Ansicht des Programmhefts im PDF-Format - Oratorien
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Einladung Sängerinnen und Sänger sowie Instrumentalisten, die an regelmäßiger und intensiver musikalischer Arbeit interessiert sind und Lust zum Programm der kommenden Projekte haben, sind herzlich willkommen und melden sich bitte beim künstlerischen Leiter, Herrn Jörg Dobmeier (s. u.). Chorproben finden wöchentlich dienstags von 20-22 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus am Blarerplatz, Orchesterproben projektweise montags von 2022 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus der Martinskirche Oberesslingen statt. Mitglied im Oratorien-Verein Esslingen e.V. können auch solche Personen (Körperschaften, Firmen) werden, die die kulturellen Ziele des Vereins nicht (mehr) durch ihre eigene aktive musikalische Ausübung, sondern durch ideelle und finanzielle Unterstützung fördern möchten. 1. Vorsitzender Dr. Theo Sauer, Landolinsteige 7, 73728 Esslingen Tel. 07 11 / 35 25 26, E-Mail: [email protected] Internet: www.oratorien-verein-es.de E-Mail:[email protected] Künstlerischer Leiter Jörg Dobmeier, Im Bitterling 1, 73230 Kirchheim/Teck Telefon/Fax 0 70 21 / 5 89 95, E-Mail: [email protected] Bankverbindungen Kreissparkasse Esslingen (BLZ 611 500 20) Konto 99 43 81 Volksbank Esslingen (BLZ 611 901 10), Konto 151 735 000 20 SCHUBERT: MESSE IN AS - DUR _________________________________________________________________ ORATORIEN - VEREIN ESSLINGEN AM NECKAR E.V. Oratorien–Verein Esslingen am Neckar e.V. Sonntag, 5. Mai 2013, 19 Uhr Evangelische Stadtkirche St. Dionys Esslingen Felix Mendelssohn Bartholdy Orgelsonate d-Moll op. 65 Nr. 6 Franz Schubert Messe As-Dur D 678 »Missa Solemnis« für Soli, Chor und Orchester Felix Mendelssohn Bartholdy, Oratorien-Vereins Esslingen am Neckar e.V. (um 1845) _________________________________________________________________ Veranstaltungsvorschau 2013/2014 Sonntag, 8.12.2013 Stadtkirche Esslingen Gedenkgottesdienst 100 Jahre KMD Prof. Hans-Arnold Metzger (5. Dezember 1913 – 2. April 1977) 2 3. Advent, 15.12.2013 Stadtkirche Esslingen 19:00 Uhr Magnificat – Vertonungen von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach (mit den weihnachtlichen Einlagesätzen) Palmsonntag 12.4.2014 Stadtkirche Esslingen 19:00 Uhr Carl Heinrich Graun, Der Tod Jesu Passions-Kantate Es-Dur (1755) für Soli, Chor und Orchester 8. – 16.11.2014 16. Esslinger Forum für Junge Solisten Thematik: »Französische Musik« Eröffnung 8.11.2014 Stadtkirche Esslingen 19:30 Uhr Französische Chor- und Orgelmusik – Stunde der Kirchenmusik – Lili Boulanger u.a. Abschluss 16.11.2014 Stadtkirche Esslingen 19:00 Uhr Charles Gounod, Cäcilien-Messe »Messe solennelle« G-Dur op. 12 (1855) für Soli, Chor und Orchester Künstlerische Leitung Jörg Dobmeier 19 Rainer Maria Rückschloß, Orgel, absolvierte ein Studium an der Musikhochschule in Frankfurt / Main bei den Professoren E. Krapp(Orgel), A. von Arnim und J. Volkmann (Klavier) und schloss mit der Künstlerische Reifeprüfung und dem Konzertexamen ab. Im Anschluss nahm er ein Studium bei Prof. L. Rogg in Genf auf. Er erhielt den ersten Preis des Konservatoriums. Rainer Maria Rückschloß war Stipendiat des Deutschen Musikrats und des DAAD sowie mehrfacher Preisträger bei internationalen Wettbewerben („Wettbewerb des Prager Frühlings“, „J. S. Bach-Wettbewerb“ in Leipzig, „J. N. David-Wettbewerb“ in Wiesbaden, „J. Pachelbel-Wettbewerb“ in Nürnberg und „A. Bruckner-Wettbewerb“ in Linz). Es gibt von und mit ihm zahlreiche CD-Einspielungen. Rainer Maria Rückschloß ist als Organist, Pianist, Komponist und Pädagoge tätig. Sonntag, 5. Mai 2013, 19 Uhr Evangelische Stadtkirche St. Dionys Esslingen Felix Mendelssohn Bartholdy Orgelsonate d-Moll op. 65 Nr.1 1845 Luthers Melodie»Vater unser im Himmelreich« ist Ausgangspunkt einer Variationenfolge – Choral – Andante sostenuto – Allegro molto – Fuga. Sostenuto e legato – Finale. Andante Franz Schubert Messe Nr. 5 As-Dur D 678 »Missa solemnis« für Soli, Chor und Orchester 1819/26 Christine Euchenhofer, Sopran Andrea Wahl, Alt Johann Winzer, Tenor Frank Wörner, Bass Rainer Maria Rückschloß, Orgel Chor und Orchester des Oratorien-Vereins Esslingen Jörg Dobmeier, Leitung 18 3 Felix Mendelssohn Bartholdy, Orgelsonate d-Moll op. 65 Nr. 6 MWV W 61 * 3. Februar 1809 in Hamburg, † 4. November 1847 in Leipzig. Genie und Wirklichkeit Diese Jahr können wir zwar kein besonderes Jubiläum von Mendelssohn feiern, er gehört jedoch zu denjenigen Menschen, denen im Hinblick auf die Rezeptionsgeschichte ihrer Werke, gerade von seinen deutschen Landsleuten, ungeheuer viel Unrecht zugefügt wurde. Ein künstlerisches Genie, das nicht nur komponiert, dirigiert, bearbeitet, sondern auch ein großes bildkünstlerisches Werk hinterläßt (etwa 250 Bleistift- und etliche Federzeichnungen sowie 50 ausgezeichnete Aquarelle), außerdem etwa 12.000 Briefdokumente. Als Zwanzigjähriger führt er am 20. März 1829 in Berlin J. S. Bachs Matthäus-Passion auf, sie erklingt nach Bachs Tod erstmals wieder einhundert Jahre nach ihrer Uraufführung. Ohne Mendelssohn ist die Bach-Renaissance des 19. Jahrhunderts nicht denkbar, die zur Veröffentlichung der Alten Bachausgabe (1850–1900) und vielen Drucken Bachscher Musik für Tasteninstrumente führt. 1843 gründet der damalige Gewandhauskapellmeister in Leipzig das Conservatorium der Musik, die erste ›Musikhochschule‹ Deutschlands, die seit 1946 den Namen »Mendelssohn-Akademie« und seit 1972 den heutigen Namen Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« trägt. Mendelssohn-Werkverzeichnis (MWV) Von Felix Mendelssohn kennen wir bis heute bei weitem nicht alle Werke, 1882 wird in Leipzig eine mehrbändige ›Werkausgabe‹ publiziert, aus der alle Welt die immer gleichen »Highlights« kennt und spielt. Die Opuszahlen sind bis op. 72 authentisch, von der Nachwelt vergeben bis op. 121. Die ›Werkausgabe‹ umfaßt 350 Werke, ist aber eben keine ›Gesamtausgabe‹, wie die im 19. Jahrhundert begonnenen von Bach, Händel, Mozart, Palestrina, Schubert, Schütz u.a.). Erst 1960 beginnt man in Leipzig mit einer Neuausgabe, die seit 1992 als Gesamtausgabe weitergeführt wird, bislang sind mehr als 25 Bände erschienen. Mendelssohn war der letzte große Komponist des 19. Jahrhunderts ohne vollständiges Werkverzeichnis! Ende August 2009 erscheint zu seinem 200. Geburtstag das Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke Felix Mendelssohn Bartholdys (MWV = Mendelssohn-Werke-Verzeichnis, entsprechend BWV = BachWerke-Verzeichnis oder SWV = Schütz-Werke-Verzeichnis) – noch vom Herausgeber Ralf Wehner als »Studienausgabe« bezeichnet, mit jetzt etwa 750 Kompositionen, von denen die meisten noch in den 1960er Jahren unveröffentlicht waren! Es wird jedoch Jahrzehnte dauern, bis Mendelssohns Gesamtwerk vorliegt. Damit wird sich auch unser bisheriges Mendelssohn-Bild stark verändern müssen. Aspekte der Rezeptionsgeschichte Für diesen ›Nachholbedarf‹ gibt es mehrere Ursachen: U. a. schon Richard Wagners unselige ›Schmähschrift‹ von 1850 Das Judenthum in der Musik führt zu 4 Johann Winzer, Tenor wurde in München geboren. Seine Ausbildung führte ihn nach London, Mailand, Venedig, Köln und Berlin zu Lehrern wie P. Miranda - Ferraro, J. Metternich oder Fr. Araiza. Ursprünglich hat Johann Winzer Physik studiert, aber nachdem er erfolgreich am Mailänder Caruso – Wettbewerb für Tenöre teilgenommen hatte, begann er seine Karriere am Opernhaus Bonn. Inzwischen lebt Johann Winzer als freier Opern – und Konzertsänger im Allgäu und ist als Konzert-sänger tätig. Die Operette liegt ihm sehr am Herzen und er hat beinahe alle großen Operettencharaktere verkörpert. In den letzten Jahren wuchs ihm als Betätigungsfeld auch die Neuere Musik zu. So wirkte er z. in Wien und Luxemburg an Produktionen des österreichischen Avantgardisten W. Mitterer mit und sang den Hauptmann im Wozzeck von Alban Berg. Frank Wörner, Bass ist in Esslingen a. N. geboren und absolvierte zunächst ein Schulmusikstudium an der Musikhochschule Stuttgart, nachfolgend ein Studium der Alten Musik an der Schola Cantorum Basiliensis in Basel/Schweiz und ab 1993 ein Gesangsstudium bei Prof. L. Bosabalian, C. Davis und F. Simard. Seine Engagements führten ihn an viele interna-tionale Opernhäuser Darüber hinaus hat Frank Wörner eine rege Konzerttätigkeit als Oratorien- und Liedsänger. In den letzten Jahren ist er gefragter Interpret Neuer Musik. Zahlreiche Radio- und CDEinspielungen vervollständigen seinen Wirkungsbereich. Seit 2011 ist er Dozent und stellvertretender Leiter im „Studio für Stimmkunst und neues Musiktheater“ der Musikhochschule Stuttgart und seit 2012 Professor für Gesang an der Hochschule für Musik Saar. 17 Christine Euchenhofer, Sopran, absolvierte ihre Gesangsausbildung bei Prof. Ulrike Sonntag, Stuttgart. Begleitend nahm sie an zahlreichen Meisterkursen, u. a. bei Prof. J. Hamari, Prof. U. Bästlein und Prof. J. FavaroReutter sowie Prof. Ph. Moll teil. 2011 wirkte sie als Solistin bei den Eröffnungskonzerten des Schwarzwald-Musikfestivals unter der Leitung von M. Mast mit. Neben Auftritten im Bereich der Kirchenmusik, wie mit dem Requiem von W. A. Mozart, Ein Deutsches Requiem von J. Brahms, der Johannespassion von J.S. Bach u. a. widmet sie sich dem Liedgesang. Mit der Pianistin Sabine Schubert-Kessler und dem Bariton Burkhard Seizer verbindet sie auf diesem Gebiet eine langjährige musikalische Zusammenarbeit als bekanntes TRIO NOBILE. Neben reger Konzerttätigkeit ist Christine Euchenhofer auch als Stimmbildnerin und Gesangspädagogin tätig. Andrea Wahl, Alt, wurde in Schwäbisch Gmünd geboren und studierte an der Musikhochschule und Opernschule Freiburg bei Prof. Beata HeuerChristen und Friederike DästnerSchaarschmidt. Ihre Ausbildung bereicherte und vervollständigte sie maßgeblich durch Unterricht und Meisterkurse bei E. Glauser, W. Long, R. Goebel sowie als Stipendiatin der Internationalen Bachakademie Stuttgart. Seit 1999 arbeitet Andrea Wahl als freischaffende Sängerin auf vielfältige Weise. Als Konzertsängerin war sie unter anderem beim Luzern Festival, Rhein Vokal Festival sowie beim Internationalen Musikfest Stuttgart und dem Europäischen Kirchenmusik-Festival Schwäbisch Gmünd zu hören.. Ein gemeinsames Schaffen verbindet sie außerdem mit der Gächinger Kantorei, den Aureliussängerknaben Calw, den Dresdner Kapellsolisten, dem SWR-Vokalensemble, dem RSO Stuttgart und zahlreichen namhaften Ensembles und Orchestern darüber hinaus. 16 Neid, Verdächtigungen, rassistischen Aussagen, die Mendelssohns Musik immer stärker zurückdrängen. Nicht erst für die Ideologie des Dritten Reiches mit ihren Programmen zur Judenverfolgung und -vernichtung liefert Wagners Schrift willkommene Munition. Mendelssohns Musik fällt unter das Aufführungsverbot, 1936 zerstörte die SA das Mendelssohn-Denkmal vor dem Leipziger Gewandhaus. Die konsequente Art der ›Gleichschaltung‹ und das Verbot, Mendelssohns Musik als Noten zu verkaufen oder nur zu entleihen, eliminiert sein Œuvre vollständig bis weit in die Nachkriegszeit. Dies ist den Programmen des OratorienVereins der 20er und 30er Jahre ebenfalls zu entnehmen. Überlebt hat das ein oder andere Lied ohne Worte im häuslichen Wohnzimmer. Im Jubiläumsjahr 2009 war vom 1. Mai bis 8. November im Bachhaus Eisenach eine außerordentlich beeindruckende Sonderausstellung zu sehen: ›Blut und Geist‹. Bach, Mendelssohn und ihre Musik im Dritten Reich, genauso bemerkenswert ist der zugehörige Katalog. Die Aufarbeitung der Vergangenheit wird noch mehrere Generationen andauern. Mendelssohn und die Orgel Mendelssohns Orgelwerke, für zwei Spieler (V 1) und für einen Spieler (W 161), sind überschaubar. Felix erhält früh Orgelunterricht, sein Vater ermöglich ihm ausgedehnte Bildungsreisen, aus den Briefen erlangen wir Kenntnis über Orgeln und Organisten aus mehreren europäischen Ländern, über große Erfolge als Organist berichtet er insbesondere aus England. Am 6. August 1840 gibt Mendelssohn in Leipzig ein besonders erfolgreiches Orgelkonzert zugunsten der Errichtung eines Bach-Denkmals. Robert Schumann schreibt darüber in seiner Neuen Zeitschrift für Musik u. a., daß es »doch in der Musik nichts Größeres gibt als jenen Genuß der Doppelmeisterschaft, wenn der Meister den Meister ausspricht. Ruhm und Ehre dem alten wie dem jungen!« Die sechs Sonaten für die Orgel op. 65/1-6 in f-Moll, c-Moll, A-Dur, B-Dur, D-Dur und d-Moll (MWV W 56-61) sind primär von Sommer 1844 bis Frühjahr 1845 entstanden, parallel zu seiner Edition der Bachschen Choralbearbeitungen und zu Arbeiten an seinem Violinkonzert e-Moll. »Meine 6 Orgel-Sonaten sind fertig«, schreibt Mendelssohn am 15.2.1845 an seinen Freund Carl Klingemann. Den Sammeldruck kündigt er dem Leipziger Verlag Breitkopf und Härtel am 19.4.1845 an mit den Worten, er habe »niederzuschreiben versucht … meine Art die Orgel zu behandeln und für dieselbe zu denken.« Der Originaldruck erscheint im September 1845. Einen Monat später, am 22. Oktober 1845, schreibt Schumann an Mendelssohn unter Hervorhebung der 5. und 6. Sonate begeistert: »überall das Vorwärtsstreben … diese ächt poetischen neuen Formen, wie sie sich in jeder Sonate zum vollkommenen Bild runden.« In der Sekundärliteratur ist zu lesen, daß Mendelssohns op. 37 (Drei Präludien und Fugen, London 1837) und vor allem die Sechs Sonaten op. 65 zu den Marksteinen in der Geschichte der Orgelmusik gehören. »Mendelssohn war seit Bachs Tod der erste Komponist von internationalem Rang, der sich wieder ernst- 5 haft mit der Orgel auseinandersetzte. Fast hundert Jahre, bis 1845, hatte dieses ›Interregnum‹ gedauert.« Mendelssohn und Christian Fink Die Aufführung von Orgelsonaten Mendelssohns (oder einzelner Sätze daraus) hat im Oratorien-Verein Esslingen eine lange Tradition, die bis 1864 zurückreicht, wie man auf der CD-ROM der Jubiläumsschrift von 2001 nachprüfen kann. Insbesondere war es Professor Christian Fink, Musikdirektor des Oratorien-Vereins von 1863 an über 40 Jahre, Stadtkirchen-Kantor und -Organist seit 1860. Er studiert am Leipziger Konservatorium von August 1853 an – zehn Jahre nach dessen Gründung und wenige Jahre nach dem Druck der Orgelsonaten von Mendelssohn. Bereits im April 1855 schließt Fink mit seiner eigenen Sonate für Orgel gMoll op. 1, mit der Note „Sehr vorzüglich“ ab. Er wird insbesondere zu den geistlichen Konzerten des Riedelschen Vereins (Carl Riedel) verpflichtet, für den er von 1856-1860 sämtliche Orgelsoli und -Begleitungen übernahm. Schon 1873 beginnt in H. Mendels Musikalisches Conversations-Lexicon, Band 3, ein ausführlichen Artikel über den 42-jährigen Fink mit: »vortrefflicher deutscher Orgelvirtuose und Musiktheoretiker.« Fink spielt in St. Dionys von 1864 bis 1891 vielfach aus Mendelssohns Orgelsonaten op. 65, auch sein Nachfolger KMD Wilhelm Nagel spielt bis 1922 daraus. Seiten 13-15 Messetext als Word-Dokument zweispaltig Extra abgespeichert als: Messetext TNR D 678c.doc Vielleicht besser vorher als PDF umwandeln Originaldruck der Orgelsonaten von 1845 6 15 Seiten 13-15 Messetext als Word-Dokument zweispaltig Extra abgespeichert als: Messetext TNR D 678b.doc Vielleicht besser vorher als PDF umwandeln 14 Franz Schubert (um 1826) 7 Franz Schubert, Messe Nr. 5 As-Dur D 678 * 31. Januar 1797 im Himmelpfortgrund bei Wien, 19. November 1828 ebenda. Seiten 13-15 Messetext als Word-Dokument zweispaltig Extra abgespeichert als: Messetext TNR D 678a.doc Vielleicht besser vorher als PDF umwandeln Zur Entstehung dieser Messe Franz Schubert schreibt aus Wien am 2.7.1821 an seinen Freund Josef von Spaun: »Meine Messe ist geendiget, und wird nächstens producirt werden; ich hab noch die alte Idee, sie dem Kaiser oder der Kaiserin zu weihen, da ich sie für gelungen halte.« Begonnen hat er seine fünfte Messe im November 1819, von ihm selbst im Autograph mit ›Missa solemnis‹ bezeichnet, dieses Mal aus freien Stücken, weg von der liturgischen Gebrauchsmusik, ohne Kompositionsauftrag. Ein Zufall der Wiener Musikgeschichte ist es, daß eben zu dieser Zeit (18181823) ein anderer Komponist an seinem Auftragswerk, einer ›Missa solemnis‹ arbeitet, Ludwig van Beethoven. Schubert benötigt für die Komposition der Messe einen ungewöhnlich langen Zeitraum von Fast drei Jahren, allerdings hat er in den »Jahren der Krise« (um 1820) die Komposition immer wieder unterbrochen, u.a. durch das ›Forellenquintett‹ D 667, das Oratoriumsfragment Lazarus D 689, durch die Sinfonie hMoll D 759, die Opern Alfonso und Estrella D 732 sowie Fierabras D 796, die ›Wandererfantasie‹ D 760. In den Jahren 1825/26 hat Schubert die Messe AsDur in vielen Details überabeitet bzw. neu komponiert, z.B. die Fuge Cum Sancto Spiritu (in ihrer ersten Fassung bereits 172 Takte lang) ersetzt er durch eine noch umfangreichere (198 Takte), in der er das Thema erstmals nicht real, sondern tonal beantwortet. Nachweislich hat sich Schubert zu dieser Zeit mit Fugen Bachs und Händels beschäftigt. Anlaß ist Schuberts an den Kaiser Franz I. gerichtete Bewerbung auf die schon länger vakante Vizehofkapellmeisterstelle vom 7.4.1826, die leider erfolglos und mit einer großen Enttäuschung Schuberts endete. Hofkapellmeister Joseph Eybler schickt die Kopie der Partitur zurück und läßt sinngemäß ausrichten: »Die Messe ist gut, aber nicht in dem Styl componirt, den der Kaiser liebt.« Zudem heißt es: »Messen sollten kurz, nicht schwer auszuführen sein.« Dies war Schubert sicher schon vorher bekannt, hatte er doch bereits mit einer Reihe von Änderungen eingriffen, etwa hohe Lagen in den Singstimmen und virtuose Figurationen in den Violinstimmen zurückgenommen. Schuberts eigene Einschätzung dieser Messe geht aus einem Schreiben an den Schott-Verlag in Mainz vom 21.2.1828 hervor – wohin er drei Opern eine Sinfonie und die Messe As-Dur geschickt hatte, um den Verlag mit seinem »Streben nach dem Höchsten in der Kunst bekannt« zu machen. Veränderungen im Messetext Das Problem der Textauslassungen in Schuberts Messen hat unterschiedliche Gründe. Früher hatte man angenommen, Schubert habe der Text nur unvollstän- 8 13 Anmerkungen zur Rezeptionsgeschichte Franz Schubert teilt mit Felix Mendelssohn ein ähnliches Schicksal, was die Rezeptionsgeschichte seines Lebens und seiner Werke angeht. Vor allem hat der biographische Roman ›Schwammerl‹, ein Schubert-Roman von Rudolf Hans Bartsch, im Verlag L. Staackmann in Leipzig 1912 (308 Seiten) verlegt, als Bestseller großen Einfluß. Frei erfundene Legenden und Halbwahrheiten sind munter gemischt, die Reduktion auf Äußerlichkeiten und Miniausschnitte des Œuvres haben ein leider bis heute verbreitetes Klischeebild von Schubert erzeugt. Dieser Roman von Bartsch, in dessen Impressum es noch 1912 heißt: »Bühnenbearbeitung wird nicht gestattet«, diente auch als eine der Vorlagen für das Libretto der 1916 in Wien uraufgeführten Operette ›Das Dreimäderlhaus‹, Singspiel in 3 Akten von Heinz Reichert und Alfred Maria Willner. Zentrale Figur ist Franz Schubert in Wien zwei Jahre vor seinem Tod. Die Musik dazu hat Heinrich Berté Werken Schuberts in leicht bearbeiteter Form entnommen. Das Werk war von Anfang an überaus erfolgreich, es wurde in über 20 Sprachen übersetzt und in mehr als 60 Ländern aufgeführt. Das Werk soll die nach Johann Strauß (Sohn) Fledermaus am häufigsten gespielte Operette sein. Nur eine halbe Generation später tritt ein weiteres Machwerk ans Licht der Öffentlichkeit: Eine fiktive Autobiographie, verfaßt von der englischen Schriftstellerin Esther Meynell, Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach. 1930 bei Koehler & Amelang in Leipzig erstmals verlegt (zunächst sogar anonym). Freie Fantasie, Passagen aus dem Nekrolog u. a. m. lassen den Leser im Glauben, die Autorin hätte ihre persönlichen Beobachtungen der Bachzeit aufgezeichnet. Eine beängstigende Anzahl von Neuauflagen und Sonderausgaben mit abenteuerlichen Untertiteln (»All denen gewidmet, die J.S. Bach lieben« oder »Das Buch der deutschen Familie – in altdeutscher Schrift«) und Angebote im Antiquariat versorgen den Markt bis heute – bislang wurden über eine halbe Million Exemplare in Deutschland verkauft, obwohl es die verläßlichen Bach-Dokumente längst als Taschenbuch gibt. Jüngster Verkaufsschlager ist ein Hörbuch mit 4 Audio-CDs. Dichtung und Wahrheit Gegen solche Willkür und mediale Geschäftemacherei sind wir qua OratorienVerein Esslingen zunächst machtlos, zumal man als positive Argumente auch noch vernehmen muß, daß mit diesen Erzeugnissen sogar eine Klientel erreicht werde, die mit klassischer Musik sonst nichts am Hut habe. Eindrückliche Zerrbilder bleiben besonders gut haften, die objektive Wahrheit bleibt jedoch auf der Strecke. Gemäß der Satzung des Oratorien-Vereins sehen wir uns in der Pflicht, geistliche und weltliche Musik zu pflegen, in Konzerten aufzuführen und jeweils medial zu vermitteln. Dazu gehört auch, Mitglieder und Zuhörer über Komponisten und deren Werke möglichst ideologiefrei und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu unterrichten. Ulrich Prinz 12 dig vorgelegen, er sei zudem flüchtig damit umgegangen, sogar unzureichende Lateinkenntnisse wurden ihm angelastet. Mittlerweile hat man erkannt, daß die konsequente Auslassung im CREDO »Et unam sanctam catholicam et apostolicam Ecclesiam« eindeutig Schuberts Distanz zur Kirche zeige. Im übrigen unterscheiden sich Messen Schuberts vielfältig in ihren Textänderungen. Der Messetext als solcher mußte nicht eigens genehmigt werden. Genauere Untersuchungen der Messkompositionen seiner Zeitgenossen haben außerdem ergeben, »daß in den wenigsten Messen der Zeit der liturgische Text ohne jede Abweichung vertont wurde.« In unserem Libretto sind alle Abweichungen, Umstellungen, Auslassungen eigens gekennzeichnet. Zur Editionstechnik Da die Editionsleitung der ›Neuen Schubert-Ausgabe‹ am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Tübingen angesiedelt ist, gab es auch schon in den 60er Jahren Hauptseminare, die sich mit Editionstechnik und der Interpretation von Schuberts Handschrift befaßten, zumal man in Tübingen über die Schreibgewohnheiten J.S. Bachs sehr genau Bescheid wußte. Bei der Durchsicht vieler Schubert-Autographe gelangte man zum eindeutigen Ergebnis, daß man ehedem Schuberts Schreibgewohnheiten nicht genügend beachtet habe. Was über viele Jahrzehnte von den Editoren der Verlage als decrescendo gedeutet wurde, ist in Wirklichkeit ein Akzent, der sich auf eine Note bezieht, beim Niederschreiben etwas zu groß geraten ist, aber jeweils eine typische Aufwärtsrichtung zeigt. Die ›Neue Schubert-Ausgabe‹ beachtet diese Regeln streng, allerdings sind immer noch viel praktische Noten im Umlauf (bzw. werden nachgedruckt), es wird Jahre dauern, bis sich diese bald 50 Jahre alten ›Neuerkenntnisse‹ durchsetzen. Kompositorische Besonderheiten In dem Bemühen, die liturgische Gebrauchmusik als funktional gebundene Gattung bewußt zu verlassen, sucht Schubert eigene Kriterien des Ästhetischen, der Schönheit und rein musikalischer Kunst auf dem Weg zur Konzertmesse anzuwenden. Seine Musiksprache wird immer reicher, differenzierter und eigenständiger. Als kleine Auswahl der Details sind u.a. zu nennen: Die vielfältige Besetzung und Instrumentation erreicht in einzelnen Orchesterabschnitten geradezu symphonische Dimensionen, kontrastiert mit a-cappella-Abschnitten (z.B. zu Beginn des Credo), eine wirkungsvolle Chorerweiterung im Et incarnatus est bis zur Achtstimmigkeit (eingesetzt als Tief- und Hochchor), chorische Unisoni als intensivierte Steigerung (z.B. ›miserere nobis‹ im Agnus Dei). Die größte Eigenständigkeit erreicht Schubert im Bereich seiner Tonartenwahl. Schon bei Mozart und Beethoven finden sich mediantische (großterzverwandte) Wendungen, aber Schubert geht den eingeschlagenen Weg konsequent weiter, indem die einzelnen Meßteile mediantische Beziehungen aufweisen, eine für seine Zeit unerhörte harmonische Gestaltung. Schubert ersetzt die traditionellen Quintbeziehungen durch Terzbeziehungen, dabei vertritt die Oberterz die 9 Dominant-, die Unterterz die Subdominantfunktion. Diese übergreifende Funktion wendet Schubert in den vier davor liegenden Messen noch nicht an. Ausgehend von As-Dur in den Rahmensätzen Kyrie und Dona nobis pacem (ebenso der Mittelteil ›Et incarnatus est‹ im Credo und das Benedictus), steht das textreiche Gloria in E-Dur (= Fes-Dur) das ebenfalls textreiche Credo in C-Dur, Sanctus und Osanna in F-Dur, der Beginn des Agnus Dei in f-Moll (als Moll-Parallele von AsDur). Insgesamt ein abwärts geführter Großterzzirkel, sich zum übermäßigen Dreiklang as-c-e ergänzend. Damit einher geht der ständige Wechsel von geraden und ungeraden Taktarten in den Messeteilen: 1. Kyrie 2. Gloria 3. Credo 4. Sanctus Osanna 5. Benedictus 6. Agnus Dei Dona nobis As-Dur E-Dur C-Dur As-Dur C-Dur F-Dur F-Dur As-Dur f-Moll As-Dur 2/2 3/4 2/2 3/2 2/2 12/8 6/8 2/2 3/4 2/2 Andante con moto Allegro maestoso e vivace Allegro maestoso e vivace Grave Allegro maestoso e vivace Andante Allegro Andante con moto Adagio Allegretto Walther Dürr, einer der besten Kenner von Schuberts Gesamtwerk, geht davon aus, daß durch diese Tonartenwahl, die Modulationen und den übermäßigen Dreiklang eine »Weitung des Raumes« entsteht, der »das Gefühl der Unendlichkeit vermittelt« und zum »Typus einer Bekenntnismesse« führe. Schubert-Werkverzeichnis und Chronologie Ein erstes Werkverzeichnis ist in London 1951 in englischer Sprache erschienen unter dem Titel: »Schubert. Thematic Catalogue of all His Works in Chronological Order«, verfaßt von dem großen österreichischen Musikhistoriker Otto Erich Deutsch nach jahrzehntelangen Vorbereitungen. Der 1883 in Wien geborene O.E. Deutsch emigrierte 1939 nach England (ein Jahr nach dem ›Anschluß‹!), wo er 1947 die britische Staatbürgerschaft erwarb. 1952 kehrte er endgültig nach Wien zurück. Das nach ihm benannte ›Deutsch-Verzeichnis‹ (zunächst DV, heute nur noch D) wurde 1978 zum 150. Todestag des Komponisten von den Mitgliedern der Editionsleitung der ›Neuen Schubert-Ausgabe‹ eine revidierte Neuausgabe in deutscher Sprache herausgegeben. Fünf Jahre später folgte als TaschenbuchAusgabe ›Franz Schubert. Werkverzeichnis. Der Kleine Deutsch.‹ Das äußerst zuverlässige, chronologische Werkverzeichnis umfasst nahezu 1000 Werke, D 1965 B als datierbare Werke und D 966-998 als undatierbare Werke. Da Opuszahlen, insbesondere im 19. Jahrhundert, leider weniger mit der Entstehungszeit als mit der Drucklegung des Verlegers zu tun haben, ist äußerste Vorsicht geboten. Bei Schubert sind die Werke von op. 107 an sogar postum erschienene Werke. 10 Wie oft wird die Sinfonie h-Moll D 759, »Die Unvollendete«, immer noch als Spätwerk angepriesen, ist sie doch 1822 entstanden, der 3. Satz als Fragment hinterlassen. Die große Sinfonie C-Dur D 944 ist von Schubert datiert mit März 1828. Zu seinen Lebzeiten wird das Werk weder aufgeführt noch gedruckt. Es ist das besondere Verdienst Robert Schumanns, der das Werk bei Schuberts Bruder Ferdinand 1839 in Wien gesehen hatte und bei Breitkopf & Härtel in Leipzig zum Druck befördern konnte. Und es war Felix Mendelssohn, der die Uraufführung von Schuberts Sinfonie C-Dur an Bachs Geburtstag, am 21.3.1839, im Gewandhaus in Leipzig dirigierte. Es entsteht ein völlig anderes Schubertbild, wenn man den weinseligen Freundeskreis und dessen Lieder verläßt, die späten Messen As-Dur D 678 und Es-Dur D 950 einbezieht, den ›Schwanengesang‹ D 957 und in der Instrumentalmusik die letzten drei Klaviersonaten c-Moll, A-Dur und B-Dur D 958-960, das Streichquartett G-Dur D 887 und das Streichquintett C-Dur D 956. Wer diese Werke nicht kennt und studiert hat, weiß viel zu wenig über den Komponisten Franz Schubert und dessen besondere Bedeutung in der Musikgeschichte. Dokumentarbiographien Eine zunehmende Wertschätzung kommt O.E. Deutschs dokumentarischen Beiträgen zur Schubert- und Mozartforschung zu. »Deutschs systematische Erforschung, Sichtung und kritische Veröffentlichung aller erreichbarer Quellen von Mozarts und Schuberts Leben und Wirken haben beispielgebend auf die jüngere Musikbiographik gewirkt«, heißt es im Artikel Otto Erich Deutsch in der neuen Ausgabe des Personenteils der MGG, Bd. 5, 2001. Das Ergebnis z.B. Otto Erich Deutsch, Schubert, A Documentary Bibliography. London 1946, deutsch: Die Dokumente seines Lebens. Kassel 2/1964; ders., Franz Schubert. Die Erinnerungen seiner Freunde. Leipzig 1957; ders., Mozart. Die Dokumente seines Lebens. Kassel 1961 (= NMA X, Supplement 32). Solche Dokumente zu besorgen und zu lesen, macht viel Arbeit, allerdings bewegt man sich auf gesichertem Terrain! Tradition und Gegenwart Schuberts Kirchenmusik gehörte bislang nicht zu den Favoriten des OratorienVereins, zumal die frühen Messen eher in der Liturgie der katholischen Kirche zu integrieren sind. Außer einem nicht näher bezeichneten Sanctus, das am 24.11. 1904 bei der Einweihung des Faißt-Denkmals bei der Frauenkirche musiziert wurde und dem Stabat mater D 383, aufgeführt am 22.11.1919 unter Wilhelm Nagel, lassen sich ausschließlich die beiden großen Messen in konzertanter Aufführung nachweisen: Messe Nr. 6 Es-Dur D 950 am 5.3.1911 und in Schuberts 100. Todesjahr am 11.11.1928 unter Wilhelm Nagel. Die nächste Aufführung findet erst 60 Jahre später, am 27.3.1988, unter Jörg Dobmeier statt. Die Messe Nr. 5 As-Dur D 678 führt Jörg Dobmeier erstmals am 4.5.1991 auf, nach 22 Jahren erfolgt eine erneute Aufführung am heutigen 5.5.2013. 11