ein Nichts, niemand beachtet dich! Wenn ich etwas vermisse, dann, dass die Ausbildung nicht gut genug ist.“ Gracee Newman, 16: „Ich bin gewiss nicht arm. Ich vermisse auch nichts, weil meine Eltern mir stets zur Seite stehen. Arm sein bedeutet, auf Lebensnotwendigkeiten verzichten zu müssen, auf ausreichend Essen, Kleidung, Geld und sich bei allem, was man vom Leben erwartet, vor sehr engen Grenzen zu sehen. Raus kommen wir da nur durch große gemeinsame Anstrengungen, harte Arbeit und viel Lernen, gemäß dem Sprichwort that many little drops of water can make a mighty ocean.“ Mädchen, die sich als arm bezeichnen: Emma Assiedu, 17: „Meine Armut ist nicht eine Frage des Geldes.Wenn ich sehe, wie die Menschen in Europa leben, dann fühle ich mich einfach hoffnungslos unterlegen. Dabei arbeite ich sehr hart an mir und sitze nicht nur die Schulzeit ab. Ich setze mir Ziele, aber dennoch habe ich Zweifel, dass ich über die Universität aus der Armut herauskommen. Dabei möchte ich mit meinem Wissen auch meinem Land bei der Entwicklung helfen.“ (Z 10) Delight Agbotta, 17: „Ich bin arm. Ich fühle mich schlecht. Aus der Armut heraus kommt man nur durch persönliches positives Verhalten gegenüber der Arbeit und durch Bildungsanstrengungen.“ Schule & Mission Heft 2 - 2002 5 Thema im Unterricht „Gespaltene“ Stellungnahmen: M 3 Schülerinnen im Norden Ghanas Yvonne Folivi, 16: „Persönlich besitze ich nicht viel, aber arm bin ich nicht. Denn ich habe liebe Eltern, die für mich aufkommen. Sie geben mir Schutz und Unterkunft, Essen und bringen das Schulgeld auf. Denke ich an die vielen bedürftigen Leute, die Obdachlosen und Straßenkinder in der Stadt, hab ich ein schlechtes Gewissen. In meinem Alltag vermisse ich nichts außer wenn ich sehe, dass es da Leute gibt, die nur so mit Geld um sich werfen, während ihre Kinder in der Schule versagen. Ich bin dankbar, dass ich noch nie zu Hause bleiben musste, weil meine Eltern das Schulgeld nicht zusammen kriegten.“ (Z 9) (Vitting SS-Technical School Tamale, 22 Schülerinnen) Ratine fürchtet, von der Schule zu fliegen. Ihre Eltern haben so wenig Geld, dass sie das Schulgeld ständig verspätet zahlen (Z 10). Außerdem ist sie schlecht in der Schule:Wenn sie nach zehn Stunden nach Haus kommt, muss sie noch helfen. Lernen kann sie erst abends. Aber im Dorf gibt es keine Elektrizität. Eine Zukunft kann sie sich nur vorstellen, „wenn Gott uns all die Dinge beschert, die uns fehlen“ (Z 3). Foto:W. Schmidt-Wulffen Nama vermisst den Respekt durch ihre Freunde. „Ich werde immer an dem gemessen, was ich habe.“ Sie hat Zweifel, ob sie jemals eine Familie ernähren kann. Dazu müsste die Regierung Fabriken und Jobs in den Norden bringen. Ssah fühlt sich von denen ausgegrenzt, die sich reicher fühlen. Armut ist für sie Erniedrigung, so dass man keine Chance mehr sieht, seine Ziele zu erreichen. Von der Zukunft erwartet sie nichts: „Wenn du arm bist, hilft dir keiner. Denn die anderen sind auch arm und wer mehr hat, gibt auch nichts – wenigstens hier im Norden.“ Hanna schämt sich ihrer zerschlissenen Kleider und ihrer ganzen erbärmlichen Lebensumstände. Dennoch sieht sie der Zukunft optimistisch entgegen: Wenn du auch nach der Schule keine Arbeit bekommst, brauchst du nur Ideen, dir selbst eine Arbeit zu schaffen (Z 5). M 4 Schüler im Norden Ghanas Gwendoly Aryee, 16: „Ich kenne die Kriterien nicht, nach denen man urteilt – ihr urteilt – ob man arm ist oder nicht. Sind Europa und die USA der Maßstab, sind wir alle arm (Z 1). Aber wenn ich mich nur in Ghana sehe, bin ich nicht arm. Natürlich gibt es Dinge, die ich gern hätte. Aber wenn du dir das nicht leisten kannst, lebst du halt im Rahmen dessen, was dir möglich ist. Ich denke, wir kommen aus der Armut heraus, wenn die Landwirtschaft mehr gefördert würde, wenn die Bauern vorankommen statt in die Stadt abzuwandern und wenn die ausländischen Investoren mehr in Jobs für die vielen jungen Menschen investieren statt in Maschinen. So aber geben immer mehr Junge auf und verlassen ihr Land.“ 6 Mit einer Ausnahme zählen sich alle Mädchen zu den Armen. Sie fühlten sich „traurig“ oder „unglücklich“. Schule & Mission Heft 2 - 2002 (Vitting-Sen.-Sec.-Technical School Tamale, 50 Schüler) Von den 50 Schülern bezeichneten sich 46 als arm. Sie fühlten sich „traurig“, „ganz klein“, „unwohl“, „unglücklich“ oder schämten sich. Yamaya sieht sich wie in einem fensterlosen Zimmer eingeschlossen. Er vermisst eine Ausbildung, die eine Aussicht auf Arbeit eröffnet. Er fühlt sich von vielen Dingen ausgeschlossen, für die man Geld braucht. Das fängt schon mit dem Schulgeld an. Armut ist für ihn, wenn man sein Leben nicht in den Griff bekommt. Ursache der Armut im Norden ist die kurze Regenzeit, während die Kakaobauern im Süden zwei Ernten im Jahr haben (Z 11). Die Landwirtschaft muss vorange- bracht werden.Wenn die Eltern mehr verdienten, wäre auch die schulische Ausbildung weniger gefährdet. Dafür benötigen sie Maschinen, Dünger, eine sichere Cash-Crop und eine Beratung, die ihnen neue landwirtschaftliche Methoden nahe bringt (Z 6) Abdullah scheint die Schule sinnlos, da es danach sowieso keine Arbeit gibt. Er vermisst alles: Schulbücher, ausreichend Essen, Medizin, Schuhe, Kleidung. Armut? Das ist ,wenn auf alles, was eigentlich zum Leben gehört, verzichtet werden muss. Armut kommt von der Dummheit und Ignoranz der Regierung, der Eltern und der Jugendlichen selbst. Alle sind unfähig, etwas zu Materialien verändern (Z 11). Für die Zukunft gibt es seiner Meinung nach keine andere Möglichkeit als in den Süden zu migrieren. tig Jobs für die Arbeitslosen schafft, dass sie die Unternehmer ermutigt, im Norden zu investieren (Z 4). Mustafa leidet unter der Aussichtslosigkeit seines Daseins: Die Eltern ohne Geld, keine Schulbücher, die Ausbildung ist schlecht und er muss als Bauer leben – wie seine Eltern. Er hat nur 1 – 2 Mahlzeiten am Tag und seine Freunde gucken von oben auf ihn herab. Auch Mustafa erwartet, dass die Regierung künf- Yussif hat schon verzweifelt zu Drogen gegriffen. Er leidet darunter, als 20-jähriger noch nicht auf eigenen Füßen zu stehen. Immer noch muss er bei seinen Eltern leben und ist von ihnen abhängig. Er sieht weder für den Norden noch für sich einen Weg aus der Armut. M 5 Erwachsene: Männer und Frauen Sammy, 29, Taxifahrer in Kumasi: „1995 wurde mein Vater aus dem Staatsdienst entlassen – als Folge der vom IWF verordneten Sanierungspolitik (Z 9). Ich hatte gerade mein Jura-Examen an der Universität gemacht und hoffte, die Familie nun ernähren zu können. Aber es lief nichts.Während meine Eltern aufs Land zurückkehrten, weil dort das Leben billiger ist, wollte ich in Kumasi bleiben, denn nur hier kannst du auf Arbeit hoffen. Ich fand aber nichts als Taxifahren. Mit dem geringen Einkommen, das ich dabei habe, konnte ich das Haus, das meine Eltern zu bauen angefangen hatten, nicht weiter bauen. Zuerst habe ich mich aus Scham versteckt. Aber vom Taxi aus entdecke ich immer wieder Studienkameraden, die als fliegende Händler Rasierklingen oder Erdnüsse verkaufen, um zu überleben. Denen geht es noch schlechter.“ Sunday-Kwesi, 27 Jahre, Accra, Bettler: „Meine Eltern sind tot. Sie waren arm und haben mir nichts hinterlassen. Das ist so in Ghana. Bist du arm geboren, bleibst du auch arm und stirbst arm.Wie und wovon ich lebe? Ich lebe durch die Hilfe Gottes. Nachts gehe ich in ein Obdachlosenasyl. Da schläft man auf dem Fußboden und in der Regenzeit tropft das Wasser durch das Dach. Ich habe einen Job als Hilfsgärtner hier an der Universität. Da verdiene ich 13 DM (= 7 €) im Danielle, 19 Jahre, Accra: „Armut für eine Frau? Wenn sie nichts zu tun hätte, womit sie der Familie oder ihren Kindern helfen könnte. Aber das gibt es nicht. Man kann als Frau so vieles machen! Ich fühle mich nicht arm, weil ich arbeiten kann und weil meine Familie keinen Hunger leidet.Was ich vermisse? So lange ich Arbeit finde, vermisse ich nichts. Denn das bringt mich meinen Zielen näher. Ich arbeite in den Ferien, um die BusinessSchool bezahlen zu können.Wie viel ich dabei verdiene, ist nicht so wichtig.Woher die Armut kommt? Das weiß ich nicht (Z 11).Wie man aus der Armut heraus kommt? Durch Bildung Foto:W. Schmidt-Wulffen Interview mit Agyemang Badu, 48 Jahre, Leiter der Twene Amanfo SSS in Sunyani: „Ein Gymnasialdirektor verdient – je nach (Dienst-)Alter 160 - 220 DM (= 82 - 113 €) im Monat. Sie haben mir vorberechnet, wofür ihr Gehalt drauf geht. Damit kommen Sie also zwei Wochen über die Runden. Gehören Sie damit zu den Armen?“ „Nein, so etwas ist hier völlig normal.“ – „Dann müssen Sie aber doch eigentlich verhungern?“ – „This, my friend, is the mystery of Africa“. (Z 5) Monat. Natürlich kann ich davon nicht leben, darum spreche ich Leute wie dich an und bettele. Die meisten sagen aber nur „verpiss dich“.Was ich machen würde, wenn mir jemand ein Fahrrad oder ein Radio schenken würde? Das würde ich sofort weggeben, wenn mir jemand dafür einen Job gibt, vielleicht in einem Laden. Da frage ich jetzt auch ständig nach, aber es gibt zu viele ohne Arbeit. Die Zukunft? Damit beschäftige ich mich auch. Aber meist denke ich nur an den nächsten Tag. Meine Zukunft ist Gott. Vielleicht bist du ja mein Gott!“ (Z 3) Schule & Mission Heft 2 - 2002 7 Thema im Unterricht Zusatzinformationen Elizabeth, 50 Jahre, PC-Lehrerin an der Opoku-Ware-SSS in Kumasi: „Ich habe drei Kinder, eines studiert an der Universität, zwei sind noch im Gymnasium. Mein Mann kommt für Schulgeld und Studiengebühren auf (und für sein Guinness), ich zahle den Rest. Eigentlich bin ich arm. Obgleich ich die einzige PC-Lehrerin bin, bekomme ich nur 136 DM (= 70 €) monatlich. Aber ich betreibe in der Stadt nachmittags ein Internet-Café mit vier Computern und Druckern. Damit gehöre ich dann zur Mittelklasse. Schule Gifty Yeboah, 32 Jahre, Kleinhändlerin in Wenchi, allein erziehende Mutter: „Ja, ich bin arm. Ich muss jeden Tag erst das Geld für meine Tochter und für mich verdienen, ehe ich essen kann. Und hier in der Stadt habe ich kein land. Jeder Tag ist ein Kampf ums Nötigste. Ich verdiene unterschiedlich. 1,50 – 5 DM (= 0,80 2,60€) amTag.Besonders schlimm ist es, wenn ich mal gar nichts habe. Dann muss ich mir etwas leihen, und das lässt man mich spüren – egal, ob das eine Frau oder ein Mann ist. Einen Ausweg? Den sehe ich nicht. Eine Heirat? Männer, die wissen, dass ich arm bin und eine uneheliche Tochter habe, denken, ich wollte mich von ihnen aushalten lassen. Nein, ich erwarte vom Leben nichts mehr. Z 1 Armut Z 2 Entwicklung Nach unserer Definition gelten Menschen in den Entwicklungsländern als „absolut arm“, die von weniger als 1$/Tag leben müssen. Für Ghana wird der Anteil der Armen auf 36 % geschätzt – allerdings in unterschiedlicher regionaler Verteilung. So gelten 60% der Menschen in ländlichen Regionen, besonders im Norden, als arm. Der Anteil der Armen in den Großstädten – vor allem des Südens – wird mit 25% angegeben. Führende Entwicklungstheoretiker sagen, dass nicht die ökonomischen Bedingungen wie Ressourcenreichtum oder vorhandene Industrie die Grundvoraussetzungen von Entwicklung darstellen, sondern die Fähigkeit einer Gesellschaft die blockierten geistigen Fähigkeiten freizusetzen. Erst Lernbereitschaft und Lernfähigkeit (über Bildung) schaffe die Voraussetzungen, die vorhandenen Ressourcen zum eigenen Nutzen zu entwickeln.Wo dies nicht der Fall sei, geschehe dies von außen - dann vor allem zum Nutzen der ausländischen Investoren. Solche Anstrengungen setzen natürlich auch die politische Mitbestimmung der Bürger voraus. Die ist in Afrika meist nicht gegeben. aus: HDI-Report 1999 8 Als Frau ist man arm in Ghana, wenn man erstens keine Ausbildung hat, zweitens allein erziehend ist, drittens kein Farmland hat und viertens gezwungen ist, mit den Eltern zu leben.“ & Mission Heft 2 - 2002 Foto:W. Schmidt-Wulffen für einen guten Beruf. Ich habe acht Jahre die Schule besucht, das reicht aber nicht. Deswegen gehe ich jetzt auf die BusinessSchool, um später Mode-Designerin zu werden. Ob ich Unterstützung erhalte? Von meinen Eltern nicht. Mein Vater ist tot und meine Mutter hat kein Geld. Außerdem sind da noch zwei ältere Brüder (Z 7).Aber mein Onkel hilft mir (Z 8).“ Z 3 Glauben In einer Umwelt, in der die Menschen stets von unbekannten Mächten (Krankheiten, Dürren, Seuchen, Hunger) bedroht waren, waren traditionell alle afrikanischen Religionen diesseits gewandt. Sie wurden daran gemessen, inwieweit sie den Menschen in Notlagen helfen und ihnen diesseits Vorteile bringen konnten. Da die von Missionaren vermittelte christliche Lehre aber jenseitsgewandt ist, wandten sich viele Afrikaner in der nachkolonialen Zeit neuen (christlichen) Kirchen zu, die von „Propheten“ gegründet wurden, die die christliche Lehre im afrikanischen Sinne umdeuteten. Da sich nun Gott auch der Afrikaner annahm, war damit die Möglichkeit verbunden, an den gottgesandten Reichtumsund Machtquellen der Weißen teilzuhaben und das Christentum mit dem sozialen und ökonomischen Aufstiegsstreben zu verbinden. aus: Bleyler 1981 Materialien Z 4 Industrie Seit der Unabhängigkeit konzentriert sich die Industrie Ghanas unverändert im sogenannten „Goldenen Dreieck“ zwischen Accra/Tema, Kumasi und Sekondi-Takoradi. Da auch die Infrastrukturen in diesem Bereich bevorzugt ausgebaut wurden, ist dieses Dreieck zum Hindernis einer Entwicklung der nördlichen Regionen geworden, denn die Industriellen ... bevorzugen nach wie vor Gebiete, in denen hohe Umsätze bzw. Renditen erzielt werden können. Und dies sind die bereits existierenden Industriestandorte.“ Goldenes Armer Dreieck Norden Ant. an der Bev. 50 % 20 % Ant. an der Ind. 60 % 5% Beschäftigte in der Ind. 85 % 1% Industrielle Wertschöpf. 92 % 0,3 % Z 5 Informeller Sektor Für Ghana wie für die übrige „Dritte Welt“ gilt, Menschen, die sich selbst helfen müssen, um zu überleben, weil der Staat nicht über entsprechende Mittel verfügt und soziale Sicherungssysteme wie bei uns nicht existieren oder nicht bezahlbar sind, stützen sich auf die Kombination verschiedener Einkommensquellen. Diese haben sie sich in der Regel selbst geschaffen. Am verbreitetsten sind die eigene kleine Landwirtschaft außerhalb der Stadt oder neben dem Haus, um die Kosten für Grundnahrungsmittel und Gemüse einzusparen. Jeder Lehrer und Schulleiter, Angestellte und Beamte bis hinauf zu den Landesministern betreiben über ihre Frauen „backyard-garde- ning“. Frauen verarbeiten und verkaufen die Überschüsse, etwa indem sie Garküchen am Straßenrand aufmachen und Selbstgebackenes anbieten. Kleine Mädchen bieten an Bushaltestellen Eiswasser an, junge Männer reparieren Autoreifen am Straßenrand, fliegende Händler laufen mit Bauchläden durch die Straßen. Sie verkaufen irgend etwas billiger als in den „offiziellen“ Geschäften. Es sind jeweils Gewerbe, die nicht bei den Behörden angemeldet sind, die oft als illegal gelten, weil keine Steuern bezahlt werden. Dieser ganze Bereich des – wie man in Ghana sagt – „Self-employment“ wird als „informeller Sektor“ bezeichnet.Viele Jugendliche verdienen sich hier ihren Lebensunterhalt, erarbeiten sich das Schulgeld oder unterstützen ihre Familie. Z 6 Landwirtschaft Wurden Teile des Landes, insbesondere im Norden, bereits durch die Natur benachteiligt, da sie mit vergleichsweise weniger natürlichen Ressourcen - etwa ausreichenden Niederschlägen bedacht sind,so wurden sie durch die bisherigen Regierungen Ghanas zusätzlich vernachlässigt. Für diese spielt der Norden lediglich eine untergeordnete Rolle: Dort leben nur 19 % der Bevölkerung, die dazu politisch inaktiv ist. Politische Entscheidungen begünstigten stets den Süden. nach: Appiah-Kubi 1995 Z 7 Mädchen/ Jungen Wenn man hört oder liest, dass in vielen Entwicklungsländern Jungen mehr „gelten“ und gegenüber Mädchen bevorzugt werden, heißt das nicht, dass Eltern ihre Töchter weniger lieben. Aber für die Eltern sind Söhne tatsächlich „wertvoller“, da sie auch nach der Hochzeit bei der Familie bleiben und ihre Eltern im Alter unterstützen (es gibt keine staatliche Altersversicherung). Die Tochter verlässt hingegen bei Heirat ihre Familie, die dann keinen Anspruch mehr auf Hilfe der Tochter hat. Also ist sie nun für diese weniger „wert“. Z 8 Matrilinearität Die meisten Ethnien (Volksgruppen) Ghanas sind matrilinear organisiert. Das bedeutet: Im Todesfall des Mannes/Vaters sind grundsätzlich die männlichen Angehörigen seiner Schwester erbberechtigt. Zuständig im Sinne eines Familienoberhauptes sind dann der Schwager bzw. Onkel. Matrilineare Organisation benachteiligt die Frau, weil sie als Hinzugezogene nicht wirklich in die Familie ihres Mannes aufgenommen ist.Witwen ziehen deshalb meist zu ihren Eltern zurück, die stets ein Stück Land für sie bereit halten. Z 9 Sanierung Es gehörte zum sozialen Selbstverständnis aller afrikanischen Regierungen seit der Kolonialzeit, Schulbildung und Gesundheitsdienste kostenlos anzubieten - auch in Ghana. Zweck war, den Analphabetismus zu beseitigen und gegenüber den Industrieländern rasch aufzuholen, um an deren Entwicklung anzuschließen. Seit Ghana aber so stark verschuldet ist, dass es den Sanierungsprogrammen des Internationalen Währungsfonds zustimmen musste, hat sich einiges geändert. Zur Senkung der Staatsausgaben kürzt der Staat die Mittel für Schulen und Krankenhäuser. Dafür werden die Eltern stärker mit Ausgaben für die Schulen belastet. Nur die Grundschule ist kostenlos. Danach müssen die Eltern Schulgeld zahlen Schule & Mission Heft 2 - 2002 9 Thema im Unterricht und zusätzlich für die Unterrichtsmaterialien aufkommen. Diese Ausgaben in Höhe von mindestens 7 DM (= 3,60 €) im Monat pro Kind stellen ein besonderes Problem für die Eltern dar. Z10 Bildungssystem und Schulgeld Es gibt zwar die allgemeine Schulpflicht, jedoch werden weniger als 80% eines Jahrgangs eingeschult. Die meisten Ghanaer besuchen nur die sechsjährige Grundschule. Die sich anschließende Mittelschule (Junior Secondary School, drei weitere Jahre) wird nur noch von 40% besucht (47% Jungen, 29% Mädchen) und die gymnasiale Oberstufe (Senior Secondary School, drei Jahre) nur noch von 2 %. Schon in der Kolonialzeit gab es für damals etwa eine halbe Million Schulabgänger gar nicht genug Arbeitsmöglichkeiten. Besonders benachteiligt ist die Landbevölkerung. In den Dörfern gibt es nur die unteren Schulen (Elementary und Junior Sec. School), die mangels staatlicher Gelder von der Dorfbevölkerung meist in Eigeninitiative erbaut und unterhalten werden. Dafür fehlt in besonders armen Gebieten meist das Geld, so dass Kinder hier Analphabeten bleiben. Die Grundschulen sind ärmlich ausgestattet, da der Staat sich von einer Förderung der Oberstufenschulen und Universitäten, die ausnahmslos in den Städten liegen, mehr verspricht. In den Grundschulen der Dörfer gibt es in der Regel nur eine Wandtafel, das Gestühl bringen die Schüler von zu Hause mit. Jugendliche, die eine weiterführende Schule besuchen, müssen Schulgeld zahlen. Obgleich dieses für die Sekundarstufe I nicht mehr als 10 DM (= 5,12 €) pro Kind und Halbjahr ausmacht, stellt es für die meisten Familien eine erhebliche Belastung dar. Viele Kinder 10 Schule & Mission Heft 2 - 2002 werden solange vom Unterricht ausgeschlossen, bis das Schulgeld bezahlt ist. Da die wenigen Prozent eines Jahrganges, die die Sekundarstufe II besuchen, meist aus sozial besser gestellten Familien stammen, zieht sich der verschuldete Staat hier besonders stark aus der Finanzierung zurück, sodass das Schulgeld für ghanaische Verhältnisse in Schwindel erregende Höhen steigt. Zusätzlich müssen die Eltern Schulbücher und andere Lernmaterialien bezahlen. Dieses System schließt die ärmere Stadtbevölkerung, die Menschen in den Dörfern und im armen Norden praktisch vom Besuch der gymnasialen Oberstufe aus. Die fünf Universitäten Ghanas. sind hoffnungslos überfüllt obwohl sie nur 1,5% eines Jahrgangs (2,3% Männer, 0,6% Frauen) aufnehmen. Sie können jährlich nur 8.000 neue Studierende verkraften. Das verschärft den schulischen Notenwettbewerb, weil die Aufnahme an einer Universität über den Notendurchschnitt gesteuert wird. Z 11 Ursachenklärung Die meisten Befragten erklärten sich ihre Armut mit Lebensumständen, unter denen sie litten, im Norden etwa mit der unzuverlässigen Regenzeit oder mit der mangelhaften Regierungspolitik. Wissenschaftler sehen die Ursache in der Kolonialzeit (etwa 1880-1957): Die Engländer, die das Land besetzten, hatten nur Interesse an der Ausbeutung und der Entwicklung des Südens. Dort wurde das klimatisch geeignete Land zur Gewinnung und Export von Gold, Kakao, Kaffee und Palmöl "in Wert gesetzt“, um England zu versorgen. So wurden Bergwerke, Plantagen, Häfen, Straßen und Eisenbahnen angelegt, Ärzte ausgebildet sowie Schulen und Krankenhäuser gebaut. Die günstige Infrastruktur lud nach der Kolonisierung geradezu dazu ein, im rentableren Süden zu investieren. So wurde die Politik der regional unterschiedlichen „Inwertsetzung" nach dem zu erwartenden wirtschaftlichen Nutzen nach der Dekolonisierung (1956) von den einheimischen Regierungen fortgesetzt. Zur regionalen Ungleichheit kam noch die soziale. die auch den reichen Süden ergriff. Die staatliche Industrialisierung schaffte nur wenig Arbeitsplätze. Korruption und fehlender Markt führten schnell zur Unrentabilität.Wertvolle Ressourcen wurden so vergeudet, ohne Entwicklung zu schaffen und die Arbeitslosigkeit zu verringern. Literatur Appiah-Kubi, K.: Das sozio-ökonomische Gefälle zwischen Stadt und Land in Afrika (Ghana).Lang,Frankfurt/Main) 1995. Bleyler, K.: Religion und Gesellschaft in Schwarzafrika, Stuttgart 1981, S. 48, 119, 137 Diaw, K.:Verstädterung und Umweltfolgen. Accra/Ghana. In: Bremer AfrikaStudien Bd. 1, Bremen 1992 Dueda, B.: Poverly-hits at children.The Ghanaian Chronicle vom 27. 3. 2001, S. 8 Kruk, G.: Frauen in Ghana. ASA-Studien Bd. 3, Münster 2000 Narayan, D.:Voices of the Poor. Can Anyone Hear Us? Oxford 2000 Nestvogel, R.: Zum Umgang mit Bildern von „Fremden“, Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis, Nr. 42/1996, S. 53-63 Schmidt-Wulffen,W.: Eine Welt und Dritte Welt: Länder oder Menschen? In: Schmidt-Wulffen,W u. Schramke, W. (Hrsg): Zukunftsfähiger Erdkundeunterricht. Gotha 1999, S. 223-256 Schmidt-Wulffen,W.: "Good bye, lovely Germany“ - Zum Deutschlandbild afrikanischer Schülerinnen und Schüler. ZEP Nr. 2/1 999, S. 7-12 aus: Praxis Geographie 12/2001, S. 1419. Mit freundlicher Genehmigung des Westermann Schulbuchverlags, Braunschweig. Daten und Zahlen Länderübersicht „Ghana“ Grunddaten ● Fläche: 238.537 km2 (z.Vgl.: Deutschland 357.022 km2) ● Einwohner: Ghanaer; 18.785.000 ● Städtische Bevölkerung: 38 % ● Städte: Accra 949.100 Einw. (Hauptstadt), Kumasi 385.000,Tamale 151.000,Tema 110.000, SekondiTakoradi 104.000 Bildung ● Besuch der Grundschule: Jungen 75 %, Mädchen 74 % ● Analphabetenrate Gesamtbevölkerung: m 25 % / w 47 % ● Zahl der Empfangsgeräte pro 1000 Einwohner:Radio 236,Fernseher 93 Bevölkerung Kinder ● Kwa-Gruppen: 52,4 % Aschanti und Fanti der Akan-Gruppe (im S), 11,9 % Ewe (im SO), 7,8 % Ga und Ga-Adangbe, 1,3 % Yoruba; GurGruppen: 15,8 % Mossi, 11,9 % Guan, u. a. (im N), 3,3 % Gurma; außerdem Mande, Haussa, Fulbe u. a. ● Sprachen: Englisch (Amtssprache); Kwa-Sprachen (Twi, Fanti, Ga, Ewe, Yoruba); Gur-Sprachen (Dagbani, Mossi, Gurma); Ful, Nzima (insg. 75 Sprachen und Dialekte) ● Lebenserwartung: 61 J. ● Bevölkerungswachstum: Ø 2,7 % jährl. (Geb.- und Sterbeziffer: 3,7 % / 0,9 %) ● Zugang zu sauberem Trinkwasser: 64 % (Stadt 87 %, Land 49 %) ● Zugang zu Sanitäreinrichtungen: 63 % (Stadt 62 %, Land 64 %) ● Jährliche Anzahl der Geburten: 724.000 ● Weniger als 50 % aller Geburten werden registriert. Diese Kinder laufen Gefahr, dass ihnen der Zugang zu sozialen und Gesundheitsdiensten sowie zur Schulbildung verwehrt wird. ● Säuglingssterblichkeit: 6,3 % ● Kindersterblichkeit (Kinder unter 5 Jahren): 10,1% ● Kinder unter 5 Jahren, die an ernährungsbedingten Störungen leiden: 30 % Untergewicht, 10 % Auszehrung, 26 % Entwicklungsstillstand Wirtschaft ● Währung: 1 Cedi (¢) = 100 Pesewas; 1US-$ = 7300 ¢; 1 € = 6500 ¢ ● Bruttosozialprodukt je Einw. 1999.: 400 $; Gesamt: 7451 Mio. $ - Bruttoinlandsprodukt:7606 Mio. $; realer Zuwachs Ø 1990-99: 4,3 %; Anteil: Landwirtschaft 36 %, Industrie 25 %, Dienstleistungen 39 % ● Erwerbstätigkeit 1998: Landwirtschaft 57,4 % ● Arbeitslosigkeit: 30 % ● Inflation Ø 1990-99: 27,4 % (2000: 25,2%) ● Auslandsverschuldung 1999: 6928 Mio. $ ● Außenhandel: Import: 3,47 Mrd. $; Güter 1998: 38,8 % Maschinen und Transportausrüstungen, 16,1% Nahrungsmittel und lebende Tiere, 4,8% mineralische Brennstoffe, 3,0 % Chemikalien ● Export: 2,04 Mrd. $; Güter: 35,0 % Gold, 26,6 % Kakao, 8,6 % Holz ● Tourismus 1997: 325.000 Auslandsgäste, 266 Mio. $ Einnahmen ● Zufluss staatlicher Entwicklungshilfe 1998: 701 Mio. US-$, das sind 10 % des BSP ● Schuldendienst in % der Exporterlöse: 1998 20 % (1970 5 %) Religion / Kirche ● 62 % Christen (ca. 13 % Katholiken; 20 % Protestanten; 29 % Unabhängige Kirchen, Freikirchen und Sekten (bes. im S); 15 % Muslime; 23 % Trad. Religionen ● (1999) 2.381.000 Katholiken ● 18 Diözesen (davon 3 Erzdiözesen) ● 243 Pfarreien, 50 Ordenshäuser ● 2.221 Missionsstationen ● 719 Diözesanpriester, 176 Ordenspriester ● 154 Ordensbrüder ● 788 Ordensfrauen ● 25 Laien-Missionare ● 6.243 Katechistinnen und Katechisten Geschichte ● ca. 10.000 v. Chr. älteste Spuren menschlicher Siedlungen in der Nähe des Flusses Oti ● ca. 4.000 v. Chr. älteste Funde von Töpferei in der Nähe von Accra ● ca. 1200 n. Chr. Die Guan beginnen mit der Einwanderung in das VoltaBecken. ● ca. 1298 Das Akan-Königreich von Bono (Brong) wird gegründet. ● ab 1471 Die ersten Europäer erreichen die Region und errichten Handelsniederlassungen ● 1500-1807 Zeit der Sklavenaufstände und -kriege ● 1697-1745 Aufstieg und Festigung des Ashante-Reiches ● 1874 Großbritannien erklärt die Küstenregion zur Kronkolonie „Gold-Küste“. ● 1957 Die britische Kolonie der Gold-Küste wird am 6. März zum unabhängigen Staat Ghana. ● 1960 Ghana wird Republik unter Präsident Nkrumah, einer sozialistisch ausgerichteten, diktatorischen Herrschaft. ● 1966 und 1972 Militärputsche ● 1969 freie Wahlen; nachfolgend westlich orientierte Regierung ● 1977 Unruhen ● 1979 und 1981 weitere Militärputsche, durch die Jerry John Rawlings an die Macht kommt ● 1992 freie Wahlen, die Rawlings als Präsidenten bestätigen ● 1994 blutige Auseinandersetzungen verschiedener Ethnien mit Tausenden Toten ● 2000 Präsidentschaftswahlen werden durch den Kandidaten der Opposition John Kufour gewonnen. Zusammengestellt von M. Offner Quellen: Der Fischer Weltalmanach 2002; UNICEF, Zur Situation der Kinder in der Welt 2001;Annuario statistico, Vatikan 1999; GhanaHomePage; Brockhaus Enzyklopädie; www.netzwerk-afrika-deutschland.de Schule & Mission Heft 2 - 2002 11 Erzählen in Afrika Das Lied der bunten Vögel Erzählt von Kobna Anan Ein Märchen aus Ghana n meiner afrikanischen Heimat setzen sich die Menschen in den Dörfern abends im Kreis um ein Feuer. Der Mond scheint friedlich über den Dächern. Der Märchenerzähler tritt aus seiner Hütte und beginnt wundersame Geschichten zu erzählen. Der weiße Vogel flötete:Tsche - tsche - Ku – le! Der blaue Vogel sang.Tsche - tsche - kofi - nsa. Der rote Vogel rief: Kofi - sa - langa. Der gelbe Vogel piepste: Kate - tschi – langa. Und der grüne Vogel schnarrte: Kum - adende! Stellt euch vor: Hier sind die Hütten, der Mond scheint über uns, und wir setzen uns im Kreis um das Feuer. Ich bin der Erzähler und erzähle euch eine Fabel aus Afrika. Sie heißt: Das Lied der bunten Vögel. Da nun alle nacheinander ihre Strophe trällerten und gleichzeitig dazu tanzten, war es köstlich, diesem Treiben zuzusehen, und zuzuhören. Jeden Tag, an dem die fünf Vögel tanzten und sangen, trat der Bauer aus seinem Haus freute sich und rief: „Da seid ihr ja wieder, meine lieben Vögel! So herrlich bunt seht ihr aus, und ihr singt ja so wunderschön.“ Er streute ihnen reichlich Futter hin. So hatten alle fünf Vögel jeden Tag zu essen, und es ging ihnen sehr gut. I In meiner Heimat gibt es riesengroße Wälder, die Urwälder. Es regnet dort oft sehr stark, und dann scheint plötzlich die Sonne wieder ganz heiß herab, und alle Pflanzen wachsen kräftig durcheinander. Da gibt es kleine Bäume, aber auch Bäume, die so groß sind wie bei euch die höchsten Tannen und Eichen, und über diese hinaus ragen noch viel höhere Bäume bis fast in den Himmel. In einem solchen Urwald lebten einmal fünf Vögel nahe beieinander. Der erste Vogel hatte weiße Federn, der zweite war blau, der dritte rot, der vierte gelb und der fünfte hatte ein Gefieder so grün wie die Blätter der Bäume. Jeder der fünf Vögel konnte ein kurzes Lied singen: Der weiße Vogel flötete:Tsche - tsche - Ku – le! Der blaue Vogel sang:Tsche - tsche - kofi - nsa. Der rote Vogel rief: Kofi - sa - langa. Der gelbe Vogel piepste: Kate - tschi – langa. Und der grüne Vogel schnarrte: Kum - adende! Weil jeder der fünf Vögel nur eine Farbe hatte und nur ein sehr kurzes Lied singen konnte, hatten sie sich zusammen getan. Mittags, wenn die Sonne von ganz oben zwischen den Blättern der Urwaldbäume hernieder schien, flogen sie gemeinsam zu der großen Lichtung der Menschen. Sie flogen dorthin, wo ein Bauer seine Felder, Gärten und in der Mitte seinen Bauernhof hatte. Jeden Mittag tanzten die fünf Vögel vor dem Haus des Bauern. Sie drehten sich lustig im Kreis und schlugen mit den Flügeln auf und ab. Ihre Füßchen trippelten auf dem Boden, hin und wieder sprangen sie in die Luft. Der weiße, der blaue, der rote, der gelbe und der grüne Vogel - alle tanzten sie im Kreise herum und sahen so herrlich bunt aus.Während sie tanzten, sangen sie ihr Lied. 12 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Eines morgens aber, die Sonne ging gerade auf und die fünf Vögel erwachten in ihren fünf Bäumen, da hatten sie alle, ohne es voneinander zu wissen, den gleichen Gedanken. Jeder überlegte: „Wenn ich alleine zu dem Bauern fliege, vor ihm singe und tanze, so bekomme ich das ganze Futter für mich und brauche es nicht mit den anderen zu teilen ... .“ Der weiße Vogel dachte: „Ich mache mich auf den Weg, wenn sich die große Baumschlange im Geäst schaukelt.“ Der blaue Vogel überlegte: „Ich fliege zu dem Bauern, wenn das Krokodil den Rachen aufsperrt, um seinen Schlund zu sonnen.“ Der rote Vogel sagte zu sich selbst: „Ich werde aufbrechen, wenn der Elefant mit den riesengroßen Ohren schlägt, seinen Rüssel hebt und trompetet!“ Der gelbe Vogel meinte: „Ich fliege los, wenn sich die Affenherde lärmend von Baum zu Baum schwingt!“ Und der grüne Vogel kicherte heimlich: „Ich wähle die Stunde, wenn der Löwe laut gähnt, seine gelben Augen schließt und vom Mond träumt.“ Das Lied der bunten Vögel Alle fünf Vögel waren habgierig und egoistisch geworden. Jeder freute sich bei dem Gedanken, von nun an jeden Tag zu dem Bauern zu fliegen und das ganze Futter für sich alleine fressen zu können. Da gab es plötzlich ein Geräusch in jenem Baum, in dem der weiße Vogel sein Nest hatte: Sch sch – sch. Die große Baumschlange schaukelte sich im Geäst und zischte gefährlich. „Gleich werde ich zum Platzen satt sein!“, dachte der weiße Vogel. Er breitete seine schneeweißen Flügel aus und flog zwischen den grünen Bäumen bis vor das Haus des freundlichen Bauern. Da tanzte er herum und flötete sein „Tsche - tsche – Ku - le,Tsche - tsche - Ku - le“. Der Bauer trat vor die Tür. Als er aber den weißen Vogel so vor sich hin hüpfen und sein klägliches Lied singen sah, da rief er: „Was ist denn los? Warum hüpfst du hier herum und machst ein albernes Gepiepse?“ Der Bauer streute nicht ein einziges Korn; im Gegenteil, er scheuchte den weißen Vogel in den Wald zurück. Mittlerweile war es Abend geworden. Da gähnte der Löwe laut und schloss seine gelben Augen, um vom Mond zu träumen. Nun flog der grüne Vogel schnell los, um noch vor der Nachtruhe beim Bauern anzukommen. Er hatte schon großen Hunger und freute sich, dass er nun für fünf essen konnte. Er tanzte vor der Haustür des Bauern und schnarrte: „Kum - abende, Kum - abende!“ Der Bauer streckte nur seinen Kopf aus dem Fenster und rief: „Verschwinde, du plärrendes grünes Federvieh, ksch!“ So erhielt auch der grüne Vogel an diesem Tag nichts zu fressen. Alle fünf mussten sie hungrig einschlafen, und sie waren sehr traurig. Als das Krokodil seinen Rachen aufsperrte, um den Schlund zu sonnen, da flog der blaue Vogel vor das Haus des Bauern. Er freute sich schon auf das viele Futter, das er für sich alleine essen würde. Eifrig sprang er im Kreis herum und sang so laut er nur konnte: „Tsche - tsche - kofi - nsa!“ Am nächsten Morgen, die Sonne war kaum aufgegangen, erwachten die Vögel in ihren Bäumen. Jeder blickte um sich, doch sie wagten es nicht, sich in die Augen zu schauen. Da fasste der weiße Vogel Mut und begann: „Gestern bin ich alleine zu dem Bauern geflogen, denn ich wollte das ganze Futter für mich haben. Aber der Bauer wurde wütend und hat mich weggescheucht.“ Nun erzählten sie sich, wie es ihnen ergangen war, und schließlich sagte der grüne Vogel: „Ja, es ist nicht gut, nur an sich selbst zu denken.Wenn wir zusammen hingehen und unsere Lieder vortragen, wird sich der Bauer sicher wieder freuen und uns füttern.“ Der Bauer trat aus dem Haus und rief: „Was soll das Geflatter? Dieses Geplärre tut mir in den Ohren weh.Weg mit dir!“ Und er vertrieb den blauen Vogel, der hungrig heimkehren musste. Als die Sonne wieder hoch oben am Himmel stand, flogen die Vögel, wie früher, gemeinsam zur großen Lichtung der Menschen.Vor dem Haus des Bauern führten sie ihren lustigen Tanz auf. Als der Elefant mit seinen riesengroßen Ohren schlug, den Rüssel hob und trompetete, da flog der rote Vogel zum Gehöft des Bauern. Er drehte sich wild im Kreis und rief:„Kofi - sa - langa,Kofi - sa langa!“ Oho, dachte er, jetzt kommt der Bauer, und ich werde das ganze Futter alleine fressen. Der weiße Vogel flötete:Tsche - tsche - Ku – le! Der blaue Vogel sang:Tsche - tsche - kofi - nsa. Der rote Vogel rief: Kofi - sa - langa. Der gelbe Vogel piepste: Kate - tschi – langa. Und der grüne Vogel schnarrte: Kum - adende Da kam auch der Bauer, aber er jammerte: „Was ist heute bloß los? Jetzt führt hier ein roter Vogel seine Verrücktheiten vor. Mach, dass du wegkommst, ksch, ksch!“ Und er vertrieb ihn. Der rote Vogel flatterte mit leerem Magen in sein Nest zurück. Der gelbe Vogel wartete schon ungeduldig auf seinen Abflug.Als sich dann, wie jeden Tag, die Affenhorde lärmend von Baum zu Baum schwang, flatterte er eilig los. Er führte vor dem Haus des Bauern seinen Tanz auf und piepste sein „Kate - tschi langa!“ „Wie scheußlich!“, rief der Bauer und fuchtelte schon mit seinen Händen, als er aus der Tür trat. Da flog der gelbe Vogel traurig und ohne Futter in den Urwald zurück. Der gemeinsame Tanz der fünf Vögel bot einen herrlichen, bunten Anblick, und ihr Gesang klang so melodiös und 1ieblich. Da trat der Bauer höchst erfreut aus seinem Haus und rief: „Da seid ihr ja wieder, meine lieben Vögel! So herrlich bunt seht ihr aus, und ihr singt so schön.Wie habe ich euch gestern vermisst.Wo seid ihr nur gewesen? Stellt euch vor: Da kam morgens ein weißer Piepser, später ein blauer Krachmacher, mittags kam ein roter Schreihals, am Nachmittag ein gelber Ruhestörer und am Abend noch ein grüner Krächzer. Aber auf euch habe ich den ganzen Tag umsonst gewartet.Warum habt ihr mich gestern nicht mit eurem Gesang und eurem Tanz erfreut? - Oh, wie bin ich glücklich, dass ihr wieder zu mir gekommen seid!“ Er streute ihnen viel gutes Futter hin. Alle fünf Vögel wurden satt, und es ging ihnen wieder sehr gut. Schule & Mission Heft 2 - 2002 13 Erzählen in Afrika Tsche tsche Kule Ein Singspiel zum Märchen Material Liednoten (siehe unten) Spieler ganze Klasse Spieldauer ca. 15 Minuten Spielanleitung Tsche tsche Kule ist ein Singspiel, das alle Kinder in der Heimat von Kobna Anan mit Begeisterung spielen: Die Spieler stehen im Kreis. Ein Kind in der Mitte beginnt, mit erhobenen Armen zu singen: Tsche tsche Kule. Alle singen nach. Dann, mit den Händen auf dem Kopf: Tsche tsche Kofi-nsa. Mit den Händen auf den Schultern: Kofi sa langa. Mit den Händen auf den Knien: Kate tschi langa. Und schließlich in der Hocke: Kum adende. Bedeutung Die Worte des Liedes sind eine Mischung aus Haussa und Akan, zwei Sprachen in Westafrika. Der Text kann sinngemäß etwa so übersetzt werden: 1. Zeile: Kommt alle her zum Mitspielen! 2. Zeile: Kofi (= der an einem Freitag geborene Junge) möchte auch mitspielen. 3. Zeile: Kofi wird bestimmt sehr gut mitspielen. 4. Zeile: Sogar der Dorfälteste möchte mitspielen. 5. Zeile: Aber er fällt bald um (denn er hat keine Ausdauer). Während der Aufführung des Rollenspiels singt jeweils einer der Vögel seinen Teil des Liedes vor, und alle singen nach. Dies sollte so eingeübt werden, dass es ein fließendes Lied ohne Unterbrechungen ergibt. © Verlag an der Ruhr, Postfach 102251, 45422 Mülheim an der Ruhr 14 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Impulse Vorschläge zur Umsetzung des Märchens „Das Lied der bunten Vögel“ Requisiten Als „Vogelkleid“ eignen sich farbige und Kulissen Seidentücher in der Farbe der einzelnen Vögel. Eine Vogelmaske kann gebastelt werden. Urwald Der im Märchen beschriebene Urwald kann mit viel Phantasie als Kulisse hergestellt werden. Kinder der Städtischen Katholischen Grundschule Reumontstraße in Aachen sind dabei folgendermaßen vorgegangen: Sie stellten vor allem Bäume,Tiermasken und Schmetterlinge für den Urwald her. Bäume Material: ■ ■ ■ ■ ■ ■ Papprollen in verschiedenen Längen Deckfarben zum Malen alte Regenschirme Zeitungen grüner Tüll Krepppapier in verschiedenen Grüntönen ■ grün-silbrige Folie Anleitung: Die Papierrollen in braunen und grünen Tönen anmalen und trocknen lassen. Die alten Regenschirme aufspannen und in Grüntönen bemalen. Nach dem Trocknen wird der Stoff zwischen den Stangen eingeschnitten. Die „Krücken“ müssen von den Regenschirmen entfernt werden. Die Stöcke der Schirme werden mit Zeitungspapier umwickelt und in die Papierrollen geklemmt. Nun werden die „Bäume“ mit grünem Tüll, der grün-silbrigen Folie und den grünen Krepppapierstreifen geschmückt. Schmetterlinge Material: ■ ■ ■ ■ ■ ■ Tapete oder Butterbrotpapier Malfarben Stöcke bunte Krepppapierstreifen Schere Klebeband Anleitung: Eine Schmetterlingsform auf Tapete oder Butterbrotpapier übertragen und ausschneiden. Die Schmetterlinge bunt bemalen. Die Stöcke werden mit Krepppapierstreifen umwickelt. Mit Klebeband werden die Schmetterlinge an den oberen Rändern der Stöcke befestigt. Tiere Material: ■ ■ ■ ■ buntes Tonpapier oder bunte Pappe Malfarben Schere Hutgummi Anleitung: Die Umrisse der Tiere vergrößern und auf Tonpapier/Pappe übertragen, ausschneiden und von den Kindern bemalen lassen. Die Augen ausschneiden. Hutgummi befestigen, damit die Kinder die Tiermaske vor ihrem Gesicht tragen können. Marlies Gahn Foto: Pit Siebigs Das Märchen kann als Rollenspiel aufgeführt werden. Ein Erzähler liest die Zwischentexte. Die Vögel und der Bauer sprechen oder singen ihren Teil. Rollenspiel Schule & Mission Heft 2 - 2002 15 Erzählen in Afrika Die Bedeutung der Erzählkunst in Afrika In ländlichen Afrika ist (war) das Geschichtenerzählen ein Ereignis, das der Definition von Theater entspricht. Es erfordert wie dieses ■ einen Aufführungsort, ■ Schauspieler, ■ ein Publikum. In traditionellen afrikanischen Gemeinschaften dient das Geschichtenerzählen sowohl der Unterhaltung als auch der Unterweisung in moralischen Verhaltensweisen. Es bietet die Möglichkeit, junge Menschen zu erziehen, indem man ihnen die Kultur, Sitten und Gebräuche sowie praktische Lebensweisheiten nahe bringt. Es ist fester Bestandteil im afrikanischen Lebensrhythmus, eine Zeit, in der gemeinsame Erfahrungen gemacht werden und Reaktionen und Anregungen zwischen Erzähler und Publikum ausgetauscht werden. Das Geschichtenerzählen umfasst 1. die Erzählung, 2. das Rollenspiel, 3. Trommeln und Gesang. Abends (und nur abends) versammeln sich die Dorfbewohner und bilden einen Kreis um das Feuer; die Trommler sitzen hinter dem Geschichtenerzähler, die Kinder zu beiden Seiten. Das Geschichtenerzählen ist ein alltägliches Ereignis für die große Mehrheit der Afrikaner, die noch relativ abgeschlossen, fern von den Städten und der Industrialisierung leben und von den Massenmedien nicht erreicht werden. Sie pflegen noch eine Lebensweise, in der die Muße ihren gebührenden Platz einnimmt und die traditionellen Volksmärchen einen wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens ausmachen. Volksmärchen bleiben ein wesentliches Element in der Erziehung wie auch in der Freizeit. Für den im Dorf aufgewachsenen Afrikaner sind sie unvergesslich, sie sind Teil seiner Kindheit, genauso wie seine Familie und Freunde und die Lektionen von Moral, die er – um das Feuer geschart – von dem versierten Geschichtenerzähler, dem alten Mann aus dem Dorf erhalten hat. 16 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Ausdruck und Aussage Der afrikanische Stil des Geschichtenerzählens ist eine Mischung aus verschiedenen Fertigkeiten des Erzählers selbst. Er schafft die verschiedenen Charaktere neu, er stellt sie dar, er malt den Hintergrund aus,beschreibt die Szene und baut die Handlung auf. Mit Gesten, entsprechendem Gesichtsausdruck, unterschiedlichem Tonfall der Stimme kann er für seine Zuhörer ein Bild malen, das alle Spannungen und Stimmungen der Erzählung widerspiegelt. Die Sprache ist nicht nur wichtig für die Inszenierung und die Wiedergabe der Geschichte, sondern auch für die Kommentierung. Wenn ein Vogel schreit, lässt ihn der Erzähler in der Geschichte richtig schreien.Wenn jemand stirbt und die Menschen trauern, werden die Trauergesänge stimmlich wieder gegeben. Die Schreie der Vögel und anderer Tiere, das Geräusch des tropfenden Wassers, dahinplätschernder Flüsse oder tosender Wassermassen, Donner oder fallende Bäume, werden ebenfalls so wiedergegeben wie die Worte der Menschen oder Tiercharaktere. Während alle Charaktere frei erfunden sind, bringt die Moral der Erzählungen deutliche Richtlinien für verantwortliches soziales Verhalten zum Ausdruck. „Ehrlich währt am längsten“, „Hochmut kommt vor dem Fall“, etc. Entsprechende Aussagen findet man in allen ethnischen Gruppierungen Afrikas wieder. Selten verhält sich das Publikum passiv: Handlungen und Zuhörer sind in der Ungezwungenheit so ineinander verwoben, dass es oft schwierig ist, sie auseinander zu halten. Manchmal, wenn die Erzählung einem Höhepunkt zustrebt, tritt eine Gruppe spontan aus dem Zuhörerkreis in die Theaterarena, singend, klatschend, begleitet von den Trommlern unter Mitwirkung der anderen Zuhörer als Chor. Dieses Zwischenspiel entspricht den Pausen, wie sie früher z. B. mit Possenspiel in europäischen Theatern üblich waren und dient oft der notwendigen Entspannung durch eine lustige Einlage, bevor man zu einem ernsteren und moralischen Stück übergeht. In westlicher Terminologie gesprochen, ist das Geschichtenerzählen „ganzes Theater“ wegen seiner Komponenten des Erzählens, der Handlung, des Trommelns und des Gesangs. Obwohl diese Art des Theaters in der afrikanischen Gesellschaft seit langem existiert, ist man erst kürzlich dazu übergegangen, es als eine Kunstform anzusehen. Marlies Gahn Impulse für ein Arbeitsblatt Impulse Märchen und Geschichten in Afrika und bei uns Durch Geschichtenerzählen lernen Kinder in Afrika oft, wie sie sich verhalten sollen. So z. B. durch das Märchen „Das Lied der bunten Vögel“ Wie aber lernen und erfahren wir, wie wir uns verhalten sollen? wir lernen/erfahren durch/über ethische/moralische Werte (z. B. im Umgang mit anderen Menschen, mit der Umwelt?) ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ Informationen Fertigkeiten (z. B. Handwerk, Sprachen) ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ Benimmregeln (z. B. Regeln bei Tisch, Höflichkeitsformeln) ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ Verhaltensregeln (z. B. im Verkehr, bei Notfällen) ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ Nach einer Idee aus: Literatur-Kartei: Der kleine Elefant, Verlag an der Ruhr) Schule & Mission Heft 2 - 2002 17 Erzählen in Afrika Sprichwörter bei uns und in Afrika berall auf der Welt drücken die Menschen ihre Lebensweisheiten gern in Sprichwörtern aus und geben sie an ihre Kinder weiter. Ü Obwohl wir den Sinn vieler Sprichwörter anzweifeln, sagen sie dennoch Einiges über eine Kultur aus und es ist erstaunlich, wie viele Sprichwörter wir kennen. und wie viele uns durch den Tag begleiten: Marlies Gahn ■ Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. ■ Ein voller Bauch studiert nicht gern. ■ Gleich und gleich gesellt sich gern. ■ Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. ■ Glück und Glas, wie leicht bricht das. ■ Scherben bringen Glück. ■ Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. ■ Hunger ist der beste Koch. ■ Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. ■ Viele Köche verderben den Brei. ■ Morgenstund hat Gold im Mund. ■ Jeder ist seines Glückes Schmied. Afrikanisches Sprichwort Die aufgelisteten Sprichwörter aus Ghana sagen genau wie bei uns etwas über das Leben der Menschen dort aus. Sie sind wie ein Spiegel, der reflektiert, wie die Menschen über manche Alltäglichkeiten und Vorfälle denken. 18 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Was bedeutet es? Hier kann nun anhand des obigen Schemas überlegt werden, was die einzelnen Sprichwörter meinen könnten.Welche Sprichwörter sich ähneln, welche gegensätzlich zu unseren deutschen Sprichwörtern sind. Ähnliches Sprichwort bei uns Sind Sprichwörter von der Kultur eines Landes geprägt? Deuten für uns unverständliche Sprichwörter auf andere Lebensumstände hin? (Quelle: Guten Morgen, Afrika! Katholische Jungschar Österreich, Wien) Sprichwörter und Lebensweisheiten aus Ghana Impulse ■ Wer auf einen Baum klettern will, fängt unten an, nicht oben. (Tshi) ■ Das Salz wird nie von sich selbst sagen: „Ich habe einen angenehmen Geschmack.“ (Oji) ■ Schmückt sich ein armer Mann mit Gold, sagen die Leute, es sei Messing. (Ashanti) ■ Geht dir das Geld aus, wirst du weise. (Tshi) ■ Ist ein Tier drei Jahre lang angebunden, sagt es nicht am letzten Tag seiner Gefangenschaft: „Heute ist der Strick zu eng.“ (Twi) ■ Willst du an einem Ort bleiben, so achte darauf, wie du dich benimmst. (Tshi) ■ Sobald du etwas Kostbares erworben hat, verliert es seine Schönheit. (Tshi) ■ Er fällte einen Baum und stolperte darüber. (Ga) ■ Der Kopf, der Träume hat, ist der überlegene Kopf. (Tshi) ■ Die Füße gehen dahin, wo der Kopf will. (Tshi) ■ Hast du die Glucke gefangen, kannst du die Küken leicht einsammeln. (Ashanti) ■ Folgst du dem Elefanten, verirrst du dich im Wald niemals. (Twi) ■ Wenn zwei sich streitende Gazellen einen Löwen sehen, ergreifen sie gemeinsam die Flucht. (Tshi) ■ Wenn alle helfen, den Himmel hoch zu halten, wird keiner müde. (Tshi) ■ Ein Kopf allein kann keine Beratung abhalten. (Tshi) ■ Viele kleine Flüsse machen den Ozean groß. (Tshi) ■ Die Belohnung für Güte ist Dankbarkeit. (Tshi) ■ Abwesenheit lässt ein Kind nicht gedeihen. (Tshi) ■ Jeder Fluss, der ins Meer mündet, verliert seinen Namen. (Tshi) ■ Man trägt nur die Last, die man tragen kann. (Tshi) ■ Mitleid heilt eine Wunde nicht. (Tshi) Aus: Patrick Ibekwe (Hrsg.), In stillen Teichen lauern Krokodile, Afrikanische Sprichwörter, Peter Hammer Verlag, 2000 Schule & Mission Heft 2 - 2002 19 Thema Von Stoffen und Symbolen toffe haben in Ghana vielfache Bedeutungen. Ob sie gewebt oder bedruckt sind, stets steckt dahinter eine Aussage und eine symbolische Deutung. S Die Ashantis zum Beispiel, drucken wertvolle Gewänder mit Adinkra-Mustern. An der Elfenbeinküste lebte einst ein König, der „Ade-nkra“ hieß. Er hatte für sich einen goldenen Schemel herstellen lassen.Auf ihm sitzend wollte er von nun an regieren. Als der König der Ashanti davon hörte, wurde er zornig, denn bisher waren nur die Könige der Ashanti im Besitz eines goldenen Schemels gewesen. Er galt ihnen als göttliches Geschenk, das alle Seelen der Ashanti verkörperte. Kein König saß je darauf, nur einmal im Jahr wurde er während eines Festes dem Volke gezeigt. Kurzerhand erklärte der Ashanti-König den Dschaman und „Ade-nkra“ den Krieg und tötete ihn.Als man den Toten fand, trug er ein Gewand, das mit vielen rätselhaften Zeichen und Symbolen bedruckt war. Noch bis zum heutigen Tagglauben einige Menschen, das Adinkra-Gewand sei nach dem Namen des ermordeten Königs benannt. Seither heißt das Gewand „Auf Wiedersehen“ oder „Abschied“. 20 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Foto: Norddeutsche Mission, Bremen Der Ursprung dieser Muster wird in einer Erzählung überliefert: Adinkramuster sind keine bloße Dekoration.Adinkra ist in Ghana zu einem feststehenden Begriff für eine Symbolsprache geworden. Sie drücken ganz bestimmte Lebensweisheiten aus; einige von ihnen weisen auf Gott hin. (Abbildung Symbole siehe Seite 22) Die Vorlagen sind geschnitzte Druckstempel. Man kann die Stempel aus Holz, Filz oder Kork und Bindfaden herstellen: Anregungen Anleitung für einen Stempel: Ein Holzstück besorgen, das so groß ist, wie der Stempel werden soll.Auf das Holzstückchen mit Leim den Bindfaden in Form eines Musters aufkleben. Wenn die Muster großflächiger werden sollen, kann das Muster aus einer Korkplatte herausgeschnitten werden oder aber in eine Linolplatte geritzt werden. Das ausgeschnittene Muster oder die Linolplatte wird auf ein Holzstück geklebt. Von den Stempeln erst Probedrucke auf Papier machen. Als Stempelfarbe eignet sich auch Wasserfarbe, die mit dem Pinsel an den Stempel gemalt werden. Besonders eignet sich Stoffmalfarbe. Der Stoff, der zum Bedrucken benutzt wird, sollte aus Baumwolle sein. In Ghana werden Baumwolltücher mit den Zeichen der Adinkra mit schwarzer Farbe, die aus Baumrinde und Eisenspänen besteht und gekocht wird, bedruckt. Anregungen: Foto: Norddeutsche Mission, Bremen 1. Tücher mit den Symbolen bedrucken und zu einem afrikanischen Fest tragen.Wie die Tücher getragen werden, zeigen Abbildungen in „Sternsinger Mission“ 2/2002, auf Seite 10. 2. Mit den Symbolen Karten gestalten und bei einer besonderen Gelegenheit zur Unterstützung des Projektes auf Seite 38 f. verkaufen. 3. Flache, mittelgroße Steine sammeln . Die Steine mit einem bunten Adinkra-Symbol bemalen und mit Klarlack versehen. Eine schöne, kleine Aufmerksamkeit! Schule & Mission Heft 2 - 2002 21 Anregungen Der Nachlass einer Ghanaerin Stirbt in Ghana eine respektable Händlerin, eine reiche Marktfrau, in einem Wort eine „Mammy“, dann wird zu einem bestimmten Zeitpunkt ihr Schatz geöffnet und in Augenschein genommen; das sind alle ihre Stoffe, die sie im Laufe ihres Lebens gekauft und vermutlich auch getragen hatte. breiteten Fülle wird ihr ganzes Leben wieder farbig und lebendig. Dabei kommt es nicht in erster Linie darauf an, ob es nun teure, wertvolle Stoffe sind, auch wenn das selbstverständlich von Bedeutung ist, sondern auf die Auswahl, die sie getroffen hat. Bestimmte Farben sind gehäuft vorhanden, die Vorliebe zu geometrischen oder zoomorphen Mustern lässt sich feststellen. Ganz bestimmte Erinnerungsstoffe sind darunter, und auch viele Stoffe, die nur zu ganz bestimmten Anlässen getragen wurden, wie z.B. zum Jubiläum der lokalen Frauenvereinigung. Mit dem schönsten Stoff oder mit dem, den sie am meisten geliebt hat, soll sie begraben werden. So sollen die Stoffe die Verstorbene auch noch über das Leben hinaus weiterbegleiten. In Blechkisten geschützt vor Ungeziefer und Feuchtigkeit haben sie alle die Jahre überdauert und jetzt werden sie ausgebreitet.An den Motiven der Muster, an den Farben der Stoffe, die sie ausgewählt hat, lässt sich viel über die Verstorbene erfahren. Was für eine Persönlichkeit war sie, wo lagen ihre Vorlieben im Leben, worauf legte sie besonderen Wert? Die Stoffe gaben sicherlich auch schon zu Lebzeiten Auskünfte über ihre Trägerin, jetzt aber in der ausge- aus:Wolfgang Bender, „OMO LASO“: Katoendruk, Nederlands Textilmuseum, Tilburg, Nederland 1989, in: Kente-Stoffe v. Inge Ehrlicher, herausgegeben von: Norddeutsche Mission, Bremen Wissenswertes über Kente-Stoffe Foto: Norddeutsche Mission, Bremen wolle und Seide gearbeitet wurde.Wunderschöne farbige, in ihrer geometrischen Vielfalt einmalig ausgeführte feinseidene Tücher sind in dieser Region in mehreren Jahrhunderten entstanden. Ghana ist nicht nur die Heimat der Adinkra Gewänder und Symbole, sondern ist auch Zentrum einer besonderen Art von Schmalbandstreifen-Gewebe, das zuerst im späten 17. oder frühen 18. Jahrhundert für den Ashanehene-Hof (Königshof des Ashanti-Stammes) hergestellt worden ist. Hier entwickelte sich das erste Weberzentrum in Bonwire, in der Nähe der Ashanti-Hauptstadt Kumasi. Die Stoffe, die dort hergestellt wurden, nennt man Kente-Stoffe. Sie sind berühmt geworden wegen ihres besonders kostbaren Gewebes, das aus reiner Seide oder einem Mischgewebe aus Baum- Nachdem die Ashanehene entmachtet worden waren, blieben die kostbaren Webaufträge aus. Seit den 70er Jahren verarmten die Weber In Ghana gab es allerdings schon immer ein zweites Zentrum für Schmalbandweberei. Die Ewes führten ebenfalls diese Webtechniken aus, allerdings in einer viel volkstümlicheren Art. Sie verwebten ausschließlich Baumwolle und auch gegenständliche Motive in ihre Streifen. Der größte Umschlagplatz für Tuche aus West-Afrika ist der Markt von Akbozume bei Keta im Ewe-Gebiet. Die Ewes sollen nämlich heute den Ashantis in der Webkunst überlegen sein. Die Farbgebung der Garne spielt bei der Herstellung der Tücher eine große Rolle. Mit Indigoblau konnten die Westafrikaner schon im Mittelalter färben und die berühmten Seidenstoffe sind gerade wegen ihrer besonderen Farbe in Asien oder Europa eingekauft worden, um dann aufgetrennt und neu verarbeitet zu werden. Später hat man vor allem die Baumwolle mit einheimischen natürlichen Pflanzenstoffen behandelt. Aus der Kassawa-Wurzel gewann man z.B. einen roten, aus der Kokosnuss Schule & Mission Heft 2 - 2002 23 Stoffe und Symbole einen braunen und aus der Rinde des Mangobaumes einen beigen Farbton. Heute werden jedoch chemische Farben eingesetzt. Die traditionellen Kentestoffe waren nie die normale Alltagskleidung. Sie wurden als Prestigeobjekt von reichen Leuten geteragen und waren auch Tauschobjekte, z.B. als Geldanlage, aber hauptsächlich dienten sie zeremoniellen Zwecken, wie zur Ehre des Königs oder als Schmuck in Hütten oder als Kissen und Tücher im Totenkult. Bei Zwillingsgeburten wurden die Neugeborenen in die kostbaren Kente-Tücher eingehüllt. Heute werden auch die christlichen Kirchen bei besonderen Feiertagen mit diesen bunten, leuchtfarben gewebten Tüchern ausgeschmückt. Kente-Tücher gibt es in den verschiedensten Mustern, die fast alle eine besondere Bedeutung und einen eigenen Namen haben. Die über 300 verschiedenen Muster und ihre Bezeichnungen sind heute noch den Webern und wenigen Alten bekannt. Sie sind nie aufgezeichnet worden, aber durch ihre Namengebung weiß der Fachmann, um welches Muster es sich handelt. Fotos: Norddeutsche Mission, Bremen Ein repräsentatives Kente-Tuch benötigt für einen Mann 24 Streifen von 2,70 m Länge, für eine Frau 14-18 Streifen von 1,80 bis 2m Länge. tum stärkt die Familienbande“. Es gibt aber auch Namen für einfache Muster oder für Stoffe, die sich jeder leisten kann, z.B. „Kleiner Pfeffer“ oder „Sechs Schlüssel“. Die Namengebung beruht oft auf einer Assoziation zwischen Farbe, Muster und einem besonderen Ereignis. So trägt der Ashanti-König nur Kente-Stoffe aus reiner Seide, deren Buntheit und Glanz die Würde und Bedeutung seiner Person hervorheben. Ein Muster heißt z.B. „Goldstaub“, ein anderes „Reich- 24 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Generell hat die Namengebung bei Stoffen in West-Afrika eine lange Tradition und weist darauf hin, dass bei der Kleidung nie einfach nur der Schutz vor Nässe, Kälte oder Sonne im Vordergrund stand, sondern immer auch ein Anlass, eine Bedeutung dahinterstand, meistens, um auch eine Aussage über den Träger des Kleidungsstückes zu machen. Anregungen Praktische Arbeit mit Mustern, Ornamenten und Garnen Das Erstellen einer Webdecke ist in Ghana ein Symbol für den Wert der Gemeinschaft. Einzelne weben ein Stück und tragen damit zu einem farbenprächtigen Ganzen bei. Ein Lied des Dumedefo-Chors aus Ho unterstreicht diesen Gemeinschaftsgedanken: as Volk aus Ghana ist wie ein großes Kente-Tuch: bestehend aus vielen Streifen, gewebt aus vielen tausend Fäden, gefärbt mit verschiedensten Farben. Ghana ist eine Nation, die einen ruhmreichen Namen trägt. Und das Ziel des modernen Ghana ist die nationale Einigkeit, Ein Kopf allein macht noch keine Ratsversammlung, und: Wer glaubt, dass er alles weiß, weiß gar nichts. Nur aus der Einigkeit kommt Kraft. Lasst also jeden seinen und ihren Beitrag leisten: Lasst uns ein geeintes Ghana bauen! Diesen Aspekt der Gemeinschaft kann man mit Kindern anschaulich nachvollziehen, indem jedes Kind einen Streifen in den traditionellen Farben der Kente-Stoffe webt. Dazu müssen Garne in leuchtenden Farben besorgt werden, damit die Farbenpracht der verschiedenen Stoffstücke auch gesehen werden kann. Im Anschluss an das Weben werden die Streifen zu einer Decke zusammengenäht, die sicher einen guten Platz im Klassenzimmer findet. Damit die Schülerinnen und Schüler sich in die Leuchtkraft der Kente-Muster hineinversetzen können, sollen sie mit dem folgenden Arbeitsblatt zunächst versuchen, die vorgegebenen Kente-Muster auszumalen.Filzstifte oder Wachsmalkreide eignen sich dazu. Foto: Norddeutsche Mission, Bremen D so wie im Kente-Tuch: Eine Nation, ein Volk, eine Bestimmung. Auf einem Arbeitsblatt „Ornamente“ können dann auch analog zu den vorgegebenen Ornamenten eigene Muster entworfen werden. Quelle: Kente-Stoffe, Alte und neue Webkunst in Ghana von Inge Ehrlicher. Hrsg.: Norddeutsche Mission, Bremen. Schule & Mission Heft 2 - 2002 25 Stoffe und Symbole Arbeitsblatt Kente-Muster 26 Quelle: Kente-Stoffe, Norddeutsche Mission, Bremen. Schule & Mission Heft 2 - 2002 Anregungen Arbeitsblatt „Ornamente“ Quelle: Kente-Stoffe, Norddeutsche Mission, Bremen. Schule & Mission Heft 2 - 2002 27 Rezept aus Ghana Koose Bohnenküchlein Zutaten für 6 Personen 250 g Black eyes / schwarze Bohnen (evtl. andere Bohnen oder Kirchererbsen) 1 Ei 2 mittlere Zwiebeln 3 Esslöffel Mehl (evtl. mehr) Pfeffer, Salz,Wasser Öl zum Braten D ie Bohnen mehrere Stunden einweichen, dann waschen. Zusammen mit den Zwiebeln und etwas Wasser im Mixer zu einer Paste mixen. Mit Salz und Pfeffer würzen, geschlagenes Ei dazu geben und Mehl, bis eine dickliche Masse entsteht. Einige Minuten stehen lassen. Falls sich etwas Flüssigkeit ausgesondert hat, diese abgießen. Teig portionsweise als flache Küchlein im heißen Öl in der Bratpfanne beidseitig goldbraun backen. Heiß oder kalt servieren. Nach Belieben kann Pfeffersauce zum Eintauchen dazu serviert werden, z. B. Sambal Oelek. Die schwarzen Bohnen sind im Supermarkt oder in asiatischen Spezialgeschäften erhältlich. Aus: Der Welt begegnen, Rezepte aus Afrika,Asien, Lateinamerika, hrsg.: kem, Basel 28 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Spiel aus Ghana Oware So spielen wir in Ghana D as Spiel kann leicht selbst hergestellt werden. Dazu werden jeweils 14 Streichholzschachteln (innerer Teil) benötigt . Ebenfalls Klebstoff, und zum Spielen Glaskugeln oder irgend eine andere Sorte Kugeln, oder aber Bohnen. Oware ist ein strategisches Spiel für zwei Personen. Es ist bei Kindern sehr beliebt und wird mit Begeisterung gespielt. Es gibt verschiedene Varianten, Oware zu spielen. Hier ist eine Möglichkeit aufgeführt. Gewöhnlich spielt man Oware auf einem Brett mit zwei Längsreihen. In jeder Längsreihe befinden sich sechs Mulden. Dazu kommen zwei weitere Mulden, die sich am linken und rechten Ende befinden. Diese Art Spielbretter kann in Dritte Welt – Läden gekauft werden. Bastelanleitung für ein Spiel Es werden 14 Streichholzschachteln (Inneres) zusammengeklebt wie auf der Abbildung zu sehen ist. Im Sommer kann man Oware auch im Freien spielen und ganz einfach Mulden in die Erde machen. Spielanleitung Jeder Spieler erhält pro Mulde 3 Spielsteine (Bohnen, Murmeln etc.) Die Zählschachtel rechts bleibt leer. Ziel des Spieles ist es, möglichst viele Kugeln in die eigene Zählschachtel zu bekommen. Abwechselnd nimmt ein Spieler alle Kugeln aus einer seiner/ihrer Schachteln und legt je eine Kugel - entgegen dem Uhrzeigersinn - in die folgenden Felder. Dabei werden auch die Zählschachtel und die Schachteln des Gegenspielers nicht ausgelassen.Wenn die letzte Kugel in die eigene Zählschachtel fällt, darf man noch einen Umlauf machen. Landet die letzte Kugel jedoch in einer eigenen, bereits leeren Spielschachtel, so nimmt man diese Kugel und alle Kugeln der gegenüberliegenden Schachtel des Gegners und legt sie als Sonderbeute in die eigene Zählschachtel. Das Spiel ist beendet, wenn alle sechs Schachteln eines Spielers leer sind und der Partner mit seinem nächsten Zug keine Kugeln mehr in die gegnerischen Spielschalen bringen kann. Quelle: ÖIE-Spielemappe Schule & Mission Heft 2 - 2002 29 Thematischer Zugang Kakao: Die Kinder in den Anbauländern kennen die Süße der Schokolade nicht Der Kakao aus Westafrika gilt als einer der besten der Welt. In der AshantiRegion, dem Hauptanbaugebiet in Ghana, stehen aber Lebenskraft und Armut in einem irritierenden Verhältnis. wohl auch, weil das westafrikanische Land an der Atlantikküste rund 60 Prozent seiner Deviseneinnahmen mit Kakao erwirtschaftet. Ghana nimmt hinter Brasilien den zweiten Platz in der Liste der Kakao-produzierenden Länder ein. Kein Wunder, dass die Vorderseite der 1.000-Cedi-Banknote das Bild eines Kakaobauern bei der Ernte ziert. ie Bauerndörfer in der Ashanti-Region im Herzen Ghanas liegen mit ihren niedrigen Häusern und den offenen Plätzen da wie mit nachlässiger Hand in die Landschaft gestreut. Die Erde hat die Farbe von Abendsonne und die Luft die Temperatur des Körperinneren. Schmale Pfade führen mitten hinein in das umliegende Grün, das aus der Ferne wie dichter Urwald aussieht und sich immer erst aus der Nähe als die gezähmte Flora einer Kakaopflanzung entpuppt. Reich werden die Bauern indes nicht mit den Früchten ihrer Arbeit. Ihre Aufgabe ist hart und bedarf eines gerüttelten Maßes an Ausdauer und Sachkenntnis. Die Kakaofrüchte reifen nicht gleichzeitig und es kann vorkommen, dass an einem Kakaobaum gleichzeitig Blüten sowie grüne und gelbe Früchte zu finden sind. Die Haupterntezeit erstreckt sich von Oktober bis März. Die Früchte werden dann mit langen Stangen aus dem Geäst gerissen und fallen mit dumpfem Aufschlag auf den Waldboden. In Körben werden sie zu großen, gelben Haufen zusammengetragen. D Kakao gedeiht in einem schmalen Streifen entlang des Äquators überall dort, wo das Klima heiß und feucht ist, aber jener aus Ghana gilt als einer der besten der Welt. Grund dafür ist vor allem die landwirtschaftliche Struktur. In Ghana gibt es kaum Plantagen. Der Kakao kommt von Familienbetrieben, von denen viele in sorgfältiger Kleinarbeit kaum einen Hektar Land bewirtschaften. Für teure Pestizide würde das Geld fehlen, weshalb man sich schon deshalb lieber auf überlieferte biologisch-organische Anbaumethoden verlässt. In Ghana ist viel von Gold die Rede. Das Wahrzeichen ist der goldene Stuhl des Ashanti Königs, der jeweils 25 Jahre lang unter Verschluss gehalten wird, um dann einen einzigen Tag lang in einer gewaltigen Prozession dem Volk gezeigt zu werden. Golden ist auch der Kakaobaum, zumindest in der Poesie des Landes. Zum einen wahrscheinlich, weil die gelben Schalen der Rugbyball-förmigen Kakaofrüchte im Schatten der Baumriesen, unter denen sie gedeihen, manchmal golden aussehen. Zum anderen 30 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Foto: Info-Zentrum Schokolade, Leverkusen Unter Verschluss Noch an Ort und Stelle beginnt die Verarbeitung. Die Kakaofrüchte werden mit der Machete aufgeschlagen. Das Fruchtfleisch ist süß und so weiß, dass es scheint, als könne es durch einen bloßen Blick verunreinigt werden. Die Schalen werden an Ort und Stelle als Dünger dem Kreislauf der Natur überlassen oder an rauchenden Feuern zu Seife verarbeitet, die am Markt ein paar Cedis bringt. Zuletzt werden die Kerne, in großen, weißen Haufen mit Bananenblättern abgedeckt, für die Fermentierung vorbereitet.Was danach bleibt, sind die feuchten, braunen Kakaobohnen, die in Jutesäcken zu den Häusern getragen werden, um dort auf langen hölzernen Gestellen in der Sonne zu trocknen. Dabei nehmen sie ein von Land zu Land und von Region zu Region variierendes Aroma an, dem selbst in seiner Essenz noch aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird. Schon weiland Casanova soll gerne auf eine Tasse heiße Schokolade zurückgegriffen haben. Kwado Appiah Kubi kennt alle Mulden und Lichtungen, die in den Pflanzungen als Sammelstellen dienen. Er kennt die Steine im Boden, an denen die Macheten geschliffen werden, und er weiß, welche Familie welches Thematischer Zugang Armut hat aber nirgendwo weniger mit Ärmlichkeit zu tun als in Ghana.Wenn Appiah Kubi von der „Kuapa Kocoo“ eine Kakaofrucht vom Boden aufhebt und aufschlägt, dann scheint das nicht weniger als das Angebot zu sein, vom Lebensquell einer ganzen Region zu kosten.Von Hunger würde er niemals sprechen, und wenn, dann nur wegwerfend, beinahe entschuldigend. Als handle es sich um einen Fauxpas, der eben vorkommen kann. Stück Land bewirtschaftet.Wenn er sich nicht gerade als Reiseführer durch die Welt des Kakaos betätigt, ist er Vorsitzender der „Kuapa Kocoo“, einer Art kleinbäuerlicher Genossenschaft, die sich seit zwei Jahren mit Fragen des Anbaus und der Vermarktung auseinandersetzt. Bis 1966 bestimmten ausländische Exporteure den Kakaomarkt Ghanas, danach übernahm der staatliche „Cacao Board“ das Ruder. Im Zuge einer allmählich Platz greifenden Liberalisierung bekommen nun auch Organisationen wie die „Kuapa Kocoo“, in denen die Bauern sich selbst organisieren, eine Chance. Foto: Info-Zentrum Schokolade, Leverkusen Auch der Dorfoberste ist von einer natürlichen Würde, die keines Prunks, sondern bestenfalls einiger Accessoires und Gesten bedarf, um wahrhaft königlich zu sein. Besucher aus Europa empfängt er, wenn überhaupt, flankiert von zwei Stellvertretern und eingehüllt in traditionelle Tücher. Ein Junge beschattet ihn mit einem Schirm, während er auf einem etwas wackeligen Sessel thront und sich den Begrüßungstrunk vorkosten lässt. Der offizielle Teil wird mit diversen Höflichkeiten absolviert. Danach fällt ihm kein Stein aus der Krone, wenn er in aller Eile Jeans und ein buntes Polohemd überstreift. Er zeigt seinen Gästen seinen eigenen Kakao, der hinter dem Haus trocknet. Zufrieden lässt er die Bohnen wie Nuggets durch seine Hände gleiten. Ein hartes Stück Arbeit, in dem Zeit,Wissen und Liebe stecken, macht stolz und ist weit mehr wert als Gold, sagen seine Augen. Frucht der Lebenskraft Die „Kuapa Kocoo“ arbeitet seit ihrer Gründung mit internationalen Entwicklungshilfe- und Fair-Trade Organisationen wie Max-Havelaar in der Schweiz und Holland und TransFair in Österreich und Deutschland zusammen.Trotzdem ist Appiah Kubi einer von jenen Gesprächspartnern, bei denen einem das Wort „Entwicklungshilfe“ in der Kehle stecken bleibt. Denn betrachtet durch das Fenster im Zentralbüro der „Kuapa Kocoo“ in Kumasi, der Hauptstadt der Region, geraten die Vorzeichen des Hoffnungen In Domeabro etwa, einem Dorf mit rund 50 Familien, stehen allenthalben die Trockentische vor den Häusern. Die ganze Region hat auch eine lange Tradition in der Weberei, aber weder diese Nebeneinnahmen noch jene aus dem Verkauf von Yams, Kochbananen oder Tomaten auf den regionalen Märkten können das Einkommen wesentlich aufbessern. Strom gibt es nur in Form einer Autobatterie, die vor dem Haus des Dorfobersten ein altes Kofferradio speist. Und Schokolade, wie sie aus ihrem Kakao gemacht wird, haben viele Kinder des Dorfs noch nie gekostet. Foto: Info-Zentrum Schokolade, Leverkusen Die Familien erhoffen sich davon vor allem eine Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Eine Familie füllt im Laufe eines Jahres nur wenige der 80 Kilo fassenden Jutesäcke, die mittels Schablone und schwarzer Farbe mit dem Wort "Cacao" beschriftet werden, ehe sie ihren Weg in die Vermahlungs- und Schokolade-Industrie des Nordens antreten. Am Weltmarkt erzielt das Kilogramm Kakao derzeit (1997) rund 18 Schilling (ca. 1,30 €) , nachdem der Preis zwischen 1993 und 1997 von 47 auf nur noch 14 Schilling (ca. 1,- €) gefallen ist. Schule & Mission Heft 2 - 2002 31 Kakako und Schokolade Gebens und Nehmens zwischen Norden und Süden auf seltsame Art durcheinander. Die Bauern Ghanas geben die Kakaofrucht, ein veritables Symbol für natürlichen Reichtum, für Üppigkeit, Lebenskraft und Lebensfreude, dessen Produkte aus keinem einzigen Lebensmittelgeschäft oder Supermarkt der gesamten westlichen Welt wegzudenken sind. Und was eigentlich bekommen sie dafür? Lustige Pantomime Natürlich beherrscht Appah Kubi auch die durchorganisierten Sprachregelungen des in Europa gemachten Stils der Nord-Süd-Kommunikation. Fragt man ihn etwa, während draußen in den Straßen die- Man braucht: 2) Die Blüten wachsen am Stamm ■ Darsteller als Kakaobaum ■ Darsteller als Mücken Die Kakaobauern kommen diesmal mit Bonbons und Sicherheitsnadeln.Vorsichtig befestigen sie die Bonbons als Blüten an den Hosen (als Stämme) der Kakaobaumdarsteller. ■ Darsteller als Erntearbeiter 3) Die Mücken bestäuben die Blüten ■ leckere Schoko-Bonbons als Blüten Alle Mücken kommen angeflogen und versuchen schnell und vorsichtig die Bonbons von den Hosen abzunehmen. Die Bonbons werden an die Kakaobauern weiter gegeben. Die Sicherheitsnadeln bleiben in der Hose. ■ Darsteller als Kakaobauern ■ Luftballons als Kakaofrüchte ■ Sicherheitsnadeln Die Spielleitung erzählt zu den Spielphasen frei eine Geschichte zum Wachstum und zur Ernte von Kakao. Spielphasen 1) Der Kakaobaum wächst Alle Kakaobäume hocken sich auf den Boden und machen sich ganz klein. Bei Beginn der Musik kommen die Kakaobauern und klopfen leicht mit den Fingerkuppen auf die Rücken der Kakaobäume. Das ist der Regen. Die Kakaobäume beginnen zu wachsen, indem erst die Finger, dann die Arme nach oben gestreckt werden und allmählich der ganz Körper folgt. Schule & Bernhard Salomon, Journalist, Wien aus: Der Standard, Wien 1997; Rechte beim Autor „Vom Kakaoanbau zur Produktion“ ■ Musik aus Afrika, z. B. von der CD Traumtänze 2 (Best.-Nr. 303, € 12,78, Kindermissionswerk) Lied „African Dream“ 32 ser wohl wichtigsten westafrikanischen Handelsstadt das Leben kocht, was er sich als Vertreter der Kakaoproduzenten von den Kakaokonsumenten erwartet, dann antwortet er: Den Kindern in unseren Schulen fehlt das Dach über dem Kopf und wir haben keine Bücher für den Unterricht. Etwas Wegwerfendes, als würde er über einen Fauxpas sprechen, klingt wieder mit. Und nur, wer diesem Klang eine Weile nachlauscht, beginnt sich zu fragen, wer diesen Fauxpas eigentlich begangen hat. Mission Heft 2 - 2002 4) Die Kakaofrüchte wachsen Die Kakaobauern stecken erst ein paar Bonbons in einen Ballon, pusten ihn als Kakaofrucht auf, verknoten ihn und befestigen ihn vorsichtig am Knotenende mit der Sicherheitsnadel am Baum. 5) Die Kakaobäume wiegen sich in einem tropischen Gewitterregen Mit Musik und dem Klatschen, Stampfen und Zischen der anderen Darsteller (Gewitterregen) bewegen sich die Kakaobäume auf der Stelle, so dass die Ballons auf und ab wippen. 6) Die Früchte werden geerntet Alle Erntearbeiter nehmen die Früchte vorsichtig ab. Danach dürfen sich alle einen Ballon schnappen, ihn zum Platzen bringen und die Bonbons als Kakaobohnen genießen. Impulse Kakaobohnen-Sackhüpfen D ie Maya und Azteken verwendeten Kakaobohnen nicht nur zur Getränkezubereitung, sondern auch als „Geld, das auf Bäumen wächst“, und bezahlten mit Kakaobohnen andere Lebensmittel. Dieses Spiel greift den sozialgeschichtlichen Hintergrund auf. Die Kinder werden in Gruppen aufgeteilt und sollen in einem Wettbewerb papierne Geldmünzen aus Ghana gegen Kakaobohnen tauschen. Die Kinder können sich aktiv an der Vorbereitung des Spiels beteiligen, denn sie können mit Hilfe der Kopiervorlagen das Spielzubehör basteln. Material ■ Selbstklebendes Klettband, von der flauschigen Seite wird doppelt so viel benötigt. ■ Kakaoblatt (Kopiervorlage, auf DIN A 3 vergrößern), jede Spielgruppe braucht ein Blatt. ■ Münzen aus Ghana (Kopiervorlage, etwas vergrößern), jeder Mitspieler benötigt eine Münze. ■ Kakaobohnen (Kopiervorlage, etwas vergrößern), pro Mitspieler eine Kakaobohne. ■ Eine Schnur mit Wäscheklammern. ■ Kartoffel-, Jutesäcke oder alte Bettbezüge, jede Spielgruppe benötigt einen Sack. Vorbereitung Die Vorlagen werden in der benötigten Stückzahl (siehe links) kopiert. Die Kinder kleben diese auf Pappkarton, malen die abgebildeten Gegenstände entsprechend an und schneiden sie aus. Auf die Kakaoblätter werden nun so viele ca. 1,5 cm lange Klettstreifen (hakige Seite) geklebt, wie die Gruppe Mitspieler hat. Auf der Rückseite einer jeden Münze und Kakaobohne werden ebenfalls Streifen des Klettbandes (flauschige Seite) befestigt. Eine Schnur wird im Gymnastikraum oder im Freien in Griffhöhe der Kinder gespannt. Mit Wäscheklammern befestigen die Kinder so viele Kakaoblätter an der Leine, wie Spielgruppen teilnehmen. Geht man von drei Gruppen à 6 Kindern aus, hängen drei Kakaoblätter auf der Leine, die mit je sechs Kakaobohnen bestückt werden. Spielverlauf Die Kinder werden in gleich starke Gruppen aufgeteilt. Jedes Kind erhält eine Spielmünze. An der Startlinie stellen sich die Kinder auf. Jede Gruppe erhält einen Hüpfsack, in den die ersten Spieler hineinsteigen. Auf ein Startzeichen geht es los. Die Kinder müssen zur Schnur hüpfen, eine Kakaobohne vom Blatt lösen und im Gegenzug die Münze befestigen. Dann hüpfen sie zurück und übergeben den Sack dem nächsten. Das Spiel folgt dem Staffellaufprinzip.Welche Gruppe als erstes alle Mitspieler samt Kakaobohnen im Ziel hat, ist Sieger. Hinweis: Die Gruppenstärke sollte nicht zu groß sein, zu empfehlen sind maximal 6 Kinder pro Gruppe. Raphaela Kehren und Annette Lorke Schule & Mission Heft 2 - 2002 33 Zähneputzen etc.), ggf. mit Gruppe spielerisch erlebbar machen. Man braucht: Vergleich mit Alltag von Kindern in Ghana:Wie putzen die Kinder dort die Zähne (Sternsinger-Mission, Heft 2/2002, S. 10). ■ 1 Tafel Schokolade am Stück ■ Messer, Gabel,Teller ■ 1 Würfel ■ Verkleidungsstücke Winter: Mütze, Schal, Handschuhe oder: ■ Verkleidungsstücke Sommer: Sonnenbrille, Hut,Taucherflosse oder -brille o. ä. Anleitung: Kinder sitzen um Tisch; Schokolade liegt auf Teller in der Mitte; reihum würfeln; wer eine 6 würfelt, zieht schnell die Verkleidungsstücke an und darf dann mit Messer und Gabel von der Schokolade essen; sobald der nächste eine 6 würfelt: Kleidungsstücke übernehmen und los bis die Schokolade aufgegessen ist. Das Schöne dabei: es gibt eigentlich keine Verlierer oder Gewinner, sondern nur richtig viel Spaß! Inhaltliche Weiterführung zum Gesundheitsaspekt: (darf nicht aufgesetzt wirken) Festgemacht an der anschaulichen Frage:Wie viele Kakaobohnen verzehren die Kinder pro Jahr? In einer 100 g Tafel stecken ca. 30 Kakakobohnen. Dazu den wöchentlichen, monatlichen, jährlichen Konsum durch die Kinder ermitteln lassen und entsprechend berechnen. Sicherlich fällt das Ergebnis von Kind zu Kind sehr unterschiedlich aus. Danach Impuls:Was ist schädlich an Schokolade? (Zucker, nicht Kakao), warum? „Ausgleichsmaßnahmen“ (Obst, 34 Schule & Mission Heft 2 - 2002 für bis zu 24 Kinder Dauer: ca. 20 min. (ohne Weiterführung) Man braucht: ■ 5 Tafeln Schokolade der gleichen Geschmacksrichtung (z. B. Nuss) verschiedener Marken (darunter auch Gepa und preiswerte „no name“-Schokolade) ■ 5 Teller ■ Zettel beschriftet mit je einer Zahl von 1-5 (für jedes Kind) ■ Becher (nach Anzahl der Kinder) ■ Milch Vorbereitung: Schokoladen in (meist 24) Stückchen aufteilen und nach Marken getrennt auf Teller verteilen (Marke merken! Oder ggf. Verpackung unter den Teller kleben.) ■ Sammeln und Gegenüberstellung von Schokoladenverpackungen ■ Auflistung gängiger Markenartikel Fragen: Warum mögt ihr am liebsten Milka Schokolade oder Überraschungs-Eier? Was kostet wohl die Verpackung? Warum macht die Gepa keine Reklame im Fernsehen? Stichworte: Werbeslogans, Kinder als Zielgruppe von Werbung, Preisvergleich, fair gehandelte Schokolade, wem kommt Gewinn zugute? für jede Alterstufe und Gruppengröße Schokolade für alle für 5 bis 6 Kinder Dauer: ca. 15 min. Schokoladen-Geschmackstest Schokoladen-Wettessen Kakao und Schokolade Man benötigt: (bei 18 Kindern) ■ 18 Schokoladenstückchen (verteilt auf 2 Teller, ein Teller mit 15 Stückchen, einer mit 3 Stückchen) ■ Lose für die Zugehörigkeit zu einem Kontinent: 2 für Afrika, 2 für Europa, 1 für Lateinamerika, 1 für Nordamerika, 12 für Asien Anleitung: Anleitung: Kinder auffordern von jedem Teller ein Stück zu probieren; zur „Geschmacksneutralisierung“ Milch trinken; dann Wertungszettel von 5 (super lecker) bis 1 (na, ja) den Tellern zuordnen lassen; Wertungen begründen lassen; Ergebnis berechnen und „Siegerehrung“ Kinder ziehen je ein Los; dann werden sie auf die Teller aufgeteilt (z. B. durch Enthüllung der Kontinente-Namen): Weiterführung: Anschließen kann sich eine Vertiefung der „Schoko-Splitter“ in Sternsinger-Mission, Heft 2/2002, S. 4 zu „Werbung“ und „Fairer Handel“. Elemente dafür könnten sein: Afrika,Asien, Lateinamerika: Teller mit 3 Stückchen Europa, Nordamerika:Teller mit 15 Stückchen Das entspricht der Verteilung des weltweiten Schokoladenkonsums von knapp 90% in den Industrieländern und gut 10% für alle anderen. Markus Offner Impulse Fairer Handel „Fairen Handel“ mit in eine Unterrichtseinheit zum Thema Kakao ein zu beziehen, sollte ein besonderes Anliegen jeder Lehrperson sein. Durch Lehrervortrag und Unterrichtsgespräch können Ursachen für die Abhängigkeit von Kakaobauern verdeutlicht werden. (Siehe auch Abbildung einer Tafel Schokolade, deren Stückchen angeben, wie viel die einzelnen Beteiligten an diesem Produkt verdienen, auf S. 36) ■ Die Preise auf dem Weltmarkt werden von den Staaten, die die Rohstoffe kaufen (Industrieländer) festgelegt. ■ Kakaobauern müssen jeden Preis akzeptieren, da sie auf das einzige Produkt Kakao festgelegt sind. ■ Kakaopreise auf dem Weltmarkt verfallen, weil das Angebot immer größer wird. Foto: Info-Zentrum Schokolade, Leverkusen Fakten GEPA = fairer Handel Foto: gepa „Fair“ gehandelte Produkte mit gerechten Preisen für die Erzeuger in der „Dritten Welt“ werden von Verbrauchern zunehmend akzeptiert. So hat sich der Umsatz der größten alternativen Handelsorganisation GEPA in den letzten Jahren zunehmend erhöht und sogar verdoppelt. Die positive Entwicklung ist auf die hervorragende Arbeit vieler Aktionsgruppen und Dritte-Welt-Läden zurückzuführen. Mascao - Schokolade des fairen Handels Mascao ist eine Mischung feinsten Kakaos aus Bolivien mit aromatischem Vollrohrzucker aus den Philippinen. Es ist ein reines Naturprodukt ohne künstliche Zusatz oder Aromastoffe. Vor allem aber garantiert Mascao den Kleinbauern einen Mindestpreis, der ihre Existenz sichert sowie langjährige Abnahmeverträge und die Vorfinanzierung der Ernte. Der Schweizer Chocolatier Bernrain veredelt die Kakaobohnen und –Butter sowie den Vollrohrzucker Mascobado nach einem speziell entwickelten Verfahren schonend und umweltfreundlich. Bernrain sichert beste Qualität innerhalb der aufgedruckten Haltbarkeit zu. Schule & Mission Heft 2 - 2002 35 Kakao und Schokolade Die Kuapa Kokoo Union in Ghana Kakaohandel stand in Ghana bis 1993 unter der Kontrolle der Regierung. Produzenten lieferten ihre Ernte an staatliche Aufkaufstellen, die den Kakao der ebenfalls staatlichen Vermarktungsagentur zuführten. Zwar erhielten die Bäuerinnen und Bauern eine Abnahme- und Preisgarantie, waren aber der staatlichen Bürokratie ausgeliefert. „Keiner der Bauern besaß eine Waage, um zu kontrollieren, wie viel Kakao er wirklich ablieferte. Die von den Regierungsbeamten ermittelten Gewichte waren oft zu niedrig, aber sie mussten akzeptiert werden, genauso wie weitere, nicht immer gerechtfertigte Abzüge. Sein Geld erhielt der Bauer nicht auf die Hand ausbezahlt, sondern als Scheck. Um ihn einzulösen musste er zur Bank gehen und stundenlange Wartezeiten in Kauf nehmen. Hier wurden ihm Spesen abgezogen, der effektive Erlös verringerte sich nochmals. Die Unzufriedenheit wuchs. Durch die vom internationalen Währungsfonds erzwungene Liberalisierung in Ghana können seit 1993 auch private Organisationen die Lizenz erhalten, auf Inlandsebene Kakao aufzukaufen. Die internationale Vermarktung geht bislang noch über die staatliche Cocoa Marketing Company. Die Kuapa Kokoo Union ist eine von der bislang fünf privaten Organisationen, die die Aufkauflizenz besitzen. Gegründet 1993 von 40 Dorfgemeinschaften in der Ashanti-, Brong-ahafo- und Westernregion, wurde zunächst die Hilfe internationaler nichtstaatlicher Entwicklungsorganisationen benötigt, um Gerätschaften, Kapital und know-how für das Aufkaufgeschäft zu erwerben. Inzwischen fallen die ersten Gewinne an, die den 36 Basiskooperativen zugute kommen, die Mitglieder von KKU sind. Weitere Informationen: gepa, Talstraße 20, 58332 Schwelm ? Wer bekommt wie viel Im Gegensatz zu den Kakakobauern im fairen Handel kommen Kakaobauern auf dem Weltmarkt viel schlechter weg. Anhand einer Schokolade die meistens 18 Stückchen hat, kann dargestellt werden, wer wie viel bekommt. ● Handel 5,5 Stückchen ● Schokoladenfirma 7 Stückchen - (Produktionsprozess) ● Verpackung und Rohstoff 5,5 Stückchen (davon entfallen auf den Einkauf 4,0 Stückchen der Kakakobauer erhält 1 Stückchen) Handel Schokoladenfirma Verpackung und Rohstoff Kakaobauer Quelle: Reliprax Spezial, Kakao mehr als schwarz/weiß, September 1994 Die Thematik „Fairer Handel“ ist auch im beigelegten Heft „Sternsinger Mission 2/2002 auf Seite 4 zu finden,. 36 Schule & Mission Heft 2 - 2002 Impulse Unterrichtsskizze zum Thema Kakao / Schokolade Ein „künstlicher“ Kakaobaum wird von den Schülerinnen und Schülern gestaltet . Dazu benötigt man Kartonpappe, Pappröhren, Zeitungspapier, Kleister, weißes Papier, Draht und Baumwollgarn.Auf einer festen Wellpappe wird ein Papprohr mit Zeitungspapier fixiert . Zwei Äste werden innen durch Draht und dann zusätzlich mit Fäden mit dem Mittelteil verbunden. Aus Zeitungspapier und Kleister werden Kakaoschoten hergestellt. Für grüne Blätter benötigt man entsprechendes Tonpapier. Nach dem Trocknungsprozess werden Bäume und Schoten mit Wasserfarben angemalt. (Idee aus: „Wo die Schokolade wächst“ von Lydia Binnewitt, in: Projekt „Eine Welt in der Schule“, Klasse 1 –10) 5. Verarbeitung zu Schokolade ■ siehe dazu das beigelegte Heft „Sternsinger Mission 2/2002“, Seite 3. ■ siehe „Sternsinger Mission“ 2/2002, Eine lange Reise, S. 5 3. Kakaoanbau-Land Ghana ■ Dazu Lehrervortrag aus dem Beitrag: „Die Kinder in den Anbauländern kennen die Süße der Schokolade nicht. (siehe Seite 30) ■ Ebenfalls die weiteren Bausteine wie Armut, Erzählkunst, Sprichwörter, Stoffe und Symbole, Rezept und Spiel in diesem Heft. 4. Anbau und Ernte ■ siehe Heft „Sternsinger Mission“ 2/2002 darin Doppelseite 8-9. Foto: gepa ■ Die Schülerinnen und Schüler bringen Schoko-Artikel mit. 2. Kulturgeschichte des Kakakoanbaus ■ Pantomime zu Anbau und Ernte (siehe Seite 32) 6. Handel ■ Wie gerecht ist der Handel mit Kakao? ■ Dazu der Beitrag GEPA = fairer Handel: „Wer bekommt wie viel“? (siehe Seite 35) ■ ergänzend siehe Heft „Sternsinger Mission“ 2/2002, Seite 4, Fairer Handel und Supermarkt Ralley. Foto: Info-Zentrum Schokolade, Leverkusen 1. Einstiegsphase 7. Präsentation auf einem Schulfest oder als Abschluss einer Projektwoche ■ Dazu eignen sich auch die Themen „Sackhüpfen (siehe Seite 33) ■ und Schoko Wettessen (siehe Seite 34) Schule & Mission Heft 2 - 2002 37 Das Lied der bunten Vögel A m nächsten Tag tanzten und sangen sie alle wieder gemeinsam vor dem Bauern und erhielten viel mehr Futter als erwartet. Es ist nicht gut, nur an sich selbst zu denken. Das Lied der bunten Vögel - ein Märchen aus Ghana erzählt von Kobna Anan und illustriert von Omri Amonde in der gebundenen Ausgabe erschienen im Fischer-Verlag, Münsingen ISBN 3-8568-1219-9, € 16,-