Stichwort: Universelles Leben / Wittekismus von Wolfram Mirbach

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Stichwort: Universelles Leben / Wittekismus von Wolfram Mirbach
Stichwort: Universelles Leben / Wittekismus
von Wolfram Mirbach
Abgedruckt im BERLINER DIALOG Heft 2-97
© Dr. Wolfram Mirbach
Gründerin und Entstehung
Gründerin des "Universellen Lebens" (Abk: UL) ist Gabriele Wittek, geborene Maden, aus Wertingen
(Bayrisch-Schwaben), geb. 1933.
Als Tochter eines Schneidermeisters ist sie in traditionell-katholischer, kleinstädtischer Umgebung
aufgewachsen. Ausbildung als Kontoristin. 1955 Heirat. 1964 Geburt einer Tochter.
Ab 1967 in Würzburg. Nach Tod ihrer Mutter 1970 glaubt Frau Wittek, mit dieser weiterhin in
Verbindung zu stehen. Besuch spiritistischer Zirkel, um mit der Verstorbenen Kontakt aufzunehmen.
Am 6.1.1975 soll bei Frau Wittek das "Innere Wort"" durchgebrochen sein.
Der "Geistlehrer Bruder Emanuel" und "Jesus Christus" sollen sie seitdem als ihr Sprachrohr
benutzen.
Seit 1980 ist Gabriele Wittek einziges Bindeglied zwischen Gott und Welt.
Sie wird die letzte Prophetin sein, die neue Inhalte vermitteln kann; nach ihrem Tod sind nur noch
Wiederholungen zu erwarten. Zwar betont sie, nur "Geschwister unter Geschwistern" zu sein.
Doch erhält sie von ihren Anhängern eine quasi-messianische Stellung beigemessen.
Denn nur sie kann Letztgültiges für alle Glaubens- und Lebensfragen offenbaren.
Entwicklung und Geschichte
Seit 1975 bestehen Zellen des späteren "Heimholungswerks Jesu Christi" (HHW) in Nürnberg und
Würzburg. Anfangs gibt es vier Medien im HHW. Seit 1980 bleibt nur Frau Wittek übrig.
Von da an wird sie als "Prophetin" bezeichnet.Seit dieser Zeit wirken auch vermehrt synkretistischhinduistische Einflüsse auf das HHW. Frau Wittek unternimmt Anfang der 80-er-Jahre verstärkt
Reisen ins In- und Ausland, in denen sie über ihre "Offenbarungen" neue Anhänger gewinnt.
Das "Heimholungswerk" expandiert. Der Eintritt eines Münchner Großindustriellen verschafft dem
HHW die notwendigen Geldmittel. Dennoch scheitern Projekte der nun in "Universelles Leben" (UL)
umbenannten Gemeinschaft in Würzburg, dem Zentrum der Bewegung, und Umgebung am
Widerstand der Bevölkerung. Allerdings kann das UL expandieren, so daß es heute vielfältige
wirtschaftliche Aktivitäten ausübt. Das UL betreibt biologischen Landbau und vermarktet seine
landwirtschaftlichen Produkte. Es ist durch eine eigene "Christusklinik" auf dem Gebiet alternativer
Medizin tätig. Im Marktheidenfelder Ortsteil Altfeld unterhält das Universelle Leben ein eigenes
Gewerbezentrum mit verschiedensten, sog. "Christusbetrieben". Die Betriebe des UL betätigen sich
u.a. in der Bauerstellung und -vermarktung, im Bereich der EDV wie der Familienhilfe.
Es gibt viele Arten von Handwerksbetrieben, so z.B. Schreinereien, Webereien, Schneidereien und
Gärtnereien. Besonders wichtig ist für das UL der pädagogische Bereich. Neben Kindertagesheimen,
Kindergärten und -horten betreibt das Universelle Leben seit 1991 eine eigene Schule, deren
Grundlage seine Glaubenslehre bildet. Anfang 1995 übernimmt die "Bundgemeinde Neues
Jerusalem" die Verantwortung für das UL.
Dabei handelt es sich um den Inneren Anhänger-Kreis des UL, ungefähr 800 Personen, die in stark
reglementierten Wohngemeinschaften zusammenleben.
Lehre und Stellung zum Christentum
Die Offenbarung Jesu wird durch die Offenbarung Frau Witteks korrigiert, erläutert und überboten.
Die Entstehung von Erde und Welt sei Folge des Abfalls von der ursprünglichen Einheit.
Diese Fallbewegung sei durch Christus, der in den Leib Jesu einfuhr, umgekehrt worden.
Am Kreuz soll er den göttlichen Funken in jede menschliche Seele verströmt haben.
Seitdem sei nur noch Aufstieg zu Gott möglich. Ziel ist, in möglichst wenigen Wiederverkörperungen in
die Ur-Einheit einzugehen.
Das UL bietet Kurse an, die die "verschalteten" Bewußtseinszentren freilegen sollen.
Diese bauen insbesondere auf Konzentrations- und Meditationsübungen auf.
Mit der 4. (von sieben) Stufen dieses "Inneren Weges" wird der Mensch vom Gesetz von Ursache und
Wirkung (Karmagesetz) frei. Am Ende dieses Weges steht die Einheit der Seele mit dem absoluten
Bewußtsein. Das UL behauptet von sich, das wahre Urchristentum zu verwirklichen und die
vernachlässigte und fehlinterpretierte Bergpredigt (Mt 5-7) wieder in ihre ursprüngliche Bedeutung
einzusetzen. Hierbei wird allerdings der Text der Bergpredigt durch Witteks Offenbarung sinnwidrig
entstellt.
Das UL erhebt den Anspruch, die allei-ige Wahrheit zu verkünden.
Daher bekämpft es alle, die sich dem UL entgegenstellen. Kritiker am UL beweisen nur ihr niedriges
Bewußtsein. Der haßerfüllte, verleumderische und gleichermaßen feige (anonyme Briefe) Umgang mit
Kritikern steht in auffälligem Gegensatz zum angeblichen Ziel des UL, Liebe in die Welt
hinauszustrahlen.
Das UL bekämpft auch die "Amtskirchen", insbesondere natürlich die Kritiker des UL in ihren Reihen,
mißliebige Privatpersonen und Politiker. Durch ständige Prozesse versucht das UL, sie zum
Verstummen zu bringen.
Jede Kritik am UL muß verworfen werden, weil das Wort der "Prophetin" Frau Wittek als alles
überbietende Offenbarung in allen Einzelheiten stimmt. Weil sie und ihre Kundgaben im Mittelpunkt
des UL stehen, entscheidet sich an der Stellung zu Frau Wittek das Verhältnis des Menschen zu Gott.
Inhaltlich widerspricht die Lehre des UL der christlichen Lehre in allen wesentlichen Punkten.
Denn weder sieht das Christentum Gott allein im Inneren des Menschen wohnen, noch vertritt es die
Lehre von Wiederverkörperung/Reinkarnation noch die des Karmas, des "Gesetzes von Ursache und
Wirkung". Dadurch ist die schwierige Frage nach der Herkunft des Bösen für das UL allerdings sehr
leicht zu beantworten: Jeder Mensch und jede Menschengruppe ist für das ihm widerfahrende Unheil
selbst verantwortlich, weil die Seele in dieser oder einer vergangenen Verkörperung gesündigt hat.
Für Vergebung und Gnade ist dann kein Platz mehr. Ein Mensch, der völlig nach den Vorschriften des
UL lebt, hat die Gewißheit, aus eigener Kraft göttlich und vollkommen zu werden. Die christlichen
Begriffe werden also nur als bloße Makulatur verwendet. Das UL ist keine christliche Gemeinschaft,
sondern verfälscht Christus und das Christentum.
Organisation und Verbreitung
Das UL ist in konzentrischen Kreisen von steigender Verbindlichkeit der Zugehörigkeit aufgebaut.
Wichtig sind die früher sogenannten "Inneren Geist-Christus-Kirchen" (IGCK), die örtlichen
Zusammenschlüsse des UL, heute "Kosmische Lebensschule", in denen die Anhänger meist zweimal
wöchentlich zusammenkommen. Es gibt derzeit 91 davon im deutschen Sprachraum, mit einem
deutlichen Schwergewicht in Süddeutschland, österreich und der Schweiz. Doch auch im
europäischen Ausland, insbesondere in Norditalien, aber auch in übersee (z.B. Peru, Zaire) ist das UL
mit lokalen IGCK kosmischen Lebensschulen vertreten.
Die wichtigste Organisationsstruktur im UL ist allerdings die "Bundgemeinde Neues Jerusalem"
(BGNJ). Sie umfaßt etwa 800 UL-Anhänger, die in Wohngemeinschaften um Würzburg wohnen. In ihr
gibt es älteste, die für verschiedene Aufgabenbereiche zuständig sind. In der BGNJ bestehen
erhebliche Abhängigkeiten und ein hohes Maß an gegenseitiger Kontrolle durch verschiedene
Gruppen von Ordnern, die Arbeit in UL-Betrieben, das Verbot eigenmächtiger" wirtschaftlicher
Initiativen und die angestrebte Beseitigung von finanziellen Ungleichheiten.
Beurteilung aus christlicher Sicht
Das UL ist eine in ihrer Gefahr meist unterschätzte Bewegung, deren totalitären Züge immer stärker in
den Vordergrund treten. Parallel dazu schottet sich das UL immer mehr gegen die Außenwelt ab.
Seine Geschäftsbeziehungen sind undurchsichtig. Unterfranken und angrenzende Regionen BadenWürttembergs werden von Betrieben des UL und seiner Anhänger immer mehr durchwuchert.
Auch entstehen immer mehr geschlossene Wohngemeinschaften und Siedlungen seiner Anhänger.
Ziel des UL ist die Herstellung eines geschlossenen Kreislaufs. Kinder von UL-Eltern wachsen im ULKindergarten auf, gehen in die UL-Schule, lernen bei einem UL-Handwerker und heiraten im UL.
Der totalitäre Anspruch des UL an seine Anhänger soll bei den Kindern bereits von klein auf zur
Geltung kommen, um eine zur Kritik unfähige zweite Generation heranzuziehen.
Dies ist sowohl vom gesellschaftlichen als auch vom christlichen Standpunkt höchst bedenklich.
Denn eine freiheitliche Gesellschaft muß ebenso wie eine Gemeinschaft mündiger Christen jungen
Menschen in ihrer Erziehung die Möglichkeit geben, statt eigene Erfahrungen zu machen, statt sie in
ein striktes Gerüst von Normen einzubinden. Die geschlossene Gesellschaft, die das UL erzeugen
will, bezeichnet sich als "urdemokratisch", ist aber letztlich undemokratisch, weil ein strikter
Fundamentalismus, nämlich das wörtliche Verständnis von "Witteks Offenbarungen", die einzig
anerkannte Grundlage ist.
Pfr. Dr. Wolfram Mirbach, 35, beschäftigt sich seit 1987 mit Neureligionen (Schwerpunkte Fiat
Lux, Christian Science, Scientology).
Seit 1996 Mitarbeiter am "Institut für Religionsforschung" in Bayreuth, befaßt er sich mit der
Aufarbeitung biographischer Daten von ehemaligen Angehörigen von Neureligionen.
Wichtigste Quellen
Das ist mein Wort A und ä, 1991
Dein Kind und Du, 1986
Der Hirte und seine Herde - Die Gemeindeordnung
für das Friedensreich Jesu Christi, 1987
Harmonie ist das Leben des Betriebes,
Liobani, 3 Bände, 1986/1988/1989
Wagner, Richard,
Das Leben und Denken der großen Prophetin Gottes
in der mächtigen Zeitenwende, 1988
Wagner, Richard,
Der Bund mit Gott für das Friedensreich Jesu Christi, 1989
Kritische Literatur
Wolfgang Behnk,
Abschied vom "Urchristentum"?
München 1994
Hans Enz, Die Prophetin,
Wie Gabriele Wittek in ihr Heimholungswerk lockt
Berlin 1986
Friedrich-Wilhelm Haack,
Das Heimholungswerk der Gabriele Wittek...,
München 1985
Friedrich-Wilhelm Haack,
Gabriele Witteks "Universelles Leben"
München 1992
Hans-Walter Jungen,
Universelles Leben: Die Prophetin und ihr Management
Augsburg 1996
Wolfram Mirbach,
"Universelles Leben" Die einzig wahren Christen?
Freiburg i.B. 1996
Wolfram Mirbach,
Universelles Leben:
Originalität und Christlichkeit einer Neureligion
Erlangen 1994
Kopieren und Nachdruck gestattet bei Quellenhinweis:
"Aus Berliner Dialog 2/97, © Dr. Wolfram Mirbach,
Kontakt über BERLINER DIALOG, D-14165 Berlin,
Heimat 27, Fon: 030/ 815 70 40"
Weitere kritische Webseiten zum Thema:
Das Universelle Leben: Prozess-Sekte unter: http://agpf.de/Wittek-Prozesse.htm
Das Universelle Leben: unter: http://www.bbs-wertheim.de/