ALLGEMEINE und ANORGANISCHE CHEMIE

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ALLGEMEINE und ANORGANISCHE CHEMIE
ALLGEMEINE und
ANORGANISCHE CHEMIE
(770.100; 2 Std)
5. Einheit
Chemische Bindung II
Molekülstruktur, Valenzbindungstheorie,
Molekülorbitaltheorie, UV-Vis-Spektroskopie,
Metallbindung
Die chemische Bindung II
Die Geometrie von Molekülen ist durch Bindungswinkel und
Bindungslängen eindeutig festgelegt. Sie können durch
Berechnungen, die auf der Schrödinger-Gleichung basieren, ermittelt
werden. Basieren diese Berechnungen auf experimentellen Daten,
spricht man von semiempirischen Methoden, handelt es sich um rein
theoretische Betrachtungen, dann spricht man von ab initio
Methoden.
Die Valenzelektronenpaar-Abstoßungstheorie
Einfache Vorhersagen der Molekülgeometrie können durch folgende
Erweiterung des Lewis’schen Modells getroffen werden:
Polare Moleküle
•
Bindende Elektronen und einsame Elektronenpaare der
Valenzschale sind bestrebt, sich möglichst weit voneinander
anzuordnen. Die Molekülgestalt ist eine Konsequenz der
gegenseitigen Elektronenpaar-Abstoßung.
•
Alle Elektronen der Valenzschale des Zentralatoms werden
berücksichtigt, sowohl die an Bindungen beteiligten wie
auch die nichtbindenden Elektronenpaare.
•
Auch die nichtbindenden Elektronenpaare tragen zur
Molekülgestalt bei. Die Molekülgestalt selbst wird aber nur
durch die Positionen der Atomkerne beschrieben.
Valenzbindungstheorie
Sigma und Pi Bindungen
Hybridorbitale
Bindungen in Kohlenwasserstoffen
Charakteristika von Doppelbindungen
Molekülorbitaltheorie
Molekülorbitale
Elektronenkonfiguration von zweiatomigen Molekülen
Elektronenkonfiguration von polyatomaren Molekülen
UV-Vis-Spekroskopie
Metallbindung
Valenzelektronenpaar-Abstoßungs-Theorie oder VSEPR Modell
(engl. valence-shell electron-pair repulsion model). Entwickelt von
Nevil Sidgwick, Herbert Powell und Robert Gillespie.
Die chemische Bindung II
Die Valenzelektronenpaar-Abstoßungstheorie
Die Lewis-Strukturformeln ermöglichen die zweidimensionale
Darstellung der Lage der Atome samt bindenden Elektronen und
einsamen Elektronenpaaren. In der Realität ist jedoch die
dreidimensionale Anordnung (Geometrie) der jeweiligen
Moleküle entscheidend (Zusammenhang von Struktur und
Funktion).
Energetisch günstigste Anordnungen von Regionen hoher Elektronendichte um ein Zentralatom. Elektronenpaare versuchen möglichst weit
voneinander entfernt zu sein. Daraus resultieren typische
Molekülgeometrien: Linear, trigonal-planar, tetraedrisch, trigonalpyramidal, trigonal-bipyramidal, oktaedrisch, pentagonal-bipyramidal
usw.
1
A) Anordnung zweier bindender Elektronenpaare im Raum:
AX2: BeCl2 oder HgCl2.
Lineare Moleküle. Moleküle sind
immer dann linear, wenn das
Zentralatom an zwei
Bindungen beteiligt ist und selbst
keine einsamen Elektronenpaare enthält. Beispiele: Verbindungen
mit Beryllium, Zink, Cadmium oder Quecksilber
B) Anordnung dreier bindender Elektronenpaare im Raum:
AX3: Bortrifluorid, BF3. Trigonal-planare Moleküle.
Bindungswinkel 120°.
AX3
Ethen: trigonal planar (Winkel
HCH und HCC 120°;
experimentell bestätigt).
Die VSEPR Methode kann allerdings nicht erklären, warum die
beiden CH2-Gruppen im Ethen in einer Ebene liegen!
Realität:
F
Lewis:
Enthält ein Molekül mehrere
Zentralatome, wird jedes
unabhängig vom anderen
betrachtet. Beispiele Ethylen
(Ethen, C2H4) und Acetylen
(Ethin, C2H2).
AX2
Ethin: Lineares Molekül
F
B
F
C) Vier bindende Elektronenpaare, AX4:
Bei Anwendung der
VSEPR Methode muss
Resonanz nicht
berücksichtigt werden.
Im Methanmolekül, CH4, befinden sich vier
Elektronenpaare in der Valenzschale.
Die Elektronenpaare haben die größte
Entfernung, wenn sie sich in den Ecken eines
Tetraeders befinden. Die H-C-H Bindungswinkel sind typischerweise 109,5°.
Ist auch experimentell bestätigt.
O
O
N
O
O
Beispiel: Nitrat. Die Struktur ist,
unabhängig von der Tatsache, dass
mehrere mesomere Grenzformeln für
Nitrat angegeben werden können,
immer trigonal planar!
D) Fünf bindende Elektronenpaare, AX5:
Die Elektronendichte kann farblich
dargestellt werden (“electrostatic
potential plot”). Regionen mit negativer
Ladung sind rot, Regionen mit positiver
Ladung blau dargestellt.
Im Phosphorpentachlorid, PCl5, bilden
die fünf Valenzelektronen des PhosphorAtoms mit je einem Elektron von den
Fluor-Atomen fünf Elektronenpaare in
der Valenzschale. Energetisch günstigste
Anordnung: trigonale Bipyramide
(typische Winkel: 120°, 90°).
O
O
N
O
O
N
O
AX3
Nitrat-Ion,
NO3-
Nitrat-Ion: hohe Elektronendichte an
den Sauerstoff-Atomen.
E) Sechs bindende Elektronenpaare, AX6:
Moleküle mit einsamen Elektronenpaaren am Zentralatom
Im Schwefelhexafluorid, SF6, hat
der Schwefel sechs bindende
Elektronenpaare in der Valenzschale.
Die dafür günstigste Anordnung ist der
Oktaeder. Alle Bindungswinkel
betragen 90° bzw. 180°.
VSEPR-Modell: Bindende Elektronen und einsame Elektronenpaare
der Valenzschale sind bestrebt, sich möglichst weit voneinander
anzuordnen. D.h. auch einsame Elektronenpaare am Zentralatom
beeinflussen die Struktur des Moleküls!
Wichtig:
In der Vorhersage der Struktur eines Moleküls sind die einsamen
Elektronenpaare zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich die Angabe
folgender Formel:
AXnEm
A
Zentralatom
X
gebundenes Atom
E
einsames Elektronenpaar
Beispiel:
BF3
AX3 Spezies
CO2
AX2 Spezies
aber: SO32AX3E Spezies
Beispiel: Das Sulfit-Ion, SO32-, ist nicht trigonal planar gebaut.
Oder: Stickstoffdioxid, NO2, ist nicht linear gebaut.
Wenn das VSEPR Modell zur Vorhersage der Molekülstruktur benützt
wird, wird nicht zwischen Einfach- und Mehrfach-bindungen
unterschieden. Mehrfachbindungen werden wie Einfachbindungen
behandelt.
Beispiele: Kohlendioxid, CO2 (AX2), und Carbonat, CO32—Ion (AX3).
O
CO2
2-
CO3
O=C=O
O
C
O
2
AX3E-Spezies
z.B.: Sulfit-Ion, SO32Vier Elektronenpaare um das zentrale
Schwefel-Atom (drei bindende und ein
nichtbindendes): tetraedrische
Anordnung der Elektronenpaare!
Der ideale Tetraederbindungswinkel
(109,5°) wird jedoch nicht erreicht.
Grund:
Einsame Elektronenpaare stoßen
stärker ab als bindende
Elektronenpaare!
Mögliche Ursache: Einsame
Elektronenpaare sind weniger
eingeschränkt und haben einen
größeren Aufenthaltsbereich.
O
S
Weitere Beispiele für AX2E-Spezies sind Zinn(II)-chlorid, SnCl2,
Ozon, O3, das Nitrit-Ion, NO2-, oder Schwefeldioxid, SO2. Trigonal
planare Anordnung der Elektronenpaare bzw. gewinkelte Struktur:
O
O
O
N
O
O
Wasser, H2O, ist eine AX2E2-Spezies. Das
Wassermolekül ist gewinkelt gebaut!Ozon, O3
Nitrit, NO2
S
O
O
S
AX2E2
Schwefeldioxid, SO2
AX3E-Spezies:
Einsames Paar-Einsames Paar > Einsames Paar-Bindendes Paar >
Bindendes Paar-Bindendes Paar
O
O
H
Beispiel: Ammoniak, NH3
Die Anordnung der Elektronenpaare
ist tetraedrisch, die tatsächliche
Molekülstruktur ist trigonal
pyramidal (mit HNH
Bindungswinkel < 109,5°).
N
H
H
AX3E2-Spezies:
Die Molekülstruktur wird
natürlich nur durch die Lage der
Atomschwerpunkte (Kerne)
beschrieben.
Ein AX3E –Molekül bzw. das
Sulfit-Ion hat die Geometrie
trigonal pyramidal.
Beispiel: ClF3
Trigonal bipyramidale
Anordnung der
Elektronenpaare.
T-förmige
Molekülstruktur.
Ungepaarte (einsame) Elektronen in paramagnetischen Molekülen
tragen ebenfalls zur Molekülstruktur bei.
Beispiel: Stickstoffdioxid, NO2,
ist eine AX2E-Spezies.
Hinsichtlich der Regionen hoher
Elektronendichte ist NO2 daher
trigonal planar gebaut.
O
O
AX2E
Generell gilt für die Abstoßung zwischen Elektronen Paaren:
Anordnung der vier
Elektronenpaare (drei bindende, ein
nichtbindendes): Tetraeder
O
O
N
F
F
Cl
F
AX4E-Spezies: Das einsame Elektronenpaar kann prinzipiell zwei
Positionen einnehmen: axial oder äquatorial. Ein axiales einsames
Elektronenpaar wirkt abstoßend auf drei bindende Elektronenpaare,
während das äquatoriale Elektronenpaar nur zwei bindende
Elektronenpaare stark abstößt (günstiger). Daraus resultieren
unterschiedliche Geometrien:
O
Weil die Molekülstruktur nur durch
die Lage der Atomschwerpunkte
beschrieben wird, ist NO2 als
gewinkelt gebaut zu beschreiben.
3
Die chemische Bindung II
AX4E-Spezies:
Polare Moleküle
Beispiel: Schwefeltetrafluorid, SF4
Das einsame Elektronenpaar liegt
äquatorial.
Das VSEPR Modell behandelt alle Atome gleich. Dies ist jedoch
nicht exakt, da Atome aufgrund unterschiedlicher Elektronegativitäten
die Elektronenverteilung unterschiedlich beeinflussen können.
Schaukelbrett-Struktur.
Ein polares Molekül hat ein Dipolmoment. Alle zweiatomigen
Moleküle sind polar, wenn ihre Bindung polar ist.
AX4E2-Spezies:
Beispiel:
Beispiel: XeF4
Prinzipiell sind alle zweiatomigen Moleküle, die aus unterschiedlichen Elementen aufgebaut sind, polare Moleküle:
HF
1,91 D
CO
0,12 D
PH3 0,58 D
Oktaedrische Anordnung der
Elektronenpaare.
Quadratisch planare Struktur.
H-Cl (Dipolmoment = 1.1 D)
HCl
1,08 D
ClF
0,88 D
AsH3 0,20 D
HBr
0,80 D
H2 O
1,85 D
SbH3 0,12 D
HI
0,42 D
NH3
1,47 D
CO2
0,00 D
Übungsbeispiel: Sagen Sie die elektronische Struktur und die
tatsächliche Molekülgeometrie des Chlorit-Ions, ClO2-, voraus!.
Wie lautet die VSEPR Formel für dieses Anion?
Lösung:
a) Lewis-Struktur des Moleküls: 20 Valenzelektronen
O
Cl
O
b) VSEPR-Formel: AX2E2
c) Tetraedrische Anordnung der Elektronenpaare
d) Gewinkelte Molekülstruktur
Übungsbeispiel: Sagen Sie die elektronische Struktur und die
tatsächliche Molekülgeometrie des Carbonat-Ions, CO32-, voraus!.
Wie lautet die VSEPR Formel für dieses Anion?
Lösung:
Halogenwasserstoff
HF
HCl
HBr
HI
EN
1,9
0,9
0,7
0,4
Dipolmoment (D)
1,82
1,08
0,82
0,44
Bindungslänge (Å)
0,92
1,27
1,41
1,61
Ein nichtpolares Molekül hat kein Dipolmoment. Homonukleare
zweiatomige Moleküle (O2, N2, Cl2) sind nichtpolar.
Bei polyatomaren Molekülen ist die Unterscheidung zwischen polarer
Bindung und polarem Molekül wichtig
O
O
C
O
AX3-Spezies mit trigonal-planarer Anordnung der
Elektronenpaare und trigonal-planarer Struktur.
Beispiel: Kohlendioxid, CO2
+C-O-
polare Bindung
Molekül linear, Dipole zeigen in entgegengesetzter Richtung und heben sich
auf. Kohlendioxid ist ein nichtpolares
Molekül! Wasser jedoch ist ein polares
Molekül! Warum?
CO2
H2 O
(0,00 D)
(1,85 D)
4
Prinzipiell bestimmt die Geometrie des Moleküls, ob dieses polar
oder nicht polar ist.
CO2, BF3, CH4 sind nichtpolar (0,00 D). Warum?
Beweis:
Nichtpolares trans-Dichlorethen wird durch
aufgeladenen Stab nicht abgelenkt,
AX2, linear gebaut; die individuellen Dipole
heben sich auf!
cis-Dichlorethen wird abgelenkt!
Tetrachlorkohlenstoff, CCl4, ist unpolar;
BF3
Chloroform, CHCl3, ist polar!
AX3, trigonal planar gebaut; die individuellen
Dipole heben sich auf!
CCl4
CHCl3
AX4, tetraedrisch gebaut; die individuellen
Dipole heben sich auf!
Die individuellen Bindungsdipole heben sich nicht auf, wenn das
Zentralatom ein einsames Elektronenpaar oder ein einzelnes
Elektron (paramagnetisches Molekül) beherbergt. In diesen Fällen
sind die Moleküle polar!
Jedes Molekül des VSEPR-Typs AX2E, AX2E2, AX3E, AX3E2,
AX4E und AX5E ist polar.
NH3, PH3, SO2, COCl2, ClF3, CH3Cl, SF4, PCl4F, IF5 usw. sind
Beispiele für polare Moleküle.
Beispiele:
Übungsfrage: Ist das Ozonmolekül, O3, ein polares Molekül?
LP, lone pair
O
O
O
AX2E-Typ; Molekül mit gewinkelter Geometrie; die Dipole
heben sich nicht auf. Ozon ist ein polares Molekül (0,53 D).
AX2
Beispiel: trans-Dichlorethen und cis-Dichlorethen
Nichtpolare und
polare Moleküle:
Ein zweiatomiges
Molekül ist polar,
wenn seine Bindung
polar ist.
trans-Dichlorethen
cis-Dichlorethen
nicht polar
polar
Ein polyatomares
Molekül ist polar,
wenn seine polaren
Bindungen im Raum
so angeordnet sind,
dass sich die Dipole
gegenseitig nicht
aufheben.
5
Übungsbeispiel: Ist Schwefeltetrafluorid, SF4, und/oder
Schwefelhexafluorid, SF6, ein polares Molekül?
F
Generell gilt, dass je stärker
die Orbitale überlappen,
desto stärker ist die Bindung.
AX4E-Typ
F
S
F
F
Bildung von H2 aus zwei H-Atomen durch Verschmelzung
(Überlappung) der Atomorbitale (1s-Orbitale). Es kommt zur
Ausbildung einer -Bindung (Sigma-Bindung).
Atomorbitale
Polare Bindung
und polares
Molekül
H
H
Eine -Bindung existiert auch in
Halogenwasserstoffen, z.B. HF:
H2
F
F
F
S
F
F
AX6-Typ
2p
Polare Bindung und
unpolares (weil
symmetrisches) Molekül
2s
Fluor
F
Übungsbeispiel: Es gibt drei verschiedene Dichlorbenzene,
C6H4Cl2, die sich in der Position der Chloratome am Benzenring
(Benzolring) voneinander unterscheiden. Welches Molekül ist
polar und welches hat das größte Dipolmoment?
Cl
Cl
Cl
1s
Wasserstoff
Bindung
Bildung einer -Bindung aus zwei s-Orbitalen bzw. aus einem s- und
einem p-Orbital. In den entstehenden Orbitalen sind die Elektronen
gepaart.
1s
1s-Orbital
2pz
2p-Orbital
Cl
H2
Cl
ortho-Dichlorbenzol meta-Dichlorbenzol
HF
paraCl Dichlorbenzol
z
Lösung:
ortho-Dichlorbenzol und meta-Dichlorbenzol sind polar.
Das größte Dipolmoment hat ortho-Dichlorbenzol.
Die chemische Bindung II
Valenzbindungstheorie
Sigma- und Pi-Bindungen
Das Lewis Modell trifft die Vereinfachung, dass bindende
Elektronen zwischen den jeweiligen Atomen lokalisiert sind.
Tatsächlich sind die Aufenthaltsräume der Elektronen in Molekülen
(so wie in Atomen) ausgedehnter.
Die Valenzbindungstheorie (valence-bond theory) bietet nun ein
quantenmechanisches Modell zur Berechnung der Verteilung von
Bindungselektronen an und erlaubt die Kalkulation von
Bindungswinkeln und Bindungslängen.
Eine Betrachtung der qualitativen Konzepte trägt viel zum
chemischen Verständnis bei. Begriffe der Valenzbindungstheorie
(z.B. - oder -Bindung) sind in der chemischen Sprache
allgegenwärtig.
-Bindung
-Bindung
Jede Einfachbindung ist eine -Bindung (keine Knotenfläche
entlang der Achse der verbundenen Atomkerne).
Bildung von N2 aus zwei N-Atomen:
2p
2s
2p
2s
Aufgrund der unterschiedlichen
räumlichen Orientierung der pOrbitale, kann jeweils nur ein pOrbital eines N-Atoms mit dem
identen p-Orbital des anderen NAtoms überlappen, d.h. eine Bindung ausbilden!
6
Die chemische Bindung II
Valenzbindungstheorie
Bildung von N2 aus zwei N-Atomen:
2px
2p
2px
Hybridorbitale
2s
2p
2s
Die restlichen beiden p-Orbitale
können nur seitlich überlappen und
bilden sog. -Bindungen
(Pi-Bindungen): eine -Bindung
besteht aus zwei lappenförmigen
Orbitalen oberhalb und unterhalb der
Verbindungsachse zwischen den
Kernen.
Eine Einfachbindung ist eine -Bindung. Eine Doppelbindung ist
die Kombination einer - und einer -Bindung und eine
Dreifachbindung (z.B. N2) ist die Kombination einer - und zweier
-Bindungen.
In einem Molekül mit zwei -Bindungen verschmelzen deren Orbitale
zu einem zylindrischen Orbital.
Beispiel N2:
N2
-Bindung
-Bindungen
Übungsbeispiel: Wieviele - und -Bindungen weisen folgende
Moleküle auf? (a) CO2; (b) CO; (c) NH3; (d) HCN?
Lösung:
Vorgehensweise:
1.
Summe aller Valenzelektronen
2.
Lewis-Struktur der Verbindung (zeigt die Existenz von
Einfach- und/oder Doppel- und/oder Dreifachbindungen)
3.
Zuordnung von - und -Bindungen
(a)
Zwei - und zwei -Bindungen
(b)
Eine - und zwei -Bindungen (wie N2-Molekül!)
(c)
Drei -Bindungen
(d)
Zwei - und zwei -Bindungen
Für polyatomare
2p
Moleküle (z.B. Methan,
CH4) muss die
Valenzbindungstheorie
Kohlenstoff
2s
erweitert werden.
Entsprechend der
Elektronenkonfiguration des C-Atoms stünden nur 2 ungepaarte
Elektronen für die chemische Bindung zur Verfügung. Tatsächlich hat
Kohlenstoff in seinen Verbindungen die Valenz 4.
Durch Anregung kann nämlich ein 2s-Elektron in ein leeres 2pOrbital angehoben werden. Diese Energie wird im Zuge chemischer
Umsetzungen leicht erbracht, da bei der Bindungsbildung Energie
freigesetzt wird.
2p
Kohlenstoff
(angeregt)
2s
Die charakteristische Valenz von 4 in Kohlenstoffverbindungen
hat also ihre Ursache darin, dass ein 2s-Elektron relativ leicht in
das leere 2p-Elektron angehoben werden kann. Die
Abstoßungskräfte sind gering.
Hingegen kann das N-Atom
durch Anregung eines
Elektrons des 2s-Orbitals nicht
mehr zusätzliche ungepaarte
Elektronen für Bindungen
gewinnen (gilt auch z.B. für
Sauerstoff oder Fluor).
2p
2s
Stickstoff
Das 2s- und die drei
2p
2p-Orbitale des C-Atoms
überlappen und bilden
2s
nun sog. Hybridorbitale
an diesen Überlappungsbereichen. Die vier HybridKohlenstoff (angeregt)
orbitale sind ident und zeigen
in die Ecken eines Tetraeders (geringst mögliche Abstoßung!). Da
diese Hybridorbitale aus einem s- und drei p-Orbitalen geformt
sind, heißen sie auch sp3 Hybridorbitale.
sp3
Kohlenstoff (angeregt)
7
sp3
Verschmelzung von einem s- und drei
p-Orbitalen zu vier sp3-Hybridorbitalen
Methanmolekül:
Überlappung von vier sp3Orbitalen des C-Atoms
mit je einem 1s-Orbital
eines H-Atoms:
Ammoniak, NH3, ist ein Beispiel
2p
für ein Molekül, das am Zentralatom
ein einsames Elektronenpaar
aufweist. Die Folge ist eine
2s
tetraedrische Konfiguration der
Elektronenpaare (VSEPR-Theorie).
Stickstoff hat fünf Valenzelektronen.
Stickstoff
Hybridisierung führt
zu vier sp3 Orbitalen
(eines davon bereits
voll besetzt).
Die 1s-Elektronen der
drei H-Atome paaren
sich mit den ungepaarten
drei sp3-Elektronen unter
Bildung von drei N-H -Bindungen.
Die chemische Bindung II
Valenzbindungstheorie
Hybridisierung in komplexeren Molekülen
Es ist zu beachten, dass Methan nicht tetraedrisch gebaut ist, weil es
sp3-Hybridorbitale hat. Hybridisierung ist nur ein Modell, d.h. eine
theoretische Beschreibung von Bindungen um einer experimentell
ermittelten Struktur (im Fall des Methanmolekül der Tetraeder)
gerecht zu werden. Die Molekülstruktur ist nicht die Konsequenz
der Hybridisierung.
H
H
H C
C
H
H
Ethan, CH3CH3 (C2H6):
Zwei “Zentralatome”, ordnen sich
entsprechend der VSEPR Methode
so an, dass die vier Elektronenpaare
in die Ecken eines Tetraeders zeigen.
Eine sp3-Hybridisierung der C-Atome
ist daher wahrscheinlich.
H
H
H C
C
H
H
H
Bei anderen Molekülen sind andere
Hybridorbitale geeigneter, um die
Bindungsverhältnisse zu erfassen. Bei
der Hybridisierung (mathematische
Umrechnung der Wellenfunktionen)
müssen nicht alle Atomorbitale der
Valenzschale beteiligt werden.
Zur Erklärung einer trigonal planaren
Anordnung von Elektronenpaaren,
mischt man ein s-Orbital mit zwei pOrbitalen und erhält
drei sp2-Hybridorbitale.
Eine lineare Anordnung von
Elektronenpaaren erfordert das
Mischen eines s- und eines p-Orbitals
(zwei sp-Hybridorbitale)
Hybridisierungsschemata:
H
Beteiligte
Atomorbitale
(Zentralatom)
Elektronenpaargeometrie
2 (s, px)
linear
sp
2 (HgCl2)
3 (s, px, py)
trigonal-planar
sp2
3 (BF3)
4 (s, px, py, pz)
tetraedrisch
sp3
4 (CH4)
4 (dx2-y2, s, px, py)
quadratisch-planar
dsp2
4 (PtCl42-)
trigonal-bipyramidal
sp3d
5 (PF5)
sp3d2
6 (SF6)
5 (dz2, s, px, py, pz)
Jedes Kohlenstoffatom bildet vier -Bindungen aus:
Eine C-C-Einfachbindung:
6 (dx2-y2, dz2, s, px, py, pz) oktaedrisch
Hybrid-Typ
Anzahl
der
Hybridorbitale
(Csp3, Csp3)
Drei C-H-Einfachbindungen: (Csp3, H1s)
8
Das Hybridisierungsschema hilft in der Erklärung der Geometrie der
Elektronenpaaranordnung. Erweiterte Valenzschalen erfordern die
Einbeziehung von d-Orbitalen (gilt erst für Elemente ab der 3.
Periode):
Beispiele: PCl5, SF6, XeF4
sp3d-Hybrid
sp3d2-Hybrid
Die chemische Bindung II
Valenzbindungstheorie
Bindungen in Kohlenwasserstoffen
Kohlenstoff hat die Valenz 4! Hybridisierung zu vier sp3Orbitalen wird sehr leicht erreicht:
2p
Position
sp3
2s
PCl5: trigonal
bipyramidal
SF6 oder
XeF4:
oktaederisch
Alle Gruppe 14-Elemente (C, Si, Ge, Sn, Pb) können 4 kovalente
Bindungen eingehen. Aber nur Kohlensoff kann Mehrfachbindungen
eingehen. Durch die Größe der Atomradien wird in den anderen
Elementen dieser Gruppe keine Überlappung der jeweiligen pOrbitale erreicht ( keine -Bindung)
Übungsbeispiel: Erklären sie die Bindungsverhältnisse in BF3 und
CO2.
Lösung:
BF3:
Bor = Zentralatom; hat drei Valenzelektronen:
[He]2s2 2p1
Hybridisierung zu 2sp2-Hybridorbitalen
Fluor hat ein ungepaartes Elektron: [He] 2s2 2px2 2py2 2pz1
Ausbildung von drei -Bindungen zwischen B2sp2 und
F2pz-Orbitalen
CO2: lineares Molekül: O=C=O
Kohlenstoff = Zentralatom: zwei sp-Hybridorbitale
Sauerstoff hat zwei einfach besetzte p-Orbitale
zwei -Bindungen zwischen C2sp-Hybridorbital und O2pzOrbital in linearer Anordnung.
zwei -Bindungen zwischen C2px-Orbital und O2pxOrbital jedes Sauerstoffatoms.
In Alkanen (gesättigten
Kohlenwasserstoffen) findet man
nur -Bindungen. Die
Bindungswinkel sind typisch für
tetraedrische Geometrie (109,5°)
entsprechend einer sp3Hybridisierung der Atomorbitale
der Kohlenstoffatome.
Da -Bindungen durch
Überlappung von Orbitalen
entlang der Verbindungslinie der
verbundenen Kerne entstehen, ist
Drehbarkeit um diese Achse
möglich.
Übungsbeispiel: Identifizieren Sie das Hybridisierungsschema in
Schwefeltetrafluorid, SF4.
Vorgehensweise:
a.
Aufzeichnen der Lewisstruktur ergibt Elektronenanordnung
um das Zentralatom (hier: Schwefel)
b.
Die Geometrie der Anordnung der Elektronenpaare
bestimmt das verwendete Hybridisierungsschema.
c.
Konstruktion der Hybridorbitale aus den Atomorbitalen (NAtomorbitale produzieren N Hybridorbitale). Start mit sOrbitalen, dann Ergänzung durch p- und schließlich bei
Bedarf Hinzufügen von d-Orbitalen.
Drehung um die C-C-Achse im Ethan-Molekül (sp3-Hybridisierung)
SF4 hat eine trigonal-bipyramidale Anordnung der Elektronenpaare
 fünf Bindungen sind nötig  fünf Hybridorbitale sind nötig:
fünf sp3d-Orbitale
9
Ethen, C2H4:
Experimentelle Untersuchungen zeigen, dass alle 6 Atome
dieses Moleküls in einer
Ebene liegen und die H-C-H und
C-C-H Bindungswinkel 120°
betragen. Eine trigonal-planare
Anordnung der Elektronenpaare
ist also anzunehmen. Sie ist durch
eine sp2-Hybridisierung zu
beschreiben.
Ethin, Acetylen (C2H2):
2p
C2p
Molekül ist linear gebaut: sp-Hybridisierung.
C2sp
Jedes C-Atom kann also 2 -Bindungen
ausbilden. Pro C-Atom bleiben zwei
senkrecht auf die Bindungsachse stehende
2p-Orbitale über, die mit nichthybridisierten 2p-Orbitalen von benachbarten
C-Atomen zu zwei verschmelzenden -Orbitalen überlappen (siehe N2Molekül).
(C2p ,C2p )
sp2
x
x
(C2py,C2py)
C2 H4
Jedes der drei sp2-Orbitale des
C-Atoms ist zur -Bindung fähig.
Das nichthybridisierte 2p-Orbital
steht senkrecht zur Ebene der drei
sp2-Orbitale. Durch eine seitliche Überlappung mit dem
nichthybridisierten 2p-Orbital des benachbarten C-Atoms entsteht eine
-Bindung (Elektronendichte oberhalb und unterhalb der C-C -Bindung).
C2 H2
Benzen (Benzol, C6H6):
Sämtliche Atome dieses
Moleküls liegen in einer
Ebene; die C-Atome formen
einen hexagonalen Ring
(Bindungswinkel 120°):
sp2-Hybridisierung der
C-Atome (vgl. Ethen).
Ausbildung einer
-Bindung im Ethen
2p
Ausbildung zweier
-Bindungen im
Ethin
sp2
Die nichthybridisierten 2p-Orbitale
stehen senkrecht auf diese Ebene und
bilden -Bindungen aus.
2 Kekulé-Strukturen (nicht korrekt)
2p
sp2
Realität: Resonanz. Sämtliche C-Atome des Benzens sind ident.
Die Elektronen in den -Bindungen sind über das gesamte
Molekül verteilt (“delokalisiert”).
Eine mögliche Kekulé-Struktur
Realität
Carbonat (CO32-) ist
ebenfalls ein Beispiel
für eine Mehrzentrenbindung (delokalisierte
Bindung).
O
O
C
O
O
O
C
O
O
O
C
O
Das Ion ist trigonalplanar (Bindungswinkel
O-C-O ist 120°:
sp2-Hybridisierung).
Die senkrecht zur
Molekülebene
verbleibenden pOrbitale verschmelzen
und bilden ein über das
gesamte Ion sich
erstreckendes
-Bindungssystem.
10
Die chemische Bindung II
Valenzbindungstheorie
Die Existenz von Doppelbindungen in einem Molekül hat starke
Auswirkungen auf die Molekülstruktur.
Charakteristika von Doppelbindungen
Eine C=C Doppelbindung ist stärker als eine C-C Einfachbindung
(aber schwächer als die Summe zweier Einfachbindungen). Eine
Doppelbindung besteht immer aus einer -Bindung und einer Bindung. Die C-C -Bindung ist um 84 kJ/mol schwächer als die
C-C -Bindung.
Vor allem Elemente der zweiten Periode (C, N und O) bilden
untereinander Doppelbindungen aus. Sauerstoff bildet auch mit
Elementen von höheren Perioden Doppelbindungen aus.
Prinzipiell findet man in Verbindungen von Elementen ab der
dritten Periode (n > 3) keine Doppelbindungen, da die
zunehmende Größe der Atomradien eine -Bindungsbildung
(= seitliche Überlappung von Atomorbitalen) nicht ermöglicht..
Dissoziationsenergien in kJ/mol
C-H
412
C-C
348
C=C
612
C-C*
518
CC
837
C-O
360
C=O
743
C-N
305
C-F
484
C-Cl
338
C-Br
276
*im Benzen (Benzol)
pm
109
154
134
120
139
143
112
96
101
140
129
Ethen
In Lebewesen ist die Existenz von
Doppelbindungen in biochemisch
relevanten Molekülen von großer
Bedeutung.
Beispiel Sehvorgang in der Retina
des Auges: Licht induziert die
Umwandlung von cis-Retinal in
trans-Retinal (Auslösung eines Signals
im optischen Nerv)
Zusammenfassung Valenzbindungstheorie:
C-I
N-H
N-N
N=N
N-O
N=O
N-F
N-Cl
O-H
O-O
238
388
163
409
210
630
195
381
463
157
Jedes Paar verbundener Atome teilt sich ein oder mehrere Elektronenpaare.
In jeder Bindung ist wenigstens ein Elektronenpaar im Raum zwischen
den Atomen in einer -Bindung lokalisiert. Der passende Satz von
Hybridorbitalen, der zur Bildung von -Bindungen zwischen einem
Atom und seinen Nachbarn benutzt wird, wird durch die beobachtete
Struktur des Molekül bestimmt.
Die Elektronen in -Bindungen sind im Bereich zwischen zwei
gebundenen Atomen lokalisiert und leisten keinen signifikanten
Beitrag zur Bindung zwischen irgendwelchen anderen zwei Atomen.
Wenn sich Atome mehr als ein Elektronenpaar teilen, wird ein Paar zur
Bildung einer -Bindung verwendet und die zusätzlichen Paare bilden
-Bindungen. Die Zentren der Ladungsdichte in einer -Bindung liegen
ober- und unterhalb der Bindungsachse.
Moleküle mit zwei oder mehr Resonanzstrukturen können -Bindungen
haben, die sich über mehr als zwei gebundene Atome ausdehnen.
Elektronen in -Bindungen, die sich über mehr als zwei Atome
ausdehnen, sind delokalisiert.
Durchschnittliche Bindungslängen in pm (10-12 m) und Å (10-10 m,
Ångström)
Bindung
C-H
C-C
C=C
CC
C-C*
C-O
C=O
O-H
N-H
N-O
N=O
Durch die Doppelbindung ist Ethen
ein planares Molekül. Die Rotation
um die C-C-Achse wird durch die
-Bindung verhindert.
Å
1,09
1,54
1,34
1,20
1,39
1,43
1,12
0,96
1,01
1,4
1,2
*im Benzen
(Benzol)
Die chemische Bindung II
Molekülorbitaltheorie
Die Valenzbindungstheorie und Hybridorbitale erlauben es, direkt
von den Lewis-Strukturformeln auf die Strukturen der Moleküle zu
schließen. Mit der VB-Theorie konnte z.B. erfolgreich erklärt
werden, warum Kohlenstoff die Valenz 4 hat und warum Methan
die Formel CH4 hat, wie die C- und H-Atomorbitale zur Bildung
von Elektronenpaarbindungen benutzt werden, und warum die
Anordnung der C-H Bindungen um das zentrale C-Atom
tetraedrisch ist.
Viele Aspekte der Bindung können aber mit der VB-Theorie nicht
erklärt werden, wie z.B. der Paramagnetismus des O2-Moleküls
oder die Bindungsverhältnisse des Diborans, B2H6.
Die VB-Theorie kann auch nicht zufriedenstellend angeregte
Zustände von Molekülen beschreiben und ist daher untauglich zu
erklären, warum Moleküle Licht absorbieren und farbig sind.
11
Beispiel: molekularer Sauerstoff, O2(g):
Lewis-Struktur und Valenzbindungstheorie
würden eine O=O Doppelbindung vorhersagen
(sämtliche Elektronen sollten gepaart vorliegen;
das Molekül wäre diamagnetisch).
O
O
Realität:
Das Sauerstoffmolekül (O2) ist
paramagnetisch (=Existenz
von einem oder mehreren
ungepaarten Elektronen)!
Wird verflüssigter Sauerstoff,
O2(l) durch die Pole eines
Magneten gegossen, wird er
im Magnetfeld festgehalten!
Dia- und Paramagnetismus, sowie die Metallbindung (Metalle,
Halbmetalle) generell werden ebenfalls zufriedenstellend mit Hilfe
der Molekülorbitaltheorie (MO-Theorie) erklärt.
Weiteres Beispiel für die Unzulänglichkeit der VB-Theorie ist die
Erklärung von Bindungsverhältnissen in Elektronenmangelverbindungen:
Diboran, B2H6:
farbloses, reaktives Gas
12 Valenzelektronen
8 Atome  7 Bindungen  zumindest 14
Elektronen nötig
typische Elektronenmangelverbindung
Die Molekülorbitaltheorie ist die derzeit umfassenste Methode
um alle chemische Bindungsarten zu erkären.
Erklärung durch MO-Theorie
möglich!
Die meisten Moleküle sind
diamagnetisch (die Spins aller
Elektronen sind gepaart). Sie
werden von einem externen
Magnetfeld abgestoßen. Der
Effekt ist klein, kann aber
mit einer sog. Gouy Waage
gemessen werden. Eine
diamagnetische Substanz
wird bei eingeschaltetem
Magnetfeld scheinbar leichter,
eine paramagnetische Substanz (z.B. O2) wird scheinbar
schwerer (siehe Abbildung).
Ursache der Abstoßung einer diamagnetischen Substanz in einem
äußeren Feld: Das äußere Feld zwingt Elektronen eine Bewegung
auf  ein Magnetfeld wird induziert, das dem äußeren
Magnetfeld entgegengerichtet ist.
Verbindungen mit einem oder mehreren ungepaarten Elektronen
heißen paramagnetisch. Der (nicht abgesättigte) Spin dieser
Elektronen richtet sich parallel mit dem externen Feld aus. Alle
Radikale sind paramagnetisch, ebenso viele d-Block Elemente.
In sog. ferromagnetischen Materialien (Eisen, Cobalt, Nickel) bleiben
die Spins auch ohne externem Feld ausgerichtet.
Valenzbindungstheorie: Kovalente Bindung entsteht durch
Überlappung zweier Atomorbitale. Betrachtet nur bindende
Elektronen.
Molekülorbitaltheorie: Sämtliche Elektronen eines Moleküls
(und nicht nur Bindungselektronen!) sind für den Zusammenhalt
in einem Molekül entscheidend. Elektronen besetzen sog.
Molekülorbitale (MO). Wie Atomorbitale können
Molekülorbitale maximal zwei Elektronen aufnehmen (mit
entgegengesetztem Spin) und haben eine bestimmte Energie. Die
Elektronendichteverteilung kann wieder durch
Konturzeichnungen dargestellt werden. Anders als Atomorbitale
sind Molekülorbitale aber mit dem gesamten Molekül assoziiert.
 = A1s + B1s
Molekülorbitale entstehen
durch Überlagerung (engl.
superimposition) von
Atomorbitalen:
 = A  B
Die Spins einer paramagnetischen
Verbindung kehren nach Abschalten
eines äußeren Magnetfeldes wieder
in ursprüngliche (zufällige)
Orientierungen zurück.
Die Spins einer ferromagnetischen
Verbindung bleiben nach Abschalten
des äußeren Feldes in ihrer
Orientierung (Permanentmagnete).
Das Molekülorbital ist eine Linearkombination von
Atomorbitalen, (LCAO). Jedes durch Linearkombination aus
Atomorbitalen gebildete Molekülorbital heißt daher LCAO-MO.
LCAO-MO entspricht einer Wellenfunktion, die sich als Lösung der
Schrödinger-Gleichung für ein System ergibt, an dem zwei (oder
mehrere) Atomkerne beteiligt sind.
12
Beispiel Wasserstoff, H2:
Molekülorbitaltheorie
H2
 = A1s  B1s
Konstruktive Interferenz
( = A1s + B1s) bei
Überlagerung von Wellen
mit gleicher Phase (gleiches
Vorzeichen)  Verstärkung der Amplitude der Wellenfunktion 
Erhöhte Wahrscheinlichkeit das Elektron dort anzutreffen. Das
resultierende LCAO-MO liegt energetisch günstiger als die beiden
Atomorbitale (Anziehung durch beide Kerne!). Eine Kombination
von Atomorbitalen, die zu einer Abnahme der Energie des
resultierenden LCAO-MO führt, liefert ein bindendes Orbital.
Elektronenkonfiguration von zweiatomigen Molekülen
Generell: Wenn N Atomorbitale überlappen, entstehen N
Molekülorbitale.
Homonukleare diatomare Verbindungen der 1. und 2. Periode:
Vorgehensweise:
a)
Bildung sämtlicher Molekülorbitale aus den verfügbaren
Atomorbitalen
b)
Auffüllen mit Valenzelektronen und Einhaltung der
Hund’schen Regel und des Pauli-Prinzips (analog dem
Besetzungsschema der Atomorbitale). Energetisch tiefer
liegende Orbitale werden zuerst besetzt.
 = A1s - B1s
Beispiel: H2
Destruktive Interferenz bei
H2
Überlagerung von Wellen
mit entgegengesetzter Phase
(ungleiche Vorzeichen) 
Verringerung der Amplitude
der Wellenfunktion 
Erniedrigte Wahrscheinlichkeit das Elektron dort
anzutreffen. Das resultierende
LCAO-MO liegt energetisch
höher als die beiden Atomorbitale.
Eine Kombination von Atomorbitalen, die zu einer Zunahme der
Energie des LCAO-MO führt, heißt antibindendes Orbital. Eine
Knotenfläche (Aufenthaltswahrscheinlichkeit Null) liegt zwischen
den Kernen A und B.
Zwei 1s-Atomorbitale
kombinieren zu zwei
Molekülorbitalen:
Ein bindendes Orbital: 1s
Ein antibindendes Orbital: 1s*
(: keine Knotenfläche
zwischen den Kernen)
Die zwei Valenzelektronen besetzen das 1sOrbital (Spinpaarung).
Das Pauli-Prinzip erlaubt nur die Aufnahme von zwei Elektronen in
einem Orbital, wenn sie entgegengesetzten Spin haben.
Einfachbindung bedeutet immer die Existenz von zwei gepaarten
Elektronen in einem bindenden Orbital.
-Orbitale sind
rotationssymmetrisch
um die
Verbindungsachse
zwischen den Kernen.
: Erhöhte
Ladungsdichte
zwischen den Kernen
(Bindung!).
Bindungsverstärkend
Energieniveau-Diagramm
der Molekülorbitale von H2
*: geringe
Elektronendichte
zwischen den Kernen
(auf halber Strecke
Null: Knotenfläche!).
Bindungslockernd
13
Die drei p-Orbitale eines Elements der
2. Periode sind entlang der Achsen der
x-, y- und z-Koordinate ausgerichtet.
Treffen sie “Kopf-an-Kopf”
aufeinander entsteht ein bindendes
2p und ein antibindendes *2pMolekülorbital. Es sind typische
-Orbitale: Rotationssymmetrie um
die internukleare Verbindungsachse.
Treffen parallel ausgerichtete pMolekülorbitale aufeinander, entsteht
ein bindendes -Orbital (2p) und ein
antibindendes *-Molekülorbital
(2p).
Energie
p
a)
Linearkombination der beiden 2s-Orbitale liefert ein
bindendes (2sund ein antibindendes (2s*) Orbital.
2p
c)
2s
2s 2s
Z = 3-7 (Li2 - N2)
2s
2s
2s
Z =8-9 (O2 bzw. F2)
In der Molekülorbitaltheorie hängt die Stabilität einer kovalenten
Bindung mit seiner Bindungsordnung zusammen. Sie ist definiert
als die Hälfte der Differenz zwischen der Zahl der bindenden
Elektronen und der Zahl der antibindenden Elektronen.
Bindungsordnung = ½ (Zahl der bindenden – Zahl der
antibindenden Elektronen)
Wasserstoff, H2:
Bindungsordnung = ½ (2 – 0) = 1
Die beiden H-Atome im H2-Molekül
werden durch eine Einfachbindung
zusammengehalten.
Linearkombination der
verbleibenden 2p-Orbitale, die
ihre Ladungsdichte senkrecht zur
Verbindungsachse der Kerne
haben. Seitliche Überlappung
führt zur Ausbildung von Orbitalen (Aufenthaltsräume
oberhalb und unterhalb der C-C
Achse)
Hinsichtlich der Energieniveaus dieser acht Molekülorbitale
ergeben sich von Element zu Element kleine Unterschiede
(vergleiche N2 und O2).
p
2s
2s
2p
2p
2p
Linearkombination der 2pOrbitale, die ihre Ladungsdichte
entlang der Achse zwischen den
Kernen haben. Ausbildung eines
bindenden (2p) und antibindenden -Orbitals (2p*)
Ausbildung von zwei (entarteten)
bindenden (2p) und zwei
antibindenden Orbitalen (2p*).
2p
2p
p
Die drei 2p-Orbitale jedes Atoms können auf zwei verschiedene
Arten kombinieren:
b)
p
2p
2p
-Orbitale sind nicht
rotationssymmetrisch um die
Verbindungslinie zwischen den
Kernen. Haben eine Knotenfläche,
die durch die Kerne verläuft.
Elemente der 2. Periode haben 2s- und 2p-Orbitale bei der
Ausbildung von homonuklearen diatomaren Verbindungen
einzubringen. In Summe werden acht Atomorbitale eingebracht
(pro Atom ein 2s und drei 2p-Orbitale). Es sind daher acht
Molekülorbitale zu erwarten:
Energie
Bindungsordnung im H2Molekül:
½(2 - 0) = 1 (Einfachbindung)
Bindungsordnung im
(hypothetischen!) He-Molekül:
He1s2
He1s2
½(2 - 2) = 0
( Edelgase existieren nur in
elementarer Form!)
14
Stickstoff, N2
2p
(10 Valenzelektronen)
Bindungsordnung = ½ (B-A)
B … Zahl der Elektronen in
bindenden Orbitalen
2p
A … Zahl der Elektronen in
antibindenden
Orbitalen
2s
Stickstoff N2:
Bindungsordnung =
½ (8-2) = 3
(Dreifachbindung!)
2s
Grundzustand: (2s)2(2s*)2(2px)2(2py)2(2p)2
Die tatsächliche Lage der Energie von
Molekülorbitalen in einer Verbindung
kann heute mittels geeigneter Software
am PC ermittelt werden (Lösen der
Schrödingergleichung).
Es gibt aber auch die Möglichkeit die
Energie der jeweiligen Molekülorbitale
experimentell zu bestimmen:
Photoelektronen Spektroskopie.
Vgl. Photoelektrischer Effekt!
Elektromagnetische Strahlung (E = h.)
(UV bis Röntgenstrahlen) trifft auf die
Probe und setzt Elektronen aus Molekülorbitalen (Eorbital) frei.
Wenn E > Eorbital bleibt dem freigesetzten Elektron die kinetische
Energie Ek:
Ek = h. – Eorbital mit Ek = ½(mev2)
Ek = h. – Eorbital mit Ek = ½(mev2)
2p
Fluor, F2
(14 Valenzelektronen)
2p
Bindungsordnung:
2p
½(8-6) = 1 (Einfachbindung!)
2s
2s
Grundzustand: (2s)2(2s*)2 (2p)2(2px)2(2py)2 (2px*)2 (2py*)2
Die kinetische Energie der Elektronen
kann nun über deren Geschwindigkeit (v)
ermittelt werden. Durch Ablenkung in
einem elektrischen oder magnetischen
Feld, werden die freigeschlagenen
Elektronen entsprechend ihrer kinetischen
Energie abgelenkt und schließlich an
einem Detektor als Signal (“Peak”)
registriert.
Ein Photoelektronen Spektrum wird
erhalten. Das Spektrum zeigt typische
Peaks, die unterschiedlichen Energien
von Molekülorbitalen entsprechen.
Heteronukleare zweiatomige Verbindungen:
2p
2p
Sauerstoff, O2
Die Bindung in einem heteronuklearen zweiatomigen Molekül
(A-B) ist polar.
16 Valenzelektronen
 = cAA + cBB
2p
Bindungsordnung:
2s
mit
cA  cB
Unpolare Verbindung: cA = cB
Ionenbindung: cA oder cB = 0
½ (10-6) = 2 (Doppelbindung!)
2s
Grundzustand: (2s)2(2s*)2 (2p)2(2px)2(2py)2 (2px*)1 (2py*)1
2 ungepaarte Elektronen: paramagnetisches Molekül!
In einer polaren kovalenten Bindung
hat das Atomorbital des elektronegativeren Atoms eine geringere
Energie (hier A). Sein Beitrag zum
bindenden Molekülorbital ist größer,
während das Atomorbital des elektropositiveren Elements mehr zum
antibindenden Orbital beiträgt.
15
Beispiel:
Fluorwasserstoff, HF:
Für die Bildung von Molekülorbitalen stehen das 1s Orbital von H
und das 2s und die drei 2p Orbitale des Fluors zur Verfügung
(5 Molekülorbitale, 8 Valenzelektronen).
c1s c2N2pz 
c3{H1sA H1sB + H1sC}
Die -Orbitale von HF entstehen durch Überlappen des H1s Orbitals
mit dem 2s und 2pz-Orbitals des Fluors. Diese drei Atomorbitale
kombinieren zu drei -Molekülorbitalen der Form
c1s c2F2s c3F2p
Die beiden F2px- und F2py-Orbitale werden bei der Bindungsbildung
nicht berücksichtigt (haben p Symmetrie) und werden daher als
nichtbindende Orbitale bezeichnet. Sie entsprechen den
Atomorbitalen und gehören in diesem Fall zum Fluor.
EN(F) = 4.0; EN(H) = 2,2.
Ab der dritten Periode sind auch
d-Orbitale an der
Molekülorbitalbindung beteiligt.
Das 1 bindende Orbital
hat daher hauptsächlich F2sCharakter (partiell negative
Ladung am F-Atom). Das
2-Orbital ist hauptsächlich
antibindend und die
Elektronendichte liegt
ebenfalls hauptsächlich beim
F und zwar auf der dem HAtom gegenüberliegenden
Seite). Das 3 Orbital ist
antibindend und hat
hauptsächlich H1Charakter. Die beiden 1Orbitale sind hauptsächlich
nichtbindend.
Überlappung eines d-Orbitals mit
einem p-Orbital führt zu einer dp-Bindung.
Beispiel: Phosphorsäure, H3PO4
H
Die UV-Vis-Spektroskopie ist eine Methode zum Studium der
Energien von Molekülorbitalen in polyatomaren Molekülen.
Sieben verfügbare Atomorbitale
(ein N2s, drei N2p und drei H1s)
ergeben sechs Molekülorbitale.
Die Komplexität nimmt immer mehr zu (siehe folgende Folie zu
Anschauungszwecken). Ist nicht mehr Teil dieser Vorlesung!
P
O
Vorliegen von Doppelbindung (152 pm) und
Einfachbindung (157 pm) ist experimentell
gestützt. Die Länge der Einfachbindung ist kürzer
als über kovalente Radien kalkuliert (176 pm), da
partielle d-p-Wechselwirkung.
H
Diboran, B2H6:
O
H
O
O
P
O
O
farbloses, reaktives Gas
12 Valenzelektronen
Molekülorbitaltheorie
Elektronenkonfiguration von polyatomaren Molekülen
Die Molekülorbitale in polyatomaren Molekülen dehnen sich über
das gesamte Molekül aus. Die Elektronen in diesen Orbitalen sind
delokalisiert. Ein Elektronenpaar in einem bindenden Molekülorbital
trägt zum Zusammenhalt des gesamten Moleküls bei.
O
Oktettregel nicht erfüllt: erweiterte Valenzschale.
Im tetraedrischen Phosphat-Ion (PO43-) hingegen
sind alle Bindungen gleich lang (154 pm).
Die chemische Bindung II
Beispiel Ammoniak, NH3:
O
8 Atome  7 Bindungen  zumindest 14
Elektronen nötig
typische Elektronenmangelverbindung
Realität:
Delokalisierung von bindenden Elektronen
über das gesamte Molekül ist der Grund für
die Existenz von Elektronenmangelverbindungen wie z.B. Diboran.
Die Tatsache der Delokalisierung von Elektronen ist auch der Grund
für das Auftreten von gefärbten Verbindungen (z.B. in der
Vegetation). In organischen Verbindungen können p-Orbitale von
Kohlenstoffatomen an der Bildung vieler -Molekülorbitale
beteiligt sein.
16
Die chemische Bindung II
Ähnlich wie bei Atomen (siehe Atomlinienspektren) kann Licht ein Elektron von einem
gefüllten Molekülorbital (MO) zu einem
leeren MO mit höherer Energie anregen.
Wenn die passende Wellenlänge für die
Anregung von Elektronen sich im sichtbaren
Bereich des elektromagnetischen Spektrums
befindet, wird die Substanz farbig
erscheinen. Zwei MOs sind wichtig:
UV-Vis Spektroskopie
Die vom menschlichen Auge wahrgenommenen Farben beruhen
auf selektiver Absorption und Reflexion von Licht durch
Moleküle.
Das höchste besetzte Molekülorbital
(HOMO) ist das MO mit der höchsten
Energie, das mit Elektronen besetzt ist. Das niedrigste unbesetzte
Molekülorbital (LUMO) ist das MO mit der niedrigsten Energie, das
mit Elektronen unbesetzt ist. Die Energiedifferenz zwischen dem
HOMO und dem LUMO wird als die HOMO-LUMO Energielücke
bezeichnet. Sie hängt mit der minimalen Energie zusammen, die zur
Anregung eines Elektrons in diesem Molekül notwendig ist.
Viele intensive Farben in der Natur beruhen
auf organischen Farbstoffen (Molekülen), die
ausgewählte Linien des sichtbaren Spektrums
stark absorbieren. In diesen Verbindungen ist
die HOMO-LUMO Energielücke gering.
a
3
1
4
N
N
d
b

Fe
5
N
N
8
7

g
6
Häm b
(Hämoglobin)
-Carotin (Karotte)
COO
Chl a rot
Chlorophyll absorbiert rotes und
blaues Licht; übrig vom weißem
Licht bleibt reflektiertes grünes
Licht (grüne Blattfarbe!)
Chl b blau
Wichtige farbgebende atomare Gruppierungen
sind C=C Bindungen. In einer Doppelbindung wird ein Elektron leicht von einem
bindenden -Orbital in das korrespondierende
leere *-Orbital angehoben (-to-* transition).
Organische Farbstoffe enthalten stark delokalisierte p-Elektronen.
Die Moleküle enthalten Atome, die hauptsächlich sp2-hybridisiert
sind. Dies beläßt ein unhybridisiertes p-Orbital an jedem Atom zur
Bildung von -Bindungen mit Nachbaratomen. Die p-Orbitale sind
so angeordnet, dass Elektronen über das ganze Molekül delokalisiert
sind; man sagt auch, dass die -Bindungen konjugiert sind. Die
HOMO-LUMO Energielücke nimmt mit steigender Zahl von
konjugierten Doppelbindungen ab (siehe VO Organische Chemie).
2
Beispiel Chlorophyll:
In der Regel sind bestimmte Moleküle, sog. Chromophore (z.B.
Chlorophyll, -Carotin, Häm usw.) farbgebend.
Durch die Energie des sichtbaren Lichtes kann
in diesen Verbindungen leicht ein Elektron
vom HOMO ins LUMO angeregt werden.
Beispiele:
Wenn elektromagnetische Strahlung auf Moleküle trifft, werden
Elektronen in höhere Energieniveaus angehoben (E = h.Das
Studium der Absorption von sichtbarem und ultraviolettem (UV)
Licht erlaubt Rückschlüsse auf die elektronischen Energieniveaus
von Molekülorbitalen.
COO
Dieser Übergang passiert typischerweise durch Absorption
von UV-Licht bei 160 nm. Wenn das Molekül mehrere
benachbarte (sog. konjugierte) Doppelbindungen aufweist
(Beispiel: -Carotin), verschiebt sich diese Absorption in
den sichtbaren Bereich und Farbe wird wahrgenommen.
Konjugation verringert Abstände zwischen HOMO und
LUMO.
Eine weitere wichtige farbgebende
Gruppierung ist die
Carbonylgruppe, die
bei etwa 280 nm
C
absorbiert.
O
In diesem Fall entspricht der Absorption
ein elektronischer Übergang eines Elektrons
von einem einsamen Elektronenpaar am
Sauerstoff (ein nichtbindendes Elektron, n)
in ein antibindendes *-Orbital der C=O
Bindung:
*
n-to-* transition
n
Lycopin, C40H58 (Tomate)
17
Gefärbt sind in der Regel auch Verbindungen die d-Block
Elemente enthalten.
In d-Metallen finden sehr leicht elektronische Übergänge zwischen
den d-Orbitalen statt (d-to-d-transitions), da die
Energieunterschiede zwischen den Orbitalen gering sind.
Es können auch Elektronen vom Bindungspartner eines d-Metalls
durch Absorption elektromagnetischer Strahlung in Orbitale des
Zentralatoms (= d-Metall) transferiert werden (charge-transfertransition). Auch der umgekehrte Vorgang ist möglich.
Molekülorbitaltheorie:
Man kann ein Metall als einen Verbund aus unzähligen (oft identen)
Atomen betrachten. Beispiel: Lithium, Li, ist Alkalimetall mit der
Valenzelektronenkonfiguration 2s1. N Lithiumatome haben N 2s
Orbitale.
N Atomorbitale liefern N  1023 Molekülorbitale. Die energetischen
Abstände dieser riesigen Zahl von Orbitalen sind sehr gering.
Energie
Beispiel: MnO4-(Permanganat-Ion) ist intensiv violett gefärbt
In allen Fällen ist die wahrgenomme Farbe einer Verbindung
die Komplementärfarbe der absorbierten Strahlung.
Komplementärfarben
liegen auf diesem
Farbrad gegenüber.
Die ungefähren
Wellenlängen sind in
nm angegeben.
1
2
3
4
Zahl der Atome
N
Energie
1
2
3
4
Zahl der Atome
N
Entstehung eines
Bandes durch die
Wechselwirkung
der 2s-Orbitale
von LithiumAtomen
Entstehung eines
Bandes durch die
Wechselwirkung
der 2s-Orbitale
von LithiumAtomen
Beim Zusammenfügen von zwei Atomen wird die Entartung der
Energie aufgehoben, ein Orbital niedriger und eines höherer Energie
entsteht. Man sagt das Energieniveau wird aufgespalten. Beim
Zusammenfügen von drei Lithium-Atomen entstehen drei
Molekülorbitale, ein energieärmeres (bindend), eines mit
unveränderter Energie (nicht bindend) und eines mit höherer
Energie (antibindend) usw. usw.
Die chemische Bindung II
Molekülorbitaltheorie
Metallbindung
Die Molekülorbitaltheorie liefert auch zufriedenstellende
Erklärungen für die physikalischen Eigenschaften (z.B. elektrische
Leitfähigkeit) von Metallen und Halbmetallen.
Metall-Atome haben relativ niedrige Ionisierungsenergien und
Elektronegativitäten; sie geben ihre Aussenelektronen relativ leicht
ab. Im Kristall eines Metalls sind positive Ionen zusammengepackt,
während die von den Atomen abgegebenen Elektronen ein
“Elektronengas” bilden und sich frei durch den ganzen Kristall
bewegen können. Das negative geladene “Elektronengas” hält die
positiven Ionen zusammen.
Die Bändertheorie beschreibt diese Art von Bindung mit Hilfe von
Molekülorbitalen, die sich durch den ganzen Kristall ausdehnen.
Die Gesamtzahl der Molekülorbitale bleibt immer genauso groß wie
die Zahl der Atomorbitale, die zu ihrer Entstehung beitragen.
Die Molekülorbitale sind delokalisiert, d.h. sie gehören dem
Gesamtverband aller Atome gemeinsam an.
18
Wegen der riesigen Zahl der
Energieniveaus liegen diese
extrem dicht beieinander.
Die Gesamtheit dieser
Molekülorbitale nennt man
ein Band.
N 2s-Orbitale verschmelzen zu N Molekülorbitalen, von denen die
Hälfte bindend und die Hälfte antibindend sind.
Die N Elektronen füllen die N/2 bindenden Orbitale auf (2 Elektronen
pro Orbital!). Das 2s-Elektron in einem Lithium-Atom ist ein
Valenzelektron, und das 2s-Band des Lithiums nennt man deshalb
auch das Valenzband.
Die elektrische Leitfähigkeit von Metallen ist nicht von der
thermischen Anregung der Elektronen abhängig. Erhöhung der
Temperatur erhöht Atomschwingungen und Anzahl der Kollisionen
dieser Elektronen mit den vibrierenden Atomen. In Metallen nimmt
die elektrische Leitfähigkeit daher mit steigender Temperatur
ab.
Reines Silicium und Germanium sind Halbleiter. In ihren Kristallen
ist jedes Atom an vier andere gebunden. Bei Raumtemperatur haben
sowohl Silicium als auch Germanium nur eine sehr geringe
Leitfähigkeit, da alle Valenzelektronen an den Bindungen des
Kristalls beteiligt sind. Die Gesamtheit dieser Bindungen stellt das
vollbesetzte Valenzband dar. Bei höheren Temperaturen werden
einzelne Elektronen aus den Bindungen herausgerissen und in das
Leitungsband angeregt, wodurch die Leitfähigkeit zunimmt. In
Halbleitern nimmt daher die elektrische Leitfähigkeit mit
steigender Temperatur zu.
Da die Abstände der Energieniveaus
der Molekülorbitale aber so minimal
sind, werden die Elektronen sehr
leicht in die unbesetzten Orbitale
(in das “Leitungsband”, conduction
band) angehoben. Der Übergang
eines Elektrons von einem Energieniveau auf ein anderes innerhalb
eines Bandes erfordert nur eine sehr geringe Anregungsenergie, die
durch thermische Energie immer verfügbar ist. Metalle leiten den
Strom.
In Isolatoren (die allermeisten
kovalenten Verbindungen) ist das
Valenzband voll besetzt und durch
eine verbotene Zone weit vom
Leitungsband getrennt. Elektronen
können sich nur bewegen, wenn ihnen
genug Energie zugeführt wird, um die
breite verbotene Zone (gap) zu
überspringen. Wegen der hohen
erforderlichen Energie finden diese
Anregungen aber normalerweise nicht
statt und die elektrische Leitfähigkeit
ist sehr gering.
Bei Einstrahlung von Licht werden Elektronen um einen Betrag
angeregt, welcher der Energie des Lichtquants entspricht; Wenn ein
angeregtes Elektron auf ein niedrigeres Niveau wieder zurückfällt,
wird Licht abgestrahlt. Dies ist die Ursache für den metallischen
Glanz von Metallen.
Metalle
Nichtmetalle
gute elektrische Leiter
schlechte elektrische Leiter
hämmerbar, verformbar
nicht verformbar
dehnbar
nicht dehnbar
glänzend
nicht glänzend
fest (Ausnahme: Hg)
fest, flüssig, gasförmig
hoher Schmelzpunkt
niedriger Schmelzpunkt
gute Wärmeleiter
schlechte Wärmeleiter
reagieren mit Säuren
reagieren nicht mit Säuren
bilden basische Oxide
bilden saure Oxide
bilden Kationen
bilden Anionen
bilden ionische Halogenide
bilden kovalente Halogenide
n-Typ
Nichtleiter (Isolator)
große “verbotene”
orbitalfreie Zone”
(band gap)
p-Typ
Halbleiter: schmälere “verbotene
orbitalfreie Zone” (band gap). Erhöhung der
Temperatur erleichtert Anhebung von
Elektronen in das Leitungsband.
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Man kann die elektrische Leitfähigkeit von Halbmetallen (z.B. Si, Ge)
durch sog. Dotation erhöhen: Einfügung von “Verunreinigungen” in
geringer Konzentration.
Die Struktur eines p-n
Übergangs erlaubt
Stromfluß nur in eine
Richtung.
Elektron
(a)Cl Cl(a)
Lösung:
Halbleiter vom n-Typ: Hinzufügen von Gruppe 15 Elementen
(z.B. As; 5 Valenzelektronen) zu Si
(4 Valenzelektronen) führt zur teilweisen
Besetzung des Leitungsbandes.
Halbleiter vom p-Typ:
Dotierung des Siliciums mit
Gruppe 13 Elementen, z.B.
Indium (In), führt zu teilweise
nichtbesetztem Valenzband
(“Vorhandensein positver
Löcher”). Das Valenzband
wird teilweise zum Leitungsband und Elektronen können
fließen.
Elektronische Geräte
wie z.B. Dioden oder
Transistoren enthalten
sog. p-n junctions, in
denen ein p-Halbleiter
mit einem n-Halbleiter
in Kontakt ist.
Übungsbeispiel: Schreiben Sie von folgenden Verbindungen die
Lewisstruktur an und sagen Sie vorher, ob das Molekül polar oder
unpolar ist! (a) CH2Cl2; (b) CCl4; (c) XeF4; (d) SF4
H HC CH H
Cl Cl
(b)
Cl
Cl
C
Cl
Cl
(a) polar; die Dipolmomente der polaren C-H und C-Cl Bindungen heben
sich nicht auf; (b) unpolar; regelmäßiger Tetraeder (AX4); die
Dipolmomente der vier C-Cl Bindungen heben sich auf.
F
F
Xe
(c)
F
Loch
F
(c) 2 einsame Elektronenpaare am
Zentralatom (AX4E2); Struktur
quadratisch planar: unpolar
(d) 1 einsames Elektronenpaar am F
Zentralatom (AX4E1); Struktur
quadratisch pyramidal; Dipole der
Bindungen heben sich nicht auf: polar
F
(d)
S
F
F
Übungsbeispiel: Welche Geometrien sind bei folgenden
Hybridisierungsschemata des Zentralatoms zu erwarten?
(a) sp3; (b) sp; (c) sp3d2; (d) sp2.
Lösung:
(a) Tetraedrisch
(b) Linear
+
Kein
KeinStrom
Strom.
-
-
+
Stromfluß
Stromfluß
Richtung
positive
Elektrode.
(c) Oktaedrisch
(d) Trigonal
Da bereits Sonnenlicht Elektronen in das Leitungsband heben kann,
können diese Halbleiter zur Umwandlung von Sonnenenergie in
elektrische Energie verwendet werden.
Übungsbeispiel: Um welchen Halbleitertyp handelt es sich, wenn
(a) Germanium mit Arsen dotiert wird oder (b) Antimon mit Zinn
dotiert wird?
Lösung:
(a)
Germanium ist Gruppe 14 Element (4 Valenzelektronen).
Arsen ist Gruppe 15 Element (5 Valenzelektronen).
Dotierung bringt also zusätzliche Elektronen  n-Typ
(b)
Antimon ist Gruppe 15 Element (5 Valenzelektronen). Zinn
ist Gruppe 14 Element (4 Valenzelektronen). Dotierung
verringert also die Zahl der Elektronen  p-Typ
Übungsbeispiel: Welche Hybridisierung würden Sie für jenes Atom
erwarten, das in den folgenden Verbindungen fett gedruckt ist? (a)
SF4; (b) BCl3; (c) NH3; (d) (CH3)2Be. Hinweis: berücksichtigen
Sie auch einsame Elektronenpaare am Zentralatom. Hybridorbitale
können auch von einsamen Elektronenpaaren besetzt werden!
Lösung:
(a) AX4E-Verbindung: sp3d-Hybridisierung
(b) AX3-Verbindung: sp2-Hybridisierung
(c) AX3E-Verbindung: sp3-Hybridisierung
(d) AX2-Verbindung; sp-Hybridisierung
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Übungsbeispiel: Welche Hybridisierung würden Sie für jenes Atom
erwarten, das in den folgenden Verbindungen fett gedruckt ist? (a)
C2H6; (b) C2H2; (c) PCl5; (d) HOCl. Hinweis: berücksichtigen Sie
auch einsame Elektronenpaare am Zentralatom. Hybridorbitale
können auch von einsamen Elektronenpaaren besetzt werden!
Erklären Sie die Metall- und Halbmetallbindung mit Hilfe der
Molekülorbitaltheorie. Wie ändert sich die elektrische
Leitfähigkeit von Metallen und Halbmetallen mit der
Temperatur und warum? Wie kann man sich den Glanz von
Metallen erklären?
Lösung:
(a) Zeichnen Sie die Lewis-Strukturformeln für Methan, CH4,
und für Formaldehyd, H2CO. (b) Wie ist die Hybridisierung
am Kohlenstoffatom in CH4 und H2CO? (c) Das
Kohlenstoffatom in CH4 kann nicht an Mehrfachbindungen
teilnehmen, während dasjenige in H2CO es kann. Erklären Sie
diese Beobachtung mit der Hybridisierung am
Kohlenstoffatom.
(a) Tetraedrische Bindungsanordnung: sp3-Hybridisierung
(b) Lineare Bindung: sp-Hybridisierung
(c) AX5-Spezies: sp3d-Hybridisierung
(d) AX2E2-Spezies: sp3-Hybridisierung
Die Stickstoffatome in N2 beteiligen sich an
Mehrfachbindungen, während die in N2H4 es nicht tun. Wie
können Sie diese Beobachtung in Hinblick auf die
Hybridisierung in den zwei Molekülen erklären?
Übungsbeispiel: Geben sie auf der Basis des Molekülorbitalschemas von molekularem Sauerstoff, O2, die elektronische
Konfiguration von O2-, O2+ und O22- an. Welches dieser Moleküle ist
paramagnetisch?
O2: 16 Elektronen; 2
2p
ungepaarte
Elektronen;
2p
paramagnetisch
O2-: 1 ungepaartes
Elektron:
paramagnetisch
2p
2s
2s
Molekülorbitalschema
von O2
O2+: 1 ungepaartes
Elektron;
paramagnetisch
O22-: diamagnetisch
Typische Prüfungsfragen:
Erklären Sie den Begriff der Hybridisierung am Beispiel des
Methanmoleküls, CH4. Welche Bindungen liegen vor und welche
dreidimensionale Struktur (VSEPR-Theorie) hat Methan?
Erklären Sie die Bindungsverhältnisse im Ethen, C2H4, und EthinMolekül, C2H2, mit Hilfe der Valenzbandtheorie!
Wie ist der Zusammenhang zwischen Bindungsordnung,
Bindungslänge und Bindungsenergie?
Was ist die physikalische Grundlage für das VSEPR-Modell?
Erklären Sie das Model am Beispiel des Ozonmoleküls, O3. Ist
Ozon ein polares Molekül?
Warum ist das Wassermolekül, H2O, gewinkelt gebaut? Ist Wasser
ein polares oder unpolares Molekül und warum?
Welche Molekülstruktur hat das Sulfit-Anion, SO32-, und warum?
Welche Molekülstruktur hat das Perchlorat-Anion, ClO4-, und
warum?
Dichlorethylen (C2H2Cl2) hat drei Formen (Isomere), wobei jede
eine unterschiedliche Substanz ist. Eine reine Probe einer dieser
Substanzen hat ein experimentell bestimmtes Dipolmoment von
Null. Bestimmen Sie, welche dieser drei Substanzen gemessen
wurde! Begründung!
H
H
C
Cl
Cl
H
C
C
Cl
Cl
Cl
H
C
C
H
H
C
Cl
Erklären Sie mit Hilfe der Molekülorbitaltheorie, warum
Wasserstoff immer als H2 und Helium nur elementar vorkommt!
Was versteht man unter der Bindungsordnung?
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Dichlorbenzol (C6H4Cl2) existiert in drei Formen (Isomeren),
genannt ortho, meta und para:
Cl
Cl
Cl
Cl
Cl
ortho
meta
Cl
para
Welche(s) davon werden (wird) ein Dipolmoment ungleich Null
haben? Erklären Sie es!
Wie lautet die plausibelste Struktur des Giftgases Phosgen
COCl2? Führen Sie die wahrscheinlichste Lewis-Strukturformel
an und begründen Sie diese mit Hilfe der formalen Ladungen!
Wie lautet die plausibelste Lewisstruktur und die tatsächliche
Raumstruktur von folgenden Verbindungen. Begründen Sie die
gewählte Struktur durch Angabe der formalen Ladungen.
Handelt es sich um paramagnetische oder diamagnetische
Moleküle. Handelt es sich um polare oder unpolare Moleküle?
Begründen Sie ihre Angaben!
SiH4
H2 O2
Erklären Sie die Metallbindung und die typischen
Eigenschaften der Metalle (Glanz, elektrische Leiter) mit Hilfe
der Molekülorbitaltheorie.
Erklären Sie die Begriffe Valenzband und Leitungsband, sowie
die Unterschiede zwischen Isolatoren, Halbmetallen und
Metallen bezüglich der Leitung des elektrischen Stroms.
Erklären Sie die Bindungsbildung im H2-Molekül mit Hilfe der
Molekülorbitaltheorie.
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