Das Smartphone weist den Weg zum Schatz

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Das Smartphone weist den Weg zum Schatz
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Samstag/Sonntag, 25./26. Juli 2015
SOMMERTOUR
GENERAL-ANZEIGER
FRISCHLUFT Für Leser und Hörer haben Radio Bonn/Rhein-Sieg und der General-Anzeiger einen Geocache mit mehreren Stationen versteckt.
Erfahrene Cacher und Familien haben ihn gesucht – und wurden mit Eiscreme, Spielzeug und einem Eintrag ins Logbuch belohnt
Das Smartphone weist den Weg zum Schatz
VON KATRIN PUVOGEL,
JESSICA LAMBERTZ
UND ANDREAS DYCK
SWISTTAL. Eigentlich hat Oliver
Engels den Blick eines Profis. Doch
seit einigen Minuten läuft der 39jährige Soldat aus Meckenheim
ziemlich ratlos auf einem Feldweg
hin und her. „Das muss doch irgendwo hier sein“, murmelt er,
während er auf sein Handy starrt.
Engels ist leidenschaftlicher Geocacher, also auf Schnitzeljagd mit
einem GPS-Gerät. Er hat bereits
über 2000 solcher Schatzjagden
mitgemacht. Doch an der fünften
Station des Geocaches, den der
General-Anzeiger zusammen mit
Radio-Bonn/Rhein-Sieg gelegt hat,
wird der hochgewachsene Mann
ratlos. Zwei gelbe Gaszähler hat er
bereits inspiziert, auf Zehenspitzen mit einem Teleskopspiegel
auch die letzten Ecken abgesucht.
„Aber die Koordinaten stimmen
doch “, fragt er sich verwundert.
Wir haben es ihm wirklich nicht
leicht gemacht – obwohl wir als
Laien anfangs nur eine vage Ahnung vom Geocaching hatten. Darum mussten wir uns professionelle Hilfe holen: Michael Ponath
aus Buschhoven hat in NordrheinWestfalen die meisten nicht-kommerziellen Caches versteckt,
schon mehr als 260 sind es mittlerweile.
Unser Sommertour-Cache soll
ein sogenannter „Multi“ werden,
also eine Schnitzeljagd mit mehreren Stationen. Dafür müssen wir
uns zunächst die Strecke überlegen. Nur wenige Meter von Po-
Sie haben den Bienenstock entdeckt: Wolfgang Köhn und sein Sohn Felix suchen nach dem Hinweis mit den Koordinaten der nächsten Station.
naths Haus beginnt der Kottenforst. „Ich kenne den Wald sehr
gut und weiß auch, wo hier noch
keine Caches liegen“, erklärt er bei
der Ortsbegehung seiner „Home
Zone“. Das ist wichtig, denn: Ein
Geocache muss mindestens 161
Meter vom nächsten entfernt sein.
„Damit die Sucher nicht aus Versehen den falschen Cache finden
und dann die Reihenfolge durcheinanderkommt“, erklärt Ponath.
Hat man sich eine Strecke und die
Orte für die Verstecke überlegt,
müssen diese Punkte mit dem
GPS-Gerät ausgemessen werden.
„Wir arbeiten die Strecke rück-
wärts ab“, sagt Ponath – also heißt
es umdrehen. Denn: „Damit die
Rätsel aneinander anschließen, ist
es sinnvoll, den Ort wo sie hinführen zuerst anzusehen“, erklärt
der Geocaching-Experte.
Besonders wichtig beim Verstecken für Unerfahrene wie uns: Genau aufschreiben, welcher Cache
wo liegen soll, welche Koordinaten er hat, und welches Versteck
davor auf ihn hinweist – damit
kein Chaos entsteht. „In den Dosen kann man nicht nur die nächsten Koordinaten nennen, sondern
zum Beispiel auch Hinweise geben, worin man ihn versteckt hat.“
Michael Ponath hat jede Menge
kreative Ideen: Zum Beispiel
schlägt er vor, einen künstlichen
Bienenstock selber zu basteln. Dafür sprüht er Bauschaum auf ein
Stück Pappe und besprüht es mit
brauner Farbe. In die Mitte kommt
eine Plastikrohr, in dem Platz für
die Dose ist. „Den können wir an
der zweiten Station mit Kabelbindern an einen Baum hängen“, erklärt Ponath.
Beim Verstecken ist es wichtig,
dass die Sucher die Natur nicht beeinträchtigen, also zum Beispiel
nicht quer durchs Gelände laufen
müssen. Zum Geocachen ist Po-
nath übrigens gekommen, weil er
sich versehentlich auf einen
schlecht versteckten Geocache
setzte. Seither hat er die ganze Familie mit dem Hobby angesteckt:
„Für die Kinder ist es super, weil
ein für sie langweiliger Waldspaziergang plötzlich zum Abenteuer
wird.“ Er versteckt die Caches
auch, um besondere Orte zu zeigen, etwa einen guten Ausblick.
Wir müssen nun die Dosen mit
den Zetteln befüllen, auf denen die
nächsten Koordinaten stehen. Ponath laminiert sie: „Falls es regnet.“ Und dann heißt es: Verstecken! Für die erste Station zweck-
entfremden wir ein Straßenschild:
Wir haben auf einem Ausdruck einige Zahlen durch Farbfelder ersetzt. Die Zahlen ergeben die Koordinate der ersten Dose. „Pflanzen wie der Ilex verdecken die Dosen auch im Winter“, rät uns Ponath, als wir unsere Hinweise im
Wald verteilen. Wir binden sie an
ein Stück totes Holz, das im alten
Baumstamm verschwindet oder
verbergen die Röhre in einem extra angefertigten Pfahl. „Wer
nachher sucht, muss eigentlich
immer danach schauen, was nicht
ins Bild passt“, sagt der Experte,
der selbst schon über 7500 Caches
„geloggt“ hat. Wer den Schatz findet, muss sich in das „Logbuch“
eintragen – vergleichbar mit einem Gipfelbuch.
„Geocaching passiert im Geheimen“, erklärt uns Ponath, als wir
auf die ersten Sucher warten. „Ich
wette, ihr habt schon oft Geocacher gesehen, sie aber nicht wahrgenommen.“ Denn wer bei der
Schatzsuche mitmacht, soll das im
Verborgenen tun – damit Unwissende, die in Fachsprache sogenannten „Muggel“, die Caches
nicht zerstören oder stehlen.
Bei uns angekommen ist mittlerweile Oliver Engels, der die
fünfte Station doch noch gefunden
hat. „Das war lustig, abwechslungsreich und es gab super Verstecke“, urteilt der Geocacher, als
er sich sein Überraschungspaket
abholt.
Familie Köhn kämpft unterdessen tatsächlich mit der Technik.
Sie nutzt statt des Smartphones ein
GPS-Gerät – das zeigt aber teils
ungenaue Standorte an. Doch der
kleine Felix hat von der sechsköpfigen Truppe das beste Gespür für
gute Verstecke. „Ich hab's“, ruft er
triumphierend und hält den oberen Schaft eines Holzpfeilers in der
Hand. Die Suche kann für die Familie also weitergehen. An deren
Ende warten wir mit jeder Menge
Eiscreme, Spielzeug und dem Logbuch schon auf sie.
Das Verstecken des Geocaches war aufwendig: Links versenken gerade Jessica Lambertz und Katrin Puvogel eine Dose in einem alten Baum. Michael Ponath (2. Foto von links) erklärt den Volontärinnen, was sie beachten müsFOTOS: ANDREAS DYCK
sen. Für seine Suche hat Oliver Engels (2. Foto von rechts) spezielles Equipment dabei: Hier sucht er mit einem Teleskopspiegel. Familie Köhn (rechts) hat den Cache im Holzbalken gefunden.
„Geocacher erleben sehr viele Geschichten“
INTERVIEW Bernhard Hoëcker über ungewöhnliche Orte, die er auf der Suche nach einem Schatz entdeckt hat
S
eit knapp zehn Jahren ist der
deutsche Komiker und Moderator Bernhard Hoëcker
dem Geocaching verfallen: Zwei
Bücher hat er schon über die moderne Schnitzeljagd geschrieben.
Im Gespräch verrät er Radio
Bonn/Rhein-Sieg Volontärin Jessica Lambertz, was ihn daran so
begeistert.
Sie haben es geschafft, zwei komplette Bücher mit Geschichten über
die moderne Schnitzeljagd zu füllen.
Bernhard Hoëcker: Ja, als Geocacher erlebt man auch einfach
sehr, sehr viele Geschichten. Mein
Techniker und ich sind ein Geocaching-Team. Wir sind durchs
Geocaching an außergewöhnliche
Orte gekommen: Zum Beispiel haben wir in Afghanistan, Turkmenistan und Nordafrika Dosen gefunden. Das alles haben wir dann
zu Papier gebracht.
Aber es muss nicht immer Turk-
menistan sein, oder? Sie suchen
auch in Bonn und dem Rhein-SiegKreis nach besonderen Geschichten...
Hoëcker: Oft sind es hier Kleinigkeiten, die einen überraschen. Ich
war zum Beispiel im Kottenforst
mit dem Rad unterwegs und habe
dort eine Dose gesucht, die hieß
„Alter Römerwall“. Dort findet
man dann so einen länglich gezogenen Hügel. Der für mich immer
nur dieser länglich gezogene Hügel war. Durchs Cachen habe ich
aber gelernt, dass die Römer hier
wirklich einen Wall gebaut haben.
Und das ist so etwas, auf das ich
dann durch das Geocaching gestoßen bin – ein kleines, besonderes Eckchen in Bonn.
Sind diese Geschichten auch Ihre
Motivation?
Hoëcker: Geocaching ist sehr vielfältig. Jeder macht das aus einem
anderen Grund. Der eine will einfach ganz viele Punkte sammeln.
Andere benutzen es als Reisefüh-
rer. Es gibt Caches, bei denen man
dann kleine Rätsel zur Stadt lösen
muss, also zum Beispiel wer in einem Haus gewohnt hat oder welche historische Bedeutung es hat.
Andere benutzen es als Abenteuer
und streifen zum Beispiel durch
alte Gemäuer, die seit Jahren leer
stehen. Oder es wird sportlich: Für
manche Caches muss man aufs
Rad steigen und seine 50 bis 60 Kilometer fahren oder einen Baum
hochklettern.
Das hört sich ja an, als wäre man
unterwegs wie Indiana Jones...
Hoëcker: Es gibt teilweise wirklich Cacher, die unfassbar aufwendige Verstecke bauen. Einmal
bin ich nachts durch ein Gelände
gelaufen, musste durch alte Bunker hindurch und Rätsel lösen. Am
Ende bin ich dann durch einen total engen, schlammigen Schacht in
ein dunkles Loch reingerutscht. In
dem Moment geht das Licht an,
Musik spielt und es steht eine
Sektflasche mit Plastikgläsern
rum. Da hatte das Team, dass diesen Cache versteckt hat, in einem
alten Erdloch einfach eine komplette Partylounge aufgebaut. Und
ich stand dann einfach nachts um
drei Uhr da, völlig verschlammt
und fertig und habe ein Glas Sekt
getrunken.
Zur Person
Bernhard
Hoëcker ist
Schauspieler,
Moderator
und Komiker.
Bekannt geworden ist der
45-Jährige
durch die
Fernsehsendung
„Switch“. Von 2001 bis 2003 spielte er
beim Bonner Improvisationstheater
„Die Springmaus“. Über sein Hobby
„Geocaching“ hat Hoëcker bereits
zwei Bücher geschrieben.
Sommertour 2015 – die Region genießen
Zehn Volontäre, sechs Wochen
und 36 Geschichten: In diesen Sommerferien nehmen die jungen Reporter
vom General-Anzeiger und von Radio
Bonn/Rhein-Sieg die Leser und Hörer
mit auf eine spannende Reise durch
die Region, deren Titel Programm ist:
„Sommertour 2015 – die Region
genießen.“
Von Brühl bis Andernach sind wir
unterwegs und berichten darüber täglich in unseren sommerlichen Reportagen im Radio, auf unserer Internetseite und in der Zeitung.
Weht uns dabei der Fahrtwind um die
Ohren, sind wir mit ungewöhnlichen
Gefährten unterwegs. An der Frischluft entdecken wir die Natur zwischen
Bornheim und Bad Neuenahr, sind wir
inselreif, geht es auf echte oder symbolische Inseln in der Region. Beim
Picknick genießen wir lokale Speisen
und Getränke und erfahren mehr über
ihre Herstellung. Heißt die Themenkategorie Ferienjob, packen wir selbst
mit an. Und die lauen Sommernächte
verbringen wir unter dem Sternenhimmel und mit der Taschenlampe in
der Hand.
Die ganze Serie lesen Sie nicht nur
täglich im General-Anzeiger: Im Internet finden Sie die Route der Sommertour durch die Region, Videos und
mehr Fotos von unseren Erlebnissen:
www.ga-bonn.de/sommertour.
Im Internet finden Sie auch alle Beiträge der Kollegen von Radio
Bonn/Rhein-Sieg zum Nachhören.
Am Montag ist GA-Volontärin Katrin Puvogel zusammen mit Radio
Bonn/Rhein-Sieg-Volontär Stephan Kern hoch zu Ross unterwegs: Die beiden sind mit erfahrenen
Wanderreitern durch das Wachtberger
Ländchen ausgeritten.
Swisttal
Geocaching mit
Lesern und Hörern
B56
Kategorie Montag:
ontag:
Frischluft
Wachtberg
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