Global Macro Shifts - TRANSLATION PURPOSES ONLY
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Global Macro Shifts - TRANSLATION PURPOSES ONLY
GLOBAL MACRO SHIFTS AUSGABE 4 FEBRUAR 2016 INFLATION: VORBEI ODER NUR VERGESSEN? mit Dr. Michael Hasenstab Inhalt Überblick 2 Inflation, Deflation, „Slowflation“… 4 USA 8 Geldumlaufgeschwindigkeit: der Geist in der Maschine 20 Historischer Hintergrund 22 Kurswechsel der Fed und Ausblick für US-Renditen 24 Fazit 29 Global Macro Shifts Inflation: vorbei oder nur vergessen? Dr. Michael Hasenstab Executive Vice President, Portfolio Manager, Chief Investment Officer Templeton Global Macro Dr. Sonal Desai Senior Vice President, Portfolio Manager, Director of Research Templeton Global Macro Dr. Calvin Ho Vice President, Senior Global Macro & Research Analyst Templeton Global Macro Global Macro Shifts ist eine Research-Information zur weltwirtschaftlichen Entwicklung mit Analysen und Einschätzungen von Dr. Michael Hasenstab und leitenden Mitgliedern von Templeton Global Macro. Dr. Hasenstab und sein Team verwalten Templetons globale Anleihenstrategien einschließlich uneingeschränkter festverzinslicher Anlagen, Währungen und Global Macro. Das an führenden Universitäten weltweit ausgebildete Team von Wirtschaftsexperten integriert globale makroökonomische Analysen in eingehendes LänderResearch, um langfristige Ungleichgewichte ausfindig zu machen, die sich in Anlagechancen übersetzen. Dr. Hyung C. Shin Vice President, Senior Global Macro & Research Analyst Templeton Global Macro Dr. Diego Valderrama Senior Global Macro & Research Analyst Templeton Global Macro Dr. Attila Korpos Research-Analyst Templeton Global Macro Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 1 Überblick US- und Weltwirtschaft erholen sich seit sechs Jahren von der großen Rezession. In diesen sechs Jahren trotzte das Wachstum etlichen Schocks wie der Schuldenkrise in der Eurozone, verschiedenen politisch motivierten Minikrisen in den USA (Schuldenobergrenze, Fiskalklippe und Drosselungskoller, um nur ein paar zu nennen) und dem Beginn des grundlegenden Umbaus des chinesischen Wachstumsmodells. Im Schnitt nimmt sich das globale Wachstum von 2010 bis 2014 gegenüber den vor der globalen Finanzkrise (GFK) verzeichneten Werten positiv aus, vom ausnehmend kräftigen Wachstumsschub von 2002 bis 2007 einmal abgesehen. In den USA ist die Arbeitslosenquote auf 5% zurückgegangen, was an Vollbeschäftigung grenzt.1 Globales Wachstum weiter im Trend Abbildung 1: Globales BIP-Wachstum (% Kaufkraftparität) 1983–2020S 5,5% 4,5% 3,5% Larry Summers und andere stützen diese pessimistische Einschätzung auf die ursprünglich 1938 von Alvin Hansen formulierte Theorie von der säkularen Stagnation.2 Die Hypothese besagt im Grunde, dass die Weltwirtschaft unter einem strukturellen Mangel an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage und chronisch überhöhten Sparzielen im Verhältnis zu Investitionszielen krankt. Summers (2013, 2015) betont folgende Faktoren: • Rückläufiger Bevölkerungszuwachs, der Nachfrage und Output-Wachstum bremst; • Nachlassendes Tempo bei technischer Innovation und Produktivitätssteigerungen, wirkt ebenfalls dämpfend auf Wirtschaftswachstum und Anlageerträge; • Erhebliche Minderung der relativen Kapitalkosten; d. h. ein bestimmter Zuwachs des Kapitalstocks ist durch geringere Investitionen und Kreditaufnahme zu erreichen; • Verminderte Kapitalintensität in der Wirtschaft, ausgelöst durch Aufstieg digitaler Dienstleistungsbranchen; und • Zunehmende Ungleichheit der Einkommen und höherer Kapitalanteil am Einkommen, was beides die durchschnittliche Sparneigung steigert. 5,1% 5,0% 4,0% Der Gleichgewichtszins dürfte demnach beständig niedriger ausfallen als früher. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) teilt diese Überzeugung ein Stück weit: Die Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) prognostizieren der Fed Funds Rate ein niedrigeres Gleichgewichtsniveau als in vorausgegangenen Zyklen. 4,0% 3,7% 3,3% 3,4% 3,7% 3,3% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% 1983–19871988–19921993–19971998–20022003–20072010–20142015–2020 (Estimate) Quelle: Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook Database, 10.15. Dennoch hält sich verbreitet tief sitzender Pessimismus. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und andere Institutionen haben ihre Wachstumsprognosen wiederholt gesenkt. Viele Beobachter zeigen sich vom Wachstumstempo der USWirtschaft weiter enttäuscht. Die Abschwächung in China und anderen EMs und der damit einhergehende Rückgang der Rohstoffpreise wecken Zweifel an der Solidität des globalen Wachstumsausblicks. Der Inflationsdruck ist in den USA und anderen Industrieländern weiter gedämpft. Verschiedene Wirtschaftsexperten und Kommentatoren warnen immer wieder vor der Gefahr flächendeckender Deflation in der Weltwirtschaft. Aus den Finanzmärkten spricht ferner die Überzeugung, dass wir in einer neuen Welt leben, die sich durch dauerhaft niedrigeres Wirtschaftswachstum und nahezu fehlende Inflation auszeichnet. Im Zusammenspiel sorgen diese Faktoren für geringe gesamtwirtschaftliche Nachfrage, dürftige Anlageerträge und niedrige Ist-Investitionen, schwache Inflation und niedrige Zinsen. Ergänzend zur säkularen Stagnation wird häufig die Hypothese von der „Sparschwemme“ bemüht, derzufolge hohe Leistungsbilanzüberschüsse und präventive Sparmaßnahmen von Schwellenländern (EM, Ölproduzenten und asiatischen Exporteuren) die Zinsen zusätzlich unter Abwärtsdruck setzen. Liegt eine säkulare Stagnation vor, kann die Geldpolitik durch die Senkung der Realzinsen kein Wachstum herbeiführen: Der Nominalzins kann nicht unter null fallen, und die schwache gesamtwirtschaftliche Nachfrage deckelt die Inflation. Die Geldpolitik kann höchstens Finanzblasen auslösen – eine Lösung auf Zeit – oder die Währung schwächen – auf globaler Ebene ein Nullsummenspiel. Der einzige Ausweg: Gut konzipierte fiskalpolitische Anreize im Rahmen der Einschränkungen durch die langfristige Schuldentragbarkeit. 1. Abschließende BIP-Wachstumsdaten für 2015 liegen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht vor. 2. Quelle: Larry Summers (2013, 2015). 2 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? Der von der Hypothese der säkularen Stagnation vertretene Pessimismus stützt die Markterwartungen, dass Inflation und Zinsen auf absehbare Zeit extrem niedrig bleiben. Wir halten das für einen Trugschluss: • Das potenzielle Wachstum in den USA und anderen Industrieländern ist tatsächlich geringer als während der kreditgespeisten Expansion vor der GFK generell angenommen; • Auf EMs entfällt inzwischen aber ein deutlich höherer Anteil an der Weltwirtschaft, und sie weisen eindeutig höheres Wachstumspotenzial auf; • Vorherrschende Deflations-/Disinflationssorgen messen dem vom (vorübergehenden) Einbruch der Rohstoffpreise ausgelösten Rückgang der Hauptpreisindizes zu viel Gewicht bei. Dabei berücksichtigen diese Bedenken nicht die positiven Auswirkungen der niedrigeren Rohstoffpreise auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage für Rohstoffimporteure. • Die Inflationsdynamik ist zwar derzeit nicht bis ins Letzte nachvollziehbar, doch unseres Erachtens bestehen inzwischen ganz klar vermehrt Aufwärtsrisiken. Unsere Einschätzung stützt sich auf drei Überlegungen: 1) In den USA wird weiter rege konsumiert und der Lohndruck zieht an. 2) Eine Normalisierung der Geldumlaufgeschwindigkeit würde die Inflation spürbar in die Höhe treiben. 3) Nicht zuletzt ist die hart erarbeitete Glaubwürdigkeit der Notenbank unseres Erachtens die Voraussetzung dafür, dass die Inflationserwartungen seit den 1980er-Jahren verankert sind. Gerät die Geldpolitik zu dem Zeitpunkt ins Hintertreffen, zu dem der inflationsmindernde Effekt der Rohstoffpreise nachlässt, könnte diese Glaubwürdigkeit Schaden nehmen, was die Inflationserwartungen anheizen dürfte. Dieser Artikel ist im Weiteren einer umfassenden und ausführlichen Analyse der Inflationsdeterminanten in den USA und weltweit gewidmet: aktuellen Inflationsentwicklungen, wachsende Output-Lücke weltweit und in den USA, zunehmende Anspannung des US-Arbeitsmarkts, der rasch Vollbeschäftigung anpeilt, Basiseffekte durch Schleuderpreise für Rohstoffe und potenzieller Druck durch massiven monetären Überhang und historisch niedrige Geldumlaufgeschwindigkeit und Geldmengenmultiplikatoren. Diese Indizien sind so schwerwiegend, dass es einigermaßen kühn wäre, davon auszugehen, dass die Inflation auf ihrem aktuell extrem niedrigen Stand bleibt. Unsere Inflationsprognosen sind zwar nicht übermäßig aggressiv, doch deutlich höher angesiedelt als die der Fed – und mehr noch als die von den Finanzmärkten eingepreisten. Wir sind daher der Auffassung, dass die verbreitete Unterschätzung der künftigen Inflation zusammen mit der potenziellen Normalisierung der Beziehung zwischen langfristigen Zinsen und Wachstum des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) den Boden für eine kräftige Korrektur der US-Schatzpapierrenditen bereitet. Der Artikel ist im Weiteren folgendermaßen aufgebaut: Im ersten Teil bewerten wir aktuelle Inflationstrends in Industrieund Schwellenländern und zeigen auf, dass die globale OutputLücke in einzelnen Ländern ein wesentlicher Inflationstreiber ist. Im zweiten Teil liefern wir eine detaillierte Analyse der USArbeitsmarkt- und Lohntrends, untersuchen die Inflationsentwicklung und erarbeiten ein strukturelles Modell zur Inflationsprognose für die nächsten vier Quartale. Im dritten Teil beurteilen wir die Risiken durch den monetären Überhang infolge der quantitativen Lockerung (QE) und schätzen die potenziellen Inflationseffekte einer Normalisierung von Geldumlaufgeschwindigkeit und Geldmengenmultiplikatoren. Im vierten Teil folgt ein kurzer historischer Abriss mit Schwerpunkt auf der großen Inflation von 1965 bis 1980. Im fünften Teil erörtern wir die Herausforderungen für eine Normalisierung der Fed-Politik und die voraussichtliche Reaktion der US-Renditen. Abschließend fassen wir unsere Ansichten kurz zusammen. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 3 1. Inflation, Deflation, „Slowflation“… Seit zwölf Monaten führen viele Analysten und Kommentatoren globale Deflationsgefahr ins Feld. Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt jedoch rasch, dass diese Sorgen weit hergeholt wirken – als Überreaktion auf den Preisrutsch bei Rohstoffen. 1.1 Aktuelle Inflationstrends in Industrieund Schwellenländern Die Gesamtinflation bleibt in Industrieländern niedrig. Sie bewegt sich in den USA, der Eurozone und Japan nahe null. Headline-Inflation in G3-Ländern weiter niedrig Abbildung 2: G3: Headline-Inflation Januar 2008–Dezember 2015 Ölpreis pro Barrel Inflation: VPI im Jahresvergleich 7% 160 6% 140 5% 120 4% Die Maßstäbe für die Kerninflation ohne Energie- und Lebensmittelpreise sind mit rund 1,5% in den USA und rund 1% in der Eurozone stabil. In den USA stand die Kernrate des VPI im November 2015 bei 2,0%, die Kernrate der persönlichen Konsumausgaben (PCE) bei 1,3%. Weitere Maßstäbe für die Basisinflation fallen ähnlich aus: Die Dallas Fed setzte3 die PCE-Inflationsrate bei 1,6% an, die Cleveland Fed den getrimmten VPI bei 1,9% und den gewichteten Median bei 2,5%. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Einbruch der Energiepreise eine breitere Abschwächung der Inflation zur Folge hatte. Ganz im Gegenteil – nachstehende Grafik zeigt, dass die Kerninflation in den G3-Ländern anzieht: Kerninflation in G3-Ländern zieht an Abbildung 3: G3: Kerninflation Januar 2008–November 2015 Inflation: VPI im Jahresvergleich 3,0% 3% 100 2,5% 2% 80 2,0% 1% 60 1,5% 40 1,0% 20 0,5% 0% -1% -2% -3% 1.08 3.09 5.10 US (PCE) Japan (CPI) 6.11 8.12 0 9.13 11.14 12.15 Euro Area (CPI) Crude Oil (WTI) Quelle: US Bureau of Labor Statistics; Eurostat; Statistics Bureau, Ministerium für Inneres & Kommunikation, Japan; Bloomberg. Zahlen für Japan berücksichtigen Anstieg der Mehrwertsteuer (04.14., 2,1%). PCE- und VPI-Daten bis einschließlich 11.15. Vorstehende Grafik zeigt jedoch klar, dass alle G3-Länder zeitgleich einen drastischen Rückgang der Headline-Inflation verzeichneten, der mit dem Mitte 2014 einsetzenden Ölpreisverfall zusammenfiel. Parallel dazu gaben auch die Preise anderer Rohstoffe nach – spürbar, aber nicht ganz so stark. In der Eurozone hatte die Gesamtinflation seit Anfang 2012 bereits langsam nachgelassen, worin sich geringeres Wirtschaftswachstum niederschlug. Der Preisrutsch bei Rohstoffen zog sie ebenfalls kräftig ins Minus. Die Grafik weist ferner eine Stabilisierung der Headline-Inflationsraten der G3Länder in der zweiten Hälfte 2015 aus. 0,0% -0,5% -1,0% -1,5% -2,0% 1.08 8.09 3.11 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 5.14 11/15 US (PCE Less Food and Energy) Euro Area (CPI Less Food and Energy) Japan (CPI Less Food and Energy) Quelle: US Bureau of Labor Statistics; Eurostat; Statistics Bureau, Ministerium für Inneres & Kommunikation, Japan. Zahlen für Japan berücksichtigen Anstieg der Mehrwertsteuer (04.14., 2,1%). Im Schnitt ist bei den 32 OECD-Mitgliedstaaten – meistenteils Industrieländer – ein ähnlicher allmählicher Anstieg der Kerninflation zu beobachten. 3. Trimmen ist ein Verfahren, mit dem die Fed bei der Ermittlung ihrer endgültigen Werte extreme Ausreißer aus den Daten herausrechnet. 4 10.12 Kerninflation in OECD-Ländern zieht sukzessive an Abbildung 4: OECD: Kerninflation im Jahresvergleich Januar 2011–November 2015 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% 1.11 12.11 12.12 11.13 11.14 11.15 OECD Inflation Quelle: OECD Inflation CPI Indicator Database, aufgerufen 01.16. Bislang zeigen sich die Finanzmärkte vom einsetzenden In den EMs bieten aktuelle Trends noch weniger Rückhalt für Anstieg der Kerninflationsmaßstäbe unbeeindruckt: die die globale Deflationshypothese. Sicher, in China gehen die Breakeven-Inflationsraten für 5 und 10 Jahre lassen vermuten, Erzeugerpreise schon längere Zeit zurück, worin sich niedrigere dass Fed und Europäische Zentralbank ihre Inflationsziele Rohstoffpreise und industrielle Überkapazität widerspiegelt. weiter verfehlen dürften. Ein ähnliches Signal kommt aus Doch in vielen EMs liegen die Headline-Inflationsraten bereits Japan, wenn man den erwarteten kurzfristigen Auftrieb durch über dem Ziel, mit steigender Tendenz: in ganz Lateinamerika die für 2017 geplante Mehrwertsteueranhebung ausklammert. (wohlgemerkt ohne Mexiko) und in Ländern wie Malaysia, Russland und der Ukraine, zum Teil ausgelöst durch herbe Wertverluste ihrer Währungen. Breakeven-Inflationsraten weiter gedämpft Abbildung 5: USA: Breakeven-Inflation Abbildung 6: Deutschland: Breakeven-Inflation 6. Januar 2012-18. Dezember 2015 6. Januar 2012-18. Dezember 2015 3,0% 2,5% 2,5% 2,0% 2,0% 1,5% 1,5% 1,0% 1,0% 0,5% 0,5% 0,0% -0,5% 6.1.12 0,0% 30.7.12 21.2.13 1-Year SWAP 15.9.13 9.4.14 5-Year TIPS 1.11.14 26.5.15 18.12.15 10-Year TIPS Quelle: Bloomberg. Breakeven-Renditen werden berechnet durch Subtraktion der Renditen inflationsgeschützter Anleihen von der nominalen Rendite risikoloser Anleihen. Die Breakeven-Rendite für ein Jahr wird anhand des 1-Jahres-Swaps berechnet. Für die Breakeven-Renditen für 5 und 10 Jahre werden USSchatzanweisungen herangezogen. -0,5% 6.1.12 30.7.12 21.2.13 15.9.13 5-Year Yield 9.4.14 1.11.14 26.5.15 18.12.15 10-Year Yield Quelle: Bloomberg. Breakeven-Renditen werden berechnet durch Subtraktion der Renditen inflationsgeschützter Anleihen von der nominalen Rendite risikoloser Anleihen. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 5 Headlline-Inflation in mehreren EMs über den Zielwerten Abbildung 7: VPI-Ziel Stand: 30. November 2015 18% 16% 14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% Quelle: Bloomberg. CPI on 30/11/15 In der Summe ist die Inflation in etlichen EMs bereits hoch. In Industrieländern ist die Gesamtinflation weiter gering, stark gedrückt durch die plötzliche Korrektur der Rohstoffpreise. Die Kerninflation bleibt aber stabil und zieht mittlerweile offenbar sogar an. Aktuelle Trends bieten der Hypothese von einem globalen Deflationsszenario wenig Unterstützung. 1.2 Globale Determinanten für Inflationstrends Die globale Perspektive ist deshalb so wichtig, weil ökonometrische Studien auf Grundlage einer Hauptkomponentenanalyse traditionell ergeben, dass Inflationstrends eine maßgebliche globale Komponente aufweisen.4 Anders formuliert: Inflationstrends in einzelnen Ländern werden stark von globalen Faktoren beeinflusst. In diesem Absatz haben wir die Analysen von Borio und Filardo (2007)5 aktualisiert und erweitert: Wir haben einen Maßstab für die OECD-Output-Lücke entwickelt, basierend auf dem OECD-BIP-Datensatz und dem Datensatz der St Louis Fed. Mit diesem Maßstab haben wir dann die relative Bedeutung nationaler und internationaler (OECD-weiter) Output-Lücken als Inflationstreiber für OECDLänder überprüft. Unserer Analyse zufolge reagiert die Inflation in den Ländern unserer Stichprobe stärker auf die internationale Output-Lücke als auf die nationale. Das bestätigt die Ergebnisse früherer Studien, die besagen, dass globale Trends die Haupttreiber der Inflationstrends auf Einzelländerebene sind. CPI Target Globale Output-Lücke steuert Inflation auf Länderebene Abbildung 8: Koeffizienten der Output-Lücken Stand: 30. Juni 2015 0,6% 0,5% 0,4% 0,3% 0,2% 0,1% 0,0% -0,1% -0,2% -0,3% 1971–1985 Global Output Gap 1986–1998 1999–2015 Domestic Output Gap Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten der US-St. Louis Fed und OECD, GDP Indicator Database, aufgerufen 01.16. 4. Die Hauptkomponentenanalyse (Principal Component Analysis, PCA) ist eine statistische Methode zur Analyse eines Satzes von Variablen, die korrelieren könnten – etwa Inflationsraten in verschiedenen Ländern, die von den gleichen Faktoren (wie Rohstoffpreisen) beeinflusst werden. Die PCA rechnet die Ausgangsvariablen in neue Variablensätze um, die untereinander nicht korrelieren und so eingestuft werden, dass auf die erste Hauptkomponente der größte Anteil an den Fluktuationen der Ausgangsvariablen entfällt. 5. Quelle: Claudio Borio und Andrew Filardo, „Globalisation and Inflation: New Cross-Country Evidence on the Global Determinants of Domestic Inflation”, Arbeitspapier der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, 05.07. 6 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? Unser Maßstab für die OECD-Output-Lücke, der 2009 stark ins Minus abglitt und 2012 erneut negative Werte erreichte, worin sich die Double-Dip-Rezession in der Eurozone niederschlug, tendiert derzeit aufwärts und weist auf einen stärkeren Beitrag des inländischen Inflationsdrucks in den Einzelländern hin. OECD-Output-Lücke: positiv, Tendenz steigend Abbildung 9: Output-Lücke (OECD-Länder) Wir rechnen fürs erste Halbjahr 2016 mit Bodenbildung beim EM-Wachstum, gefolgt von einer Stabilisierung in der zweiten Jahreshälfte und 2017. Das Wachstum in den Industrieländern liegt noch über dem Potenzial. Anziehende Werte in EMs sollten der globalen Output-Lücke daher weiter Vorschub leisten und so zu stärkerem Inflationsdruck in Einzelländern beitragen. Stabileres EM-Wachstum sollte auch die Rohstoffnachfrage stützen und dadurch die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Abwärtskorrektur der Rohstoffpreise in den nächsten zwölf Monaten verringern. Preiszyklen bei Rohstoffen sind in aller Regel lang. Mittelfristig sollte der Mitte 2014 ausgelöste Preisrutsch negative Effekte auf Investitionen im Rohstoffsektor ausüben, was letztlich das Angebot verringern und einen Wendepunkt im Preiszyklus herbeiführen dürfte. Q1 1999–Q1 2015 3% 2% 1% 0% -1% Zusammenfassend ergeben die in diesem Teil erörterten Analysen, dass -2% 1. die aktuellen Preistrends keine überzeugenden Indizien für einen globalen Deflationstrend liefern: In vielen EMs sind die Headline-Inflationsraten erhöht. In Industrieländern geht der Rückgang der Gesamtinflation auf den Einbruch der Rohstoffpreise zurück, während die Kernraten stabil geblieben sind. Zu beachten ist ferner: Die Output-Lücke für die OECD-Länder ist zwar positiv und nimmt zu, doch für EM ist sie negativ. Das verringert die globale Output-Lücke (die Industrie- und Schwellenländer einbezieht). Dies entspricht den jüngsten Wachstumstrends – mit stärkeren Raten in großen Industrieländern, die über dem Potenzial liegen, und deutlicher Abschwächung in einer Reihe von EMs. 2. Inflationstrends eine starke globale Komponente aufweisen. Länderspezifische Werte reagieren stärker auf die globale Output-Lücke als auf nationale. Die globale Output-Lücke wird größer, was sich allem Anschein nach fortsetzen dürfte. EM-Output-Lücke: negativ, Tendenz fallend Im folgenden Abschnitt fokussiert sich unsere Analyse aus drei Gründen auf die USA: Erstens sind die USA nach wie vor stärkste Triebkraft der Weltwirtschaft, sodass US-Trends wesentlichen Einfluss auf globale Trends nehmen. Zweitens bringt Ursachenforschung zu dem bislang weiterhin verhaltenen Lohn- und Preisdruck in den USA mehr Licht in den globalen Ausblick. Drittens wirkt sich die Inflationsentwicklung in den USA auf die Fed-Politik aus, die wiederum maßgebliche Effekte auf Weltwirtschaft und globale Finanzmärkte hat. -3% -4% Q1 '99 Q1 '03 Q1 '07 Q1 '11 Q1 '15 Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten der US-St. Louis Fed und OECD, GDP Indicator Database, aufgerufen 01.16. Abbildung 10: Output-Lücke (EMs) Q1 2000–Q3 2015 3% 2% 1% 0% Die Analyse spricht daher für steigende Inflationsraten in der Weltwirtschaft in den kommenden Jahren. -1% -2% -3% -4% Q1 '00 Q2 '03 Q3 '06 Q4 '09 Q1 '13 Q3 15 Hinweis: Gewichteter Durchschnitt der Output-Lücke von 20 EMs wie Brasilien, China, Indien, Südkorea, Mexiko, Türkei und Südafrika. Datenquelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten von Thomson Reuters Datastream, Bloomberg, IWF und US-St. Louis Fed. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 7 2. USA Der Konjunkturaufschwung in den USA verlief langsam und allmählich, ist aber nachhaltig und robust. Kapazitätsüberhänge auf dem Arbeitsmarkt und in der breiten Wirtschaft sind überwiegend abgebaut. 2.1 Der US-Arbeitsmarkt ist weitgehend gesundet • Die Arbeitslosenquote (U3) ist von einem Hoch bei 10% auf 5% gefallen. Breitere Maßstäbe für die Arbeitslosigkeit (U6)6 weisen noch auf gewisse Überhänge hin, doch die meisten Beobachter gehen davon aus, dass beinahe Vollbeschäftigung erreicht ist – und die Fed teilt diese Einschätzung. Der U6-Wert ging ebenfalls von einem Höchststand bei 17,1% auf 9,9% zurück und liegt rund 100 Bp unter dem Vorkrisendurchschnitt. • Manche Stimmen behaupten, der Rückgang der Arbeitslosenquote sei durch die Erwerbsquote beschleunigt worden, die während der Rezession extrem zurückging. Nun müsse sich die Erwerbsquote erholen, was mehr neue Stellen erfordert, damit die Arbeitslosigkeit stabil bleibt.7 • Nach Schätzungen des Bureau of Labor Statistics (BLS) ging die Erwerbsquote in der Rezession 2008/2009 nur um 0,6 Prozentpunkte zurück8, was als zyklische Komponente gewertet werden kann. Nach Angaben des BLS ist dieser zyklische Effekt im Vergleich zu einem strukturell durch demografische Faktoren bedingten Abwärtstrend der Erwerbsquote, wie er seit 2000 vorlag, nur gering. Ein starkes Anziehen der Erwerbsquote ist daher sehr unwahrscheinlich. • Da sich die US-Konjunktur seit sechs Jahren erholt, dürfte dieser zyklische Effekt zumindest teilweise bereits wieder absorbiert sein. Gehen wir aber davon aus, dass dieser Rückgang um 0,6 Prozentpunkte noch auszugleichen ist. Dadurch würde die Erwerbsquote vom im Dezember 2015 erreichten Niveau von 62,6% auf 63,2% steigen. Um die Arbeitslosenquote bei 5% zu halten, müssten dann jeden Monat 230.000 neue Stellen geschaffen werden, also nicht viel mehr als jetzt. • Verharrt die Erwerbsquote stattdessen auf dem aktuellen Niveau, reichen schon 110.000 Stellen außerhalb der Landwirtschaft im Monat aus, damit die Arbeitslosenquote unverändert bleibt. Der Sechsmonatsdurchschnitt liegt derzeit über 200.000. Entstehen außerhalb der Landwirtschaft weiterhin rund 200.000 Arbeitsplätze pro Monat, fiele die Arbeitslosenquote bis Ende 2016 auf 4,3% – also unter jeden plausiblen Wert für Vollbeschäftigung. Tatsächlich rechnen die meisten FOMC-Mitglieder für den Prognosezeitraum mit einem Rückgang der Arbeitslosenquote unter 5%. USA: beinahe Vollbeschäftigung, rückläufige Arbeitslosenquote Abbildung 11: Arbeitslosenquote Januar 1970–November 2015 20% 70% 18% 68% 16% 66% 14% 64% 12% 62% 10% 60% 8% 58% 6% 56% 4% 54% 2% 52% 0% 1.70 9.77 4.85 12.92 Unemployment Rate (LHS) 8.00 3.08 50% 11.15 Participation Rate (RHS) Quelle: US Bureau of Labor Statistics. USA: Beschäftigte ohne Landwirtschaft nehmen weiter kräftig zu Abbildung 12: Zuwachs Beschäftigte ohne Landwirtschaft Januar 2011–November 2015 Tausend 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 1.11 1.12 Month-over-Month 12.12 12.13 3-Month Average 11.14 11.15 6-Month Average Quelle: US Bureau of Labor Statistics. 6. U3 ist die offizielle Arbeitslosenquote, definiert als Verhältnis der gesamten Arbeitslosen zur gesamten zivilen Erwerbsbevölkerung; U6 ist breiter angelegt und wird definiert als Gesamtzahl der Arbeitslosen zuzüglich der instabil Beschäftigten zuzüglich aller aus wirtschaftlichen Gründen Teilzeitbeschäftigten in Prozent der zivilen Erwerbsbevölkerung zuzüglich aller instabil Beschäftigten. „Instabil beschäftigt" sind Personen, die derzeit weder arbeiten noch Arbeit suchen, aber angeben, dass sie arbeiten wollen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und in den vorausgegangenen zwölf Monaten irgendwann Arbeit gesucht haben. 7. Die Erwerbsquote ist die Anzahl der Menschen, die entweder arbeiten oder Arbeit suchen in Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Ein Anstieg der Erwerbsquote würde daher dazu führen, dass mehr Menschen Arbeit suchen. Finden diese Menschen keine Anstellung, hätte dies einen Anstieg der Arbeitslosenquote zur Folge. 8. Quelle: US Bureau of Labor Statistics, „Labor Force Projections to 2022: The Labor Force Participation Rate Continues to Fall”, Monthly Labor Review, 12.13. 8 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? Versicherte Arbeitslosenquote historisch niedrig Mehr schwer zu besetzende Stellen Abbildung 13: Versicherte Arbeitslosenquote Abbildung 14: National Federation of Independent Business Schwer zu besetzende Stellen 5. März 1970-18. Dezember 2015 Januar 1990–November 2015 8% Arbeitslosenquote Diffusion 12% 40% 7% 35% 6% 10% 30% 5% 8% 25% 4% 20% 3% 15% 6% 4% 10% 2% 2% 5% 1% 0% 0% 5.3.70 15.8.81 25.1.93 7.7.04 1.90 18.12.15 8.98 % of Firms with Hard to Fill Jobs (LHS) 4.07 0% 11.15 Unemployment Rate (RHS) Quelle: US Bureau of Labor Statistics. Schwer zu besetzende Stellen Datenquelle: Thomson Reuters Datastream, National Federation of Independent Business. Arbeitslosenquote Datenquelle: US Bureau of Labor Statistics. Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen seit GFK gestiegen Deutlich mehr Vakanzen Abbildung 15: Conference Board-Konsumklimaindex: Arbeitsmarktaussichten Januar 2001–Oktober 2015 Abbildung 16: Offene Stellen Januar 2000–November 2015 60% 12% 40% 10% 20% 8% 0% 6% 4,5% 1 4,0% 0,9 0,8 3,5% 0,7 3,0% 0,6 2,5% 0,5 2,0% -20% 4% -40% 2% 1,0% 0% 5.14 11/15 0,5% -60% 1.00 8.01 3.03 10.04 5.06 12.07 7.09 2.11 9.12 Jobs Plentiful Minus Jobs Hard to Find (LHS) Quelle: US Bureau of Labor Statistics und The Conference Board. • Anträge auf Arbeitslosenunterstützung und die versicherte Arbeitslosenquote (fortlaufende Arbeitslosenunterstützung in Prozent der anspruchsberechtigten Beschäftigten) sind historisch niedrig. Unternehmen berichten, dass sie Probleme haben, Vakanzen zu besetzen, Arbeitnehmer melden dagegen, dass sie leichter neue Jobs finden. Tatsächlich gibt es inzwischen sehr viele Stellenangebote. 0,4 1,5% 0,0% 0,3 0,2 0,1 0 1.01 5.02 10.03 2.05 7.06 11.07 4.09 6/09 8.10 12.11 5.13 9.14 10/15 Quelle: US Bureau of Labor Statistics. Das National Bureau of Economic Research hat zwischen 01.01. und 01.16. zwei Rezessionsphasen ermittelt, von 03.01. bis 11.01. und von 12.07. bis 06.09. Schattierte Bereiche zeigen ungefähre rezessive Phasen an. • Ein weiteres Signal für einen gesunden Arbeitsmarkt ist die steigende Zahl von Kündigungen durch Arbeitnehmer. Das bedeutet in aller Regel, dass Arbeitnehmer gehen, weil sie einen besseren Job gefunden haben oder sicher glauben. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 9 Einstellungs- und Kündigungsquoten steigen Stärkere Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt Abbildung 17: Einstellungs- und Kündigungsquoten Abbildung 18: Schätzungen zur Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt Januar 2001–Oktober 2015 4,5% Februar 2001–August 2015 9% 4,0% 8% 7% 3,5% 6% 3,0% 5% 2,5% 1.01 5.08 Hires 10.15 Separations 4% 2.01 5.08 8.15 JOLTS: Hiring + Separation Rate Quelle: US Bureau of Labor Statistics. Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten des US Bureau of Labor Statistics. • Mehr offene Stellen bei gleich hoher Arbeitslosigkeit: Enge auf dem Arbeitsmarkt Ein weiterer Grund für die zunehmenden Probleme von Arbeitgebern, Stellen zu besetzen, könnte in der Veränderung der erforderlichen Kompetenzen liegen. Anders gesagt: Vielleicht liegt ein Qualifikationsdefizit vor, und eine wachsende Zahl der aktuell Arbeitslosen verfügt nicht über die von Arbeitgebern nachgefragten Kenntnisse. Dafür spricht der Rechtsruck der Beveridge-Kurve. Sie setzt die Zahl der offenen Stellen ins Verhältnis zur Arbeitslosigkeit. Verlagert sie sich nach rechts, geht daraus hervor, dass dieselbe Zahl offener Stellen mit einer größeren Anzahl Arbeitsloser einhergeht – ein weiterer Hinweis auf Anspannung des Arbeitsmarkts. Abbildung 19: Beveridge-Kurve Januar 2001–Oktober 2015 Offene Stellen 4,0% 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% 0% 2% 4% 6% Arbeitslosigkeit Quelle: US Bureau of Labor Statistics. 10 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 8% 10% 12% 2.2 Lohndynamik: Rätsel oder Streitpunkt? Die Löhne ziehen moderat an. Das wird häufig als Indiz dafür gewertet, dass die Inflation strukturbedingt niedriger ist (wobei das Wachstum der gesamten privatwirtschaftlich Beschäftigten mit 4,5% robuster ausfiel, gestützt durch steigende Beschäftigung, was wiederum Zuwächse bei Haushaltseinkommen und Konsum förderte). Die Fed verweist immer wieder auf die Bedeutung der Lohndynamik für ihre Bewertung des Inflationsausblicks. Lohnsteigerungen weiter gedämpft Abbildung 21: Gesamtwert privatwirtschaftlich Beschäftigte / durchschnittlicher Stundenverdienst Abbildung 20: Nominale jährliche Einkommensteigerung März 2007–Oktober 2015 März 2007 – März 2015 i. Jahresvergleich 8% i. Jahresvergleich 10% 8% 6% 6% 4% 4% 2% 2% 0% 0% -2% -2% -4% -4% -6% -8% -6% 3.07 4.08 5.09 6.10 6.11 7.12 8.13 9.14 Aggregate Weekly Payrolls (NFP) Personal Income (Income and Disposition) Wage and Salary Disbursements (Income and Disposition) 10.15 Quelle: US Bureau of Economic Analysis und US Bureau of Labor Statistics. Ökonometrische Studien belegen jedoch, dass die Lohnentwicklung kein aussagekräftiger Indikator für Waren- und Dienstleistungsinflation ist. Rhys Bidder („Are wages useful in forecasting price inflation”, FRBSF Economic Letter 2015-33, 2. November 2015) gibt einen Überblick über die einschlägige Literatur und folgert, dass diese „vermuten lässt, dass Löhne über die aus anderen Quellen einschließlich der Preise selbst gewonnenen Informationen hinaus keine wesentlichen zusätzlichen Erkenntnisse liefern.” Dass der Lohndruck nach wie vor verhalten ist, garantiert also nicht, dass die Inflation niedrig bleibt. -8% 3.07 11.07 7.08 3.09 11.09 7.10 3.11 11.11 7.12 3.13 11.13 7.14 3.15 11.15 Average Hourly Earnings Aggregate Weekly Payrolls Quelle: US Bureau of Labor Statistics. Ungeachtet dessen sind die Ursachen für die langsamen Lohnsteigerungen interessant, und auch die Frage, ob sie wohl stagnieren oder anziehen. Wir haben bereits festgestellt, dass die meisten Indikatoren für kontinuierliche Anspannung auf dem Arbeitsmarkt sprechen, allen voran die Fluktuation, insbesondere Eigenkündigungen, weisen auf mehr Nachfrage nach Arbeitskräften hin. Der steigende Beschäftigungskostenindex (ECI) weist eine besonders starke Korrelation mit Kündigungen von Arbeitnehmerseite auf, wie die beiden Grafiken auf der nächsten Seite illustrieren. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 11 Positive Korrelation zwischen Eigenkündigungen und Lohnsteigerungen Abbildung 22: Eigenkündigungen und ECI-Lohnsteigerungen Abbildung 23: Eigenkündigungen und AHE-Lohnsteigerungen Februar 1990–August 2015 Februar 1990–Februar 2015 JOLTS-Eigenkündigungsquote, Q4, gl. Durchschnitt 0,09 ECI, i. Jahresvgl. 6,0% 5,0% 0,08 4,0% 0,07 3,0% 0,06 2,0% 0,05 1,0% 0,04 0,0% 0,03 2.90 5.94 8.98 11.02 ECI Wage Growth (LHS) 2.07 5.11 8.15 JOLTS Quit Rate (RHS) Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten des US Bureau of Labor Statistics und des National Bureau of Economic Research Working Paper, „Labor Market Flows in the Cross Section and over Time”, von Steven J. Davis, R. Jason Faberman und John C. Haltiwanger. Daten zur JOLTS-Kündigungsquote ab 02.91. AHE, i. Jahresvgl. 4,5% JOLTS-Eigenkündigungsquote, Q4, gl. Durchschnitt 0,09 4,0% 0,08 3,5% 3,0% 0,07 2,5% 0,06 2,0% 1,5% 0,05 1,0% 0,04 0,5% 0,0% 2.90 7.96 12.02 6.09 AHE – Production (LHS) AHE – Total Nonfarm Private Wage Growth (LHS) JOLTS Quit Rate (RHS) 0,03 11.15 Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten des US Bureau of Labor Statistics und des National Bureau of Economic Research Working Paper, „Labor Market Flows in the Cross Section and over Time”, von Steven J. Davis, R. Jason Faberman und John C. Haltiwanger. Daten zur JOLTS-Kündigungsquote ab 02.91. bis 08.15.. AHE – Daten zur gesamten Lohnsteigerung in der Privatwirtschaft ohne Landwirtschaft ab 05.07. Abbildung 24: Korrelation der Eigenkündigungen (zum Zeitpunkt = t) mit ECI-Wachstum und AHE-Wachstum zu Zeitintervallen (t+i) ECI-Wachstum (t+i) AHE-Wachstum (t+i) i 0,686 0,644 0 0,719 0,708 1 0,729 0,758 2 0,726 0,781 3 0,721 0,786 4 0,712 0,779 5 0,702 0,762 6 0,689 0,743 7 0,680 0,713 8 t = aktueller Zeitpunkt der Kündigung als Faktor; i = Zeitintervall in Quartalen. Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten des US Bureau of Labor Statistics und des National Bureau of Economic Research Working Paper, „Labor Market Flows in the Cross Section and over Time”, von Steven J. Davis, R. Jason Faberman und John C. Haltiwanger. Daten zum Stand 08.15.; Berechnungen zum Stand 11.15. Die Korrelation misst, inwiefern sich zwei Anlagen parallel zueinander bewegen. Die Korrelation liegt zwischen 1,00 (vollständige positive Korrelation; d. h. zwei Positionen bewegten sich in der Vergangenheit immer in die gleiche Richtung) und -1,00 (vollständige negative Korrelation; d. h. zwei Positionen bewegten sich in der Vergangenheit immer in entgegengesetzte Richtungen). Wir nahmen die historische Beziehung zwischen ECI und Kündigungen und erweiterten sie um den Anteil von Unternehmen, die von einer Erhöhung der Vergütung ihrer Arbeitnehmer ausgehen (laut Umfrage der National Federation of Independent Business [NFIB]) als Maßstab für die Nachfrage nach Arbeitskräften (Abbildung 24). Mit dem resultierenden Modell prognostizieren wir künftige Lohnsteigerungen. Dem Modell zufolge sollte die ECI-Wachstumsrate bis Q4 2016 auf 2,8% steigen.9 9. Diese Prognosen basieren auf einer für Q4 2015 bereits verfügbaren Teilmenge von Daten; auf Grundlage des letzten vollständigen Datensatzes für Q3 2015 prognostiziert das Modell für Q3 2016 ein ECI-Wachstum von 2,6%. 12 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? Wir wollten noch einen Schritt weitergehen, um einen breiteren Maßstab für Lohndruck zu erhalten. Dazu bildeten wir einen zusammengesetzten Index aus durchschnittlichem Stundenverdienst, Stundenverdienst ohne Landwirtschaft und Beschäftigungskostenindex (siehe Abbildung 25).10 Anschließend untersuchten wir die strukturelle Beziehung zwischen unserem zusammengesetzten Index für Lohnsteigerungen (Abb. 25), Arbeitslosigkeit (Abb. 26), PCEKernrate (Abb. 27) und Arbeitsproduktivität (Abb. 28). Nachstehende Grafiken weisen die Zeitreihen für die vier Variablen aus. Die schattierten Balken geben die Rezessionen laut National Bureau of Economic Research (NBER) an. Bitte beachten Sie, dass in nachstehenden Grafiken: 1. die Lohnsteigerung (nach unserem zusammengesetzten Maßstab) offenbar zuletzt in Q3 2014 einen Boden ausbildete und seither zunimmt, dabei aber unter ihrem langfristigen Durchschnitt liegt; 2. die Arbeitslosigkeit inzwischen fast ihre historischen Tiefs von 2000 und 2007 erreicht; 3. die Kerninflation stabil bei knapp 2% liegt; und 4. die Arbeitsproduktivität historisch extrem niedrig ist. Die vier Variablen unseres Lohnsteigerungsmodells Abbildung 26: U3-Arbeitslosigkeit Abbildung 25: Zuwachs des zusammengesetzten Lohnindex Q4 1980–Q3 2015 Q4 1980–Q3 2015 i. Jahresvergleich i. Jahresvergleich 12% 10% 1 0,9 8% 0,8 0,7 6% 0,6 0,5 4% 0,4 0,3 2% 0,2 0,1 0% Q4 '80 Q4 '87 Q4 '94 Q4 '01 Q4 '08 Q3 15 0 1 0,9 10% 0,8 0,7 8% 0,6 0,5 6% 0,4 4% 0,3 0,2 2% 0% Q4 '80 0,1 Q4 '87 Q4 '94 Q4 '01 Q4 '08 Quelle: US Bureau of Labor Statistics und US Bureau of Economic Analysis. Quelle: US Bureau of Labor Statistics und US Bureau of Economic Analysis. Abbildung 27: PCE-Kernrate Abbildung 28: Arbeitsproduktivität Q4 1980–Q3 2015 Q4 1980–Q3 2015 i. Jahresvergleich 10% 1 i. Jahresvergleich 4% 1 0,9 0,9 8% 0,8 0,7 6% 0,8 3% 0,7 0,6 0,6 0,5 4% 2% 0,5 0,4 0,4 0,3 2% 0,2 0,3 1% 0,2 0,1 0,1 0% Q4 '80 Q4 '87 Q4 '94 Q4 '01 Q4 '08 Q3 15 0 Quelle: US Bureau of Labor Statistics und US Bureau of Economic Analysis. 0 Q3 15 0% Q4 '80 Q4 '87 Q4 '94 Q4 '01 Q4 '08 Q3 15 0 Quelle: US Bureau of Labor Statistics und US Bureau of Economic Analysis. 10. Gleich gewichtet gemäß einer Hauptkomponentenanalyse für Q1 1980 bis Q3 2015 . Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 13 Wir haben ein Modell zur Prognose von Lohnsteigerungen anhand unseres Kombimaßstabs entwickelt, das auf Arbeitslosigkeit, Arbeitsproduktivität und PCE-Kerninflation beruht. Das Modell deutet auf Lohnsteigerungen von rund 2,7% hin, ähnlich den ECI-Prognosen. Da der Lohndruck offenbar zunimmt, gehen wir davon aus, dass die Lohnsteigerungen allmählich auf die prognostizierten Raten des Modells aufschließen. Überdies dürfte die Produktivität vom aktuell extrem niedrigen Niveau letztlich anziehen, was zusätzliche Impulse für Lohnsteigerungen geben sollte. Wohlgemerkt fokussiert sich die aktuelle Diskussion tendenziell auf das geringe Tempo der nominalen Lohnsteigerungen. Die realen Lohnsteigerungen liegen de facto über ihrem langfristigen Trend, worin sich die niedrige Gesamtinflation widerspiegelt. Es ließe sich tatsächlich behaupten, dass die realen Lohnsteigerungen bereits hoch genug sind, vor allem angesichts der moderaten Produktivitätszuwachsraten. Die vorstehend dargelegte Analyse weist für die Zukunft auf robustere Lohndynamik hin. Die Lohnsteigerungen ziehen tatsächlich an: Der durchschnittliche Stundenverdienst in der Privatwirtschaft erhöhte sich im Dezember 2015 gegenüber Juni von 2,0% auf 2,5%. Die Jahreswachstumsrate der Stundenlöhne nicht-landwirtschaftlicher Unternehmen erreicht den höchsten Stand seit Q4 2012. Unser zusammengesetzter Index für Lohndruck weist für den aktuellsten Zeitraum ein erstes Anziehen des Lohndrucks aus. Hinzu kommt: Veränderungen der Arbeitnehmerstruktur nach Alter, Erfahrung und Branchen könnten die gemessene Lohnsteigerung tendenziell drücken. Die Atlanta Fed berechnet einen Maßstab für Lohnsteigerungen, der dieselben Personen über längere Zeit verfolgt. Die Messwerte liegen deutlich über dem durchschnittlichen Stundenverdienst. Es könnte daher sein, dass die Lohnsteigerungen „in Wirklichkeit“ bereits höher sind als die amtlichen Zahlen. Dass sich der Arbeitsmarkt weiter anspannt, während der Lohndruck offenbar zunimmt, lässt vermuten, dass die Löhne schneller steigen dürften – vor allem, wenn die letzten Überhänge auf dem Arbeitsmarkt absorbiert sind. Wie bereits festgestellt, ist die Lohndynamik entgegen gängiger Meinung kein verlässlicher Indikator für die Verbraucherpreisinflation. Wir behaupten daher nicht, dass sich anziehender Lohndruck automatisch in höhere Inflation übersetzt. Eine stärkere Lohndynamik würde aber den privaten Konsum und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter ankurbeln, was die Verbraucherpreise unter sonst gleichen Bedingungen stützen dürfte. Es folgt eine direkte Analyse des Preisdrucks zur Erstellung einer direkteren Prognose. Hohe reale Lohnsteigerungen spiegeln niedrige Gesamtinflation wider Abbildung 29: Durchschnittlicher Stundenlohn, Beschäftigungskostenindex und Vergütung nichtlandwirtschaftlicher Unternehmen Abbildung 30: Durchschnittlicher Stundenverdienst: Produktion und Mitarbeiter ohne Personalverantwortung Januar 1985–Oktober 2015 i. Jahresvergleich 5% Februar i. Jahres- 2000–Februar 2015 vergleich 9% 8% 4% 7% 6% 3% 5% 4% 2% 3% 2% 1% 1% 0% -1% 0% 2.00 2.02 1.04 1.06 12.07 12.09 12.11 11.13 11.15 Nonfarm Business Compensation per Hour Wage and Salary, Private, ECI AHE, Prod and Non-Sup AHE, Total Private Quelle: US Bureau of Labor Statistics. Gesamte privatwirtschaftliche AHE-Daten ab 05.07. Daten zu Löhnen und Gehältern, Privatwirtschaft, ECI und Stundenlohn nichtlandwirtschaftlicher Unternehmen bis einschließlich 08.15. 14 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? -1% -2% 1.85 3.91 Nominal AHE 5.97 6.03 8.09 Real AHE (Deflated by PCE) Quelle: US Bureau of Labor Statistics und US Bureau of Economic Analysis. 10.15 2.3 US-Phillips-Kurve wird steiler statt flacher 1980er-Jahre erwarb, ist Voraussetzung für die Verankerung der Inflationserwartungen. Vertreter der Hypothese, dass die Inflation weltweit zurückgeht, behaupten, dass sich die Phillips-Kurve gegenüber früheren Jahrzehnten abgeflacht hat. Die Phillips-Kurve beschreibt ein umgekehrtes Verhältnis zwischen der Arbeitslosenquote (horizontale Achse) und der Inflation (vertikale Achse). Eine flachere Phillips-Kurve spräche demnach dafür, dass eine bestimmte Verringerung der Arbeitslosenquote heute viel geringere Effekte auf die Inflation hat. Um diese Hypothese auf die Probe zu stellen, haben wir die US-Phillips-Kurve für zwei Zeiträume geschätzt: 1985–2005 und 2006–heute.11 Unsere Analyse belegt, dass die US-Preis-Phillips-Kurve steiler wird, nicht flacher. Das gilt sowohl für eine traditionelle Phillips-Kurve als auch für eine um die Komponente der Inflationserwartungen erweiterte. Da auf dem Arbeitsmarkt beinahe Vollbeschäftigung vorliegt, sollte das den Boden für steigenden Inflationsdruck bereiten. 2.4 Voraussetzung: Glaubwürdigkeit der Notenbank Anschließend erweiterten wir unser System auf eine Einzelgleichungs-Schätzung einer neukeynesianischen PhillipsKurve, die neben den Inflationserwartungen auch die OutputLücke berücksichtigt. Unsere Schätzungen lassen vermuten, dass vergangene und erwartete Inflationsraten stärkere Wirkung haben als Lohnsteigerungen (entsprechend der von Rhys Bidder wie oben erwähnt geprüften Literatur) oder Output-Lücke. Die Glaubwürdigkeit der Notenbank, die sie sich durch die schmerzhaften Maßnahmen zur Inflationsrückführung der US-Phillips-Kurve wird steiler Die aus unserer neukeynesianischen Phillips-Kurve gewonnenen Schätzwerte heben die Risiken hervor, die es birgt, wenn ein Anstieg der Headline-Inflation über den Zielwert zugelassen wird: Das hätte einen zweifachen Negativeffekt durch verstärkten Einfluss der Inflationshistorie und potenziell ankerlose Inflationserwartungen, wenn die Glaubwürdigkeit der Notenbank untergraben wird. Das ist unseres Erachtens ein wichtiger Punkt, denn viele sind der Ansicht, dass die Fed höhere Inflationsrisiken eingehen sollte, um den Aufschwung zu stärken und die Deflationsgefahr zu bannen. Darauf gehen wir im vierten Teil noch näher ein – mit einem Rückblick auf die Entwicklungen in den USA und die Fed-Politik. 2.5 Rohstoff- und US-Dollar-Effekte Aus dem ersten Teil wissen wir, dass die Kerninflation deutlich höher liegt als die Headline-Inflation – sogar nahe am Fed-Ziel. Die Gesamtrate wurde jedoch durch den Preisverfall bei Rohstoffen, insbesondere Energie, gedrückt und auch durch Effekte der Aufwertung des US-Dollars (USD). Könnten dieselben Faktoren die Headline-Inflation auch weiterhin unter dem Zielwert halten? A. Ölpreiseffekt Die Rohölpreise sind in den letzten eineinhalb Jahren drastisch gefallen. Im Januar 2015 hatte der Referenzpreis für US-Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) 48 US-Dollar pro Barrel erreicht und lag damit 47% unter dem Durchschnitt von 2014. August/September und erneut November/Dezember letzten Jahres gaben die Ölpreise weiter nach – auf rund 37 US-Dollar pro Barrel. Insgesamt lag der WTI-Durchschnittspreis 2015 46% unter dem Schnitt von 2014. Abbildung 31: Phillips-Kurven Abbildung 32: Erweiterte Phillips-Kurven Q1 1985–Q4 2015 Inflation 7% Inflation – Inflationserwartung 2% 6% 1% Q1 1985–Q4 2015 5% 0% 4% -1% 3% -2% 2% -3% 1% -4% 0% -5% -1% -2% 3% 4% 5% 6% 7% 8% Arbeitslosenquote UE, CPI (Early) 9% 10% 11% 3% 4% 5% 6% 7% 8% 9% 10% 11% Arbeitslosenquote UE, CPI Surprise (Early) UE, CPI Surprise (Later) ----- VPI Überraschung früher = -2,768+0,417*UE (früher) ----- VPI Überraschung später = -3,547-0,228*UE (später) UE, CPI (Later) ----- VPI Früher = -2,768+0,417*UE (früher) ----- VPI Später = -3,547-0,228*UE (später) Früher = Q1 1985–Q4 2005 und später = Q1 2006–Q3 2015. VPI-Überraschung berechnet als Differenz zwischen dem logarithmischen Anstieg im Quartalsvergleich und der Inflationserwartung der University of Michigan für das kommende Jahr. Die Linien geben die OLS-Regressionsergebnisse für den jeweiligen Zeitraum an. In der Wirtschaftswissenschaft ist die Phillips-Kurve eine historische negative Beziehung zwischen der Arbeitslosenquote und den entsprechenden Inflationsraten. Der Phillips-Kurve zufolge steigen die Löhne der Arbeitnehmer in einer Volkswirtschaft umso schneller, je niedriger die Arbeitslosenquote dort ist. Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten des US Bureau of Labor Statistics, Thomson Reuters/University Michigan Surveys of Consumers. 11. Wir sind nur bis 1985 zurückgegangen, weil die Inflation von 1965 bis 1985 viel höher und volatiler war. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 15 Ölpreisverfall schlug rasch auf die Verbraucherpreise für Energie durch Abbildung 33: US-Rohölpreise Abbildung 34: Rohöl- & Benzinpreis Januar 2010–Januar 2016 Januar 2010–Januar 2016 USD pro Gallone 4,5 USD pro Barrel 140 4 120 3,5 100 3 80 2,5 60 2 1,5 40 1 20 0 0,5 1.10 11.10 10.11 WTI Cushing FOB 8.12 Brent FOB 6.13 4.14 3.15 0 1.16 1.10 11.10 WTI US Refiners Acquisition Cost Quelle: Energy Information Administration (US-Energieministerium). Daten zu Anschaffungskosten der US-Raffinerien bis einschließlich 11.15. Die Ölpreise schlagen gewöhnlich schnell auf die Verbraucherpreise für Energie durch, vor allem durch rasche Anpassung der Benzinpreise an der Zapfsäule (siehe Abbildungen 33–35). Wie stark ist der Effekt auf die Verbraucherpreise? Laut einer Studie von Bart Hobijn (2008)12 übersetzt sich eine Veränderung der Ölpreise um 10% in eine Veränderung der PCE-Inflation um 0,29 Prozentpunkte und der PCE-Kernrate um 0,14 Prozentpunkte. Der Effekt konzentriert sich auf die Energiepreise der Haushalte, den Haushaltsbetrieb und den Transport. Basierend auf diesen Elastizitäten minderte der Ölpreisverfall die durchschnittliche Headline-Inflation 2015 um rund 1,3 Prozentpunkte und die Kerninflation um rund 0,6 Prozentpunkte. 10.11 8.12 6.13 4.14 Quelle: Energy Information Administration (US-Energieministerium). Abbildung 35: Benzin- und Erdgaspreise Januar 2010–November 2015 USD pro Gallone, mn BTU 8 7 6 5 4 3 2 1 0 1.10 1.11 12.11 Gasoline 12.12 12.13 11.14 Natural Gas (Henry Hub) 12. Quelle: Bart Hobijn, „Commodity Price Movements and PCE Inflation”, Current Issues in Economics and Finance, 11.08., Band 14, Nummer 8. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 1.16 Gasoline, Unleaded, Midrange Quelle: Energy Information Administration (US-Energieministerium). 16 3.15 11.15 Headline-Inflation mit Energiepreisen rückläufig, Kerninflation weiter stabil Abbildung 36: USA: Headline-Inflation und Energiepreise Abbildung 37: USA: PCE-Kernrate und Energiepreise Januar 2007–Dezember 2015 i. Jahresvergleich 5% Januar 2007–Dezember 2015 i. Jahresvergleich 3,0% 4% 2,5% 3% 2,0% 1,5% 2% 1,0% 1% 0,5% 0% 0,0% -1% -0,5% -2% -3% -1,0% 1.07 2.08 4.09 Headline 5.10 7.11 8.12 9.13 11.14 12.15 % Points Contribution to Headline from Crude Petroleum -1,5% 1.07 2.08 Core 4.09 5.10 7.11 8.12 9.13 11.14 12.15 % Points Contribution to Core from Crude Petroleum Quelle: US Bureau of Economic Analysis und US Bureau of Labor Statistics. HeadlineDaten bis einschließlich 11.15. Quelle: US Bureau of Economic Analysis und US Bureau of Labor Statistics. Kerndaten bis einschließlich 11.15. Der Inflationseffekt eines einmaligen Einbruchs der Ölpreise ist nicht von Dauer: Stabilisieren sich die Ölpreise auf einem höheren Niveau, fallen die Basiseffekte weg und die Wirkung auf die Verbraucherpreise lässt nach, da sich auch diese auf höherem Stand einpendeln. Wir halten den jüngsten Rückgang der Ölpreise auf 30 USDollar pro Barrel für eine Überreaktion, zum Teil auf Ängste vor einer stärkeren Konjunkturabschwächung in China. Diese dürfte unseres Erachtens aus Gründen ausbleiben, die wir in einer früheren Ausgabe der Global Macro Shifts ausführlicher dargelegt haben. Wir meinen nach wie vor: Findet der Ölmarkt wieder ins Gleichgewicht, sorgt solides globales Wachstum letztlich für eine Erholung der Ölpreise, sodass sich manche der bestehenden inflationsmindernden Effekte umkehren. Sollte WTI im Februar 2016 wieder den Stand vom November 2015 – vor der letzten Welle der Sorgen um China – bei rund 42 USDollar pro Barrel erreichen und sich bis Jahresende dort halten, würde die durchschnittliche Headline-Inflation dadurch nicht einmal um 0,5 Prozentpunkte vermindert, und die Kerninflation nur um 0,2 Prozentpunkte. Im Januar 2016 gaben die Ölpreise aber weiter nach. WTI notiert zum Datum dieses Artikels nur mehr bei 30 US-Dollar pro Barrel. Sollten die Preise 2016 auf so niedrigem Niveau verharren, lägen sie für 2016 im Schnitt um 38% unter den Werten für 2015. Die Gesamtinflation würde dadurch in diesem Jahr um 1,1 Prozentpunkte gemindert, die Kerninflation um 0,5 Prozentpunkte (siehe Abbildung 38). Potenzielle Auswirkungen der aktuell niedrigen Ölpreise auf die Inflation Abbildung 38 Stand Januar 2016 Headline 2015 Headline 2016 Kern 2015 Kern 2016 Inflationseffekt Jahresende -0,88% -0,52% -0,43% -0,25% Durchschnitt -1,31% -1,08% -0,63% -0,52% 2015 2016 Jahresende -30% -18% Durchschnitt -46% -38% Ölpreisveränderung Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Bloomberg-Daten. Bewegen sich die Ölpreise 2016 zum Teil eher bei 30 US-Dollar pro Barrel, würde sich die letztliche Erholung verzögern, doch vermutlich kräftiger ausfallen, da sie von einer niedrigeren Basis ausgeht (weil niedrigere Preise stärkere Negativeffekte auf Investitionen und Angebot haben sollten).13 Wie die Ölpreise die PCE-Inflation beeinflussen, ist vorstehender Analyse zu entnehmen. Ausgehend von einer ähnlichen Wirkung auf die VPI-Inflation zeigen wir am Ende dieses Teils auf, wie sich ein Ölpreis von 30 US-Dollar auf unsere Inflationsprognose für dieses Jahr auswirkt (Abbildung 41). Abschließend stellen wir fest, dass Ölpreisprognosen sehr unsicher sind, doch angesichts des Umfangs und Tempos, mit dem die Preise gefallen sind, bestehen durch Öl wohl eher Aufwärtsrisiken für die Inflation. 13. Wir möchten darauf hinweisen, dass die International Energy Agency (IEA) in ihrem letzten World Energy Outlook für ihr zentrales Szenario von einer Erholung des Ölpreises auf rund 80 US-Dollar pro Barrel bis spätestens 2020 ausgeht. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 17 Nur moderate Effekte des stärkeren US-Dollars auf Importpreise ohne Brennstoffe Abbildung 39: Broad Dollar und Terms of Trade Abbildung 40: Importpreise und US-Dollar Januar 1990–November 2015 i. Jahresvergleich 20% Januar 2014–November 2015 kumulierte logarithmische Veränderung in % seit 1/14 18% 16% 14% 15% 12% 10% 10% 5% 8% 6% 0% 4% -5% 2% -10% -15% 0% 1.90 3.95 5.00 Terms of Trade (-1) *Import Price Inflation ex Fuels 7.05 9.10 Nominal Broad Dollar 11.15 -2% 1.14 8.14 Import Prices (-1*) Nominal Broad Dollar 4.15 Ex Fuels (-1*) Real Broad Dollar 11.15 Quelle: US-Notenbank und US Bureau of Labor Statistics. (-1) *Daten für Importpreisinflation ohne Brennstoffe ab 12.02. Quelle: US-Notenbank und US Bureau of Labor Statistics. B. US-Dollar-Effekt Der nominale Broad Dollar Index legte von Juli 2014 bis Dezember 2015 um 18,1% zu, der reale Dollarindex um 15,8%. Der Durchschlageffekt des Wechselkurses auf die Importpreise ohne Brennstoffe wird auf rund 40% geschätzt.14 Das spricht für eine Verringerung dieser Preise um 4,8% bis 6,2%. Welchen Effekt hätte das auf den Gesamt-VPI? Die USA sind eine vergleichsweise geschlossene Volkswirtschaft. Die Gesamtbruttowarenimporte (Konsumgüter, Autos, Industriebedarf und Lebensmittel) machen nur 13% des gesamten Konsums aus. Eine Verringerung der Einfuhrpreise ohne Brennstoffe um 6,2% (die Obergrenze unseres geschätzten Effekts) würde die VPI-Inflation um keine 0,8 Prozentpunkte drücken, und zwar überwiegend innerhalb eines Jahres. Insgesamt dürfte ein Anstieg des USD die Inflation künftig nur noch minimal drücken. Die Basiseffekte der Rohstoffpreise lassen bereits nach und werden sich nach und nach umkehren, sodass sich die Headline-Inflation wieder der Kernrate annähert. De facto gilt: Liegen die Ölpreise inzwischen unter dem langfristigen Gleichgewichtsniveau, wächst die Gefahr, dass eine eventuelle Erholung Headline- und Kerninflation deutlich über die gesetzten Ziele treiben könnte. Beachten Sie dazu, dass die Importpreise ohne Brennstoffe von Juli 2014 bis Oktober 2015 um 3,8% fielen. Unser geschätzter Maximaleffekt der letzten Aufwertung ist damit folglich bereits zu 60% erfolgt. Die Frage ist, wie weit der Dollar noch steigt. Derzeit notiert der reale USD im Verhältnis zu den Währungen wichtiger US-Handelspartner 4,2% über seinem langfristigen Durchschnitt und 14% über dem langfristigen Durchschnitt seines gewogenen Außenwerts. Effektiv er daher bereits überbewertet. Da die Fed in einen Straffungszyklus eingestiegen ist, während EZB und Bank of Japan (BOJ) ihre Politik noch lockern, dürfte der Dollar 2016 weiter zulegen, vermutlich allerdings deutlich schwächer als bisher und eher gegenüber ganz bestimmten Währungen. Auf die gesamte VPIInflation hätte das weitaus geringere Auswirkungen. Erreicht der USD vom aktuellen Stand bei 1,09 aus Euro-Parität, ginge die VPI-Inflation nur um 0,1 Prozentpunkte zurück. Eine Aufwertung des USD um 10% gegenüber dem chinesischen Yuan (CNY) würde die VPI-Inflation ebenfalls um 0,1 Prozentpunkte senken. 2.6 Wohin steuert die US-Inflation? Vorstehende Analyse lässt vermuten, dass die HeadlineInflation in den USA anzieht, wenn der inflationsmindernde Rohstoffeffekt abflaut. Weitere Wertzuwächse des USD dürften sich nur minimal negativ auf den Preisdruck auswirken. Um genauer zu prognostizieren, wie schnell die Inflation aufleben dürfte, überprüften wir sieben verschiedene alternative Spezifikationen einer Phillips-Kurven-Beziehung. Auf der rechten Seite der Modelle standen Kombinationen der laufenden Quartalsinflationsrate, der Gesamtarbeitslosenquote U3 und der Inflationsprognosen für 1 und 10 Jahre des Philadelphia Fed Survey of Professional Forecasters. Wir wählten das optimale Prognosemodell durch Minimierung der Wurzel aus dem mittleren Quadrat des Vorhersagefehlers im Vergleich zu den realisierten Inflationswerten. Wir stellten fest, dass die Spezifikation mit den besten Ergebnissen das aktuelle Arbeitslosigkeitsniveau, die aktuelle Inflationsrate und die Inflationserwartungsmodelle für 1 und 10 Jahre beinhaltete. Anhand unserer bevorzugten Spezifikation zur Prognose der Inflationsrate für die nächsten vier Quartale projizierten wir, dass die Gesamt-VPI-Inflation auf Grundlage der aktuellen Fundamentaldaten Ende 2016 über 2% betragen sollte – deutlich früher also, als von der Fed und vom Markt 14. Quelle: Diego Valderrama, „Does a Fall in the Dollar Mean Higher US Consumer Prices?”, Federal Reserve Bank of San Francisco Economic Letter, 8/04; und Giovanni P. Olivei, „Exchange Rates and the Prices of Manufacturing Products Imported into the United States”, New England Economic Review, 2002. 18 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? erwartet. Nachstehende Grafik baut in unsere Modellprognosen die Effekte des Ölpreisrutschs im Verlauf des vergangenen Jahres ein und geht ferner davon aus, dass sich die Ölpreise vom Stand bei 30 US-Dollar pro Barrel nicht erholen.15 Beachten Sie vor allem, dass die Basiseffekte eines solchen Ölpreises im Januar 2017 weggefallen sein werden. Zieht die Inflation schneller an, sollten sich die Ölpreise früher erholen. Zusammenfassend offenbaren unsere in diesem Teil dargelegten Analysen, dass: 1. Lohnsteigerungen generell kein zuverlässiger Inflationsindikator sind. Das Rätsel, warum die Lohnsteigerungen angesichts der Anspannung auf dem Arbeitsmarkt gedämpft bleiben, könnte daher eher ein Streitpunkt sein. Bei näherem Hinsehen sprechen breitere Lohnindikatoren allerdings für ein einsetzendes Anziehen des Lohndrucks mit entsprechenden positiven Effekten auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. 2. Wir stellen fest, dass die US-Phillips-Kurve seit 2005 steiler geworden ist, nicht flacher. Da der Arbeitsmarkt auf Vollbeschäftigung zusteuert und sich weiter anspannt, weist das auf steigenden Inflationsdruck hin. 3. Ein weiteres Erstarken des USD dürfte unserer Einschätzung nach nur mäßigen Abwärtsdruck auf die Headline-Inflation ausüben, da der Dollar bereits überbewertet und der Aufwertungseffekt bis dato schon zu rund 60% in die Verbraucherpreise eingeflossen ist. 4. Unsere Einschätzungen auf Grundlage einer neukeynesianischen Phillips-Kurve deuten darauf hin, dass frühere und erwartete Inflation eine größere Rolle spielen als Lohnsteigerungen oder Output-Lücke. Das hebt die Bedeutung der hart erkämpften Glaubwürdigkeit der Notenbank hervor, aber auch die potenziell mit dem Verlust dieser Glaubwürdigkeit verbundenen Risiken. Ölpreis-Basiseffekte gehen spätestens im Januar 2017 zurück Abbildung 41: Gesamt-VPI-Prognosen: Modell / Modell mit Ölpreiseffekt PROGNOSE Januar 2014–Januar 2017S i. Jahresvergleich 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% -0,5% 1.14 6.14 Headline CPI 10.14 3.15 7.15 Model Forecast 12.15 4.16 8.16 1.17 With Impact of WTI at $30 Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten des US Bureau of Labor Statistics. Im nächsten Teil befassen wir uns mit einem weiteren wesentlichen Element des Gesamtbildes: dem monetären Überhang durch mehrere QE-Jahre in G3-Ländern. 15. Dies erfolgt gemäß der in diesem Abschnitt zuvor erörterten Hobijn-Analyse (2008) und durch Anwendung seiner Schätzungen auf den Effekt von Ölpreisveränderungen auf unsere VPI-Inflationsprognosen. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 19 3. Geldumlaufgeschwindigkeit: der Geist in der Maschine Nach der GFK leitete die Fed mehrere QE-Runden ein. Andere große Zentralbanken wie die BOJ und die EZB (und ebenso die Bank of England) verlängerten ihre Bilanzen ebenfalls kräftig. Gleichzeitig gingen sowohl die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (nominales BIP/breite Geldmenge) und der Geldmengenmultiplikator (breite Geldmenge/Geldbasis) drastisch zurück, worin sich der abrupte Fremdkapitalabbau und das Einfrieren des Finanzsystems widerspiegelte. Tatsächlich war die massive Expansion der Zentralbankbilanzen ursprünglich nötig, um die plötzliche Kontraktion im übrigen Finanzsystem zu konterkarieren. Der Rückgang von Umlaufgeschwindigkeit und Geldmengenmultiplikator entwickelte aber in den drei Ländern eine unterschiedliche Dynamik. In den USA folgte auf einen deutlichen Einbruch 2009 ein leichterer Abwärtstrend. In der Eurozone gab der Geldmengenmultiplikator während der Schuldenkrise in der Eurozone von 2012 erneut kräftig nach, gefolgt von einer Teilerholung. In Japan erreichte der Geldmengenmultiplikator durch die beschleunigte QE-Politik der Abenomics neue Tiefststände. In allen drei Ländern sind beide Werte aber deutlich niedriger als vor der GFK (siehe Abbildung 44). Umlaufgeschwindigkeit und Geldmengenmultiplikatoren in G3 nach GFK rückläufig Abbildung 42: Geldumlaufgeschwindigkeit (nominales BIP/ breite Geldmenge) Abbildung 43: Geldmengenmultiplikator (breite Geldmenge/Geldbasis) März 2000–September 2015 März 2000–September 2015 mal 20,0 mal 2,5 18,0 2,0 16,0 14,0 12,0 1,5 10,0 8,0 1,0 6,0 4,0 0,5 2,0 0,0 3.00 6.03 10.06 Eurozone Money Velocity US Money Velocity 1.10 5.13 Japan Money Velocity 9/15 0,0 3.00 6.03 10.06 1.10 5.13 Eurozone Money Multiplier Japan Money Multiplier US Money Multiplier Quelle: Europäische Zentralbank; Bank of Japan; OECD Main Economic Indicators Database, aufgerufen 01.16; US-Notenbank. Quelle: Eurostat; Europäische Zentralbank; Cabinet Office, Japan; Bank of Japan; US Bureau of Economic Analysis; OECD Main Economic Indicators Database, aufgerufen 01.16. Umlaufgeschwindigkeit und Multiplikatoren weiter unter GFK-Niveau Abbildung 44: Preisregression Stand: Januar 2016 Eurozone Japan USA 11,0 11,6 8,5 Gesamte Stichprobe 9,6 10,1 6,5 Aktuell Geldumlaufgeschwindigkeit (nominales BIP/breite Geldmenge) 7,6 3,8 3,0 Vor 2008 1,3 0,5 2,0 Gesamte Stichprobe 1,2 0,5 1,8 Aktuell 1,0 0,4 1,5 % Veränderung Multiplikator (logarithmisch) -36% -112% -104% % Veränderung Umlaufgeschwindigkeit (logarithmisch) -28% -15% -29% 64% 127% 133% Geldmengenmultiplikator (breite Geldmenge/Geldbasis) Vor 2008 Gesamter potenzieller Preiseffekt Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten der Europäischen Zentralbank; Bank of Japan; OECD Main Economic Indicators Database, aufgerufen 01.16.; US-Notenbank. 20 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 9/15 Umlaufgeschwindigkeit und Multiplikatoren: prognostizierter Anstieg Abbildung 45: Prognose Geldumlaufgeschwindigkeit (nominales BIP/ breite Geldmenge) Abbildung 46: Prognose Geldmengenmultiplikator (breite Geldmenge/Geldbasis) März 2000–Dezember 2017S März 2000–Dezember 2017S mal 2,5 mal 20 18 2,0 16 14 1,5 12 10 1,0 8 6 0,5 4 2 0,0 3.00 8.04 Eurozone Money Velocity US Money Velocity 1.09 7.13 12.17 Japan Money Velocity Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten von Eurostat; Europäischer Zentralbank; Cabinet Office, Japan; Bank of Japan; US Bureau of Economic Analysis; OECD Main Economic Indicators Database, aufgerufen 01.16. Schätzungen zum Stand: Q3 2015. Der Rückgang von Umlaufgeschwindigkeit und Multiplikatoren erklärt (aus mechanischer Sicht), warum die gewaltige Expansion der Geldmenge mit gedämpfter Inflation einherging. Sollen Umlaufgeschwindigkeit und Multiplikatoren aber wieder Vorkrisenniveau erreichen, müssten die Preise spürbar anziehen, damit der Geldmarkt wieder ins Gleichgewicht kommt. Alternativ müssten die Zentralbanken ebenso drastische Maßnahmen zur Verringerung der Geldmenge ergreifen. Schon eine allmähliche Anpassung von Umlaufgeschwindigkeit und Multiplikatoren hätte Einfluss auf US-Inflation Abbildung 47: US-Inflationseffekt September 2015–Dezember 2017S Gesamte Quartalsinflation 18% 14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% 9.15 12.15 3.16 Money Multiplier 3.00 8.04 Eurozone Money Multiplier US Money Multiplier 1.09 7.13 Japan Money Multiplier 12.17 Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten der Europäischen Zentralbank; Bank of Japan; OECD Main Economic Indicators Database, aufgerufen 01.16.; US-Notenbank. Schätzungen zum Stand: Q3 2015. Wie stark würde sich das auswirken? Fielen Geldumlaufgeschwindigkeit und Geldmengenmultiplikator unter sonst gleichen Bedingungen abrupt auf ihr Vorkrisenniveau zurück, müsste sich das Preisniveau in den USA und Japan mehr als verdoppeln und in der Eurozone um über 60% steigen. Wir bezeichnen einen solchen Preissprung aber keinesfalls als nur entfernt denkbar. Zum einen würde er, selbst wenn sich die Auswirkungen zur Gänze einstellen, allmählich erfolgen. Vorstehende Grafiken simulieren einen allmählichen Normalisierungskurs bis 2017. Selbst dieser hätte jedoch bereits erhebliche Auswirkungen auf die Inflation, wie in nachstehender Grafik quartalsbezogen für die USA illustriert. Noch einmal: Wir sagen nicht, dass wir uns in naher Zukunft gegen zweistellige Inflationsraten wappnen müssen. Wir möchten aber hervorheben, dass die mehrjährige beispiellose Vergrößerung der Geldbasis enorme Ungleichgewichte und Verzerrungen hervorgerufen hat, die nicht vollständig analysiert sind und umsichtig wieder absorbiert werden müssen. In diesem Fall könnte eine Korrektur bei Umlaufgeschwindigkeit und Multiplikatoren hin zum Vorkrisenniveau verstärkten Inflationsdruck ausüben und die Normalisierung der Geldpolitik erschweren. 16% 0% 0 6.16 9.16 12.16 Money Velocity 3.17 6.17 9.17 12.17 Total Quarterly Inflation Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten der OECD Main Economic Indicators Database, aufgerufen 01.16., und US Bureau of Economic Analysis. Schätzungen zum Stand: Q3 2015. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 21 4. Historischer Hintergrund Neue Normalität und säkulare Stagnation – diese Schlagwörter dominieren die wirtschaftliche Debatte seit mehreren Jahren und lassen vermuten, dass unsere Welt nicht mehr so ist, wie wir sie kennen – und zwar für sehr lange Zeit. Langsameres Wirtschaftswachstum in den USA halten manche für ein unvermeidliches Fait accompli. Jüngeren Generationen von Finanzmarktakteuren muss die Vorstellung von hoher Inflation in Industrieländern kurios erscheinen, wie eine Anspielung auf etwas, wovon sie zwar gehört, was sie aber nie erlebt haben. Schließlich folgte die GFK unmittelbar auf die „große Moderation“, die sich ebenfalls durch niedrige Inflationsraten in Industrieländern auszeichnete. Es ist riskant, die Lehren der Geschichte zu vergessen. Deshalb halten wir einen kurzen historischen Abriss für angezeigt. Dieser Teil soll drei Ziele verfolgen: 1) aufzeigen, wie sich in den USA schon früher längere Phasen mit niedriger Inflation und solche mit rascher, hartnäckiger Teuerung abwechselten; 2) die Haupttreiber früherer Inflationsschübe analysieren und auch die zur Bekämpfung der Inflation eingesetzten Strategien und die damit verbundenen Kosten; und 3) mögliche Lehren für die kommenden Jahre ziehen. Ende der 1950er- bis Mitte der 1960er-Jahre war die Verbraucherpreisinflation in den USA mit rund 1,0% bis 1,5% niedrig und stabil. 1965 zog sie an und lag 1969 bei 6%. Nach einem kurzen Rückgang schlug sie 1974 auf zweistellige Werte aus, korrigierte wieder nach unten und verzeichnete 1980 eine neuerliche Spitze bei knapp 15%. In der ersten Hälfte der 1980er-Jahre wurde sie stark gedrückt. Abbildung 48: US-VPI Phasen: „große Inflation“, „große Moderation“, bis heute Abbildung 49: US-Headline- und Kerninflation / Rohstoffpreise November 1971 – November 2015 i. Jahresvergleich S&P GSCI Commodity Spot Index (logarithmische Skalierung) 1000 15% 900 12% 800 700 9% 600 6% 500 400 300 0% Januar 1951–November 2015 i. Jahresvergleich 16% -3% 11.71 10.76 200 9.81 7.86 6.91 5.96 3.01 2.06 1.11 100 11.15 Recession CPI (LHS) Core CPI (LHS) Commodity Spot Index (RHS) Quelle: Bloomberg. Rezessionsphasen von 07.81.–11.82., 07.90.–03.91., 03.01.–11.01. und 12.07.–06.09. 14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% -2% 1.51 Der großen Inflation lag eine Kombination von Faktoren zugrunde. Eine wesentliche Rolle spielten negative Angebotsschocks: Die Ölpreisschocks der OPEC von 1973 und 1979 sind hinlänglich bekannt, doch die US-Wirtschaft erlitt Anfang der 1970er-Jahre auch einen heftigen Preisschock bei Nahrungsmitteln. Die Fiskalpolitik wurde in den späten 1960erJahren expansiv. Die Produktivität knickte um 1970 strukturbedingt ein. Die Lohn- und Preiskontrollen der Regierung Nixon sorgten 1971 bis 1974 für zusätzliche Volatilität. 3% US-Inflation seit 1951 -4% Die Phase mit hoher, steigender Inflation von 1965 bis 1980 wird gemeinhin als „große Inflation“ bezeichnet. Darauf sollten wir genauer eingehen, da die Inflation in den frühen 1960erJahren unter Kontrolle schien und die Rückführung der Verbraucherpreise auf niedriges Niveau schwierig und in Bezug auf die Konjunkturentwicklung auch kostspielig war. 2.59 4.67 5.75 6.83 7.91 8.99 10.07 11.15 Quelle: US Bureau of Labor Statistics. Ein hervorstechendes Merkmal der großen Inflation ist jedoch, dass die Verbraucherpreisinflation schon vor den Preisschocks bei Nahrungsmitteln und Öl einsetzte und rund 15 Jahre anzog. Die beiden Korrekturen erfolgten nur halbherzig und waren kurzlebig. Levin und Taylor (2010) weisen nach, dass die Inflationserwartungen, die Ende der 1950er-, Anfang der 1960er-Jahre fest verankert waren, „in den späten 1960erJahren spürbar anzogen und bis Mitte der 1970er-Jahre auf einem Plateau verharrten. Von 1977 bis Mitte 1980 legten sie dann alarmierend rasch zu.“16 Noch bedeutsamer ist, dass die Fed die Staatsschulden in den 1960er-Jahren effektiv 16. Levin und Taylor berücksichtigen sowohl umfragebasierte als auch marktbasierte Maßstäbe für die Inflationserwartungen. Quelle: Andrew Levin und John B. Taylor, „Falling Behind the Curve: A Positive Analysis of Stop-Start Monetary Policies and the Great Inflation”, National Bureau of Economic Research Working Paper, 2010. 22 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? monetarisierte, um den Überhang an Staatsanleihen zu absorbieren, der infolge von Präsident Lyndon Johnsons Bestrebungen, den Vietnamkrieg zu finanzieren, den Markt überschwemmte. Levin und Taylor zeigen auf, dass die Entwicklung der VPIWachstumsrate in der großen Inflation einer Taylor-Regel entspricht: das implizite Inflationsziel der Fed wurde jeweils zweimal um rund 2 Prozentpunkte angehoben, in Q2 1970 und in Q1 1976. Levin und Taylor stellen fest, dass diese beiden Brüche mit vereinzelten Belegen für erheblichen politischen Druck auf den damaligen Fed-Chef Arthur Burns übereinstimmen. Unverhohlener politischer Druck, der zu einer expansiveren Geldpolitik führt, überzeugt die Öffentlichkeit davon, dass die Fed mehr Inflation toleriert, und löst einen Anstieg der Inflationserwartungen aus. Wie unsere neukeynesianische Phillips-Kurven-Analyse im zweiten Teil 2 belegte, haben Inflationserwartungen und Inflationshistorie ungleich mehr Einfluss auf die aktuelle Inflationsentwicklung. Als Hauptursache für die große Inflation kristallisiert sich daher heraus, dass die Fed als Inflationsbekämpferin an Glaubwürdigkeit verlor. Blinder und Rudd (2013) sehen das anders. Sie behaupten, dass negative Angebotsschocks eine viel größere Rolle spielten als expansive Geldpolitik. Doch auch bei dieser Auslegung stützt der Anstieg der Inflationserwartungen offenbar die Hypothese, dass die Glaubwürdigkeit der Fed untergraben wurde. Verschärft wurde der Glaubwürdigkeitsverlust vielleicht durch die beiden Versuche der Fed, die Inflation wieder einzudämmen. In beiden Fällen ging sie von ihrer strafferen Geldpolitik ab und wechselte erneut den Kurs, bevor sie die Inflation wieder richtig im Griff hatte. Die Fed offenbarte damit, dass sie die zur Inflationsbekämpfung nötige Abschwächung der Konjunktur nicht tolerieren konnte. Die geldpolitische Dynamik in den USA änderte sich mit der Ernennung von Paul Volcker zum Fed-Chef Ende 1979. Die Fed veränderte ihr Vorgehen und sorgte für eine nie da gewesene Spitze der Fed Funds Rate und eine breiteres Band für die kurzfristigen Zinsen. Diesmal hielt die Fed an ihrer starken Haltung zum Inflationsabbau fest, obwohl die USWirtschaft 1982 um fast 2% schrumpfte. Die langfristigen Inflationserwartungen gaben Ende 1980 nach, und die Inflation ging von knapp 15% im März 1980 auf nur mehr 2,6% im Juni 1983 zurück. Levin und Taylor stellen ferner fest, dass Notenbankchef Volcker offensichtlich das Vertrauen von Präsident Ronald Reagan genoss, was die operative Unabhängigkeit der Fed unterstrich. Welche Lehren sollten wir aus der Erfahrung mit der großen Inflation ziehen? Erstens verdeutlicht sie unseres Erachtens die Gefährlichkeit der Annahme, dass strukturelle Veränderungen die Inflationsgefahr auf Dauer gebannt haben. 1964 konnte man von niedriger, stabiler Inflation ausgehen. Ein paar Jahre später wurden die Inflationsraten zweistellig, getrieben vom Zusammenspiel exogener Schocks und politischer Fehler. Die US-Politik hat bereits bewiesen, dass sie aus früheren Fehlern lernen kann. Die Lektionen aus der Weltwirtschaftskrise beeinflussten die politische Reaktion auf die GFK – und zwar mit Erfolg. Dessen ungeachtet sprechen sich derzeit einflussreiche Stimmen dafür aus, dass die Fed gut daran täte, ein höheres Inflationsziel zu tolerieren, wenn nicht ausdrücklich zu übernehmen, um den Aufschwung zu fördern und sich sichereren Abstand zum Nullzinskurs zu verschaffen. Gleichzeitig erhöht der Einbruch der Rohstoffpreise das Risiko negativer Angebotsschocks. Eine Kombination abträglicher Schocks und politischer Fehler, wie sie Ende der 1960er- und in den 1970er-Jahren vorlag, halten wir jedoch für höchst unwahrscheinlich. Eine moderatere Version dieser Entwicklungen erscheint jedoch vorstellbar. Auch nach der ersten Zinserhöhung im letzten Dezember verfolgt die Fed einen außergewöhnlich lockeren geldpolitischen Kurs, während das BIP-Wachstum über dem Potenzial liegt und sich der Arbeitsmarkt auf Vollbeschäftigung zubewegt. Viele einflussreiche Akteure drängen die Fed in ihrem weiteren Vorgehen zu extremer Vorsicht. Die FOMCErklärung vom Dezember besagt nach wie vor: „Die Federal Funds Rate wird sich vorerst voraussichtlich unter dem Niveau halten, das sich längerfristig durchsetzen dürfte.“ Nimmt man das wörtlich, ist es ein Alarmsignal dafür, dass die Fed ihre Vorreiterrolle bewusst aufgibt. Was aus der Äußerung auch hervorgeht: Dem FOMC ist klar, dass eine zu starke Verzögerung einer Normalisierung der Politik später eine drastischere und möglicherweise konjunkturfeindliche politische Reaktion erforderlich machen könnte. Die Fed stellt sich der schwierigen Herausforderung einer Normalisierung der Politik in einem höchst ungewissen Umfeld. Derzeit lassen die Äußerungen des FOMC allerdings vermuten, dass die Fed erst ein eindeutiges Anziehen der HeadlineInflation sehen möchte, bevor sie die politischen Zügel stärker anzieht. Da die Geldpolitik gewöhnlich mit Verzögerung greift, gehen wir auf Grundlage der in den vorstehenden Abschnitten dargelegten Analysen davon aus, dass die Risiken für die Inflation – sofern der US-Aufschwung intakt bleibt – 2016 in Aufwärtsrichtung kippen werden. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 23 5. Kurswechsel der Fed und Ausblick für US-Renditen Die Fed setzte die Zinsen im letzten Dezember um 25 Bp herauf. Dieser Schritt, der lange überlegt und diskutiert wurde, hob den Leitzins nach mehr als sieben Jahren über die Nulllinie und war der erste seiner Art seit Juni 2006. Der Markt reagierte zunächst verhalten, unter anderem weil die Zinserhöhung allseits erwartet wurde und auch, weil die Fed gezielt deutlich machte, dass die geldpolitischen Zügel künftig behutsam und allmählich angezogen werden. Die Fed gab an, dass sich die Geldpolitik an den Daten orientieren werde und daher je nach eingehenden Konjunktur- und Inflationszahlen rascher oder behutsamer verschärft werden könnte. Wie im Vorabschnitt angemerkt, ließ die Fed explizit verlauten, dass sie die Fed Funds Rate voraussichtlich noch länger unter ihrem Gleichgewichtssatz halten werde. Ferner setzten die FOMCMitglieder ihre Einschätzung zum Gleichgewichtsleitzins mit der Zeit herab, wie es konzeptionell den Argumenten für eine säkulare Stagnation entspricht. Abbildung 50 zeigt die projizierte Entwicklung der Fed Funds Rate laut „Dots Chart“, also die Niveaus, auf denen die einzelnen FOMC-Mitglieder die Fed Funds Rate am Ende jedes der folgenden drei Jahre sehen. Die Grafik bildet auch den Median sowie die unteren und oberen Bereiche der zentralen Tendenz für jedes Jahr ab, um einen Eindruck von der zentralen Tendenz und ihrer Ungewissheit zu vermitteln – als solches ein Maßstab für abweichende Ansichten im FOMC. Wie Abbildung 50 belegt, weist der Median der FOMCErwartungspunkte auf vier weitere Erhöhungen um 25 Bp im Verlauf von 2016 hin. Ende 2018 sollte die Fed Funds Rate auf 3,3% steigen und letztlich ein Gleichgewichtsniveau von 3,5% erreichen. Die Grafik zeigt auch die aktuellen Fed-FundsFutures-Werte, die für 2016 und 2017 deutlich unter den Median-Prognosen des FOMC liegen. Anders ausgedrückt: Der Markt rechnet mit einer noch langsameren und moderateren Straffung der Geldpolitik als die Fed. Die folgende Grafik (Abbildung 51) zeigt ferner, wie die von 1-Monats-Fed-FundsFutures implizierten Renditen in den letzten Jahren drastisch gesunken sind – abgesehen von einer Teilkorrektur nach oben Ende 2015, als die Fed klarstellte, dass die erste Zinserhöhung im Dezember erfolgen würde. Medianerwartung des FOMC: vier Zinsschritte um 25 Bp für 2016 Märkte gehen derzeit von langsamerer Zinserhöhung aus als zuvor erwartet Abbildung 50: FOMC: zentrale Tendenz Dots Chart 16. Dezember Abbildung 51: Implizite Renditen 1-Monats-Fed Funds Futures Stand: 16. Dezember 2015 13. Dezember 2013-18. Dezember 2015 Federal Funds Rate 4,0 2,5% Rendite 3,5 2,0% 3,0 2,5 1,5% 2,0 1,0% 1,5 1,0 0,5% 0,5 0,0 2015 2016 Low Median 2017 High 2018 FFR Futures Quelle: US Federal Reserve Statements and Economic Projections, FOMC, 16.12.15. 24 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 0,0% 13.12.13 December 2015 15.8.14 17.4.15 December 2016 18.12.15 December 2017 25.09.15 Quelle: Bloomberg. Daten für Dezember 2016 ab 01.14, für Dezember 2017 ab 01.15. Schätzungen zum Stand: 12.15. Die Märkte erachten die Zinsprognosen der Fed daher als zu aggressiv. Die Fed hat jedoch nicht nur ausdrücklich geäußert, dass sie sehr vorsichtig vorgehen werde, sondern stützt ihre Zinserwartungen auf Konjunkturprojektionen, die nicht gerade aggressiv wirken: Fed-Prognosen zu Konjunktur und Zinsen Abbildung 52: FOMC-Konjunkturprognosen (Median) Stand: September 2015 und Dezember 2015 PROJEKTIONEN SEPTEMBER 2015 PROJEKTIONEN DEZEMBER 2015 2015 2016 2017 2018 2015 2016 2017 2018 2,1 2,3 2,2 2,0 2,1 2,4 2,2 2,0 5,0 4,8 4,8 4,8 5,0 4,7 4,7 4,7 PCE-Inflation 0,4 1,7 1,9 2,0 0,4 1,6 1,9 2,0 Kernrate PCE Fed Funds Rate 1,4 1,7 1,9 2,0 1,3 1,6 1,9 2,0 0,4 1,4 2,6 3,4 0,4 1,4 2,4 3,3 Reales BIPWachstum Arbeitslosenquote Quelle: US-Notenbank, FOMC. 5.1 Nominales BIP und langfristige Renditen Wie reagieren die Marktrenditen wohl auf die Strategie der Fed zur Normalisierung ihrer Politik? Aus der Wirtschaftstheorie wissen wir von dem Zusammenhang zwischen nominalem BIPWachstum und langfristigem risikolosem Zins. In nachstehender Grafik haben wir diese Beziehung für die USA abgebildet in Form des nominalen BIP-Wachstums, der Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen mit fester Tilgungsfrist und einer rollierenden einjährigen Standardabweichung der einjährigen Schatzpapierrendite zur Erfassung des Grads an Unsicherheit in der Entwicklung der kurzfristigen Zinsen – und somit der Unsicherheit des geldpolitischen Kurses. QE hat Langfristzinsen unter nominales BIPWachstum gedrückt Abbildung 53: USA: Langfristige Zinsen und nominales BIPWachstum Februar 1971–August 2015 16% 300 14% 250 12% 10% 200 8% Wie vorstehende Tabelle zeigt, wird das BIP-Wachstum 2016 nach den Fed-Projektionen vom Dezember 2015 moderat auf 2,4% anziehen und dann wieder auf 2% abfallen. Für die PCEInflation projiziert die Fed einen Anstieg (fast) bis auf das 2%Ziel frühestens bis Ende 2017, synchron zur PCE-Kernrate. Da die Arbeitsmarktdynamik bislang positiv überrascht hat, errechnet die Fed noch für 2016 einen weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote auf 4,7%. Anders formuliert: Die Fed prognostiziert auch bei Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt weiterhin moderates Wirtschaftswachstum und einen extrem langsamen Anstieg der Inflation auf den Zielwert. Die Finanzmärkte preisen offenbar ein noch langsameres Anziehen der Inflation ein. Wir sehen das anders. Laut unserer Phillips-Kurven-basierten Prognose aus dem zweiten Teil sollte der Headline-VPI bis Q3 2016 2,3% erreichen, bei steigender Tendenz. Unter der Annahme, dass der Abstand zwischen VPI und PCE auf seinem nach 2000 verzeichneten Durchschnitt von 0,3 Prozentpunkten bleibt, dürfte der PCE-Wert schon im September 2016 über die Fed-Prognosen fürs Jahresende hinausgehen. Unser Modell projiziert folglich, dass sich die Inflation schneller erholt als von der Fed erwartet. Das eröffnet zwei Möglichkeiten: Entweder 1) reagiert die Fed mit rascherer Straffung auf das schnellere Anziehen der Inflation oder 2) sie hält sich an das vom „Dots Chart“ in Abbildung 50 vorgegebene Tempo, sodass die Märkte das Risiko einkalkulieren, dass die Fed ihren Vorsprung aus der Hand gibt und die Zinsen dann später dynamischer anheben muss. So oder so sollte das zu einer deutlicheren Korrektur der Renditen führen. 6% 150 4% 2% 100 0% -2% 50 -4% -6% 2.71 4.82 5.93 6.04 8.15 0 Standard Deviation of 1-Year UST Yield (RHS) 10-Year Yield (LHS) Nominal Growth (LHS) Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten des US Bureau of Economic Analysis und der US-Notenbank. Ein schlichter Blick auf die Grafik offenbart schnell, dass: 1. die zehnjährigen risikolosen Sätze nach der GFK klar und hartnäckig unter der nominalen BIP-Wachstumsrate lagen, worin sich der QE-Effekt und die allgemein extrem lockere Geldpolitik niederschlägt und 2. die Unsicherheit über die Entwicklung der Kurzfristzinsen nahezu eliminiert ist, worin sich die Effekte der FedVorgaben widerspiegeln. Normalisiert die Fed die Geldpolitik, sollte auch die Beziehung zwischen Kurzfristzinsen, langfristigen Renditen und nominalem BIP-Wachstum wieder historischen Normen entsprechen. Wir interessieren uns daher für eine genauere Schätzung der voraussichtlichen Entwicklung der Renditen zehnjähriger USSchatzpapiere, basierend auf dem nominalen BIP-Wachstum. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 25 Zu diesem Zweck modellieren wir die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe als Funktion des einjährigen nominalen BIPWachstums und der Volatilität der einjährigen Schatzpapierrendite. Um der hohen Persistenz der beiden Reihen Rechnung zu tragen, setzen wir eine vollständig modifizierte kointegrative OLS-Vektorschätzung ein. Außerdem passen wir die Standardfehler anhand einer Newey-WestSchätzung der langfristigen Kovarianz-Matrix an, weil die Finanzdaten eine deutliche bedingte Volatilität zeigen. Wir wenden das Modell auf Quartalsdaten von Q2 1971 bis Q3 2015 an. Nachstehende Tabelle fasst die Schätzergebnisse zusammen. Deutlicher Zusammenhang zwischen nominalem BIP-Wachstum und Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen Von Q1 2010 bis Q3 2015 liefert das Modell Werte, die die tatsächlichen langfristigen Renditen im Schnitt um 130 Bp übersteigen. Anders formuliert: Im Zusammenspiel haben QE und Vorgaben die langfristigen Schatzpapierrenditen fast 1,5% Pp unter dem Niveau gehalten, das historisch dem tatsächlichen nominalen BIP-Wachstum entsprochen hätte. Unserem Modell zufolge stehen die langfristigen Renditen künftig von drei Seiten klar unter Aufwärtsdruck: 1. durch ein Anziehen des nominalen BIP-Wachstums. Selbst wenn das reale BIP-Wachstum 2016 nur geringfügig zulegt, projizieren wir eine weitaus kräftigere Anpassung der Inflation und daher des nominalen BIP-Wachstums. 2. durch verstärkte kurzfristige Volatilität. Im Zuge der Normalisierung der Fed-Politik werden Vorgaben durch datenabhängige Einstellungen ersetzt. Das sollte die Volatilität anheizen, vor allem wenn – wie von uns projiziert – die tatsächliche Inflationsentwicklung die Erwartungen von Fed und Markt übertrifft; und 3. durch ein Nachlassen der unverhältnismäßigen Effekte außergewöhnlich lockerer Geldpolitik auf den Markt für USStaatspapiere. Das sollte sich beschleunigen, sobald die Fed auch ihre Bilanzsumme normalisiert und ihre aktuelle Wiederanlagestrategie auslaufen lässt (siehe Abbildung 56 unten). Abbildung 54 Q2 1971–Q3 2015 Koeffizient Standardfehler Wahrt-Statistik scheinl. Nominales BIP 0,378771 0,084799 4,466669 0,0000 Konstante 2,265925 0,600504 3,773373 0,0002 Standardabweichung d. einjährigen USStaatsanleihe 0,033716 0,005751 5,862613 0,0000 R² 0,631989 Adjustiertes R² 0,627783 Variable Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten der USNotenbank, Stand: 21.12.15. Die Regression ergibt eine robuste Beziehung zwischen dem nominalen BIP-Wachstum und der zehnjährigen Rendite. Die kurzfristige Volatilitätsvariable ist enorm aussagekräftig: mehr Unsicherheit um Kurzfristzinsen führt zu höheren langfristigen nominalen Renditen. Nachstehende Grafik stellt die unserem Modell zufolge erwartbare zehnjährige Rendite der tatsächlichen Rendite gegenüber. Erwarteter Wert des Modells für die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen vollzieht IstRendite nach Abbildung 55: Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen / erwarteter Wert Q2 1971–Q3 2015 18% 16% 14% Fed-Nachfrage nach US-Schatzpapieren im Zuge der Normalisierung ihrer Bilanz rückläufig Abbildung 56: Fed-Bilanz und unkonventionelle Geldpolitik Januar 2006–Dezember 2015 Millionen USD 4500 1 4000 0,9 3500 0,8 3000 0,7 2500 0,6 2000 0,5 1500 0,4 1000 0,3 500 0,2 0 0,1 -500 12% 1.06 10% 8% 6% 0 12.15 Quelle: US-Notenbank. 4% 2% 0% Q2 '71 Q1 '86 10-Year UST Yield Q4 '00 Q3 '15 Fitted Value Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von Daten der USNotenbank. 26 4.09 8.12 QE/OT Program Announcements Securities Held Outright Treasury Agency Debt Agency Mortgage-Backed Securities Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? In anderen Worten: Wir rechnen für die Zukunft nach und nach mit einer Wiederankoppelung der langfristigen Renditen ans nominale BIP-Wachstum (was auf aktuellem Niveau einem Anstieg um 130 Bp gleichkäme). Das nominale BIP-Wachstum wiederum würde von einer Erholung der Headline-Inflation beflügelt. Nachstehende Grafik zeigt die Entwicklung des potenziellen nominalen BIP-Wachstums, projiziert vom Haushaltsamt des US-Kongresses. Demnach sollten die langfristigen Renditen auf längere Sicht 5% anpeilen, wenn sich Inflation, Geldpolitik und kurzfristige Zinsvolatilität wieder normalisieren. Langfristige Renditen sollten wieder 5% anpeilen, wenn sich die Geldpolitik normalisiert Abbildung 57: Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen, nominales BIP-Wachstum und potenzielles nominales Wachstum Februar 1980–November 2020S Viele andere EMs, insbesondere in Asien, verfügen schon über angemessene Devisenreserven und stocken diese nicht mehr so stark oder gar nicht mehr auf. Auch die Aufwertung des USD hat dafür gesorgt, dass keine zusätzlichen Devisenreserven mehr aufgebaut werden müssen, um einen Kursanstieg von Lokalwährungen zu verhindern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. 16% 14% 12% 10% 8% 6% 4% In Asien verlangsamt sich der Aufbau von Devisenreserven 2% 0% Abbildung 58: Devisenreserven in Asien -2% Januar 2005–November 2015 -4% -6% Die Trends, die vor der GFK für übermäßige globale Ersparnisse sorgten, haben sich jedoch abgeschwächt oder umgekehrt. China stellt sein Wachstumsmodell auf den Inlandskonsum um (wie in einer früheren Ausgabe unserer Global Macro Shifts dargelegt). Sein Leistungsbilanzüberschuss ist zurückgegangen: von durchschnittlich 9% des BIP von 2006 bis 2008 auf 2% des BIP im Jahr 2014 und geschätzten 3% des BIP für 2015. Chinas Neuausrichtung ist ein langwieriger Prozess und sowohl eine strategische Entscheidung als auch eine Notwendigkeit, da eine so große Volkswirtschaft wie die chinesische nicht auf ein exportorientiertes Wachstumsmodell setzen kann. Chinas Devisenreserven gehen bereits zurück. Billionen USD 8 2.80 4.90 10-Year Yield Potential Nominal Growth (CBO) 6.00 8.10 11.20 Nominal GDP Growth Quelle: US Bureau of Economic Analysis, Haushaltsamt des US-Kongresses und USNotenbank. Daten für zehnjährige Renditen und nominales BIP-Wachstum bis einschließlich 08.15. Schätzungen zum Stand: 08.15. 7 6 5 4 Besteht die Gefahr, dass überhöhte Sparziele auf globaler Ebene die langfristigen Renditen niedrig halten könnten, wie in der letzten Straffungsepisode der Fed? Die Hypothese von der globalen Sparschwemme wurde 2005 von Ben Bernanke aufgestellt als Erklärung für Alan Greenspans „Rätsel“, nämlich den Umstand, dass die Renditen langfristiger US-Anleihen trotz der Leitzinsanhebungen der Fed auf vergleichsweise niedrigem Niveau stagnierten.17 Von Anfang des letzten Jahrzehnts bis zum Einsetzen der GFK schienen die wesentlichen Elemente der Sparschwemme gegeben: China verzeichnete einen hohen Leistungsbilanzüberschuss, häufte rasch Devisenreserven an und investierte diese überwiegend in auf USD lautende Anlagen. Andere asiatische EMs bildeten ebenfalls hohe Bestände an Dollaranlagen, um ein Polster für den Krisenfall anzulegen. Und der Preisboom bei Rohstoffen sorgte für den Aufbau erheblicher Reserven in rohstoffexportierenden Ländern. 3 2 1 0 1.05 7.05 1.06 7.06 1.07 7.07 1.08 7.08 1.09 7.09 1.10 7.10 1.11 7.11 1.12 7.12 1.13 7.13 1.14 7.14 1.15 7.15 5.2 Herrscht noch globale Sparwut? Quelle: Bloomberg. Japan EM Asia ex China China Der Einbruch der Rohstoffpreise bringt mit sich, dass Rohstoffproduzenten nicht mehr in der Lage sind, Reserven zu bilden. Ganz im Gegenteil: Viele Rohstoffexporteure sind inzwischen gezwungen, Reserven abzubauen, um eine Verringerung ihres Ausgabenniveaus hinauszuschieben oder reibungsloser zu gestalten. Abbildung 59 illustriert für verschiedene Ölexportländer das Preisniveau, das für sie Voraussetzung für einen ausgeglichenen Haushalt wäre. Die meisten dieser Länder werden ihre Ersparnisse angreifen, wenn nicht gar Kredit aufnehmen müssen, um ihren Haushaltsverpflichtungen nachzukommen. 17. Quelle: Ben Bernanke, „The Global Saving Glut and the US Current Account Deficit”, FRB, 2005. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 27 Zu den aktuellen Ölpreisen werden manche Ölexportländer ihre Haushalte auf Kredit finanzieren müssen Abbildung 59: Für ausgeglichenen Haushalt nötiger Ölpreis Stand: 31. Dezember 2015 USD pro Barrel 250 208 200 150 120 115 100 100 96 93 77 76 70 68 Iran UAE 58 52 Qatar Kuwait 50 0 Libya Venezuela Ecuador Nigeria Saudia Arabia Algeria Angola Iraq Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro anhand von IWF-Daten. Auch die demografische Entwicklung deutet auf eine verminderte Sparquote hin, da die Bevölkerungsalterung in den USA, den meisten anderen Industrieländern und China zu höherem Konsum und niedrigeren Ersparnissen führen sollte. mit 1,5% unterdurchschnittlich, und die Arbeitslosenquote lag noch bei 7%. In den folgenden zwei Jahren beschleunigte sich das Wachstum auf relativ solide 2,5%, und die Arbeitslosenquote ging auf nur 5% zurück. Dass globale Trends die langfristigen US-Renditen erneut deckeln, erscheint daher unwahrscheinlich. In den beiden vergangenen Jahren widerlegte eine widerstandsfähige US-Konjunktur mit einem rasch anziehenden Arbeitsmarkt die Prognosen der Theorie von der säkularen Stagnation, während sich die globale Sparschwemme verflüchtigte. Diese Entwicklungen sprechen unseres Erachtens überzeugend für unser Szenario einer allmählichen Normalisierung von Inflation und Zinsen. Hinzu kommt, dass der Wertzuwachs des US-Dollars, der vielen EMs die Wettbewerbsfähigkeit sichert, an sich ein Zeichen für einen robusten Aufschwung in den USA ist. Als Ende 2013 die Theorie von der säkularen Stagnation wieder ins Gespräch kam, wuchs die US-Wirtschaft Bevölkerungsalterung sollte Konsum steigern und Ersparnisse verringern Abbildung 60: Medianalter: Industrie- und Schwellenländer Abbildung 61: Medianalter: USA und China. 1950–2015 1950–2015 45 40 40 35 35 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 5 5 0 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Advanced 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 EM Quelle: UN Population Survey, 07.15. 28 0 Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? US Quelle: UN Population Survey, 07.15. China Fazit Nach sechs Jahren relativer robuster globaler Konjunkturerholung dominiert nach wie vor tief sitzender Pessimismus die Wirtschaftsdebatte. Verfechter der Hypothese von der säkularen Stagnation sprechen von dauerhaft niedrigerem globalem Wachstum und von ernsthafter Stagnations- und/oder Deflationsgefahr für die Weltwirtschaft. Haushaltseinkommen und -ausgaben, und das geht einher mit steigenden Preisen. Darüber hinaus weisen unsere Analysen nach, dass die US-Phillips-Kurve steiler wird, nicht flacher, wie viele behaupten. Das spricht für eine stärkere Reaktion der Preise auf die Anspannung des Arbeitsmarkts. Dass die Inflationsraten in vielen Industrieländern nach mehreren QE-Runden weiter gering sind, veranlasst viele zu der Annahme, dass Inflation ein für alle Mal kein Thema mehr ist. Doch, wie Peter Praet von der EZB unlängst zu bedenken gab: „Wird genug Geld gedruckt, gibt es immer Inflation. Immer.”18 Diese wird sich, solange die gesamtwirtschaftliche Nachfrage schwach bleibt, natürlich zunächst bei den Vermögenspreisen bemerkbar machen. Doch wenn die Weltwirtschaft ordentlich weiterwächst, ziehen früher oder später auch die Verbraucherpreise an. Es kann gefährlich sein, die Inflation für tot zu erklären. Die große Inflation der 1970er-Jahre wurde in erster Linie dadurch ausgelöst, dass die Notenbank ihre Glaubwürdigkeit verlor, was den Inflationserwartungen den Boden entzog. Die Fed will nach eigenen Angaben ein deutliches Aufleben der Inflation abwarten, bevor sie die Zinsen energischer anhebt. Das könnte sich als riskant erweisen. Der durch QE erzeugte monetäre Überhang stellt ein zusätzliches Risiko dar. Sollten sich Geldumlaufgeschwindigkeit und Geldmengenmultiplikator auf ihre langfristige Norm zurückbesinnen, würde das zusätzlichen Inflationsdruck ausüben und der Fed ihre Arbeit erschweren. Wir vertreten in diesem Artikel die Auffassung, dass viele Beobachter der Headline-Inflation zu viel Gewicht beimessen, die vom Ölpreisverfall der letzten 18 Monate vorübergehend gedrückt wurde. In verschiedenen EMs ist die Inflation bereits hoch, und in den USA und anderen Industrieländern sollte sich eine Erholung der Rohstoffpreise vom aktuell extrem niedrigen Stand rasch in höhere Gesamtinflation übersetzen. Auf dem US-Arbeitsmarkt herrscht im Grunde wieder Vollbeschäftigung, und unseren Analysen zufolge sollte der Lohndruck zunehmen. Die Löhne sind kein aussagekräftiger statistischer Inflationsindikator, doch höhere Löhne steigern die All das lässt uns davon ausgehen, dass die Finanzmärkte das Potenzial für einen Anstieg der US-Renditen unterschätzen – auch weil die wesentlichen Elemente der alten „Sparschwemme“ weggefallen sind. Unsere Inflationsprognosen sind zwar nicht übermäßig aggressiv, liegen aber deutlich über den Erwartungen von Fed und Markt. Wir sind der Auffassung, dass die verbreitete Unterschätzung der Inflationsrisiken zusammen mit der potenziellen Normalisierung der Beziehung zwischen langfristigen Zinsen und Wachstum des nominalen BIP den Boden für eine kräftige Korrektur der USSchatzpapierrenditen bereitet. 18. Quelle: Europäische Zentralbank. Global Macro Shifts: Inflation: vorbei oder nur vergessen? 29 WELCHE RISIKEN BESTEHEN? Alle Anlagen sind mit Risiken behaftet, einschließlich des möglichen Verlusts der Anlagesumme. WICHTIGE HINWEISE Dieses Material ist lediglich als allgemeine Information gedacht und nicht als Rechts-, Steuer- oder Anlageberatung bzw. empfehlung anzusehen; es handelt sich hierbei auch um kein Angebot von Anteilen, keine Aufforderung zur Zeichnung von Anteilen oder zur Andwendung einer Anlagestrategie. Die wiedergegebenen Ansichten sind die des Investmentmanagers. 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