Konsum von Alkohol und illegalen Drogen im Jugendalter

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Konsum von Alkohol und illegalen Drogen im Jugendalter
FINAL VERSION 10.Oktober 2006
Konsum von Alkohol und illegalen Drogen im Jugendalter
Karina Weichold1, Anneke Bühler2 und Rainer K. Silbereisen1
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2
Friedrich Schiller Universität Jena
Institut für Therapieforschung München
In R. K. Silbereisen & M. Hasselhorn (Hrsg.). (in press). Enzyklopädie der Psychologie:
Themenbereich C Theorie und Forschung, Serie V Entwicklungspsychologie, Band 5
Entwicklungspsychologie des Jugendalters. Göttingen: Hogrefe.
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Einleitung
Der Konsum psychoaktiver Substanzen (hier insbesondere Alkohol und illegale Drogen) kann bei
Jugendlichen aufgrund der potenziellen Beeinträchtigung der psychischen und körperlichen
Entwicklung und Funktionsfähigkeit als Fehlanpassung im Jugendalter verstanden werden (vgl.
Cicchetti, 1999). Wenn auch keineswegs jeglicher Konsum für die weitere Entwicklung schädlich
ist und schon gar nicht Störungen oder Abhängigkeiten unvermeidlich sind, so besteht aus
wissenschaftlicher und gesundheitspolitischer Sicht Bedarf an gesicherten Informationen über
Entstehungsbedingungen im Kindes- und Jugendalter und über frühe Präventionsmöglichkeiten des
Substanzmissbrauchs. Die Größenordnung der auf diese Weise überwiegend vermeidbaren
Probleme erschließt sich aus dem Umfang und den Kosten für die Gemeinschaft. In Deutschland
gibt es beispielsweise rund 1,5 Millionen alkoholabhängige Menschen und jährlich über 70,000
Todesfälle, bei denen alkoholbezogene Störungen ursächlich beteiligt sind. Insgesamt werden die
volkswirtschaftlichen Kosten für die Versorgung von Personen mit Abhängigkeiten (Alkohol) auf
20 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt (DHS, 2005).
Die Darstellung hat zum Ziel, den Gebrauch von psychoaktiven Substanzen wie Alkohol
und illegale Drogen unter jungen Leuten aus einer Entwicklungsperspektive zu betrachten. Dies
bedeutet im Prinzip, dass Substanzgebrauch eingebettet in angepasste oder auch fehlangepasste
psychosoziale Entwicklung während des Jugendalters gesehen wird. Man geht von der Beziehung
zwischen Alter bzw. alterstypischen Entwicklungsaufgaben und Substanzgebrauch aus und sucht
nach Konstanten über historische Zeiträume und kulturelle Kontexte. Weiterhin werden Prozesse
gesucht, die diese Veränderungen über die Lebensspanne sowie Unterschiede im Ausmaß und
Verlauf zwischen Menschen erklären.
„Emerging Adulthood“ (Arnett, 2000) meint die Jahre etwa zwischen dem 18. und 25.
Lebensjahr, eine Übergangsphase zwischen Jugend- und traditionellem Erwachsenenalter, die
besonders in westlichen postindustriellen Gesellschaften auftritt, in denen biographische Übergänge
ins Erwachsenenalter hinausgezögert werden. Besonderheiten dieser Lebensphase, die auch als Zeit
der Identitätsexploration, Instabilität, erhöhter Selbstfokussierung und vielfältiger Möglichkeiten
gesehen wird, stehen ebenso mit dem Konsum von psychoaktiven Substanzen in Beziehung (Arnett,
2005) wie das Jugendalter, auf das man in der früheren Forschung konzentrierte.
Ausgangspunkte der Ausführungen sind eine für Jugendliche angemessene Definition des
Substanzmissbrauchs im Gegensatz zum Gebrauch und eine Beschreibung des Verlaufs von
Substanzkonsum über die jüngere Lebensspanne. Dabei werden auch Entwicklungsstadien des
Konsums ebenso wie internationale Vergleiche und historische Trends beleuchtet. Darauf folgen die
Konsequenzen für die weitere psychosoziale Entwicklung, die überwiegend aber nicht
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ausschließlich negativ sind. Wie der jugendliche Substanzkonsum entsteht wird anhand des Risikound Schutzfaktorenmodells sowie entwicklungsbezogener Theorien erklärt. Dabei wird auf die
Beziehung des Konsums zu jugendspezifischen Entwicklungsaufgaben und Risiko- und
Schutzfaktoren des Substanzkonsums eingegangen. Schließlich wird ein Ausblick auf geeignete
Präventionsmaßnahmen gegeben. Wir können das für Entwicklung typische biopsychosoziale
Geschehen nicht in voller Vielfalt behandeln (Li, 2003), sondern mit einem Fokus auf
Veränderungen, die von eigenem Verhalten oder der sozialen Umwelt angestoßen werden.
Weiterhin werden Arbeiten zu neuronalen Grundlagen der Wirkung von Substanzen oder zu
jugendspezifischen Besonderheiten der Hirnentwicklung und ihres Erklärungspotenzials für
Konsumverhalten nur gestreift (Robinson & Berridge, 2003; Spear, 2000).
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Gebrauch und Missbrauch
Psychoaktive Substanzen verändern die Wahrnehmung, Stimmung, Kognition oder Motorik eines
Individuums (Dilling, Mombour & Schmidt, 1993) in den Minuten und Stunden nach dem
Gebrauch. Je nach Art und psychophysiologischer Wirksamkeit werden in der pharmakologischen
Literatur suchtmittelspezifische Wirkungen unterschieden, die in drei Wirkungsgruppen (Sedativa,
Stimulantien, Halluzinogene) zusammengefasst werden (APA, 1996). Bei den Substanzen lassen
sich drei hauptsächliche Klassen unterscheiden, die sich in den kurzfristigen psychologischen
Effekten im zentralen Nervensystem (abhängig von Erwartungshaltung und individueller
Reagibilität) unterscheiden. Es handelt sich um Substanzen mit überwiegend sedierender Wirkung
(Alkohol, Opiate, Sedative), mit stimulierenden Eigenschaften (Amphetamin, Kokain, Inhalantien)
sowie um Halluzinogene (Meskalin, Psilocybin, synthetische Halluzinogene). Die unter jungen
Leuten neben Alkohol am weitesten verbreitete Substanz Cannabis besitzt in ihren verschiedenen
Zubereitungsformen alle drei Eigenschaften und ist damit besonders für Projektionen von
Erwartungen seitens der Nutzer geeignet – Gutes besser und Schlechtes weniger schlimm zu
machen (Labouvie, 1986). Zu weiteren Einzelheiten des Wirkungsspektrums sei auf Köhler (2000)
sowie DHS (2005) verwiesen.
Im Folgenden geht es vor allem um Gebrauch und auch Missbrauch, nicht um Abhängigkeit,
und zwar mit einem besonderen Blick auf Kontinuität und Diskontinuität über die ersten
Lebensjahrzehnte. Die Grenze zwischen den beiden Konsummustern kann zwar genau gezogen
werden, aber in einer Lebenslauf-Perspektive finden sich oft und teils sogar systematisch
unterschiedliche Abfolgen.
Von Abhängigkeit spricht man, wenn eine Anzahl von Kriterien erfüllt ist, wie Toleranz
gegenüber der Substanz, Entzugssymptome (etwa Unruhe, Schlafstörungen usf.), längerer oder
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stärkerer Konsum als beabsichtigt, erfolglose Kontrollversuche, hoher Zeitaufwand für
Beschaffung, Gebrauch oder Erholung, Einschränkungen von Aktivitäten und schließlich
fortgesetzter Gebrauch trotz schädlicher Folgen. Eine genaue Darstellung der Kriterien und
Diagnoserichtlinien medizinischer Klassifikationssysteme ist dem DSM-IV (Saß, Wittchen, Zaudig
& Houben, 2003) bzw. der ICD-10 (Dilling et al., 1993) zu entnehmen.
Von schädlichem Gebrauch (ICD-10) bzw. Missbrauch (DSM-IV) ist demgegenüber die
Rede, wenn weder ein Abhängigkeitssyndrom noch eine substanzinduzierte Störung vorliegen,
wohl aber körperliche und psychische Schädigungen und Beeinträchtigungen der psychosozialen
Anpassung, wie erhebliche Probleme in Haushalt, Familie oder Schule, Gebrauch in gefährlichen
Situationen, Probleme mit dem Gesetz, sowie soziale und zwischenmenschliche Probleme, jeweils
bezogen auf oder verursacht durch den Substanzgebrauch (vgl. Tabelle 1).
Tabelle 1:
Definition von Missbrauch und Abhängigkeit nach DSM-IV
Missbrauch
(mindestens 1 Kriterium erfüllt)
1. Erhebliche Probleme in Haushalt,
Familie oder Schule wegen
Substanzgebrauch
2. Substanzgebrauch in gefährlichen
Situationen
3. Probleme mit dem Gesetz wegen
Substanzgebrauch
4. Fortgesetzter Substanzkonsum trotz
erheblicher sozialer und
zwischenmenschlicher Probleme
Abhängigkeit
(mindestens 3 Kriterien erfüllt)
1. Toleranzentwicklung
2. Entzugssymptome
3. Längerer oder stärkerer Konsum als
beabsichtigt
4. Erfolglose Kontrollversuche
5. Hoher Zeitaufwand für Beschaffung,
Gebrauch, Erholung
6. Einschränkung von Aktivitäten
7. Fortgesetzter Gebrauch trotz schädlicher
Folgen
Für die Forschung zu Gebrauch und Missbrauch im Jugendalter haben diese Definitionen eine
Reihe von Problemen, die alle mit dem Mangel einer auf die Entwicklung abhebenden Betrachtung
zusammenhängen. Die beiden medizinischen Klassifikationssysteme sind aus historischen Gründen
besonders
auf
Substanzen
ausgerichtet,
die
sedierende
Wirkungen
bei
einem
hohen
Abhängigkeitspotential haben (wie Alkohol), während gerade unter Jugendlichen weit verbreitete
stimulierende (etwa Ecstasy) oder gemischt sedierend/stimulierende Substanzen (z. B. Haschisch)
nicht gut zu den aufgeführten Gesichtspunkten, etwa der körperlichen Abhängigkeit, passen.
Weiterhin fehlt der Bezug zum Alter und damit zur Entwicklung, obwohl bekannt ist, dass aufgrund
biopsychosozialer Unterschiede Kriterien wie Toleranzentwicklung, Entzug, soziale oder legale
Probleme nicht auf Jugendliche übertragen werden können, schon weil die entwicklungsbezogenen
Voraussetzungen andere als bei Erwachsenen sind, etwa wegen des beschränkten Urteilsvermögens
unter jugendtypischem Affekt (Hays & Ellickson, 1996; Cauffman & Steinberg, 2000).
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Vor einem solchen Hintergrund haben Newcomb und Bentler (1989) Missbrauch gegenüber
Gebrauch so bestimmt, dass es um ein größeres Ausmaß abträglicher physiologischer und
psychologischer Effekte der Substanz geht, der Entwicklungsstand ungenügend und die
Lebensumstände beeinträchtigend sind, mögliche physische Abhängigkeit, sowie schädigende
Folgen für die Person selbst, andere Menschen oder Sachen drohen. Damit ist klar, dass bei Kindern
stets von Missbrauch auszugehen ist, und dass ansonsten Substanzkonsum dann Missbrauch ist,
wenn er über längere Zeit in Situationen erfolgt, die zutreffende Wahrnehmung und überlegtes
Handeln
erfordern,
und
wenn
die
entwicklungsgemäßen
Voraussetzungen
für
eigene
Entscheidungen fehlen. Weiterhin gilt als Missbrauch, wenn mit Dosissteigerungen der
nachlassenden Wirkung und damit zusammenhängender Funktionsuntüchtigkeit begegnet wird, und
wenn die erfolgreiche Auseinandersetzung mit der Umwelt und ihren Anforderungen gefährdet ist,
darunter natürlich die Gesundheit als Leitkriterium.
Dagegen ist von verantwortlichem Gebrauch (legaler psychoaktiver Substanzen) zu
sprechen, wenn Wissen um die Wirkungsweise und Folgen von Substanzen, eine kritische
Einstellung gegenüber psychoaktiven Substanzen überhaupt, gänzlicher Verzicht auf bestimmte
Substanzen (z. B. harte Drogen, Selbstmedikation mit psychoaktiven Medikamenten) und in
bestimmten Situationen (z. B. Straßenverkehr, Schwangerschaft) vorliegt (vgl. Franzkowiak, 1999;
Franzkowiak & Schlömer, 2003). Akzeptabel ist mäßiger Konsum in tolerierten Situationen, der
aber keinesfalls negative längerfristige und kurzfristige Konsequenzen haben darf, beispielsweise
für Bildung, Arbeit oder öffentliche Ordnung, und natürlich für die altersgerechte psychosoziale
Entwicklung. Nicht nur bei jungen Menschen ist dabei zu bedenken, dass viele dieser
Verhaltensweisen im natürlichen Milieu so gehäuft auftreten, dass ihnen einfach zu entsagen
schwierig ist, und die Erfahrung mit kurzfristigem Missbrauch den Schlüssel zu künftigem
verantwortlichen Gebrauch oder Abstinenz ausmachen kann (mit Alkohol kontrolliert umzugehen
wird bei intaktem Umfeld durch einen als aversiv erlebten Rausch sicher eher befördert). Leider
liegen hierfür jedoch keine gesicherten empirischen Befunde vor.
Neben der Angemessenheit einer Definition von Missbrauch gegenüber Unterschieden in
der psychischen Entwicklung muss man auch an den Makrokontext denken, in dem das Geschehen
stattfindet. Was als Missbrauch verstanden wird, hängt nämlich teils von kulturellen Besonderheiten
und deren Wandel ab, einschließlich hierauf angepasster Veränderungen von legalen Standards.
Aus dem Vergleich von ethnischen Gruppen ist beispielsweise bekannt, dass gleiche Mengen
Alkohol einem ganz unterschiedlichen Ausmaß von Problemverhalten entsprechen können, und
zwar in Abhängigkeit von den kulturtypischen Konsumsituationen oder auch Gewohnheiten
hinsichtlich des Ausagierens von Stimmungen (Stivers, 1985). Ein weiteres Beispiel ist die
Strafbarkeit des Handels mit bestimmten psychoaktiven Substanzen, während der Besitz und
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Gebrauch geringer Mengen straffrei bleibt (sog. Eigenbedarfsregelung; Definition „geringer
Mengen“ variiert nach Bundesland; §31 und §29 des Betäubungsmittelgesetzes, BtMG).
In diesem Zusammenhang sei auch festgehalten, dass Enthaltsamkeit nicht einfach
gleichgesetzt werden kann mit gelungener Anpassung, denn „experimenteller“ Gebrauch ohne
verfestigte Muster kann normativen Erwartungen entsprechen. Shedler und Block (1990) fanden,
dass abstinente Jugendliche keineswegs die hinsichtlich der Persönlichkeit optimale Ausprägung
hatten, was man freilich vor dem Hintergrund der libertären Jugendkultur des Kaliforniens der
1980er Jahre sehen muss. Neuere Studien zur Replikation liefern widersprüchliche Befunde,
beispielsweise liefern Siebenbruner und Kollegen (2006) eine Bestätigung. Eine andere Studie
konnte die gesündere Entwicklung der Experimentierer gegenüber den Abstinenten jedoch nicht
bestätigen (Milich et al., 2000). Freilich fehlt bei all diesen Studien der eigentliche Prüfstein,
nämlich ein Test auf fehlende langfristige Konsequenzen scheinbar problematischer Konsummuster
bis ins Erwachsenenalter.
3
Verbreitung und Verlauf des Konsums von Alkohol und illegalen Drogen über die
ersten Lebensjahrzehnte
Zur Darstellung der Verbreitung des Konsums von Alkohol und Drogen in der deutschen
Bevölkerung sind die Befunde der regelmäßigen repräsentativen Querschnittsuntersuchungen der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung relevant (BZgA, 2004). Unter den 12-25jährigen
Deutschen (was also Jugend und Emerging Adulthood umfasst) haben 86% (Männer und Frauen
praktisch gleich) jemals im Leben Alkohol getrunken. Die meisten Jugendlichen machen ihre ersten
Erfahrungen mit Alkohol im Alter von etwa 14 Jahren. Unter den 16-19jährigen haben dann nahezu
alle (97%) alkoholische Getränke wenigstens einmal konsumiert. Am häufigsten wurden 2004
alkoholische Mixgetränke (54% mindestens einmal im Monat), gefolgt von Bier (43%), Wein
(36%), und Spirituosen (23%) unter den 12-25jährigen konsumiert. In dieser Altersgruppe haben
insgesamt 15% ein oder zweimal einen Alkoholrausch erfahren, 10% drei bis fünfmal, bzw. 6%
sechsmal oder öfter. In den letzten 30 Tagen haben 11% (13% Männer, 10% Frauen) an ein bis
zwei bzw. 8% (10% Männer, % Frauen) an drei und mehr Tagen Rauschtrinken berichtet („binge
drinking“, fünf oder mehr Gläser Alkohol hintereinander zu einer Gelegenheit; alle Angaben BZgA,
2004).
Im Altersbereich der 12-25jährigen haben rund ein Drittel (32%) jemals Erfahrungen mit
illegalen Drogen gemacht, hauptsächlich geht es hier um Cannabis und Marihuana (24%). Nur ein
relativ geringer Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen konsumiert überhaupt andere
Rauschmittel wie Ecstasy (4%) oder Kokain (2%). Das größte Risiko, erste Erfahrungen mit
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illegalen Drogen zu machen, besteht im Alter zwischen 16 und 19 Jahren. Die meisten Jugendlichen
probieren und experimentieren kurzfristig mit Drogen und nur 3% der Befragten gehört zu den
regelmäßigen Konsumenten (BZgA, 2005). Interessant ist die Frage, warum Jugendliche eher zu
Cannabis als zu anderen illegalen Drogen greifen (z.B. Kokain, welches im frühen
Erwachsenenalter stärker verbreitet ist). Unter Jugendlichen sind die verschiedenen illegalen
Drogen sehr gut bekannt (eine Ausnahme sind Magische Pilze, die nur 48% kennen) – warum
probieren sie dann vorrangig Cannabis? Ein erster Grund mag sein, dass Cannabis für Jugendliche
leichter als andere Drogen verfügbar ist. Für knapp die Hälfte der in der Drogenaffinitätsstudie
Befragten ist es leicht, an Cannabis zu kommen, bei 93% der Jugendlichen, die schon einmal
Drogen angeboten bekamen, handelte es sich um Cannabis (vs. 17% Kokain). Konsumenten geben
an, Cannabis hauptsächlich aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis zu erhalten. Leider liegen keine
vergleichbaren Daten für andere illegale Drogen vor, jedoch weiß man, dass Kokain oder Ecstacy
stärker an bestimmte Jugend- oder Freizeitkulturen gebunden sind – ein zweiter Grund für die
Dominanz von Cannabis unter Jugendlichen kann also der relativ geringe finanzielle Aufwand sein.
Eine dritte Erklärungsmöglichkeit liegt in der substanzspezifischen Wirkung: Bei synthetischen
Drogen wie Ecstasy scheint Unsicherheit bei den Jugendlichen über die Wirkung zu bestehen, sie
haben weniger Konsumenten in ihrem Peerumfeld und wahrscheinlich deshalb nur eine sehr geringe
Probierbereitschaft (außer Cannabis für alle illegalen Drogen unter 10% vs. Cannabis 90%; vgl.
BZgA, 2004).
Zur Darstellung des Verlaufs des Konsums von Alkohol und illegalen Drogen über die
Lebensspanne sind neben querschnittlichen Studien, bei denen freilich mit einer Überlagerung
durch Kohorteneffekte zu rechnen ist (Augustin & Kraus, 2005), längsschnittliche Befunde
relevant. Eine Studie im Kohorten-Sequenz-Design an über 7.000 18- bis 37-jährigen USAmerikanern (Muthén & Muthén, 2000) stimmt mit dem Tenor repräsentativer querschnittlicher
Studien (z.B. BZgA, 2004), vieler kleinerer Längsschnittstudien und einer Metaanalyse früherer
Längsschnittstudien (Fillmore et al., 1991) überein: Im Durchschnitt nimmt ausgeprägter
Alkoholkonsum über die Jugend zu und ist am häufigsten in den Jahren der Emerging Adulthood ab
Anfang 20. Im frühen Erwachsenenalter nimmt der Anteil wieder ab bzw. werden die
Gebrauchshäufigkeiten wieder geringer. Analoge längsschnittliche Verläufe wurden für den
Konsum von Cannabis aufgezeigt (Kandel & Logan, 1984). Der aktuelle Gebrauch von illegalen
Drogen in Deutschland und den USA ist im gleichen Altersbereich am häufigsten und nimmt dann
über die dritte Lebensdekade deutlich ab (BZgA, 2004; Bachman et al., 1997; Kandel & Chen,
2000). Zusammengefasst heißt das also, dass das Jugendalter der Lebensabschnitt ist, in dem erste
Erfahrungen mit legalen und illegalen psychoaktiven (insbesondere Cannabis) Substanzen gemacht
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werden. Über diese Lebensphase steigen auch Konsumfrequenz und –mengen an und gipfeln dann
in der Emerging Adulthood.
3.1
Entwicklungsstadien des Substanzkonsums
Die meisten Jugendlichen, die illegale Drogen konsumieren, verfügen über frühere Erfahrungen mit
legalen Substanzen. Insbesondere wurde ein Zusammenhang zwischen Alkoholräuschen und dem
Konsum von Cannabis und illegalen Drogen gezeigt. Weiterhin hat die Mehrheit unter den bis
25jährigen, die harte illegale Drogen konsumiert haben, vorherige Erfahrungen mit Cannabis
(BZgA, 2004) gemacht. Diese Befunde entsprechen der von Kandel und Yamaguchi (1999)
postulierten und empirisch untersuchten Konsumsequenz hin zu illegalen Drogen. Die Autoren
haben die Schwierigkeiten und Vorzüge einer Beachtung von „Entwicklungsstadien“ des
Substanzgebrauchs (analoge Formen des Missbrauchs wurden bislang nicht unterschieden)
herausgestellt, und zwar anhand von längsschnittlichen Daten, die bis ins mittlere Erwachsenenalter
reichen. Freilich ist zu beachten, dass der Anteil der Jugendlichen, die den jeweilig nächsten Schritt
der Sequenz vollziehen, immer geringer wird. Es geht also nicht um eine irgendwie geartete
Zwangsläufigkeit.
Das Fortschreiten in der grundlegenden Abfolge von Alkohol über Marihuana hin zu
illegalen Drogen wird durch gemeinsame und stadienspezifische Risikofaktoren prädiziert. Als
stadienspezifische Risikofaktoren ergaben sich einerseits früher und extensiver Gebrauch der
Vorläufer-Substanz und andererseits kontextuelle Bedingungen. Letztere sind beim Übergang zum
Alkoholgebrauch beispielsweise elterliches Vorbild, enge Peerbeziehungen und gelinde
Normverstöße, beim Übergang zu Marihuana, Peers mit solchen Vorlieben, erneut Delinquenz und
nicht-konforme Wertvorstellungen. Weitere Progression zu anderen illegalen Drogen wird
begünstigt durch schlechte Familienbeziehungen, viele einschlägige Verhaltensmodelle unter Eltern
und Peers, erhebliche psychosoziale Belastungen und Auffälligkeiten in der Persönlichkeit (Kandel
& Yamaguchi, 1999; Osgood et al., 1988).
3.2
Internationaler Vergleich
Internationale Vergleiche zur Verbreitung des Konsums von Alkohol und illegalen Drogen
beziehen sich hauptsächlich auf das Jugendalter. Entsprechend den neuesten Daten der ESPADStudie (Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen; Hibell et al., 2004), die
Jugendliche aus 35 Ländern Europas und Nordamerikas 2003 untersuchte, hat ein größerer Anteil
der 15-16jährigen in Deutschland im letzten Jahr Alkohol konsumiert (93%) als für den
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Durchschnitt (83%) gilt, und es war auch ein größerer Anteil jemals betrunken (61% vs. 53%). Zu
den Ländern, in denen Trunkenheit unter Jugendlichen ein vergleichsweise häufiges Phänomen ist,
zählen Irland, Großbritannien und Dänemark, dem gegenüber ist Trunkenheit bei Jugendlichen
seltener in südeuropäischen Regionen (z.B. Frankreich oder Griechenland). Ähnliche Befunde
zeigen sich bei den meisten illegalen Drogen, denn auch hier liegen die deutschen Jugendlichen
knapp über dem Durchschnitt, mit Ausnahme des Konsums von Sedativa und Tranquilizern ohne
medizinische Indikation (2% vs. 6%). Die größte Verbreitung illegaler Drogen ist in der
Tschechischen Republik, Frankreich und Irland zu finden, die niedrigsten in Griechenland und
Schweden. Ähnliche Befunde zum internationalen Vergleich liefert die HBSC-Studie (Health
Behaviours in School-aged Children“ Studie; vgl. Currie et al., 2004). Damit übereinstimmend zeigt
sich beim Vergleich des Alkoholkonsums pro Kopf zwischen allen Staaten der EU, dass auch hier
Deutschland zumindest im oberen Drittel der Rangfolge angesiedelt ist (Meyer & John, 2006).
Außerhalb von Europa und Nordamerika werden zwar auch im Rahmen nationaler Surveys
Daten zum Konsumverhalten Jugendlicher gesammelt, jedoch ist die Vergleichbarkeit aufgrund
unterschiedlicher Messinstrumente und Vorgehensweisen erschwert. Eine grobe, dennoch
informative Übersicht zum Alkoholkonsum liefert die WHO (2001). Demnach ist die Prävalenz am
höchsten unter europäischen Jugendlichen, gefolgt von Nord- bzw. Mittel- und Südamerika. Im
Mittel geringere Prävalenzraten haben die afrikanischen und west-pazifischen Länder (mit der
höchsten Prävalenzrate in Australien) sowie Südostasien und die muslimischen Länder des
Mittleren Ostens. Traditionell sind Länder, in denen Alkoholkonsum weniger üblich als in Europa
ist, stärker mit dem Konsum und Anbau anderer psychoaktiv wirksamer Substanzen verbunden
(Opium, Kokain und Cannabis) wie Süd- und Mittelamerika (z.B. Peru und Columbien), aber auch
Asien (z.B. Afghanistan, Laos oder Myanmar; vgl. United Nations, 1997).
3.3
Historischer Wandel
Wie zahlreiche andere ontogenetisch veränderliche Verhaltensweisen zeigen Alkohol- und
Drogengebrauch und deren Verlauf beträchtliche historische Veränderungen. In langfristiger
Perspektive hatte unter Erwachsenen der Alkoholgebrauch um 1900 ein seitdem nicht mehr
erreichtes Maximum, fiel dann bis etwa 1950 beträchtlich ab, um danach ebenso kontinuierlich zu
steigen, ohne die früheren Spitzen zu erreichen. Beim Gebrauch von Drogen lagen bei um 1925 in
den USA Geborenen praktisch kaum Erfahrungen vor, aber die um 1955 Geborenen wiesen eine
Lebenszeitprävalenz von um die 40% auf.
Nach Silbereisen, Robins und Rutter (1995) wird die historische Zunahme bis Anfang der
1980er Jahre (sog. „lange Wellen“) durch das Nachlassen sozialer Kontrollen in Familie und
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Nachbarschaft erklärt, und auch die Ausweitung von Freizeitoptionen sowie wirtschaftliche
Prosperität für Jugendliche und junge Erwachsene spielen eine Rolle. Der danach folgende
Rückgang in der Verbreitung des Konsums von Alkohol und illegalen Drogen wird demgegenüber
politischen Maßnahmen zur Einschränkung der Verfügbarkeit sowie der zunehmenden öffentlichen
Sichtbarkeit negativer Konsequenzen für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit zugeschrieben.
Beispielsweise konnte ein Zusammenhang zwischen wahrgenommener Gesundheitsgefährdung und
Cannabiskonsum auf der Aggregatebene gezeigt werden, der künftige Zu- oder Abnahme gut
vorhersagen lässt (Johnston et al., 2004).
Kurzfristig, betrachtet über die letzten drei Jahrzehnte, ist nach der US-amerikanischen
„Monitoring the Future“-Studie, die seit 1975 regelmäßig jugendliche Oberschüler hinsichtlich
ihres Substanzkonsums befragt, zeigte sich zunächst eine beständige Verringerung der
Lebenszeitprävalenz insbesondere beim Alkoholkonsum, In den 1990er Jahren war dann aber ein
Anstieg zu verzeichnen. Dieses Niveau blieb dann über die letzten acht Jahre ungefähr gleich
(Johnston et al., 2004).
Für Deutschland gibt es für den Alkoholgebrauch verlässliche Zahlen dank der seit 1973
laufenden wiederholten Repräsentativerhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
(BZgA, 2004). Am Beispiel des regelmäßigen Bierkonsums Jugendlicher (Alter 12-25 Jahre) lässt
sich ein Rückgang von 38% im Jahr 1979 auf 22% im Jahr 2004 festhalten. Dem gleichen Trend
folgen der Konsum von Wein und Spirituosen. Lediglich der Gebrauch von Mixgetränken nimmt
seit jüngeren Jahren zu. Der Anteil jener, die sechsmal und häufiger in den letzten 12 Monaten
einen Rausch hatten, blieb aber über die gesamte Periode in einer Bandbreite zwischen etwa 15%
und 20%. Beim Drogenkonsum zeigt die gleiche Erhebungsreihe seit 1973 eine beträchtliche
Zunahme der Lebenszeitprävalenz von unter 20% auf um die 30% im Jahr 2004, wobei es in den
1980er Jahren einen leichten Abfall gab. Eine analoge Zeitreihe des aktuellen Konsums (12Monats-Prävalenz) zeigt dann auch eine weitgehende Konstanz um die 5% (bis auf einen isolierten
Anstieg auf 10% in den 1990er Jahren). Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung ist auch das Alter
zum Erstkonsum von Haschisch in den letzten Jahren weitgehend stabil (um 16,5 Jahre) geblieben,
und fiel gegenüber 1993 mit 17,5 Jahren nur um rund ein Jahr.
Was ist für diese generelle Abnahme bzw. isolierte Zunahme in jüngerer Zeit (sog. „kurze
Wellen“) verantwortlich? Die hierfür wichtigsten Erkenntnisse sind Bachman et al. (2002) zu
verdanken: Ebenfalls mit den Daten der „Monitoring the Future“-Studie wurde ein Zusammenhang
zwischen substanzbezogenen Überzeugungen und der Zu- bzw. Abnahme im Konsum gefunden,
und zwar unabhängig von möglichen parallelen Änderungen des Lebensstils (etwa UnKonventionalität). Der Anstieg in der wahrgenommenen
Risikoeinschätzung,
die
von
Drogenkonsum ausgeht, ging mit einem Abfall im Cannabiskonsum zwischen Mitte der 80er bis
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Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts einher. Der danach folgende Abfall in den negativen
substanzbezogenen
Überzeugungen
wurde
von
einem
Anstieg
in
der
Prävalenz
des
Cannabiskonsums begleitet (vgl. Johnston et al., 2004). Bezogen auf die gegenwärtige deutsche
Situation ist zu sagen, dass die Drogenablehnung bis 1986 stieg und seitdem beständig auf rund
50% der Alterskohorte 12 bis 25 Jahre fiel, was vor allem auf eine positivere Einstellung zu
Cannabis zurückzuführen ist.
Schwankungen in der Verbreitung können auch sehr kurzfristiger Natur sein, wenn
entsprechende strukturelle Bedingungen vorliegen. So wurde im Jahr 2004 der ansonsten
rückläufige Trend im Konsum von Alkohol durch den sprunghaft gestiegenen Konsum aggressiv
bei jungen Leuten beworbener spirituosenhaltiger Alkopops unterbrochen (von 8% auf 16%
regelmäßige Konsumenten in der Altersgruppe der 12-25jährigen; BZgA, 2004). Zum Jahr 2005
sind jedoch Prävalenz, Konsumhäufigkeit und –menge signifikant zurückgegangen, was als Folge
der eigens eingeführten Alkopopsteuer und entsprechender Medienaktivitäten interpretiert wurde
(BZgA, 2005).
4
Konsequenzen
4.1
Kurzfristige Konsequenzen
Selbst wenn im Durchschnitt die weitere psychosoziale Entwicklung im Erwachsenenalter bei
mäßigem Substanzkonsum im Jugendalter nicht beeinträchtigt würde, heißt das nicht, dass
einzugreifen nicht notwendig wäre. Offensichtlich können auch auf die Jugendzeit begrenzte Folgen
gesundheitlicher
oder
juristischer
Art
bedeutsam
sein,
auch
wenn
sie
nicht
die
Persönlichkeitsentwicklung im engeren Sinn betreffen. So mögen ein Verkehrsunfall, der das größte
gesundheitliche Risiko für gelegentliche Cannabis-Konsumenten darstellt (Hall, Room & Bondy,
1999) oder ungeschützter Geschlechtsverkehr außerhalb fester Partnerschaften, der häufig unter
Substanzeinfluss (bes. Binge Brinking) der enthemmenden Wirkung wegen stattfindet (La Brie et
al., 2005; Dunn, Bartee & Perko, 2003), langfristige Verantwortlichkeiten mit sich bringen, denen
Jugendliche nicht gewachsen sind. Bei jedem zweiten Unfall mit Personenschaden, so zeigt eine
bundesweite Totalerhebung, wurde bei 18 bis 34-Jährigen Alkoholkonsum als Hauptursache
benannt. Überdurchschnittlich häufig verunglücken junge alkoholisierte Menschen in den
Abendstunden am Wochenende (Albrecht, Lerner & Schulze, 2005). Der alkoholbedingte
Kontrollverlust scheint bei jüngeren Autofahrern schon im niedrigen Promillebereich zu Unfällen
mit Personenschaden zu führen (Haas et al., 1999). Weiterhin kann die enthemmende
pharmakologische Wirkung von Alkohol direkte negative Auswirkungen für die soziale und
12
physikalische Umwelt haben: Schlägereien und Vandalismus finden meist in berauschtem Zustand
statt (Borges, Cherpitel & Rosovsky, 1998; Pavis & Cunningham-Burley, 1999).
Hinsichtlich des allgemeinen Gesundheitszustands wurde beobachtet, dass häufiger und
intensiver Alkoholgebrauch unter Jugendlichen der Normalpopulation einem schlechteren
subjektiven Gesundheitsstatus entspricht, der sich auch in häufigeren Krankenhausaufenthalten
verglichen mit Nichttrinkern zeigt, kontrolliert um den sozioökonomischen Status (Johnson &
Richter, 2002).
Unter den kurzfristigen psychosozialen Konsequenzen findet sich jenseits spezifischer
Folgen eine suboptimale Bewältigung von altersgerechten Entwicklungsaufgaben überhaupt. Unter
Ecstasykonsumenten besteht beispielsweise eine Tendenz zur Verengung sozialer Kontakte auf
Gleichgesinnte und deren Aktivitäten (Rakete & Flüsmeier, 1997). Dies erscheint auf den ersten
Blick weitaus weniger dramatisch als die Risiken für Sterbefälle durch Überhitzung oder
Austrocknung des Körpers, der pharmakologischen Wirkung wegen (Gowing et al., 2002), aber die
möglichen langfristigen Folgen für die psychosoziale Entwicklung sind erheblich. Diese Verengung
reduziert Anregungen aus anderen als den vertrauten Lebenslagen und damit die Grundlage, aus
der heraus eine profunde Identitätsentwicklung während der Emerging Adulthood möglich ist
(Silbereisen
1999).
Chassin,
Pitts
und
DeLucia
(1999)
stellen
hinsichtlich
des
Individuationsprozesses ebenfalls Beeinträchtigungen fest, und zwar auch nach Kontrolle weiterer
korrelierter Risikofaktoren, wie mangelnde elterliche Unterstützung oder Alkoholmissbrauch.
Während der illegale Drogenkonsum in ihrer Stichprobe immer mit einer weniger entwickelten
Autonomie im frühen Erwachsenenalter einherging, traf dies selbst für starken Alkoholkonsum nur
dann zu, wenn er schon im Jugendalter gezeigt wurde. Starker Alkoholkonsum im frühen
Erwachsenenalter hingegen hatte keine negativen Auswirkungen auf die bis dahin schon
eingeleitete Autonomieentwicklung.
4.2
Mittel- und langfristige Konsequenzen
Substanzgebrauch und -missbrauch beinhalten vielfältige mittel- und langfristige Risiken nicht nur
während der Emerging Adulthood sondern auch im weiteren Erwachsenenalter, beispielsweise
gesundheitliche, juristische und psychosoziale im weitesten Sinne, wobei letztere für die
Entwicklungspsychologie besonders interessant sind. Aus gesundheitlicher Sicht stehen
Abhängigkeitserkrankungen und deren Folgen für Person und Umwelt im Mittelpunkt. Sie werden
in diesem Beitrag nicht weiter behandelt (zusammenfassend siehe Thomasius, 2005).
Aus juristischer Sicht stehen Folgen für Devianz und Kriminalität im Vordergrund. Nach
Duncan et al. (1997) ist bei Alkohol hoher und anhaltender Konsum schon während der Jugendzeit
13
und Emerging Adulthood entscheidend für Gewalt gegenüber Sachen oder Personen, und zwar
verursacht über einen Prozess kumulativer Kontinuität durch den Umgang mit Peers und Umwelten,
die Vorbilder für Konsum und Devianz abgeben (Caspi, Elder & Bem, 1987). Schon an sich
moderater Gebrauch im Jugendalter kann für Kriminalität dann ausreichen, wenn über das weitere
Leben Konsumsteigerung oder schlechte familiäre Verhältnisse hinzukommen.
Hinsichtlich psychosozialer Konsequenzen gelten einige allgemeine Gesichtspunkte ihrer
Vermittlung, die bereits auf Besonderheiten der später (vgl. Abschnitt 5) zu behandelnden
Entwicklungsbedingungen des Konsums verweisen. Erstens kommt es auf das Alter beim
Erstkonsum an – die Konsequenzen sind umso einschneidender, je früher begonnen wurde
(Reboussin et al., 2006; Clark et al., 2006; Pitkänen, Lyyra, & Pulkkinen, 2005). Als Ursache darf
gelten, dass dieser Konsum in der Regel von frühen Auffälligkeiten begleitet oder ausgelöst wird,
wobei die Konsequenzen dann als Ausdruck einer Schädigung optimaler Entwicklung auf breiter
Front aufzufassen sind (McGue et al., 2001). Beispielsweise prädiziert der frühe Konsum von
Cannabis unter 14-24Jährigen psychotische Symptome vier Jahre später insbesondere dann, wenn
eine frühe Prädisposition für Psychopathologie vorliegt (Henquet et al., 2005). Zweitens können
sich Ursachen und Folgen je nach betrachtetem Altersbereich umkehren. Während im Jugendalter
zuvor bestehende psychische Auffälligkeiten zu vermehrtem Cannabiskonsum führen, ist es im
Erwachsenenalter so, dass eher der Gebrauch von Cannabis negative Folgen für die psychische
Gesundheit hat (McGee et al., 2000). Drittens muss auch die Art des Konsums unterschieden
werden, und zwar hinsichtlich der parallel konsumierten Substanzen und bezogen auf die
Gebrauchsformen (z.B. Rauschtrinken als besonders riskantes Verhalten, Oesterle et al., 2004).
Unter den psychosozialen Konsequenzen stechen aus entwicklungspsychologischer
Perspektive Einflüsse auf den Zeitpunkt biographischer Übergänge während der Emerging
Adulthood hervor, weil vom normativen Bezug abzuweichen (selbst angesichts der eingangs
berichteten historischen Verschiebungen besonders unter der Mittelschicht) als Risiko für optimale
Anpassung gelten kann. Bezogen auf Berufstätigkeit ist mit einer Verzögerung, bezogen auf
Partnerschaft und Elternschaft mit einer Beschleunigung zu rechnen, wobei diese Effekte auch nach
Kontrolle anderer Risikobedingungen aus Familie und Sozialisation gelten (White, Bates &
Labouvie, 1998). Spielen zudem illegale Drogen statt bloß Alkohol eine Rolle, scheint die zeitliche
Verschiebung ausgeprägter zu sein, und damit fallen erwachsenentypische Übergänge womöglich
noch in die Jugendzeit (Krohn, Lizotte & Perez, 1997). Darüber hinaus ist die Stabilität der
eingegangenen Verpflichtungen geringer als üblich (Friedman et al., 1996). Als Ursachen dieser
Zusammenhänge werden jenseits situativer Umstände (frühere sexuelle Aktivität, Dunn et al., 2003)
die bei konsumierenden Jugendlichen geringeren Bindungen an normative positive Rollenmodelle
gesehen. Dies hat mit Defiziten in Fähigkeiten und sozialen Beziehungen zu tun, die insgesamt
14
verantwortliches
Handeln
erschweren.
Die
Variation
biographischer
Übergänge
durch
Substanzkonsum bedeutet insgesamt, dass die heute für die frühen Zwanziger typischen
konstruktiven Erfahrungsmöglichkeiten beeinträchtigt werden (Arnett, 2000, 2005).
Einige Befunde von Längsschnittstudie deuten darauf hin, dass lediglich den Konsumstatus
zu einem Zeitpunkt zu berücksichtigen weniger Sinn macht. Vielmehr ist der Verlauf über eine
längere Zeitspanne bedeutsam. So fanden Newcomb, Scheier und Bentler (1993), dass nicht die
Höhe des Konsums im Jugendalter, sondern die Steigerung und Aufrechterhaltung bis ins
Erwachsenenalter mit Suizidgedanken, Ängstlichkeit, depressiver Verstimmung und gestörten
Beziehungen einhergeht. Nach einer Längsschnittstudie von Duncan et al. (1997) führt besonders
der hohe chronifizierte Gebrauch über die Jugendzeit zu abweichendem Verhalten wie Aggression,
Diebstahl und Suizidideen. Bei Männern sind die Zusammenhänge zwischen Niveau und
Veränderung des Konsums mit Anpassungsproblemen insgesamt stärker als bei Frauen. Die
Hintergründe dieser Beziehung haben wohl erneut damit zu tun, dass die trinkenden Jugendlichen
mehr und mehr in Umwelten und an Peers geraten, die Abweichung vorleben und bekräftigen.
Dieser Prozess „kumulativer Kontinuität“ (Caspi et al., 1987) dürfte das Vehikel sein, welches zu
dem schon von Jessor und Jessor (1977) beschrieben und empirisch belegten Syndrom von
Alkohol- bzw. Drogengebrauch und abweichendem Verhalten führt.
Abweichende Verhaltensweisen nehmen beim Konsum harter Drogen generell zu (Sieber,
1993). So konnte jugendlicher Substanzkonsum mit Kriminalität im Erwachsenenalter in
Zusammenhang gebracht werden, wenn dies auch für Delinquenz anscheinend nur für Frauen
zutrifft. Eine aktuelle Studie von Turpeinen (2001) untersuchte Schüler mit experimentellem
Gebrauch im Alter von ursprünglich 17 Jahren, die deswegen in Polizeikontrollen geraten waren.
Diese waren 20 Jahre später durch Kriminalität, Hospitalisierung oder unzeitigen Tod dann
auffällig, wenn sie schon als Jugendliche Diebstähle verübt hatten, ihren Gebrauch illegaler Drogen
gesteigert hatten und aus schlechten familiären Verhältnissen kamen. Rund 40% der damals
Aufgegriffenen erwiesen sich dem gegenüber als unauffällig im Erwachsenenalter.
Zu den langfristigen Folgen des Substanzkonsums zählen auch die Effekte auf die
Entwicklung der eigenen Kinder (z.B. Baer et al., 1998; Willford et al., 2004; Korkman, Kettunen
& Autti-Rämö, 2003; Griffith, Azuma & Chasnoff, 1994; Barth & Needell, 1996; Hutchings &
Fried, 1999). Aus der Forschung zum fetalen Alkoholsyndrom ist bekannt, dass Alkoholmissbrauch
während
der
Schwangerschaft
massive
und
bleibende
Schädigungen
des
gesamten
psychophysischen Systems nach sich zieht (Kaemingk & Paquette, 1999). Aber selbst die
üblicheren Formen des sozialen Trinkens haben funktionale Folgen für kognitive Kompetenzen und
adaptive Verhaltensweisen im Kindes- und Jugendalter. So zeigten Olson et al. (1997) für Mütter
mit während der Schwangerschaft anhaltendem mäßigen Alkoholgebrauch, dass ihre Kinder auch
15
noch im Alter von 14 Jahren verglichen mit Altersgleichen deutlich schlechtere Schulleistungen und
geringere soziale Anpassung zeigten, und zwar selbst bei Kontrolle zahlreicher Bedingungen, die
den Zusammenhang alternativ erklären könnten, wie etwa ein besonders schwieriges Milieu.
Untersuchungen zum Gebrauch von Cannabis während der Schwangerschaft zeigen verzögernde
Effekte auf das Wachstum auch noch im sechsten Lebensjahr (Cornelius et al., 2002) und in
geringerem Schulerfolg im Alter von 10 (Goldschmidt et al., 2004) sowie vermehrten sozialen
Problemverhaltensweisen (Goldschmidt, Day & Richardson, 2000), auch bei Kontrolle zahlreicher
Drittvariablen, einschließlich pränatalen Alkoholgebrauchs.
Allgemeingültige Aussagen zu den Auswirkungen jugendlichen Substanzkonsums auf
psychosoziale Aspekte im Erwachsenenalter sind schwer zu treffen, da unterschiedliche
Stichproben, statistische Analysemethoden, Zeitfenster und untersuchte Substanzen jeweils eigene
und schwer auseinander zu haltende Effekte haben (White et al., 1998). Beispielsweise ist es so, das
der bevorzugte Gebrauch von Bier und Wein in Maßen genossen sogar positive Effekte hinsichtlich
verschiedener körperlicher Krankheiten verglichen mit Abstinenten hat, während die Konsumenten
von Spirituosen in dieser Hinsicht erhöhten Risiken ausgesetzt sind (Chou, Grant & Dawson, 1998).
Dennoch lässt sich aus den berichteten Studien ein vorsichtiges Fazit ziehen: Es scheint, als ob ein
mäßiger, auf die Jugend begrenzter Substanzkonsum bei ansonsten gesunden Jugendlichen keine
oder kaum negative psychosoziale Konsequenzen für das Erwachsenenalter hat (White et al., 1998;
Newcomb & Bentler, 1989). Besorgniserregend ist dagegen - abgesehen von den gesundheitlichen
und juristischen Folgen - für die psychosoziale Entwicklung der frühe, intensive und harte
Substanzkonsum, der bis in das dritte Lebensjahrzehnt
anhält, weil er Übergänge ins
Erwachsenenalter beeinflusst und mit einer Vielzahl negativer Entwicklungsergebnisse korreliert
(White et al., 1998).
5
Entwicklungsmodelle und Einflussfaktoren
Die typische Alterskorrelation des Substanzgebrauchs verlangt wie eingangs erwähnt nach einer
entwicklungspsychologischen Perspektive, und wegen häufig üblichen Gebrauchs und Missbrauchs
unter jungen Leuten liegt ein Bezug zu den psychosozialen Entwicklungsaufgaben nahe, denen sich
diese Altersgruppe zu stellen hat. Hierbei lassen sich einige weithin geltende Prinzipien der
Entwicklung von Substanzgebrauch aufstellen, die zur ersten Orientierung berichtet werden (vgl.
Silbereisen, 1996).
Vorausschickend ist jedoch eine Begriffsklärung erforderlich. Einflussfaktoren lassen sich
als
Risiko-,
Vulnerabilitäts-,
Kompensations-
und
Protektionsfaktoren
differenzieren:
Risikofaktoren gehen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit des Substanzkonsums einher.
16
Vulnerabilitätsfaktoren zeigen eine Art zusätzliche Empfindlichkeit angesichts von Risikofaktoren
an, erhöhen also die Wahrscheinlichkeit nochmals (Rutter, 1987). Protektions- oder Schutzfaktoren
hingegen moderieren die Effekte von Risikofaktoren, zuweilen bis zur Bedeutungslosigkeit. Diese
Differenzierung der Einflussfaktoren wird selten in der Empirie eingesetzt, obwohl sie eine
genauere Bestimmung der Wirkungsweise von Faktoren erlauben würde. Freilich würde auch diese
noch nicht genügen, um die Prozesse im Detail zu beleuchten, welche für die Effekte eines
Einflussfaktors verantwortlich sind – gesucht sind also beispielsweise Risikomechanismen und
nicht bloß –faktoren (O‘ Connor & Rutter, 1996). Weiterhin geht die Analyse von Mediatoren oder
Moderatoren über eine reine Identifikation von Einflussfaktoren auf Substanzmissbrauch hinaus.
Mediatoren erklären den Zusammenhang zwischen Risiko- oder Schutzfaktor und Substanzkonsum
und kommen somit den Mechanismen sehr nah. Moderatoren beeinflussen die Richtung oder Stärke
des Zusammenhangs (z.B. Geschlecht) und können einen Beitrag zur Untersuchung der Spezifität
von Risiko- oder Protektionsfaktoren oder –Mechanismen leisten (vgl. Baron & Kenny, 1986).
Die Forschung zeichnet sich durch eine große Zahl von theoretischen Ansätzen aus, die
entweder sehr spezifisch auf einzelne Substanzen oder Grad der Betroffenheit vom Konsum
bezogen sind, oder aber generelle Szenarien von Risiko- und Protektionsfaktoren entwerfen.
Hierauf beziehen wir uns besonders. Hierbei ist eigentlich zu unterscheiden (was in der Regel nur
indirekt durch den untersuchten Altersbereich erfolgt), ob man eher den Beginn des Gebrauchs bzw.
„experimentellen“, also gelegentlichen und wahrscheinlich bald wieder aufgegebenen, oft auch als
sozial bezeichneten Gebrauch erklären will, oder aber die Aufrechterhaltung und damit auch eine
Steigerung oder einen Missbrauch. In der Mehrzahl der Untersuchungen bei Jugendlichen wird
einfach die Konsummenge (oder verwandte Indizes) betrachtet und auf eine begründete
Unterscheidung nach Gebrauch und Missbrauch verzichtet. Für erste Erfahrungen kommen neben
der Verfügbarkeit und geeigneten Verhaltensmodellen besonders Kontakte mit Peergruppen in
Frage, die bei Jugendlichen (und um die geht es beim Einstieg) wegen des alterstypischen
Wunsches, dazu zu gehören, besonders wirksam sind (Hawkins, Catalano & Miller, 1992). Unter
den Erhaltungsfaktoren sind neben den Folgen der physiologischen Substanzwirkungen und
weiteren substanzbezogenen Erfahrungen dann vor allem Defizite wichtig, die sich bei der mehr
oder weniger misslingenden Bewältigung von Leistungserwartungen und sozialen Anforderungen
in Schule, Ausbildung und Freizeit ergeben.
17
5.1
Entwicklungsaufgaben und Substanzkonsum
Nach den Selbstaussagen 12-25jährigen (BZgA, 2004) befördert Alkohol bei rund 70% die
Stimmung bei sozialen Kontakten und bei rund 30% mindert er Befangenheit gegenüber dem
romantischen Partner oder gegenüber Peers. Bei illegalen Drogen (Cannabis) steht die Regulation
von Stimmungen bei rund 50% im Vordergrund. Hinzu kommt noch die Überwindung von
Hemmungen bei rund 40%. Andere repräsentative Untersuchungen (z.B. Kraus, Augustin & Orth,
2005) belegen ebenfalls, dass Jugendliche unter Alkoholeinfluss berichten mehr Spaß zu haben
(78%), kontaktfreudiger zu sein (67%), sich glücklich (53%) und entspannt (50%) zu fühlen.
Weiterhin gaben 40% an, Probleme zu vergessen, wenn sie Alkohol trinken. Zusammengefasst geht
es also vor allem um die Beschreibung kurzfristiger Wirkungen der Substanzen, um soziale
Kontakte und Affektregulation – und diese Erwartungen sind umso stärker, je mehr Erfahrungen im
Umgang mit Drogen vorliegen (BZgA, 2004), und interessanterweise stimmen sie nicht immer mit
dem physiologischen Wirkungsspektrum überein Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist es kein
Zufall, dass mit den geschilderten Konsummotiven Funktionen des Substanzgebrauchs
angesprochen sind, die über das unmittelbare Ziel hinaus auch bei der (scheinbaren) Bewältigung
von normativen Entwicklungsaufgaben und Entwicklungsproblemen des Jugend- und frühen
Erwachsenenalters helfen können. In der folgenden Zusammenstellung (vgl. Tabelle 2) wird dem
entsprechend Substanzkonsum einerseits als „Katalysator“ zur Bewältigung anstehender
Entwicklungsaufgaben
gesehen,
andererseits
als
Bewältigungsstrategie
in
Überforderungssituationen im Zusammengang mit der Lösung von Entwicklungsaufgaben (vgl.
Schulenberg et al., 2000).
In der Auseinandersetzung mit den Entwicklungsaufgaben nehmen Jugendliche eine aktive
Rolle
ein
(Silbereisen,
1986).
Nach
Nurmi
(1993)
transformieren
Jugendliche
die
Entwicklungsaufgaben in persönliche Ziele, planen ihre Realisierung und wenden Strategien bei
ihrer Umsetzung an. Das Ergebnis ihrer Bemühungen wird anhand normativer Standards evaluiert.
Der alterskorrelierte Verlauf des Substanzkonsums kann vor dem Hintergrund der aktiven
Entwicklungsregulation damit erklärt werden, dass der Konsum eine begleitende Strategie für die
Erreichung einiger Entwicklungsziele darstellt, also einen instrumentellen Wert bei der Bearbeitung
haben kann (Jessor & Jessor, 1983; Silbereisen & Kastner, 1985; Maggs, Almeida & Galambos,
1995; Hurrelmann & Hesse, 1991). Substanzkonsum kann in diesem eingeschränktem Sinn die
Entwicklung im Jugendalter vorantreiben (Schulenberg et al., 2000).
18
Tabelle 2:
Entwicklungsaufgaben und Funktionen des Substanzkonsums
Entwicklungsaufgaben
(Dreher & Dreher, 1985)
Mögliche Funktionen des Substanzkonsums
(Jessor & Jessor, 1983; Silbereisen & Kastner, 1985;
Labouvie,1986; Hurrelmann & Hesse, 1991; Moffitt,
1993)
Katalysatormodell: Unterstützung der Lösung von Entwicklungsaufgaben (Schulenberg et
al., 2000)
Wissen, wer man ist und was
• Ausdruck persönlichen Stils
man will; Identität
• Suche nach grenzüberschreitenden, bewusstseinserweiternden Erfahrungen und Erlebnissen
Aufbau von Freundschaften;
Aufnahme intimer Beziehungen
• Erleichterung des Zugangs zu Peergruppen
• Exzessiv-ritualisiertes Verhalten
• Kontaktaufnahme mit gegengeschlechtlichen Peers
Individuation von den Eltern
• Unabhängigkeit von Eltern demonstrieren
• Bewusste Verletzung elterlicher Kontrolle
Lebensgestaltung,
-planung
• Teilhabe an subkulturellem Lebensstil
• Spaß haben und Genießen
Eigenes Wertesystem entwickeln • gewollte Normverletzung
• Ausdruck sozialen Protests
Überforderungsmodell: Bewältigung von Entwicklungsstress (Schulenberg et al., 2000)
Entwicklungsprobleme
• Ersatzziel
(Silbereisen & Kastner, 1987)
• Kompensation von Fehlschlägen
• Stress- und Gefühlsbewältigung (Notfallreaktion)
Die zugeschriebene Funktion des Katalysatormodells muss natürlich nicht dem tatsächlichen
Erfolg entsprechen (obwohl ein beständiger Widerspruch wohl Folgen für die Verbreitung des
Substanzkonsums hätte), aber es gibt zahlreiche empirische Belege. So fanden beispielsweise Jessor
und Jessor (1983), dass künftigen Konsumenten von Cannabis die persönliche Autonomie wichtiger
war als die Ziele konventioneller Institutionen, wobei der Gebrauch als Demonstration eines
abweichenden Wertesystems und einer hedonistischen Grundhaltung verstanden werden kann.
Haschisch rauchen kann auch eine bewusste Abkehr vom konventionellen Wertesystem
demonstrieren (Brook, Kessler & Cohen, 1999). Alkohol kann z.B. den Zugang zu Peergruppen
oder den Kontakt zu romantischen Partnern erleichtern (Engels & Knibbe, 2000).
Im „Überforderungsmodell“ (Schulenberg et al., 2000) wird Substanzkonsum dem
gegenüber als alternative Strategie der Bewältigung des Entwicklungsstresses gesehen, der wegen
der vielen einander überlagernden Veränderungen dieses Lebensabschnitts entsteht (z.B.
Damphouse & Kaplan, 1998; Pandina et al., 1990; Wills & Hirky, 1996). Anders ausgedrückt
19
können bei der Bearbeitung von Entwicklungsaufgaben anhaltende Schwierigkeiten entstehen,
welche zu Entwicklungsproblemen (Silbereisen & Kastner, 1987) führen. Dabei können Probleme
nicht nur entstehen, weil zu viele Aufgaben gleichzeitig zur Bearbeitung anstehen (vgl. Coleman,
1984). Auch die Bestimmung von Entwicklungszielen kann misslingen, was möglicherweise in
einem Sinnverlust resultiert. Schließlich kann es ebenfalls zu Schwierigkeiten kommen, wenn Ziele
gesetzt sind, aber die Realisierung der Ziele aufgrund fehlender Kompetenzen oder
Fremdbestimmung nicht möglich ist. Bei mangelnder Kompetenz zeigen sich diese Schwierigkeiten
beispielsweise in Außenseitertum oder Schulschwierigkeiten (Silbereisen & Kastner, 1987). In
solchen Situationen ermöglichen psychoaktive Substanzen der aktiven Problemlösung aus dem Weg
zu gehen, indem man Belastungen (scheinbar) erträglicher macht oder den Substanzkonsum zum
Ersatzziel werden lässt.
Silbereisen, Noack und Schönpflug (1994) konnten beispielsweise zeigen, dass Jugendliche,
die ihren Wunsch nach einer Partnerschaft nicht verwirklicht hatten, in den folgenden Jahren mehr
Alkohol tranken. Versagt ein Jugendlicher in der Schulausbildung, so ist wahrscheinlicher, dass er
zu psychoaktiven Substanzen greift (Hawkins et al., 1992). Den Prozess hinter diesem
Zusammenhang haben Engel und Hurrelmann (1993) untersucht. Drohendes oder tatsächliches
Schulversagen bei Jugendlichen insbesondere bei hohen Erwartungen der Eltern, das dann zu
Konflikten im Elternhaus führt, ging mit unmittelbaren Stresserfahrungen und Substanzkonsum
einher.
Entwicklungsprobleme, die aufgrund von sozialer Fremdbestimmung entstehen oder mit
Sinnverlust
einhergehen,
beeinträchtigenden
könnten
Lebensumwelt
Vermittlervariablen
wie
Armut,
für
Kriminalität
die
in
der
Risikofaktoren
Nachbarschaft
einer
und
Arbeitslosigkeit sein (Petraitis, Flay & Miller, 1995; Hawkins et al., 1992). Substanzmissbrauch
mag dann angesichts der mangelnden Möglichkeiten der Zielrealisierung als Ersatzziel fungieren.
Verfrühte körperliche Entwicklung (biologische Fremdbestimmung) erhöht die Wahrscheinlichkeit,
früh Substanzen zu konsumieren (Tschann et al., 1994; Resnick et al., 1997; Weichold, Silbereisen,
& Schmitt-Rodermund, 2003). Substanzkonsum stellt sich also im Katalysator- und
Überforderungsmodell
als
Risikoverhalten
mit
unterschiedlicher
Entwicklungsgenese
(„Äquifinalität“) dar.
5.2
Unterschiedliche Entwicklungsverläufe
Wie gezeigt wurde, nimmt Substanzkonsum entsprechend der deskriptiven Modellvorstellungen
von Schulenberg et al. (2000) potentiell verschiedene Funktionen wahr: Einerseits steht die Lösung
oder Scheinlösung von Entwicklungsaufgaben im Mittelpunkt, andererseits die Bewältigung von
20
Stress und Überforderung. Eine ähnliche Unterscheidung von distinkten Ursachen des
Substanzkonsums stammt aus einer integrativen Sicht auf die Ergebnisse der Delinquenzforschung
einschließlich des Substanzmissbrauchs. Erstens, ein direkter Bezug zur Adoleszenz und ihren
alterstypischen Entwicklungsaufgaben besteht bei dem von Moffitt (Moffitt, 1993; Moffitt & Caspi,
2001)
beschriebenen
Muster
des
„adolescence-limited“
Substanzgebrauchs,
allgemein
charakterisiert durch den Versuch, den für Jugendliche in unseren Gesellschaften typischen
erheblichen Zeitverzug zwischen körperlicher Reife und sozialer Unabhängigkeit durch
pseudoerwachsenes Verhalten zu überbrücken, wozu neben vielen anderen vorzeitig angeeigneten
Privilegien (etwa Sexualität) beispielsweise auch Drogengebrauch gehört. Galambos, Barker und
Tilton-Weaver (2003) beschreiben ähnlich ein Syndrom pseudoerwachsenen Verhaltens, zu dem
neben einem überzogenen subjektiven Alter und erheblichem Problemverhalten auch eine geringe
Arbeitsorientierung zählt. Da tiefer sitzende individuelle Ursachen fehlen, und sich das
Missverhältnis von Anspruch und Wirklichkeit über die Jahre durch neue befriedigende Rollen
schier von selbst schließt, kommt es zum Nachlassen und Ausstieg aus dem Konsum (so keine
weiteren Schädigungen hinzukommen). Dieser Entwicklungsverlauf soll nach Moffitt der Mehrheit
der Fälle entsprechen (um 90%), was plausibel erscheint mit Blick auf die Befunde zu
alterskorrelierten Veränderungen des Substanzkonsums, die für die Population einen Konsumabfall
im frühen Erwachsenenalter (ab 25. Lebensjahr) zeigen.
Zweitens postuliert Moffitt einen „life-course persistent“ Entwicklungstyp, der sich im
Konsum während der Adoleszenz kaum vom anderen Typ unterscheidet, wohl aber weit ins
Erwachsenenalter anhält, und vor allem auf einer ganz anderen Ätiologie fußt. Statt struktureller
Probleme der Jugendphase stehen hier bereits frühkindlich vorliegende Auffälligkeiten, nämlich
Anpassungsprobleme
wie
Aggressivität,
Scheu,
Aufmerksamkeitsstörungen,
Impulsivität,
Frustrationsintoleranz und vieles weitere mehr im Mittelpunkt, einschließlich sehr früher
neurologischer Auffälligkeiten. Möglicherweise dient Substanzgebrauch auch dieser Gruppe der
Bewältigung von Entwicklungsaufgaben. Allerdings ist aufgrund der anderen Ursachen für das
Problemverhalten ein anhaltendes und sich verschärfendes Muster zu erwarten, das nicht mit dem
frühen Erwachsenenalter endet. Für die Mehrheit der Jugendlichen gibt die lebenslang auffällige
Gruppe
in
der
Jugendzeit
das
Verhaltensmodell
für
unzeitige
Privilegien
und
Regelüberschreitungen ab, wie die Diskrepanz zum vollen Erwachsensein u. a. mittels
Substanzkonsum überspielt werden kann (Moffitt, 1993).
Offensichtlich bestehen Parallelen zu weiteren Entwicklungstypologien, so aus der
Forschung zur Alkoholabhängigkeit, wo man den antisozialen Alkoholkonsum von dem auf die
Jugendzeit begrenzten unterscheidet (Zucker, 1994). Weiterhin unterscheidet man einen Typ mit
multiplem Missbrauch, Mehrfachkonsum und hoher Antisozialität, der sich durch genetische
21
Einflüsse, sowie umfangreiche Störungen der Anpassung in Interaktion mit einem problematischen
Familienumfeld im Kindesalter auszeichnet (Cloninger, Sigvardsson & Bohman, 1988; Tarter et al.,
1999). All diesen empirisch inspirierten Entwicklungstypologien (Moffitt’s und der klinischen
Typologien) ist gemein, dass sie potentielle Ursachen der differentiellen Entwicklung benennen,
nicht bloß nach unterschiedlichen Verläufen des Gebrauchs klassifizieren, und auch mit
differentiellen Konsequenzen rechnen.
In Längsschnittstudien wurden verschiedene Verläufe des Substanzkonsums (und zwar auch
für normativen Konsum und nicht nur klinisch relevante Konsumformen, vgl. Tarter et al., 1999)
empirisch nachgewiesen. In der Mehrheit basieren diese Studien auf Stichproben aus dem außereuropäischen Raum. Einerseits beziehen die Studien zu Verläufen und Entwicklungstypologien nur
Daten über die Adoleszenz ein, andererseits wird auch der Verlauf über das Jugendalter, Emerging
Adulthood bis ins frühe Erwachsenenalter modelliert. Im Jugendalter konnte gezeigt werden, dass
die Veränderungen im Alkoholkonsum (Einstieg, Akzeleration der Konsummengen und –
häufigkeit) zwischen dem 13. bis 18. Lebensjahr) intraindividuell eine erhebliche Variation
aufweisen (z.B. Colder et al., 2002). Eine der wenigen Studien, die Entwicklungspfade zum
Alkoholkonsum bei deutschen Jugendlichen untersuchte, bestätigte dies und zeigt darüber hinaus,
dass die Verläufe zwischen Jungen und Mädchen unterschiedlich sind (Wiesner, Weichold, &
Silbereisen, in press). Problematischer Alkoholkonsum steht in dieser Stichprobe für eine kleine
Gruppe
der
Jugendlichen
mit
frühen
Verhaltensauffälligkeiten
in
der
Kindheit
und
problematischeren Konsumumständen im Jugendalter entsprechend des Modells von Moffitt in
Beziehung (Weichold, 2002).
Werden Daten zum Substanzkonsum in der Emerging Adulthood und im frühen
Erwachsenenalter einbezogen, zeigen sich erneut Unterschiede in den Entwicklungsverläufen. Im
Einklang mit der von Moffitt (1993) aufgestellten Entwicklungstypologie finden Schulenberg et al.
(1996) und Bennett et al. (1999) eine Gruppe, deren Alkoholmissbrauch (sehr starker Konsum zu
einer Trinkgelegenheit bzw. hoher Konsum mit negativen Konsequenzen) über das untersuchte
Zeitintervall (18 bis 24 Jahre bzw. 18 bis 31 Jahre) gleich hoch bleibt. Ebenso finden sie eine
Gruppe, deren Alkoholmissbrauch über die Zeit konstant abnimmt. Den größten Teil der
Gesamtgruppe machen aber Jugendliche aus, die sich über den gesamten Zeitraum entweder selten
oder nie übermäßig betrinken (Schulenberg et al. 1996) bzw. niedrigen oder moderaten
Alkoholkonsum berichten (Bennett et al. 1999). Jugendliche, die früh mit dem Konsum begannen
und ihn schnell steigerten oder chronischen problematischen Konsum (Binge Drinking) angaben,
hatten dabei weitaus größere auf Alkohol bezogene und psychosoziale Anpassungsprobleme
(Colder et al., 2002). Außerdem scheint bei einem Teil der Jugendlichen keine Reduktion des
Konsums beim Übergang ins Erwachsenenalter gegeben zu sein (Kandel & Chen, 2000;
22
Schulenberg et al., 1996; Bennett et el., 1999), was die Existenz zumindest eines weiteren
Entwicklungspfads unterstützt („late-starter“ Konzept aus der Forschung zu antisozialem Verhalten;
Loeber & Stouthammer, 1998). Denkbare Auslöser für den Beginn einer Auffälligkeit im
Jugendalter wären z.B. kritische Lebensereignisse oder die genetisch bedingte physiologische
Anfälligkeit für eine substanzbezogene Abhängigkeit. Aus anderen Studien (Silverthorn & Frick,
1999) stammt die Anregung, bei Mädchen einen „delayed onset“ Pfad anzunehmen, bei dem die
frühen Störungen wie im „life-course persistent“ Fall vorliegen, für den das Geschlechtsverhältnis
ohnehin ca. 1:10 zum Vorteil der Mädchen sein soll. Empirische Belege hierzu liegen bereits vor,
jedoch zeigen Befunde auch, dass zusätzlich zum Beginn eines problematischen Verlaufs im
Jugendalter wie bei Jungen ein „early starter“ Typ bei Mädchen vorliegen kann (vgl. White &
Piquero, 2004). Dennoch scheint die Pubertät insbesondere bei Mädchen für die Manifestation von
externalisierten Verhaltensproblemen eine wichtige Rolle zu spielen, was durch die Eröffnung
vielfältiger Optionen für deviante Peerkontakte und nachlassende Kontrolle im Elternhaus erklärt
wird. Befunde anhand deutscher Daten zeigen, dass ein problematischer Verlauf des
Alkoholkonsums bei Mädchen mit einer frühen körperlichen Reife und vermehrten devianten
Peerkontakten einher geht (Weichold, Wiesner, & Silbereisen, 2006). Insgesamt besteht jedoch ein
erheblicher Forschungsbedarf zu Geschlechtunterschieden in den Entwicklungspfaden im
Substanzkonsum, deren Vorreiter, Korrelate und Konsequenzen insbesondere in Europa.
Ähnlich liegen die Befunde zu unterschiedlichen Entwicklungsverläufen beim Konsum von
Cannabis. Kandel und Chen (2000) haben vier Verlaufstypen des Marihuanakonsums empirisch
anhand des Einstiegsalters, des Zeitintervalls fast täglichen Konsums und des Andauerns des
Konsums von früher Jugend bis in die Emerging Adulthood bzw. frühes Erwachsenenalter
bestimmt. Interessant ist der Befund, dass die leichteren Konsumenten den Großteil der
repräsentativen Stichprobe ausmachten und diese im Alter von Mitte 30 fast alle mit dem Konsum
aufgehört hatten. Ein kleinerer Teil, der sich durch starken Konsum auszeichnete, behielt den
Konsum dagegen eher bei und war hinsichtlich Delinquenz und Psychopathologie (insbesondere bei
frühem Einstieg) stärker belastet.
Zusammenfassend
stehen
also
unterschiedliche
Entwicklungsverläufe
hinter
dem
alterskorrelierten Verlauf für den Konsum und Missbrauch psychoaktiver Substanzen bei jungen
Leuten. Die Mehrheit konsumiert ausschließlich in der Adoleszenz oder Emerging Adulthood ohne
ernsthaftere Konsequenzen im späteren Leben. Eine Minderheit jedoch ist durch eine hohe
Kontinuität des Konsums bis ins Erwachsenenalter gekennzeichnet, die oft verbunden ist mit
vielfältigen Anpassungsproblemen. Die Differenzierung verschiedener Entwicklungspfade ist
bedeutsam, wenn es um die Klärung von Ursachen für Substanzmissbrauch sowie die Planung von
effektiven Präventionsmaßnahmen geht, denn während des Jugendalters müssen sich die
23
verschiedenen Entwicklungspfade in den Konsumhöhen und -gewohnheiten überhaupt nicht
unterscheiden.
5.3
Modelle für das Zusammenspiel von Risiko und Protektion
Das Feld zeichnet sich durch eine große Zahl von Modellen zur Entwicklung von
Substanzmissbrauch aus, die aber in der Regel nur einen Teil der aus der empirischen Forschung
bekannten Risiko- und Protektionsfaktoren umfassen. Das wohl bekannteste ist die „Problem
Behavior Theory“, ursprünglich formuliert von Jessor und Jessor (1977), die einen klaren Bezug zur
psychosozialen Entwicklung während des Jugendalters und der Emerging Adulthood hat.
Unterschieden werden drei Bedingungssysteme: Persönlichkeit, wahrgenommene Umwelt und
Verhalten. Jedes System umfasst sowohl das Problemverhalten fördernde als auch kontrollierende
Bedingungen, beispielsweise im Falle der wahrgenommenen Umwelt Modelle für und normative
Orientierungen gegen den Konsum. Der Schlüssel zur Vorhersage des Gebrauchs ist dann die
resultierende Balance aus Risiko und Protektion, die als „Proneness“ (Bereitschaft) zu
Problemverhalten bezeichnet wird und die Voraussetzung des tatsächlichen Problemverhaltens
darstellt. Das Modell hat sich über die letzten Jahrzehnte an zahlreichen Populationen bewährt,
wobei gezeigt wurde, dass rund 50% der Varianz im Marihuana Gebrauch Jugendlicher jenseits
soziodemographischer Bedingungen erklärt wurden, und zwar mit der wahrgenommenen Umwelt
als bedeutsamster Quelle (Donovan, 1996). Letztere umfasst beispielsweise die wahrgenommene
Kompatibilität der Auffassungen und die relative Stärke des Einflusses von Eltern und Peers, sowie
bezogen auf Substanzgebrauch deren Modellverhalten und Billigung des Konsums. Bei
problematischem
Alkoholgebrauch
betrug
der
Varianzanteil
rund
40%
jenseits
soziodemographischer Bedingungen, wobei im Gegensatz zu Marihuana der größte Beitrag hier aus
dem Verhaltenssystem kommt, welches verschiedene sozial negativ sanktionierte Verhaltensweisen
enthält (Donovan, Jessor & Costa, 1999). Der Unterschied zwischen den beiden Substanzklassen
Alkohol und Cannabis ist auffällig und für Prävention relevant. Die weitere Annahme dieses
Modells, dass nämlich zahlreiche Problemverhaltensweisen kovariieren und sich auch die Risikobzw. Schutzfaktoren teilen, wurde ebenfalls oft bestätigt (Donovan, 1996). Jüngste Vergleiche mit
Stichproben in China ergaben darüber hinaus Hinweise auf die Generalisierbarkeit in einer anderen
Kultur mit niedrigeren Konsumraten und höherer sozialer Kontrolle (Jessor et al., 2003), und auch
im europäischen Kontext (Italien und den Niederlanden) scheint sich das Modell zur Erklärung von
jugendlichem Substanzkonsum zu bewähren (vgl. Ciairano et al., 2006). Die Robustheit des
Ansatzes erwies sich auch im Vergleich des Problemtrinkens von Stichproben, die zwischen 1970
24
und 1990 in den USA erhoben wurden, wobei dieser Zeitraum für Alkoholgebrauch ein
unterschiedlich günstiges Umfeld betraf (Donovan et al., 1999).
Ein ähnliches Anliegen aber bislang mit geringerer Breitenwirkung verfolgt das „Social
Development Model“ von Catalano et al. (1996), ebenfalls gedacht für zahlreiche abweichende
Verhaltensweisen. Die zentralen Konstrukte sind wahrgenommene und genutzte Gelegenheiten für
Problemverhalten, wahrgenommene Bestärkungen des Problemverhaltens, Bindung an ein
antisoziales Milieu sowie entsprechende Haltungen und Überzeugungen. Der Erklärungswert
scheint aber niedriger als bei dem Modell von Jessor und Jessor (1977) zu sein, obwohl hier gleich
mehrere Ansätze aus verschiedenen Sozialwissenschaften (beispielsweise neben der Psychologie
die Soziologie) Pate standen.
Beide Modelle teilen wichtige Risiko- und Schutzfaktoren auf verschiedenen Ebenen, aber
integrieren nicht alles, was sich über die Jahre empirisch bewährt hat. Einen systematischen und
einflussreichen Versuch hierzu haben Petraitis, Flay und Miller (1995; 1998) unternommen (vgl.
Tabelle 3). Sie unterscheiden die Risikofaktoren vermittelt durch die Akteure im sozialen Umfeld
(z.B. Einfluss konsumierender Freunde), Charakteristiken des weiteren Kontexts von Nachbarschaft
und Region (z. B. hohe Kriminalitätsrate) und Risiken in der Person selbst (z. B. biologische
Disposition). Wie in der folgenden Tabelle gezeigt, wird zusätzlich nach der ursächlichen Nähe
zum tatsächlichen Verhalten unterschieden. Die besonders gesicherten Erkenntnisse zur Vorhersage
des experimentellen Gebrauchs sind in der Tabelle kursiv markiert, wobei man sagen muss, dass
das Schwergewicht der entwicklungspsychologisch relevanten Forschung auf den distalen
Bedingungen und auf experimentellem Gebrauch liegt.
Allgemeine Risiken aus dem interpersonalen Umfeld, der Ökologie des Nahraums oder
biologische Dispositionen sind am weitesten vom Verhalten der Person entfernt. Sie werden in der
Regel nicht von ihr kontrolliert oder hervorgerufen, erhöhen aber die Wahrscheinlichkeit zum
Substanzgebrauch. Distale Faktoren stehen näher am Verhalten und haben mehr oder weniger
direkte Wirkungen, wie positive Einstellungen zu Drogen bei wichtigen Bezugspersonen. Ihr
Auftreten wird durch die allgemeinen Risiken befördert. Schließlich gibt es die proximalen
Faktoren, die unmittelbar den Gebrauch oder Missbrauch beeinflussen und ihrerseits die Effekte der
distalen Bedingungen vermitteln. Hier geht es um Kognitionen, Motivationen und Kompetenzen,
die im Umgang mit anderen wirksam werden.
Die ausdrückliche Nennung von Schutzfaktoren im Sinne einer Moderation von
Risikofaktoren in den drei genannten Modellen beruht erstaunlicherweise auf nur wenigen
gesicherten Erkenntnissen. Nach Jessor, Turbin und Costa (1998) sind es die Erfahrung sozialer und
personaler Kontrollen, mit Substanzgebrauch inkompatible Aktivitäten sowie positive normative
Orientierungen.
Weiterhin
spielen
Familienbeziehungen
(Monitoring,
Disclosure)
und
25
schulbezogene Variables (z.B. Zufriedenheit in der Schule, positive Beziehung zu Lehrern) eine
Rolle als Protektionsfaktoren (vgl. Piko, Fitzpatrick & Wright, 2005).
Tabelle 3:
Ebenen
des
Einflusses
Allgemein
Distal
Einflussfaktoren auf Substanzmissbrauch im Jugendalter
Typen des Einflusses
Sozial/Interpersonal
Merkmale der Person, die
das engste System sozialer
Unterstützung ausmachen;
unspezifisch für
Substanzgebrauch und
außerhalb der Kontrolle der
Jugendlichen; setzen
Jugendliche dem Risiko
aus, sozialem Druck nicht
widerstehen zu können
Bsp.: Scheidung,
problematisches
Erziehungsverhalten der
Eltern
Emotionale Bindung an
einflussreiche
Rollenmodelle, die
substanzspezifisches
Verhalten zeigen und
entsprechende
Einstellungen haben
Bsp.: geringe Bindung an
Eltern, hohe Bindung an
Peers
Kultur/Einstellung
Intrapersonal
Merkmale der
unmittelbaren Umgebung,
also der Wohnumgebung,
Schule oder Kultur,
außerhalb der Kontrolle der
Jugendlichen; setzen sie
dem Risiko aus, positive
Einstellungen gegenüber
Substanzgebrauch zu
entwickeln
Bsp.: hohe
Kriminalitätsrate, schlechte
Bildungsbedingungen
Persönlichkeitseigenschafte
n, biologische
Dispositionen, die die
Motivation des
Jugendlichen für
Substanzgebrauch fördern
oder die physiologische
Empfänglichkeit für den
Substanzgebrauch steigern
können
Bsp.: genetische
Prädisposition,
Aggressivität, Impulsivität
Gegenwärtiger emotionaler
Werte und
Zustand und allgemeine
Verhaltensweisen
Fähigkeiten, die die eigene
Jugendlicher im
Motivation für den
allgemeinen, die zu einer
Substanzgebrauch fördern
positiven Einstellung
sowie die
gegenüber
Widerstandsfähigkeit
Substanzgebrauch
verringern
beitragen
Bsp.: geringer Selbstwert,
Bsp.: geringe Bindung an
Angst, Stress
Konventionen, Streben
nach Unabhängigkeit von
Eltern
Proximal
Annahmen über die
Annahmen über Kosten und Annahmen über eigene
Fähigkeiten, Substanzen zu
normative Natur von
Nutzen von
benutzen bzw. sie
Substanzgebrauch und über Substanzgebrauch
abzulehnen
den Druck solche
Bsp.: mehr Kosten als
Bsp.: nicht Nein-Sagen
Substanzen zu benutzen
Nutzen vom Konsum
können
Bsp.: Annahme, dass
angenommen
wichtige andere Konsum
gut heißen
Anmerkung: kursiv = empirisch konsistent bestätigt (vgl. Petraitis et al., 1998)
Die gegenüber dem theoretisch attraktiven Konzept der Protektion magere Befundlage erklärt sich
durch die hierfür wenig geeignete Forschungsstrategie, nämlich große Stichproben aus der
Normalpopulation junger Leute zu untersuchen. Hohe Ausprägungen von Risikofaktoren sind dabei
selten und folglich besteht auch kaum eine Chance, die erst recht seltene Moderation durch
26
Schutzfaktoren zu erkennen. Geeignete Untersuchungsstrategien müssten sich auf Gruppen
erhöhten Risikos beziehen, und dies ist bei der Forschung zum Substanzgebrauch (statt missbrauch) unter Jugendlichen selten.
Das relative geringe Ausmaß an gesicherten Befunden zu Schutzfaktoren findet jedoch eine
Ergänzung durch den Forschungsbereich zur positiven Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen.
Hier wurden allgemein entwicklungsfördernde Faktoren identifiziert (sog. internale und externale
developmental assets). Zu den internalen assets zählen Kompetenzen und Fähigkeiten von Kindern
und Jugendlichen wie eine positive Einstellung zum Lernen, positive Werte, soziale Kompetenz und
eine positive Identität. Externale assets umfassen Entwicklungsressourcen in der Umwelt wie
Unterstützung und Stärkung durch andere, wahrgenommene Grenzen und Erwartungen sowie eine
konstruktive Nutzung von Zeit (Benson, 2002). Diese entwicklungsfördernden Faktoren stehen
nicht nur mit positiven Entwicklungsergebnissen in Zusammenhang, sondern auch mit geringem
Problemverhalten, u. a. Substanzmissbrauch (Scales, Benson & Leffert, 2000; Theokas et al., 2005).
Vor allem aus der Perspektive der Prävention von jugendlichem Problemverhalten stellt sich
die Frage nach der Spezifität der Faktoren für Substanzmissbrauch bzw. der Allgemeingültigkeit für
mehrere Problemverhaltensweisen (Loeber et al., 1998; Reese & Silbereisen, 2001), auf die Petraitis
et al. (1995) lediglich implizit eingehen. Gleiche Risiko- bzw. Kompensationsfaktoren wurden für
unterschiedliches Risikoverhalten (Problemtrinken, Cannabiskonsum, Delinquenz, frühe sexuelle
Aktivität) gefunden (Jessor et al., 1995). Freunde zu haben, die entsprechende Verhaltensmodelle
darstellen, war für alle vier Problemverhaltensweisen ein Risikofaktor. Für drei Verhaltensweisen
stellte sich eine niedrige Erfolgserwartung an das eigene Leben als Risikofaktor heraus. Niedriger
Selbstwert bzw. Selbstwirksamkeit und Hilflosigkeit erhöhten die Wahrscheinlichkeit für zwei
Problemverhaltensweisen. Dagegen war eine intolerante Einstellung gegenüber Devianz ein
Kompensationsfaktor für jeden der vier Problembereiche. Eine positive Einstellung gegenüber der
Schule
und
konventionell
eingestellte
Vorbilder
im
Freundeskreis
stellten
für
zwei
Verhaltensweisen Kompensationsfaktoren dar. Eine Unterscheidung von spezifischen und
allgemeinen Einflussfaktoren erlaubt auch die querschnittliche Analyse von Metzke und
Steinhausen (1999a, 1999b) sowie der Längsschnitt an einer Risikopopulation von Loeber et al.
(1998).
Postuliert man zudem differentielle Entwicklungsmuster des Substanzmissbrauchs, also
einen auf die Jugend begrenzten Missbrauch oder eine von Kindheit bis ins Erwachsenenalter
persistierende Auffälligkeit, stellt sich die Frage nach der Allgemeingültigkeit der Einflussfaktoren
für alle Entwicklungstypen (Loeber et al., 1998). So mag die Standfestigkeit gegenüber
Konsumangeboten für die lediglich in der Jugend auffälligen Fälle ein Schutzfaktor sein, während
27
sie bei den bereits in der Kindheit auffälligen Jugendlichen keine Rolle spielt. Verbindliche
Antworten hierzu fehlen.
6
Ausgewählte Einflussfaktoren
Nach der auf Prinzipen und Modelle abhebenden Darstellung folgen jetzt Erkenntnisse zu wichtigen
einzelnen Bedingungen für die Entwicklung von Substanzgebrauch im intrapersonalen Bereich, der
Familie und Peergruppe. Darüber hinaus werden die Befunde zu proximalen Einflüssen
zusammengefasst. Da die Mehrheit der Forschung auf Risikofaktoren und deren Wirkmechanismen
fokussiert, werden diese im folgenden Abschnitt das Übergewicht im Vergleich zu Schutzfaktoren
haben. An verschiedenen Stellen wird bei der Erklärung der Entstehung von Substanzmissbrauch
im Jugendalter auch auf die Konzepte Resilienz und Vulnerabilität eingegangen. Weiterhin muss
einleitend darauf hingewiesen werden, dass eine Vielzahl der Studien, ähnlich wie zu
Entwicklungspfaden, auf amerikanischen Stichproben beruht. Kulturvergleichende Forschung hat
jedoch gezeigt, dass etliche Einflussfaktoren auf den europäischen oder deutschen Kontext
übertragbar sind (vgl. Brook et al., 2001a; Piko et al., 2005; Serman et al., 2002; Weichold &
Silbereisen, 2006).
6.1
Intrapersonale Einflüsse
Am Anfang einer Differenzierung in verschiedene Domänen von Risikofaktoren steht die Frage
nach dem Verhältnis von Person und Umwelt. Insbesondere mittels Adoptions- und
Zwillingsstudien wurden in den letzten Jahren neue Antworten zur Erklärung des Substanzkonsums
als Folge einer genetischen Disposition gefunden. Aus früheren Arbeiten weiß man, dass es für
Alkoholgebrauch und vor allem Missbrauch eine genetische Vulnerabilität geben muss, die freilich
vor allem beim Vorliegen zusätzlicher Umweltrisiken zur Manifestation kommt. Cadoret et al.
(1989) fanden beispielsweise in Adoptionsstudien, dass ein elterlich angelegtes Risiko zum
Alkoholmissbrauch nur ausbricht, wenn die Adoptivfamilien von niedrigem sozialem Stand waren
und vor diesem Hintergrund dem erhöhten Stimulationsbedürfnis und der niedrigen
Angstvermeidung nicht standhalten können, welche als Vermittlungsprozess angenommen werden
(Cloninger et al., 1988). Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass bis zu 70% erwachsener
Alkoholiker in Adoptionsstudien keine einschlägige familiäre Belastung aufwiesen (Windle, 1999).
In der Adoptionsstudie von Ge und Kollegen (1996) wurde gezeigt, dass das Ausmaß
substanzbezogener Störungen oder antisozialer Persönlichkeit der biologischen Eltern mit dem
feindseligem Erziehungsverhalten der ihnen unbekannten Adoptiveltern korrelierte. Dieser
28
Zusammenhang wurde durch das antisoziale Verhalten des Kindes gestiftet. Andere Erklärungen,
etwa Schwierigkeiten in der Ehe der Adoptiveltern, konnten ausgeschlossen werden. Das
antisoziale Verhalten des Kindes wurde als Fall einer genetisch „evozierten“ Kovariation von
Person und Umwelt gedeutet. Hierunter versteht man eine von drei Möglichkeiten des
Zusammenspiels von Genom und Umwelt (Rutter, 1997).
Die moderne verhaltensgenetische Forschung hat diese Linie weiterverfolgt und kommt zu
differenzierteren Einschätzungen über die Rolle von Umweltfaktoren. So fanden Rose, Dick und
Viken (2001) an finnischen Zwillingspaaren, dass mit 14 Jahren Alkohol zu trinken oder aber
abstinent zu sein praktisch nur mit der geteilten Umwelt der Zwillinge zu tun hatte (die auch
außerhalb der Familie liegen kann). Allgemeiner kann man sagen, dass der Beginn des Gebrauchs
vor allem von Umweltbedingungen abhängt, während die Ausbildung bestimmter Konsummuster
(beispielsweise süchtiger) mehr von genetischen Bedingungen abhängig ist, die ihrerseits
wiederum, wie schon erwähnt, mit Umweltbedingungen zusammenspielen können (Rose & Dick,
2004/5).
Befunde von Längsschnittstudien belegen, dass eine ausgeprägte Suche nach neuen
Erfahrungen und geringe Risikovermeidung im Alter zwischen 6 und 10 Jahren die
Wahrscheinlichkeit für einen frühen Einstieg in den Substanzkonsum bei Jungen erhöhen (Masse &
Tremblay, 1997). Auch ist das Risiko für Abhängigkeitsdiagnosen im frühen Erwachsenenalter
größer, wenn bei Jungen und Mädchen Verhaltensprobleme, wie Hyperaktivität, Aggressivität,
geringe Konzentrationsfähigkeit in der Kindheit vorlagen (Reinherz et al., 2000). Andere frühe
Persönlichkeitsmerkmale, die zu Substanzkonsum im Jugendalter führen können, sind geringe IchKontrolle (Impulsivität, mangelnder Belohnungsaufschub) und geringe Ich-Stabilität (niedriges
Selbstvertrauen, wenig Initiative). Letzteres ist besonders für Mädchen bedeutsam: Block, Block
und Keyes (1988) fanden nämlich, dass sich im Längsschnitt, der im Alter von drei Jahren
begonnen wurde, eindeutig Zusammenhänge zwischen der frühen Persönlichkeitsentwicklung und
Substanzgebrauch im Alter von 14 Jahren fanden. Wichtig war bei beiden Geschlechtern, inwiefern
man mit Verhaltensimpulsen umgehen kann, ohne ihnen gleich nachzugeben (Ich-Kontrolle), und
zusätzlich noch bei Mädchen (bzw. bei härteren Drogen), inwiefern man sich gegenüber den
unvermeidlichen Belastungen des Alltags flexibel einstellen kann oder schnell aus der Bahn
geworfen wird. Mädchen, die Substanzen nehmen, scheinen demnach von der Persönlichkeit her
stärker belastet zu sein als Jungen. Hierzu passt auch, dass bei Jungen, nicht aber bei Mädchen die
frühkindliche familiäre Situation eine Rolle spielte.
Angenommen wird, dass in der Kindheit vorliegende individuelle Verhaltensauffälligkeiten
sich im Zusammenspiel mit negativen Einflüssen aus der Familie, dem Peerkontext und
Belastungen während der Pubertät akzentuieren und zum Substanzkonsum im Jugendalter führen
29
(Dawes et al., 2000). Eine frühe pubertäre Reife (die man aber nur bei rund 15% oder weniger
ansetzen sollte) steht bei weiblichen und männlichen Jugendlichen mit frühem Substanzkonsum und
größeren Steigerungen des Konsums in der mittleren Adoleszenz in Beziehung, und zwar
insbesondere dann, wenn die Abweichung im Entwicklungstempo über mehrere Jahre der
Adoleszenz vorlag (Dick et al., 2001). Unzeitige Kontakte mit älteren, devianten Peers sollen den
Zusammenhang erklären. Weiterhin erhöht eine späte Reife bei männlichen Jugendlichen das
Risiko für ausgeprägten Substanzkonsum im Jugend- und Erwachsenalter, was als Kompensation
für einen geringen Peerstatus gesehen wird (zusammenfassend Weichold et al., 2003). Zusätzliche
Stressoren und der längerfristige Missbrauch psychoaktiver Substanzen erhöhen dann die
Wahrscheinlichkeit für substanzbezogene Störungen im Erwachsenenalter (Dawes et al., 2000).
6.2
Einflüsse in der Familie
Hinsichtlich der Erziehung sind mit unterschiedlichen Vorzeichen Unterstützung und Zuwendung
(Adalbjarnardottir & Hafsteinsson, 2001), Monitoring und Konsistenz in Forderungen (Barnes et
al., 2000), Konflikte sowie negative Lebensereignisse (Keller et al., 2002) für Substanzgebrauch
bedeutsam. Typisch für die aktuelle Forschung ist die Annahme, dass es sich weniger um direkte
denn um vermittelte Effekte handelt, vor allem über negative Einflüsse auf mangelnde
Selbstkontrolle der Heranwachsenden, die ihrerseits mit früherem und stärkerem Substanzgebrauch
in Zusammenhang steht (zusammenfassend Wills & Yaeger, 2003). Brody und Ge (2001) konnten
zeigen, dass Veränderungen zum Schlechten in der Konfliktgeladenheit der innerfamiliären
Interaktion mit analogen Veränderungen der jugendlichen Selbstkontrolle einhergingen und so die
Zunahme an Alkoholgebrauch der Heranwachsenden erklärten. Natürlich gibt es neben der
Selbstkontrolle zahlreiche weitere, proximale Mediatoren, wie beispielsweise Wissen und Normen
bezogen auf Substanzgebrauch (McLaughlin et al., 1983; Brody et al., 2000) oder Defizite in der
sozialen Kompetenz (Hussong et al., 2005).
Neben den abträglichen Effekten des familiären Kontexts gibt es auch protektive, z.B. wenn
elterliche Zuwendung und Wärme negative Auswirkungen des elterlichen Drogengebrauchs
mindern (Brook et al., 2001b). Mit Blick auf solche Moderation abträglicher elterlicher Effekte
spielen Temperamentsdimensionen des Kindes eine große Rolle. Dispositionelle positive
Emotionalität und Aufgabenorientiertheit mindern nach Wills et al. (2001) das Niveau und den
Anstieg des Drogengebrauchs selbst bei hohen familiären Risiken durch Konflikte und elterlichen
Substanzgebrauch. Weiterhin zeigen Forschungsbefunde, dass ein „autoritativer“ Erziehungsstil
(meint viel Zuwendung, gepaart mit entwicklungsgerechten Herausforderungen und Konsistenz im
Verhalten) der Eltern mit geringerem Substanzkonsum insbesondere bei weiblichen Jugendlichen
30
einher geht (z.B. Jackson, Henriksen & Foshee, 1998). Hinsichtlich der vermittelnden
Mechanismen spielt erneut ein höheres Ausmaß an Selbstregulation des Jugendlichen eine Rolle
(Patock-Peckham et al., 2001), und zudem die Überzeugung, dass problematischer Substanzkonsum
von den Eltern bestraft wird (Fletcher & Jefferies, 1999).
Die Frage danach, inwiefern elterlicher Substanzgebrauch an die Jugendlichen sozusagen
weitergegeben
wird,
stellt
ihrer
sozialpolitischen
Bedeutung
wegen
einen
eigenen
Forschungsschwerpunkt dar. Nach Windle (2000) ist der direkte Einfluss des elterlichen
Alkoholgebrauchs in der Summe viel geringer als jener der Peers und vor allem der Geschwister,
wobei freilich die Auswahl bestimmter Peers auch als Folge elterlichen Einflusses einschließlich
des möglichen Substanzgebrauchs gesehen werden muss (Kandel, 1990). Problematischer sieht es
bei elterlichem Substanzmissbrauch aus, bei dessen Übertragung eine genetische Vermittlung
anzunehmen ist, die sich dann ihrerseits über Störungen der Selbstkontrolle auswirkt (Hoffman &
Cerbone, 2002).
6.3
Einflüsse in der Peer-Gruppe
Eine Vielzahl von Untersuchungen hat eine erhebliche Rolle des Konsums von Peers auf den
eigenen Alkoholkonsum der Jugendlichen festgestellt. Dabei wird davon ausgegangen, dass nicht
nur der Umgang mit Peers den eigenen Substanzkonsum beeinflusst („Sozialisation“), sondern sich
Jugendliche zusammenfinden, die sich ähnlich sind (z.B. hinsichtlich Prädisposition, Persönlichkeit,
oder vorangegangenem Konsum; „Selektion“; Kandel, 1986). Neue Befunde anhand von
Längsschnittdaten zeigen, dass ein Einfluss des besten Freundes selbst nach Kontrolle von
Selektionseffekten besteht, aber in seinem Ausmaß geringer ausfällt als bisher angenommen
(Jaccard, Blanton & Dodge, 2005; Bauman & Ennett, 1996). Selektion von konsumierenden Peers
und der weitere Umgang mit ihnen beeinflussen die Konsummuster Jugendlicher, vermittelt durch
deviante
Interaktionen
(insbesondere
die
gegenseitige
Verstärkung
problematischer
Verhaltensweisen betreffend) und gemeinsam verbrachte Zeit bis ins frühe Erwachsenalter (Dishion
& Owen, 2002).
Die Ursache der mangelnden Bindung an normative Umfelder wird zum einen in der
Umwelt gesehen, nämlich in der Diskrepanz zwischen individuellen Zielen und gegebenen
Möglichkeiten, in der Unfähigkeit der sozialen Institutionen Kontrolle auszuüben, und in der
mangelnden Erziehung zu konventionellen Werten (Elliott, Huizinga & Menard, 1989). Hawkins
und Weis (1985) sehen Jugendliche dann Beziehungen zu devianten Peers aufnehmen, wenn es von
früh an in Familie und Schule wenig Gelegenheiten für positive Interaktion gab, wenn auch deshalb
wenig interpersonale und intellektuelle Fertigkeiten entwickelt werden konnten, die dann zu
31
anregenderen Interaktionen führten und wenn insgesamt Familie und Schule als wenig positiv erlebt
wurden. Natürlich können Jugendliche nur in einem (Schul-) Umfeld entsprechende Peers wählen,
in denen solche Optionen überhaupt bestehen (Cleaveland & Wiebe, 2003). Andere, mehr auf
individuelle Aspekte fokussierende Theorien nehmen an, dass sich Jugendliche von Familie und
Schule und damit von traditionellen Werten abwenden, wenn sie dort erhöhten Stress erleben oder
Erwartungen nicht erfüllen können (Kumpfer & Turner, 1990; Kaplan, 1978). Diese Jugendlichen
schließen sich wiederum eher devianten Peers an, die ihnen emotionale Sicherheit und
Selbstachtung geben können, freilich gleichzeitig auch Anregungen und Verstärkung für
Substanzkonsum geben. Diese Theorien verdeutlichen die Wirkmechanismen von Risikofaktoren
unterschiedlichster Ebenen und Bereiche unter Einbeziehung von Schutzfaktoren (Hawkins &
Weis, 1985).
Die anscheinend große und besondere Rolle von Peers im Vergleich zur Familie fügt sich
gut in einen in den letzten Jahren kontrovers diskutierten Ansatz von Harris (2000) ein, die einen
kategorialen Unterschied zwischen dyadischen Prozessen in der Familie und Gruppenprozessen
behauptet. Kinder und Jugendliche lernen Verhaltensweisen jenseits der familiären Sozialisation
durch Identifikation mit sozialen Gruppen – was immer dort üblich ist an Einstellungen und
Verhaltensweisen wird mit großer Wahrscheinlichkeit übernommen und sogar noch aus Gründen
der Abgrenzung zu anderen sozialen Gruppen akzentuiert. Der Stand und Einfluss innerhalb der
eigenen Gruppe wird weiterhin als entscheidend für künftige Unterschiede in der Persönlichkeit
gesehen, die das einmal eingeschlagene Verhalten stabilisieren können. Bei genauerer Betrachtung
bringt aber die Forschung zum Substanzgebrauch keine Bestätigung von Harris’ „group
socialization theory“, denn eine Ausschließlichkeit der Peers hat sich nicht gezeigt (vgl. Engels et
al., 1999; Allen et al., 2003). Im Gegenteil, die Bedeutung der Eltern auf die Entwicklung des
Substanzkonsums insbesondere der legalen Substanzen ist nicht zu unterschätzen (Hansen et al.,
1987; Kandel, 1998; Engels et al., 1999).
Die Forschung zum Zusammenhang zwischen eigenem und Peerkonsum ist vorbildlich für
die Analyse der Mechanismen, die hinter einem Risikofaktor stehen können. Ausgehend von einem
konsistenten statistischen Zusammenhang wurden Annahmen über die Wirkprozesse aufgestellt und
überprüft. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse, warum Peer- und eigener Konsum kovariieren,
die weit über die Ursache „Gruppendruck“ hinausgehen, wird auch verständlich, warum der
bekannte Standfestigkeitsansatz der Prävention, der Jugendlichen lediglich das Neinsagen beibringt,
nur begrenzten Erfolg haben kann (Brown & Kreft, 1998).
32
6.4
Proximale Einflüsse
Die bisher beschriebenen Theorien schließen viele distale Einflussfaktoren des Substanzkonsums
ein, welche dann die proximalen Faktoren beeinflussen. Die Theorie des überlegten Handelns bzw.
des geplanten Verhaltens (Fishbein & Ajzen, 1975) sowie die sozial-kognitive Lerntheorie
(Bandura, 1986) modellieren diese proximalen Einflüsse. Entscheidend für den Konsum ist
demnach die Absicht zu konsumieren, welche von den physischen und sozialen Wirkerwartungen
und deren Wert, von den subjektiven Normerwartungen und der Selbstwirksamkeit hinsichtlich des
Konsumverhaltens abhängen. Jugendliche müssen also eine positive Einstellung gegenüber dem
Konsum aufgebaut haben und glauben, dass Substanzkonsum der Norm entspricht. Zudem müssen
sie davon überzeugt sein, die Fähigkeiten zu haben, die zum Konsum von Substanzen befähigen.
Diese Kognitionen werden gelernt durch Modellernen (Freunde, Familie, Medien) und soziale
Verstärkung und werden von Konsumerfahrungen beeinflusst.
Die Theorie geplanten Verhaltens hat sich zur Vorhersage von jugendlichem
Alkoholgebrauch und –missbrauch aus den genannten Bedingungen als angemessen und robust
herausgestellt (Marcoux & Shope, 1997). Die Absicht, Alkohol zu konsumieren klärte 26% der
Varianz im späteren Gebrauch, 38% in der Häufigkeit des Gebrauchs und 30% im
Missbrauchsverhalten der untersuchten Fünf- bis Achtklässler auf. Zudem konnten 76% der Varianz
in
der
Konsumabsicht
durch
Einstellungen,
subjektive
Normen
und
wahrgenommene
Verhaltenskontrolle aufgeklärt werden. Konstrukte der sozialen Lerntheorie (Bandura, 1986) sind
mittlerweile in Studien zur Vorhersage des Substanzkonsums sowie in Interventionsstudien
Standard. Neuere Arbeiten untersuchen die Spezifität der Konstrukte für einzelne Substanzen. Die
Überzeugung, bei Konsumangeboten standfest zu bleiben, scheint beispielsweise für den Konsum
illegaler Substanzen nicht entscheidend zu sein während sie als Prädiktor für den legalen
Substanzgebrauch bedeutend ist (Petraitis et al., 1998). Diese kognitiven Prozesse stellen einen
eigenständigen Beitrag zur Erklärung des Konsums dar, denn wenn zur Vorhersage von
Alkoholkonsum bei jungen Männern neben den Variablen nach Fishbein und Ajzen weitere distale
Risiko- und Schutzfaktoren entsprechend der Theorie des Problemverhaltens (Jessor, 1977)
einbezogen werden, können nochmals 25% Varianz, nämlich insgesamt 43% der Variabililität
aufgeklärt werden (Schlegel et al., 1987).
Verhaltensnahe individuelle Faktoren, die den Substanzkonsum Jugendlicher in spezifischen
Situationen wahrscheinlicher machen und die Effekte verhaltensferner Einflüsse individueller
Faktoren, der Familie und Peergruppe vermitteln, beziehen sich auch auf substanzunspezifische
Kognitionen, Verhaltensintentionen und Kompetenzen. So konnte gezeigt werden, dass geringe
personale Kompetenz (schulbezogene Selbstwirksamkeit, Entscheidungen treffen/Probleme lösen,
33
und Problemmanagement) eingangs der Adoleszenz sowie verfrühte ausgeprägte soziale
Kompetenzen (die aus Kontakten mit älteren schon konsumierenden Peers herrühren) mit frühem
Alkoholkonsum in der mittleren Adoleszenz (nicht aber am Ende) in Beziehung stehen (Scheier &
Botvin, 1998). Weiterhin beeinflussen Selbstsicherheit und die Fähigkeit, Entscheidungen zu
treffen, den Substanzkonsum bei Jugendlichen, vermittelt über negative Konsumerwartungen und
Intentionen, Konsumangebote abzulehnen. Mädchen, die im frühen Jugendalter die Intention haben,
Konsumangebote abzulehnen, beginnen später zu trinken oder Drogen zu probieren. Bei Jungen
scheinen Konsumangebote von Peers ausgeprägter und Kompetenzen, Entscheidungen zu treffen,
weniger entwickelt zu sein, als bei Mädchen. Ein früher Konsumeinstieg bei Jungen beeinflusst
darüber hinaus zukünftige positive Konsumerwartungen und reduziert die Intention, Angebote
abzulehnen (Trudeau et al., 2003).
Natürlich haben positive Erwartungen an den Substanzkonsum und seine Wirkung Einfluss
auf Konsumintentionen sowie tatsächliche Trinkmengen und -häufigkeiten (Fleming, Thorson &
Atkin, 2004). Diese Beziehung konnte auch in einem quasi-naturalistischen Setting einer im Labor
nachgestellten Kneipe für junge Leute nachgewiesen werden: Bot, Engels und Knibbe (2005)
untersuchten Mechanismen, die in solchen Situationen Trinken vorhersagen. Hierzu zählten vor
allem Erwartungen über erregende oder positive Folgen (z.B. glücklich sein, Spaß haben, erregt
sein) des Alkoholkonsums. Soziale Interaktionen mit Peers, die als positiv und freundlich
beschrieben wurden, fördern in diesem Rahmen den weiteren Konsum. Männliche Jugendliche
scheinen von positiven Konsumerwartungen während des Trinkens mit Freunden mehr beeinflusst
zu sein als weibliche, und junge Frauen trinken in der Peergruppe dann weniger Alkohol, wenn sie
annehmen müssen, dass Alkohol ihre männlichen Peers zu sexuellen Avancen verführen könnte
(Engels et al., 2006). Bei solchen Jugendlichen jedoch, die auf einem längerfristig problematischen
Entwicklungspfad sind (impulsiv, alkoholabhängig und verhaltensauffällig sind), scheint die
Beziehung anders geartet zu sein: Sie haben negativere Erwartungen an den Alkoholkonsum, zeigen
aber dennoch höhere, exzessive Trinkmengen (Finn et al., 2005).
6.5
Drängende Fragen für künftige Forschung
Wie gezeigt wurde, stehen eine Vielfalt von Risiko- und Schutzfaktoren mit dem Ge- und
Missbrauch von psychoaktiven Substanzen bei Jugendlichen in Beziehung. Ein Beispiel dafür ist
der Befund, dass in Jugend und Emerging Adulthood der Gebrauch von Cannabis neben dem
männlichen Geschlecht, dem eigenen Konsum von legalen Substanzen und einem jüngeren Alter,
durch Verfügbarkeit von Drogen, geringem sozioökonomischen Status, Konsum der Freunde,
Anpassungsproblemen in der Kindheit, einer negativen Beziehung zur Mutter und dem Aufwachsen
34
ohne Vater prädiziert wurde. Missbrauch und Abhängigkeit von Cannabis werden dem gegenüber
von Einflüssen in der Familie (Tod eines Elternteils, negative Familienbeziehungen, niedriger
sozioökonomischer Status), einer positiven Einstellung gegenüber Drogen, geringen Selbstwert und
psychopathologischen Symptomen vorher gesagt (von Sydow et al., 2002). Bisherige Forschung
war oft zu selektiv und fokussierte auf einzelne Bereiche von Einflussfaktoren. Künftige Forschung
sollte umfangreichere Modelle am gleichen Datensatz untersuchen. In die Modellvorstellungen
sollten neben intrapersonalen und sozialen Einflüssen auch zentralnervöse Entwicklungsabläufe
(z.B. Gehirnentwicklung im Jugendalter, substanzspezifische Wirkungen) und allgemeine
Riskofaktoren (z. B. Verfügbarkeit der Substanzen, finanzielle Kosten für deren Beschaffung)
Berücksichtigung finden.
Weiterhin besteht ein Forschungsdefizit in der weiteren Analyse von Mechanismen der
Wirkung von Einflussfaktoren. Gute Beispiele gibt es im Bereich Peereinflüsse, auch liegen
Hinweise zu angemessenen Designs vor, um spezifische Risikomechanismen empirisch zu prüfen,
(vgl. Rutter et al., 2001; O’Connor & Rutter, 1996). Bei der Erforschung der Wirkmechanismen
identifizierter Risiko- oder Protektionsfaktoren muss ebenfalls deren Spezifität stärker in dem
Mittelpunkt gerückt werden, so nach Geschlecht oder Entwicklungspfad.
7
Ausblick auf Prävention
Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen ergeben sich folgende allgemeine Prinzipien
entwicklungsorientierter Prävention (vgl. Tabelle 4). Zum einen sollte hinsichtlich der
Präventionsziele für Alkohol statt einer vollständigen Abstinenz ein verantwortungsvolles
Konsumverhalten (das in manchen Fällen und punktuell auch Abstinenz bedeuten kann), das
Hinauszögern des Erstkonsums und die Verringerung des jugendtypischen Konsumanstiegs
anvisiert werden. Bei illegalen Drogen sollte aufgrund der Gesetzeslage und des hohen
Abhängigkeitspotentials Abstinenz angestrebt werden.
Die Maßnahmen sollten differentiell entsprechend der Entwicklungstypen angelegt sein, je
nachdem ob es sich z.B. um auf die Jugend begrenztes Problemverhalten oder um bereits in der
Kindheit auffällige Jugendliche handelt. Bei ersteren geht es neben der Vermittlung von
Informationen über psychoaktive Substanzen um den Aufbau von Fähigkeiten, die eine konstruktive
Auseinandersetzung mit den spezifischen Herausforderungen der Jugendphase erlauben. Letztere
müssen früh erkannt werden und schon in der Kindheit sozialpädagogische oder therapeutische
Behandlung ihrer Verhaltensauffälligkeiten erfahren. Was immer geschieht, es darf nicht zum
Schaden des einen oder anderen Verlaufstyps erfolgen. Außerdem müssen die Maßnahmen
angesichts des teilweisen Zusammenspiels von Problemverhalten und adaptiver Entwicklung eine
35
allgemeine Komponente zur Kompetenzförderung und ebenso angesichts der Bedeutung der
proximalen Variablen des Konsums eine substanzspezifische Komponente beinhalten. Schließlich
verlangt
die
Erkenntnis
unterschiedlicher
Entwicklungskontexte
Jugendlicher
Präventionsmaßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen, d.h. in Familie, Peergruppen, Schule,
Gemeinde und Gesellschaft (Ferrer-Wreder et al., 2004). Dabei muss die besondere Rolle der Peers
bei der Entwicklung jugendlichen Substanzgebrauchs beachtet werden. Grundsätzlich fokussieren
Maßnahmen heute nicht nur auf die Reduktion des Einflusses von spezifischen Risikofaktoren für
Missbrauch und Abhängigkeit, sondern auch auf die Förderung von Schutzfaktoren (z.B. positive
Beziehung zur Schule, konventionelle Freunde und prosoziale Aktivitäten; Jessor et al., 1998).
Weiterhin wird die Förderung von „developmental assetts“ und verwandten Konzepten aus der
Forschung zur positiven Jugendentwicklung als wichtig erachtet (Ferrer-Wreder et al., 2004;
Weichold, in press a).
Tabelle 4:
Allgemeine Prinzipien entwicklungsorientierter Prävention
1. Präventionsziel
- Alkohol – verantwortungsvoller Umgang, Hinauszögern Erstkonsum, Verringerung des
jugendtypischen Anstieges
- Illegale Drogen - Abstinenz
2. Differentiell angelegte Maßnahmen
- Berücksichtigung unterschiedlicher Entwicklungsverläufe und –typen
3. Fokussierung allgemeiner und substanzspezifischer Risikofaktoren
- Berücksichtigung für Problemverhalten unspezifischer Risikofaktoren sowie proximaler
Einflüsse auf Substanzmissbrauch
4. Einbeziehen verschiedener Einflussebenen
- Besonderer Fokus auf Peerkontext
5. Förderung von Schutzfaktoren bzw. „developmental assets“
Zur Übersicht über die derzeitigen Verfahrenweisen von Suchtprävention und deren Wirksamkeit
sei auf Expertisen und Überblicksartikel verwiesen (z.B. Babor et al., 2005; Bühler & Kröger,
2006). Wir müssen uns in diesem Kapitel über Substanzgebrauch (nicht –missbrauch) mit einigen
Anmerkungen zu Programmen begnügen, die sich im Sinne universeller Prävention (Weissberg &
Greenberg, 1998) all jenen widmen, die dem Typ des mit den strukturellen Problemen des
Jugendalters zusammenhängenden Konsums entsprechen, oder die zu jung sind, um schon
merklichen Substanzkonsum aufzuweisen. Bühler und Kröger (2006) haben in ihrer Expertise zur
Prävention des Substanzmissbrauchs rund 50 Veröffentlichungen (Meta-Analysen, Reviews, Best-
36
Practice-Veröffentlichungen) analysiert und Empfehlungen für die Suchtprävention gegeben.
Erstens
stellen
sie
familienfokussierte
Maßnahmen
als
effektiv
zur
Prävention
von
Alkoholmissbrauch heraus. Zweitens leisten schulbasierte Maßnahmen einen effektiven Beitrag in
der Suchtprävention (alle Substanzen). Die Schule ist das Setting, in dem Maßnahmen zur
Suchtprävention am häufigsten durchgeführt und evaluiert wurden (Tobler et al., 2000; Maiwald &
Reese, 2000). Am wirksamsten haben sich Ansätze erwiesen, die nicht ausschließlich Informationen
vermitteln oder affektive Erziehung in den Mittelpunkt stellen, sondern die auf dem Modell der
sozialen Einflussnahme oder dem Lebenskompetenzenansatz aufbauen und interaktiv angelegt sind
(Bühler & Kröger, 2006). Die Effektstärken liegen zwischen 0,13 bis 0,28 je nach Substanz. Dies
würde in einer Schulklasse mit einer Konsumprävalenz von 20% eine Abnahme des Konsums auf
etwa 13% bedeuten. Damit würden nach der Intervention etwa ein Drittel weniger Schüler
konsumieren (Tobler et al., 2000). Flankierend zu Lebenskompetenzenprogrammen werden
Maßnahmen in den Medien empfohlen (Bühler & Kröger, 2006).
Lebenskompetenzprogramme gelten derzeit als der erfolgreichste einzelne Ansatz in der
Suchtprävention. Als Lebenskompetenzen werden Fähigkeiten und Fertigkeiten im intra- und
interpersonalen Bereich bezeichnet, die Kinder und Jugendliche befähigen, mit altersadäquaten
Herausforderungen
und
Aufgaben
des
täglichen
Lebens
erfolgreich
umzugehen
(z.B.
Entscheidungen treffen, Empathie, Selbstsicherheit und Problemlösekompetenzen; WHO, 1997).
Neben der Vermittlung dieser Kernkompetenzen werden in solchen Programmen auch für
Substanzkonsum spezifische Fähigkeiten trainiert (z.B. Widerstandsfähigkeit) und Wissen über
kurzfristige Konsequenzen sowie die von Jugendlichen meist überschätzte Verbreitung vermittelt.
Reese (2001) zeigte beispielsweise, dass die Förderung von Kommunikationsfertigkeiten und
interpersonalen Beziehungsfertigkeiten bei der Bewältigung interpersonaler Entwicklungsaufgaben
behilflich ist. Evaluationsstudien ergaben auch langfristige suchtpräventive Effekte von
Lebenskompetenzprogrammen (Skara & Sussman, 2003). Beispiele für gut evaluierte und etablierte
Lebenskompetenzenprogramme im deutschprachigen Raum sind ALF (Kröger & Reese, 2000) oder
„Fit und Stark fürs Leben“ (Burow, Asshauer & Hanewinkel, 1998). Ein weiteres Beispiel für ein
neu entwickeltes und erfolgreich evaluiertes Programm ist IPSY (Information + Psychosoziale
Kompetenz = Schutz). An IPSY soll das Wirkungsprofil von Lebenskompetenzenprogrammen
verdeutlicht werden Die Teilnahme förderte auch längerfristig (über zwei Jahre) Kompetenzen
(insbesondere Widerstandsfähigkeit gegenüber Gruppendruck), Wissen (z.B. über selbstsichere
Kommunikation) und die Bindung an Klasse und Schule. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass
IPSY den Erstkonsum von Alkohol bei Jugendlichen hinauszögert, Erwartungen hinsichtlich
zukünftigen Konsums beeinflusst und den Anstieg in den Konsummengen zu Beginn des
Jugendalters verringert (Weichold et al., 2006; Weichold, in press b).
37
Überraschen muss, dass man wenig über die für den Erfolg verantwortlichen
Vermittlungsprozesse weiß. Die Ergebnisse der wenigen Studien zu Mediatoren sind uneinheitlich
und fielen teils auch negativ aus (vgl. Cuijpers, 2002). Diskutiert wird u. a. der Zuwachs in
Widerstandsfähigkeit
gegenüber
Gruppendruck
oder
kritischer
Einstellungen
gegenüber
Substanzen. Offensichtlich ist weitere Forschung notwendig, denn es scheint so zu sein, dass die
typischerweise erfassten Mediatoren (zumeist also der Erfolg der Programmelemente) die
Programmeffekte nicht hinreichend erklären können. Weiterhin scheint angesichts der Effektstärken
die Kopplung mit zusätzlichen Maßnahmen in Familie, dem Freizeitbereich oder der Gemeinde
sinnfällig (Ferrer-Wreder et al. 2004; Foxcroft et al., 2003; Weichold, in press a). Für Maßnahmen
im Bereich Freizeit oder Gemeinde liegen bislang jedoch kaum methodisch angemessene
Evaluationsstudien oder effektive Programme vor (Bühler & Kröger, 2006). Schließlich will man
auch wissen, welche Teile der Programme ungeachtet von Unterschieden im kulturellen
Hintergrund einsetzbar sind und welche adaptiert werden müssen (Weichold & Silbereisen, 2006).
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