Muslime in Deutschland
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Muslime in Deutschland
Muslime in Deutschland Eine Lerneinheit entwickelt von Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel Quelle: http://www.lehrer-online.de/dyn/9.asp?path=/muslime Die gesellschaftliche und politische Debatte um das Kopftuch bringt es an den Tag: Vorurteile gegenüber Muslimen sind in Deutschland weit verbreitet. Der Terror islamistischer Gruppen in der Welt trägt zu Berührungsängsten und zur allgemeinen Skepsis bei. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in der Kopftuch-Frage bringt nur bedingt Klarheit. Jetzt sollen die einzelnen Bundesländer entscheiden, ob sie das Tragen des Kopftuchs an öffentlichen Schulen erlauben oder nicht. Das Kopftuch bleibt damit ein doppeldeutiges Symbol - für eine besondere Form von Religiosität oder für den islamischen Fundamentalismus. Gleichzeitig müssen Muslime in Deutschland mit Vorurteilen und einer Art Generalverdacht leben. LERNZIELE Die Schülerinnen und Schüler sollen • • • • • sich über die Situation der Muslime in Deutschland informieren sich über die Hintergründe des Kopftuch-Urteils informieren. sich der Probleme bei der Integration von Muslimen bewusst werden. über die Ursachen und Auswirkungen von Vorurteilen diskutieren das Internet als Informations- und Recherchemedium nutzen. KURZINFORMATION Thema Muslime in Deutschland Autoren Wolfgang Bauchhenß und Michael Bornkessel Fach Politik, Sozialwissenschaften Zielgruppe Sek I und II, ab Klasse 9 Zeitaufwandmindestens 2 Stunden, die Dauer ist je nach Intensität und Schwerpunktsetzung variabel Medien Computer mit Internetzugang Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 2 Teilaspekte des Basisartikels Vorurteile und Integrationsprobleme Vorurteile entstehen durch Unkenntnis, mangelnde Aufgeschlossenheit, aber auch durch Probleme bei der Integration in die deutsche Gesellschaft. Die Debatte um das Kopftuch Am Kopftuch entzündet sich der Konflikt zwischen Religionsfreiheit und Gleichberechtigung. Das Bundesverfassungsgericht schafft nur bedingt Klarheit. Der Islamismusverdacht belastet das Zusammenleben Die Unterscheidung zwischen muslimischer Religiösität und Islamismus fällt Nicht-Muslimen besonders seit dem 11. September 2001 schwer. "Politik aktuell" im Unterricht Allgemeine Anregungen für den Einsatz der Basisartikel zu aktuellen politischen Themen von Lehrer-Online und europa-digital liefert der PolitikFachberater Ulrich Bauer. Muslime in Deutschland Artikel Alle Informationen des Basisartikels können Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler in diesem Dokument nachlesen. Zusatzinformationen Zahlen: Muslime in Deutschland Einige aktuelle Daten zum Thema. Islam: Die Bedeutung des Kopftuchs/Schleiers Informationen zur religiösen Bedeutung des Kopftuchs oder Schleiers. Internetressourcen Die ausgewählten Websites helfen bei der weiteren Recherche zum Thema. © 2003, Schulen ans Netz e.V. 2 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 3 Vorurteile und Integrationsprobleme Die abfälligen Äußerungen des Bundestagsabgeordneten Nitzsche machten es wieder einmal deutlich: Gegenüber Muslimen gibt es in Deutschland viele Vorurteile. Sie entstehen durch Unkenntnis und mangelnde Aufgeschlossenheit, aber auch durch Integrationsprobleme. Der Fall Nitzsche Hetze gegen Muslime Henry Nitzsche, ein CDU-Hinterbänkler im Bundestag, sorgte im Herbst für große Aufregung. Eher würde einem Moslem die Hand abfaulen, als dass er CDU wähle - so abfällig äußerte sich der sächsische Bundestagsabgeordnete in einem Interview. Damit handelte sich der Politiker mächtigen Ärger ein. Man solle ihn aus dem Bundestag entfernen, forderten Politiker anderer Parteien. Die CDU-Chefin Angela Merkel sorgte schließlich dafür, dass er sich offiziell für seine Worte entschuldigte. Muslime in der CDU Die umstrittenen Äußerungen sind ein gewichtiges Beispiel dafür, wie sehr Moslems in Deutschland als Fremdkörper betrachtet und wie abwertend sie mitunter behandelt werden. So unpassend Nitzsches Wortwahl war, so dumm war auch die Aussage des Volksvertreters. Denn viele Moslems sind sogar Mitglieder in der CDU, wie der sächsische Abgeordnete eigentlich hätte wissen müssen: In einem "deutsch-türkischen Forum in der CDU" haben sich zum Beispiel türkischstämmige Unionsmitglieder zusammengeschlossen - sie leben und arbeiten in Deutschland und sehen in der CDU die beste Vertretung ihrer Interessen. Muslimische Abgeordnete im Bundestag Im Bundestag gibt es übrigens auch muslimische Volksvertreter. Die Kölner Abgeordnete Dr. Lale Akgün (SPD) wurde in Istanbul geboren und kam als Neunjährige in die Bundesrepublik Deutschland. Ekin Delgöz (Bündnis 90/Grüne) wurde ebenfalls in der Türkei geboren und ist seit ihrem 26. Lebensjahr deutsche Staatsbürgerin. • Spiegel-Online: Rechter Unionsflügel verschreckt die Deutsch-Türken http://www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-5/i.html Der CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche und seine Äußerungen über Muslime in Deutschland. Das Zusammenleben in Deutschland Integration mit Kopftuch? Der Fall des Abgeordneten Nitzsche ist nur ein Beispiel dafür, wie schwierig sich das Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland gestaltet. Über drei Millionen Muslime leben in der Bundesrepublik, viele von ihnen sind deutsche Staatsbürger. Im täglichen Leben begegnen sie aber vielen Vorurteilen, denn ihre Lebensweise erscheint vielen ihrer Mitbürger als fremd und schwer verständlich. Besonders das Kopftuch (mehr Informationen dazu siehe Seite 6) gehört zu den Stereotypen, die das Islam-Bild in Deutschland prägen, und ist damit durchaus ein Symbol für die problematische Integration der Muslime in unserem Land. Unterschiedliche Positionen Einige islamische Gruppen betonen die Kopftuch-Pflicht in besonderer Weise, während es für andere islamische Glaubensrichtungen weniger wichtig ist. Millionen Musliminnen, die sich als durchaus religiös bezeichnen, lehnen es ab, das Tuch zu tragen. Auch viele muslimische Frauen in Deutschland sehen das Tuch nicht als Symbol ihrer Würde, sondern als hinderlich © 2003, Schulen ans Netz e.V. 3 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 4 im täglichen Zusammenleben mit ihren nicht-islamischen Nachbarn. Denn selbst wenn seine Trägerin seit Jahren mit deutschem Personalausweis in Deutschland lebt, das Kopftuch betont als äußerlich weithin sichtbares Symbol die religiöse Ausrichtung seiner Trägerin und das weckt bei vielen Deutschen Vorbehalte. Ghettobildung in Großstädten Die sprachliche Integration für die Migrantinnen und Migranten ist eine weitere große Hürde. Im Laufe der letzten Jahre bildeten sich in einigen Großstädten so genannte "Ghettos". Das sind ganze Viertel, in denen hauptsächlich Menschen wohnen, die aus dem Ausland stammen. So finden sich in Großstädten Stadtteile, in denen hauptsächlich türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger wohnen und arbeiten. Da sie in ihrem Viertel "unter sich" bleiben und in ihrer Sprache alle Besorgungen erledigen können, haben sie kaum einen Grund, richtig Deutsch zu lernen - und kommen noch weniger mit deutschen Nicht-Muslimen in Berührung. So entfernen sich Muslime und Nicht-Muslime zusehends voneinander - und auf beiden Seiten entstehen Vorurteile. Obwohl sich der Lebensstandard bei Deutschen und den hier lebenden Menschen mit ausländischen Wurzeln zwischen 1985 und 2000 angenähert hat, empfinden viele Deutschland nicht als Heimat, am wenigsten diejenigen türkischer Herkunft (so eine aktuelle Studie von Dr. Wilhelm Hinrichs vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung). Probleme in Schule und Beruf Ein weiteres Problem ist die Integration in das Berufsleben. Je schlechter die Kenntnisse der deutschen Sprache sind, umso mehr Probleme haben ausländische Kinder und Jugendliche, dem normalen Schulunterricht zu folgen. Dabei haben die Lehrerinnen und Lehrer oft nicht die Zeit, sich besonders intensiv um ausländische Kinder zu kümmern und mit ihnen die deutsche Sprache zu üben. So bleiben sie nicht selten auf der Strecke, brechen die Schule ohne Abschluss ab und haben unter diesen Umständen so gut wie keine Chance, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Es sind häufig diese Kinder und Jugendliche, die ohne Aussicht auf ein "normales" Leben straffällig werden und so das weit verbreitete Vorurteil vom "kriminellen Ausländer" bestätigen. Nach einer Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung haben beispielsweise 42,5 Prozent der Ausländerinnen und Ausländer (allerdings nicht allein die muslimischen), die zwischen 1965 und 1974 geboren wurden, keine Berufsausbildung. Bei den Deutschen derselben Altersgruppe lag der Anteil dagegen bei nur 5,7 Prozent. • Qantara: Was halten die Deutschen vom Islam? http://www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-5/i.html Beitrag zum Zusammenleben von Muslimen und Deutschen. © 2003, Schulen ans Netz e.V. 4 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 5 Die Debatte um das Kopftuch Das Grundgesetz garantiert allen Menschen Religionsfreiheit und das Recht auf Gleichberechtigung. Bei muslimischen Traditionen gilt es teilweise abzuwägen, welches Recht höher zu bewerten ist. Ein Beispiel für den Konflikt ist das so genannte KopftuchUrteil des Bundesverfassungsgerichts. Der Stein des Anstoßes und das doppeldeutige Urteil In der Vergangenheit wurden immer wieder Konflikte zwischen muslimischen und deutschen Traditionen oder Auffassungen vor Gericht verhandelt (zum Beispiel bei der Frage des Schächtens von Tieren oder der Frage, ob eine Verkäuferin in einem Kaufhaus von der einheitlichen Arbeitskleidung abweichen und ein Kopftuch tragen darf). Das jüngste Beispiel ist der Fall von Fereshta Ludin, einer Lehrerin aus Baden-Württemberg. Fünf Jahre lang kämpfte sie mit der deutschen Justiz, um durchzusetzen, dass sie mit einem Kopftuch bekleidet ihren Beruf ausüben darf. Für die Lehrerin, die aus Afghanistan stammt und in Deutschland studiert hat, ist das Kopftuch Ausdruck ihre Glaubens und ihrer Würde. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass Fereshta Ludin ihr Kopftuch in der Schule tragen darf. Der Haken bei dem Urteil: Das Bundesverfassungsgericht betonte, die Bundesländer dürften das Tragen des Kopftuchs nur verbieten, wenn sie ein entsprechendes Gesetz dafür verabschieden. Und das wollen einige Bundesländer jetzt tun. Die Kopftuch-Gegner Für Fereshta Ludins Chefs in der Schulaufsicht ist das Kopftuch ein Symbol für islamischen Fundamentalismus und ein Symbol für die Ungleichheit von Mann und Frau. Solche Symbole hätten in der Schule nichts zu suchen - schließlich haben Lehrerinnen und Lehrer eine Vorbildfunktion und den Auftrag, alle Schülerinnen und Schüler gleich zu erziehen. Lehrkräfte, die eine fundamentalistische Einstellung offen zur Schau trügen, hätten im Staatsdienst nichts zu suchen, so die Kritiker des Kopftuchs. Die Kopftuch-Befürworter Wer das Kopftuch aus diesen Gründen verbiete, so sagen seine Befürworter, müsse auch die Kruzifixe in den Räumen staatlicher Schulen abhängen - denn auch das Kreuz sei ein klares religiöses Bekenntnis, das auf die Schülerinnen und Schüler wirke. Während in anderen Ländern streng zwischen Religion und Staat getrennt wird, etwa in Frankreich und in der Türkei, gibt es in Deutschland keine klaren Trennlinien. Auch in staatlichen Schulen können Geistliche Religionsunterricht erteilen - und sie dürfen das in vollem Ornat. Da erscheint es schwierig, einer Deutsch- oder Chemielehrerin das Tragen ihres Kopftuchs zu verbieten. Religionsfreiheit oder Gleichberechtigung Daher erwies sich der Kopftuch-Fall als juristisch heikel: Bis zum Bundesverfassungsgericht, dem höchsten Gericht der Bundesrepublik, durchlief der Streit alle Instanzen. Denn die Gesetzeslage ist nicht einfach. Das Grundgesetz garantiert allen Bürgerinnen und Bürgern Religionsfreiheit. Bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes nach dem Zweiten Weltkrieg (es trat am 23. Mai 1948 in Kraft) wurde aufgrund der Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Diktatur ganz besonders auf eine Garantie für Meinungsfreiheit und die Freiheit der Religionsausübung geachtet. Sie besitzen seitdem einen besonders wichtigen und schützenswerten Stellenwert. Artikel 4 des Grundgesetzes garantiert die "Freiheit des weltanschaulichen und religiösen Bekenntnisses". Doch die Toleranz gegenüber Religionen kann nur so weit reichen, wie diese Religionen gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften tolerant sind. Im Grundgesetz ist ebenso wie die Religionsfreiheit die Gleichheit von Mann und Frau garantiert: Jeder muss die gleichen Chancen haben. In der Vergangenheit sorgten allerdings Gerichtsurteile zum Nachteil von Frauen für Aufsehen. Richter fällten in einigen Fällen Urteile, in denen sie die Religionsfreiheit vor die © 2003, Schulen ans Netz e.V. 5 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 6 Gleichberechtigung von Männern und Frauen setzten, indem sie etwa durchsetzten, dass Mädchen auf Wunsch der Eltern aus religiösen Gründen die Teilnahme am Sportunterricht oder an Klassenfahrten verboten wird. Die Zukunft des Kopftuchs hängt von den Bundesländern ab Im Kopftuchstreit wussten selbst die Verfassungsrichter nicht so recht weiter: Sie verwiesen den Fall zurück an die Politik. Jedes Bundesland muss nun entscheiden, ob es Lehrerinnen das Kopftuch erlauben oder verbieten will. Die unionsregierten Länder Hessen und Bayern planen jetzt, muslimischen Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern im Unterricht zu verbieten. Die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz (hier gibt es eine Koalition von SPD und FDP) und Nordrhein-Westfalen (Koalition von SPD und Bündnis90/Die Grünen) planen dagegen keine neuen Gesetzentwürfe und wollen muslimische Lehrerinnen nicht allein wegen des Tragens von Kopftüchern aus dem Schulbetrieb ausschließen. Je nach Bundesland werden also unterschiedliche Regelungen getroffen werden. Verbietet ein Bundesland das Tragen des Kopftuchs im Schuldienst, besteht jedoch die Gefahr, dass wieder geklagt wird - wegen der Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit. • • • • Religion-Online: Islam und Kopftuch http://www.religion-online.info/islam/themen/kopftuch-bverwge.html Das Kopftuch-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und Reaktionen darauf. Migration und Bevölkerung: Das Kopftuch-Urteil http://www2.rz.huberlin.de/population/miginfo/migration_und_bevoelkerung/artikel/030801.htm Dokumentation in der Zeitschrift "Migration und Bevölkerung" (Ausgabe 10/2003)zum Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. WDR: Funkhaus Europa http://www.wdr5.de/funkhauseuropa/dossiers/detail.phtml?dossier_id=111 Dossier "Die Justiz und das Kopftuch" zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts, den Folgen und Reaktionen sowie zu anderen Urteilen zum Kopftuch. Spiegel Online: Südländer werfen Bumerang http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,273568,00.html Die Regierungen in Baden-Württemberg und Bayern wollen das Kopftuch aus Schulen verbannen, aber christliche Symbole weiter zulassen. Die geplanten Gesetze haben alle Chancen, bald wieder vor dem Verfassungsgericht zu landen. © 2003, Schulen ans Netz e.V. 6 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 7 Der Islamismusverdacht belastet das Zusammenleben Die Unterscheidung muslimischer Religiosität und Islamismus fällt Nicht-Muslimen schwer. Besonders die Anschläge vom 11. September 2001 schürten das allgemeine Misstrauen. Der Wandel seit dem 11. September 2001 In den vergangenen zwei Jahren (nach dem Anschlag der Al Qaida auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001) sind Muslime wegen der Terroranschläge fundamentalistischer Islamisten in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. Eine kleine, radikale Minderheit versucht, ihre Vorstellungen mit grausamen Anschlägen durchzusetzen. Angst vor islamistischem Terror in Europa Besonders die jüngsten Terroranschläge in Istanbul haben große Angst ausgelöst, dass ähnliche Anschläge auch in Europa oder Deutschland geschehen könnten. Das verheißt schwierige Zeiten für hier lebende Muslime, die nun noch mehr Vorurteilen begegnen müssen als bislang. Dabei betonten die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland und die Menschen in der Türkei nach den Anschlägen in Istanbul ihr Unverständnis und ihre Ablehnung der Ziele dieser islamistischen Gruppen. In der Öffentlichkeit bestimmen die radikalen Gruppen das Bild des Islam und schüren so eine ablehnende Stimmung gegen alles Muslimische. Viele Menschen differenzieren nicht zwischen kleinen, fanatischen Gruppen und der großen Mehrheit friedlicher Muslime, die in Europa leben. • Bundesamt für Verfassungsschutz: Verfassungsschutzbericht 2002 http://www.verfassungsschutz.de/news/vsb2002.pdf Der Verfassungsschutzbericht (im PDF-Format) informiert unter anderem über sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern in Deutschland. Der Kalif von Köln Allerdings ist es für radikale Gruppen gerade wegen der liberalen Gesetze in Europa relativ einfach, sich hier zu organisieren. Die Polizei hat es nicht leicht, diese Gruppen zu verfolgen, und die Justiz hat oft nicht die Mittel, sie zu verbieten. Eine radikale islamische Sekte wirkte jahrelang von Köln aus - ihr Chef, der selbst ernannte "Kalif von Köln", predigte Hass und Gewalt. In seinem Heimatland, der Türkei, suchte ihn die Polizei, doch in Deutschland stand er unter dem Schutz des Grundgesetzes, das ihm Religionsfreiheit und freie Meinungsäußerung garantiert. Erst als der Sekte ein Aufruf zum Mord nachgewiesen wurde, wanderte ihr Oberhaupt Metin Kaplan ins Gefängnis. Inzwischen ist er wieder frei und streitet über seine Ausweisung in die Türkei vor Gericht. • Deutsche Welle: Rechtsstaatliches Dilemma beim Fall Kaplan http://www.dw-world.de/german/0,3367,1455_A_957553_1_A,00.html Kommentar zu der Entscheidung, dass der Islamistenführer Kaplan trotz Aberkennung des Asyl-Status nicht in die Türkei abgeschoben werden darf. Die "König-Fahd-Akademie" in Bonn Ein weiterer Fall aus der jüngsten Vergangenheit ist die "König-Fahd-Akademie" in Bonn. Die Regierung von Saudi Arabien betreibt die Schule eigentlich für die Kinder von Angehörigen der Botschaften arabischer Länder. Da sie oft nur wenige Jahre in Deutschland verbringen, sollen sie die gleiche Ausbildung erhalten können wie in ihren Heimatländern. Doch im Sommer fanden Journalisten heraus, dass unter den Lehrern fundamentalistische Prediger waren, und dass zunehmend auch fest in Deutschland lebende Muslime ihre Kinder © 2003, Schulen ans Netz e.V. 7 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 8 auf die Schule schickten. Die Aufregung war beträchtlich, schließlich trägt die Ausbildung an der Schule, die hauptsächlich in arabischer Sprache stattfindet und einen starken Schwerpunkt auf den Koranunterricht legt, nicht gerade zur Integration muslimischer Kinder in der deutschen Gesellschaft bei. • Deutsche Welle: Streit um saudische Schule in Deutschland http://www.dw-world.de/german/0,3367,1575_A_997597_1_A,00.html Hintergrundbericht und Diskussionsforum zur König-Fahd-Akademie. Gegenseitige Aufklärung und Annäherung sind wichtig Solche Fälle haben dem Ansehen des Islam in letzter Zeit geschadet und das Verhältnis zwischen den muslimischen und den nicht-muslimischen Bürgern belastet. Die bekannten Negativbeispiele erregen in den Medien beträchtliches Aufsehen, und da sich nur wenige Menschen ohne Vorbehalte über ihre muslimischen Nachbarn informieren, entstehen Vorurteile. Leidtragende sind die Millionen Muslime, die als ganz normale Mitbürger in Deutschland leben. So ist auf beiden Seiten noch einiges an Aufklärungsarbeit und gegenseitigem Kennenlernen nötig, damit sich das Verhältnis von Muslimen und NichtMuslimen in Deutschland entspannt. Der Tag der offenen Moschee, der jedes Jahr im Oktober organisiert wird, ist nur ein Beispiel dafür, sich über einander zu informieren und Hemmschwellen zu überwinden. Vielleicht kommen dann selbst Politiker wie Henry Nitzsche zu schlaueren Urteilen über ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger. © 2003, Schulen ans Netz e.V. 8 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 9 Zahlen: Muslime in Deutschland Einige aktuelle Daten im Überblick. 3,2 Millionen Muslime leben zur Zeit in Deutschland. Der Anteil der Muslime an der Bevölkerung betrug 2001 3,2 Prozent. 68 Prozent der Bevölkerung sind Christen, 1 Prozent gehören anderen Religionen an und 28,5 Prozent sind konfessionslos. Zum Vergleich: In Frankreich beträgt der Anteil von Muslimen an der Bevölkerung etwa 7 Prozent. Dort leben vier Millionen Moslems. (Quelle: epd 2003) Mit 1,91 Millionen Personen sind die Türkinnen und Türken die größte Nationalitätengruppe unter der ausländischen Bevölkerung in Deutschland. Sie stellen 26,1 Prozent der Bevölkerung ohne deutschen Pass. 35,5 Prozent der Personen türkischer Herkunft, die in Deutschland leben, wurden in Deutschland geboren (679 000 Personen). 2 500 Moscheen und Gebetshäuser gibt es derzeit in Deutschland. 154 weitere sind im Bau. 70 000 muslimische Kinder werden an Koranschulen in den Islam eingewiesen. Diese Angaben stammen vom Statistischen Bundesamt und dem Evangelischen Pressedienst (epd). © 2003, Schulen ans Netz e.V. 9 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 10 Islam: Die Bedeutung des Kopftuchs/Schleiers Informationen zur religiösen Bedeutung des Kopftuchs oder Schleiers. Zum religiösen Ursprung Viele Musliminnen tragen nach der Geschlechtsreife ein Kopftuch oder einen Schleier. Im Koran selbst gibt es kein Verschleierungsgebot, aber den Hinweis, dass Frauen ihre körperlichen Reize nicht offen zur Schau stellen sollen (Sure 24:31) und daher in der Öffentlichkeit einen Überwurf tragen sollten (Sure 33:56). Außerhalb des Hauses oder in Anwesenheit fremder Männer verschleiern sich viele Musliminnen daher. Insgesamt gibt es drei verschiedene Arten der Verschleierung: den Gesichtsschleier (er verdeckt das ganze Gesicht oder nur die untere Gesichtshälfte), den Kopfschleier (Kopftuch) und den Körperschleier (Tschador genannt). Vermutlich wurde die Verschleierung seit dem 9. Jahrhundert mehr und mehr üblich. Im 16. Jahrhundert erreichte der Gebrauch des Schleiers seinen Höhepunkt. Heute hängt es vom jeweiligen Land und der jeweiligen religiösen Überzeugung ab, ob sich eine Muslimin verschleiert oder nicht. Unterschiedliche Positionen zur Verschleierung Gemäßigte Vertreterinnen und Vertreter des Islam sehen keine Verschleierungspflicht. Sie stützen sich auf den Koran und betonen, dass es dort kein ausdrückliches Verschleierungsgebot gibt. Für sie ist der Schleier ein Symbol für die Unterdrückung der Frau. Die Befürworter der Verschleierung betonen dagegen, der Schleier sei ein Zeichen für Bescheidenheit und Anstand der Frau. Durch den Schleier werde ihre persönliche Würde geschützt. Außerdem sei der Schleier ein Zeichen der kulturellen Eigenständigkeit der muslimischen Welt. • • • Zentralrat der Muslime: islam.de http://www.islam.de/ Der Verband Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. informiert auf seiner Seite über den islamischen Glauben. Es gibt Hintergrundinformationen zu FAQs wie beispielsweise zum Ramadan. ZDF: Weltreligion Islam http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/13/0,1872,1021965,00.html In verschiedenen Beiträgen dieses ansprechend gestalteten Online-Dossiers informieren ZDF-Journalisten leicht verständlich über den Islam. "Ex oriente lux" http://www.ex-oriente-lux.de/ Die private Website bietet Informationen zu den Saaten der arabischen Welt, zu Religionen im Orient, zu Frauen im Islam und teilweise auch Informationen zur Lebensweise von Muslimen. © 2003, Schulen ans Netz e.V. 10 Muslime im Internet Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 11 Internetressourcen Ausgewählte Links für die weitere Recherche zum Thema. Islam • Qantara.de http://www.qantara.de/ Dreisprachiges Internetportal von Bundeszentrale für politische Bildung, Deutsche Welle, Goethe-Institut Inter Nationes und Institut für Auslandsbeziehungen. Zahlreiche Dossiers zu kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Themen. In Deutsch, Englisch und Arabisch. • ZDF: Weltreligion Islam http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/13/0,1872,1021965,00.html In verschiedenen Beiträgen dieses ansprechend gestalteten Online-Dossiers informieren ZDF-Journalisten leicht verständlich über den Islam. • Zentralrat der Muslime in Deutschland: Islam.de http://www.islam.de/ Der Verband Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. informiert auf seiner Seite über den islamischen Glauben. Es gibt Hintergrundinformationen zu FAQs wie zum Beispiel zum Ramadan. • Weltmission: Der Islam / Minikurs Islam http://www.evangelium.de/weltmission/religion/islam.htm Abgesehen von dem Artikel zum Islam gibt es hier den "Minikurs Islam", der vom Orientdienst in Wiesbaden in der Zeitschrift "Orientierung" herausgegeben und online regelmäßig aktualisiert. Ausländer • Frankfurter Rundschau: Welche Ausländer wollen die Deutschen? http://www.fraktuell.de/uebersicht/alle_dossiers/politik_inland/welche_auslaender_wollen_die_deu tschen/ Eine Sammlung von Reportagen und Zeitungsberichten zum multikulturellen Zusammenleben in Deutschland • Statistisches Bundesamt http://www.destatis.de Aktuelle Zahlen zum Thema Ausländer in Deutschland gibt es unter anderem in der Rubrik "Bevölkerung". • Bundeszentrale für politische Bildung: Muslime und Islam in Europa http://www.bpb.de/veranstaltungen/4CL11K,0,0,Muslime_und_Islam_in_Europa.html Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erwachte das Interesse an der muslimischen Minderheit in Europa. Welche Erfahrungen gibt es mit der Integration dieser Muslime in Europa? Verschiedene Beiträge dokumentieren eine Veranstaltungsreihe der Bundeszentrale vom Juli 2002. Frauen im Islam • Exil Club: Junge Frauen und das Kopftuch http://www.exil-club.de/dyn/54925.asp Der Exil-Club zeigt Ausschnitte aus dem Video "Enthüllungen" des Medienprojekts Wuppertal. Junge Musliminnen erklären darin ihre persönliche Einstellung zum Kopftuch. • DIE ZEIT: Im Schutze des Tuches http://www.zeit.de/2003/51/Kopftuchlehrerinnen_2f_Klenk Der Artikel beschreibt die Haltung und die "mitunter merkwürdige Welt" von vier deutschen Kopftuchlehrerinnen © 2003, Schulen ans Netz e.V. 11 Muslime im Internet • • • Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 12 Qantara.de: Feministischer Islam http://www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-296/i.html Dossier mit Interviews und Artikeln über Frauen, die der traditionellen Auslegung des Koran widersprechen. Auch in Deutschland gibt es innerhalb des Islam eine "feministische Theologie". Qantara.de: Frauen http://www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-502/i.html In dem Dossier werden muslimische Frauen vorgestellt, die sich einen Platz in der Gesellschaft erkämpft und einen Namen im politischen oder kulturellen Leben ihres Landes gemacht haben. Qantara.de: Kopftuchdebatte in Frankreich http://www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-68/i.html Auch in Frankreich erhitzt der Streit um das Tragen des Kopftuchs seit Monaten die Gemüter. Informationen zum Hintergrund und zur weiteren Entwicklung liefert dieser Artikel. Staat und Religion • bpb: Handwörterbuch des politischen Systems Kirchen http://www.bpb.de/wissen/07955898256966762371479504329837,4,0,Kirchen.html Der Artikel "Kirchen" erläutert die Stellung von Kirchen in der Gesellschaft und im Staat. • bpb-Schwerpunkt: Grundwerte und Menschenrechte http://www.bpb.de/themen/6H594K,0,0,Grundwerte_und_Menschenrechte.html Dossier mit verschiedenen Beiträgen zu Grundrechten und Menschenrechten. Es gibt auch Beiträge zur Religionsfreiheit. • bpb: Religion und ihre Globalisierung in der Moderne http://www.bpb.de/publikationen/KDG2IA,0,0,Die_Trennung_von_Politik_und_Religio n_und_ihre_%22Globalisierung%22_in_der_Moderne.html Wie sieht die Trennung zwischen der politischen und der religiösen Macht aus? Der Aufsatz aus der Reihe "Aus Politik und Zeitgeschichte" erläutert das Problem. • bpb: Zivile oder herrschaftliche Religion? http://www.bpb.de/publikationen/OJQUEB,0,0,Zivile_oder_herrschaftliche_Religion.ht ml Ein Aufsatz aus der Reihe "Aus Politik und Zeitgeschichte" zu Fundamentalismus, Religionsfreiheit und der Verantwortung des zivilen Staates. Links zum Artikel Alle Links zum Artikel noch einmal auf einen Blick. Vorurteile und Integrationsprobleme • Spiegel-Online: Rechter Unionsflügel verschreckt die Deutsch-Türken http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,272915,00.html Der CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche und seine Äußerungen über Muslime in Deutschland. • Qantara: Was halten die Deutschen vom Islam? http://www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-5/i.html Beitrag zum Zusammenleben von Muslimen und Deutschen. Die Debatte um das Kopftuch • Religion-Online: Islam und Kopftuch http://www.religion-online.info/islam/themen/kopftuch-bverwge.html Das Kopftuch-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und Reaktionen darauf. © 2003, Schulen ans Netz e.V. 12 Muslime im Internet • • • Wolfgang Bauchhenß, Michael Bornkessel 13 Migration und Bevölkerung: Das Kopftuch-Urteil http://www2.rz.huberlin.de/population/miginfo/migration_und_bevoelkerung/artikel/030801.htm Dokumentation aus der Zeitschrift "Migration und Bevölkerung" (Ausgabe 10/2003) zum Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. WDR: Funkhaus Europa http://www.wdr5.de/funkhauseuropa/dossiers/detail.phtml?dossier_id=111 Dossier "Die Justiz und das Kopftuch" zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts, den Folgen und Reaktionen sowie zu anderen Urteilen zum Kopftuch. Spiegel Online: Südländer werfen Bumerang http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,273568,00.html Die Regierungen in Baden-Württemberg und Bayern wollen das Kopftuch aus Schulen verbannen, aber christliche Symbole weiter zulassen. Die geplanten Gesetze haben alle Chancen, bald wieder vor dem Verfassungsgericht zu landen. Bedeutung des Kopftuchs/Schleiers • Zentralrat der Muslime: islam.de http://www.islam.de/ Der Verband Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. informiert auf seiner Seite über den islamischen Glauben. Es gibt Hintergrundinformationen zu FAQs wie beispielsweise zum Ramadan. • ZDF: Weltreligion Islam http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/13/0,1872,1021965,00.html In verschiedenen Beiträgen dieses ansprechend gestalteten Online-Dossiers informieren ZDF-Journalisten leicht verständlich über den Islam. • "Ex oriente lux" http://www.ex-oriente-lux.de/ Die private Website bietet Informationen zu den Saaten der arabischen Welt, zu Religionen im Orient, zu Frauen im Islam und teilweise auch Informationen zur Lebensweise von Muslimen. Islamismusverdacht • Bundesamt für Verfassungsschutz: Verfassungsschutzbericht 2002 http://www.verfassungsschutz.de/news/vsb2002.pdf Der Verfassungsschutzbericht (im PDF-Format) informiert unter anderem über sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern in Deutschland. • Deutsche Welle: Rechtsstaatliches Dilemma beim Fall Kaplan http://www.dw-world.de/german/0,3367,1455_A_957553_1_A,00.html Kommentar zu der Entscheidung, dass der Islamistenführer Kaplan trotz Aberkennung des Asyl-Status nicht in die Türkei abgeschoben werden darf. • Deutsche Welle: Streit um saudische Schule in Deutschland http://www.dw-world.de/german/0,3367,1575_A_997597_1_A,00.html Hintergrundbericht und Diskussionsforum zur König-Fahd-Akademie. © 2003, Schulen ans Netz e.V. 13