Reisebricht West

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Reisebricht West
West-USA
13. September – 04. Oktober 2014
von Las Vegas über Oregon bis nach LA
Katharina Burr
Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Samstag, 13. September 2014
Vor fast genau 5 Jahren begann alles. Am 15. September 2009 sind Frank und ich das erste
Mal auf weite Reise gegangen gen Westen und er hat uns nicht mehr losgelassen. Nach
weiteren drei Reisen durch Nordamerika hatten wir große Sehnsucht nach unserem ersten
USA-Reiseziel: Kalifornien. Damals hatten wir noch keine Ahnung wie am einfachsten dort
zu Reisen ist und welche Naturschönheiten dieser Bundesstaat zu bieten hat. Somit war nun
ganz klar: 2014 geht es wieder in den Golden State!
Es ist 9:30 am Morgen dem 13. September 2014 und wir brechen mit Helga und meinem
Vater in Richtung München auf. Bevor es zum Flughafen geht, wollen Frank und ich die
beiden im Hofbräukeller zum Essen einladen. Wer weiß schon, wie das Essen bei aircanada
schmeckt. Ich bestelle einen deftigen Schweinebraten und genieße um halb 12 ein letztes
bayerisches Bier. Ich freue mich schon so auf das amerikanische Pale Ale! Die beiden liefern
uns danach gut gestärkt am Abflugterminal ab und wünschen guten Flug. Vor lauter Freude
habe ich tausend Schmetterlinge im Bauch! Gepäckabgabe und Sicherheitskontrollen
verlaufen wie gewohnt problemlos und Frank und ich vertrödeln die freie Zeit in diversen
Duty Free shops. Da auf uns ein tolles Zimmer in Las Vegas mit Whirlpool-Badewanne
wartet, gönnen wir uns eine kleine Flasche Sekt im Duty Free, die wir dann im Pool genießen
wollen. Wir können nach geraumer Zeit boarden und es geht zunächst einmal los nach
Toronto, unserem Zwischenziel, wo wir umsteigen müssen. Wir haben uns schon im Vorfeld
Fensterplätze reservieren lassen, da ich wie immer nichts von der Welt verpassen möchte.
Zunächst ist Europa unter einer dicken Wolkendecke versteckt. Dann über der Nordsee lichtet
sich der Himmel und ich erkenne einen riesigen Windpark auf der See. Dann geht es
stundenlang über den blauen
Ozean, bis endlich die Ostküste
von Kanada zu sehen ist. Wir
treffen über der Goose Bay
wieder auf Land. Die Berge an
den Fjorden sind bedeckt mit
Schnee, keine Straße, kein Dorf
zu sehen, überall Seen, Flüsse,
Gletscher und keine Wälder.
Leider haben wir immer wieder
Probleme
mit
dem
Entertainmentsystem
der
aircanada und es gibt nur einen
Film auf Deutsch, alle anderen
nur französisch, selten englisch und die Topfilme sind auch nicht wirklich dabei. Über das
Essen und die Vielzahl der Getränke können wir nicht meckern. Wir kommen mit geringer
Verspätung in Toronto an und hechten zu unserem nächsten Gate. Hoppla, wir müssen in
Kanada in die USA einreisen? Das hat keiner gewusst! Wir haben doch extra Kanada als
Zwischenstopp ausgewählt um nicht wertvolle Zeit auf einem amerikanischen Flughafen zu
verlieren wegen Einreise. In der langen Schlange werden wir durch das Bodenpersonal
herausgezogen, dürfen schneller einreisen als die anderen Passagiere, da unser Flugzeug auf
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uns wartet. Mit anderen Fluggästen, die nach Las Vegas möchten, sprinten wir zum Gate.
Dort angekommen die Hiobsbotschaft: Die Türen werden gerade eben geschlossen und das
Flugzeugt wird gleich starten. Häh? Wieso ohne uns? Man hat uns doch extra aus allen
Warteschlangen geholt und der Pilot konnte keine 5 Minuten warten? Ich will doch nach Las
Vegas, in die Hitze, in unser schönes Hotel! Keine Chance, wir müssen hier bleiben. Wir sind
total enttäuscht! Schon wieder, das ist uns doch erst bei unserer letzten Reise nach Florida
passiert. Es lässt sich nicht mehr ändern und so gehen wir mit schlechter Laune zum Service
Point der aircanada mit den anderen Gästen, die mit uns mitwollten. Die Dame am Schalter
verkündet, dass wir erst am nächsten Tag nachmittags weiterreisen können, da die Maschine
früh morgens ausfällt. Ohmann! Ruhe bewahren. Sie sucht uns allen das gleiche Hotel am
Flughafen raus, versorgt uns mit zahlreichen Essensgutscheinen und Telefonkarten. Wir
müssen nach Kanada einreisen. Im Flughafenhotel angekommen lernen wir die anderen
Passagiere kenne. Es sind alles junge Paare aus Deutschland und Schweiz, aber auch eine
Frau aus Deutschland, die alleine unterwegs ist. An der Rezeption organisiere ich uns allen
die nötigen Kosmetikutensilien, da wir nicht mehr an unser Gepäck ran konnten und
verabreden uns für später an der
Hotelbar. Unser Zimmer für die
Nacht ist riesig mit einer
enormen
Panoramafensterscheibe
mit
Blick über das Industriegebiet
von Toronto und in der Ferne
lässt sich Downtown erkennen.
Ich rufe noch bei dem Hotel in
Las Vegas an und gebe
Bescheid, dass wir erst am
nächsten Tag anreisen werden.
Auch den Autovermieter Alamo
informieren wir. Unser Auto
wird eh 48 Stunden für uns
zurück gehalten. Nachdem alles Organisatorische erledigt ist, köpfen wir den Sekt, den wir
eigentlich relaxed in der Badewanne in unserem Deluxezimmer genießen wollten. Er
schmeckt trotzdem und wir staunen über das Lichtermeer von Toronto. Unten in der Bar
quatschen wir mit den anderen über die bevorstehenden Reiseziele und wir genießen das
teuerste Bier ever: 10 Euro für ein kleines Bier! Das ist an einem solchen Abend vollkommen
nebensächlich. Bei einem Pärchen sollte die Reise eigentlich heute Abend gleich weiter gehen
in Richtung Yellowstone National Park. Das wird wohl nicht ganz klappen. Frank und ich
kommen ins Schwärmen. Yellowstone ist für uns immer noch der Schönste von allen. Die
Schweizer sind das erste Mal in den USA und machen eine Standortreise von Las Vegas aus,
2 Wochen. Das Mädel, welches allein unterwegs ist, wollte sich eigentlich heute Abend mit
ihrem Freund in Las Vegas treffen, der aus einer anderen Stadt kam und einen anderen Flug
genommen hatte. Sie ist etwas sauer, da er ihr den Flug rausgesucht hat. Etwas aufdringlich
im Hintergrund spielt und singt ein Alleinunterhalter Country Music. Mal sehen wie lange ich
schlafen werde…
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Sonntag, 14. September 2014
Wie erwartet kann ich nur ein paar wenige Stunden schlafen und döse von 3:00 bis 6:30
gemütlich im Bett weiter. Nach einer ausgiebigen Dusche kocht Frank uns mit der kleinen
Kaffeemaschine, die immer in einem Hotel in Amerika vorhanden ist, einen Kaffee mit
Milchpulver. Wir sitzen auf dem riesigen Bett und genießen den pinken Sonnenaufgang durch
das riesen Fenster. Viele Flugzeuge starten und landen vor unserem Fenster. Aber nicht nur
Flugzeuge, sondern auch eine große Herde von Kanadagänsen wünscht uns einen guten
Morgen. Danach geht es runter in den Frühstücksbereich, wo wir unsere Gutscheine für das
Buffet einlösen, die wir von Aircanada bekommen haben. Es ist von allem was da, ganz
ungewohnt von amerikanischen Frühstücksbuffets. Ich lasse mir von dem Koch unter strenger
Beobachtung  ein feines Omelett mit Kräutern, Speck und Paprika zubereiten. Kaffee gibt
es statt im Pappbecher sogar in einer Tasse. Die anderen aus unserem Flugzeug trudeln auch
langsam ein und verkünden die Botschaft, dass unser bevorstehender Flug von morgens auf
abends 17:00 verschoben wurde. Jetzt reicht es aber! Wir können aber nichts ändern und
müssen uns einfach in Geduld üben. Trotzdem bin ich extremst enttäuscht. Am Flughafen
angekommen, werden wir durch einen Nebeneingang in die USA eingeschleust (wir haben ja
schon einen Einreisestempel von gestern, ob das alles legal war).Wie gut, dass wenigstens der
Flughafen ganz nett ist und sogar an jedem Tisch iPads zur Unterhaltung zur Verfügung
stehen. Somit sind wir etwas beschäftigt. Auch der Ausblick auf die Skyline von Toronto
lenkt etwas von dem Frust ab.
Wir verprassen unsere letzten
Essensgutscheine der Airline
und können nach mehr als 5
Stunden Wartezeit endlich in
den Flieger nach Las Vegas
einsteigen. Der Flieger scheint
nicht voll besetzt zu sein
(wahrscheinlich der Grund,
warum die anderen Flieger
storniert wurden) und Frank und
ich ergattern uns jeweils einen
Fensterplatz. Es geht los gen
Westen! Wir sind fünf Stunden
unterwegs und können den Sonnenuntergang über der Wüste von Nevada beobachten.
Herrlich! Die Ausblicke sind spektakulär, v.a. wie die Steine immer röter werden fasziniert
uns. Als wir landen, haben wir einen grandiosen Blick auf den Hoover Damm und auf den
Highway von Kingman über den Damm bis nach Las Vegas, die beide mit tausend Lichtern
hell erleuchtet. Ab jetzt läuft im Urlaub alles wie geschmiert  Unsere Rucksäcke liegen
schon auf dem Gepäckband, als wir ankommen und so geht es weiter zur Autovermietung, wo
uns ein weißer Mustang vorgefahren wird. Frank ist außer sich vor Begeisterung und freut
sich schon auf die zahlreichen Kilometer, die wir zu bewältigen haben. Aber auch ich freue
mich tierisch über das wunderschöne, sportliche Auto.
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Es ist nun unser drittes Mal in Las Vegas. Die Stadt mit ihren Millionen Lichtern zieht uns
trotzdem immer wieder in ihren Bann. Wir cruisen durch den Glitzerwald, dem Strip, unter
einem tiefschwarzem Himmel über Las Vegas. Natürlich ist das Cabrio offen, wir genießen
die Hitze der Nacht und genießen das emsige Treiben auf den boardwalks. Die riesigen
Werbetafeln blenden uns. Frank steuert auf unser Hotel, die Trump Towers zu. Ein
wunderschöner Wolkenkratzer aus Gold. In der Eingangshalle für Autos wartet ein Portier
und parkt uns den Wagen. Ich betrete die Empfangshalle des Hotels und bin erstaunt über den
Luxus, der uns erwartet: Marmorboden, Swarowski-Kronleuchter und große Vasen mit den
schönsten Blumen. Die Dame an der Rezeption bietet uns ein upgrade an und wir finden uns
irgendwo im 7. oder 8. Stock wieder und haben ein Deluxe-Zimmer mit Blick auf den Strip!
Das Zimmer ist unglaublich groß! Das Bett ist so weich wie noch nie und eine gemütliche
Sitzecke mit Küchenzeile (alles totschickt eingerichtet), wo kühles Mineralwasser auf uns
wartet,ist auch dabei. Durst! Wir haben tollen Blick auf das Venetian und Treasure Island
durch das Panoramafenster. Ich wage einen Blick in das Bad: WOW! Riesig! Die Dusche und
die Toilette sind jeweils durch eine immense Glastür vom Rest getrennt. Wir haben 2
Waschbecken mit den besten
Kosmetikartikeln. Wie gebucht
befindet
sich
auch
eine
Whirlpoolbadewanne
im
Badezimmer, die ich später auf
jeden Fall noch nutzen und ein
kleines Schaumbad machen
werde. Das Highlight des Bades
ist ein in den Spiegel
integrierter Fernseher, damit der
Gast
kein
wichtiges
Sportereignis
oder
die
Nachrichten verpasst. Uns zieht
es raus unter die Leute auf den
Strip. Wir machen erstmal einen
ausgedehnten Spaziergang an den Hotels vorbei. Nachts sind die Straßen von Las Vegas voll
mit Leuten, überall Bars, die mit Cocktailangeboten locken. Wir verdrücken einen HabaneroBurger. Mir ist er viel zu scharf! Da muss ein Bier her! In einer coolen Bar mit
Sitzgelegenheit draußen direkt an der Straße genieße ich eines meiner Lieblingsbiere: Sierra
Nevada. Auf das habe ich mich schon so gefreut. Wir rufen noch zu Hause in Deutschland an
und geben Bescheid, dass nun alles iO ist und wir endlich angekommen sind. Wir beobachten
die Leute, die ein und aus gehen und an uns vorbei laufen. Herrlich Urlaub! Nun aber ab in
das noble Hotelzimmer: ein Schaumbad wartet auf mich! Ich gebe etwas zu viel
Schaumbadezusatz in den Whirlpool, was zu einer zu starken Schaumbildung führt… Ich
genieße die Wärme und das Geblubbere in der Wanne, während Frank ein Bier irgendwo
zwischen Bett und Panoramascheibe schlürft. Danach fallen wir total müde ins Bett. Leider ist
auch diese Nacht nicht wirklich erholsam. Ich habe wilde Träume.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Montag, 15. September 2014
7:00, Guten Morgen! Die Sonne knallt schon runter und aus dem Fenster blicken wir direkt
auf den noch leeren Pool unter uns. Wir machen eine Katzenwäsche und stürmen runter. Der
Poolboy stattet uns mit tausend Badetüchern aus und wir können uns 2 Liegen aussuchen. Ich
kann es nicht erwarten und
hüpfe gleich ins kühle Nass. Wir
müssen schon eine Temperatur
von über knapp 40°C haben. Ich
schwimme die ersten Bahnen
und habe eine klasse Aussicht
auf die anderen Hotels in der
Morgensonne. Ich hole Frank
und mir zwei unerwartet starke
Tassen Kaffee aus der Poolbar,
die unglaubliche 11 Dollar
kosten. Egal. Es ist so schade,
dass wir nur eine Nacht in
diesem tollen Hotel hatten.
Keine Zeit für schlechte Laune: nächster Halt ist das Premium Outlet Center von Las Vegas.
Darauf haben wir uns schon die letzten Wochen gefreut: durch die tausend Läden schlendern
und uns mit unseren Lieblingsmarken eindecken. Zu Mittag essen wir im klimatisierten
Foodcourt beim Wok. Es ist eine Riesenportion dreierlei chinesischer Leckerbissen für nur 8
$. Dieses Outlet war sehr groß, aber nicht unser Größtes. Vor dem Outlet wartet eine sehr
lange Schlange von Touristen in der prallen Sonne auf ein Taxi. Wir haben 42°C! Zwei sehr
bekannte Sehenswürdigkeiten in Las Vegas haben wir bisher ausgelassen: der alte Teil mit
den ursprünglichen Kasinos in der Fremont Street und das Welcome to fabulous Las Vegas –
Zeichen. Noch einmal über den Strip bei 48°C und „obenohne“ (Cabrio!). Am weltberühmten
Welcome-Sign von Las Vegas haben wir Glück und erwischen einen der wenigen Parkplätze.
Wir müssen anstehen um uns einmal kurz an das Zeichen heran zu stellen und ein Foto von
uns schießen zu lassen. Die Leute hier sind alle entspannt und jeder macht gern ein Foto vom
anderen. Wir müssen nun leider Las Vegas wieder verlassen, da wir schon morgen in das Tal
des Todes wollen. Aber bevor wir zum Motel in Pahrump fahren, machen wir noch einen
Stopp in einem Supermarkt und eine Schleife am Red Rock Canyon, der besonders schön in
der Abenddämmerung ist, vorbei. Die Sonne ist am Untergehen und wir haben immer noch
48°C! Auf der Nebenstrecke, die am Red Rock Canyon vorbei geht, fahren viele
Rennradfahrer entlang bei 48°C! Naja, wann sollen sie sonst fahren. Übrigens, es gibt hier
eine extra Bikelane. Wie es aussieht wird es hier auch nachts nicht kühler. An einem
Aussichtspunkt verweilen wir und fangen in der Abendsonne die leuchtend roten Steine ein.
Es geht weiter Richtung Westen von 900 hm über einen Pass auf 1700 hm. Die Temperatur
fällt hier oben auf 28°C. Abkühlung! Es wundert mich auch nicht mehr, dass nach der
Steinwüste um Las Vegas, auf dieser Höhe Kiefern wachsen. Dadurch riecht es herrlich nach
Kiefern! Vereinzelt laufen Esel und Pferde frei in der Umgebung herum. Genau über bzw. vor
uns geht die Sonne unter. Sehr romantisch. Das nächste Motel in Pahrump ist ein Best
Western, welches ich schon von Deutschland aus reserviert habe. Die Frau an der Rezeption
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ist wie gewohnt sehr nett und gibt uns noch unzählige Information über das Death Valley mit.
Wir beziehen das Zimmer, welches wie immer im Best Western super groß ist (wie so vieles
in den USA) und machen es uns am Pool gemütlich. Im Supermarkt vorhin haben wir uns
sehr lange aufgehalten. Wir lieben es in den USA zwischen den Regalen zu stöbern, die
schönsten Roastbeefsandwiches und Knabbersachen auszusuchen und uns mit lecker Pale
Ale einzudecken. Muffins und Trauben dürfen auch nie fehlen. Entsprechend freuen wir uns
nun auf das Abendbrot! Heute gibt es ein New Belgium Amber: Fat Tire. Meine erste
Tiersichtung für diesen Urlaub kann ich auch verzeichnen: eine Kakerlake unter meinem
Stuhl. Meine Erste!
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Dienstag, 16. September 2014
Heute klingelt der Wecker mal wieder in der Nacht. Denn heute geht es in das Death Valley
und wir wollen die Morgenstimmung in diesem weltberühmten National Park nicht verpassen.
Es ist somit 5:40, wir duschen und tauchen pünktlich um 6:00 zum warmen Frühstück im
Motel auf. Auf Best Western ist Verlass. Es gibt Rühreier, Hackwürstchen, French Toast
Sticks, Waffeln, Joghurt, Obst, starken Kaffee, Müsli, Saft… Alles was das Herz begehrt. Mit
Verwunderung stellen Frank und ich fest, dass wir nicht die einzigen sind, die gern ganz früh
los wollen. Der Frühstücksraum ist schon voll mit deutschen Bikern. Vor dem
Frühstücksraum befindet sich ein Saloon mit einem original analogen Shuffelboard. Frank ist
ganz begeistert. Hier muss man mithilfe eines Schiebers einen Puk über einen mit Sand
bedeckten Tisch schieben und in ganz bestimmte Felder treffen. Heute ist ein Tag der
Entdeckungen. Im Kofferraum unseres Cabrios finden wir einen Hebel, mit dem man den
Deckel von Innen aufmachen könnte, falls man dort einmal eingeschlossen sein sollte. In dem
kleinen Dorf findet Frank im Walgreens seine heißbegehrte Gesichtssonnencreme für Sport
von Neutrogena, die es nur in den USA gibt. Er deckt sich mit einigen Tuben ein. Nun geht es
los über die Grenze nach Kalifornien. Wir cruisen durch das Amargosa Valley dem Death
Valley entgegen. Wir haben schon wieder knappe 30 °C und genießen das Panorama aus
unserem sportlichen Mustang. Der Himmel ist strahlend blau, keine Wolke am Himmel, die
Steinwüste leuchtet durch die verschiedenen Gesteinsschichten. An den Berghängen erkennt
man, wie das Land aufgefaltet wird. In der Ferne liegt ein ganz dünner Nebel über dem
Boden. Weit und breit ist kein Verkehr und so kommen wir sehr schnell voran. Am
Parkeingang begrüßt uns das obligatorische National Park-Schild, das immer ganz typisch für
den jeweiligen Park ist. Wir lösen noch keinen Tagespass, da wir eine Jahreskarte für alle
Parks kaufen wollen, die es erst im Visitor Center in der Mitte des Naturschutzgebietes gibt.
Unser erster Stopp ist: Zabriski Point. Es ist ein Aussichtspunkt im Gebiet der Amargosa
Range und ist weltbekannt für seine bizarren Erosionslandschaften. Benannt wurde er nach
dem Geschäftsführer der Boraxcompany, die in dem Gebiet Borax (Natriumborat) um die
Jahrhundertwende des 20. Jhd. abbaute. Da die Aussicht bei Sonnenaufgang ein besonderer
Moment sein soll, ist es unser erster Halt. Und es stimmt: Das Morgenlicht ist ideal! Das
Gestein wirft verschiedenste Schatten, die Felsen leuchten rot, gelb, und grell-weiß. Mit der
Sonnen wird die Luft auch immer heißer: es ist 9:00 und wir haben schon wieder über 40°C!
Weiter geht es zur Furnace Creek Ranch, wo wir den Jahrespass kaufen können. Da die
Temperatur nun 47 °C erreicht hat, schließen wir das Verdeckt des Cabrios, da wir den
Komfort einer Klimaanlage nutzen wollen um die heiße Luft zwischenzeitlich zu entgehen.
Nächster Halt: Badwater. Es ist der tiefste Punkt Nordamerikas: -85,5! In den Bergen ist ein
weißer Strich, der die Meereshöhe veranschaulicht. Badwater ist das Überbleibsel des Lake
Manly. Neben dem Parkplatz gibt es kleine Wassertümpel inmitten der riesigen Salzkrusten.
Es sind sogar ein paar Vögel hier, die ein wenig aus dem Wasser trinken. So scheint es
zumindest. Ich dachte immer, dass durch den hohen Salzgehalt das Wasser ungenießbar wäre.
Deswegen auch der Name. Auf einem kleinen Gebiet dürfen wir auf die große Salztonebene
hinauslaufen. Ein rotes Warnschild weist uns darauf hin nicht nach 11 am hier hinaus
zulaufen aufgrund der großen Hitze, die entsteht. Zwischendurch haben Ranger Löcher in die
dicke Salzkruste hinein gebohrt, aus denen Wasser heraus kommt. Die Salzkruste, auf der wir
laufen, soll zwischen 1 m und 1,7 m dick sein. Sie ist sehr scharf und es riecht sogar extrem
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nach Salz. Im Frühjahr, falls es regnet, wird das Gebiet mit Regenwasser überflutet und es
bildet sich ein See. Da hier die Verdunstungsrate immens ist, bleibt von diesem See nicht lang
etwas übrig und so bilden sich die großen Sechsecke aus Salz. Weit und breit ist kein Busch
zu entdecken und die Luft flimmert in der Ferne. Ab ins Auto um uns abzukühlen! Unser
nächstes Vorhaben ist eine kleinere Wanderung zur Natural Bridge. Den Wanderparkplatz
erreichen wir nur über eine Schotterpiste. Mit dem Sportwagen ist das wirklich kein
Vergnügen. Überall sind große Schlaglöcher. Wie empfohlen wird, nehmen wir jeder eine
Flasche Wasser mit auf den Weg. Der Wanderweg führt 1 Meile durch einen
schattenspendenden Canyon bis zu einer Natursteinbrücke. Überraschenderweise geht es ganz
schön bergauf. Wir trotzen der Hitze. Auf einer Teerstraße geht es ab zum Artist`s Drive.
Dieser Rundweg führt uns per Auto durch die bunteste Steinwüste, die wir je gesehen haben.
Die Farbpalette der Salze reicht von grün, pink, gelb, braun bis ocker, rot und türkis. Toll!
Jetzt haben wir auch wieder einen großzügigen Blick über das Tal und beobachten
Wolkenketten über den Bergketten, die das Death Valley umgeben. Die an den Hängen sich
bildenden Wolken regnen immer an den Gebirgszügen ab und gelangen nie in das Tal. Somit
wird das Tal immer trockener und heißer. Apropos heiß: Wir haben unsere Rekordtemperatur
so um die Mittageszeit erreicht: 53°C! Bevor es in den Norden des Parks geht, machen wir
kurze Rast am Devils Golf Course und lassen das Auto und so die Klimaanlage an, damit sich
das Auto nicht wieder aufheizen kann. Unser nächstes Ziel ist der Ubehebe Crater. Es führt
uns eine schnurgerade Straße, die nicht enden will, dorthin. Wir fahren eine kleine
Achterbahn entlang einer schwarzen Kraterlandschaft, vorbei an Lavageröll. Der Ubehebe
Crater ist ca. 2000 Jahre alt, 1 km breit und 237 m hoch. Magma stieg damals auf. Das
Grundwasser erhitzte sich und wurde mittels Explosion freigesetzt. Hier im Norden ist es
etwas kühler geworden: 43°C. Wir machen uns trotz heißem Sturm auf zum Kraterrand. Wie
gut, dass der Sturm vom Kraterrand weg weht, sonst würde ich irgendwann in der Tiefe
stürzen. Tatsächlich fliegen im Krater sowas wie Dohlen im Sturm. Sieht fast so aus, als ob es
ihnen Spaß macht. Da es hier bzgl. Temperatur etwas angenehmer ist, entscheiden wir uns
hier für einen kleinen Snack, den wir zuvor im Supermarkt in Parhump gekauft haben. Es gibt
Sandwich mit viel Wurst und Tomaten. Uns fällt auf, dass wir Unmengen an Wasser
getrunken haben und bisher noch kein einziges Mal auf Toilette mussten. Wir haben alles
ausgeschwitzt, ohne die Klamotten nass zu machen. Nun sind wir müde und überwältigt von
den ganzen Eindrücken des
Tages und machen uns auf den
Weg zum Stovepipe Wells
Village, welches an den Dünen
des National Parks liegt und ich
uns ein Zimmer im Motel
gebucht habe, welches ich
Frank zu seinem Geburtstag
geschenkt habe. Während der
Fahrt (ich bin nun das erste Mal
für diesen Urlaub gefahren)
können wir eine Windhose
durch
die
Wüste
fegen
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beobachten. Bevor wir unser Zimmer beziehen, kaufen wir noch im General Store u.a. eine
eiskalte Coke, die wir auf Ex leeren. Noch nie hat Cola so gut geschmeckt! Bevor wir den
kleinen Pool in dem Wüsten-Motel (!) stürmen, duschen wir uns den Schweiß von der Haut
im großzügigen Zimmer ab. Herrlich! Selbst die kälteste Wasserstufe ist noch so warm wie
ich zu Hause nach dem Sport dusche. Unser Zimmerblock heißt Roadrunner und die
Zimmernummer ist 207. Tolle Location! Das Wasser, welches wir im General Store erstanden
haben, gleicht eher Tee. Nun aber ab in den Pool! Wir sind nicht die ersten. Der Pool ist unter
französischer Belagerung. Die Pooltemperatur ähnelt eher einer Badewanne. Trotzdem ist es
herrlich zu planschen: Was für ein Luxus mitten in einer Wüste Pooltime zu machen! Aus
dem Wasser raus, flüchte ich in den Schatten auf die Liege: Durch den heißen Wind verbrennt
mir das Wasser fast die Haut. So tut das weh! Bevor wir im Saloon Essengehen, entdecken
wir eine kleine Bank, von der wir einen sagenhaften Blick auf die Mesquite Sand Dunes
direkt vor unserer Nase haben. Um 6:35 pm genießen wir hier den spektakulären
Sonnenuntergang mit einem eiskalten Bier. Hmmmm, Sierra Nevada Pale Ale! Unser
Lieblingsbier. Der heiße Wind brennt uns immer noch in den Augen, wir genießen aber das
Schatten- und Farbspiel über den Dünen in vollen Zügen. Der Bärenhunger zieht uns in den
Badwater Saloon. Wir bestellen Burger und ich mein erstes Root Beer, local one. Ich hatte
mich auf ein alkoholfreies, bierähnlich schmeckendes Getränk eingestellt, aber das es total
nach Lakritze und Zimt schmeckt war für mich überraschend. Das war mein Erstes und mein
Letztes! Root beer wird aus der Wurzelrinde des Sassafrasbaums, auch Zimtrindenbaum,
hergestellt,
welcher
in
Nordamerika verbreitet ist.
Wieder
was
Neues
kennengelernt.
Beim
Spaziergang
zum
Zimmer
staunen wir über den schwarzen
Himmel über dem Death
Valley. Er ist tiefschwarz und
übersäht mit vielen hellen
Sternen. Zum ersten Mal sehe
ich die Milchstraße ganz
deutlich. Der Park ist wegen
dem schwarzen Himmel wohl
auch ausgezeichnet worden und
bekannt bei Sternenguckern. Wir haben 8 pm und 47°C!
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Mittwoch, 17. September 2015
In dieser Nacht wachen wir schweißgebadet auf und stellen fest, dass es nachts nicht abkühlt
im Death Valley. Es sind immer noch über 40°C. Es hilft also nichts, wir müssen dieses elend
laute Ding von Klimaanlage anmachen, um nicht im Schlaf zu verbrühen.
Überraschenderweise gewöhnen wir uns ganz schnell an das laute Gebrumme und können
endlich schlafen. Dem Himmel sei Dank, dass es Klimaanlagen gibt! Der Schlaf hört auch
heute um 6:00 auf, da wir den Sonnenaufgang über den Sanddünen miterleben wollen. Ohne
zu Waschen, heizen wir ganz schnell mit dem Cabrio rüber zu den Dünen. In den Dünen
herrscht Totenstille. Im Sand können wir viele Tierspuren ausmachen. Wir wandern los
mitten in die Dünenlandschaft hinein. Es ist nicht ganz einfach die Sandberge zu erklimmen.
Ich grabe etwas in den Sand mit meinen Fingern und stelle fest, dass der Sand unter der
Oberfläche vollgesaugt ist mit Feuchtigkeit. Um uns herum schwirren unzählige Mücken und
auch ein paar Libellen. Uns läuft das Wasser runter wie in der Saune. Heute Morgen ist es
sehr feucht in den Dünen. Aber genau deswegen gibt es in dieser Landschaft viele kleine
Tierchen und Büsche. Die Sonne blinzelt ganz leicht über der Bergkette im Osten auf die
Spitzen der Dünen. Wir erleben ein einzigartiges Licht-, Farben- und Schattenspiel!
Zwischendurch leuchten die Dünen sogar rosa unter einem türkisfarbenen Himmel. Die Sonne
war noch nie so strahlend. Es hat sich wirklich gelohnt hier zu übernachten und früh
auszustehen. Nach einiger Zeit füllt sich die Dünenlandschaft mit ein paar Touristen, u.a. ein
japanisches
Brautpaar.
Es
werden Fotos geschossen für das
Hochzeitsalbum. Das Paar ist
bestimmt in der Nacht von Las
Vegas hier her gefahren um
diese Momente einzufangen.
Nun wird die Sonne wieder
unerträglich stechend und so
flüchten wir zurück in unser
klimatisiertes
Motelzimmer,
duschen und frühstücken im
General Store mit kräftigem
Kaffee und leckeren Muffins in
gemütlichen Schaukelstühlen.
Wir müssen Abschied nehmen
von diesem gigantisch schönen National Park und erklimmen einen kleinen Pass, der uns in
das nächste Tal bringen wird. Wir sind auf 1500 hm und das Thermometer sinkt von 40°C auf
erfrischende 28C°. Frank hält an, um das Verdeck zu öffnen. Wir können wieder oben ohne
cruisen. Das gemütliche Cruisen wird unterbrochen von tausenden Dipps der Straße, die den
Magen hüpfen lassen. Es ist wie in einer Achterbahn. Nächster Halt: Father Crowley Vista
Point. Man hat einen schönen Blick in einen Canyon auf buntes Gestein: braun, rot, schwarz.
Plötzlich hören wir ein Pfeifen und im blauen Himmel in der Ferne sehen wir einen kleinen
schwarzen Punkt genau auf uns zu fliegen. Uns wird ganz schnell klar: das kann nur ein
Kampfjet der US Air Force sein, die im nahe gelegenen Owens Valley einen Stützpunkt hat.
Bald kann Frank sogar erkennen, dass es eine Hornet sein muss. Und dann knallt der Jet
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direkt an uns vorbei in den Canyon hinein! Wow! So nah habe ich das nicht erwartet.
Spektakulär! Wir haben uns gerade wieder beruhigt, da kommt der nächste Jet und kurz
darauf wieder einer. Die Show hört gar nicht auf. Wir fahren weiter auf einer schnurgeraden
Straße in Richtung Owens Valley, Lone Pine. Ich erkenne wieder einen Jet in der Ferne, der
direkt auf uns zu hält und schätzungsweise in 50 m Höhe über uns hinweg donnert.
Wahnsinn! Unglaublich ist auch der Blick in das Owens Valley und auf die dahinterliegende
Sierra Nevada. Mount Whitney, der größte Berg der USA außerhalb Alaskas mit 4421 m, ist
deutlich auszumachen. Auch erkennt man den ausgetrockneten Salzsee Owens Lake. Unten
im Grabenbruch, der durch tektonische Erdbewegung entstanden ist, angekommen, wird
aufgetankt und auf dem berühmten Highway 395 in Richtung Süden gefahren. Dann biegen
wir in Richtung Westen ab auf die CA178 über den Walker Pass, der uns zum Isabella Lake
führt. Das Klima ist hier herrlich aushaltbar und wir fahren an den ersten Wäldern nur aus
Joshua Trees vorbei bis die Wüstenlandschaft aufhört und in einen Kieferwald übergeht. Auch
Tujas und die ersten Sequoias (Bergmammutbäume) sind zu entdecken. Am See angekommen
bin ich etwas enttäuscht. Ich hätte mir mehr Erholungsinfrastruktur erhofft mit Zugang zum
See, Picnicplätzen, General Stores. Naja, so sind die Amis. Sie haben in ihren RVs immer
alles dabei und heizen mit den Wasserjets über den See. Wir biegen ab auf die CA155 entlang
des Kern Rivers. Die Straße ist sehr eng geworden und ein kleiner Pass schlängelt sich durch
den Sequoia National Forest mit unzähligen Kurven. Frank freut sich wie ein Schneekönig
und driftet mit dem Mustang mit Heckantrieb um jede einzelne Kehre. Wie gut, dass wir die
einzigen hier auf der Straße
sind. Die Landschaft ändert sich
wieder und wir fahren durch
goldene Hügellandschaften mit
runden Felsen wie im Joshua
Tree NP. Wir kommen an
Mustangherden (dieses Mal
Pferde) und Ölbohrtürmen
(typisch für Kalifornien) vorbei
und tauchen ein in ein Meer aus
Weinanbaugebieten bis Tulare,
wo wir gestern Abend die
nächste Nacht gebucht haben.
Es hängen dicke, fette, rote
Trauben an den Bäumchen. Heute sind wir wirklich eine Mammutstrecke gefahren und haben
trotzdem unheimlich viel erlebt und die verschiedensten Landschaftsbilder gesehen. In Tulare
angekommen wird uns ganz schnell klar, dass die Stadt von Mexikanern geprägt ist. Ungefähr
die Hälfte der Einwohner sind Latinos. Wir steuern einen Supermarkt an, der mal nicht zu
einer typisch amerikanischen Kette gehört. Im Innern ist dieser bunt geschmückt, wie
wahrscheinlich die Supermärkte in Mexico. Auch das Sortiment ist für USA ungewöhnlich.
Wir finden Brote belegt mit fettiger Salami und scharfen Jalapenos. Das reicht uns. In den
Straßen der Stadt auf den Weg zum Red Roof Inn, unserem nächsten Motel, müssen wir
feststellen, dass sehr viele Menschen obdachlos sind und ihre Habseligkeiten in
Einkaufswägen durch die Stadt schieben. Auch das Motel macht keinen besonders
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einladenden Eindruck. Am Pool quatscht uns eine Frau voll, die wohl aus Tulare stammt, mit
Horrorgeschichten aus dieser Stadt. Diese Nacht machen wir kein Auge zu. Frank
verbarrikadiert die Tür mit Möbeln und wacht über uns. Das ist der Nachteil, wenn man ein
Motel vorbucht. Man kann nie wissen wo man landet. Ich kann Tulare als Übernachtung nicht
empfehlen.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Donnerstag, 18. September 2014
Wie befürchtet verbringen wir eine schrecklich kurze Nacht. Um 7:00 verlassen wir das Motel
und steuern den nächsten Starbucks an um einen ordentlichen Kaffee und süße Muffins für
ein gemütliches Frühstück im offenen Cabrio zu ergattern. Frischkäse-Kürbis-Muffin ist mein
Favorite! Bei 22°C um 7:00 Morgens cruisen wir in Richtung Sierra Nevada zum Sequoiaund Kings Canyon National Park. Auf dem Hwy 198 nach Visalia reihen sich riesige Oilvenund Limonenplantagen aneinander und dahinter ragt eine goldene Hügellandschaft (golden
foothills) auf. Überall spenden Zypressen und Palmengärten Schatten. Dieses Tal heißt San
Joaquin Valley. Hier werden vor allem Mandeln, Wein, Baumwolle, Tomaten und
Zitrusfrüchte angebaut. Ein Garten Eden mitten in einem ausgetrockneten Tal. Dann geht es
bergauf, wir fahren durch eine Landschaft von großen Gesteinsbrocken, Nadelbäumen und
vertrockneten Zwergeichen und betreten dann den Sequoia NP. Er wurde schon 1890
gegründet und schützt einen Riesenwald von Bergmammutbäumen, den Sequoias. Auch der
höchste Berg der USA außerhalb von Alaskas befindet sich hier: Mt Whitney mit 4418 m.
Am Parkeingang weist ein Schild daraufhin, dass es verboten ist mit Waffen zu schießen, und
genau um dieses Schild tummeln sich die ersten
Maultierhirsche. Wie wenn sie lesen könnten! Unser erstes
Ziel ist der Moro Rock. Es ist ein domförmiger
Granitmonolith, 2050 m hoch und prägt das
Landschaftsbild des Parks enorm. Wir erklimmen ihn über
eine sehr steile Treppe, die in den Stein hineingehauen
wurde und erhalten oben angekommen eine tolle Aussicht
über die Sequoia Wälder (die Mammutbäume erkennt man
ganz einfach, da sie alle anderen Bäume überragen und
eine zimtfarbene Rinde haben), die Täler und das
Hochgebirge. Das nächste Highlight ist ein alter
umgestürzter Mammutbaum, durch den man durchfahren
kann. Irgendwer hat ein riesiges Loch in den Stamm
gesägt. Er wird Tunnel Log genannt. Natürlich muss ich
aus dem Auto rausspringen und dieses Spektakel
fotografieren. Voll verrückt! Auf geht’s zur nächsten Wanderung, der uns zum Tharp Log
führen wird. Es geht zunächst an einer wunderschönen Wiese (crescent meadow) vorbei um
die zahlreiche Mammutbäume stehen und deren Rinde durch die Sonne im tiefsten Kupferrot
leuchten. Am Wegesrand werden wir von vielen Streifenhörnchen und weiteren
Maultierhirschen mit großen Schlappohren begrüßt. Das ist der Vorteil, wenn man in den
USA zum Wandern geht: man ist nahezu allein, da kaum ein Ami-Tourist wandert, und hat
somit eine hohe Chance viele Tiere zu sehen. Dann erreichen wir den Tharp Log. Es ist ein
Baumstamm eines Mammutbaumes, der nach dem Pionier H. D. Tharp benannt wurde. Tharp
war der erste Pionier, der den Giant Forest 1858 besuchte und in diesem ausgehöhlten
Baumstamm jeden Sommer lebte bis der Wald zum National Park 1890 wurde. Auf den
nahegelegenen Wiesen hielt er seine Nutztiere. Die „Hütte“ ist natürlich sehr rustikal
eingerichtet mit Bett und Tisch (alles aus dem Baumstamm heraus geschnitzt, hat aber einen
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Kamin aus Steinen und ein Fenster mit Sonnenschutz. Wir nutzen das schattige Plätzchen und
packen unsere Brotzeit aus, die wir am Tag zuvor in einem knallbunten mexikanischen
Supermarkt in Tulare gekauft haben. Das Sandwich ist üppig belegt mit Schinken, Käse, Salat
und sehr scharfer Jalapeno. Auf einmal raschelt es hinter uns. Wir haben ein auf dem Kamin
schlafendes Murmeltier geweckt. Riesig, wie die Bäume um uns herum. Wieder zurück am
Auto machen wir uns zum nächsten Trail auf, der uns zu weiteren wunderschönen Wiesen
und Sequoias führen wird. Ich fahre und blamiere mich, da ich mich noch nicht ganz an die
Automatik gewöhnt habe. Der Mustang will einfach nicht angehen, so wie ich es will. Ich
vergesse jedes Mal, dass man beim Anlassen des Motors die Bremse betätigen muss. Dafür
amüsieren sich die Straßenbauarbeiter. Der Giant Trees Trail geht um eine große Wiese
herum, welche gesäumt ist von wunderschönen Exemplaren der Bergmammutbäume. Durch
die Waldlichtung hat man einen klasse Blick auf deren ganze Pracht. Sequoias gehören zu den
Zypressengewächsen und kommen an den Westhängen der kalifornischen Sierra Nevada vor.
Sie können bis zu 95 m hoch werden und haben an der Stammbasis einen Rekorddurchmesser
von 17 m. Die bis zu 75 cm dicke, harzfreie Borke schützt den Baum vor Waldbränden, die in
der Sierra Nevada sehr häufig vorkommen. Ein weiterer Trail führt zum größten Baum auf der
ganzen Welt bzgl. des Volumens: der General Sherman Tree. Er ist knapp 84 m hoch, hat
einen Umfang von 31 m und fasst ein Volumen 1487 m3. Man kann ihn gar nicht auf ein Foto
fassen, da er versteckt ist in einer Grove. Seine Ausmaße erkennt man jedoch an dem langen
Abstieg zur Basis, welcher stets entlang des Stammes geht. Genug gewandert, wir genießen
mit unserem sportlichen Cabrio die kurvenreiche Strecke auf über 2000 hm, die ein Traum für
jeden Motorradfahrer sein muss. Wir betreten den Kings Canyon und stürzen uns in eine
aufregende Passstraße hinein in die Schlucht, die einer Achterbahnfahrt gleicht. Da ich
beschäftigt bin mit Festhalten, gibt es kaum Bilder von diesem Trip. Der Kings Canyon NP
wurde 1940 gegründet und 1943 mit dem Sequoia vereint. Er schützt die tiefe Canyon-Welt.
Nach einem sehr langem Tag
erleben wir auf der Fahrt nach
Fresno, wo wir die nächste
Nacht in einem Motel gebucht
haben,
einen
herrlichen
Sonnenuntergang
über
der
entfernten Coast Range und
fahren wie morgens schon durch
goldene Hügel und saftigen
Obstplantagen. Die Sonne ist
tief orange und wird geschmückt
von einem pinken äußeren Ring.
Unser Motel hat den Charme der
60er Jahre durch das Mobiliar,
ist zum Glück in einem sicheren und etwas touristischeren Viertel. Unsere schweren Beine
strecken wir am Pool aus und wir gönnen uns wie immer ein leckeres Bier.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Freitag, 19. September 2014
Jetzt sind wir so weit weg vom Death Valley und trotzdem wache ich schweißgebadet nachts
auf. California bakes! In einem sterilen, etwas heruntergekommenen Frühstücksraum machen
wir uns über das typische Motelfrühstück her: Toast, Jam, dünner Kaffee und dieses Mal gibt
es vorgefertigte Waffeln, welche man in den Toaster steckt und dann mit Ahornsirup ertränkt.
Gestärkt machen wir uns auf zum Yosemite National Park in der Sierra Nevada über
Oakhurst, den wir vor 5 Jahren während unserer aller ersten USA-Reise kennen und lieben
gelernt haben. Bevor wir den Park betreten, machen wir einen kurzen Halt bei der Yosemite
Mountain Sugar Pine Railroad. Es handelt sich um eine Schmalspureisenbahn mit einer
imposanten Dampflok. Wir haben Glück: die Dampflock steht abfahrbereit in dem Bahnhof
und hüllt die Gegend in weißen Dampf. Ende des 19. Jahrhunderts diente die Eisenbahn den
Holzunternehmen in der Sierra Nevada. Sehr beeindruckend. Wir möchten aber so früh am
Morgen den Zauber des Tals des Yosemite NP einfangen und machen uns auf in den Park
zum Tunnel View. Yosemite NP wurde 1890 gegründet und wurde 1984 zum UNESCOWeltnaturerbe erklärt. Yosemite zeichnet sich aus durch eine überwältigende
Granitlandschaft, Riesenmammutbäume, Wasserfälle und idyllischen Wiesen. John Muir, ein
schottischer Geologe, sagte einmal: „Kein Tempel von Menschenhand kann sich mit
Yosemite messen.“ Wie wahr, wenn man seinen Blick am Aussichtspunkt Tunnel View über
das Yosemite Valley schweifen lässt, welches wie heute ganz früh morgens in einen ganz
dünnen Nebel eingehüllt ist. Wir müssen nur die anderen Touristen ausblenden! Hier im Tal
ist selbst schon in der Früh die Hölle los. Wir genießen den spektakulären Ausblick auf den
bei Kletterern bekannten El Capitan, ein Monolith, der 1000 m aus dem Tal herausragt. Das
Wahrzeichen des Parks, der Half Dome, versteckt sich noch hinter dünnem Dunst. Das ist ein
1459 m hoher Granitblock, der von Gletschern gespalten und zerfurcht wurde. Wir werden
ihn während dem Tag noch aus anderen Blickwinkeln betrachten können. Da Frank und ich
vor 5 Jahren hauptsächlich das Tal, Glacier Point und die Mariposa Grove angeschaut haben,
zieht es uns heute auf die Tioga Pass Road, die uns in das Owens Valley führen wird. Die
Passstraße ist für amerikanische Verhältnisse anfangs ziemlich eng und kurvig. Ich genieße
die weiten Blicke über die sagenhafte Granitlandschaft und Frank kostet den Motor aus. Die
riesigen Granitplatten blenden uns wie Schnee. Unsere Wanderung heute wird uns zum May
Lake führen. Wir biegen von
der
Passstraße
in
eine
Stichstraße ein mit tausenden
Schlaglöchern
bis
zum
Wanderparkplatz.
Armer
Mustang! Der May Lake gilt als
Geheimtipp am Fuße des Mt
Hoffmann
und
bietet
unglaubliche Fernsichten. Auf
geht’s! Der Weg ist zwar nur 4
km und wir müssen nur 250 hm
überwinden,
wartet
aber
wirklich
mit
unerwarteten
Aussichten auf uns. Man muss
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
einen kurzen Abstecher vom eigentlichen Weg machen und taucht ein in Yosemite! Dort oben
herrscht ein super heftiger Wind. Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu Boden gehe. Aber so
eine Aussicht auf eine nie enden wollende Berglandschaft habe ich noch nie gesehen! Wieder
auf dem engen und steilen Weg werden wir überholt von einigen Reitern, die zum Zeltcamp
an dem See wollen. Am See angekommen streifen wir an dem Zeltcamp vorbei und
beobachten zwei Mädels, ein Pferd und eine Kamera. Das Model ist nackt und nur durch die
langen braune Haare bedeckt. Ihre Freundin schießt Fotos von ihr und dem Pferd. Die beiden
haben wohl nicht mit anderen gerechnet. Der May Lake ist ein malerischer, kleinerer See, der
jede Schweißperle wert war. Wir machen Brotzeit am Ufer des Sees und Frank passt auf, dass
wir von keinem Bären überrascht werden. Auf einem umgestürzten Baumstamm im See lasse
ich mir die Sonne in mein Gesicht strahlen. Wieder am Auto angekommen steuern wir
Olmsted Point an. Es ist einer der beliebtesten Aussichtspunkte auf der Tioga Road und bietet
einzigartige Ausblicke in den Tenaya Canyon und auf den weltberühmten Halfdome.
Dementsprechend sind wir nicht alleine und die besten Aussichtspunkte sind von Horden
junger Menschen belagert, die in Bussen angekommen sind und lauter Selfies schießen und
den Halfdome eigentlich nur durch die Linse kennen, ihn aber nicht wirklich in Ruhe
genießen. Frank relaxt im Auto
und ich mache mich auf einen
kurzen Abstecher zu einem
weiteren
versteckten
Aussichtspunkt,
was
sich
wirklich bezahlt macht. Abseits
der anderen Touristen begrüßen
mich
sogar
wieder
Streifenhörnchen und posieren
für ein Foto vor dem
meistfotografierten
Monolith.
Wir cruisen die Passstraße
weiter bis zu den Tuolomne
Meadows. Es ist eine riesige
Wiese, die vor Millionen Jahren
von einer 600 m dicken Eisschicht bedeckt. Nachdem wir uns im Visitor Store mit heißem
Kaffee und süßem Eis gestärkt haben, machen Frank und ich uns auf einen kurzen Roundtrip
zu den Soda Springs. Hier blubbert aus kleinen Wasserlöchern CO2 aus der Erde heraus. Auf
diesen Quellen hat sich ein öliger Film gebildet und es schwimmen schon kleinste Kristalle
von Kalk auf der Oberfläche. Wie wir später lernen werden, sind auch so die Tufa-Felsen im
Mono-Lake entstanden. Auf dem Rückweg genießen wir den weiten Blick über die Wiese auf
die vielen Granitdome des Parks, überwinden dann mit dem Auto die Passhöhe von 3050 hm
und rollen hinab bis zum Mono-Lake. Dieser See ist ein Natronsee und die Tiere und Pflanzen
haben sich an den hohen Salzgehalt (Carbonate) und den hohen pH Wert (9,8) angepasst. Die
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
bizarren Tufa-Felsen waren mal unter Wasser. Die fremde Gestalt hat der See aufgrund des
Los Angeles Aquädukts, welches 1941 gebaut wurde um LA mit Trinkwasser zu versorgen.
Wir steuern den südlichen Teil des Sees an, da hier ein Lehrpfad eingerichtet wurde, der uns
alles Wissenswertes erzählen wird. Als wir aussteigen, riecht es auch schon nach Salz! Wir
spazieren durch gelb-blühende Büsche und kommen pünktlich zum Sonnenuntergang am See
mit seinen berühmten Felsen an. Ich stelle fest, dass das Ufer mehrere Meter breit von
schwarzen Fliegen im Wasser bevölkert ist. Pfui! Wie das aussieht. In diesem
Fliegenschwarm schwimmen Vögel, welche die Fliegen fressen. Bäh! Den schwarzen Vögeln
und den Fliegen macht das alkalische Wasser überhaupt nichts aus. Die langsam untergehende
Sonne taucht die weißen Kalktuff-Felsen in verschiedenste Farben: gelb, orange und hellrot.
Was für Photos! Um den See herum entdecken wir noch viele Lavadome, die auf den
Vulkanismus der Region hinweisen. Puuuuhhhh, ein sehr langer, ereignisreicher und
lehrreicher Tag geht vorbei. Wie gut, dass ich schon von zu Hause eine Hütte im nächsten Ort
Bridgeport reserviert habe, die Big Meadow Lodge. Sie besteht aus mehreren kleinen
Fischerhütten und das Office ist in einem alten Wohnwagen zu finden. Das Innere der Hütte
ist sehr gemütlich eingerichtet
und
mit
Fischerutensilien
dekoriert. Wir genießen mal
wieder ein kühles Pale Ale vor
unserer Hütte, bewundern den
roten Sonnenuntergang und
beobachten die anderen Gäste
der Lodge, die nur Männer sind
und
höchstwahrscheinlich
zusammen morgen früh fischen
gehen. Abendessen gehen wir in
Bridgeport
in
einer
gut
besuchten, rustikalen Kneipe
und essen ein Salat mit
Hähnchen, knusprig gebratenen
Bacon und blue cheese. Als wir zurück zur Hütte fahren merken wir, wie stark die Luft hier
abgekühlt hat. Diese Nacht werden wir Frost haben!
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Samstag, 20. September 2014
Wie vermutet: heute Morgen müssen wir unser Auto freikratzen. Es ist 6:30 und wir haben
0°C! Wir sind auf 2000m Höhe. Es ist noch ganz still, keine Wolke am Himmel. Es scheint
ein wunderschöner Tag zu werden! Dick eingepackt schlürfen wir unseren Kaffee und
knabbern Peanutbuttercakes, die in unserer Hütte als Frühstück bereit liegen. Die Berge hier
hinter den Hügeln erinnern uns an die Dolomiten und werden von der Sonne rot angestrahlt.
Heute geht es zum Lake Tahoe. Während der Fahrt dorthin zieht die Landschaft wie in einem
Cowboyfilm an uns vorbei. Leider ist der Pass, der uns über die Bergkette zum Lake Tahoe
führen sollte, gesperrt und so müssen wir einen kleinen Umweg machen. Endlich haben wir
Sicht auf das tiefe Blau des riesigen Sees. Die Straße führt uns direkt am See hoch oben
entlang bis nach South Lake Tahoe. Dort angekommen machen wir einen kleinen Spaziergang
zum Sandstrand und wir haben Glück, gerade fährt der bekannte Schaufelraddampfer, die
„Tahoe Queen“, am Pier ab. Lake Tahoe liegt in der Sierra Nevada auf 1900 m Höhe. Er ist
501 m tief. Er liegt in einer
romantischen Gebirgslandschaft
in
wohlduftenden
Kiefernwäldern. Wir haben uns
eine Wanderung im Emerald
Bay State Park vorgenommen
und obwohl Wochenende ist
und viele Amis hier einen
Ausflug machen, haben wir
Glück und finden einen
Parkplatz am Straßenrand. In
dieser Bucht befindet sich auch
die einzige Insel des Sees, die
Fanette Island. Der Wanderweg
runter zur Bucht geht entlang eines sehr steilen Weges bergab und wir bewundern das blaue
und türkisfarbene Wasser unter uns. Die „Tahoe Queen“ hat das gleiche Ziel wie Frank und
ich heute: sie trifft witziger Weise zur gleichen Zeit hier in der Bucht ein wie wir. Welch` ein
romantischer Anblick. Unten angekommen relaxen wir im warmen Sand des goldfarbenen
Strands. Heute hatten wir beim Sandwichkauf richtig Glück und konnten uns ein italienisches
Baguette mit Parmaschinken, Mozzarella und Peperoni ergattern. Hmmmm, richtig lecker!
Nach zwei Stunden Sonnen keuchen wir den steilen Weg wieder hinauf und machen uns auf
in Richtung Truckee. Die restliche Fahrt entlang des Sees fällt uns auf, dass auffällig viele
Rennradler und Mountainbiker unterwegs sind. Ein Plakat weist uns darauf hin, dass morgen
ein IRONMAN stattfindet  Hier können wir auch mal im Radelurlaub hin  Truckee ist
eine Kleinstadt und geschichtlich bedeutend. 1846 waren Siedler von Illinois auf den Weg in
den Westen, die Donner Party, und wurden von einem Schneesturm überrascht. Sie steckten
bei Truckee auf dem Pass fest. Kurz bevor sie verhungerten, kam es zum Kannibalismus.
Frank und ich spazieren durch den schönen Altstadtkern, schlendern an den Schaufenstern
vorbei und entdecken eine typisch amerikanische Eisdiele aus den 50er Jahren. Frank nimmt
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
eine riesige Kugel Chocolate
Chips und ich schlecke eine
herrlich cremige Chocolate
Peanut Butter – Kugel. Wir
genießen das Treiben in den
Cafés, so untypisch für den
Westen, und freuen uns über
einen vorbeifahrenden
und
hupenden Zug. Danach fahren
wir
stundenlang
durch
Kiefernwälder, an Wiesen und
Bächen vorbei entlang einer
Bahnlinie, einmal quer durch
Plumas County bis Chester. Hier
steuern wir die Cedar Lodge an, wo ich morgens ein Zimmer für uns reserviert habe. Im
Office heißt uns nicht nur der Besitzer willkommen, sondern begrüßt uns auch der Sheriff des
Dörfchens. Dieser ist gerade an einem Fall dran und hat soeben eines der Zimmer kontrolliert.
Der Besitzer ist sehr herzlich, nennt mich dauernd Darling und gibt uns ein im italienischen
Stil dekoriertes Zimmer. Hier in Chester gibt es auch einen ganz tollen Burger-Laden, in dem
eine schöne alte Modelleisenbahn im Schankraum an der Decke entlang fährt. Die Besitzer
freuen sich über uns Touris (ich glaube wir sind eine der wenigen in der letzten Zeit, etwas
verschlafen hier) und bereiten uns ganz wunderbare Burger zu mit saftig frittierten
Onionrings. Die Burger dürfen wir selber belegen und freuen uns, dass wir sie draussen in
einer lauen Sommernacht geniessen können. Wenn nur nicht die Mücken wären…
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Sonntag, 21. September 2014
Um 6:30, nach 9,5 Stunden Schlaf (hier geht man früh ins Bett), wachen wir auf und stellen
fest, dass es ganz leicht nieselt. Das erste Mal . Auf dem Weg zum Lassen Volcanic
National Park, entdecken wir in den Wäldern eine Horde von wilden Truthähnen. Der
National Park wurde 1916 gegründet und gehört noch zu der Cascade Range mit dem
südlichsten Vulkan. Zu dieser Bergkette gehört auch der Vulkan Mount St. Helens, den wir
2012 besuchten. Hier warten auf uns Fumarole, kochende und stinkende Schlammlöcher und
auch heiße Quellen. Zwischen 1914 und 1921 kam es hier zu vielen heftigen Eruptionen,
Lassen Peak spie Rauch und Asche und 1915 explodierte sein Gipfel. Seit 1921 verharrt der
Vulkan und die Natur kann sich erholen. Wissenschaftler untersuchen das Gebiet um
Rückschlüsse auf die Natur rund um den 1980 explodierten Vulkan Mount St. Helens zu
machen. Lassen ist eines der größten Lavadome der Welt und steht auf den Resten des
Vulkans Tehama, der vor 600.000 Jahren in sich zusammen brach und eine riesige Kaldera
hinterließ, in der wir nun mit dem Auto herum cruisen und wandern werden. Super
interessant. Als wir den Park betreten ist es 8:00 morgens, das Visitor Center hat noch
geschlossen, aber es ist früh genug um eine erste Wanderung in Einsamkeit zu machen. Diese
beginnt am Parkplatz von Sulphur Works und wird uns zu den Ridge Lakes führen. Aber
erstmal hängen wir unsere Nase in die stinkenden Schwefelschwaden, lassen uns heiße Luft
von den Fumarolen ins Gesicht pusten und staunen über die bunten Farben rund um das
Gebiet. Hier schlug auch das Herz des Mt Tehamas. Der Aufstieg zu den Ridge Lakes ist sehr
steil. Das Vogelgezwitscher und die schöne Natur lenken uns von der Anstrengung ab. Oben
angekommen, warten zwei kleine, ruhig gelegene Seen auf uns, in dessen Gewässern sich die
umliegenden Bergspitzen spiegeln. Die Berge hier sind noch recht kahl, nur lichte
Nadelwälder heben sich von der
kargen Vulkanlandschaft ab.
Auch hier oben um die Seen gibt
es
kleine
rumorende
Schlammlöcher. Bergab geht es
schneller und wir genießen die
herrlichen Ausblicke von der
Bergstraße aus. Nächster Halt:
Bumpass Hell. Zu Beginn des
Wanderweges weißt uns eine
Tafel auf die Überreste des
Mount Tehama hin und wie man
die Überreste zusammenfügen
muss um den ehemaligen
Vulkan und seine immense Größe sich vorstellen zu können. Dann geht es auf einem leichten,
felsigen Weg zum Highlight des Parks: ein Plankensteg, der uns an zahlreichen Fumarolen
(die heißesten der Welt), Schlammlöcher, Schwefeldampf und bunten heißen Quellen vorbei
führt. Stechendgelbe Schwefelkristalle hängen in den Erdlöchern. Ich hoffe, dass wir all den
Gestank wieder aus den Klamotten bekommen. Überall wuseln Eichhörnchen um uns herum.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Das ganze Gebiet sieht aus wie eine pastellenen Farbpalette eines Künstlers. Beim Rückweg
haben wir einen guten Blick auf Lassen Peak. Nach 2 ausgedehnten Spazierwegen knurrt uns
der Magen. Die Sonne scheint und wir entschließen ein ausgedehntes Picknick am Ufer des
Summit Lakes zu machen. Es gibt leckere Roastbeef-Sandwiches und einen Nudelsalat mit
Oliven und Artischocken. Nach dem Festmahl dösen wir in der Sonne und ich hänge meine
Füße in den erfrischenden See. Beobachtet werden wir von einem leuchtend blauen
Diademhäher, Stellers Jay. Gestärkt und ausgeruht informieren wir uns auf einem kleinen
Lehrpfad am Fuße des Vulkans über den Ausbruch von 1914 /1915: devastated area. Überall
liegen schwarze, mehreckige Felsen herum. Zum Abschluss halten wir am Manzanita Lake an
und spazieren um den See herum. Zahlreiche Vögel begleiten uns wieder, zwei Fischerboote
auf dem See sind unterwegs und immer wieder öffnet sich der Blick auf den Vulkan über dem
See. Natürlich fehlen die Squirrels nicht! Am Campingplatz trinken wir einen heißen Kaffee
und mampfen Cranberry-Muffins. Die weitere Fahrt entlang der CA-89 führt uns wieder
durch einen nie enden wollenden Kiefernwald, der hin und wieder abgebrannte Flächen
aufweist. Kurz vor Weed, unserem nächsten Nachtlager, dominiert der Vulkan Mount Shasta
die Landschaft und zieht unsere Blicke in den Bann. Wir übernachten im Sis Q Inn und unser
Motelzimmer hat sogar Blick auf den Vulkan. Furchteinflössend. Der Vulkan ist 4322 m hoch
und der zweithöchste Berg des Kaskadenrange und auch der zweithöchste Vulkan der USA.
Der Gipfel ist bedeckt von sechs Gletschern, die man sogar von hier unten aus sieht. Der
Vulkan hat eine magische Anziehungskraft schon immer auf die Menschen hier gehabt. Erst
auf die Natives, dann auf Hippies und nun auch auf uns. Na dann, gute Nacht!
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Montag, 22. September 2015
Zum Sonnenaufgang sind wir im kleinen Office des Motels beim Frühstück mit Kaffee und
kleinen süßen Quarkstückchen und bewundern den mystischen Mount Shasta. Der Gipfel ist
heute Morgen fast wolkenfrei, bis auf eine seltsam anmutende Wolke, die wie ein Ufo
aussieht. Frank meint, dass sie einer Föhnwolke ähnelt. Oder doch ein Ufo? Heute fahren wir
in einen für uns neuen US-Staat, nach Oregon, und werden im Crater Lake National Park
wandern. Ich freue mich sehr darauf, da wir von einigen Amis mitbekommen haben, dass
dieser NP einer der beliebtesten ist bei den Einheimischen. Zunächst fahren wir die I-5
entlang nach Medford. Der Vulkan ist super lange zu sehen, da er in der Umgebung alles
überragt. Aus dem Auto heraus mache ich wunderschöne Bilder von dem Berg in der frühen
Morgenstunde. Es geht weiter durch goldene Hügel- und Berglandschaft auf einer
Achterbahn. Frank beschließt kurzfristig in Medford das weiße Auto mal zwischendurch zu
putzen, damit es auch weiterhin auf den Fotos so schön aussieht. Wir steuern einen großen
Carwash an und Frank freut sich auf Ami-weise das Cabrio gründlich zu waschen. Dann geht
es weiter auf einer ewigen Fahrt durch einen nicht enden wollenden Wald entlang von Flüssen
zum Crater Lake. Es ist ein Kratersee des Vulkans Mount Mazama und gehört zum
Kaskadengebirge, wie auch der Lassen Peak und Mount St. Helens. Vor knapp 8000 Jahre
brach Mount Mazama aus und stürzte schließlich in sich zusammen. Er hinterließ eine
Kaldera mit einem Umfang von 35 km. Über Jahrhunderte sammelte sich Schmelz- und
Regenwasser in den Krater an und so entstand nun das Wahrzeichen des Parks mit dem
tiefblauen Wasser. Der See liegt auf 1883 m über dem Meeresspiegel und ist der zweittiefste
See der USA mit 594 m. In unserem Reiseführer steht, dass kaum jemand den ersten Anblick
von Crater Lake an einem klaren Sommertag vergessen wird. Und so ist es auch! Aber dazu
später. Unser erster Halt ist der Parkplatz vom Godfrey Glen Trail. Es ist ein sehr leichter und
kurzer Pfad durch einen alten Wald entlang eines sehr engen und tiefen Canyons, der Munson
Creek und der Annie Creek Canyons. Es wachsen hier herrlich duftende Nadelbäume, wie
zum Beispiel Gebirgshemlocktannen und Shasta-Rottannen. Die Erde besteht hauptsächlich
aus grauer Asche, zumindest sieht es so aus, und Frank hält Ausschau nach Bärenspuren.
Erfolglos. Dafür haben wir wunderschöne Ausblicke auf Godfrey Glen, ein Bilderbuchtal mit
zwei dahinplätschernden Bächen und grünen Wiesen in einer staubigen Landschaft. Nun geht
es
aber
endlich
zum
zauberhaften Crater Lake. Next
Stop:
Rim
Valley!
Wie
versprochen haben wir einen
unvergesslichen Ausblick auf
den tiefblauen Kratersee, wie
wenn ein Tintenfass hinein
geleert wurde. In dem alten
Krater entstehen zwei neue
Krater, wobei einer unterhalb
der Wasseroberfläche noch ist
und der andere schon sehr gut
sichtbar ist und Wizard Island
getauft wurde. An diesem
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Aussichtspunkt ist sehr viel los mit Reisegruppen. Frank und ich finden ein ruhiges Plätzchen
direkt am Rand des Kraters, machen Brotzeit und schießen witzige Fotos, wie Frank das Loch
der Wizard Island zuhält. Wir lernen, warum das Wasser so blau ist: es enthält kaum
Mineralien und ist sehr sauber. Trifft Sonnenlicht auf den tiefen, sauberen See, werden alle
Wellenlängen absorbiert bis auf blau. Hier dringt das Licht bis zu 140 m tief in den See ein.
Sehr selten. Neu gestärkt zieht es uns zum Watchtower, wo wir uns erstmal einen sehr steilen
Pfad eine ¾ Meile hinauf quälen. Oben angekommen haben wir einen einzigartigen
Rundumblick und können auch mal einen der vielen Wachtürme anschauen, von denen die
Ranger bis zu 100 km weit sehen und Waldbrände melden können. Endlich können wir
mittels Panorama-Aufnahme die Schönheit und Weite der Caldera aufnehmen. Außerdem
kann man von hier oben zig weitere Vulkane sehen. Wir kommen mit einem sehr netten
älteren Ehepaar ins Gespräch, die aus den USA sind, viel herum reisen und natürlich auch
Deutsch können. Sie sind seit 12 Monaten nun schon unterwegs. Das möchten wir auch in der
Rente tun! Bergab beginnen Frank und ich uns unsere Rente mit den schönsten Reisen zu
träumen. Zurück in der Realität geht es weiter zum Cleetwood-Cove Trail. Es ist der einzige
Weg, der uns zum Wasser hinunter führend wird. Mal wieder liegt ein super steiler Weg vor
uns und so langsam brennt die Sonne wieder auf uns runter. Unsere Füße brennen nun,
können sie aber im kalten See abkühlen. Neben uns springen viele junge Leute von einem
Cliff in den See runter. Mutig! Wir verabschieden uns vom schönsten See der USA und
steuern Roseburg an. Mal wieder liegt eine meilenweite Fahrt durch Kiefernwald vor uns
entlang eines Wildwasserflusses. Zwischendurch gibt es Cranberry-Muffins und langsam
ziehen Wolken auf, wie Frank es schon in der Wettervorhersage gesehen hat. Wir steuern in
Roseburg das America´s Best Value Inn an, beziehen ein bescheidenes Zimmer und suchen
uns ein nettes Restaurant. Wir finden einen alten Bahnhof, in dem ein klasse, uriges
Restaurant sich befindet: das Mc Menamins. Es ist eines von mehreren Pubs mit
angeschlossener Brauerei im Nordwesten der USA, die irische Eintöpfe und leckere Biere
anbieten. Uns gefällt es hier sehr gut und das IPA ist unheimlich lecker! Wir essen
Tomatensuppe aus frischen Tomaten. Ich bestelle ein Beef Stew mit Hase und Frank nimmt,
da der Pazifik nun wirklich nicht mehr weit ist, Fish `n`Chips. Geht es uns gut!
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Dienstag, 23. September 2014
Nach einem Zuckerschockfrühstück haben wir wie so oft schon eine laaaange Fahrt durch
einen herbstlich anmutenden Wald entlang eines Wildwasserfluss vor uns. Der Himmel ist
stark bewölkt und ersten Nebelschwaden ziehen vom Pazifik ins Land. Der Fluss heißt
Umpqua River und entspringt in der Nähe des Crater Lakes. Die ersten Waipiti-Herden
tauchen am Waldrand auf. In Reedsport angekommen besuchen wir zunächst das Oregon
Dunes Info Center, wo wir uns Tipps für die großen Sanddünen am Pazifik holen und noch
ein paar Wanderkarten mitnehmen. Ein paar Läden um die Ecke finden wir einen uralten
Diner, in dem nur alte Leute sitzen und Frühstücken. Wir holen uns nochmal einen etwas zu
dünnen Kaffee und kosten einen der selbstgemachten Cookies. Die Dünenlandschaft an der
Pazifikküste erstreckt sich über 50 km, wobei die höchste Düne 150 m hinaufragt. Der Sand
stammt von der Oregon Coast Range, welches zunächst aufgefaltet wurde und schließlich
durch Regen und Flüsse erodierte. Wir parken das Auto an einem Wanderparplatz und
machen uns auf eine 7-8 kilometerlange Dünenwanderung durch die unterschiedlichsten
Dünen und entlang eines langen Pazifikstrandes. Zunächst geht es durch einen auf dem Sand
wachsenden Kieferwald, der auch sowas wie Rhododendren beheimatet. Wir werden langsam
aber stetig nass durch den dichten Nebel und durch den feinen Sprühregen. Schon jetzt
schmeckt der Regen nach Salz, obwohl wir noch gar nicht den Pazifik sehen können. Zum
ersten Mal seit unserer Reise hier im Westen, habe ich keine trockenen Lippen mehr. Im Sand
erkennen wir Spuren eines Wapitis. Später haben wir das Glück drei Wapitis hier in den
Dünen zu sehen, die sich in die Kiefernwälder schnell verstecken. Frank und ich sind die
einzigen, die heute Morgen
unterwegs sind. Mal wieder
haben wir etwas Bedenken
alleine zu wandern, da auch hier
Bären
zur
Tagesordnung
gehören. Wir tun uns schwer in
dem weichen Sand zu laufen.
Bald fangen Franks Knöchel an
zu schmerzen. Aber es ist sehr
entspannend bei dem Wetter und
der Stille durch eine so
beruhigende Landschaft zu
laufen und nichts als den Wind
zu hören. Zwischendrin wissen
wir nicht, ob wir noch auf dem Wanderweg sind und entlang des Strandes habe ich etwas
Angst den Eingang zurück in die Dünen zu verfehlen. Am Ende verirren wir uns nicht und
sind froh den langen beschwerlichen Weg durch die Dünen gemacht zu haben. Wieder zurück
im Auto, fängt es etwas stärker an zu regnen. Wir steuern Winchester Bay an und machen am
Whale Watching Point Lighthouse eine längere Mittagspause, essen gut belegte Sandwiches,
halten Ausschau nach Wale, die wir nicht sehen werden, entdecken in der Bucht eine AusternFarm und machen einen kurzen erholsamen Mittagsschlaf. Der Nebel lichtet sich ein wenig
und der Regen wird immer schwächer. Wir laufen einen weiteren Trail auf eine super große
Dünen, von der wir einen tollen Blick auf die Dünen und den Pazifik haben sollen. Zunächst
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
stapfen wir wieder durch einen Rhododendrenwald und haben große Mühe die weichen
Dünen zu erklimmen. Oben angekommen, hat der Regen aufgehört, es wird wieder wärmer
und wir haben wie versprochen einen tollen weiten Ausblick auf die Dünen. Im Sand
entdecke ich eine relativ große Spinne, die sich super im Sand getarnt hat. Huch! Auch eklige
Nacktschnecken sind unterwegs. Um uns herum gibt es nur Sand, Sand, Sand. Wir verlassen
das Dünengebiet und fahren an der 101 entlang. Ab Gold Beach wartet endlich die so
bekannte wilde Steilküste von
Oregon auf uns. Heute ist
besonders rauhe See und somit
wirkt die Oregon Coast noch
wildromantischer auf uns. Am
Cape Sebastian machen wir
einen Halt und trauen uns trotz
starken Sturm aus dem Auto
raus. Fast hätte es mich durch
eine Windböhe weggeweht!
Hier oben auf dem Kap kann
man die ganze weite Steilküste
erblicken
und
trotz
des
schlechten Wetters ist es
wunderschön! Unten schlägt eine starke Brandung immer wieder auf den Fels. Wir fahren
weiter bis Crescent City und befinden uns wieder in Kalifornien. Es geht durch viele kleinere
alte Fischerdörfchen, über alte Stahlbrücken über unzählige Flüsse, komplett entlang des
Pazifiks. Vor der Steilküste erstrecken sich dunkle Sandstrände und draußen auf dem Ozean
schauen immer wieder einzelne Felsen heraus. Wie aus einem Bilderbuch. Crescent City ist
eine Kleinstadt in Nordkalifornien und wurde 1851 von Goldsuchern gegründet. Die Stadt
wird immer wieder von den größten Tsunami-Wellen an der US-Westküste heimgesucht. Wir
cruisen bei Abenddämmerung noch ein wenig durch den Hafen und verweilen kurz am
malerischen Leuchthaus der Stadt. Heute übernachten wir in der Travelodge und die
asiatische Besitzerin empfiehlt uns ein Fischimbiss nur ein paar Straßen weiter, das Good
Harvest. Alles schmeckt fangfrisch! Wir essen fangfrische Austern (nicht unsere letzten für
den Urlaub), scharfe Fischtaccos, die berühmte Muschelsuppe, Salat und eine Fischplatte mit
Austern, King Prawn, Jakobsmuscheln und panierten Fisch. Typisch… Zum Durstlöschen
gibt es Sierra Nevada Flipside, ein Red IPA. Zurück im Motelzimmer wiegt uns das ewige
Hupen der Bojen im Hafen in den Schlaf.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Mittwoch, 24. September 2014
Es ist 7:00 morgens, wir wachen auf und es regnet ohne Pause. Wie jeden Morgen packen wir
unsere Sachen, melden uns im Office ab und stauben von dem desk einen dünnen Kaffee und
süßen Muffin ab. Als erstes kümmern wir uns an dem grauen Morgen um Brotzeit in einem
Supermarkt und ergattern ein riesiges und gut belegtes Baguette mit einem heißen Kaffee von
Starbucks. Hmmmm, das hebt unsere Laune. Zum Frühstück fahren wir in Crescent City vor
zum Leuchtturm in dem Fischerhafen, der wunderschön auf großen Felsen steht und blinkt.
Ein paar Fischer sind in ihren Booten. Heute geht es zu den Redwoods! Wie immer steuern
wir zuerst das Visitor Center an, welches stets pünktlich um 9:00 öffnet. Ich lasse mich von
einer Rangerin beraten, was wir an einem verregneten Tag im National Park machen können.
Sie zeigt mir auf einer detaillierten Karte Wege und Aussichtspunkte, die wir mit dem Auto
leicht erreichen können und wo wir die Redwoods und Tiere sehen werden. Es zeigt sich, dass
es sich immer lohnt zu den Besucherzentren zu fahren und sich Infos zu holen. Das
Schutzgebiet der Redwoods wurde 1968 gegründet und besteht aus mehreren State Parks und
dem National Park. Die Redwood-Wälder waren durch Abholzung stark bedroht. Der Staat
Kalifornien und eine Naturschutzorganisation schlossen sich zusammen und kauften hunderte
Waldstücke auf. Der National Park umfasst einen großen Anteil der natürlich wachsenden
Küstenmammutbäume (Redwoods oder auch Sequoia sempervirens genannt). Sie sind die
höchsten Bäume der Welt. Nicht zu verwechseln mit den Bergmammutbäumen, die wir im
Sequoia National Park besucht haben. Diese sind die größten Bäume bezüglich des
Volumens. Weiteres Highlight hier ist der gemäßigte Regenwald. Wälder werden Regenwald
genannt, wenn pro Jahr mindestens 2000 mm Regen fällt. Das Vorkommen der gemäßigten
Regenwälder ist sehr gering: Küstenstreifen von Nordamerika, Chile, Neuseeland und einige
mehr. Aber auch die zerklüftete Kliffküste und die Sandstrände sind die Reise wert. Unsere
erste Tour geht in den Jedediah Smith State Park entlang einer unpaved road. Da es immer
noch und auch weiterhin stark regnet (wie sollte es auch anders sein in einem Regenwald),
trauen wir uns kaum aus dem Auto raus. Wir cruisen durch dichteste, wunderschöne
Redwoodhaine, deren Baumkronen nicht sichtbar sind. Der Waldboden ist geschmückt von
Riesenfarnen. Kein Wunder, dass Teile des Films Jurassic Park hier gedreht wurden. Frank
und ich lernen den Küsten- von dem Bergmammutbaum zu unterscheiden: Redwoods haben
eine graue Rinde, Sequoias eine
Zimtrote. Nach diesen ersten
Eindrücken zieht es uns noch
einmal an den Hafen von
Crescent City zu einer Stelle,
wo
sich
Seelöwen
und
Seehunde aufhalten. Ich könnte
Stunden zuschauen, wie ein
Seehund auf die Plattform sich
hochdrück um sich auszuruhen
und dadurch ein anderer
weichen muss. So geht das hin
und her. Am Crescent Beach
Lookout steigen wir aus und
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
halten unsere Nasen in den dichten Küstennebel. Der Wellengang auf dem Pazifik ist heute
noch rauher als gestern. Viele Pelikane ziehen an uns ganz tief über dem Wasser vorbei.
Unsere Blicke auf die rauhe See, dem Strand, dem Kliffs und dem Nebel haben etwas sehr
mystisches an sich. Als nächstes fahren wir entlang einer weiteren scenic road und haben ganz
auf amerikanische Art einen herrlichen Blick aus dem Auto auf vermooste Bäume und große,
dicke Redwoods. Auf einer weiten Wiese entdecken wir Roosevelt Elks mit einem stattlichen
Geweih und um sie herum haben sich viele Weibchen aufgereiht. Toll! Wir entschließen uns
runter an den Strand zu fahren, ein Mittagsimbiss und –schläfchen zu halten und falls der
Regen etwas nachlässt eine kleine Wanderung zum Fern Canyon zu machen. Die Fahrt
dorthin geht mal wieder auf einer Schotterstrasse entlang, die anfangs schon gut durchnässt
wirkt. Eine Rangerin versichert uns, dass wir bis zum Parkplatz ohne Probleme
durchkommen. Am Ende müssen wir durch zwei kleinere Bächen fahren und uns durch einen
riesigen und tiefen Wash wagen, den es nur bei Starkregen gibt und uns fast bis zum Auspuff
reicht. Zwischendurch halten uns im Sportwagen tiefe Schlaglöcher auf. Naja, erstmal haben
wir es geschafft, aber wir müssen ja noch zurück. Sonst rufen wir im Office an und lassen uns
rausziehen. Die Parkrangerin hat uns nicht abgeraten von dem Weg und sie hat unser Auto
gesehen. Bevor wir ein kurzes Nickerchen machen, genießen wir das Riesenbaguette und
beobachten den Nebel in der Steilküste und den Wellengang des Pazifiks. Irgendwann sage
ich mir, dass ich es wenigstens einmal versuchen sollte bis zum Fern Canyon zu laufen. Frank
möchte trocken im Auto zurück bleiben. Los geht es! Ich kann ganze fünf Minuten laufen, bis
ich auf einen reißenden Fluss
stoße, der genau über den
einzigen Weg fließt, der mich
zur Schlucht führt. Ich zögere
zunächst, kehre aber wieder um.
Als wir wieder uns durch den
Fluss aufmachen, steige ich aus
um das Abenteuer mit unserer
Kamera aufzunehmen. Plötzlich
stapft ein großes WapitiMännchen aus dem Dickicht
und dreht vor mir weg durch
den Wash. Cool! Riesig! Ein
entgegenkommendes Auto kann
es nicht fassen, dass wir durch das tiefe Wasser fahren, staunt und dreht um und folgt uns
zurück auf die befestigte Straße. Da es zwischendurch mal eine kurze Regenpause gibt,
machen wir einen kurzen Spaziergang am Strand, beobachten „Mörderwellen“, wie sie Frank
nennt, und entdecken überall am Strand komische, blaue, ganz kleine Quallen. Es liegt ein
salziger Geruch in der Luft. Es beginnt wieder zu regnen und wir entscheiden weiter zu fahren
entlang des Hwy # 101 bis zum # 1. Im Park werden wir nochmal von einer großen
Wapitiherde überrascht, die mitten auf der Straße steht und nicht ans Weggehen denkt.
Außerhalb des Parks wird der 101 bald zu einer langweiligen vierspurigen Straße bis Eureka.
In Eureka machen wir einen kleinen Spaziergang durch das Historic District und bewundern
die wunderschön hergerichteten viktorianischen Häuser. Bei der Weiterfahrt verengt sich der
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
4-spurige 101 zu einer 2-spurigen und schlängelt sich super eng durch weitere Redwoodhaine.
Wie kommen hier nur LKWs durch? In Garberville biegen wir ab in Richtung Westen mit
Ziel eine Unterkunft am dort beginnenden Highway # 1 zu finden. Frank ist bester Laune, da
wir über einen kleinen Pass mit engen Kurven müssen, um wieder den Pazifik zu erreichen.
Ich habe irgendwann das Gefühl, dass wir im Nirgendwo angekommen sind. Ich habe
langsam Bedenken, dass noch sehr lange kein Inn oder ähnliches auftauchen wird. Aber auf
einmal kommen wir im ersten Dörfchen an: Westport und fahren am Westport Inn vorbei.
Anscheinend die einzige Unterkunft weit und breit. Wir drehen um und klopfen an der
Haustür. Ich komme in ein Wohnzimmer, wo ein alter Mann in einem Schaukelstuhl sitzt und
neben ihm ein junger Mann (entweder Enkel oder Zivi). Der Junge meint, wir sollen einfach
ein Zimmer raussuchen, die Schlüssel stecken alle und sollen morgen zahlen. Frank sucht uns
ein vollromantisches, liebevoll eingerichtetes Zimmer aus und erst später entdecken wir, dass
es das einzige ohne TV ist  Aber dafür hat es einen gemütliche Gasofen, den wir gleich
anschalten und der Lagerfeuerstimmung verbreitet. Das Zimmer ist mit wunderschönen,
echten Blumen (Rosen, Lilien etc.) geschmückt und überall liegen Kunst- und Bildbände zum
drinrumschmökern herum. Herrlich entspannend und direkt am Pazifik gelegen und das für
nur 89 $. Unglaublich. Wir genießen und entspannen nach dem verregneten aber
abenteuerlichen Tag.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Donnerstag, 25. September 2014
Nach einer erholsamen Nacht wachen wir um 7:00 auf und genießen die noch etwas neblige
Morgenstimmung am Pazifik direkt vor unserer Unterkunft. Das kleine Nest scheint noch zu
schlafen, aber der einzige kleine Laden (eine Holzbruchbude mit allerlei Notwendigen zu
kaufen) hat schon auf. Frank holt Kaffee, wir setzen uns auf eine Bank an der Klippe,
entdecken einen Regenbogen über dem Meer und lassen uns die frische Meeresbrise in das
Gesicht wehen. Da wir noch nicht gezahlt haben, müssen wir warten bis es acht Uhr ist. Um 8
Uhr ist die Besitzerin des Inns wach, hat schon Kaffee, Tee und Kekse für uns hergerichtet
und wir können das Zimmer bezahlen. Ein zweiter Gast kommt in das Wohnzimmer. Er ist
Schweizer, wie wir feststellen. Wir kommen gleich ins Gespräch: woher er kommt, was er
genau hier macht und wie lange er unterwegs ist. Er ist mit seinem Motorrad, eine BMW, in
Nordamerika unterwegs. Er hat das Motorrad direkt nach Vancouver verschiffen lassen. Das
war anscheinend billiger als nur nach Halifax. Er war schon in Alaska, wo er u.a. Grizzly
Bären beim Lachsfischen gesehen hat. In Alaska hatte er auch seinen bisher einzigen Unfall,
da er auf einer Schotterpiste ausgerutscht ist. Er erklärt uns, was er alles an seiner Maschine
umgebaut hat und Frank ist ganz interessiert warum, wieso und weshalb. Gestern ist er wohl
so nass geworden (kein Wunder bei dem Starkregen den ganzen Tag lang), dass er nicht mehr
Zelten wollte und eben hier im Inn übernachtet hat. So, nun aber lange genug gequatscht. Wir
wollen wieder auf die Straße, Abenteuer erleben.
Nachdem wir auf dem Hwy # 1
direkt an der Klippe entlang
tolle Ausblicke auf
die
wildromantische Küste hatten,
machen wir im nahegelgenen
Mac Kerricher State Park für
heute unsere erste Rast. Es gibt
hier herrliche Strände, kleinere
Dünen und eine tolle Brandung.
Wir beobachten Seehunde, wie
sie mit ihrer Schnauze aus dem
Wasser herausschauen und sich
sonnen. In die halbmondförmige
Bucht brechen relative große
Wellen rein. Es geht weiter in Richtung Süden mit nächsten Zwischenstopp: Fort Bragg:
Nicht unbedingt eine Reise wert, wir entdecken aber coole, alte Läden, wo es Ice Cream,
Cookies, Klamotten und ein paar Cafes gibt. Die Einwohner leben hier vom Fischfang,
Landwirtschaft und immer noch von der Holzindustrie. Nach Fort Bragg ist das viel
besungene Mendocino unser weiterer Halt. Mendocino ist eine alte Künstlerkolonie und liegt
an einer zerklüfteten Steilküste. Hier wurden zahlreiche Filme und Serien gedreht, wie z. B.
„Jenseits von Eden“. Wir parken das Auto in einer Wohngegend in der Nähe des Mendocino
Headlands State Parks und schlendern erstmal durch die romantische Wohngegend mit
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
wunderschönen Blumengärten. In jedem Garten ist auch irgendein Kunstwerk untergebracht.
Auf jedem Dach der alten Häuser befinden sich große Holzfässer, die als Versorgungsdepot
früher dienten. Wir spazieren daraufhin durch die Headlands, eine Art Halbinsel vor
Mendocino. Hier prägt der wilde Pazifik die Küstenlinien sehr stark, wäscht in die Steilküste
Höhlen aus und lässt bizarre Felsen entstehen. Wir fahren weiter mit dem Point Arena
Lighthouse als nächstes Highlight des Tages. Auf der Fahrt entdecke ich am Wegesrand einen
Rotluchs! Er hat sich super versteckt im hohen Gras der Wiesen, aber ich habe ihn entdeckt.
Manchmal braucht man Glück. Von Weitem erkenne ich gleich, dass es sich bei diesem
Leuchtturm um den Point Arena handelt, da ich ihn aus dem Film „Forever Young“ mit Mel
Gibson kenne und dieser Turm ohnegleichen ist. Der bekannte Leuchtturm steht auf einer
langgestreckten Landzunge und kein Punkt der kontinentalen USA liegt näher an Hawaii als
Point Arena. Ich setze Frank am Pazifik auf einer Bank ab, da er müde ist und nicht
mitkommen möchte. Somit fahre ich die Straße alleine zum Leuchtturm und melde mich
unten im Museum an. Da nicht wirklich viel los ist, darf ich gleich die 150 Stufen auf mich
nehmen und den Turm besteigen. Der Turm wurde 1908 gebaut und ist der erste aus
Stahlbeton gebaute Leuchtturm der USA. Dieser war bzw. ist notwendig, da rund um Point
Arena tückische Küstengewässer liegen und somit Schiffe früher immer wieder havarieren
mussten. Man kann wohl immer wieder alte Schiffswracks entdecken. Oben angekommen in
35 m Höhe, wartet ein Ranger auf Gäste und applaudiert mir zu, da ich so schnell ohne Pause
hier hoch gelaufen bin. Er erzählt mir viele Geschichten oder Märchen, die hier am Point
Arena geschehen sind, zeigt mir
die Stellen, wo die Wracks
liegen und viele interessante
Details über den Leuchtturm.
Leider habe ich mir nicht
wirklich was gemerkt, ausser
dass es eine Affenhitze hier
oben ist und ich einen
unglaublichen Ausblick auf den
Pazifik
habe.
Die
hereinbrechenden Wellen hinter
der traumhaften Küstenkulisse
sind unbeschreiblich. Manchmal
sieht man von hier oben Wale
vorbei ziehen, ich kann leider nur Seehunde beobachten. Ich mache unheimlich viele Bilder.
Unten im Museum kann man das originale Licht bewundern und sich erklären lassen, wie sie
vor einiger Zeit diese riesen Linse (Fresnel Linse) dort oben herausgehievt haben um ein
kleineres, weniger wartungsintensives Licht einzubauen. Auf alten Bildern stelle ich mit
Schrecken fest, wieviel der Pazifik jedes Jahr von der Küstenlinie hier sich einverleibt. Ich
hole Frank wieder ab und es geht weiter auf dem Hwy # 1, welcher immer mehr einer
Achterbahn gleicht. Mir wird beim Fahren fast schlecht. Wir halten zwischendurch noch mal
am Salted Rock an und müssen leider feststellen, dass das Freilichtmuseum Fort Ross ab dem
frühen Nachmittag schon geschlossen hat. Voll schade, da ich gern dieses alte russische Fort
gesehen hätte, das dem Pelzhandel diente. Dafür begeistert uns die super steile
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Küstenlinienstraße mit unvergesslichen Ausblicken über den Pazifik. Leider muss ich mich zu
sehr auf die „winding road“ konzentrieren. Dann kommen wir endlich in Bodega Bay an. Von
zu Hause aus hatte ich schon eine Unterkunft gebucht, da es hier ziemlich teuer werden kann.
Ich habe mich für das Bodega Harbor Inn entschlossen, die sehr schöne Zimmer haben und
v.a. ein wohl anständiges Frühstück. Schon beim Eintreffen in den Ort, stellen wir fest, dass
es ein wirklich sehr schnuckeliges Fischer- / Hafendörfchen ist. Bodega Bay ist mal wieder
Schauplatz vieler bekannter Filme, wie z.B. „Die Vögel“. Wir befinden uns im Sonoma
County welches v.a. für seine Weine bekannt ist. Im kleinen Lädchen am Hafen decken wir
uns gleich mit einem solchen ein und lassen uns einen Fischimbiss empfehlen, wo man
frischesten Fisch zu bekömmlichen Preisen essen kann. Das Inn hat einen sehr schönen
Garten mit Sonnenuntergangsstimmung und gemütlichen Sitzgelegenheiten. Wir suchen uns
einen schönen Platz aus und lassen den herrlichen Tag mit einem Gläschen Pinot Noir aus der
Gegend von Santa Rosa in richtigen Weingläsern, die wir im Office mitnehmen durften,
ausklingen. Da unsere Mägen aber nun zu Knurren anfangen, zieht es uns nach Einbruch der
Dunkelheit in das Boathouse, wo wir Fish`n`Chips und
Jakobsmuscheln vernaschen. Leckerer frischer Fisch in
einfacher, legerer gemütlicher Atmosphäre. So wie wir es
mögen!
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Freitag, 26. September 2015
Mal wieder wachen wir vor dem Frühstück auf und machen einen Spaziergang am alten
Hafen. Um 8:00 öffnet aber das Office und wir freuen uns übern den guten, starken Kaffee.
Nachdem wir das Frühstückstablett gefüllt haben mit Müsli-Kekse, Brote, Cream Cheese,
Marmelade und Peanutbutter, platzieren wir uns wie am Abend zuvor schon im Garten und
lassen es uns gut gehen. Was ist da los im Blumenstrauch neben dem Tisch? Es surrt und
brummt. Mehrere Kolibris schwirren um die bunten Blüten herum und trinken Nektar. Ihr
Körper ist schillernd grün und der Hals lila eingefärbt. Wunderschön! Es sind unsere ersten
Kolibris! Heute auf dem Plan steht: Point Reyes National Seashore, kurz vor San Francisco.
Die Fahrt dorthin führt uns über weiche Hügel-Gras-Landschaften mit vielen Schafen. Point
Reyes ist ein Naturreservat auf einem Landvorsprung nördlich von San Francisco. Es ist keine
Insel, ist aber auch nicht Teil des amerikanischen Festlands. Der San-Andreas-Graben trennt
zwei Erdplatten voneinander, es ist also eine Verwerfung, wo die Pazifische an der
Nordamerikanischen Platte vorbeidriftet. Demnach bewegt sich der Landvorsprung von
Mexiko in Richtung Alaska. 1906, als San Francisco von einem schweren Erdbeben
heimgesucht wurde, ging es auch hier drunter und drüber. Die Point-Reyes-Halbinsel wurde
um 6 m verschoben. Direkt auf der Verwerfung führt ein Lehrpfad entlang, den wir als erstes
erkunden: dem Earthquake-Trail. Auf diesem Pfad kommt man an einer Markierung vorbei,
bei der man die 6 m Verschiebung sieht. Es handelt sich um einen nachgestellten Weidezaun,
der innerhalb kürzester Zeit um 6 m auseinander gerissen wurde. Originale Fotos von damals
beweisen das Ganze nochmal. Eine einzige Straße führt uns an ein paar wenigen Farmhouses
vorbei bis fast ans Ende der Landzunge. Zwischendrin entdecken wir einen Fuchs in der
Hecke neben der Straße. Wir parken und spazieren zu einem Aussichtspunkt, von dem man
sehr gut auf einen kleinen Strand sieht, wo hunderte von Seehunde faulenzen. Schon von
weitem hört man sie bellen. Am
Ende
der
Landzunge
angekommen, wollen wir den
Leuchtturm am Point Reyes
besuchen und kommen an einem
Aussichtspunkt vorbei, von dem
wir einen sagenhaften Blick auf
einen
Kilometer
langen
Sandstrand
vor
einer
Dünenlandschaft
mit
einer
traumhaften Brandung haben.
Unten
am
Leuchtturm
angekommen entdeckt Frank
hoch oben im Himmel Geier, die
über uns kreisen. Das sind riesige Vögel. Bevor wir das wunderschöne Naturschutzgebiet
verlassen, machen wir einen kurzen Abstecher zu einer noch bestehenden alten Austernfarm.
Wir haben Glück, denn gerade werden auf einem rostigen Förderband von Mexikanern
meeresfrische Austern sortiert. Am Ende des Bandes sitzt eine Möwe und pickt sich die
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
restlichen Fleischstücke aus dem Abfall heraus. Guter Platz für die Möwe. Es kommt die
Besitzerin auf uns zu und bietet uns zwei Austern fangfrisch aus dem Netz an, knackt diese
geschickt mit einem speziellen Messer auf und wir schlürfen die Muscheln aus. Erst war ich
sehr skeptisch, da meine erste Auster vor zwei Jahre nicht wirklich schmeckte. Aber diese
Austern ist einfach köstlich, fruchtig, salzig, knackig. Hmmmm. Was für ein Glück! Da die
Farm im Naturschutzgebiet nichts verkaufen darf, versuchen wir im nächsten kleineren Laden
Austern zu kaufen. Leider kann der Verkäufer diese für uns nicht öffnen, da er sie nur im
Sack verkauft und zurzeit kein Messer hat. Schade! Dann geht es eben gleich weiter auf dem
Hwy # 1 der Golden Gate Bridge entgegen. Der Weg führt uns wieder durch Graslandschaft
und durch das ziemlich noble Stinson Beach. Hier her fahren die Menschen aus San
Francisco, wenn sie einen Tagesausflug machen wollen. Hier kann man an einem schönen
Strand baden und in teuren Cafés etwas Essen. Leider ist es uns etwas too much und so
kurven wir auf der Achterbahn weiter, bis wir sie endlich sehen: die Golden Gate Bridge! Sie
zeigt sich in ihrer vollen Pracht, in ihrem rotesten Rot in der prallen Sonne! Vor genau fünf
Jahren hat unsere Begeisterung für den Westen der USA hier angefangen. Als wir damals eine
Stadtführung machten und über die Brücke zu einem Aussichtspunkt fuhren, hat sich diese im
dichtesten Nebel verpackt. Aber dann nachmittags, während einem Bootstrip unter der Brücke
hindurch, hatten wir genau so ein Wetter wie heute Nachmittag. Wir cruisen entlang der
Headlands und jeder Aussichtspunkt über die Brücke und auch über San Francisco selber
übertrifft den anderen. Wir haben nicht nur Glück, dass die Sonne scheint, sondern es finden
gerade auch keine Bauarbeiten bzw. Sanierungsarbeiten statt. Die Brücke wurde zwischen
1933 und 1937 gebaut und ist
seitdem
neben
der
Freiheitsstatue ein Symbol der
USA. Die Einfahrt in die Bucht
heißt Golden Gate, da 1846
tausende Menschen aufgrund
des Goldrausches hier in den
Westen kamen. Frank und ich
genießen bestimmt 1-2 Stunden
die Aussichten auf die Bucht
von San Francisco und freuen
uns schon auf die Zeit in der
Stadt. Nun aber ab ins
Getümmel, wir wollen noch
unsere vorreservierten Zimmer im Hostel beziehen und uns unter die Leute an den Piers
mischen. Die Brückenmaut (8 USD) wird mittels Video abgerechnet, welche ich in zwei
Monaten auf meiner Kreditkarte sehen werde. Unser Hostel befindet sich in einem weiteren
National Park, dem des Fort Mason. Fort Mason ist eine ehemalige Kaserne des US Army und
in eines dieser historischen Gebäude befindet sich unsere Unterkunft. Unter anderem befinden
sich auf dem Gelände Konzert- und Kunsthallen in alten Lagerhäusern, Museen und in den
Reihenhäusern kann man für viel Geld wohnen. Das ganze Areal ist mit einem Zaun
abgesichert (klar, National Park in einer Stadt) und Ranger ziehen ihre Streife. Ich fühle mich
hier pudelwohl und habe keine Angst um unser Auto, welches wir im bestens abgesicherten
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Wohngebiet für die nächste Zeit parken können. Wir zahlen für die zwei Nächte nur 120
Euro, keine Parkgebühren, die Piers mit den coolen Kneipen sind in Laufweite und das Hostel
befindet sich direkt an der Bucht. Perfekt! Die erste Nacht müssen Frank und ich zwar
getrennt voneinander schlafen, da das Privatzimmer belegt ist, aber die zweite Nacht ist es für
uns reserviert. Nachdem wir unsere Zimmer und Betten bezogen haben, geht es entlang der
Promenade zu den Piers ab ins Getümmel. Obwohl immer noch die Sonne runter brennt, weht
immer ein leichtes Lüftchen. Wir habe zwar kurze Hosen an, aber eine leichte Jacke. Beim
In´N`Out gibt es erstmal einen fettigen Burger, dann Krustentierchen bzw. Muschelsuppe am
Fishermen`s Wharf. Am Pier 39, wo wir vor 5 Jahren unseren ersten Morgenkaffee in den
USA getrunken und den Seelöwen zu geschaut haben, wollen wir mit zig anderen Leuten den
Sonnenuntergang betrachten. Der Pier 39 ist ein Vergnügungspier mit zahlreichen Kneipen,
einigen Bühnen für Straßenkünstler und einem alten Kinderkarussell. Hauptattraktion sind
aber die Seelöwen. Diese Seelöwenkolonie besteht aus bis zu 600 Tieren, die sich seit 1989
auf den Bootsstegen hier angesiedelt haben. Heute Abend sind nicht ganz so viele Tiere da,
wie damals. Trotzdem wird kräftig gebellt. Der Sonnenuntergang genau hinter der Golden
Gate Bridge ist einfach traumhaft! Die gesamte Bucht mit Alcatraz und den vielen
Segelbooten ist in tiefrot eingefärbt. Die Siluoetten der Pelikane runden das Bild ab. Wir sind
aber noch nicht ganz fertig für heute. Ich möchte noch unbedingt zum Coit Tower hoch, der
wahrscheinlich schon geschlossen hat, wo man aber trotzdem einen schönen Ausblick haben
soll. Und der Reiseführer hat
Recht:
Wir haben einen
wahnsinns Ausblick über die
Hochhäuser von Downtown, die
hellerleuchtete Baybridge und
auf die andere Seite die
strahlende Golden Gate Bridge.
Es war ganz unverhofft und total
überraschend, dass der Blick so
toll ist. Coit Tower auf dem
Telegraph Hill wurde 1929 im
Stil des Art-Deco zu Ehren der
Freiwilligen Feuerwehr gebaut
worden und ist 64 m hoch. Wir
sind fast die einzigen, die hier hoch sind. Zwei Spanier sind noch unterwegs, die Probleme
mit dem Photographieren haben bzgl. Beleuchtung. Wir helfen mit unserem Reisestativ aus.
Den Abend runden wir mit einem Lagunitas Indian Pale Ale im Wipe Out ab. Das Bier hat
uns den Abend zu vor eine Frau aus Santa Rosa empfohlen. Unser neues Lieblingsbier! Total
erschöpft von dem erlebnisreichen Tag schlappen wir zurück ins Hostel. Am Eingang in den
Mülleimer überraschen wir eine Waschbärenfamilie, wie sie gerade Essbares dort
herausholen. Heute schlafe ich sofort ein.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Samstag, 27. September 2014
7:00 stehe ich auf und treffe Frank im Frühstücksraum. Es gibt frisch gekochten starken
Kaffee, Obst, Toast, Bagels und Marmelade. Heute haben wir sehr klares Wetter, bisher ist
keine Wolke zu erkennen. Das heißt für unsere Radtour durch die Stadt haben wir Sonne satt.
Via Internet habe ich im Voraus uns Räder bei Blazzing Saddles reservieren lassen. Somit
profitieren wir von einem 20 % Rabatt. Wir holen die Bikes in der Hyde Street ab, bekommen
eine typisch amerikanisch toporganisierte Einführung in das Radfahren und ächzen die ersten
Hügel von San Francisco hoch. Die Trekkingräder haben eine wirklich gut eingestellte
Schaltung, laufen somit sehr leicht. Nur der Sattel ist für unseren Geschmack etwas zu breit.
Da wir gut trainierte Radler sind, machen uns die vielen Höhenmeter, die wir uns
vorgenommen haben, nichts aus. Der Typ im Fahrradladen war ganz überrascht, als ich ihm
gezeigt habe, was wir alles heute vorhaben, hat uns noch erzählt, dass u.a. der steilste Anstieg
auf unserer Tour liegt. Wie ich feststellen werde, wird das ein Klacks für uns sein. Wir haben
eine Stadtkarte auf dem alle Radwege von San Francisco verzeichnet sind und stellen fest,
dass es super viele Fahrradstraße gibt und die Wege auf der Straße extrem breit sind. Ganz
anders als bei uns. Nachdem wir unsere Rucksäcke in einem Supermarkt mit Sandwiches und
Wasser gefüllt haben, rollen wir zum Alamo Square. Hier sind viele Leute mit ihren Hunden
unterwegs. Ich glaube ganz San Francisco hat einen Hund. Alamo Square ist ein Park mit der
wohl meist fotographierten Wohnstraße Amerikas, auch „postcard row“ genannt. Sie besteht
aus viktorianischen Häusern im Queen Anne Style und sind wunderschön bunt angestrichen.
Auch hier haben wir Glück, da keines der berühmten Häuser gerade saniert wird. Auch wir
haben nun postkartenreife Fotos gemacht ;-) Ab über weitere Hügel geht es durch den
riesigen, wunderschönen Golden Gate Park. Hier gibt es große Wiesen zum Erholen, Seen,
Rosengärten, Rhododendron- Gärten, Spielplätze, Museen, Windmühlen und sogar eine
Koppel mit Büffeln. Eine grüne Oase für San Francisco. Überall wird gejoggt, Hunde
ausgeführt, Rennrad gefahren oder Picnic gemacht. Wir rollen aus bis zum Ocean Beach. An
diesem breiten, langen Strand
machen
wir
eine
erste
Verschnaufpause und genießen
Obst am Strand in der Sonne mit
Blick auf das Cliff House und
dem Seal Rock, einem schon
von weitem stinkenden Felsen
im Pazifik mit Seelöwen. Weiter
über viele Höhenmeter, die es ab
und zu wirklich in sich haben,
vorbei an dem stinkenden Felsen
(ich weiß nicht wie in seiner
Nähe ein nobles Restaurant, das
Cliff House, entstehen konnte)
cruisen wir durch die Villengegend der Stadt am Baker Beach. Kein Wunder, dass sich hier
die Reichen niedergelassen haben, da nicht nur der Strand herrlich ist, sondern auch ein jedes
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Haus einen tollen Blick auf die rote Brücke hat. Hoch über dem Strand mit Blick auf die
Golden Gate Bridge machen Frank und ich eine längere Sandwichpause auf einer sonnigen
Bank und genießen einfach den Moment. Als nächstes führt uns unsere Tour über die Golden
Gate Bridge bis nach Sausalito. Nicht nur wir sind auf die Idee gekommen, sondern tausend
andere Touris auch. Naja, wir haben obendrein ja auch noch Samstag… Hier ist echt die Hölle
los. Der abgesperrte Radfahrstreifen ist abgetrennt von den Autos, aber super schmal. Man
muss extrem auf den Gegenverkehr achten, Wie gut, dass die Spaziergänger auf der anderen
Straßenseite untergebracht sind. Durch die vielen Autos ist es sehr laut. Zu dem ganzen
Trubel kommen noch die einheimischen Rennradfahrer, die unbedingt auch drüber wollen um
in den Headlands eine Tour zu machen und sich bei jeder Gelegenheit vorbei drängeln und
rummotzen. Es macht riesigen Spaß! Nach der Brücke über weitere zwei Hügel gelangen wir
endlich nach Sausalito. Hier ist noch mehr los. In einem Park auf einer schattigen Bank
beobachten wir das Treiben auf dem Wasser und auf dem Land. Jeder, der eine Segelyacht
besitzt, ist natürlich heute in der Bucht unterwegs und umkreist Alcatraz. Sausalito war einst
ein kleines Hafendörfchen und entwickelte sich zu einer Künstlerkolonie. Am Hafen befinden
sich viele kleine überteuerte Boutiquen und anscheinend soll hier mediterranes Flair
herrschen. Wir finden, dass das einzige Highlight hier die wunderschöne Aussicht auf die
Bucht und die Skyline von San Francisco ist. Zur Erfrischung hole ich mir noch einen Icetea
mit Hibiskus, da ich unheimlichen Durst habe. Frank reicht ein Kaffee. Die Schlange für die
Fähre rüber nach San Francisco ist elendig lange. Wir entscheiden, dass wir den Weg zurück
über die Berge nehmen und nochmal über die volle Brücke huschen. Drüben angekommen,
rollen wir entlang der Strandpromenade durch das Crissy Field, einem ehemaligen
Militärflugplatz der USA Forces und war eine der ersten Einrichtungen zur Verteidigung der
US-Westküste. Seit 1994 gehört der Platz dem National Park Service an, der bis 2001 das
Gelände aufwendig, aber erfolgreich renaturiert hat. Da heute Samstag und somit bei den
Amis Picnic-Time ist, wird der
Park von hunderten Familien
bevölkert, die nur das Beste zum
Essen auftischen und BBQ
machen. Bevor wir unseren
aufkommenden Hunger stillen,
machen wir noch einen kurzen
Abstecher in das Hostel um
unser Privatzimmer zu beziehen.
Dieses ist in einem extra Abteil
des Gebäudes untergebracht mit
eigener
kleinen
Küche,
Kühlschrank
und
einer
Ledersofalounge, welche sich
zwei Zimmer teilen. Nun aber los zum letzten Ziel mit unserem Radl: Chinatown und seine
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Restaurants. Dieses Mal finden wir einen Weg mit etwas wenigeren Höhenmetern, müssen
aber noch durch das Rotlichtmillieu um Chinatown zu erreichen. Nach langer Suche essen wir
im „Far East“, einem Restaurant mit Essnischen, die man reservieren kann und wo dann dir
niemand beim Essen zu sieht . Brauchen wir nicht. Zuerst gibt es eine Hot `n `Sour Soup und
danach bestelle ich ein ganzes Hühnchen nach Art des Hauses. Der Kellner will mir irgendwie
nicht das Gericht kredenzen. Er meint, das würde mir nicht schmecken, überall Knochen und
labberige Haut. Aber ich bestehe darauf. Nach langer Diskussion mit dem Kellner, für mich
ganz ungewohnt, bekomme ich endlich das Hühnchen, welche an einem Stück gedämpft ist,
nun zerlegt und mit einer herrlichen Soße übergossen ist und mit Sesam bestreut.
Hmmmmmmm. Frank kämpft sich durch eine große Portion gebratener Nudeln mit allem
durch. Da wir nicht mehr auf den breiten Satteln sitzen können, geben wir nun die Räder
wieder ab und laufen mit Blick auf den Sonnenuntergang zu einem Burgerladen, dem Jonny
Rockets, der originale Burger im Stil der 50er Jahre serviert. Als wir ankommen, tanzt gerade
das gesamte Personal um Gäste anzulocken. Nicht nur der Tanz, sondern auch der Service
und der Burger mit Relish sind klasse. Bevor wir wieder totmüde ins Bett fallen, wollen wir
noch mal zu Wipe Out ein Glas unseres Lieblingsbieres zu trinken. Frank schreibt Postkarten
und überall spielt eine Liveband. Was für eine Stadt!
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Sonntag, 28. September 2014
Nach einer frischen Duschen und dem leckeren Frühstück lassen wir San Francisco hinter
uns. Es zieht uns wieder auf den Hwy#1 in Richtung Süden. Heute ist es ziemlich neblig.
Ersten kurzen Zwischenstopp machen wir in der Half Moon Bay, wo wir unsere
Brotzeitreserven erneuern und uns mit einem obligatorischen Starbucks-Kaffee eindecken.
Half Moon Bay ist ein bekannter Wellenreiter Ort, da es hier ganz besondere Wellen gibt. Der
sogenannte Maverick-Cliff ist ein Big-Wave-Spot für Surfer, mit Spitzenwellenhöhen von 25
Metern. Heute ist die Bucht in Nebel eingehüllt und wirklich stürmisch ist es auch nicht. Ich
finde diesen Abschnitt des Highways am unspektakulärsten. Wir fahren an großen
Artischocken-, Rosenkohl- und Auberginenfeldern vorbei. Dafür aber immer am Meer. Mein
Highlight des Tages ist das Ano Nuevo State Reserve. In diesem Naturschutzgebiet inmitten
einer Dünenlandschaft direkt am Pazifik kann man Robben und See-Elefanten beobachten,
die sich hier an den geschützten Stränden treffen. Jedes Jahr kommen bis zu 10.000 SeeElefanten hierher, um Nachwuchs zu zeugen, zur Welt zu bringen und sich zu häuten. Aber
auch die artenreiche Vogelpopulation ist die Reise wert. Nachdem wir uns ausführlich über
das marine Leben hier im Naturreservat im Office, welches sich in einer alten großen Scheune
befindet, informiert haben, machen wir eine Dünenwanderung zu einem Strand wo sich heute
sehr viele See-Elefanten aufhalten. Der Spaziergang führt uns an einer kleinen Lagune vorbei,
wo sich viele Vögel aufhalten und singen. Entlang der Küste entdecken wir viele Kormorane,
die in den kleinen Höhlen im Felsen ihr Nest haben. Puuuhhh, schon bevor wir die
Seeelefanten sehen können, stinkt es gewaltig und das Bellen verrät, dass wir gleich da sind.
Natürlich können wir nicht ganz nah an die Tiere. Aber es
gibt einen schönen Platz mit guter Aussicht auf den
Strand, mit einer Bank und einer Rangerin, die aufpasst,
dass niemand den Tieren zu nahe kommt und extrem viel
weiß über die Kolonien hier. Sie erklärt uns, dass auf der
vorgelagerten Insel in Sichtweite die ältere Generation
lebt und diesen Felsen verteidigt. Hier am Strand befinden
sich hauptsächlich die Teenies. Wir können ihnen
stundenlang zusehen, wie sie umherrobben, sich mit Sand
beschmeißen, grunzen und miteinander raufen. Die
Rangerin erklärt uns, dass das Sandbad gegen die vielen
Insekten auf der Haut hilft. Wir können uns nur schwer
von diesem Platz und den Tieren trennen. Auf dem Weg
zurück zum Auto entdecken wir einen weiteren Rotluchs
am Wegesrand aus dem Dickicht hervor schleichen. Wir sind ganz leise und können ein paar
schöne Fotos von ihm schießen. Es geht weiter nach Santa Cruz, wo wir nahe dem Pier in
einer Wohngegend zufällig Parkplätz for free finden. Santa Cruz ist für seinen
Vergnügungspark mit dem 1924 erbauten Rollercoaster, dem langen Pier und dem Surf-Kult
bekannt. Wir marschieren raus auf dem Pier, vernaschen die eine oder andere Auster und
kaufen Souvenirs ein. Manchmal sind in den Boden des Piers offene Stellen eingelassen um
die Seelöwen und Robben, die sich unter dem Pier auf dem Gebälk ausruhen, zu beobachten.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Auf einem einer Bootslandungsplattform hat es sich ein alter riesengroßer Seelöwe gemütlich
gemacht und verteidigt vehement seinen Platz gegenüber einer kleinen Truppe, die gerne auf
ein Motorboot steigen würden. Ziemlich unterhaltsam und ich denke gefährlich. So langsam
kommt die Sonne raus! Unser Zielort für heute ist Monterey, wo ich den Abend vorher schon
ein schönes Motel vorgebucht habe. Frank fährt uns, natürlich wie immer mit geöffnetem
Verdeck, an den großen Dünen der Monterey bay entlang bis zur Stadt. Ich erkenne den
Strandabschnitt, wo Frank und ich vor fünf Jahren das erste Mal am Pazifik im Sand saßen
und unsere Füße rein gehalten haben! Eigentlich wollte ich mit Frank in das große Bay
Aquarium. Da es aber schon 1 h vor Schließung ist und es nicht mal einen Abendtarif gibt (sie
wollten immer noch den stolzen Preis von 40 $ und wieso schließen sie am späten Nachmittag
schon), entschließen wir uns dagegen und versuchen unser Glück in der Pacific Grove. Wir
hoffen darauf, dass wir die Monarch Schmetterlinge hier sehen können, die sich in
Eukalyptus-Bäumen während dem Herbst und Winter versammeln. Wir sind noch zu früh
dran, es ist noch keiner da. Wie schade! Wir werden sie noch auf unserer Weiterfahrt gen
Süden vereinzelte umherschwirren sehen. Zum Abendessen flanieren wir entlang des
Fishermen`s Wharf, verkosten hier die regionalen Austern und bekommen noch jeder einen
großen Pott voll Clam Chowder zum Mitnehmen für wenig Geld. Von einer Bank aus
genießen wir die Muschelsuppe und den Blick auf den Hafen, der in der Dunkelheit in
Glitzerlicht getaucht ist.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Montag, 29. September 2015
Diese Nacht war super erholsam. Wir haben jeder in einem sehr komfortablen Riesenbett
geschlafen. Zum Frühstück in einem sehr hellen, freundlichen Frühstücksraum (nicht in einer
sterilen, karg eingerichteten Besenkammer) gab es seit langem mal wieder frisch gebackene
Waffeln mit Ahornsirup und Butter. Auch der Kaffee schmeckt wieder vorzüglich. Zur
Krönung finde ich sogar frisch gekochte Eier. Ein herrlicher Start in den Morgen. Die Sonne
strahlt schon so früh am Morgen, keine Wolke am Himmel. Nur ziehen ab und zu kleine
Nebelfelder über die Küstenberge. Wir beginnen den Tag mit der Weiterfahrt auf dem Hwy #
1 gen Süden. Schon jetzt ist die Hölle los. Ganz anders als vor fünf Jahren, wo wir fast die
einzigen auf der Straße waren. Vor allem nerven Autofahrer, die die vollbesetzten Parkplätze
aus keinem ersichtlichen Grund frei machen, keine Kurven fahren können, und die gibt es hier
an die tausend, und nicht mal an den turnouts rausfahren, die extra dafür gemacht wurden.
Interessant wie sich manches innerhalb weniger Jahre so ändern kann. Aber egal, wir
genießen den klaren Tag mit den besten Blicken und peilen als ersten Stop des Tages Point
Lobos State Reserve an. Punta de los Lobos bedeutet „Platz der Seewölfe“ und ist eine
Halbinsel südlich von Carmel. Es ist sprichwörtlich ein Juwel unter den kalifornischen
Naturschutzgebiet, wo man durch das grünblaue Wasser bis auf den Grund sehen kann. Hier
an der Steilküste ist die Sauerstoffkonzentration besonders hoch und somit viel Plankton und
dadurch verschiedenste Tiere: Seelöwen, Robben und Seeotter. Besonders bekannt ist das
Schutzgebiet für seine seltenen Monterey-Zypressen. Frank und ich suchen uns einen langen
Wanderweg heraus und stiefeln
los. Es geht steil bergauf und
bergab an der Felsenküste
entlang
durch
einen
märchenhaften
Wald
aus
Monterey-Zypressen. Ab und an
weht ein frischer Wind uns um
die Nase und immer mal wieder
sehen wir Robben und Seelöwen
(wie
im
Reiseführer
versprochen) draußen auf einer
Insel in der Sonne dösen. Hier
sind wir für uns, kein anderer
Wanderer ist unterwegs. Ganz
anders als auf dem berühmten Highway. Die Szenerie ist wie auf einer Postkarte. So früh am
Morgen ist der Ozean noch ganz glatt, wie ein Spiegel und tiefblau in der Farbe. Die
Wanderwege haben hier Namen wir North Shore Trail, Whalers Knoll Trail, Allen Memorial
Grove, wo das größte Vorkommen der wildromantischen Zypressen ist, und Sea Lion Point
Trail. Hier kommen wir an einen Kiesstrand mit glasklarem Wasser und ein neugieriger
Seelöwe begrüßt uns. Weit draußen auf einem Felsen horten sich tatsächlich eine riesen
Horde von Seelöwen, die man hundert Meter gegen den Wind noch riecht und bellen hört. So
also auch der Name der Halbinsel. Ein paar Ecken weiter entdecke ich gar nicht so weit
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
entfernt von uns einen Seeotter! Wie wir schon so oft in Tierdokus gesehen haben, hat auch
dieser sich in den Seetang eingewickelt, liegt auf dem Rücken und versucht mit einem Stein
eine Muschel aufzumachen. Ab und zu taucht er nach unten, holt sich eine frische Muschel
und verliert dabei nicht sein steiniges Werkzeug. Voll faszinierend! Wir spazieren noch etwas
dem South Shore Trail entlang und stoßen auf Tidepools, die wir auch so ähnlich im Olympic
National Park vor zwei Jahren gesehen haben. Hier können wir kleine Fische, Muscheln,
Schnecken, Krabben, Seegurke, lilafarbene Seeigel, Anemonen und vieles mehr beobachten.
Besonders angetan haben es mir die Winkerkrabben, die mit ihrer einzeln zu groß geratenen
Schere witzig seitlich laufen, manche einen seltsamen Schaum vor dem Gesicht haben. Ich
habe sogar die Gelegenheit, wie eine Krabbe eine Muschel mit ihrem Riesenarm aufknackt
und verspeist. Das alles live, in Farbe und vor unserer Nase. Wir wären gern den ganzen Tag
geblieben, aber unser Sportwagen ruft und möchte mit uns die Traumstraße (Hwy #1) weiter
fahren. Vorbei an alten Brücken, den schönsten Küstenaussichten und immer der Sonne
entgegen. Kaum ein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. Wir sind mitten drin im Big Sur, dem
wohl bekanntesten Küstenabschnitt der USA. Der Highway mäandert direkt am Meer entlang
wie eine Achterbahn. Diese Küsten war lange Zeit abgeschnitten von der Zivilisation. Erst mit
dem Bau der Bixby-Bridge von 1932 und dem Highway entwickelten sich kleine Dörfer
entlang des Pazifiks. Somit sind wir nicht die einzigen die hier herumcruisen. Ganz anders als
vor fünf Jahren, ist ein Mustang-Cabrio keine Seltenheit mehr auf der Straße. Trotz relativ
dichtem Verkehr genießen Frank und ich jeden Ausblick und fotoraphieren jeden traumhaften
Strand. Nur die zu großen RVs sind etwas fehl am Platz, da sie den ganzen Verkehr immens
aufhalten, da die Straße oft zu enge Kurven hat. Wir legen einen Zwischenstopp bei den
McWay Fall ein, der zum Julia
Pfeiffer Burns Big Sur State
Park gehört, welcher heute total
überlauf ist. Wir finden einen
Parkplatz direkt auf dem
Highway, da die Offiziellen voll
sind und beschließen, gerade
weil heute extrem viel los ist,
über den Zaun zu hüpfen und
etwas illegal zu dem Wasserfall
hin zu laufen. In einer
idyllischen Bucht fällt der
McWay Creek senkrecht von
einer Klippe 25 m in die
Brandung auf einem Strand. Der Ozean ist türkisblau und kleine Vögel baden und trinken in
dem kleinen Pool des Wasserfalls. Traumhaft romantisch. Unbedingt einen Halt wert. Da uns
aber die Menge an Leuten stört, zieht es uns weiter bis zum Hearst Memorial State Beach.
Dabei kommen wir noch an einem langen Sandstrand vorbei mit hunderten von Seeelefanten.
Unsere stetigen Wegbegleiter. Die versteckte Bucht befindet sich in der Nähe von San
Simone bei der Mission. Hier finden wir einen sehr ruhigen Strandabschnitt in einer grünen
Bucht mit warmen Sand und einer kleinen Brandung, die uns ein wenig in den Schlaf wiegt.
Ich wechsle in meinen Bikini (Umziehmöglichkeiten und Toiletten vorhanden), stapfe etwas
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
in der Brandung herum und schnaboliere mit Frank unsere italienisch belegten Baguettes.
Diese Nacht verbringen wir in einem sehr ruhig gelegenen Motel in Shell Beach (Vorort von
Pismo Beach), welches direkt in einem Wohngebiet nur 100 m von der Strandpromenade
liegt. Wir decken uns mit Brotzeit und einer leckeren Flasche Wein ein, pilgern zum Pazifik
und machen es uns gemütlich auf einer Parkbank. Wir haben einen fantastischen Blick auf die
untergehende Sonne über dem Pazifik aus erster Reihe. Neben uns hockt sich ein Anwohner
mit seiner Gitarre hin und spielt ein paar wunderschöne Songs und singt ganz dezent dazu. Ich
komme mir vor wie in einem Traum. Die Sonne fällt als tiefroter Ball in das tiefblaue Meer.
Atemberaubend!
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Dienstag, 30. September 2014
Bei strahlendem Sonnenschein geht es auf dem Hwy # 101 nach Santa Barbara an weiten
Erdbeerfeldern und Weinbergen vorbei. Als erstes wollen wir die Morgenstimmung von Santa
Barbara von ganz oben genießen und machen den ersten Stopp heute bei den Chumash
Painted Cave State Historic Park in den Santa Ynez Bergen über Santa Barbara. Die Straßen
dorthin werden immer enger und wir haben einen weiten Blick über die traumhaft gelegene
Stadt in Südkalifornien. Wir können sogar die vorgelagerten Channel Islands erkennen. Auf
den engen Straßen kommen uns zahlreiche Rennradler entgegen, was Frank besonders gut
gefällt. Es handelt sich um eine kleine Höhle im Sandstein, in der das Volk der Chumash
Höhlenmalerei hinterlassen haben. Die Malereien sollen bis zu 1000 Jahre alt sein, wurden
mit mineralischen Farbpigmenten an die Höhlenwände gezeichnet und sollen ihr damaliges
Verständnis des Universums darstellen. Während der Rückfahrt haben wir die Gelegenheit in
das Hinterland von Santa Barbara zu blicken und entdecken eine total bunte Hügellandschaft.
Vor fünf Jahren haben wir den
bekannten Strand, den Pier und
die Halfpipes an der Promenade
besichtigt. Heute wollen wir uns
historisch weiter bilden und
steuern die Mission Santa
Barbara an. Es ist eine schöne
Mission
mit
kleinen
Arkadengängen, wundervollen
Gärten und einem tollen
Feigenbaum auf dem Friedhof.
Auch ein altes Aquädukt ist
noch erhalten. Die Mission
wurde 1786 von Pater Fermin
Lasuen gegründet, 1820 fertiggestellt und repräsentiert somit die typisch spanische Bauweise.
Bis heute ist sie im Besitz des Franziskanerordens. Am markantesten sind die Doppeltürme
aus hellem Sandstein. 1925 wurde die Mission aufgrund eines heftigen Erdbebens stark
zerstört und wurde original getreu wieder aufgebaut. Zweck der Mission war es das Volk der
Chumash zum Christentum zu bekehren. Nachdem wir uns nun geschichtlich weiter gebildet
haben, wollen wir das Auto waschen und Postkarten abschicken. Danach müssen wir uns auf
eine etwas längere Autofahrt einstellen, da unser nächster Halt Palm Springs ist. Erst geht es
8-spurig direkt an der Küste entlang toller kalifornischer Strände, dann durch goldene
Hügellandschaften und geradewegs hinein in den Straßenmolloch LA. Das Thermometer
schnellt schnurstracks von 15°C auf 35 °C hoch. Mitten in LA stehen wir natürlich bei größter
Hitze im Stau trotz der endlos breiten Interstate. Zwischendurch zähle ich 12 Spuren! Bald
checken wir, dass wir den Car Pool ganz links benutzen dürfen und können ab und zu an den
Massen vorbei fahren. Unglaublich: in der Mitte zwischen den beiden Fahrtrichtung gibt es
noch eine Bahnlinie und ein langer Zug rauscht an uns vorbei. An manchen Stellen
überqueren sich zig Straßen gegenseitig. Die Interstate lässt erste Blicke auf die bekannte
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Skyline von Downtown zu. Im riesigen Industriegebiet fahren wir auch über den einen oder
anderen Wasserkanal, der natürlich zurzeit trocken ist. Hier wurden zahlreiche
Verfolgungsjagden gedreht. Nach San Bernardino lassen wir LA hinter uns und müssen
erstmal auf einer Restarea eine kurze Verschnaufpause einlegen. Armer Frank! Wir würgen
das völlig vermatschte Sandwich herunter. Es geht weiter auf der I-10 East an einem riesigen
Windradpark vorbei auf dem San Bernardino Pass. In Palm Springs habe ich für diese Nacht
ein schickes Hotel herausgesucht, das Ivy Palms mit 2 Pools, 2 Whirlpools, welche sogar
schön warm sind und in welchen ich ganz alleine 20 min relaxen kann. Es ist nichts los hier.
Die Pools befinden sich in einem grünen Garten mit schattenspendenden Palmen, blühenden
Blumen und sogar Kolibris schwirren um die Blüten herum! Wir genießen eine erfrischende
Cola in einem knallroten Schaukelstuhl. Zwischendrin decken wir uns mit Brotzeit und
Getränke in einem nahe gelegenen Supermarkt ein. Auf dem Parkplatz entdecken wir einen
SUV, in dem ein weißer Pudel sich die kalte Luft der Klimaanlage um die Ohren blasen lässt.
So was habe ich noch nie gesehen. Hinter den Santa Rosa und den San Jacinto Mountains
geht die Sonne allmählich unter. Palm Springs liegt im Coachella Valley und hat ca. 44000
Einwohner. Seit den 60er ist Palm Springs eine Art Kurort für die High Society, wo man vor
allem dem Golfschläger schwingen kann. Ende des 19. Jh. war Palm Springs eine Heilwiese
für Lungenkranke. Wir genießen einfach das Wüstenklima, die Annehmlichkeiten einer Oase
und runden den Tag ab mit einem Rindersteak woodfired im Outback-Steakhouse. Dazu gibt
es bei mir einen bunten Salat und bei Frank eine scharfe mexikanische Suppe.
Hmmmmmmm!
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Mittwoch, 01. Oktober 2014
Zum Frühstück gibt es frisch gebackene Waffeln mit gesalzener Butter und Ahornsirup. So
kann der Tag beginnen. Wir fahren bei Sonnenschein und nur 20°C los. Herrlich erfrischend.
Heute geht es zum letzten National Park auf unserer Reise, dem Joshua Tree National Park.
Auch hier waren wir vor genau fünf Jahren schon einmal und waren total begeistert von der
schönen Wüstenlandschaft. Am Eingang zeigt das Thermometer dann doch knapp unter 30°C
an, aber ein kühlender Wind hält uns bei Laune. Der National Park wurde 1994 erst gegründet
und schützt zwei verschiedene Wüstenlandschaften. Im Süden befindet man sich in der
Colorado-Wüste (Teil der Sonora), die unterhalb 1000 m liegt, und im Norden herrscht die
höher gelegene Mojave Wüste. Hier befinden sich auch die berühmten Joshua Trees, die eben
erst ab einer Höhe von 1000 m wachsen und als Yuccabaum zur Palmlilienfamilie gehören.
Sie sind frosttolerant und brauchen kalte Wetterperioden um zu wachsen. Die
Trockenperioden überstehen sie durch die kleinen spitzen Blätter, die kaum Verdunstung
zulassen. Den Namen bekamen
diese
Bäume
von
den
Mormonen, die in ihnen den
Propheten Joshua sahen, wie er
während einer Predigt die Arme
nach oben streckt. Weiteres
Highlight hier ist das Gebiet des
Wonderland of Rocks. Aber
dazu später. Allgemein fällt uns
auf, dass die Wüste extrem grün
ist und sogar blüht. Hier hat es
wohl auch letzte Woche, wenn
auch nur kurz, geregnet. Ein
großes Glück die Wüste blühen
zu sehen. Im Visitor Center lasse ich uns wieder einige Wanderwege empfehlen von einem
sehr netten Ranger. Es geht los und wir halten zunächst beim Cholla Cactus Garden im Teil
der Sonora-Wüste. Entlang der Straße wachsen Smoke-Trees, die aussehen, als ob sie kokeln,
und Kreosote-Büsche. Überall blüht es gelb, weiß und sogar rosa. Im Cholla Cactus Garden
führt ein kleiner Lehrpfad durch eine Cholla Kaktus Kolonie. Mittels eines Büchleins erfährt
man allerlei interessanten Dinge über diesen auch Teddybär genannten Kaktus. Er heißt so, da
er aus der Ferne wie ein flauschiger Teddy aussieht. Aber Vorsicht vor seinen Stacheln mit
fiesen Widerhaken! Die Stacheln durchdringen Schuhsohlen wie Messer. Die Gliedmaßen
können von den Mutterpflanzen abfallen, von Tieren weiter getragen werden und irgendwo in
der Wüste auf dem Boden wieder weiter wachsen. Auch hier zeigt der Regen seine Wirkung:
die Kakteen blühen. In ihren stacheligen Armen suchen Vögel Schutz und brüten ihre Eier
aus. Leider können wir dieses nicht beobachten. Was uns aber auffällt ist, dass hier im Park
wesentlich weniger los ist als in den anderen. Nächster Halt Arch-Rock-Trail. Dieser kurze
Wanderweg führt uns durch die rundesten Steinformationen und erklärt uns, wie so etwas
entstehen kann. Diese Jumbo-Felsen entstanden vor mehr als 100 Millionen Jahren, als
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Magma unterhalb der Erdoberfläche abkühlte und diese großen silikathaltigen Felsen formte.
Grundwasser schliff dann die eckigen Felsen ab und durch Überschwemmungen wurden diese
runden Jumbo-Rocks freigelegt. Hin und wieder flattern kleine Vögel an uns vorbei und
Frank entdeckt hier und da kleine giftgrüne Eidechsen. Unter den Felsformationen gibt es
auch eine, die sich Skull Rock nennt. Tatsächlich, der Fels sieht aus wie ein Totenkopf. Nun
geht es immer höher und wir gelangen urplötzlich in einen dichten Wald aus Joshua Trees.
Wir wollen uns auf eine längere Wandertour begeben und steuern über eine Schotterpiste den
Lost Horse Mine Trail an. Noch vor dem kalifornischen Goldrausch 1849, wurden
Goldvorkommen im jetzigen Gebiet des Parks entdeckt. Am Ende entstanden ungefähr 300
Minen. Mit der Lost Horse Mine wurde Gold und Silber im Wert von 5 Millionen Dollar
(Wert zu unserer Zeit) gefördert. Der Name der Mine ist wohl auf ein verlorenes Pferd eines
Viehtreibers zurückzuführen, der im Nachhinein hier diese Mine baute und reich wurde.
Dieser Wanderpfad entpuppt sich als länger als erwartet und ist auch zwischendrin nicht
ausgeschildert. So müssen wir bestimmt 10 km durch die
weite Wüste laufen mit hoffentlich genügend Wasser und
hoffentlich dem richtigen Weg. Am Ende kommen wir an
einem steinernen Kamin und einem verrosteten Bett
vorbei. Ein paar Kilometer weiter stoßen wir auf Löcher in
den Felsen, wo die Menschen nach neuen Goldadern
gesucht haben. Schließlich entdecken wir die alte Mine.
Juhuuu, wir haben uns nicht verlaufen! Was für ein
Abenteuer. Diese Mine wurde bis in die 30iger Jahre des
20. Jh betrieben. Der Wanderweg lockt mit tollen
Aussichten auf braunschwarze Krater in einer verlassenen
Wüstenlandschaft. Am Auto wieder angekommen sind
Frank und ich total ausgelaugt, etwas platt aber super froh
angekommen zu sein. Dann geht es ganz gemütlich zum
Keys View, wo man einen schönen Blick auf die San Andreas Verwerfung aus einer Höhe
von 1580 m hat. Hier sieht man richtig gut, wie die pazifische Platte an der
Nordamerikanischen vorbei driftet. Unser Roter Faden während der Rundreise  Da wir
heute eine spitze Fernsicht haben, können wir bis über den Salton Sea hinaus bis zu den
Bergen von Mexiko sehen. Auch sehen wir die Oase von Palm Springs. Wir erholen uns von
den Strapazen der Wanderung und beobachten eine amerikanische Familie, die sich aus ihrem
Auto ausgesperrt hat. Sehr unterhaltsam. Eine letzte kleinere Wanderung wollen wir noch auf
uns nehmen. Es geht zum Barker Damm. Hier hat sich ein Farmer aufgehalten, in den engen
Tälern sein Vieh weiden lassen und hat auch diesen Damm gebaut, der heute tatsächlich etwas
Wasser führt. Die Vegetation hier ist sehr grün, es blüht mal wieder überall und wir entdecken
stinkende Ködel von Dickhornschafen auf den Felsen. Leider sehen wir keines der Tiere.
Schade! Am Ende des Trails kommen wir noch an Steinmalereinen der Ureinwohner vorbei,
sogenannten Petroglyphen. Nun sind wir von den ganzen Eindrücken total ermüdet und
machen uns auf in Richtung LA. Es geht zum gebuchten Motel Zimmer in einem Days Inn in
San Bernardino immer der Sonne entgegen. Wir kommen durch tiefe Canyons und durch
einen riesigen Windradpark auf der Passhöhe. Als letzten Zwischenstopp wählen wir ein
großes Outlet Center „Desert Hill“ ebenfalls auf der Passhöhe und genehmigen uns erstmal
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Burger und Eis. In den Läden sind nur Asiaten, die sich mit kitschigen Handtaschen von
Coach und Klamotten von GAP eindecken. Die Freunde ziehen die Einkäufe in großen
Koffern hinter ihren Liebsten hinterher. Ich finde hier in den Läden gar nichts. Es gibt fast nur
Designerklamotten, aber die Qualität ist wesentlich schlechter als bei uns. Auch das Design
der Taschen ist bestimmt extra auf den asiatischen Geschmack abgestimmt: Schleifchen…
Amüsant zuzuschauen. In San Bernardino angekommen runden wir den Tag mit einem
Besuch in einem Steakhouse ab. Ich lasse mir ein Chickensandwich mit gegrillter Avocado
und
knusprigen
Speck
schmecken.
Totmüde
fallen
wir
ins
Bett.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Donnerstag, 02. Oktober 2014
Das Frühstück im Days Inn kann man wirklich empfehlen: es ist lecker und der Kaffee ist
stark genug um in den Tag zu starten. Wir haben erst mal eine weite Fahrt vor uns, der uns
120 km lang durch das Moloch LA führt. Davon stehen wir 30 km im Stau! Wir fragen uns,
wie die Leute dies nur schaffen: rechtzeitig zur Arbeit zu kommen oder besser gesagt,
überhaupt zur Arbeit zu kommen. In der Mitte der Interstate rauscht immer mal wieder ein
Zug durch. Vielleicht bringt das ja einen schneller voran. Frank und ich stellen fest: heute ist
es extrem heiß und die Luft mit Abstand die dickste bisher. Da hat der Wetterkanal gestern
Abend wohl Recht gehabt, dass wir dieses Wochenende in LA backen werden. Endlich
erreichen wir unser heutiges Ziel: das Getty Center! Das Kunstmuseum liegt in Brentwood
von LA und umfasst die unglaubliche Kunstsammlung von J. Paul Getty. J. P. Getty war ein
sogenannter amerikanischer Öl-Tycoon und war auch als Kunstliebhaber bekannt. Seine
Sammlung umfasst ca. 50.000 Werke, welche man umsonst in seinem Museum bestaunen
kann (oder zumindest einen Teil davon). Frank und ich werden nicht nur wichtige
Kunstwerke / Gegenstände der Renaissance, Barocks und wenige der Moderne entdecken,
sondern auch oder vor allem die Architektur bestaunen können. Der Gebäudekomplex wurde
vom US-amerikanischen Architekten Richard Meier entworfen, wobei der Bau an sich von
1991 bis 1997 andauerte. Hoch über Beverly Hills thront ein weißer Gebäudekomplex mit den
schönsten Gärten, wo wir aus den verschiedensten Blickwinkeln die Stadt erleben können.
Wir sind total platt und
überwältig. So eine Aussicht
hätten wir nicht erwartet. Man
muss wirklich nur 15 Dollar für
das Parkhaus berappen und kann
dann kostenlos und so lange wir
möchten den Tag dort genießen.
Wir kommen pünktlich zur
Führung, die um 11:00 beginnt
und die uns die Highlights der
Ausstellung zeigen wird. Unsere
kleine Gruppe wird von einer
sehr sympathischen kleinen Frau
durch die Räume geführt. Jeder
hat ein Walkman an, wo man ihre Stimme hört. So muss sie nicht schreien, damit sie jeder
versteht. Sie führt uns zu ihren Lieblingen und hat tolle und einleuchtende Erklärungen dafür
parat. Es ist super interessant, nur leider kann ich mir nicht wirklich viel davon merken. Wir
genießen einfach den Augenblick. Unter anderem bewundern wir Originale von Rubens,
Monet und van Gogh (Irises)! Dann führt sie uns auf die unglaubliche Aussichtsterrasse und
zeigt uns wie unheimlich schön LA ist. Wir haben diese Mal Glück mit der Fernsicht und
können sogar den Pazifik ausmachen. Nach der kurzweiligen Führung machen wir es uns im
Schatten gemütlich und mampfen einen Muffin und schlürfen einen Kaffee stets Ausblick auf
die Wolkenkratzer in der Ferne. Nach der kulturellen Weiterbildung bewundern wir die
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
grünen Gärten, die künstlich angelegten Wasserläufe, wo sich eine Schulklasse von LA
tümmelt (die Kinder sehen wohl selten Wasser), Kakteengärten und wunderschöne
Granatapfelbäume. Total erholt stürzen wir uns wieder in den never ending Stau von LA nur
um den ältesten betriebenen McDonalds der Welt anzusteuern. 3 Stunden für 30 km! Er
befindet sich in Downey. Äußerlich ist er wirklich sehr originalgetreut und schön hergerichtet.
Leider lässt der Service schwer zu wünschen übrig und die Qualität der Burger auch. Zudem
brutzel ich bei über 40 °C im Schatten auf einer Teerwüste… Danach geht es ab nach
Downtown. Spätnachmittags hat sich der Verkehr Gott sei Dank etwas beruhigt. Unser letztes
Hotel der Reise ist das Millenium Biltmore mitten im Geschehen und wir parken im Parkhaus
unter dem Pershing Square, da der Parkplatz des Hotels für dieses Wochenende reserviert ist
für die Filmcrew, die zur Zeit in unserem Hotel dreht. Hollywood am Start! Das „Biltmore“
gehört zu den bekanntesten Luxushotels und wurde 1923 eröffnet. Damals war es das größte
Hotel der Welt westlich von Chicago. Das Hotel wurde im Stil der spanisch-italienischen
Renaissance gebaut. Das Innere ist geprägt von Marmorbrunnen, hölzerner Decken und
wunderschönen Blumenarrangements. Im Cafe sind nicht einmal die Preise für eine Tasse Tee
ausgeschrieben. Frank und ich
checken
mit
unseren
Rucksäcken ein und bekommen
für viel Geld ein „kleines“
Hotelzimmer mit ohne Blick.
Wahrscheinlich ist es die
Besenkammer des Hotels, uns
reicht es aber und wir freuen
uns
hier
in
diesem
weltbekannten,
historischen
Hotel übernachten zu können.
Das Hotel ist riesig und hat
mehrere ballrooms. Acht mal
fanden
hier
die
Oscarverleihungen in den 30er
bzw. 40er Jahren statt. Während des 2. Weltkrieges kam hier das Militär unter. Jahre später
wählte auch John F. Kennedy die Präsidentensuite aus während seines Aufenthalts in LA.
Nebenbei wurden noch bekannte Filme hier gedreht wie Chinatown, Ghostbusters, Beverly
Hills Cop, Independence day etc. Nach einer erfrischenden Dusche ziehen Frank und ich um
die Wolkenkratzer herum auf der Suche nach einem kleinen Supermarkt. Uns fällt auf, dass
vor jedem Hochhaus Security steht und wirklich in den kleinsten, dunkelsten Ecken die
seltsamsten Gestalten rumhingen. In einem Supermarkt warnt uns die Security davor in die
Parallelstraße zu gehen. Guter Tipp! Während meinen Urlaubsvorbereitungen bin ich auf die
Rooftop-Bar im The Standard gestoßen und habe diese in unseren Urlaub natürlich
miteingeplant. Wir dürfen das Foyer sogar ohne Kontrolle betreten und fahren mit dem
Aufzug in den obersten Stock des Hotels und kommen direkt auf der Dachterrasse heraus.
Von hier oben haben wir einen sagenhaften Blick auf die blinkenden Wolkenkratzer und sind
mitten drin! Wir sind total überwältigt. Nachdem wir einen gemütlichen Platz unter den
ganzen Bänkern, Managern und Hippstern gefunden haben, hole ich uns ein Bier und wir
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
genießen einfach nur das Lichterspiel um uns herum, den heißen Herbstabend und werden
schon etwas wehmütig, da der Urlaub sich dem Ende zuneigt. Wir kommen ins Gespräch mit
einem Pärchen, das direkt Downtown wohnt und nur selten Zeit hat hierher zu kommen. Die
Frau ist sogar downtown aufgewachsen. Wir quetschen sie über das Leben hier aus und die
Arbeitsbedingungen. Sie sagten u.a., dass der Stau am Wochenende aufhört, da alle aus der
Stadt flüchten: Also das nächste Mal Freitag bis Sonntag kommen! Es sind harte
Arbeitsbedingungen, aber sie beklagen sich nicht. Nach einer weiteren Runde Bier entdecken
wir noch einen Pool auf dem Dach und beschließen, dass wir morgen nochmal kommen
wollen. Beim Verlassen des Hotels grüßt uns noch ein wohl sehr bekannter Basketballer aus
einem Porsche Cayenne heraus, der gerade auf den Weg rauf auf die Terrasse ist. Keine
Ahnung wer das war, egal! Total geblendet schlafen wir in unserem weichen Bett ein.
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Reisebericht USA September/ Oktober 2014
Freitag, 03. Oktober 2014
Am nächsten Morgen kaufen wir uns ein Frühstück beim nahe gelegenen Starbucks und
machen es uns im Pershing Square vor unserem Hotel gemütlich und genießen den Schatten
der Wolkenkratzer bevor die große Hitze uns wieder hat. Dieser Platz ist der größte
öffentliche Platz in Downtown, existiert seit 150 Jahren und wurde schon zigmal umgestaltet.
Heute Vormittag werden wir hier in Downtown einen längeren Spaziergang machen und uns
die Sehenswürdigkeiten anschauen. Zunächst marschieren wir bis zur City Hall, an welches
ein grüner Park anschließt. Das Gebäude ist sehr beeindruckend. Ihn krönt ein großer Turm
im Art-Déco-Stil (wie die Gebäude in Miami Beach) mit einem pyramidenförmigen Dach. Es
wurde aus kalifornischem Granit gebaut und war damals das höchste Gebäude in der Stadt
(1920 – 1959). Danach stoßen wir auf die Cathedral of our Lady oft he Angels, eine sehr
moderne Kirche mit anschließendem Park und einem Café (gebaut 2002). Die Kathedrale ist
sehr modern und schlicht designt. Ich schaue mir sie auch von Innen an und freue mich über
die kühle Luft! Auch Innen ist sie von Einfachheit geprägt, aber wunderschön. Nirgends ist
irgendein größeres Kunstwerk bzw. Christistatue ausgestellt, bis auf ein Bild, welches mit
seiner Größe, Buntheit und Schönheit vollkommen ausreicht. Weiter geht es zur Walt Disney
Concert Hall. Hier wollte ich eigentlich mit Frank ein Konzert anhören. Leider sind selbst die
Nachmittagsvorstellungen so unverschämt teuer (250 $ pP), dass es mir nicht wert war.
Trotzdem ist die Philharmonie von außen sehenswert. Es gleicht einem Segelschiff und durch
seine Edelstahloberfläche glänzt es in der Sonne Kaliforniens wie kein anderes Gebäude. Der
Bau hat 50 Millionen Dollar gekostet, welche von der Witwe Walt Disneys gespendet wurde.
Entworfen wurde es von dem berühmten Architekten Gehry. Zum zweiten Frühstück
erreichen wir den Grand Central
Market, der mit seinen vielen
unterschiedlichen Imbissen und
Gemüse- bzw. Obstständen
lockt. Seit 1917 kaufen hier die
Anwohner ihr Gemüse, Fleisch
und andere Lebensmittel täglich
frisch ein. Hauptsächlich sind
hier Mexikaner und Chinesen,
die die Stände betreiben. Es ist
10 am und nicht nur wir essen
eine chinesische Nudelsuppe
und ein Geflügelgeschnetzeltes
zum Frühstück. Die Chinesin hat
es Frank empfohlen. Das reicht bis heute Abend! Es ist extrem lecker, fast besser als das food
in Chinatown von San Francisco. Wir tingeln weiter durch die Stände und kommen an einen
mexikanischen Imbiss. Der Latino dreht mir einen Tacco an mit frittierter Schweineschwarte
und Fleisch. Da nur Mexikaner dieses Zeug essen, muss es original sein und gut. Ich beiße
herzhaft hinein. Uaaahh, so was Ekliges habe ich schon lange nicht mehr gegessen. Es
schmeckt extrem nach Schwein. Im richtigen Augenblick lasse ich den Imbiss in einem
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Mülleimer verschwinden. Daran müsste ich mich erst gewöhnen. Auch hier in den Eingängen
sind überall Security. Selbst als Frank auf die Herrentoilette kurz verschwindet, wird er von
Securities verfolgt um zu sehen, was Frank dort so macht, aber auch, dass ihm nichts passiert.
Irgendwie seltsam für uns so beobachtet zu werden. Draußen entdecken wir in einem Baum
Papageien, die um die Wette krächzen. Hätte ich jetzt gar nicht erwartet hier… Gegenüber
dem Markt befindet sich der Angels Flight (übrigens beides Schauplätze aus dem Film „Stadt
der Engel“), welches eine Standseilbahn auf Gleisen ist, die die Bevölkerung von oben des
Bunker Hills nach unten auf den Broadway zu bringen. Gebaut 1901. Leider ist sie seit einiger
Zeit aus Sicherheitsgründen gesperrt. Wie schade, ich wäre gern mit ihr gefahren. Eigentlich
wollte ich zwischendrin mal Postkarten und ein paar Souvenirs kaufen. Uns fällt auf, dass
nirgends Touristen herumlaufen und auch keine Läden vorhanden sind, wo wir viel Geld für
Schund ausgeben könnten. Irgendwie sympathisch. Weiter geht’s zur Public Library. Es ist
ein super großes, vor allem unterirdisch mehrstöckiges Gebäude, welches für jeder Mann
offen ist. Hier können Erwachsene umsonst Leseunterricht nehmen. Für jeden gibt es ein
Tablet um ins Internet zu gehen oder sonstige Arbeiten zu erledigen. Die Bücherei wurde
1930 gebaut und spiegelt eine byzantinische, spanische Bauweise wider und enthält natürlich
wieder Art-Déco-Elemente. Hier kann ich auch endlich ein paar Kunst-Postkarten kaufen. Im
Park drum herum machen wir eine kurze Pause und schreiben die letzten Karten fertig. Nach
diesem ausgedehnten Spaziergang wollen wir ein letztes Mal an den Pazifik fahren und
suchen uns Venice Beach aus. Vor fünf Jahren hatten wir nur Zeit für Santa Monica. Bevor
wir aber in Venice ankommen, quälen wir uns wieder durch den dichten Verkehr. Jeglichen
Schildern für Touristen-Parkplätze weichen wir aus und finden einen ganz regulären Parkplatz
ganz vorne an der Promenade für viel geringere Gebühren. Man muss hier echt andere Wege
gehen wie der gemeine Tourist. Das haben wir nun schon oft gelernt, v.a. was Parkplatzsuche
angeht. Am Ende haben wir statt satte 8 $, nur 1,25 $ gezahlt. In der sengenden Hitze
schlendern wir auf den Pier hinaus und staunen über die sehr hohen Wellen, die auf den
Strand zurasen. Tatsächlich beobachten wir das erste Mal, was genau ein Ripcurrent ist und
dass es wirklich so aussieht, wie es immer beschrieben wird. Eine sichtbare Strömung vom
Strand hinaus ins offene Meer.
Zusätzlich verfängt sich vor
unseren Augen noch ein
Schwimmer in der Strömung
und
wird
von
einem
waschechten Baywatch-Typen
(wie im Fernsehen!) gerettet.
Die haben sogar diese gelben
Autos! Nun zieht es uns auf den
super laaaaangen Sandstrand.
Hier fängt es richtig an zu
brutzeln. Den Leuten hier
scheint die Hitze gar nichts
auszumachen. Angekommen auf
der Promenade, werden wir extrem enttäuscht. Unter Venice Beach verstehe ich eigentlich
reiche und hübsche Menschen, die jeglichen sportlichen Aktivitäten nachgehen. Wir werden
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überrascht von hässlichen Ramschläden, heruntergekommenen Cafés und den ersten
Haschbuden (in Kalifornien ist es legal Haschisch für den Eigenbedarf zu kaufen und zu
konsumieren). Überall hängen besoffene Penner herum, die meinen, sie wären besonders
kreativ und cool. Schrecklich! Ich bin sehr enttäuscht. Wir fahren wieder zurück nach
Downtown und freuen uns auf unser erholsames nobles Hotel, wo gerade zwei Awards
vergeben werden. Das erkennen wir an den vielen Schildern und den schick gekleideten
Leuten. Wir duschen heute sehr lange und freuen uns auf einen abschließenden Abend auf der
Rooftopbar, auch wenn heute Abend, es ist Freitag, jeder 20 Dollar Eintritt zahlen muss. Es ist
jeden Cent wert! Wir merken aber, dass Wochenende ist: in der Bar ist viel weniger los als
gestern. Es stimmt wirklich, dass am Wochenende die Menschen aus der Stadt flüchten. In
Ruhe nuckeln wir an unserem Bier und schauen einen japanischen Animée-Film an, welcher
auf eine Hauswand in weiß-Gott-welcher Höhe projiziert wird. Ein angemessener Abschluss.
So aufregend wie die drei Wochen waren, was wir alles erlebt haben, freuen wir uns wieder
auf daheim. Es war doch sehr anstrengend. Der Heimflug am nächsten Tag war ganz
entspannt trotz Umsteigen in Washington mit nur kurzem Aufenthalt. Danach werden wir von
der Crew der Lufthansa regelrecht verwöhnt. Da kommt man gerne wieder nach Hause.
Während ich das hier aber schreibe, schleicht sich ein großes Fernweh nach Kalifornien ein…
Trotz der vielen Probleme, die es hat, und Widersprüchlichkeiten, für mich ein Paradies auf
Erden!
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