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Psychologie n Klassiker
Donald Meichenbaum
Intervention
bei Stress
Anwendung und Wirkung
des Stressimpfungstrainings
3. Auflage
Meichenbaum
Intervention bei Stress
Verlag Hans Huber
Programmbereich Psychologie
Wissenschaftlicher Beirat:
Prof. Dr. Guy Bodenmann, Zürich
Prof. Dr. Dieter Frey, München
Prof. Dr. Lutz Jäncke, Zürich
Prof. Dr. Franz Petermann, Bremen
Prof. Dr. Hans Spada, Freiburg i. Br.
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
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Aus: Meichenbaum, Intervention bei Stress, 3. Auflage.
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
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Aus: Meichenbaum, Intervention bei Stress, 3. Auflage.
Donald Meichenbaum
Intervention bei Stress
Anwendung und Wirkung des Stressimpfungstrainings
Aus dem amerikanischen Englisch
von Lothar Schattenburg
3., unveränderte Auflage
Verlag Hans Huber
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
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Aus: Meichenbaum, Intervention bei Stress, 3. Auflage.
Die Originalausgabe dieses Buchs ist erstmals 1985
bei Pergamon Press Inc. erschienen.
Authorized translation from the English language edition, entitled Stress
inoculation training, first edition by Donald Meichenbaum, published by
Pearson Education, Inc., publishing as Allyn and Bacon.
© 1992 by Pergamon Press Inc.
All rights reserved.
Programmleitung: Tino Heeg
Gestaltung und Herstellung: Peter E. Wüthrich
Umschlaggestaltung: Claude Borer, Basel
Druckvorstufe: Claudia Wild, Konstanz
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Kösel, Krugzell-Altusried
Printed in Germany
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Anregungen und Zuschriften bitte an:
Verlag Hans Huber
Lektorat Psychologie
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CH-3000 Bern 9
Tel.: 0041 (0)31 300 4500
Fax: 0041 (0)31 300 4593
[email protected]
www.verlag-hanshuber.com
3. Auflage 2012
© 1991/2003/2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-456-95149-2)
(E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-456-75149-8)
ISBN 978-3-456-85149-5
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
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Aus: Meichenbaum, Intervention bei Stress, 3. Auflage.
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung zur zweiten deutschen Auflage Vorwort 9
11
Kapitel 1
Konzept für das Stressimpfungstraining Das Verhalten Die Bezugspersonen Die Kognitionen Über das Individuum hinausgehen Zusammenfassung 22
23
24
32
34
Kapitel 2
Klinische Vorgehensweise bei der Prävention
und Reduktion von Stress Leitlinien für Trainingsprogramme 38
Kapitel 3
Stressimpfungstraining:
Überblick und Anwendungen 15
37
53
5
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Aus: Meichenbaum, Intervention bei Stress, 3. Auflage.
Kapitel 4
Die Informationsphase Die therapeutische Beziehung Datenerhebung und Diagnostik Die Reformulierung des Stressgeschehens Zusammenfassung 66
72
98
108
Kapitel 5
Lern- und Übungsphase Entspannungstraining Kognitive Strategien Problemlösungstraining Selbstinstruktionstraining Verleugnung Zusammenfassung 113
117
132
136
145
147
Kapitel 6
Anwendungs- und Posttrainingsphase Vorstellungsübungen Verhaltensübungen, Rollenspiele und Modelllernen Abgestufte Reizkonfrontation in der Realität Rückfallprävention Posttrainingsphase Zusammenfassung 65
109
149
150
153
157
159
161
164
Kapitel 7
Spezifische Anwendungen des SIT Anwendung des SIT im medizinischen Kontext Anwendung bei spezifischen Berufsgruppen 165
169
165
6
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Anwendung bei kritischen Lebensereignissen 176
Literaturverzeichnis zur ersten Auflage 187
Lothar Schattenburg
Neue Ergebnisse und Fortentwicklung
des Stressimpfungstrainings nach Meichenbaum 205
Weiterführende deutschsprachige Literatur 261
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Vorbemerkung zur zweiten
deutschen Auflage
Meichenbaum veröffentlichte 1985 «Stress inoculation training», die 1. deutsche Auflage erschien 1991. Der Erfolg dieses Buchs und eine sowohl von Fachleuten als auch einem
breiteren Publikum kommende sehr interessierte Nachfrage
hat den Huber-Verlag dazu bewogen, eine 2. deutsche Auflage herauszugeben. Die Übersetzung wurde durchgesehen
und korrigiert, aber inhaltlich nicht verändert. Für die zweite
Auflage wurde das Buch indessen ergänzt durch aktualisierte
Hinweise auf weiterführende deutschsprachige Literatur
und durch ein ausführliches Zusatzkapitel über neue theoretische Fortentwicklungen und praktisch-therapeutische
Ergebnisse des Stressimpfungstrainings (SIT).
In diesem Zusatzkapitel wird beschrieben: in welchem
Kontext Meichenbaum das SIT entwickelt hat, welche Be­­
deutung die Stresspsychologie in der modernen Arbeitswelt,
Psychosomatik und Gesundheitspsychologie hat und zu welchen Ergebnissen Metaanalysen zum SIT gekommen sind.
Meichenbaum weist im vorliegenden Buch auf die Schwierigkeit hin, wie man angemessene von unangemessenen Be­­
wäl­tigungsformen unterscheiden kann. Diesbezüglich haben
neuere Forschungen empirisch fundierte Vorschläge gemacht.
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Aus: Meichenbaum, Intervention bei Stress, 3. Auflage.
Das SIT bzw. ein weiterentwickeltes SIT wurde erfolgreich eingesetzt u. a. bei der Behandlung von Störungen in
der Arbeitswelt, in der Psychoonkologie, bei der Behandlung von HIV und Aids, in der Paartherapie und bei
Borderlinepa­tienten. Dazu werden die Ergebnisse referiert.
Es wird auf weitere von Meichenbaum inspirierte Stressprogramme und Anwendungsgebiete hingewiesen.
Ferner wird das SIT verortet in der aktuellen Strömung
eines integrativen Ansatzes: speziell unter dem Gesichtspunkt von Verhaltenstherapie und Psychoanalyse bzw. Tiefenpsychologie. Meichenbaum nähert sich in seinen späteren Schriften z. B. bei der Behandlung von posttraumatischen
Belastungsstörungen dem tiefenpsychologischen Ansatz zu­­
mindest
­­
teilweise an. Fragen der didaktischen Aufbereitung von Stressprogrammen und Supervision werden angesprochen.
Mit der Neuausgabe wird ein «klassischer» Text der
Stresspsychologie ge­druckt, der viele Forschungen angeregt
und therapeutische Impulse gegeben hat. Dass das SIT kein
Wunderheilmittel ist und weiterhin ständig evaluiert und
ausdifferenziert werden muss, hat Meichenbaum selbst im
vorliegenden Buch betont. Es wäre wünschenswert, wenn
das SIT neben der bewährten therapeutischen Anwendung
vermehrt Eingang finden könnte in der Prävention. Möge
die Neuauflage dazu einen Beitrag leisten.
Lothar Schattenburg, im Juni 2002
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Vorwort
Zu den größten Wachstumsbranchen in Nordamerika gehören jene Bücher und Seminare, die sich mit der Bewältigung
und der Prävention von Stress beschäftigen. Diese Angebote erhalten einerseits spezifische Bewältigungsstrategien
wie Meditation, Entspannung und Gymnastik. Andererseits
zeichnen sie sich durch einen eklektischen Ansatz aus, der
aus einem Ensemble von Techniken besteht: Normalerweise
werden Entspannung (das «Aspirin» der Stressreduktion),
Medi­ta­tion, Biofeedback, Medikamente, kognitive Ansätze,
Zeitmanagementverfahren, Diätkuren, Lebensstiländerungen, Übungen zur Selbstbehauptung und die Hinterfragung
von persönlichen Werthaltungen angewandt. Diese Verfahren werden oft in einem atheoretischen Rahmen angeboten
und sie suggerieren, dass es eine «richtige» Belastungsbewältigung und Anpassung an Stresssituationen gebe.
Das Ziel dieses Buchs besteht nicht darin, spezialisiertes
Einzelwissen zu diesem Thema vorzustellen, sondern einen
integrativen Rahmen für ein besseres Verständnis der zeitgenössischen Stressbehandlung anzubieten. Darüber hinaus
entwickelt das Buch ein Programm für eine kognitive Verhaltenstherapie, das Stressempfindungstraining (SIT) ge­­
nannt wird. Im letzten Jahrzehnt haben meine Kollegen und
ich in der klinischen Forschung dieses umfassende Stress­
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impfungstraining entwickelt, das von anderen Forschern in
verschiedenen Gruppen sowohl in therapeutischer als auch
präventiver Absicht angewandt wurde.1 Dieses Buch will die
klinische Erfahrung auf diesem Gebiet zusammenfassend
darstellen.
SIT ist kein Wunderheilmittel. Vielmehr ist es ein effektives klinisches Instrument, das differenzierte und facettenreiche Interventionsmöglichkeiten bietet, die kritisch zu evaluieren sind. Ich verfolge mit diesem Buch zwei Ziele: Weil es
auf dem Gebiet der Verhaltensmodifikation im Moment bei
Therapeuten Mode ist, mit ihren Behandlungstechniken an
die Öffentlichkeit zu gehen, publiziere ich dieses Buch in der
Hoffnung, dass es weitere kritische Evaluationen stimulieren
wird (vgl. Luborsky & De Rubeis, 1984). Mein zweites Ziel
ist es, den «inneren Dialog» zu fördern. Dies bezieht sich
darauf, was die Kliniker oder Forscher zu sich selbst sagen
werden, wenn sie beim nächsten Mal einen gestressten Klienten sehen, ein Stressseminar leiten, ein Buch über Stressbewältigung schreiben oder in diesem Bereich forschen.
Das Buch ist in sieben Kapitel unterteilt. Das 1. Kapitel
behandelt Stresskonzepte und Belastungsverarbeitung in
einer transaktionalen Perspektive, den Einfluss der Kognitionen und Emotionen auf die Stressreaktionen und ferner die
Notwendigkeit, personenorientierte mit umweltbezogenen
Interventionen zu verbinden. Wird einmal das dem SIT
zugrunde liegende Konzept akzeptiert, dann werden auch
die spezifischen Verfahren verständlich. Die verschiedenen
Ich danke Dennis Turk, Roy Cameron und Myles Genest, die
mit mir bei der klinischen Entwicklung und der Konzeptualisierung des Stressimpfungstrainings zusammengearbeitet haben.
1
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Interventionen werden nicht als ein Eintopfgericht von klinischen Techniken angesehen, sondern ihre Anwendung ergibt
sich folgerichtig aus der Zusammenarbeit mit den Klienten
oder Patienten. Kendall und Bemis (1983) haben den Grundgedanken unseres Ansatzes folgendermaßen re­­sümiert:
Das Stressimpfungstraining kann als die umfassendste Form
einer kognitiv orientierten Verhaltenstherapie betrachtet werden … Es basiert auf einer überzeugenden theoretischen Grundlage … SIT bietet eine Anzahl von Regeln an, von denen die
interessantesten und effizientesten ausgewählt werden können.
In diesem Sinn wird der Klient als ein Mitarbeiter aufgefasst, mit
dessen Hilfe auf seine individuellen Bedürfnisse abgestimmte
Bewältigungsstrategien entwickelt werden. (S. 580)
Das 2. Kapitel stellt die Regeln zur Durchführung unseres
Stressreduktions- und Präventionsprogramms vor, die aus
einer Übersicht über die wichtigsten Befunde auf dem Gebiet
der Stressforschung und Verhaltensmodifikation gewonnen
wurden. Einer der wichtigsten Punkte in diesem und den
nachfolgenden Kapiteln ist das Problem des Widerstands des
Klienten und seiner mangelnden Mitarbeit während der
Therapie. Allzu oft wird bei der klinischen Vorgehensweise
die Frage gestellt, wie man intervenieren soll, und es wird zu
wenig beachtet, wie der Klient, wichtige Bezugspersonen
oder Organisationen zu einer Änderung motiviert werden
können. Dieses Kapitel behandelt verschiedene Methoden,
mit denen der Trainer Widerstandsquellen identifizieren und
mögliche Rückschläge in das Trainingsprogramm integrieren kann.
Im 3. Kapitel wird das SIT vorgestellt. Dabei wird die
Vielfalt der Klientel berücksichtigt, bei der es sowohl
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­ räventiv als auch therapeutisch durchgeführt wird. Das SIT
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besteht aus drei Phasen: aus der Informationsphase, der
Lern- und Übungsphase und der Anwendungs- und Posttrainingsphase. Die Kapitel 4, 5 und 6 beschreiben in dieser
Reihenfolge diese drei Phasen. Obwohl die drei Phasen des
SIT nacheinander beschrieben werden, bilden sie ein flexi­
bles, eng zusammenhängendes und vielschichtiges Trainingsprogramm. Es handelt sich nicht um lose, untereinander
nicht verbundene Techniken, sondern um ein Set von Interventionen, die in einer systematischen Weise miteinander
kombiniert werden können. Die drei Phasen gehören zusammen, und das Training impliziert oft die Wiederholung oder
Überlappung dieser Phasen. Dies hängt vom Zeitrahmen
und der spezifischen Klientengruppe ab.
Das Schlusskapitel illustriert einige Techniken, die das
SIT bei unterschied­lichen Klientengruppen angewandt hat,
wie bei Medizinern, Krankenschwestern, Polizisten, Lehrern, Athleten und bei Menschen, die kritische Lebensereignisse zu bewältigen hatten. Ausgewählte Beispiele sollen die
vielversprechende Arbeit mit dem SIT sowohl in nicht klinischen als auch in klinischen Gruppen verdeutlichen. SIT
befindet sich in einem frühen Stadium seiner Entwicklung
und es ist noch nicht systematisch evaluiert worden. Das
vorliegende Buch soll die klinische Arbeit und weitere Forschungen stimulieren.
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Kapitel 1
Konzept für das Stressimpfungstraining
Für die Einführung des dem SIT zugrunde liegenden Konzepts gibt es mehrere Möglichkeiten. Wir wählen eine anekdotische Stressepisode aus dem Fami­lienalltag. Stressoren
können auftreten in Form von Katastrophen, persönlichen
Verlusten, täglichen Reibereien usw. Die folgende Anekdote
fällt in die Kategorie der alltäglichen Reibereien, die oft von
uns selbst ausgelöst werden. Ich erzähle diese Stressepisode
aus folgenden drei Gründen.
1. Der Leser kann sich mit dieser Stressepisode gut identifizieren.
2. Ich wähle diese Episode, um die transaktionale Struktur
von Stress und Stress­bewältigung und die Rolle der Kognitionen bei den Stressreaktionen zu verdeutlichen.
3. Vermutlich wird der Leser, wenn er dieses Buch durchgelesen hat, sich am ehesten an jene Stressepisoden erinnern, die bei ihm intensive Gefühle ausgelöst haben. Es
ist zu hoffen, dass solche Stressepisoden dem Wieder­
erinnern von für die Stresspsychologie relevanten Ge­­
sichtspunkten dienen. Wenn dies der Fall sein sollte,
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dann wäre diese Tatsache bedeutend für die Durchführung eines Trainings. Welche Faktoren halten die Klienten von unseren Trainingssitzungen fern? Wie können
wir Humor, Selbstöffnung und ähnliche Techniken in
der Therapie und im Training anwenden? Können wir
Metaphern und Anekdoten benutzen, um dem Klienten
bei seiner Informa­tionsverarbeitung so zu helfen, dass er
den Stress in seinem Alltagsleben effektiver be­­wältigt.
Wir werden diese Fragen im 5. Kapitel ausführlich be­­
handeln.
Die anekdotische Stressepisode, die ich beschreiben werde,
gipfelt in einem – wie ich es nennen möchte – «kompletten
Chaos». Dieser Begriff stammt aus unserer Forschung über
Elternstress. Jene Leser, die selbst Kinder haben, werden sich
leicht mit dieser Stressepisode identifizieren können. Die
Leser, die keine Kinder haben, können diese anekdotische
Stressepisode entweder als ein Beispiel für unser Stressimpfungstraining oder als ein Argument für Geburtenkontrolle
auslegen.
Als Vater von vier Kindern und als klinischer Psychologe, der die Bewältigung von Ärger erforscht, bin ich stark
an Arbeiten über Kindesmisshandlung interessiert. Mein
Ansatz in diesem Forschungsgebiet unterscheidet sich etwas
von dem anderer Forscher. Für mich selbst stellt sich nämlich die Frage, warum die Quote der Kindesmisshandlung
nicht höher liegt. Ich meine nicht, dass darüber zu wenig
berichtet wird, aber es stellt sich die Frage, wie «normale»
Eltern ihre Ängste und Aggressionen beim Stress der Kindererziehung bewältigen. Hier nun die angekündigte Stress­
episode:
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Meine Frau geht heute Abend aus, und meine Aufgabe ist es,
den vier Kindern (2- bis 10-jährig) das Abendessen aufzutischen, das schon von meiner Frau zubereitet wurde, um dann
folgendes «Ritual» durchzuführen: für die Kinder ein Bad vorbereiten, ihnen bei den Haus­
aufgaben helfen, Gutenachtgeschichten erzählen und bei weiteren Aktivitäten der Vaterrolle
nachkommen.
Ich begann den Abend mit einem Fehler. An diesem speziellen
Abend hatte ich mir vorgenommen, eine wichtige Fernsehsendung um 21 Uhr anzusehen. Normalerweise sehe ich selten
fern, aber an diesem Abend gab es eine Sendung, an der ich
wirklich interessiert war. Der Fehler, wie er deutlich werden
wird, bestand in meinem Ziel, einen ausgebuchten Terminkalender mit der Betreuung von vier Kindern zu koordinieren.
Ausgebuchte Terminkalender und Kinder sind oft nicht unter
einen Hut zu bringen, und aus der Retrospektive wurde mir
absolut klar, dass ich selbst es war, der die Stresssituation ausgelöst hatte.
Die Abendereignisse begannen eher lustig. Ich ließ für meinen
jüngsten Sohn Danny nach dem Abendessen das Badewasser
ein, eine heitere und befriedigende Zeit sowohl für den Vater als
auch für den Sohn. Während nun Danny in der Badewanne saß,
erschien meine älteste Tochter Lauren auf der Szene und fragte
ganz unschuldig: «Papa, kannst du mir helfen, mein Lineal zu
finden?» Das autonome Verhalten des Kindes sollte verstärkt
werden, indem ich sie fragte, wann sie denn zuletzt das Lineal
gesehen habe usw.
Nachdem der 2-Jährige im Bett lag, bestand die nächste Aufgabe
darin, dem 4-jährigen David ein Bad einlaufen zu lassen. Glücklicherweise wollte die 8-jährige Michelle den David baden, ein
Vorschlag, den ich gerne akzeptierte. Während ich die Küche
aufräumte, gab es plötzlich das erste kritische Ereignis. Ich hörte
nämlich, wie David in der Badewanne stehend strampelte, und
aufgrund jahrelanger Erfahrungen befiel mich eine Flut von
Katastrophengedanken und Bildern mit den entsprechenden
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