Dezember 2011/Jänner 2012

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Dezember 2011/Jänner 2012
€ 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00
Home is where the heart is.
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an.sch
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an.schläge
das feministische monatsmagazin. dezember 2011, jänner 2012
Feministische Ferien Most Traveled Women & Queer-feminist Cityguide Keine neuen Männer Raewyn Connell über Manager-Männlichkeiten Abo-Aktion:
(Geschenk-)Abo: 29,- statt 35 Euro* plus an.schläge -Tasche!
Bestellungen unter [email protected]
* gilt leider nur fürs Inland
an.schläge Nr. 12/11-01/12, 25./26. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M
Keine Feministin Amanda Palmer über Selbstbestimmung Plus: Occupy >> Queeres Bauprojekt >> Konsenssex >> Dones de blanc >> Migration Mexiko >>
Frauenhäuser >> Vulvodynie >> Edie & Thea >> revolutionäre Stencils >> und vieles mehr
URLAUB ZUM ENTSPANNEN
„Man kann nur dann gut leben,
wenn man weiß, dass es auch
den anderen gut geht.“ (Ute Bock)
Retreat-Urlaub in Schweden
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10.10.2011 14:38:17
www.anschlaege.at
Politik
06 >>> an.riss politik
08 >>>
No time for Tea Parties!
Wie feministisch sind die Occupy-Bewegungen in den USA?
09 >>>
Notbetten
Medien berichten zwar gerne über Morde, aber nicht über alltägliche Gewalt
12 >>>
14 >>>
Im rechtsfreien Raum
Hunderte Frauen aus Zentralamerika machen sich täglich auf den Weg in die USA
an.riss international
Thema: Feministische Ferien
17 >>> Einmal um die Welt
Interview: Nina Sedano hat alle Länder der Welt allein bereist
19 >>> „Du lernst zu vertrauen“
Interview: Für Inge Honisch ist das Alleinreisen immer schöner geworden
20 >>>
Queer-feminist Cityguide
Lieblingsorte von an.schläge & friends
22 >>>
Mobil und emanzipiert?
Die Rezeption historischer reisender Europäerinnen ist kritischer geworden
24 >>>
Wohin? Und wieso?
Von Tirol nach Tel Aviv und schließlich doch wieder nach Lesbos
26 >>>
an.riss arbeit wissenschaft
28>>>
Queerer Nestbautrieb
In Wien entsteht ein neues queeres Hausprojekt
28>>>
Keine Krise der Männlichkeit
Interview: Raewyn Connell über Managermännlichkeiten
Gesellschaft
Kultur
34 >>>
So frei sein wie möglich!
Interview: Die Musikerin Amanda Palmer bezeichnet sich nicht als Feministin
36 >>>
Frauen in Weiß
Die Dones de blanc aus Barcelona kämpfen mit Performances gegen Gewalt an Frauen
an.sage: Nur Konsens ist Sex
sprechblase: Sager des Monats
plusminus: Renew & Retain
an.frage: „Die fehlt uns“
medienmix: Hugs and Kisses, genderacrossborders.com, The Punk Singer
an.sprüche: Vulvo-whatia?
an.lesen: Queen of the Neighbourhood Collective,
Susan Arndt & Nadja Ofuatey-Alazard, Eva Illouz,
Carina Nekolny, Natasha Walter, Riot Skirts,
Brigitte Raab & Manuela Olten
an.klang: Florence and the Machine, Tonia Reeh,
Dillon, tINI
an.sehen: „We immediately just fit“
an.künden: Termine & Tipps
05
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07
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Kolumnen
an.riss kultur
Rubriken
Rubriken
32 >>>
feminist superheroine
neuland
zeitausgleich
heimspiel
lebenslauf
lesbennest
bonustrack: vera kropf
katzenpost
Off The Rokket
Werbe-Wäh
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Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 03
editorial
Das an.schläge-Kollektiv ist in den angeblich gemäßigten
Zonen der Nordhalbkugel ansässig, und während die Tage
immer düsterer werden, wächst die Sehnsucht auf Sonne
und Wärme. Auch die Aussicht, die Feiertage en famille zu
verbringen, ist nicht für alle gleichermaßen erfreulich. So ist
unser Schwerpunkt „Reisen“ mitten im Winter zu erklären, er enthält Reiseberichte und Tipps von weit gereisten
Frauen, einen feministischen Cityguide, aber auch einen
kritischen Blick auf die vermeintlich emanzipatorische Tradition des weiblichen Alleinreisens, wenn „im Handgepäck
Rassismus“ mitgetragen wird. (siehe Seite 22f)
Die Daheimgebliebenen trösten sich mit der alljährlichen
an.schläge-Weihnachtsaktion: Nur 29,- statt 35 Euro kostet
das (Geschenk-)Abo, dazu gibt es eine an.schläge-Tasche, die
sich garantiert an jedem Strand der Welt und bei jedem
Städte-Trip gut macht.
Wir wünschen schöne Feiertage und einen fabelhaften Start
ins Neue Jahr!
Die Redaktion
Feminist Superheroines
SAMIRA BELLIL
(1972–2004) war eine französische
Aktivistin algerischer Herkunft, die sich für die Rechte von
Frauen und Mädchen der Pariser Banlieues einsetzte. Als eine
der ersten adressierte sie die Problematik der Gewalt gegen
junge migrantische Frauen in Frankreich, die sich nicht an die
rigiden Regeln der Communitys halten wollen. Bellil war Opfer von Massenvergewaltigungen, verübt durch ihr bekannte
Männer. Eine Therapie und das Schreiben ihrer Autobiografie
„Durch die Hölle der Gewalt“ halfen ihr, die Spirale aus Scham
und Verschweigen zu unterbrechen. Sie betätigte sich als Sozialarbeiterin in den Banlieues und war Mitbegründerin der
Organisation „Ni Putes Ni Soumises“ („Weder Huren noch
Unterwürfige“). Sie starb mit 31 Jahren an Krebs. jumac
Illustration: Lina Walde
an.schläge werden gefördert von:
Erratum Ausgabe 11/2011
Leider fehlte beim Artikel „Trauer und Geschlecht“ in der Novemberausgabe der Hinweis auf die diesem Text
zugrunde liegende Publikation der Autorin: Julia Schäfer: Tod und Trauerrituale in der modernen Gesellschaft.
Perspektiven einer alternativen Trauer- und Bestattungskultur. Verlag ibidem
impressum
Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, E-Mail: [email protected], [email protected],
www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, [email protected], T.01/920 16 76, Lea Susemichel, [email protected], T. 01/920 16 78 l Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, [email protected], [email protected] l Termine, Tipps: Anita Weidhofer, [email protected] l Inserate: Michèle Thoma, [email protected] l Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Andrea Heinz/
han, Leonie Kapfer/leka, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/viyu l Praktikum: Julia Mac Gowan/jumac l Texte: Lisa
Appiano, Lisa Bolyos/lib, Mirjam Bromundt, Gözde Ariel Callich, Daphne Ebner, Sonja Eismann, Christiane Erharter, Karoline Feyertag, Denice Fredriksson, Felice Gallé, Isabelle Garde/
isaga, Sylvia Groth, Gabriele Habinger, Svenja Häfner, Beate Hammond, Kathrin Ivancsits/kaiv, Mia Kager/miak, Susanne Kimm, Daniela Koweindl /kodan, Vera Kropf, Hannah-Lisa
Kunyik, Julia Mac Gowen/jumac, Mieze Medusa, Gini Müller, Maria Lisa Pichler, Brigitte Theißl, Eva Thurner, Jenny Unger, Verena Turcsanyi, Lina Walde, Katharina Wiedlack, Birgit Wolf l
Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Coverfoto: OzgurMulaZimoglu l Backcover: Jay Morgan/123rf l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Yori Gagarim, Nadine Kappacher, Melanie Letschnig, Lisa Max,
Bianca Tschaikner, Lina Walde, Yan Maria Yaoyólotl l Fotos: an.schläge-Archiv, Magdalena Bichler, Dones de blanc, Doris Dubois/123rf, DV8-Film, eksay/123rf, Kaist/ www.bildergegengewalt.
net, Lentos Linz, Christoph Lepka/brut, Maria Lisa Pichler, Wolfram Sander, Jutta Schwarz, UN Dispatch, Katharina Wiedlack, Wien 3420 AG, Irmi Wutscher l Homepagebetreuung: Mirjam
Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druckerei © an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung
der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten. l ISSN 1993-3002
04 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
an.sage
Nur Konsens ist Sex
Ein Kommentar von Leonie Kapfer
Was ist eigentlich los mit dem heterosexuellen Geschlechtsverkehr? Wie kann es sein, dass Männer wie Strauss-Kahn,
Assange und Kachelmann denken, sie hätten einvernehmlichen Sex, obwohl ihr Gegenüber das ganz anders sieht? Wer
eine Antwort auf diese Frage will, muss sich genauer mit dem
Konzept „Konsens“ beschäftigen.
Unsere heutige Idee von einvernehmlichem Sex beinhaltet
einzig die Abwesenheit eines Neins. Wer nicht Nein sagt,
meint Ja. Schweigen wird so
ungewollt zur Zustimmung. In
dieser Vorstellung existieren
aber zahlreiche Grauzonen. Was
tun, wenn ein/e SexualpartnerIn
nicht in der Lage ist, ein Nein zu
formulieren? Sei es, dass sie unter
Drogeneinfluss steht oder andere
Umstände eine verbale Kommunikation verhindern.
Was bloßes „Nein heißt Nein“ in
der Praxis bedeutet, zeigt etwa
ein erschütternder Fall in Paderborn. Dort hat ein 48-jähriger
Mann über Jahre hinweg eine
psychisch kranke Frau vergewaltigt. Der Richter sprach den Mann
jedoch frei, da sein Opfer keinen
Widerstand geleistet hatte.
So wichtig der Slogan „Nein heißt
Nein“ auch war und ist – um wirklich konsensuellen Sex zu haben,
bedarf es mehr. „Bevor ich wusste,
was passiert, war er in mir. Kein
Vorspiel, keine Warnung, kein Konsens. Es tat weh und
weher, und es hörte auch nicht auf zu schmerzen, und selbst
heute tut es noch weh, wenn ich daran denke, dass ich damals
zu schüchtern und zu verstört war, um Nein zu sagen.“ So
beschreibt US-Comedian Margaret Cho ihr erstes Mal. Ein
Einzelfall ist diese Geschichte mit Sicherheit nicht. Grenzüberschreitungen dieser Art passieren immer wieder, und die
Schuld wird letztlich den Frauen gegeben, denn sie hätten ja
Nein sagen können. Unsere angebliche sexuelle Befreiung ist
auf ein Nein zusammengeschrumpft.
Für Frauen meiner Generation ist aber nichts schwieriger, als
zuzugeben, dass es mit dem Sex doch noch nicht so emanzipiert läuft, wie wir es uns wünschen. Zu tief sitzt „Sex and
the City“-Samanthas Versprechen „Sex wie ein Mann haben
zu können“. Auch wollen wir lieber „herumvögeln“ wie Helen Memel aus Charlotte Roches „Feuchtgebiete“, statt uns
zu fragen, was da nicht stimmt.
Aber wir können nicht ewig davonlaufen, denn das Patriarchat schlummert auch in unseren Betten und mit ihm totgehoffte Rollenbilder.
Andrea Roedig hat demnach vollkommen Recht, wenn sie
in einem „Standard“-Artikel („Workout für die Klitoris“)
fordert, Feministinnen sollten das
Thema Sex zurück auf ihre Agenda
holen. Denn von einer sexuellen
Befreiung der Frau kann auch heute
nur geträumt werden.
Fangen wir also beim Thema
Konsens an. Was ich damit meine,
ist wirklich einvernehmlicher Sex,
bejahender Sex.
Unsere gängige Vorstellung von
Sexualität als Penetration stößt sich
jedoch mit dem Prinzip Konsens. Immer noch hinken wir der antiquierten
Idee nach, Sex käme mit nur einem
aktiven Part, dem männlichen, aus.
Aktive Teilnahme der Frau ist für
unser Verständnis von Sex nicht
zwingend notwendig. Die Frau kann
in Passivität verharren, ihre Zustimmung ist einzig die Abwesenheit
eines Neins.
Wie absurd diese Vorstellung ist,
wird durch einfache Vergleiche klar.
Würden wir sagen, wir haben mit
einer Person getanzt, wenn diese nur im Raum neben uns
stand? Oder würden wir sagen, wir haben gemeinsam musiziert, wenn aber nur wir es waren, die ein Instrument gespielt
haben? Wohl eher nicht.
Sex muss also wie alle anderen gemeinschaftlichen Tätigkeiten auch als etwas verstanden werden, das aktive Teilnahme
aller Involvierten verlangt. Sex ist nicht Penetration, sondern
Zusammenspiel.
Und um das zu erreichen, sollten wir endlich eine Sprache für
unsere Sexualität finden. Denn Konsens will erfragt werden.
Nur wenn ich mein Gegenüber frage, ob es etwas ebenfalls
will, kann ich ein Ja zur Antwort bekommen. Und nur ein Ja
kann Konsens herstellen.
Nur Ja heißt Ja! l
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 05
an.riss politik
ermordet
Christy
Schwundeck
gegen Rechts
WKR-Ball 2012
Am 19. Mai 2011 wurde Christy Schwundeck
im Jobcenter Gallus in
Frankfurt am Main von
der Polizei erschossen.
Wie in solchen Fällen
zur rassistischen Normalität geworden, wird die
Schuld umgekehrt und
der Mord als Notwehr
gegen eine „Randaliererin“ dargestellt. Bisher
kam es zu keinem
gerichtlichen Verfahren
gegen die verantwortlichen Polizisten. Im Zuge der Konferenz „No border lasts forever“ am 18.
und 19.11. in Frankfurt wurde vor dem Oberlandesgericht eine Gedenkkundgebung abgehalten. Die zentralen Forderungen der „Initiative Christy
Schwundeck“ sind die juristische Aufklärung der Ermordung und ein Ende
der rassistisch motivierten und ebenso verteidigten Behördengewalt in
Deutschland. Unter den gemeinsam erinnerten Opfern rassistischer Polizeigewalt der letzten Jahre sind auch N’Deye Mareame Sarr, die im Juli
2001 in Aschaffenburg im Streit mit ihrem Ex-Mann um das gemeinsame
Kind von einem Polizisten erschossen wurde, und Oury Jalloh, zu dessen
Tod durch Verbrennen im Dessauer Polizeigewahrsam bisher die Aufklärung verweigert wird. lib/kodan
www.initiative-christy-schwundeck.blogspot.com, facebook: initiative christy schwundeck
Der Januar naht und mit ihm auch der internationale Gedenktag zur
Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
am 27. Januar 1945. Ausgerechnet an diesem Tag veranstaltet der Wiener
Korporationsring (WKR) 2012 seinen alljährlichen Ball in der Wiener
Hofburg, bei dem sich Burschenschaftler, FPÖ-Politiker und die Crème de
la Crème der europäischen Rechten versammeln. Großteils vertreten sie
offen rechtsextreme, antisemitische und sexistische Standpunkte. Die antifaschistischen Demonstrationen und Blockadeversuche gegen die völkische
Veranstaltung gehören mittlerweile zum „guten Ton“ innerhalb der linken
Szene. Auch heuer haben sich bereits Bündnisse und Demo-Vorbereitungsgruppen gebildet mit dem Ziel, den WKR-Ball 2012 öffentlich zu diskutieren und schlussendlich zu verhindern. Die feministische Kritik an Männerbünden als unentbehrliche Perspektive auf den WKR-Ball ist hier aber erst
marginal vertreten. Daher ist mitreden und mitmachen gefragt! isaga
vfgh-entscheidung
Zwangsouting ade
Schon vor der Einführung der Eingetragenen Partner_innenschaft in
Österreich wurden zahlreiche diskriminierende Unterschiede zum Eherecht
erfolgreich aus dem Gesetzestext hinausreklamiert, zahlreiche Ungleichbehandlungen sind aber noch offen. Eine davon hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nun gekippt: Der Entscheid legt fest, dass auch bei Eingetragenen Partner_innen der Doppelname „unter Setzung eines Bindestrichs
zwischen den beiden Namen zu bilden und zu führen“ sei. Denn bereits die
Schreibweise des Namens ohne Bindestrich hatte zuvor deutlich gemacht,
dass es sich bei seinen Träger_innen um Eingetragene Partner_innen
„ Bei dem
Stress, der
Krippenbetreuung
für Kinder
bedeutet
…“
„Die Welt“ schwingt wieder einmal die Moralkeule und warnt Eltern vor der „Stressbelastung“, die durch Krippenbetreuung verursacht
wird. „Selbst der Besuch einer guten Krippe
geht später vermehrt mit sozialen Auffälligkeiten wie Streiten, Kämpfen, Prahlen, Lügen und
Sachbeschädigung einher.“ Schlimmer noch,
Krippenkinder neigen laut Autorin zu „krankhaftem Übergewicht und koronaren Herzerkrankungen“. Was kann da noch helfen? Na klar,
das „Urmodell der Kinderbetreuung“ − sprich
Mutter und Kind vereint, immer und überall. leka
06 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
plus
Renew (+)
Retain (-)
Dass Altes nicht immer gut und bewahrenswert ist, machen uns die 16 Länder des
Staatenbundes Commonwealth vor. Diese
änderten eine 300 Jahre alte Tradition, in der
festgeschrieben war, dass Frauen nur dann
den Thron besteigen können, wenn es keine
männlichen Nachfolger gibt. Durch diese Neuerung wird der/die Erstgeborene des „Traumpaares“ Kate und William automatisch ThronfolgerIn. Da mag mensch die Royals finden,
wie sie oder er will, die Absage an sexistische
Traditionen ist doch erfreulich. leka
Deutlich weniger Motivation, veraltete und
sexistische Traditionen aufzugeben, zeigte die
CDU in Nordrhein-Westfalen. Dort sprach sich
der amtierende BürgerInnenmeister gegen
die Rehabilitierung zweier 1738 verbrannter
Frauen aus. Rat holte er sich dabei von einem
Theologen. Dieser stellte fest, dass die Frauen
„unstrittig in abergläubische Praktiken“
verwickelt gewesen seien. Außerdem sei das
Urteil „nach langer Beweisaufnahme vom
damaligen landesherrlichen bergischen
Schöffengericht gefällt worden“. leka
an.frage
und damit um homosexuelle Personen handelt. Somit waren Lesben und
Schwule einem Zwangsouting ausgesetzt. Die RosaLila PantherInnen in
Graz sind mit der Entscheidung sehr zufrieden. Sie hatten mit dem Wiener
Rechtsanwalt Helmut Graupner für eines ihrer Mitglieder den VfGHEntscheid erstritten. Auch die für Antidiskriminierung zuständige Wiener
Stadträtin Sandra Frauenberger zeigte sich erfreut: „Der VfGH beseitigt
mit seinem Entscheid eine politische Böswilligkeit, die ans Absurde grenzte.“ svh
ehrung
Ute Bock Preis 2011
Nach seiner verhinderten Abschiebung ins westafrikanische Guinea im
Dezember 2010 ist Ousmane Camara wieder Asylwerber – wenn auch
mit einem laufenden Prozess wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, ohne Wohnung und ohne finanzielle staatliche Unterstützung. Dass
sich der 24-jährige Student, der in seinem Heimatland aufgrund seines
bildungspolitischen Engagements mit dem Tode bedroht ist, aber zumindest
weiterhin in Österreich aufhält, verdankt er Robert Zahrl und den AntiAbschiebungsaktivist_innen Jo, Alex, Isa und Billi. Sie machten seinen Fall
öffentlich, sorgten dafür, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EuGH) von seiner Gefährdung erfuhr, und informierten Fluggäste
und Besatzung von der geplanten Abschiebung, zu der es dann schlussendlich nicht mehr kam. Nur einen Tag nach dem Abschiebeversuch erklärte
der EuGH die Abschiebung aufgrund der großen Gefahr für unzulässig.
Diesen mutigen Einsatz der fünf Aktivist_innen würdigte nun SOS
Mitmensch mit der Verleihung des Ute Bock Preises für Zivilcourage.
Der 1999 ins Leben gerufene und nach der privaten Flüchtlingshelferin
benannte Anerkennungspreis soll ein Zeichen für eine offene Gesellschaft
setzen und andere Menschen zu couragiertem Handeln ermutigen. svh
sexarbeit wien
Leergefegter Straßenstrich
Am 1. November ist die Novelle des Wiener Prostitutionsgesetzes in Kraft
getreten. Seither ist die Straßenprostitution in Wohngebieten verboten,
beim Übertreten dieses Verbots können nicht mehr nur die Sexarbeiterinnen, sondern auch die Freier bestraft werden. Weil in Wien ein Großteil
der Fläche Wohngebiet ist, bleiben den Sexarbeiterinnen derzeit nur zwei
Plätze, um auf der Straße zu arbeiten: im Prater und im Gewerbegebiet
Auhof am Stadtrand.
Wie sich mittlerweile gezeigt hat, sind diese beiden Orte alles andere als
optimal: Im Prater stehen viele Frauen auf relativ engem Platz, das führt
zu Lohndumping. Das Gebiet am Auhof wiederum ist weit abgelegen und
bietet keine Infrastruktur. Zwar sollen im Stadtgebiet, v.a. am Gürtel,
einzelne „Erlaubniszonen“ (vgl. an.schläge 7-8/2011 eingerichtet werden,
darüber muss aber noch abgestimmt werden und wahrscheinlich können sie
deshalb nicht vor Anfang nächsten Jahres eingerichtet werden. Die AnrainerInnen in allen genannten Gebieten wollen schon jetzt den Straßenstrich
„vor ihrer Tür“ verhindern. trude
Irmi Wutscher/trude hat am 4.11. einen Spaziergang über den leergefegten Straßenstrich
gemacht, nachzulesen unter http://fm4.orf.at/stories/1690138/
„Die fehlt uns“
Wien bekommt eine neue feministische Buchhandlung. ChickLit
wird hoffentlich noch vor Weihnachten in der Kleeblattgasse im
1. Bezirk eröffnen. Julia Mac Gowen sprach mit Paula Bolyos
und Jenny Unger über ihr Projekt.
Wien hatte ja schon eine
feministische Buchhandlung,
die leider schließen musste.
Knüpft ihr an die Tradition des
„Frauenzimmer“ an?
Ja, wir knüpfen insofern an, als
wir das Schreiben von Frauen*
sichtbar machen und den Zugang
zu feministischer Literatur
erleichtern wollen. Wir haben
wesentlich weniger Platz, als im
„Frauenzimmer“ zur Verfügung
stand, weswegen wir uns im
Sortiment auf ein paar Gebiete
beschränken werden. Das macht
aber nichts: Wir können jedes
lieferbare Buch zu jedem Thema
bestellen und werden auch einen
Onlineversand anbieten.
und der Verein zur Förderung
feministischer Projekte ein neues
Projekt braucht.
Wie werdet ihr gerade junge
Frauen ansprechen?
Wir wollen ja nicht nur Bücher
verkaufen, sondern veranstalten
auch Leseabende mit Autorinnen*
oder Vorleserinnen* für spezifische
Altersgruppen. Außerdem haben
wir auch Jugendliteratur. Das heißt,
junge Frauen haben bei uns auf alle
Fälle die Möglichkeit zu schmökern und werden hoffentlich auch
das Richtige finden.
Was wir außerdem sein wollen, ist
ein Treff- und Informationspunkt
für Frauen*, die zu verschiedenen
Themen Fragen haben: Dazu wird
es gratis Informationsmaterial
geben und ab und zu eine Veranstaltung.
Wie entstand die Idee, es
in Wien nochmals mit einer
feministischen Buchhandlung
zu versuchen? Wer ist eure
Zielgruppe?
Die Buchhandlung wird eine
feministische Buchhandlung sein,
die sich an alle Menschen richtet, Habt ihr zwei, drei Vorschläge für
die sich in irgendeiner Form für
Bücher, die sich als Weihnachtsfeministische Literatur intergeschenke eignen?
essieren, egal, ob sie ihr erstes
Auf alle Fälle, für jeden Anlass. Für
feministisches Buch lesen oder
alle, die es immer schon wissen
schon seit Jahrzehnten (pro-)
wollten, eignet sich „Darum Femifeministisch sind.
nismus!“ aus dem Unrast-Verlag.
Die Idee haben wir eigentlich,
Sehr sexy: „Die Muschelöffnerin“,
seit das „Frauenzimmer“ 2007
neu aufgelegt bei Krug und Schazusperren musste. Wir wolldenberg. Der Queerfeministische
ten einfach eine feministische
Taschenkalender, immer ein nettes
Buchhandlung in Wien haben, die Geschenk zum Jahresende.
fehlt uns. Konkret wurde es dann Für kleinere Kinder „Die Fische
im letzten Frühjahr, als die Refliegen wieder“ von Astrid* Walendaktionsfrauen der AUF (Anm.:
ta und Maria Hubinger. Nicht mehr
Die Buchhandlung ist in den
neu, aber trotzdem eine echte
ehemaligen Redaktionsräumen
Empfehlung: „Meine Worte“ von
der AUF) mitteilten, dass sie die Grace Marta Latigo.
Arbeit an der Zeitschrift beenden
Infos zu Eröffnung, Bestellmöglichkeiten und Newsletter-Abo gibt’s
unter [email protected],
www.chicklit.at.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 07
usa
No time for Tea Parties!
Wie feministisch sind die Occupy-Bewegungen in den USA?
Katharina Wiedlack und Susanne Kimm haben die Besetzungen
in Los Angeles, Oakland, Berkeley und San Francisco besucht.
Foto: Katharina Wiedlack
1 Das bedeutet leider auch,
dass teilweise antisemitische Parolen Platz hatten.
Allerdings sind diese nicht
repräsentativ für die ganze
Bewegung.
So vielfältig die Forderungen und
Positionen, die auf den Schildern und
Transparenten formuliert werden, auch
sind, so sorgfältig muss man suchen,
um welche mit queer-feministischen
Inhalten zu finden. Doch auf dem Schild
der Studentin Meghan steht: „Women
unite! Solidarity with women’s struggles
all over the world.“
Occupy Los Angeles hat den Rasen vor
und hinter der City Hall (Rathaus) von
Los Angeles offiziell seit 1. Oktober
besetzt. Zum internationalen Aktionstag
am 15. Oktober wird auch hier zu einer
Demonstration aufgerufen. Treffpunkt
ist der Pershing Square mitten im
Financial District in Downtown Los
Angeles, unweit der City Hall.
08 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
„We are the 99%.“ Seit September
gibt es die Protestbewegung „Occupy
Wall Street“ (OWS). Binnen weniger
Wochen wurden in vielen Städten
Solidaritätsbewegungen gegründet und
öffentliche Plätze besetzt. Unter dem
Motto „We are the 99%“ richtet sich
die Kritik besonders gegen die steigende ökonomische Ungleichheit, die
geringe Besteuerung von Konzernen
und Reichen sowie deren Einfluss auf
die Politik.
Ein Merkmal, oder vielleicht besser
Nicht-Merkmal der Bewegung ist, dass
es schwierig ist, sie zu definieren und
einzuordnen oder klar zu benennen, was
ihre konkreten Forderungen sind. Ist
das für viele ein Grund, die 99%-Bewegung nicht ernst zu nehmen, geht für
andere gerade davon die Faszination
aus: Dies sei eine neue Form der Politik, die nicht mit klassischen Vokabeln
wie Interessensgruppen, Forderungen
oder Ideologie zu beschreiben sei.
Durch die diffuse Form der Bewegungen, die Weigerung, eine_n Sprecher_in
zu benennen, sich einer konkreten
Politik oder Strategie, einer Richtung
oder Ideologie unterzuordnen, sei es unmöglich, die Proteste mit halbherzigen
Reformvorschlägen abzuspeisen. Diese
Politik des Chaos oder der radikalen
Anarchie heißt allerdings nicht, dass die
Bewegung überhaupt keinen bekannten
politischen Mustern folgt: In Grundzügen basisdemokratisch organisiert,
werden beispielsweise Entscheidungen
in einer „General Assembly“ – einem
täglichen Plenum – getroffen.
Eine solch offene Form ermöglicht
zwar prinzipiell, dass viele verschiedene
Positionen artikuliert werden können.1
Gleichzeitig haben jedoch die Erfahrungen des „Arabischen Frühlings“ – auf
den sich die Occupy-Aktivist_innen
zumindest rhetorisch teilweise beziehen
– oder der spanischen Indignad@s im
Sommer 2011 gezeigt, dass Raum für
feministische und queere Forderungen
immer erst erkämpft werden muss.
Occupy Los Angeles. Die Studentin
Meghan aus Los Angeles sagt, es sei
wichtig, intersektionelle Unterdrückung
zu thematisieren, also den Umstand,
dass Menschen entlang mehrerer
Ungleichheitsdimensionen benachteiligt
werden. Sie versucht, so viel Zeit wie
möglich bei Occupy LA zu verbringen.
Das beinhaltet neben dem Campen vor
der City Hall auch die Organisation von
Workshops, die über Intersektionalität
informieren.
Eine zentrale Frage für Meghan ist,
wer innerhalb der Protestbewegung
überhaupt sprechen bzw. sich erfolgreich Gehör verschaffen kann. Und
hier zeige sich ein ambivalentes Bild:
Einerseits würden die meisten Teilnehmenden sehr offen aufeinander zugehen, was es ermögliche, voneinander zu
lernen. Andererseits seien die Kämpfe
trotzdem eher klassisch männlich
dominiert, und einige Gruppen schafften es oft nicht, ihre Sichtweisen zu
artikulieren.
Diese Einschätzung bestätigt auch ein
Aktivist der LGBT-Organisation Get
Equal. Er trägt eine Regenbogenfahne
als Symbol dafür, dass queers in die
Proteste involviert sind. Allerdings
kann es in dieser Position auch ganz
schön einsam sein, erzählt er. Zum 11.
Oktober, dem National Coming Out
usa
Day (der so heißt, obwohl er in vielen
Ländern begangen wird), veranstaltete
Get Equal eine Pressekonferenz, die
ebenfalls zum Ziel hatte, die Sichtbarkeit von queers zu erhöhen und generell
Bewusstsein für den Ausschluss von
Minderheiten zu schaffen.
Ein Bewusstsein für die verschiedenen
Unterdrückungsfaktoren und -mechanismen zu schaffen und ein Zeichen der
Solidarität und Unterstützung zu setzen,
ist auch die Motivation für die Teilnahme von Queeruption (www.queeruption.
org) LA, einer Gruppe von Anarcho-Feminist_innen, die extra aus den Suburbs
von Los Angeles angereist sind.
Occupy San Francisco & Berkeley. Etwas weiter nördlich entlang der Westküste finden weitere Besetzungen statt.
Zeitgleich mit der New Yorker Wall
Street, also am 17. September, wurde
auch das Gebiet vor dem Federal Reserve Building im Financial District von
tische Positionen und Personen schnell
vertrieben.
Im linksliberalen Berkeley, langjährige
akademische Heimat von Judith Butler
und wichtiger Schauplatz der Friedensund Bürger_innenrechtsbewegung der
1960er und 70er, konnte die Besetzung
seit ihrem Bestehen nie mehr als 80
Personen zur täglich stattfindenden Generalversammlung zusammenbringen,
wie die Studierendenzeitung „The Daily
Californian“ Ende Oktober resümierte. Die Message der Besetzer_innen
schließt sich der landesweiten „We are
the 99%“ an, geht darüber allerdings
auch nicht hinaus: von queer-feministischer Kritik keine Spur.
Völlig anders gestaltet sich die Situation
in Oakland.
Occupy Oakland. Von 10. bis 25.
Oktober belagerten dutzende Zelte den
Vorplatz der lokalen Stadtverwaltung,
den nahe gelegenen Snow Park und die
Erstaunlicherweise konnten sich weder
in San Francisco noch in Berkeley queerfeministische Diskurse merkbar in den
Bewegungen niederschlagen.
San Francisco besetzt. Seit 8. Oktober
belagern Protestierende den Gehsteig
vor der Bank of America in Berkeley.
Zwei Tage später wurde dann auch der
Platz vor der lokalen Stadtverwaltung
in Oakland besetzt. Obwohl alle drei
Bewegungen unisono zu einer radikalen
Opposition zum herrschenden System
auffordern, oder anders gesagt, sie nicht
weniger fordern als den Umsturz des
neoliberalen Kapitalismus, sind die drei
doch sehr unterschiedlich.
Erstaunlicherweise konnten sich weder
in San Francisco noch in Berkeley
queer-feministische Diskurse merkbar
in den Bewegungen niederschlagen.
Theorien und Politiken, für die die
beiden Städte doch eigentlich bekannt
und berüchtigt sind.
Konnte die Besetzung in San Francisco zu Anfang noch eine beachtliche
Menge an Menschen anziehen, so hat
sie mittlerweile, wie es scheint, deutlich
an Energie verloren. Von Beginn an
stark von Polizeigewalt und -repression
betroffen, wurden auch queer-feminis-
Grasflächen um den angrenzenden Lake
Merritt. Nachdem die Besetzung in der
Nacht des 25. Oktober auf brutalste
Weise geräumt wurde, finden sich nun
täglich Hunderte zur abendlichen Generalversammlung ein, um weiterhin ihren
Protest kundzutun.
Zahlreiche sozial-politische Kulturinitiativen wie die queere Danceparty
Hella Gay unterstützen Occupy Oakland.
Darüber hinaus ist Oakland auch deutlich stärker durch queer-feministische,
anti-kapitalistische, antirassistische und
dekolonialisierende Politik geprägt. Die
Besetzungen bieten einen Safe Space
für Transgender und Frauen, ebenso wie
für People of Color. Am 18. Oktober
fand der Occupy Oakland Queer March
statt. Die Homepage der Bewegung
problematisierte auch den Begriff „Besetzung“, Flyer wurden verteilt, die die
Wortwahl Occupation im Kontext der
US-amerikanischen Kolonialgeschichte
thematisierten, und zahlreiche Plakate
und Banner forderten das Ende der
Kolonialherrschaft. Die Besetzer_innen
verweisen auf die brutale Aneignung
des Landes durch europäische Einwander_innen und auf die anhaltende
Diskriminierung und Unterdrückung
von Native Americans. Darüber hinaus
erinnert die Bewegung auch an die
Civil-Rights-Movement-Geschichte und
beleuchtet die andauernden Rassismen
und Diskriminierungen gegenüber African Americans und Latinos und Latinas.
Warum ausgerechnet Oakland eine
derart präsente, gut organisierte,
vielfältige queer-feministische und antirassistische Bewegung hat, ist schwer
zu beurteilen. Ein relevanter Faktor ist
sicher, dass in Oakland soziale Unterschiede und Privilegien härter aufeinandertreffen als in den stark segregierten
Städten Berkeley und San Francisco.
Dazu kommt, dass in den letzten Jahren
die steigenden Wohnungspreise in San
Francisco und Berkeley dazu geführt
haben, dass die queer-feministische
Linke nach Oakland abgewandert ist,
wo Wohnen billiger und die Infrastruktur dennoch urban ist.
Occupy Oakland fokussiert auf die
ökonomischen und sozialpolitischen
Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten
in den USA und thematisiert gleichzeitig auch soziale Unterschiede und
Privilegien innerhalb der ProtestCommunity. Wenn eine neue Form von
Community und Solidarität ein Ergebnis
der Occupy-Bewegung sein kann, wie
Judith Jack Halberstam im Zuge eines
Vortrags an der UCLA am 14. Oktober
proklamierte, dann wird diese Chance
in Oakland am sichtbarsten. l
Susanne Kimm ist Dissertantin im GenderInitiativkolleg der Universität Wien.
Katharina Wiedlack ist Mitarbeiterin des
Referats Genderforschung der Uni Wien,
Dissertantin am Institut für Anglistik
und Amerikanistik und derzeit Visiting
Researcher an der University of California,
Berkeley.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 09
16 tage gegen gewalt
Notbetten
Medien berichten zwar gerne über Morde, aber
nicht über Gewalt, sagt Maria Rösslhumer vom
Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser.
Neben Aufklärung fehlt es außerdem häufig
selbst an Mindeststandards, erfuhr Gabi Horak.
Frauenhäusern liegt seit einigen Jahren
durchschnittlich bei über 50 Prozent.
Für viele Migrantinnen ist der Weg in
ein Frauenhaus oft der einzige Ausweg
aus der Gewalt. Sprachliche Barrieren,
wenig Kenntnisse über ihre Rechte in
Österreich, Isolation und Armut machen
es für sie nämlich schwerer, sich Hilfe
bei der Polizei oder anderen Einrichtungen zu holen.
Kaist/ www.bildergegengewalt.net
an.schläge: Von 25. November bis 10. De-
Mehr Informationen,
Statistiken und Kontakte:
www.aoef.at,
www.wave-network.org
zember finden wieder die „16 Tage
gegen Gewalt an Frauen“ statt. Gelingt es dieser Kampagne, das Thema
häusliche Gewalt ins Gedächtnis zu
rufen?
Maria Rösslhumer: Das Medienecho
während der „16 Tage“ nimmt jedes
Jahr deutlich zu. Dank der Aktivitäten
der Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, Frauennotrufe und vielen unserer
KooperationspartnerInnen – und zwar
das gesamte Jahr hindurch – wird das
gesellschaftliche Problem der Gewalt
an Frauen auch medial immer sichtbarer. Doch traditionelle Medien berichten
zwar sehr gerne und sensationslüstern
über aktuelle Mordfälle, aber leider
noch immer viel zu wenig über die
Hintergründe, Ursachen und Auswirkungen von Gewalt in unserer Gesellschaft. Wir wünschen uns inhaltlich
tiefergehende Auseinandersetzungen
und einen öffentlichen Diskurs. Der
Begriff „Gewalt“ wird in den Medien
nach wie vor tunlichst vermieden. Aber
Mord oder Vergewaltigung sind keine
„Beziehungsprobleme“. Sprache bildet
10 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Bewusstsein, daher appellieren wir an
die Medien, für mehr Sensibilisierung
und für ein stärkeres Bewusstsein
einzutreten.
Wie ist die Situation der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen und
Familien in Österreich derzeit?
2010 flüchteten 3.448 Frauen und
deren Kinder in die 26 Frauenhäuser.
Diese Zahl hat sich im Vergleich zu
den Vorjahren nur minimal verändert,
das heißt aber nicht, dass nicht viel
mehr Frauen und Kinder von männlicher Gewalt betroffen sind. Der
Bedarf an Schutz und Unterstützung
ist viel größer, und es gibt noch immer
viel zu wenige Frauenhausplätze. Es
kommt nicht selten vor, dass Frauen
und Kinder nicht aufgenommen werden
können und vorübergehend an andere
Sozialeinrichtungen oder Verwandte
weitervermittelt werden müssen. Die
Frauenhäuser sind auch immer bemüht,
Notbetten aufzustellen, um Frauen in
einer akuten und gefährlichen Situation
aufzunehmen.
Der Anteil der Migrantinnen in den
Interkulturelle Kompetenz scheint
überhaupt ein immer wichtigeres
Thema in eurem Kontext zu sein ...
Ja, ohne interkulturelle Kompetenz
wäre die Arbeit mit gewaltbetroffenen
Frauen und Kindern aus unterschiedlichen Herkunftsländern nicht möglich.
Frauenhäuser haben schon sehr früh
begonnen, Migrantinnen als Mitarbeiterinnen anzustellen, damit sie sich
sprachlich mit den Frauen und Kindern
besser verständigen und adäquate Hilfe
anbieten können. Aber auch, um Wissen
über die unterschiedlichen Lebensweisen von Frauen herzustellen. Der Verein
Autonome Österreichische Frauenhäuser koordiniert seit mehr als 15 Jahren
in Wien eine Arbeitsgruppe „Migrantinnen und Gewalt“, bestehend aus Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern, der
Interventionsstelle gegen Gewalt in der
Familie und Migrantinnenorganisationen, die sich für die Verbesserung von
Maßnahmen für Migrantinnen einsetzt.
2002 haben wir im Rahmen dieser Arbeitsgruppe ein Symposium zum Thema
„Migration von Frauen und strukturelle
Gewalt“ veranstaltet und einen Empfehlungskatalog erarbeitet, der noch
immer hochaktuell ist. Dieses Symposium möchten wir 2012 wiederholen und
uns ansehen, was in der Zwischenzeit
passiert ist. Beispielsweise ist das
Fremdenrecht eine äußerst komplizierte
Materie, v.a. die laufenden gesetzlichen
Änderungen bzw. Verschlechterungen
erschweren das Leben der Betroffenen
unendlich – und auch das der Fachleute
und BeraterInnen.
Wie zufrieden seid ihr mit dem Engagement der politischen EntscheidungsträgerInnen?
Viele von ihnen sind bemüht, die gesetzlichen Maßnahmen im Opferschutz
zu verbessern, und Österreich ist im
europäischen Vergleich Vorbild beim
Opferschutz. Dazu kommt, dass die
mit dem Thema befassten Ministerien
großes Vertrauen in die Expertise von
Gewaltschutzexpertinnen haben. So hat
die österreichische Regierung z.B. Rosa
Logar von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie als
Vertreterin zur Erarbeitung der Euro-
Ein Schwerpunkt waren Obsorge-Regelungen: Frauenhausmitarbeiterinnen
erleben in der Praxis sehr häufig, dass
der Zusammenhang zwischen Frauenmisshandlung und Kindesmisshandlung
nicht berücksichtigt und die Gemeinsame Obsorge auch in Fällen von schwerer
Gewalt empfohlen wird. Die Forderung
nach einem unabhängigen Aufenthaltsrecht für Migrantinnen und nach einem
verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt, aber auch die uneingeschränkte
Möglichkeit der Aufnahme von allen
Migrantinnen in Frauenhäusern waren
weitere Schwerpunkte der Tagung.
Außerdem sind nicht nur in Österreich
Frauenhäuser von der Schließung und
von finanziellen Kürzungen bedroht,
auch in Deutschland und Italien. Und
die Schweiz, eines der reichsten Länder,
ist vom Mindeststandard an Frauenhausplätzen weit entfernt.
„Es gibt noch immer viel zu wenige
Frauenhausplätze.“
paratskonvention – dem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und
Bekämpfung von Gewalt an Frauen und
häuslicher Gewalt – geschickt, die nach
zwei intensiven Verhandlungsjahren am
11. Mai 2011 von 13 Ländern unterschrieben wurde. Das war einzigartig
im Europarat, und darum haben uns
sehr viele Vertreterinnen von FrauenNGOs in anderen europäischen Ländern
beneidet.
Ein wichtiges Anliegen ist mir allerdings die Verbesserung der Situation im
Gesundheitsbereich. Das Problem der
häuslichen Gewalt und der erheblichen
Gefährdung für die Gesundheit wird
im österreichischen Gesundheitswesen
noch kaum thematisiert. Dabei kommt
der ÄrztInnenschaft eine Schlüsselrolle
beim Erkennen von Gewaltfolgen zu.
Der Ausbau von Fort- und Weiterbildungsangeboten und die Implementierung des Themas in die Ausbildung
des medizinischen Personals ist eine
langjährige Forderung des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser.
Im September gab es eine Tagung zu
europäischen Standards gegen Gewalt
an Frauen und Kindern in Wien. Wie
sieht die europäische Entwicklung auf
dem Gebiet der Gewaltprävention aus?
Wie sehen diese Mindeststandards
aus?
Einige Expertinnen in verschiedenen
europäischen Gremien haben Mindeststandards für den Schutz von Frauen
und Kindern entwickelt. Eine dieser
Empfehlungen besagt, dass es in jedem
Land pro 10.000 EinwohnerInnen
einen Familienplatz geben sollte.
Dieser Begriff „familiyplace“ ist aber
ungenau definiert. Deshalb hat WAVE
(Women Against Violence Europe), das
europäische Netzwerk gegen Gewalt an
Frauen, als Mindeststandard „ein Bett
pro 10.000 Einwohnerinnen“ vorgeschlagen. Nur sechs Länder – Luxemburg, Norwegen, Niederlande, Spanien,
Malta und Slowenien – erfüllen diesen
Mindeststandard. In den 27 EU-Mitgliedsstaaten fehlen insgesamt um die
25.500 Frauenhausplätze. In allen 44
analysierten europäischen Staaten fehlen mehr als 54.800 Plätze. Acht Länder, darunter Österreich, Deutschland,
Großbritannien und Schweden, verfügen
nur über die Hälfte der notwendigen
Frauenhausplätze. l
Maria Rösslhumer ist Geschäftsführerin
des Vereins Autonome Österreichische
Frauenhäuser.
neuland
entdeckungen im alltag
Beate Hammond
Das letzte Mal
Unter Universum und der Welt stellt sich jede/r etwas
anderes vor. Im Baseball spricht man von den world series,
obwohl hier nur US-amerikanische und kanadische Teams
gegeneinander spielen. Auch bei Weltmeisterschaften in
Wintersportarten ist der Kreis der teilnehmenden Nationen
eher überschaubar. Doch bei den olympischen Sommerspielen sind, im Gegensatz zu den Winterspielen, wieder alle
dabei. Jede/r darf mitmachen, und dabei sein ist bekanntlich alles.
Auch Schönheitswettbewerbe sind universell zugänglich,
denn Schönheit gibt es doch eigentlich auf der ganzen Welt.
Dennoch dauerte es mehrere Jahrzehnte, bis eine schwarze
Frau aus Afrika zur Miss World gekrönt wurde. Das war
Agbani Darego aus Nigeria im Jahre 2001. Die gegenwärtig amtierende Miss Universe, Leila Lopes aus Angola, umweht der Hauch eines Skandals. Ihr Gewinn kam
überraschend und war von Protesten aus Lateinamerika
begleitet, die gerne Kandidatinnen aus ihrer Region vorne
gesehen hätten. Selbst in Angola war Frau Lopes nicht
unumstritten, weil sie sich den Zugang zur Vorausscheidung
durch gefälschte Dokumente erschlichen haben soll. Und in
Österreich nahm eine Gratiszeitung den Gewinn zum Anlass
für eine Aktion, bei der Bilder von Frauen veröffentlicht
wurden, die angeblich schöner seien als Leila Lopes.
Mit stetig sinkendem Interesse des Publikums scheint auch
die Kritik an den Wettbewerben leiser zu werden. Was
angesichts des Prozedere erstaunlich ist: Es gibt immer
noch die Runde in Badekleidung, gefolgt von der Runde im
Abendkleid. Erst nach Überwindung dieser Hürde dürfen
die Kandidatinnen den Mund aufmachen – und zwar, um
genau eine Frage zu beantworten. Feminismus ist unnötig, sagte etwa die Kandidatin aus Venezuela vor einigen
Jahren und gewann. Leila Lopes äußerte sich zum Thema
Rassismus. Der hätte im 21. Jahrhundert keinen Platz.
Aha. Vielleicht ist es besser, nicht schön zu sein. Schon
Schneewittchen hatte deshalb großen Ärger.
Das ist meine letzte Kolumne. Ich danke allen Leserinnen,
die mich die letzten drei Jahre begleitet haben.
Beate Hammond hat nun 3 Jahre lang ihre Entdeckungen mit
uns geteilt. Wir verabschieden uns mit großem Dank von ihr. Die
Redaktion.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 11
mexiko
Im rechtsfreien Raum
Täglich machen sich hunderte Frauen
und Mädchen aus Zentralamerika
auf den Weg, um in den USA Arbeit zu
suchen. Für viele von ihnen endet die
Reise jedoch schon in der
südmexikanischen Grenzregion.
Sie werden Opfer von Menschenhandel
und Ausbeutung.
Von Maria Lisa Pichler
Auf Güterzügen reisen Migrant_innen
als blinde Passagiere durch Mexiko.
Foto: Maria Lisa Pichler
„Das bist ab jetzt du“, sagt die Schleuserin zu einer 19-jährigen Migrantin
aus El Salvador. Sie holt eine Kiste
mit Reisepässen hervor und gibt der
Migrantin jenen Pass in die Hand,
dessen Bild ihr am ähnlichsten sieht.
Die beiden stehen vor einem Checkpoint
der Migrationspolizei im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas, einer von
vielen, der passiert werden muss auf
dem Weg nach Norden. Eigentlich hatte
die Schleuserin versprochen, ihr Arbeit
zu besorgen, um Geld für die Reise in
die USA zu verdienen. In der Nähe von
Mexiko City hätte sie als Kindermädchen arbeiten sollen. Doch bald wird
der Migrantin klar, was die Schleuserin
vorhat. Die Arbeitsstelle als Kindermädchen gibt es nicht. Der jungen Salvadorianerin gelingt es gerade noch, sich
zu befreien. Doch viele andere zentralamerikanische Frauen haben nicht so
viel Glück: Für sie endet die Reise nach
Norden in einem Bordell oder Nachtclub in Südmexiko.
Eine der gefährlichsten Reisen der
Welt. Jeden Tag brechen tausende
Menschen ohne Papiere aus den zentralamerikanischen Ländern Honduras,
El Salvador, Guatemala, Belize und
Nicaragua auf, um in den USA Arbeit zu
suchen. Und auch immer mehr Frauen
12 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
und Mädchen nehmen in der Hoffnung
auf ein besseres Leben den langen Weg
nach Norden auf sich. Darunter sind
viele alleinerziehende Mütter, die ihre
Kinder bei Verwandten zurücklassen
müssen. Die Gründe für die Migration sind evident: Die wirtschaftliche
Situation in den zentralamerikanischen
Ländern ist katastrophal. Dazu kommen
noch die kaputte soziale Infrastruktur,
das Erbe der ehemaligen Bürger_innenkriegsländer sowie politische Systeme, die durch Vetternwirtschaft und
Korruption geprägt sind. Die Bedrohung
durch Maras, brutale Jugendbanden, ist
ein weiterer häufiger Migrationsgrund.
Auch die Flucht aus gewalttätigen Eheverhältnissen oder die Diskriminierung
aufgrund der sexuellen Orientierung
spielen eine Rolle. Für viele Frauen
ist die Reise nach Norden der einzige
Ausweg aus einem Leben in Armut und
Gewalt und die einzige Möglichkeit,
durch Geldrücksendungen das Überleben der Familie zu sichern.
Doch die Reise durchs Transitland Mexiko ist gefährlich, laut Amnesty International eine der gefährlichsten der Welt.
Aufgrund der durch das US-Migrationsregime forcierten Kontrollen, die zunehmend von der Grenze ins mexikanische
Inland verlagert werden, bleibt der Güterzug das einzige Verkehrsmittel. Als
blinde Passagiere steigen Migrant_innen auf die Dächer der Züge und reisen
so bis zu 3.000 Kilometer von einer
Grenze zur anderen. „La bestia“ – die
Bestie – wird der Zug genannt, wegen
der Menschenleben, die er frisst.
Für Frauen ist die Reise noch gefährlicher: Jede zweite Migrantin wird auf
der Reise Opfer von sexueller Gewalt.
Viele Frauen nehmen Vergewaltigungen
in Kauf und setzen sich vor der Reise
Verhütungsspritzen, damit sie wenigstens nicht schwanger werden. Oft wird
der eigene Körper als Zahlungsmittel
eingesetzt. Entführungen, Überfälle
und Morde durch das mächtige Drogenkartell Los Zetas stehen auf der
Tagesordnung. Auch die mexikanische
Migrationspolizei ist in die kriminellen
Machenschaften auf der Migrationsroute verstrickt und nutzt den illegalisierten Status der Migrant_innen aus, um
von ihnen Reisegeld zu erpressen. Nach
mehreren Wochen Reise stellt dann
die mexikanische Nordgrenze, deren
Überwachung durch die restriktive
Einwanderungspolitik der USA immer
weiter ausgebaut wird, ein praktisch
unüberwindbares Hindernis dar.
Mutige Schwestern. Doch für viele
Migrantinnen endet der amerikanische
Traum schon einige tausend Kilome-
mexiko
ter vorher: In den Rotlichtvierteln
der mexikanisch-guatemaltekischen
Grenzregion landen viele Frauen
und Mädchen in der Sexarbeit. Dies
geschieht selten freiwillig. Die eingangs
beschriebene Geschichte der salvadorianischen Migrantin ist kein Einzelfall:
Viele Migrantinnen werden entführt.
Meistens beginnt die Sexarbeit der
Frauen damit, dass der „coyote“ – die
Schlepperin oder der Schlepper – sie
in die Bordelle oder Nachtclubs bringt
und an die Besitzer_innen verkauft.
Dort müssen die Frauen arbeiten, um
den „Kaufpreis“ abzubezahlen, die
Reisedokumente behalten die Lokalbesitzer_innen. Zur Polizei können die
Frauen nicht gehen, da sie sich undokumentiert im Land aufhalten, und vom
uns auf das Recht auf Gesundheit“, sagt
Hermana Angélica.
Den Kontakt zu den Sexarbeiterinnen
stellen die Schwestern in den Bars und
Bordellen der Grenzstadt her. Das ist
nicht so einfach, da diesen oft der Mut
fehlt, sich zu organisieren. Denn die
Barbesitzer_innen betreiben Gegenpropaganda und üben mit der Angst vor
Abschiebung Druck auf die Frauen aus.
„In Wirklichkeit werden die Barbesitzer_innen jedoch vor Razzien durch
die Polizei gewarnt“, erklärt Hermana
Angélica.
Wie gefährlich die Arbeit der Ordensschwestern ist, zeigt der meterhohe
Sicherheitszaun, der das Frauenhaus
umgibt. Seit sie vor ein paar Jahren
minderjährige Sexarbeiterinnen aus
Für viele Frauen ist die Reise nach
Norden der einzige Ausweg aus einem
Leben in Armut und Gewalt.
mexikanischen Staat haben sie ohnehin
keine Hilfe zu erwarten. In Mexiko
herrscht ein rechtliches Vakuum, was
den Menschenhandel betrifft: Vor dem
Gesetz stellt Menschenhandel nämlich
keine Straftat dar. Anders verhält es
sich mit der Sexarbeit: Prostitution ist
in Mexiko offiziell verboten. Registrierte Sexarbeiterinnen müssen zwar
wöchentlich einen Gesundheitscheck
über sich ergehen lassen, haben jedoch
keinerlei Rechte und bleiben illegalisiert. So sind sie auf den Schutz von
sozialen und kirchlichen Organisationen
angewiesen.
Eine davon ist der Orden der Hermanas Oblatas. In der guatemaltekischen
Grenzstadt Tecún Umán betreiben die
mutigen Ordensschwestern die „Casa de
Mujer“. Verborgen hinter Stacheldrahtzaun und beschützt von Wachhunden
wirkt das Frauenhaus wie eine grüne
Oase im chaotischen Treiben der Grenzstadt. Hierher können Sexarbeiterinnen
kommen, um Schutz oder rechtlichen
Beistand zu suchen. Für Frauen aus der
Region gibt es hier die Möglichkeit,
einen Beruf zu erlernen, um gar nicht
erst die Reise nach Norden antreten zu
müssen. Auch AIDS- und HIV-Aufklärung betreiben die Hermanas. Mit der
Lehre der katholischen Kirche nehmen
sie es nicht so genau: „Wir beziehen
einer Bar befreit haben, werden sie
massiv bedroht. Niemand kann hier für
Sicherheit garantieren. Der Respekt vor
der Kirche, der in den zentralamerikanischen Gesellschaften stark ausgeprägt
ist, ist der einzige Schutz der mutigen
Schwestern.
Scheinbare Normalität. Die Rekrutierung der Sexarbeiterinnen läuft nicht
nur im Verborgenen ab. Sie passiert
am helllichten Tag ein paar Kilometer
nördlich, auf dem zentralen Platz der
mexikanischen Grenzstadt Tapachula.
Diese Stadt ist nicht nur eine wichtige
Zwischenstation der Migrationsroute
und ein Knotenpunkt für die zahlreichen
Abschiebungen, hier bleiben auch viele
Migrant_innen auf dem Weg nach Norden hängen, um in der Grenzregion zu
arbeiten. Neben der Sexarbeit sind auch
Jobs im informellen Sektor wichtig.
Bauchladenverkäufer_innen, Straßenmusiker_innen und Schuhputzer_innen
prägen das Stadtbild von Tapachula. Die
prekäre Arbeit auf der Müllhalde der
Stadt sowie die gesamte Kaffeeernte
werden von Migrant_innen übernommen. Hier zeigt sich, wie tief die Sexarbeit und die Arbeitsausbeutung in der
Gesellschaft der Grenzregion verwurzelt
sind. Dazu passt auch, dass viele Frauen
die Schuld für ihre Ausbeutung bei sich
selbst suchen. 200 Pesos bekommt eine
Schleuserin oder ein Schleuser fürs
Weitervermitteln von Sexarbeiterinnen,
das sind 10 Euro. Die Schleuser_innen
bleiben meistens ungestraft.
Doch nicht nur für die Rekrutierung von
Sexarbeiterinnen ist der zentrale Platz
Tapachulas wichtig. Jeden Sonntag
treffen sich hier Hausmädchen, die
meist aus Guatemala kommen und in
den reichen Häusern der Stadt arbeiten. „Du findest meinen Rock schön?“,
fragt Rosalinda verwundert. „Viele
Leute hassen mich, weil ich diesen Rock
trage.“ Sie ist 13 Jahre alt und arbeitet
als Hausmädchen in einer Siedlung
außerhalb Tapachulas. Heute trägt sie
ihre Tracht aus dem Süden Guatemalas, um sich am einzigen freien Tag in
der Woche mit ihren Freundinnen zu
treffen. Ihren bunten Rock darf sie während der Woche nicht tragen; Rassismus
gegenüber Frauen aus Guatemala ist in
Mexiko sehr verbreitet, Rosalinda ist
deshalb gezwungen, sich bei der Arbeit
„westlich“ zu kleiden.
Obwohl viele Hausmädchen von Arbeitsausbeutung betroffen sind, schweigen
sie, weil sie auf das Gehalt angewiesen
sind. Zur politischen Organisierung fehlt
außerdem oft schlichtweg die Zeit: Die
Hausarbeiterinnen sind die ersten, die
am Morgen aufstehen, und die letzten,
die am Abend schlafen gehen. „Mein
Arbeitstag beginnt um sieben Uhr früh
und endet spät am Abend“, erzählt
Rosalinda.
Trotz allen negativen Konsequenzen
kann weibliche Migration jedoch
auch ein emanzipatorisches Moment
beinhalten. Die Tatsache, dass Frauen
als eigenständige Subjekte migrieren,
bricht mit dem bisherigen Geschlechterbild in den patriarchal geprägten
Gesellschaften Zentralamerikas und
Mexikos. Doch auch wenn sich so neue
Partizipations- und Handlungsmöglichkeiten im Leben vieler Migrantinnen
eröffnen – die Verbindung von rigider
US-Einwanderungspolitik und der Tatsache, dass die Frauen leicht zu Opfern
von Ausbeutung werden, lässt ihnen am
Ende wenig Wahlfreiheiten. l
Maria Lisa Pichler studiert Politikwissenschaft, Internationale Entwicklung und
Spanisch in Wien. Im Rahmen einer politischen Reise war sie kürzlich drei Wochen
in der mexikanisch-guatemaltekischen
Grenzregion unterwegs.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 13
an.riss international
Demo am 14. Juli in Kabul, Foto: UN Dispatch
afghanistan
Mutige Aktivist_innen
In Afghanistan gibt es seit April 2011 eine neue Non-Profit-Organisation,
die sich für Frauenrechte einsetzt. „Young Women for Change“ (YWC)
besteht aus ein paar Dutzend Aktivist_innen, die für das Empowerment
afghanischer Frauen und für die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen
kämpfen. In einem Land, in dem die Grundrechte der meisten Menschen
nicht gewahrt werden, ist dies noch herausfordernder als der Kampf um
die Gleichstellung der Frauen in anderen Teilen der Welt. Die Taliban, die
nie ganz entmachtet wurden, erlebten hier, wo 36 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, in den letzten Jahren wieder einen
Aufschwung. Gleichzeitig gibt es für Frauen in den Sektoren Ausbildung
und Arbeit jedoch Erfolge zu verzeichnen. YWC-Leiterin Noorjahan Akbar
sieht dadurch bei Männern Angst um „ihre Territorien“ aufkommen, und
als Reaktion darauf gebe es auch wieder vermehrte (sexuelle) Belästigung
von Frauen im öffentlichen Raum. Selbst die Polizei sei inzwischen oft in
diese „moralische Überwachung“ von Frauen involviert. In ihrem Kampf
um Frauenrechte und Schutz vor Übergriffen versteht sich YWC auch als
Teil der weltweiten Bewegung gegen sexualisierte Gewalt („Slutwalks“)
– am 14. Juli wurde, gemeinsam mit Hadia, einer 2005 gegründeten
Jugendgruppe, die für Frieden und soziale Rechte kämpft, in Kabul eine
Demo für Frauenrechte organisiert. Ihren Einsatz begründet YWC auch religiös: Die konstante Belästigung von Frauen auf den Straßen Afghanistans
sei unislamisch, die Partizipation von Frauen im öffentlichen und sozialen
Leben wichtig und erlaubt. jumac
www.facebook.com/YWC.af, www.facebook.com/Hadia.af
reproduktive rechte
Hotlines, Verbote und Herzschläge
In Indonesien wurde Ende Oktober die „Safe Abortion Hotline“ Samsara gestartet. Im Rahmen der Eröffnungsfeier zur sechsten Asia Pacific
Conference on Reproductive and Sexual Health and Rights (APCRSHR)
an einer Uni in Jakarta bildete sich ein Flashmob von NGO-Aktivistinnen
und PassantInnen, um die Hotline zu bewerben. Aufgrund der restriktiven
14 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Gesetze werden die meisten Abtreibungen in Indonesien unter unsicheren, oft gefährlichen Umständen durchgeführt – zumindest, wenn ärmere
Frauen von unerwünschten Schwangerschaften betroffen sind. Wohlhabende Frauen haben – ganz wie das z.B. in Österreich vor der Fristenregelung auch der Fall war – sehr wohl Zugang zu sicheren Abtreibungen.
Die internationale Kampagne „Women on Waves“, die die indonesische
„Safe Abortion Hotline“ unterstützt und zuvor schon mehrere Hotlines in
südamerikanischen Staaten gegründet hat, betont, dass diese Situation auf
weite Teile Asiens zutrifft. Die Hotline informiert u.a. über in Apotheken
erhältliche Tabletten, mit denen eine Abtreibung zu Hause sicher durchgeführt werden kann.
Das Parlament in Polen hat im September mit nur fünf Stimmen Mehrheit
ein totales Abtreibungsverbot abgelehnt. Nachdem eine Bürgerinitiative
fast eine halbe Million Unterschriften für das Verbot gesammelt hatte,
musste deren Vorlage im Parlament behandelt werden. Die Demokratische
Linke (SLD) brachte bei derselben Sitzung einen Antrag auf ein stark liberalisiertes Gesetz ein, das jedoch mit überwältigender Mehrheit abgelehnt
wurde. Also bleibt es dabei: In Polen dürfen Frauen nur nach einer Vergewaltigung, bei schwerer Behinderung des Fötus oder einer Bedrohung der
Gesundheit oder des Lebens der Mutter legal abtreiben. Rund 500 solcher
legaler Eingriffe, Schätzungen zufolge jedoch bis zu 190.000 illegale
Abtreibungen werden jährlich durchgeführt
In den USA verschärft sich die rechtliche Situation. Nach den Gouverneurswahlen Ende 2010, bei denen weit mehr als die Hälfte der Bundesstaaten an die RepublikanerInnen gingen, werden von diesen nun laufend
neue Restriktionen erlassen. In Texas etwa müssen sich Frauen vor einer
Abtreibung Ultraschallbilder des Fötus anschauen, der/die ÄrztIn muss
ihnen dabei genau erklären, was sie sehen. Hier wie in vier weiteren Bundesstaaten müssen sie zudem vor der Abtreibung eine Wartefrist einhalten
– wohl in der Hoffnung, dass es sich die ungewollt Schwangeren noch einmal überlegen. Ohio plant ein Gesetz, das Abtreibungen ab dem Zeitpunkt,
an dem ein Herzschlag beim Fötus festgestellt werden kann, verbietet. Das
wäre dann ab ca. der sechsten oder siebten Schwangerschaftswoche, also
zu einem Zeitpunkt, zu dem viele betroffene Frauen von der Schwangerschaft noch gar nichts wissen. In erster Lesung im Sommer stimmte die
Bundesregierung der sogenannten Heartbeat-Bill zu – die zweite Lesung
wird für November erwartet. sylk
www.asap-asia.org, www.womenonwaves.org, www.alternet.org/reproductivejustice/
china/indien
Mädchenmangel
Offiziell wurde am 31. Oktober 2011 die „7-Milliarden-Menschen-Marke“
überschritten. Seit Jahren gibt es gerade in den bevölkerungsreichsten
Ländern der Erde wie Indien und China Maßnahmen, um das Bevölkerungswachstum zu regulieren. Der Weltbevölkerungsbericht spricht von
einer Verbesserung der Lebensqualität für Menschen mit Zugang zu Familienplanung. Schritte dazu waren in weiten Teilen Asiens erfolgreich, doch
hat diese Bevölkerungspolitik eine Kehrseite, die langsam, aber sicher
das Gleichgewicht in diesen Regionen durcheinanderbringt: Es herrscht
Mädchenmangel, es droht eine „Maskulinisierung“ der Bevölkerung.
Gerade Mädchen, die als Zweit- und Drittgeborene auf die Welt kommen,
droht immer wieder Tod durch Vernachlässigung, oder sie werden schon als
Föten im Mutterleib abgetrieben. Neben der oftmals traditionell bedingten Präferenz für männliche Nachkommen ist Armut hier ein wichtiger
Faktor: Söhne gelten noch immer als wirtschaftlich sichere Kinder, die
für Eltern und Großeltern eine Art sozio-ökonomischen Schutz darstellen.
Warnungen dazu existieren seit über 20 Jahren, trotzdem fehlen in Asien
an.riss international
heute bis zu 120 Millionen Frauen, und durch neue Technologien, v.a.
billige pränatale Untersuchungen, wurde das Problem noch verschärft, und
zwar nicht nur auf dem Land. Engpässe auf dem Heiratsmarkt, illegaler
Frauen- und Mädchenhandel und Entführungen sind einige der Folgen.
Manche Zukunftsprognosen prophezeien auch einen Anstieg von Prostitution und Sextourismus, aber auch das Entstehen der Polyandrie, also der
Vielmännerei. Derzeit liegt die Antwort der betroffenen Staaten oft noch
darin, die pränatale Geschlechtsbestimmung zu verbieten, was allerdings
schwer umzusetzen sein dürfte. Vielmehr sollten Faktoren wie Armut und
Geschlechtergleichstellung in die Bevölkerungspolitiken integriert und
berücksichtigt werden. jumac
festung europa
Asylgrund geschlechtliche Identität
Ende Oktober beschloss das EU-Parlament eine neue Richtlinie für
Asylverfahren, in der erstmals geschlechtliche Identität als Verfolgungsgrund genannt wird. Wie im an.schläge-Thema „Queer with(out) Borders“
(10/2010) ausführlich dargelegt wurde, konnten Transgender-Personen
bisher zwar schon als Mitglieder einer „sozialen Gruppe“ im Sinne der
Genfer Flüchtlingskonvention angesehen werden, verpflichtend war das
allerdings nicht. Mit dem neuen Text hat sich das nun geändert: „Geschlechtsspezifische Aspekte, einschließlich der geschlechtlichen Identität,
werden zum Zwecke der Bestimmung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der Ermittlung eines Merkmals einer solchen
Gruppe angemessen berücksichtigt.“
„Weltweit werden Transgender-Personen für das verfolgt, was sie sind“,
kommentierte Dennis de Jong, Abgeordneter des EU-Parlaments und
Vizepräsident der LGBT-Intergroup. „Ich hoffe, dass eine zukünftige Revision der Asylrichtlinie endlich auch die sexuelle Orientierung von Asylsuchenden aufnehmen wird.“ Auch wenn Gesetzestexte nur ein erster Schritt
sind und die Umsetzung mit einer Vielzahl von Problemen behaftet ist –
z.B. eine Art „Zwangs-Outing“ vor Asylbehörden, Homo- und Transphobie
in den Aufnahmeländern oder die Ansicht, dass ein heimliches homo- bzw.
transsexuelles Leben zumutbar sei – so schaffen sie doch mehr Bewusstsein bei den Behörden. sylk
www.queernews.at, www.europarl.europa.eu
polen
Frischer Wind
Nach den Wahlen im Oktober wurde am 8. November in Polen das neue
Parlament einberufen und damit Anna Grodzka als erste TransgenderFrau im Sejm (Unterhaus) angelobt. Sie und Robert Biedron, der erste
bekennende schwule Abgeordnete, gehören der als Protestpartei bezeichneten linksliberalen Ruch Palikota an, die zum ersten Mal angetreten war
und mit vierzig Mandaten auf Anhieb drittstärkste Partei wurde. Ruch
Palikota fordert mit emanzipatorischen Inhalten die Macht der römischkatholischen Kirche in der polnischen Politik heraus. Sie will nicht nur die
Säkularisierung des Staates und die Legalisierung von Marihuana, sondern
auch das Recht homosexueller Paare auf Ehe und Adoption sowie die
Entkriminalisierung von Abtreibungen. Die LGBTI-Bewegung, die in der
Vergangenheit starken Repressionen ausgesetzt war, erhofft sich durch den
Einzug von Ruch Palikota ins Parlament weniger Diskriminierung und hat
hohe Erwartungen an die Abgeordneten. isaga
www.queernews.at
medienmix
XOXO
Die Nummer 8 des Hamburger Magazins
„Hugs and Kisses“ ist da! Das Thema der
queeren Halbjahreszeitschrift ist diesmal
Sichtbarkeit. „Tender to all gender“, so der
Untertitel des Magazins – Identität wird als
gemeinsamer Prozess verstanden. Die Bandbreite von Geschlecht zeigen Artikel und Interviews zu Kunst und Kultur. „Hugs and Kisses“
setzt daneben mit hohem ästhetischem Anspruch auf Fotostrecken und Illustrationen.
Kosten: 4 Euro, Abo und Verkaufsstellen:
hugsandkissesonline.de. fis
Mind the GAB
Über feministische Themen ohne Grenzen
berichtet der internationale Blog
genderacrossborders.com. Übersichtlich gestaltet und in englischer Sprache werden
Fragen von Geschlecht, Herkunft, Klasse und
Sexualität aus vielfältigen Blickwinkeln beleuchtet. Der Stil reicht von politisch-analytisch
bis persönlich, Reportagen haben genauso
Platz wie Buch- und Filmbesprechungen.
Besonders spannend sind die Themenschwerpunkte zu Bildung und Gesundheit weltweit. fis
Grrrl-Film
Eine Dokumentation über die Bikini Kill- und
Le Tigre-Ikone Kathleen Hanna kann die New
Yorker Regisseurin Sini Anderson nun dank der
Plattform kickstarter.com realisieren. 1.238
Spender_innen haben innerhalb eines Monats
61.455 US-Dollar für „The Punk Singer“
beigetragen, Anderson hat nun mit Hanna und
Wegbegleiter_innen mit der Arbeit am Film
begonnen. Mithilfe von Kickstarter werden seit
2009 durch Crowdfunding kreative Projekte
im weitesten Sinne durch Vorfinanzierung auf
Spendenbasis ermöglicht. fis
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 15
Feministische
Ferien
Atemkurse, Ayurveda, Baden, Beauty, Bogenschießen, Entschlacken, Fastenwandern,
Feldenkrais, Fitness, Frauenbildungsreisen zur Frauengeschichte, Fünf Elemente, Hundewanderungen, Huskytouren, Kanufahren, Klettern, Kloster, Kreativ Kochen, Kunst- und
Museumsreisen, Langlauf, Malen, Massage, Meditation, Nordic Walking, Pilates, Pilgern,
Qi Gong, Radfahren, Reiten, Rundreisen, Safaris, Segeln, Singen, Shiatsu, Tai Qi, Töpfern,
Trekking, Wandern, Wellness, Whalewatching, Women-Fairtrade-Reisen, Wüstenreisen,
Yoga …
Das und mehr haben die zahllosen Anbieter_innen von „Frauenreisen“ im Programm, die
um ein scheinbar immer lukrativer werdendes Marktsegment konkurrieren: Frauen mit
Fernweh.
Doch wie sehen deren Reisegewohnheiten und Urlaubswünsche wirklich aus? Welche Tipps
können alleinreisende Individualtouristinnen geben? Was sind die feministischen Hot Spots
in den Metropolen dieser Welt? Und wo die lesbischen Sehnsuchtsorte? Und in welcher
Tradition stehen reisende Frauen?
thema: reisen
Einmal
um die Welt
Nina Sedano hat alle Länder der Welt allein bereist und ist trotzdem noch lange
nicht fertig. Vor neun Jahren hat die 45-jährige Deutsche ihren Job gekündigt,
um fortan „Länder zu sammeln“ – Ende September kam sie aus ihrem 193. Land zurück.
Mit Sylvia Köchl sprach sie über gute Vorbereitung, Toilettenkulturen
und geschlechtsspezifische Kontaktprobleme.
an.schläge: Wenn eine Frau allein reist,
denken viele eher an Gefahr bzw.
enorm großen Mut oder gar an
Leichtsinn statt an etwas Schönes
und Interessantes. Kennen Sie diese
Angstmache?
Nina Sedano: Mir hat einmal zu
Hause ein sehr ängstlicher Mann, der
so gut wie nie verreist ist (u.a. wegen
Flugangst), mit seinen fast krankhaften
Ängsten vor einer langen Reise ein sehr
mulmiges Gefühl bereitet. Das ist kurz
darauf unterwegs in Osteuropa wieder
verschwunden.
Ich bereite mich aber sehr gut vor, informiere mich vorab über die politische
Situation – die sich allerdings auch
schlagartig ändern kann –, bin besonders vorsichtig in Afrika und dort fast
nie nachts alleine unterwegs.
In Guatemala wollte ich zum Beispiel
mal um den Atitlan See ein Stück
alleine laufen und die wunderschöne
Landschaft genießen, nachdem ich
vorher in Begleitung mit dem Pferd
unterwegs war. Mein Begleiter riet mir
wegen Überfällen davon ab. Ich war
dankbar für diese Information und ließ
es, wenn auch ungern, bleiben. Oder als
ich diesen Sommer im Norden des Iraks
war, sagten mir die Leute vor Ort, Mossul und Kirkük seien gefährlich, also bin
ich da auch nicht hin. Aber jede/r kann
zur falschen Zeit am falschen Ort sein,
egal ob zu Hause oder sonst wo.
Sie haben jetzt alle Länder der Welt
bereist. Waren Sie immer allein unterwegs?
Ja, ich habe inzwischen alle 193 von
den Vereinten Nationen anerkannten
Staaten bereist, bin aber noch lange
nicht fertig mit der Welt. Es gibt für
mich noch viel zu sehen. Mein vorerst
letztes Land war Turkmenistan. Es hat
drei Unesco-Weltkulturerbe, die ich
mir angeschaut habe. Dafür habe ich in
sechs Tagen etwa 2000 km in Sammeltaxis und in ständiger Begleitung eines
Reiseführers zurückgelegt.
Und ja, ich bin immer allein unterwegs,
allerdings gibt es Länder, nämlich zum
Beispiel Nordkorea, Saudi Arabien,
Jemen, Libyen und Algerien, die können
nur in Gruppen bereist werden. Aber
auch diese Reisen habe ich allein gebucht. Manchmal schließe ich mich vor
Ort einer Gruppe an, damit ich mir nicht
ein teures Auto allein mieten muss,
z.B. in Namibia, der Mongolei oder in
Alaska.
Orientieren Sie sich vor Ort an den
dortigen Frauen, z.B. wie diese sich in
der Öffentlichkeit bewegen? Suchen
Sie den Kontakt mit einheimischen
Frauen?
Kontakt zu einheimischen Frauen zu
bekommen, ist in vielen Ländern auch
als Frau oft viel schwieriger als zu
Männern. Besonders wenn wir keine
gemeinsame sprachliche Verständigungsbasis finden und meine fließenden
Sprachkenntnisse in Deutsch, Englisch,
Französisch, Spanisch, Italienisch,
Portugiesisch sowie Grundkenntnisse
in Russisch, Arabisch, Griechisch und
Niederländisch eben nicht weiterhelfen.
Zu oft haben die Frauen auch weniger
Chancen auf Bildung, und dort, wo man
den ersten Kontakt hat, sieht man in
Ich würde keiner Frau von irgendwelchen
Destinationen abraten.
Würden Sie Frauen von bestimmten
Destinationen abraten – denn es ist
ja unbestritten, dass alleinreisende
selbstständige Frauen nicht überall
auf der Welt gern gesehen sind?
Ich würde keiner Frau von irgendwelchen Destinationen abraten, weil ich
zum einen kein Land schlechtmachen
möchte, und zum andern hätte mir auch
niemand abraten können. Es muss jede
selbst wissen, was sie sich zumuten
kann. Es gibt überall auf der Welt
immer freundliche, hilfsbereite wie
unfreundliche, gefährliche Menschen –
anderswo wie auch zu Hause. Ich würde
natürlich nicht empfehlen, in ein Kriegsoder Krisengebiet zu reisen.
vielen Berufen nur Männer, z.B. als
Bus- oder Taxifahrer.
In Pakistan etwa wollte sich eine Frau
im Zug mit mir unterhalten, doch sie
konnte sich nicht mit mir verständigen. Ich verstand ihre Sprache leider
nicht. Das tut mir immer sehr leid. Ein
Fahrkartenkontrolleur verscheuchte sie
und unterhielt sich stattdessen mit mir
auf Englisch.
Wie haben Sie denn so viele Sprachen
gelernt?
Ich bin ausgebildete Bürokauffrau, eine
weitere Prüfung als „Fremdsprachliche
Korrespondentin“ habe ich dann zum
Spaß Jahre später abgelegt. Ich bin
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 17
thema: reisen
Hobby-Linguistin, mich interessierten
Sprachen schon immer, und ich habe
viele zuerst autodidaktisch und danach
in Sprachkursen mit FreundInnen oder
auf Reisen erlernt.
Links:
www.toiletten-buch.de
www.xing.com/profile/
Nina_Sedano
http://mosttraveledpeople.
com (Nina Sedano befindet
sich aktuell auf Platz 70)
Ihr Buchprojekt „Toiletten dieser
Welt“ zeigt ja ganz unglaubliche
stille Örtchen! Wie hat sich dieses
Buchprojekt entwickelt? Ich stelle
mir vor, dass Frauen vielleicht eher als
Männer einen Blick dafür haben bzw.
es wichtig finden, wie die Klosetts
beschaffen sind, auf die sie angewiesen sind ...
Als Frau ist man leider viel eher auf
eine Toilette angewiesen als Männer,
die man in vielen Ländern überall
hinpinkeln sieht.
Aber die Idee zu einem Buchprojekt
kam mir schon im Teenageralter, als
mir meine Mutter das Foto einer
ultragrausligen Toilette ohne Türen in
Moskau vor die Nase hielt, die mir nur
als Bild schon den Atem verschlug und
den ersten Kulturschock auslöste. Ich
fotografiere aber jetzt das, was nicht
eklig, sondern eher witzig ist, wie Toilettengebäude, -schilder und -wegweiser. Im Buch gibt es auch viel Text zum
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Lachen und Staunen. Übrigens hat für
mich eindeutig Wien die schönsten und
interessantesten öffentlichen Toiletten!
Welche Rolle spielt die Monatshygiene? Decken Sie sich vor der Abreise
immer mit allem ein, oder erforschen
Sie sozusagen die „Menstruationskultur“ des jeweiligen Landes?
Ich decke mich ein, auch wenn ich für
mehrere Monate weg bin, einfach, weil
es hier viel billiger ist. Und ich glaube,
es reicht mir wirklich, die Toilettenkultur zu erforschen. Sie ist in unserer
Kultur nämlich viel eher ein Tabuthema
– ausgerechnet bei Frauen, da gehen
Männer viel lockerer mit um.
Die Menstruationskultur zu erforschen,
auf so eine Idee bin ich noch nicht
gekommen, obwohl ich mir auch diese
Frage, wie so viele, schon gestellt habe.
Da, wo es interessant wäre, ist es, wie
schon erwähnt, eher ein sprachliches
Problem. Wenn mich nicht alles täuscht,
wurde mir aber mal erzählt, dass bei
den Dogonen in Mali ein bestimmtes
Haus für die Frauen vorgesehen ist, in
dem sie sich aufhalten müssen, wenn
es wieder so weit ist. Ob das stimmt,
habe ich aber nicht nachgeprüft. Und
Frauen reisen allein – diese Erkenntnis ist nun auch bei Reiseführer-Verlagen angekommen. Kaum ein Guide kommt
heute noch ohne eine entsprechende Rubrik aus. Und so gut und
wichtig die Informationen mitunter
sind, so unnötig sind sie an anderer Stelle. Ob frau
nämlich auf Kuba tatsächlich keinesfalls ohne BH
auf die Straße gehen oder in Puerto Rico auf öffentliches „Work-Out“ besser verzichten sollte,
wie „Reise Know-how“ empfiehlt, darf durchaus
angezweifelt werden. Schlimm sind auch extra
Sprachreiseführer für Frauen, in denen es Standard-Sätze gibt wie „Wo ist das nächste Einkaufszentrum?“ oder „Wie viel kosten diese Schuhe?“
Die Klassiker unter den allgemeinen Tipps für
die reiselustige Frau sind immer noch: züchtige
18 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
in Indien oder Nepal dürfen Frauen in
keinen Hindu-Tempel, wenn sie ihre
Monatsblutung haben. Meist steht das
auch auf einem Schild davor.
Was haben Sie als Nächstes vor?
Ich habe im Moment keine Reisen
geplant, denn ich bin auf der Suche
nach einem seriösen Verlag mit Humor
für das Buch über die „Toiletten dieser
Welt“ – es liegt fertig geschrieben auf
meinem Computer. Das andere Buch,
„Die Ländersammlerin“, schreibe
ich gerade. Und danach hoffe ich,
im deutschsprachigen Raum oder in
diversen Hotels, Clubanlagen und auf
Kreuzfahrtschiffen Lesungen und Vorträge über meine Vielreiserei halten zu
können. l
Nina Sedano (45) wurde in Frankfurt am
Main geboren, wo sie auch lebt, wenn sie
nicht auf Achse um den Globus ist.
Kleidung, kein Blickkontakt mit Männern, dunkle Gasse meiden. Reisen im Patriarchat ist sicher
nicht einfach und Vorsicht allemal angebracht,
nur gehen dabei einige frauenrelevante Themen
und Informationen leider unter. So bleibt der Ratschlag, die „Pille danach“ in die Reiseapotheke zu
packen, immer aus, obwohl diese in einigen Ländern extrem schwer oder gar nicht zu bekommen
ist. Und wer unter den angegebenen Notrufnummern nach einem Frauennotruf sucht, wird erneut
enttäuscht. Auch das Reisen für Schwangere wird
kaum thematisiert.
Schade eigentlich, denn Frauen sollten ja nicht nur
erfahren, wie sie sexuellen Belästigungen aus dem
Weg gehen können (was sowieso nicht nur beim
Reisen relevant ist), sondern v.a., wie sich das
Reisen so angenehm und interessant wie möglich
gestalten lässt. leka
thema: reisen
„Du lernst zu vertrauen“
2005 ist Inge Honisch zum ersten Mal allein auf die Reise gegangen
und fand es wunderbar. Seither hat die heute 44-Jährige zahlreiche Länder bereist,
und das Alleinreisen ist immer schöner geworden. Ein Interview von Gabi Horak
an.schläge: In welche Länder reist du am
liebsten?
Inge Honisch: Ich bin am liebsten in
Südostasien unterwegs, weil diese Länder zum Reisen wunderbar sind als Frau
allein. Ich hab mich dort nie fürchten
müssen, die Menschen sind sehr freundlich, zugänglich und liebevoll, gerade
in Burma beispielsweise. Es gab nie
Situationen, in denen ich mich unwohl
gefühlt habe. Ich war auch schon viel in
Südamerika unterwegs – jedoch immer
in Gruppen, denn da geht es viel rauer
zu. Ich habe dort mit vielen alleinreisenden Frauen gesprochen, die sehr
wohl von Überfällen berichtet haben,
von Belästigungen durch Männer. Das
hat mir fast jede alleinreisende Frau in
Südamerika erzählt.
Wenn du unterwegs Frauen triffst,
reist du dann auch mal ein Stück
gemeinsam?
Ja. Ich treffe oft alleinreisende Frauen,
mit denen ich dann einen Abend oder
mehrere verbringe oder auch ein Stück
gemeinsam reise. Ich habe aber auch
junge Frauen getroffen, die wenig Geld
hatten und deshalb nachts gereist sind
und im Bus oder Zug geschlafen haben,
um sich das Guest House zu ersparen.
Das wollte ich nicht. Mir war es schon
wichtig, zum Schlafen ein Zimmer zu
haben.
Wie war dein erstes Mal – deine erste
Reise allein?
Das war 2005 in Thailand. Da hat es
schon einsame Momente gegeben, dann
bin ich entweder zur Massage gegangen
oder hab E-Mails geschrieben. Dieser
Kontakt heim, zu FreundInnen, ist schon
wichtig. Es war aber auch so schön,
dass ich es immer wieder machen wollte – und es ist immer schöner geworden.
Ich war dann einmal sieben Wochen
allein unterwegs in Bali, Thailand und
Laos.
Hast du dich vorher erkundigt, was du
als alleinreisende Frau zu beachten
hast, welche speziellen Herausforderungen auf dich zukommen könnten?
Nein, nach dem ersten Mal weiß man
ja, wie es geht. Man muss lernen,
welchen Menschen man vertrauen kann,
bzw. lernst du auch, jemandem zu vertrauen. Oder sich mit anderen Reisenden ein bisschen zusammenzutun, sich
miteinander zu organisieren. Ich habe
z.B. oft Touren gebucht und dabei sehr
nette Menschen kennengelernt.
Welche Erfahrungen mit Armut in
Südostasien hast du gemacht? Wie
gehst du damit um?
Viele Indien-Reisende halten das gar
nicht aus, ich hab aber schon gewusst,
was auf mich zukommt. Indien polarisiert sehr und ist gleichzeitig die beste
Reiseschule. In Thailand im klimatisierten Bus kommst du dir vergleichsweise
vor wie eine Prinzessin. In Indien ist
alles sehr intensiv, voller Düfte und Farben, aber gleichzeitig war es so dreckig,
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Mit 24 Jahren
beginnt
die
1901 geborene Cläreonore
Stinnes
ihre
Karriere als Rennfahrerin, mit 26 beschließt sie, als erster Mensch überhaupt, die Welt mit dem Auto zu
umrunden. Die abenteuerliche Reise beginnt 1927 in Frankfurt. Mit an
Bord ihres neuen Adler Standard 6
mit 50 PS: Unmengen hartgekochte Eier und Munition, Kameramann
Carl-Axel Söderström (den sie später heiratet) und zwei Mechaniker,
die in Russland aufgeben. Kein
so voller Armut, mit der du ständig
konfrontiert bist. Ich habe versucht,
mich darauf einzustellen. Ich weiß auch,
dass Armutsbekämpfung nichts damit zu
tun hat, wenn du Einzelnen etwas Geld
gibst. Es gibt Organisationen vor Ort,
die unterstützt werden können, die dann
wirklich helfen können.
Indien ist aber trotzdem für eine
alleinreisende Frau möglich?
Ja. Die Männer finden dich aber völlig
dubios. Eine alleinreisende Europäerin
finden sie eigentlich abartig. Das war
das einzige Land, wo ich gelogen hab.
Nach zwei Wochen habe ich gesagt,
dass ich verheiratet bin und zwei Kinder
habe – das hat mir die Reise sehr
erleichtert. l
Inge Honisch ist Sozialarbeiterin, Schuldenberaterin und Aktivistin in der Salzburger Armutskonferenz.
Wunder: Bei minus 53 Grad geht
die Reise über den vereisten Baikalsee, und bei plus 54 Grad fahren sie
durch Bagdad. Söderström notiert:
„Fräulein Stinnes muss aus Stahl
sein.“ Bei ihrer Rückkehr 1929 ist
Stinnes ein Star. Die Pionierin stirbt
1990 in Schweden. Regisseurin Erica von Moeller verfilmte „Fräulein
Stinnes fährt um die Welt“ 2009
mit Sandra Hüller in der Hauptrolle.
Eine Ausstellung im Frauenmuseum
Wiesbaden zeigt bis 1. März 2012
Aufnahmen der Expedition und Exponate der Reise. fis
www.frauenmuseum-wiesbaden.de
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 19
thema: reisen
Queer-feminist Cityguide
Lieblingsorte von an.schläge & friends
BUENOS AIRES/ARGENTINIEN
Die Stadtviertel Palermo und Almagro: Almagro gilt mit
seinen vielen kleinen Theatern und Bars bisher noch als Geheimtipp in Buenos Aires. Unbedingt im El Bandarin (Guardia
Vieja 3601) mit seinem Liebhabercharme einer Tango- und
Sportbar vorbeischauen. Palermo ist zwar deutlich touristischer, dafür in zwei Punkten unschlagbar: die queere Clubszene und die vielen Klamottenläden junger DesignerInnen. Die
Bach Bar (Cabrera 4390) für Lesben, Queers und andere ist
besonders wegen ihrer witzigen Transformist Shows und der
netten Leute einen Besuch wert. Pflichttermin im Dezember
ist das Destravarte Festival mit seinem vielseitigen Programm aus Theater, Bildender Kunst, Filmen und Podiumsdiskussionen rund um das Thema Transgender. Das bleibt aber
alles unter uns! Daphne Ebner
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SEOUL/KOREA
Bar W: Während die Gay & Drag-Lokale der Stadt v.a. am „Homo
Hill“ in Itaewon angesiedelt sind, finden sich die lesbisch-queeren
Bars und Clubs vorwiegend im quirligen Studi- und Ausgehviertel
von Hongdae. In der schnieken Ladies-only-Venue „Bar W“ werden
hochprozentige Mixgetränke serviert – mit anregenden Namen wie
„Soft Butch“ und „Fantastic Foreplay“. International Women’s
Film Festival (IWFF): Jedes Jahr präsentiert das Festival aktuelle Werke von Filmemacher_innen aus ganz Asien, in unterschiedlichen Programmschienen wie „New Currents“, „Asian Spectrum“
und „Queer Rainbow“. Auf der Agenda steht u.a. die Vernetzung
zwischen der lokalen und internationalen feministischen Film-Community, in Seoul befindet sich auch das Headquarter des vom IWFF
gegründeten Network of Asian Women’s Film Festival (www.wffis.
or.kr). Vina Yun
ISTANBUL/TÜRKEI
Tanzen & Trinken: Gizli Bahce (sehr nette Bar am Dach, viele Queers & Feminist_innen präsent, auch unter den
Angestellten, manchmal super tanzbare Musik, aber das Bier ist recht teuer). Peyote (drei Floors unterschiedliche müzik: 1. Stock Indie, 2. Stock concert zone und eine „Postrock“-Terasse). The Machine (ein kleiner,
netter Elektroschuppen, in dem es sich fein bis in die Morgenstunden tanzen lässt – sexistische Momente bei dem
Gedränge leider nicht ganz ausgeschlossen); W, Kiki, Küçük otto, Leyla teras (Life-Musik, auch mal traditionell
türkisch); Asmaalti (unsere Lieblingsbar für die ersten Biere oder die ganze Nacht, nicht zu teuer, auch nicht
aufregend, sehr liebes Personal, und unsere queer-feministischen Freund_innen kommen eigentlich alle hierher).
Alle diese Tipps sind in Europa, meist nahe an Taxim, dem Puls der Stadt. Auf der asiatischen Seite empfehlen
wir v.a. Kadiköy, da ist es nachts recht entspannt, und es lässt sich die Bar-Straße abklappern.
Im Istanbul Modern ist noch bis 22. Jänner Dream and Reality. Modern and contemporary women artists from
turkey zu sehen. Am 11.11. hat die Ausstellung/Intervention Trans Onurlu ve Turkiyeli / Proudly Transgender
in Turkey eröffnet (http://transonurluveturkiyeli.tumblr.com). Gözde Ariel Callich & Hannah-Lisa Kunyik
20 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
thema: reisen
PARIS/FRANKR
EICH
gals rock – A shop
dedicated to female
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Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 21
thema: reisen
Mobil und emanzipiert?
1 Lydia Potts: Einleitung:
Reisendinnen überschreiten
die Grenzen Europas – eine
Spurensuche. In: Dies.
(Hg.): Aufbruch und Abenteuer. Frauen-Reisen um die
Welt ab 1785. Berlin 1988,
S. 8–19, hier S. 19.
2 Julia Keay: Mehr Mut als
Kleider im Gepäck. Frauen
reisen im 19. Jahrhundert
durch die Welt. Geschichten
von weiblicher Entdeckerfreude und Abenteuerlust
jenseits aller Konventionen.
Bern u.a. 1991, S. 7.
3 Susanne Härtel/Magdalena Köster: Vorwort. In:
Dies. (Hg.): Die Reisen der
Frauen. Lebensgeschichten
von Frauen aus drei Jahrhunderten. Weinheim/Basel
1994, S. 7–10, hier S. 9.
4 Vgl. Ulla Siebert: Frauenreiseforschung als Kulturkritik. In: Jedamski, Doris
et al. (Hg.): „Und tät’ das
Reisen wählen!“ Frauenreisen – Reisefrauen. Zürich/
Dortmund 1994, S.148–173,
hier S. 152ff.
5 Anna Pytlik: Die schöne
Fremde – Frauen entdecken
die Welt. Ausstellungskatalog Württembergische
Landesbibliothek, Stuttgart
1991, S. 14.
6 Sandra Harding: Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis von
Wissenschaft und sozialem
Geschlecht. Hamburg 1999,
S. 29.
Bild: eksay/123rf
Heldinnen, Ausnahmefrauen und „Proto-Feministinnen“?
Zur Repräsentation und Rezeption historischer reisender Europäerinnen.
Von Gabriele Habinger
„Einen Kampf gegen das Frauenbild
ihrer Zeit, überhaupt gegen die Reduzierung aller Frauen auf ein ausschließliches Dasein als Mutter, Haus- und
Ehefrau haben alle Reisendinnen geführt.“1 So charakterisiert Lydia Potts
im Vorwort zu ihrem Sammelband mit
dem symptomatischen Titel „Aufbruch
und Abenteuer“ reisende Europäerinnen vergangener Jahrhunderte. Auch
Julia Keay bemüht in ihrem Buch ähnliche Vorstellungen, alle sieben von ihr
dargestellten weiblichen Reisende des
Viktorianischen Zeitalters seien „Individualistinnen par excellence“ gewesen.
Und sie seien „beseelt“ gewesen „vom
Drang nach Freiheit und vom Wunsch,
den erstickenden Einschränkungen,
denen Frauen ihrer Zeit in Europa
unterworfen waren, zu entfliehen“.2
Große Versprechungen.
Die Reise wird hier als Aufbegehren
gegen soziale Restriktionen, gegen
die normativen Vorgaben des bürgerlichen Weiblichkeitsideals gewertet,
in einer Epoche, in der weibliche
Bewegungsfreiheit und weibliche
22 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Lebensentwürfe vehement beschränkt
wurden. Metaphern wie „Aufbruch“,
„Ausbruch“, „Grenzüberschreitung“
und auch „Abenteuer“ sind dabei
zentral. So lesen wir im Vorwort der
von Susanne Härtel und Magdalena
Köster herausgegebenen Anthologie
über zehn historische „Globetrotterinnen“, jede dieser Frauen habe „auf
ihre Art ein außergewöhnliches Leben
geführt“, ihnen allen wird „Mut zum
Anderssein“, „kreative Unruhe“ und
„Lust am Abenteuer“ attestiert.3 Damit
werden diese historischen Figuren aber
nicht nur idealisiert. Hinweise auf ihre
„Individualität“, ihren Mut und ihre
Durchsetzungskraft und die von ihnen
erbrachten Leistungen sollen zusätzlich
den emanzipativen Gehalt jeder „Frauenreise“ versinnbildlichen. Emanzipation und Reise werden stillschweigend
oder explizit gleichgesetzt.4 So meint
Anna Pytlik, „Reisen versprachen den
Frauen im 19. Jahrhundert Emanzipation und Befreiung.“5
Für die frühe Phase der Auseinandersetzung mit der Geschichte weiblicher
Reisender etwa ab den 1980er Jahren
scheint dies verständlich. Auch in der
Frauenreiseforschung standen zunächst
Projekte im Mittelpunkt, wie sie
Sandra Harding für die feministische
Wissenschaft allgemein festhält: die
Suche nach „Großen Frauen“, die den
jeweiligen „fachspezifischen Kanon“
um bedeutende weibliche Persönlichkeiten ergänzen, die Sichtbarmachung
des Beitrags der Frauen zur kulturellen
Entwicklung und der„verdrängten“
Geschichte von Frauen, um die androzentrische wissenschaftliche Sichtweise
zu korrigieren.6 Nicht zuletzt ging es
in den fast ausschließlich von Frauen
verfassten Publikationen darum, Frauen
als handelnde Subjekte der Geschichte
sichtbar zu machen, um positive weibliche Identifikationsfiguren zur Verfügung
zu stellen.
Mobil und frei? Die Tatsache, dass die
Rezeption historischer Frauenreisen
durch Wissenschaftlerinnen vor allem
durch einen „Emanzipationsdiskurs“
geprägt war, veranlasste Sara Mills zu
der kritischen Äußerung, dass es durch
geschickte Auswahl von Zitaten und Er-
thema: reisen
eignissen der Lebensgeschichte europäischer Reiseschriftstellerinnen möglich
sei, „to depict these writers and their
narrative figures as proto-feminists who
live up to the titles ‚indominable‘ and
‚eccentric‘“. Und sie konstatiert, dass
ein Großteil dieser Analysen in die Kategorie eines „proto-feminist reading“
falle, wobei sich – so Mills – anhand ein
und derselben Autorin gegensätzliche
Positionen nachweisen ließen, während
Reisetexte, die sich nicht in dieses Muster einpassen lassen, unberücksichtigt
blieben.7
Die Hypothese, die Mobilität hätte
weibliche Emanzipation befördert,
sollte nicht zuletzt anhand der Aussagen
und Selbstzeugnisse der Reiseschriftstellerinnen verifiziert werden. Keineswegs alle von ihnen teilten die Anliegen
der Frauenbewegung, wie etwa die
Wienerin Ida Pfeiffer (1797–1858),
die um die Mitte des 19. Jahrhunderts
mehrere ausgedehnte Fernreisen unternahm: Sie verstand sich selbst keineswegs als Vertreterin einer weiblichen
Emanzipation und vertrat auch nicht
die Meinung, dass sich Frauen vom
damals gültigen Rollenideal emanzipieren sollten, wie sie in einem ihrer
Reiseberichte festhält.8 Die britische
Orientreisende Gertrude Bell (1868–
1926) befand sich 1908 gar unter den
Gründungsmitgliedern der „Women’s
National Anti-Suffrage League“, die
sich gegen die Einführung des Frauenstimmrechts aussprach. Vertrat sie doch
die Meinung, dass talentierte, gebildete
Frauen wie sie – gemeint sind jene aus
privilegierten Gesellschaftsschichten –
auch ohne Wahlrecht bereits eine Menge erreichen konnten.9 Andere Reisende
des 19. Jahrhunderts wiederum sahen
sich selbst sehr wohl als Verfechterinnen einer weiblichen Emanzipation,
etwa die deutsche Schriftstellerin Ida
Hahn-Hahn (1805–1880), die sich in
ihren Romanen und Reiseberichten für
eine Befreiung der Frauen vom Ehediktat einsetzte und gegen die benachteiligte gesellschaftliche Stellung der
(europäischen) Frau aussprach. In ihren
„Orientalischen Briefen“, erschienen
1844, kommt jedoch auch ihre rassistische Haltung deutlich zum Ausdruck.10
Hier ist also durchaus eine „intersektionelle Lesart“ angebracht, die unterschiedliche soziale Differenzierungen
berücksichtigt.
Wie diese Beispiele zeigen, sind die
Selbstrepräsentationen dieser Frauen in
der Rezeption unbedingt zu berücksichtigen. Wobei die Erweiterung des individuellen „Erfahrungsraums“ durchaus
emanzipatorisches Potenzial in sich
bergen kann. So fand die „politische
Radikalisierung“ der französischen
Frauenrechtlerin Flora Tristan (1803–
1844) während ihrer Reise nach Peru
statt, wo sie nicht zuletzt die sozialen
Missstände der kolonialen Gesellschaft
und die Sklaverei kritisierte, für deren
Abschaffung sie ebenso wie für die
Emanzipation der Frau eintrat.11
Rassismus im Gepäck. Die Vorstellung, Frauen wollten durch ihre Reisen
aus gesellschaftlichen Beschränkungen ausbrechen, wird häufig auch in
neueren, meist allerdings populären
Vor allem wenn es darum geht aufzuzeigen, in welche entlegenen Regionen
die Frauen „vorgedrungen“ seien,
findet sich eine Tendenz zu ihrer „Heroisierung“, häufig verknüpft mit der
Aufzählung von Superlativen bezüglich
ihrer Leistungen. Sie werden als „Ausnahmefrauen“ stilisiert, es ist die Rede
von „außergewöhnlichen Charakteren“
jenseits des Alltäglichen. Das erscheint
insofern problematisch, als ein Großteil
dieser Reisen in einer Phase stattfand,
die maßgeblich von der kolonialen
Aneignung außereuropäischer Regionen geprägt war. Tatsächlich lässt sich
zeigen, dass reisende Europäerinnen
durchaus bemüht waren, sich einen
Platz in der westlichen Entdeckungsgeschichte zu sichern; sie brachen ebenso
ungeniert in fremde Lebenswelten ein
wie ihre männlichen Kollegen, eigne-
Reisende Europäerinnen brachen ebenso ungeniert in fremde Lebenswelten
ein wie ihre männlichen Kollegen.
Publikationen historischer Frauenreisen
heraufbeschworen. So schreibt Barbara
Hodgson in ihrem Buch mit dem programmatischen Titel „Die Wüste atmet
Freiheit“: „Eine Orientreise bot einer
Frau die Möglichkeit, den Konventionen zu entfliehen und Bildungslücken
zu schließen. Zugleich machte sie die
Erfahrung, dass sie mit ihrem dürftigen
Wissen gegenüber den Orientalinnen,
die von allem Unterricht ferngehalten
wurden, geradezu gelehrt wirkte …“12
Mit letzterer Aussage erfolgt gleichzeitig – auf der Folie der Abwertung der
orientalischen Frauen – die Aufwertung
der Position der europäischen/westlichen/weißen Frau. Diese dichotome
Gegenüberstellung zwischen „uns“ und
„den Anderen“ in Form einer Hierarchisierung ist nicht nur eine gängige
Strategie in kolonialen bzw. orientalisierenden Diskursen. Diese Position, die
häufig auch im feministischen Diskurs
zu finden ist und die Birgit Rommelspacher als „hegemoniale Weiblichkeiten“
bezeichnet hat, geht einher mit einer
Auslagerung bzw. Ethnisierung der
Geschlechterdifferenz der westlichen
Gesellschaft und wird aufgrund ihrer
„entlastenden“ Wirkung auch gerne von
westlichen Männern unterstützt.13
ten sich diese Räume auch gegen den
Willen der dort lebenden Menschen an
und stützten rassistische und koloniale
Vorstellungen und Diskurse, zu deren
Verbreitung sie nicht zuletzt durch ihre
Reisepublikationen beitrugen.14
Diese Erkenntnisse haben, ausgehend
vom englischsprachigen Raum, in
der jüngeren Vergangenheit zu einer
intensiven Auseinandersetzung mit der
Beteiligung reisender Europäerinnen
am kolonialen Projekt und der entsprechenden diskursiven Praxis geführt.
Zumindest in der wissenschaftlichen
(feministischen) Diskussion gilt die
stillschweigende Gleichsetzung von
Emanzipation und Reise und die damit
verknüpfte „Heroisierung“ und einseitige Idealisierung reisender Frauen
mittlerweile als obsolet und hat einer
differenzierteren Betrachtungsweise
Platz gemacht. l
7 Sara Mills: Discourses of
Difference. An Analysis of
Women’s Travel Writing.
London/New York 1991,
S. 4.
8 Vgl. etwa ihre Aussagen in
einem Reisebericht, Pfeiffer
1856, Teil 4: 133ff.; vgl.
auch Habinger 2006, S.
120f.
9 Vgl. z.B. Susan Goodman:
Gertrude Bell, Leamington
Spa u.a. 1985, S. 44ff., bes.
S. 49.
10 Vgl. Habinger 2006, S.
264f.
11 Vgl. Brigitte Fuchs:
„Rasse“, „Volk“, Geschlecht. Anthropologische
Diskurse in Österreich
1850–1960. Frankfurt/New
York 2002, S. 73.
12 Barbara Hodgson: Die
Wüste atmet Freiheit.
Reisende Frauen im Orient
1717 bis 1930. Hildesheim
2006, S. 3.
13 Birgit Rommelspacher:
Hegemoniale Weiblichkeiten. In: Isop, Utta et
al. (Hg.). Spielregeln der
Gewalt. Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Friedensund Geschlechterforschung.
Bielefeld 2009, S. 171–184.
14 Vgl. Habinger 2006, S.
214ff.
Gabriele Habinger hat zahlreiche Publikationen zur Geschichte reisender Europäerinnen herausgegeben und verfasst,
zuletzt: Ida Pfeiffer: „Wir leben nach
Matrosenweise“. Briefe einer Weltreisenden des 19. Jahrhunderts (Wien 2008). Sie
ist freie Wissenschaftlerin und lehrt an
mehreren österreichischen Universitäten.
Ausführlich werden die
Themen dieses Artikels
dargelegt in: Gabriele
Habinger: Frauen reisen
in die Fremde. Diskurse
und Repräsentationen von
reisenden Europäerinnen
im 19. und beginnenden 20.
Jahrhundert. Wien 2006
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 23
thema: reisen
Wohin?
Und wieso?
Reisen 2011: Kommunistisches
Indien, konzertiges Ljubljana,
heißes Isreal mit Tel Aviv, Tiroler
Berg, burgenländische Hügel,
regnerisches Berlin, sandige Adria,
Kärntner Forstsee, Nationalparkwandern. Also heuer eh schon die
ganze Zeit unterwegs gewesen. Und
dann doch noch einmal nach Skala Erresou, Lesbos. Für die, die heuer nicht
da waren: Das Agua heißt jetzt Roots,
neu ist das Belleville, Joannis und Gabi
kochen nach wie vor sehr lecker. Das
Antiopi heißt nimmer so, hat aber jetzt
eine bunte Fassade. Schildkröten gibt
es irgendwie weniger, aber größer sind
sie. Der Spielplatz wirkt verlassen, wie
eh und je. Insgesamt soll die Saison
schlecht gewesen sein, das Festival
war aber so gut besucht wie noch nie.
Und im nächsten Jahr wird es auch ein
Festival im Frühling geben.
1 www.zeit.de/2010/11/Reisen-Lesben; Agentur Publicom
2 www.wwoof.org
Links:
www.sapphotravel.com
www.pinktours.de
www.travelsisters.de
www.lilareisen.de
www.pinkcloud.ch
www.vagaytion.info
www.queer-travel.net
www.8seasons4women.de/
seiten/sommertraum.html
www.gaylestravel.de/index.
php?main=pressetexte
www.gayreisen.de
www.dinahshoreweekend.com
Sehnsuchtsort Skala Erresou. Für die,
die mit diesen Informationen (noch)
nichts anfangen können: Skala Erresou
ist ein kleiner, malerischer Ort auf der
Insel Lesbos mit 50 EinwohnerInnen
im Winter und mehr als 3.000 vollen
Betten im Sommer. Gut, malerisch ist
der Ort vielleicht nicht wirklich, aber
dennoch bekannt, denn Sappho, die
antike griechische Dichterin, soll hier
geboren worden sein und ihre „homosexuellen, frauenverehrenden“ Gedichte
geschrieben haben. Seit den 1970er
Jahren ist Skala Erresou ein lesbischer
Urlaubsort wie kein anderer, ein lesbischer Sehnsuchtsort mit vielen Freiheiten. Besonders viel los ist in Skala
Erresou, wenn das International Erresos
Women’s Festival stattfindet.
Ganz glücklich waren und sind so manche Einheimische mit den lesbischen
Touristinnen nicht. Oben genannter
Spielplatz war früher ein berüchtigter
Campingplatz, hauptsächlich natürlich
von (lesbischen?) Frauen besucht. Um
24 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Moral und Sitten nicht zu gefährden,
wurde er geschlossen und dort stattdessen ein kaum genutzer Kinderspielplatz
errichtet. Gecampt wird aber trotzdem
noch.
Kurios ging es auch 2008 zu, da beantragten nämlich drei InselbewohnerInnen eine einstweilige Verfügung gegen
die Verwendung der Begriffe Lesbe und
lesbisch von (ähm) Lesben, weil dies für
ihre Heimat beschämend sei.
In einem Artikel der „Zeit“ vom März
2010 wird eine Studie zu lesbischschwulem Reisen zitiert.1 Dieser Studie
zufolge sind Lesben und Schwule
überdurchschnittlich viel und gerne
unterwegs, bevorzugen Kurz- und Städtereisen und steigen lieber ins Flugzeug
als ins Auto. Beide Gruppen geben mehr
aus als Heterosexuelle, doch während
es bei Schwulen für eine längere Reise
im Schnitt 1.550 Euro sind, beträgt
der Durchschnittsbetrag bei Lesben nur
1.277 Euro. Diskriminierungen wollen
Homosexuelle nicht ausgesetzt werden
und meiden deshalb gewisse Länder, so
die Studie. Na ja, klar alles. Aber wo
fahren Lesben hin und wieso fahren sie
dort hin? Was macht Lesbos nun so lesbisch? Und warum ist Skala Erresou das
attraktivste Reiseziel von Lesben? Was
unterscheidet den Ort von anderen?
Lesbenreisen zu Heteropreisen. In
den letzten Jahren haben sich einige
ReiseveranstalterInnen der lesbischen
Reisenden angenommen: Sapphotravel
(Wendy und Joanna!) agiert von Lesbos
aus, Lila Reisen verkauft Lesbenreisen
zu Heteropreisen, Pink Tours hat alles
für die schwulen und lesbischen Reise
Bild: Doris Dubois/123
rf
Lesbisch reisen: Von Tirol nach Tel Aviv
und schließlich doch wieder nach Lesbos.
Von Jenny Unger
hungrigen, Travelsisters organisiert
Reisen von Frauen für Frauen mit
einem besonderen Augenmerk auf lesbenfreundliche Reiseziele. Es gibt Gay
audits für gayfriendly-Zertifikate, die
etwa an Übernachtungsbetriebe vergeben werden. Die Reisebranche lässt sich
viel einfallen, um an die 1.277 Euro zu
kommen. Selbst das Auswärtige Amt
in Deutschland gibt Reiseempfehlungen
und Sicherheitshinweise für „homosexuelle“ Reisende.
Grundsätzlich fahren Lesben, sofern
sie reisen dürfen und können, überall
hin. Sie folgen ihren Hobbys, ihren
Freund_innen, ihren Interessen. Und
manchmal fahren sie nach Lesbos, nach
Brighton, nach Berlin und London. Nach
San Francisco, New York und zur Dinah
Shore. Nach Israel und Brasilien – diese
beiden Länder werben übrigens eigens
für lesbische und schwule KundInnenschaft. Und manchmal hinterfragen sie
diese ganze Reiserei hoffentlich und
gehen wieder WWOOFen.2
No Border. Ein kurzer Nachtrag zum
Sehnsuchts- und Freiheitsort Lesbos:
Das No-Border-Camp 2009 und die
Kamera im Flüchtlingslager Pagani
haben 2009 zur Schließung des Lagers
geführt. Die Flüchtlinge und die menschenunwürdigen Internierungen gibt
es trotzdem noch. Und wenn nicht da,
dann auf Chios, Samos oder Kos. No
Border. l
an.sprüche
Vulvo-whatia?
Vulvodynie bedeutet „schmerzende Vulva“.
Handelt es sich bei dem neuen
Frauenleiden um eine Pathologisierung
oder um das längst überfällige Ernstnehmen
von Beschwerden?
Sylvia Groth, Felice Gallé und Eva Thurner
diskutieren.
Illustration: Bianca Tschaikner
Vulvo-whatia?, fragt Carrie Bradshaw in „Sex and the City“. Der Begriff
Vulvodynie ist tatsächlich weitgehend unbekannt. Alle paar Jahre kommt
eine Frau mit der Diagnose Vulvodynie ins Grazer Frauengesundheitszentrum zur Beratung, und jede Einzelne bringt ihre ganz eigene Geschichte
mit. Dies wahrzunehmen ist ebenso wichtig, wie ihre Schmerzen ernst
zu nehmen. Dazu gehört auch Achtsamkeit dafür, ob die Beschwerden
Folgen von Gewalterfahrungen sein könnten. Dann wird die Frau die für
sie passende Unterstützung vielleicht bei PsychotherapeutInnen finden.
Ebenso gilt es, behutsam den Fragen nachzugehen, ob die Frau in einer
Partnerschaft lebt und eventuell Probleme damit wahrnimmt, und ob eine
Sexualtherapie hilfreich wäre.
Es ist aber falsch, Vulvodynie generell als seelisches Problem zu sehen.
Dies war auch einer der Hauptkritikpunkte der US-amerikanischen National Vulvodynia Association an der „Sex and the City“-Episode. Charlotte
bekommt darin zu der Diagnose ein Antidepressivum als Therapie. „It is
not for you, it is for your vagina!“, erklärt ihr die Gynäkologin (als wären
das Ich und die Vagina zwei verschiedene Personen). Worauf die Freundinnen eine Selbsterkundung mit dem Handspiegel empfehlen.
Um herauszufinden, was ihnen helfen kann, brauchen Frauen verlässliche,
unabhängige Information. Gerade das Wissen um die eigene Sexualität
und die eigene Körpergeschichte ist wichtig. Zahlreiche Mädchen, die
glauben, alles über Analsex und Gangbang zu wissen, haben keine Vorstellung, wie sie selbst an der Vulva und in der Vagina aussehen, ja haben noch
nicht einmal Worte für sich gefunden. Qualitätsvolle, geschlechtergerechte
Sexualpädagogik schützt. Nicht zuletzt vor schmerzhafter Scham. Frauen,
die wissen, dass ihre Vulva, besonders aber ihre Klitoris, von einem höchst
empfindlichen, nervenreichen Gewebe durchzogen ist, verstehen, dass hier
neben Lust mitunter auch Schmerzen spürbar werden. Und sie können
darüber sprechen, statt in dem Gefühl „Mit mir stimmt etwas nicht!“ zu
verstummen. l
Gleichzeitig mit einer neuen Aufmerksamkeit für das Schönmachen der
Vulva entsteht ein neuer Krankheitsbegriff: „Vulvodynie“, was so viel heißt
wie „schmerzende Vulva“. Es ist also keine Diagnose. Viele Arten von
Symptomen sind unter diesem Begriff zusammengefasst, die in erster Linie
die Gefäße (Klitoris), die Haut, Drüsen und das Nervengewebe betreffen. Bisher wurde das weibliche Genitale hauptsächlich in Bezug auf die
Reproduktion beforscht. Es ist also zu begrüßen, dass Symptome, die mit
den sexuellen Funktionen zu tun haben, einen Namen bekommen und somit
ernst genommen werden. Gleichzeitig findet jedoch eine Pathologisierung
statt. Neben den manifesten Entzündungen oder Hormonmangelzuständen,
die diese Beschwerden auslösen können, sind es nämlich oft psychosomatische Ursachen. Was assoziieren wir mit „Vulva“? Scham, Macht, Geburt,
Verschlingen, Verletzbarkeit, Eingang zur Höhle, Fischgeruch, Ausfluss,
Menstruation, Intimrasur, Labienkorrektur, unwiderstehliche Anziehungskraft, sexuelle Lust, … Lust? Lust! – unter erschwerten Bedingungen.
Schmerz kann ein Versuch sein, sich Körperteile „zurückzuholen“. Es gibt
das Wort „Lustschmerz“. Natürlich ist das ein Umweg, es kann auch eine
Sackgasse sein, dennoch ist es eine Art der Wieder-Aneignung. Da Nein zu
sagen, wo es mit Worten sonst nicht möglich wäre, eine Grenze zu setzen,
wo sonst keine respektiert würde, eine „andere“ liebevolle Beschäftigung
mit diesem Teil des Körpers, und leider manchmal eine andere Form der
Qual zu finden.
Wir sind nicht aufgewachsen in einem Umfeld, das einen süßen Stolz auf
unsere Vulva hätte entstehen lassen. Venushügel, Lippen, Lippchen, Kitzler
und Vorhof wurden nicht benannt, daher konnten wir darüber nicht reden.
Und zeigen schon gar nicht.
Wo es eine Diagnose gibt, gibt es auch eine Therapie? Die Möglichkeiten
der Schulmedizin sind hier begrenzt. Erst müssen die genauen Umstände der
Entstehung dieser Schmerzen bekannt sein, dann haben Physiotherapie und
psychosomatische Medizin die besten Chancen, zur Heilung beizutragen. l
Sylvia Groth ist Geschäftsführerin des Grazer Frauengesundheitszentrums,
Felice Gallé Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit. www.fgz.co.at
Eva Thurner ist Gynäkologin und Ärztin für psychotherapeutische Medizin,
Oberärztin im Weinviertelklinikum Korneuburg und Teil der Frauengesundheitspraxis „dietrotula“.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 25
zeitausgleich
arbeitsfragen in allen
lebenslagen
vorstände
Führungsquote
Die führenden deutschen Unternehmen wollen den Frauenanteil in Führungspositionen freiwillig erhöhen, lehnen aber gesetzliche Regelungen
entschieden ab. Derzeit sind unter den knapp 190 Vorstandsmitgliedern
von DAX-Konzernen nur sieben Frauen. Die deutsche Politik ist uneinig,
wie diese Situation verändert werden kann. Arbeitsministerin Ursula von
der Leyen (CDU) will eine gesetzliche Quote, Familien- und Frauenministerin Kristina Schröder (ebenfalls CDU) hält Freiwilligkeit für zielführender und nachhaltiger als ein Gesetz. Für den Deutschen Juristinnenbund
haben die letzten zehn Jahre jedoch klar bewiesen, dass eine Selbstverpflichtung allein nicht ausreicht. Er fordert, 40 Prozent der Aufsichtsräte
und Vorstände mit Frauen zu besetzen. Auch SPD und Grüne fordern
schon lange eine Frauenquote. In Österreich liegt der Frauenanteil in den
Geschäftsführungen und Aufsichtsräten der Unternehmen des ATX bei drei
und sieben Prozent. fis
Text: Mieze Medusa, Illustration: Nadine Kappacher
Anschnallen, bitte!
Peymann kauft sich eine Hose, Mieze Medusa schneidet sich die Haare.
So weit, so newsworthy. Aber natürlich, das Leben ist kein Kunstprojekt, das Leben ist ein bitterernstes Irgendwas. Da müssen wir gelegentlich Haare lassen. Offen bleibt aber: Wer lässt welche Haare? Wer
profitiert davon? Wird mit Schere, Rasierer oder Rasenmäher hantiert?
Wird es ein Bürstenschnitt? Eine Glatze? Steht auch Körperbehaarung
zur Diskussion? Wird im Achsel- und Schambereich gekürzt? Werden
Brusthaare und Beinbehaarungen abrasiert? Macht uns das im Windkanal des Weltfinanzmarkts wirklich wettbewerbsfähiger? Oder beschleunigt es den freien Fall?
Wie darf ich mir dieses Griechenland vorstellen, mit dessen kreisendem
Pleitegeier jetzt schon so lang herkulisch gekämpft wird? Mit Damenbart? Marmorglattrasiert? Oder doch noch Balu-der-Bär-behaart,
zumindest an den privilegierten Körperstellen?
Bitte anschnallen! Life is a bumpy ride. Alles kann passieren. Manches
davon gut. Aber das gelernte Österreicher_innentum denkt bei Veränderung automatisch an den Ernstfall. Veränderung wird in unserer
schönen, grünen, wasserkraft-betriebenen, paritätisch und sozialpartnerschaftlich aufgeteilten Heimat sofort als Bedrohung wahrgenommen.
Dabei ist der Status Quo doch keiner, bei dem ich mir keine Veränderungen wünschen würde. Falsch. Doppelte Verneinung ist für die Revolution ein ungeeignetes Stilmittel. Ich fordere Veränderung!
Von der SVA, von der EU, von der TEPCO, vom ORF, von der ÖBB,
mehr aber von der ASFINAG, von den Banken, von den Börsen, von den
Parteien, und zwar von allen, und von mir selbst.
Nehmen wir also ein bisschen Macht in die Hand, machen wir auf Pippi
Langstrumpf, machen wir uns unsere Welt, widiwidiwie sie uns gefällt!
Wenn es schief geht, schreiben wir von der TEPCO ab und twittern in
die Welt: „We deeply apologize for the tremendous inconvenience.“
Mieze Medusa liebt Literatur, Rap und Poetry Slam und lebt ihr Leben danach. www.miezemedusa.com
Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at
und dort http://meerweh.tumblr.com
26 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
studie
Die ideale Arbeiterin
Fast jede Frau hat diese Ratschläge für das berufliche Weiterkommen schon
einmal gehört: „Zeigen Sie ihrer/m ChefIn, dass Sie für neue Herausforderungen bereit sind“, oder „Netzwerken Sie!“ Hört sich nach guten
Tipps an, doch in Wirklichkeit profitieren Männer weit mehr von ihnen als
Frauen. Eine aktuelle Studie der Forschungsstelle „Catalyst“, deren Ziel die
Stärkung von Frauen in der Wirtschaft ist, räumt nun mit dem hartnäckigen
Mythos auf, dass sich Frauen im Beruf einfach zu wenig zutrauen bzw. nicht
so starke Karriere-Ambitionen haben und deswegen weniger Führungspositionen bekleiden. Die Ergebnisse zeigen vielmehr, dass „Doing all the things
right“ für Frauen im Gegensatz zu Männern noch lange nicht zwangsläufigen
beruflichen Erfolg bedeutet. Z.B. werden Frauen, die sich für einen Job
bewerben, von ihren neuen ArbeitgeberInnen nach bisher konkret Geleistetem bewertet und bezahlt, und nicht etwa alleine aufgrund eines Studienabschlusses und des damit vorausgesetzten Potenzials, wie es bei Männern
meistens der Fall ist. Außerdem zeigte sich, dass Frauen auch in Verhandlungen über ein höheres Gehalt oder eine Beförderung trotz Anwendung der
gleichen Strategien bei weitem nicht so erfolgreich sind wie Männer. pix
www.catalyst.org/file/523/the_myth_of_the_ideal_worker_does_doing_all_the_right_things_really_get_women_ahead.pdf
gender-gap-report
Schlusslicht Österreich
Trotz Verbesserung um drei Plätze in der Gesamtwertung auf Nr. 34 gibt
es beim diesjährigen Gender-Gap-Report wenig Grund zur Freude. Zwar
sind z.B. in der Politik kontinuierlich mehr Frauen vertreten, dafür klafft
die Lohnschere gewaltig auf und lässt Österreich im Vergleich von 135
Ländern auf Rang 116 (!) zurück. Auch um die Bildungschancen von
Frauen steht es weiterhin schlecht. Neben Benachteiligungen in der Schule
landen Frauen mehrheitlich immer noch in schlecht bezahlten Jobs und
geschlechtsstereotypen Berufen. Schuld daran seien auch die hiesigen
Lehrpläne, hier fordert die Grünen-Frauensprecherin Judith Schwentner
Engagement: Gerade PädagogInnen sollen eine geschlechtersensible
Ausbildung erhalten, um entsprechend intervenieren zu können, außerdem
sollen Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien überarbeitet werden. miak
www3.weforum.org/docs/WEF_GenderGap_Report_2011.pdf
an.riss arbeit wissenschaft
studie
Rassismus und Sexismus
Einer baskischen Studie zufolge tendieren Menschen mit sexistischer
Mentalität dazu, auch rassistische Vorurteile zu haben. Zu diesem Ergebnis gelangten PsychologInnen, die für die Untersuchung 425 Frauen und
377 Männer aus unterschiedlichen Milieus befragten, um das Verhältnis
der Testpersonen zu anderen Menschen sowie deren Selbsteinschätzung
zu erheben. Studienleiterin Maite Garaigordobil resümiert: „Der Sexismus ist mit einer Neigung zur sozialen Dominanz und mit Autoritarismus
verbunden. Das heißt, dass sexistische Menschen Hierarchien und soziale
Ungleichheiten akzeptieren.“ miak
www.ehu.es/ojs/index.php/psicodidactica/article/view/998
studie
Oralverkehr als Krebsursache
Das Gesundheitsministerium rät Frauen im
„Impfplan 2011 Österreich“ zu routinemäßigen
HPV-Impfungen: „Impfstoffe gegen onkogene
Papillomviren sollten
für Mädchen und Frauen
– möglichst vor Eintritt
in das sexuell aktive
Alter – zur Anwendung
kommen.“ Die Humanen
Papillomviren (HPV)
sind die Hauptursache für
Gebärmutterhalskrebs.
Die vage Empfehlung,
dass die Impfung von „Knaben (…) prinzipiell sinnvoll“ sei, wird zukünftig
wohl dringlicher ausfallen. Denn Maura Gillison, Onkologin und Autorin
einer kürzlich im „Journal of Clinical Oncology“ veröffentlichten Studie,
hält die Impfungen für junge Männer für unerlässlich. Denn, so die Studie:
Im Jahr 2020 wird die Anzahl der durch HP-Viren verursachten Oropharynxkarzinome – Krebserkrankungen im Hals-Rachenraum – die Fälle von
Gebärmutterhalskrebs übersteigen. Der Anstieg der Infektionen mit dem
HP-Virus bei Männern ist laut der US-Studie auf Oralverkehr zurückzuführen. Gillison geht davon aus, dass die Anzahl der SexualpartnerInnen
und damit einhergehend das Risiko einer Infektion mit HPV zeitgleich
gestiegen sind. Kritisch muss hier allerdings hinzugefügt werden: Eine
Korrelation darf nicht mit Kausalität gleichgesetzt werden. Und selbst
wenn in einigen Fällen HPV für Oropharynxkarzinome verantwortlich gemacht werden können, heißt das nicht das Ende des Oralverkehrs – denn
Safer Sex ist nach wie vor eine Option. kaiv
www.queer-news.at/archives/2674, http://jco.ascopubs.org/content/early/2011/10/03/
JCO.2011.36.4596.abstract
sexualität
Soziale Faktoren oft unterbewertet
Während sich viele Studien damit zufriedengeben, in sexuellen Angelegenheiten Unterschiede zwischen den Geschlechtern herauszuarbeiten,
hinterfragt nun eine neue Studie diese Differenzen und stellt fest: Zieht
man in der Analyse weitere Faktoren hinzu, so verschwinden die Geschlechtsunterschiede oft vollständig. US-Psycholog_innen untersuchten
sechs gängige Vorstellungen: Haben Frauen und Männer andere Präferenzen bei der Partner_innenwahl? Haben Männer mehr Sexualpartner_innen als Frauen? Denken Männer öfter an Sex? Haben Frauen seltener
einen Orgasmus? Mögen Männer im Vergleich zu Frauen Gelegenheitssex
lieber? Sind Frauen wählerischer? Dass derartige Fragen nicht nur in biologischen, sondern v.a. in sozialen Kontexten interpretiert werden müssen,
konnten die Studienautor_innen klar nachweisen: So denken zwar Männer
öfter an Sex als Frauen – sie denken aber auch öfter an andere körperliche
Bedürfnisse, was mit einer unterschiedlichen Sozialisation, in diesem Fall
dem Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse, begründet wird. Ebenso trifft
es zwar zu, dass Gelegenheitssex eher für Männer infrage kommt, doch
auch hier müssen soziale Faktoren mitgedacht werden: Denn werden den
potenziellen Sexpartner_innen gute sexuelle Fähigkeiten zugedacht, so
willigen Frauen und Männer gleichermaßen ein, wobei Frauen auch mit
einer sozialen Stigmatisierung zu kämpfen haben und sexuelle Angebote
aus diesem Grund oft ausschlagen. be
http://jezebel.com/5849842/six-myths-about-sex-and-gender-busted, http://cdp.sagepub.com/
content/20/5/296.abstract
Calls
 5th Equality, Diversity and Inclusion International Conference „Challenging Heteronormativity: Moving forward on Equality, Diversity and
Inclusion?“, Abstract/Paper bis 1.1., www.edi-conference.org/CallforPapers.php
 Tagung „Sexualität als Sozialität. Zur körperlichen Praxis und sozialen Rahmung des Sexuellen“, Exposé bis 8.1.,
http://gender.univie.ac.at/uploads/media/CfP_Körper_und_Sexualität.pdf

Konferenz „Digital Crossroads: Media, Migration and Diaspora in a Transnational Perspective“, Abstract oder Proposal bis 10.1.,
www.digitalcrossroads.nl
 Sammelband „How I got lost six feet under your mother“, Paper bis 10.1.,
http://krittfm.blogspot.com/2011/11/call-for-papers-how-i-got-lost-six-feet.html
 GENDER. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, Themenschwerpunkt Feminismus in Polen, Abstract bis 15.1.,
www.gender-zeitschrift.de
 Graduate Journal of Social Sciences, Special Edition on Sexuality in Focus, Paper bis 30.1., www.gjss.org/index.php?/Sexuality-in-Focus.html

Preis „pro:woman AWARD 2012“, wissenschaftliche Publikation bis 31.1., www.prowoman.at
 Medien Journal, Themenheft „Neue Kommunikationstechnologien (ICT) und Gender“, Beitrag bis 1.2., www.uni-salzburg.at/pls/portal/
docs/1/1613389.PDF
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 27
wohnen
Queerer Nestbautrieb
In Wien entsteht mit Que[e]rbau
ein neues queeres Hausprojekt – aus guten Gründen,
wie auch ein Blick nach Köln und Berlin beweist.
Von Jenny Unger und Sylvia Köchl
Auch wenn manch einer Lesben-WG
ein berühmt-berüchtigter Ruf vorauseilt
– das bekannteste „queere“ Wohn(Haus-) Projekt in Wien ist wohl immer
noch die Rosa Lila Villa an der Linken
Wienzeile. Jetzt arbeitet Que[e]rbau an
der Realisierung eines neuen queeren
Wohnhausprojektes für Menschen mit
einer „selbstgewählten Identität und
einer selbstgewählten Lebensform“.1
1 http://queerbau.mixxt.at/
2 www.baugruppen.net
3 www.villa-anders-koeln.de
4 www.lesbischeinitiativerut.de
5 www.villa-anders-koeln.
de/download/presse/Leben_
unter_Gleichgesinnten.pdf
6 http://diestandard.at
/1315006084503/Alternatives-Wohnen-Wohnraumfuer-selbst-gewaehlteLiebesformen
Baugruppen-Bauen. Que[e]rbau ist
als Baugruppe organisiert, und so
eine Gruppe ist eigentlich etwas recht
Spannendes. Denn grundsätzlich geht es
darum, Wohnraum selbst und selbstbestimmt zu planen, zu gestalten und
zu bauen, und zwar auch dann, wenn
die entsprechenden finanziellen Mittel
nicht vorhanden sind, um sich allein den
eigenen Hausbau-Wunsch zu erfüllen.
In Wien handelt es sich außerdem um
geförderten Wohnbau, wodurch keine
Vorfinanzierung nötig wird. Die Mitglieder einer Baugruppe arbeiten bei der
Erstellung von Wohnungsentwürfen mit
und planen die Gemeinschaftsräume. Es
ist wie selber bauen, nur mit anderen
gemeinsam. Baugruppen sind oft als
Vereine organisiert, d.h. die Aufgaben
der Bewohner_innen werden in ein
Vereinsstatut geschrieben. Baugruppen
organisieren und regeln die Hausverwaltung selbst, die künftigen Bewohner_innen basteln sich so ihre Gemeinschaft. Fürs Baugruppen-Bauen gibt es
eine Reihe guter Gründe. „Im Mittelpunkt steht dabei ein intensiver Prozess
des Kennenlernens der Mitglieder der
Baugruppe untereinander, sodass von
Anfang an soziale und zwischenmenschliche Strukturen für das zukünftige
Lebensumfelds entstehen.“2
28 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Luftbild des Asperner Sees, Foto: Wien 3420 AG
Alter-nativen. Einer Baugruppe geht
es in aller Regel um einen Neubau – in
diesem Fall um einen queeren Neubau,
und das ist neu in Wien. Aber nicht neu
in der Welt. In Deutschland und auch in
der Schweiz gibt es einige ähnliche Projekte. Die „Villa anders“ in Köln etwa
ist schon seit zwei Jahren von Lesben,
Schwulen und Transgender-Personen bewohnt: „Willkommen sind Singles, Paare und Regenbogen-Familien, gut und
weniger gut Verdienende, Jüngere und
Ältere. Manche verbringen ihre Studienzeit hier, viele ihre Berufsjahre, andere
ihren Lebensabend.“3 Es geht um ein
gemeinschaftliches Leben verbunden mit
individuellem Wohnen. Und sich im Haus
und in der Nachbarschaft wohlzufühlen
– für Queers nicht unbedingt selbstverständlich. „Ausgeprägt ist der Wunsch
nach einem diskriminierungsfreien,
gemeinschaftlich orientierten Leben“, so
die „Villa anders“ in einer Presseaussendung beim Bezug 2009.
Die Realisierung queerer Wohnformen
hat auch zunehmend mit der Frage
„Wohin im Alter?“ zu tun. In Berlin
steht das RuT-Frauen-/Lesbenwohnprojekt kurz vor seiner Realisierung. Es
richtet sich an Lesben, „die gemeinsam
in einem Haus leben und das Älterwerden und das Alter lustvoll gestal-
ten möchten“.4 Auch hier lautet die
Grundidee, einen diskriminierungsfreien
Wohn- und Lebensraum schaffen, wo
die lesbischen Frauen „offen zu ihrer
Lebensweise stehen können und sich
nicht erklären müssen“. Gerade als
Alternative zu einem SeniorInnenheim,
wo das wohl kaum der Fall ist, bieten
sich solche Projekte an. Im RuT-Haus
ist nämlich eine Pflege-WG mitgeplant,
die es den Pflegebedürftigen erlaubt,
weiterhin Teil der Gemeinschaft zu sein
und „durch einen lesbenfreundlichen
Pflegedienst betreut“ zu werden.
Lisa Weiß, eine der GründerInnen des
Vereins „Schwul-lesbisches Wohnen“,
der die „Villa anders“ konzipiert und
umgesetzt hat, kennt das Problem mit
den herkömmlichen Altersheimen:
„Unter den älteren Homosexuellen
gibt es große Ängste. Sie treffen im
Heim auf Menschen, die in einer Zeit
aufgewachsen sind, als man Schwule ins
Konzentrationslager einlieferte, und die
sich noch gut an den Paragraphen 175
erinnern können, der Homosexualität
noch bis in die Siebzigerjahre unter
Strafe stellte.“5 Da stellen sich dann
rasch scheinbar banale Fragen, etwa
ob im Heim problemlos das Foto der/
des verstorbenen Lebenspartner_in
aufgestellt werden kann.
heimspiel
leben mit kindern
Aspern-Seestadt. Que[e]rbau ist von einer Kerngruppe (Architekt, Sozialarbeiterin, Betriebswirt …) gestartet worden. „Wir sind mit anderen Baugruppen
gut vernetzt, d.h. wir wissen, was in
Wien, speziell in Aspern-Seestadt so
läuft – dort wurde ja ein 7.000 Quadratmeter großer Baugrund nur für Baugruppen reserviert“, so der Initiator von
Que[e]rbau, Andreas Konecny. Auch für
einige weitere Baugruppen (B.R.O.T,
Seestern, Ja:spern und Sargfabrik
sowie eine, die Ferienwohnungen plant)
ist Aspern-Seestadt recht interessant:
Das ehemalige Flugfeld im 22. Wiener
Gemeindebezirk ist eines der größten
Stadtentwicklungsprojekte Europas und
wird vielversprechend beworben.
Im Moment stehen für Que[e]rbau Gespräche wegen Bauplatz und Bauträger
zur Realisierung auf der Tagesordnung.
„Zuletzt waren wir bei den Grünen
im Rathaus und haben unseren Projektstand präsentiert – die Grünen
keine_r von beiden ausziehen muss. In
derselben Weise sollen sich Wohnräume
bei Bedarf auch vergrößern lassen.
Dabei wird unter Que[e]r eine selbstgewählte Identiät und eine selbstgewählte
Lebensform, unabhängig von propagierten Normen, verstanden. „Auch
heterosexuell orientierte Menschen“,
so die Que[e]rbau-Philosophie, „müssen
zum Beispiel nicht unbedingt Interesse an Wohnungen haben, die für eine
durchschnittliche Kleinfamilie geplant
wurden, und Regenbogenfamilien
wollen ihre gewählte Lebensform als
‚Selbstverständlichkeit‘ in ihrem Umfeld erleben können.“
Ob alles so wird, wie geplant, hängt
danach allerdings von den Bewohner_
innen ab. Ein vergleichbares Projekt ist
das Wiener Frauenwohnprojekt [ro*sa]
KalYpso, das bereits zwei Wohnhäuser
gebaut hat. Dort sind die „Mühen der
Ebene“ im Wohnalltag schon bekannt.
Manche haben sich ein Zusammenle-
Sich im Haus und in der Nachbarschaft
wohlzufühlen – für Queers nicht unbedingt
selbstverständlich.
Andersrum werden uns unterstützen,
ebenso die Arbeitsgemeinschaft SoHo,
Sozialdemokratie & Homosexualität,
und die Stadt Wien“, so Konecny.
Insgesamt sollen ca. 25 bis 30 Wohnungen entstehen. Mehr als 30 Interessent_innen gibt es schon. Ein Drittel der
Wohnungen wird vom wohnfonds_wien
vergeben werden, da der Bau mit
finanziellen Mitteln der Wiener Wohnbauförderung unterstützt werden soll.
Zwischen 2013 und 2015 sollte das
Haus stehen.
Ambitionen. „Wir wollen für Menschen, die sich im typischen Neubau
nicht wiederfinden, ein Angebot schaffen“, antwortet Andreas Konecny auf
die Frage, warum es denn unbedingt ein
Neubau sein muss. Die Möglichkeiten
eines Neubaus sollen genutzt werden,
indem z.B. Gemeinschaftsräume und
Grünräume von den Bewohner_innen
von Anfang an mitgeplant werden. Bei
Que[e]rbau ist zudem ein flexibles Modulsystem geplant, das es erlauben soll,
etwa bei einer Trennung von Partner_
innen die Wohnung abzuteilen, damit
ben inklusive gemeinsam kochen und
essen wie in einer überdimensionalen
WG erwartet, andere genießen nur
die angenehme Nachbarinnenschaft,
wollen sich aber an keinerlei gemeinsamen Aktivitäten beteiligen. Einen
Gewinn gegenüber herkömmlichen
„Vater-Mutter-Kind“-Wohnformen
bringen diese Projekte aber allemal.6
Und wie ambitioniert Que[e]rbau an die
Sache herangeht, wird am Slogan „Im
Entwurf des Stadthauses entfaltet sich
Diversität!“ deutlich. l
Verena Turcsanyi
Wer ist die
Mutter?
Meine Freundin und ich geraten, seit wir ein Kind haben, oft
in unfreiwillig komische Situationen. Seit einem Monat geht
unsere Tochter jetzt in die Krippe, und dass einmal die eine
Frau, einmal die andere das Kind bringt oder abholt, verwirrt
die anderen Eltern. Eine der Mütter fragte mich bei einer
Gelegenheit sogar, wo denn die Oma heute sei. Verständlich, dass meine Freundin davon nicht sehr begeistert war.
Aber mittlerweile gibt es nur mehr wenige Eltern, die noch
nicht über unsere Familie Bescheid wissen. Viele Menschen
haben einfach keine Vorstellung von einer Familie mit zwei
Müttern, da werden wir zu guten Freundinnen, Schwestern
oder eben gar zu Mutter und Tochter gemacht (und nein, wir
sehen uns nicht ähnlich, und so groß ist der Altersunterschied
auch nicht).
Noch kann unsere Tochter nicht sprechen, es wird aber sicher
interessant, wenn sie dann fremde Menschen darüber aufklärt, dass sie eine Mama und eine Mami hat. Unlängst hat
eine Bekannte zu ihr gesagt (ich stand daneben): „Na, wartest du auf deine Mami?“ Verständnisloser Blick vom Kind,
nach dem Motto: Wieso, da steht sie doch! Das ist natürlich
nur für mich lustig, da allein ich weiß, dass ich die Mami bin
und die Mama diejenige ist, auf die wir warten.
Aktive Ablehnung gab es neben diesen verwirrenden Momenten aber bisher noch keine. Als wir uns für den Kindergarten
angemeldet haben, war die Kindergartenleiterin zwar ein
wenig verlegen („So einen Fall hatten wir ja überhaupt noch
nicht“), hat aber die Situation gut gemeistert. Im Formular
streichen wir „Vater“ einfach durch und schreiben „Mutter2“. Die Vorstellung von der VaterMutterKind-Familie ist
halt noch sehr einbetoniert, und das spiegelt sich in jedem
Formular wider. Der Platz abseits dieser Familienform ist
immer noch sehr begrenzt, und nach Vorbildern muss frau
lange suchen.
Bis dahin helfen wir uns mit Übergangslösungen, wie eben
dem Umschreiben von Formularen und dem Aufklären von
Kindergartenbetreuerinnen und anderen ZeitgenossInnen.
Denn schließlich ist eine Familie eine Familie, so oder so.
Verena Turcsanyi (für ihre Tochter „Mami“) hätte sich gern eine
originellere Namensgebung einfallen lassen, aber „Mutti“ ging
gar nicht.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 29
raewyn connell
Keine Krise der Männlichkeit
Raewyn Connell hat mit ihrem
Werk „Masculinities“ (1995) einen
Meilenstein der Männlichkeitsforschung geschrieben.
Mit Brigitte Theißl sprach sie über
ihr Konzept der „Hegemonialen
Männlichkeit“, die Gefahren eines
vehementen Anti-Essenzialismus
und Manager-Männlichkeiten.
an.schläge: Ihr Konzept der „Hegemoni-
Das Interview mit Raewyn
Connell entstand während
der österreichischen Männertagung am 21. Oktober.
Die Tagung wurde von
der Männerberatung Graz
organisiert und widmete
sich dem Thema „Diversität
von Männlichkeiten“.
alen Männlichkeit” ist innerhalb der
Männlichkeitsforschung sehr einflussreich, Ihr Werk „Masculinities“ ist
das meistzitierte in diesem Feld. Wie
erklären Sie sich diesen Erfolg?
Raewyn Connell: Ich denke, das Konzept der „Hegemonialen Männlichkeit“
ist deshalb so einflussreich, weil es
WissenschafterlInnen ermöglicht hat,
die Verbindung zwischen verschiedenen Problemstellungen zu erkennen.
So wurde etwa sichtbar, dass es nicht
nur eine Männlichkeit, sondern sehr
verschiedene Männlichkeiten gibt.
Außerdem fokussiert es auf Geschlechterbeziehungen, es ermöglichte
WissenschafterlInnen, zu verstehen, wie
Unterschiede zwischen Männlichkeiten mit den Geschlechterbeziehungen
zwischen Männern und Frauen verwoben sind. Außerdem konnten sie über
Männlichkeit sprechen, ohne diese
zugleich ablehnen oder bestätigen zu
müssen; sie konnten erkennen, dass es
bestimmte Muster im Konzept Männlichkeit gibt, die äußerst schädlich sind,
aber dass Männer auch alternative
30 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Positionen innerhalb der Geschlechterordnung einnehmen können. Wenn wir
in einem dichotomen Denken verhaftet bleiben, das die sozialen Gruppen
„Männer“ und „Frauen“ getrennt
voneinander behandelt, dann können
wir auch nicht über Wege nachdenken,
wie Männer von Positionen innerhalb
des patriarchalen Systems abrücken und
wie Allianzen zwischen Feministinnen
und bestimmten Gruppen von Männern entstehen können. Ich denke, es
fehlte auch an einem Konzept, um über
Positionen von homosexuellen Männern
innerhalb der Geschlechterbeziehungen
nachdenken zu können. Ich nehme also
an, dass die Sprache der hegemonialen
Männlichkeiten, der marginalisierten,
komplizenhaften und der untergeordneten Männlichkeit, eine Analyse von
bestehenden Komplexitäten und ein
strategisches Nachdenken über potenzielle Veränderung von Männlichkeiten
ermöglichte.
Natürlich wurde mein Konzept in bestimmten Kreisen auch abgelehnt – ich
glaube, Queer-TheoretikerInnen mögen
es nicht besonders, und auch Wissen-
schafterlInnen, die eher einen funktionalistischen Ansatz vertreten, können
nicht viel damit anfangen.
In der feministischen Wissenschaft
bzw. in den Gender Studies herrscht
eine rege Diskussion über die eigenen
Begrifflichkeiten, über ein „feministisches Subjekt“ und damit verbundene
Essenzialismen. In der Männlichkeitsforschung scheinen solche Diskussionen eine untergeordnete Rolle zu
spielen – würden Sie dieser Beobachtung zustimmen?
Ja, es existiert ein sehr weit verbreiteter, essenzialistischer Gebrauch des
Konzepts „Männlichkeit“. Einerseits
natürlich in populärwissenschaftlicher
Ratgeberliteratur, aber auch in konservativen, männerpolitischen Gruppen.
Ich persönlich habe kein Problem
damit, von „Männern“ und „Frauen“ zu
sprechen – für mich sind das die Namen
sozialer Gruppen. Ich mache mir auch
nicht so viele Gedanken über Essenzialismus, wie das andere WissenschaftlerInnen tun – vor allem Queer-TheoretikerInnen, DekonstruktivistInnen und
raewyn connell
PoststrukturalistInnen versuchen ja,
Essenzialismus um jeden Preis zu vermeiden. Meiner Ansicht nach brauchen
wir uns darüber nicht so viele Sorgen zu
machen; nicht, weil wir etwa essenzialistisch agieren sollten, sondern weil
wir die Analyse von Gender auf anderen
Grundlagen aufbauen können. Ich spreche dabei von Gender als eine Strukturkategorie sozialer Beziehungen. Bei
Gender handelt es sich um eine soziale
Realität, die ebenso eine historische
Realität ist – aber keine biologische. Es
ist eine historische Realität bezogen auf
die Art und Weise, wie Gesellschaften
mit Reproduktion umgegangen sind. Ich
sehe eine Gefahr in vehementem AntiEssenzialismus: Nämlich, dass wir die
menschliche Reproduktion vergessen.
In dekonstruktivistischen feministischen
Texten kommen Kinder praktisch nicht
vor. Sie fehlen einfach – ebenso die
Erziehung, die Kinderbetreuung, die
Beziehungen zu Kindern. Das ist sehr
schung als eine eigene Disziplin?
Sollte sie ein integrierter Bestandteil
der Gender Studies bzw. Geschlechterforschung sein?
Ich hege keinerlei Zweifel daran, dass
Männlichkeitsforschung ein Teil der
Gender Studies ist. Wenn man sie von
den Gender Studies trennt, so verliert man auch einen großen Teil des
intellektuellen Potenzials. Und was ist
Männlichkeit anderes, als geschlechterbezogene Fragestellungen in Bezug auf
Männer? Es macht überhaupt keinen
Sinn, über Männlichkeit zu sprechen,
ohne von Gender zu sprechen.
Es ist im Grunde also intellektuell nicht
vertretbar, Männlichkeitsforschung als
eigene Disziplin etablieren zu wollen.
Es darf außerdem nicht vergessen
werden, dass es hier einen wesentlichen Unterschied zur Frauenforschung
gibt. Für die Bezeichnung „Frauenforschung“ gab es gute politische
Gründe – es ging um die Kritik einer
Ich persönlich habe kein Problem damit,
von „Männern“ und „Frauen“ zu
sprechen – für mich sind das die Namen
sozialer Gruppen.
problematisch, denn bei Gender geht es
in erster Linie um reproduktive Körper
und um die sozialen Beziehungen, die
sich in unserem reproduktiven System
abspielen. Das auszusprechen, heißt für
mich nicht, in Essenzialismus zu verfallen, sondern in den Realismus. Und es
bedeutet dabei keineswegs, automatisch
davon auszugehen, dass alle reproduktiven Körper gleich seien, was uns essenzialistische Ansätze ja erzählen wollen.
Für mich hat dieser Zugang zu Gender
das größte Potenzial, er ermöglicht
auch eine kritische Analyse von Macht,
Unterdrückung und Ausbeutung. Es
geht darum, die Verkörperung sozialer
Strukturen zu erkennen und zu verstehen. Wir haben nicht eine dichotome
Gesellschaft hier und Körper dort –
Gender ist eine soziale Struktur, die in
die Körper eingeschrieben ist. Dieses
Denken führt uns meiner Ansicht nach
weit über essenzialistische Positionen
hinaus. Vielleicht liege ich auch falsch –
aber so sehe ich dieses Problem.
Betrachten Sie Männlichkeitsfor-
patriarchalen Ideologie im System der
Wissensproduktion, schließlich war
die gesamte Wissenschaft männlich
geprägt. In gewissem Sinne hat es also
schon immer „Männerforschung“ gegeben, all unsere Geschichtsbücher sind
voll von Erzählungen über Könige und
Generäle. Die Idee der Frauenforschung
war es, diese Kluft, dieses Defizit in der
Wissensproduktion zu benennen und zugleich ein Alternativkonzept anzubieten.
Der Name „Frauenforschung“ war also
Teil eines politischen Akts. Die Männerforschung oder Männlichkeitsforschung
hat nun aber natürlich nicht diesen
Charakter, denn Männer sind schon
immer im Zentrum der Wissenschaften
gestanden. Wenn du dich mit Männern
auseinandersetzt, dann erforschst du
die dominante Gruppe innerhalb einer
patriarchalen Gesellschaft. Ich selbst
habe eigentlich nie die Bezeichnung
„Männerforschung“ verwendet. Aber
weil sich eben dieser Begriff durchsetzte, konnten sich ihn auch reaktionäre
Gruppen aneignen, die sagten: Seht her,
Frauen haben jetzt die Frauenforschung,
Lehrstühle und Ressourcen, und Männer
sind davon ausgeschlossen – natürlich
konnten sie das nur sagen, weil sie
die tatsächliche Realität ignorierten.
Aber rechtskonservative Strömungen
scheren sich eben nicht besonders um
die Wahrheit, sondern vielmehr um den
emotionalen Effekt. Es gibt also leider
eine Art rechtskonservative Version der
Männerforschung, die Männer als Opfer
konstruiert, Jungen als Opfer ihrer
Lehrerinnen und geschiedene Männer
als Opfer von Feministinnen.
Sie arbeiten zurzeit gerade an einem
Forschungsprojekt über die Biografien von Managern. Manager und ihre
Entscheidungen sind im Zuge der
Finanzkrise auch in den Medien zu einem beliebten Thema geworden. Aber
obwohl über 90 Prozent der Manager
Männer sind, wird nur wenig über
geschlechtsspezifische Faktoren der
Krise gesprochen. Ist die Finanzkrise
eine „männliche“ Krise oder gar eine
Krise der Männlichkeit?
Weder noch, es ist eine Krise des Finanzsystems, die von bestimmten Gruppen skrupelloser, profitgieriger Männer
verursacht wurde. Diese Männer
repräsentieren eine besonders schädliche Version hegemonialer Männlichkeit.
Aber es handelt sich um keine Krise
der Männlichkeit, denn diesen Männern
geht es ziemlich gut, nur wenige von
ihnen sitzen mittlerweile im Gefängnis.
Die meisten haben ihr Geld gerettet und
machen weiter wie bisher, bekommen
ihre Boni und ihre Profite. Es ist also
keine Krise der Männlichkeit, es ist
eine Krise, die von Menschen verursacht
wurde, die sehr viel Macht und wenig
soziales Verantwortungsgefühl haben.
Männlichkeit ist in diesem Fall relevant,
um besser verstehen zu können, was
hier eigentlich passiert ist. l
Brigitte Theißl ist Medienwissenschaftlerin
und Öffentlichkeitsarbeiterin und bloggt
unter www.denkwerkstatt.wordpress.com.
Raewyn Connell (vormals Robert W.
Connell) gilt als eine der Mitbegründerinnen der akademischen Männlichkeitsforschung. Derzeit lehrt die Soziologin an
der Universität von Sydney, wo sie einen
Lehrstuhl für Erziehungswissenschaften
innehat.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 31
an.riss kultur
film
Die deutsche Billie Holiday
Mithilfe von zeitgenössischem Filmmaterial, Originalfotos sowie Interviews mit FreundInnen und KollegInnen zeichnet der Film „Sing! Inge,
Sing!“, der seit Ende Oktober in den Kinos ist, das eindrucksvolle Porträt
einer gänzlich unbekannten deutschen Diva: Inge Brandenburg. Immer
wieder stand die 1929 in Leipzig geborene Brandenburg ganz knapp vor
dem Durchbruch – immer blieb ihr der Erfolg verwehrt, den sie eigentlich
verdient hätte. 1960 wird sie prämiert als Europas beste Jazzsängerin,
tritt im Fernsehen auf und wird dazu gedrängt, Schlager aufzunehmen.
Finanziell hat sie keinen Erfolg, mit der Plattenfirma überwirft sie sich,
landet schließlich beim Theater, spielt in Stücken von George Tabori – und
trinkt immer mehr.
Doch sie erholt sich von Alkoholsucht und Krebserkrankung, versucht noch
ein letztes, erfolgloses Comeback und stirbt schließlich 1999. Der Film
verhilft ihr nun zumindest zu einem kleinen Stück jener Berühmtheit, die
sie als „deutsche Billie Holiday“ hätte erlangen sollen. han
www.inge-brandenburg.de
installation
Ein gar nicht leerer Lehrstuhl
Claude Cahun, Autoportrait, 1927, Fotografie, Silbergelatineabzug, 10,4 x 7,6 cm,
Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris, © Jersey Heritage Trust
ausstellung
Die eine Seite des Mondes
Acht Künstlerinnen waren in den 1920er und 1930er Jahren maßgeblich
an den ästhetischen Neuerungen in Europa beteiligt: Claude Cahun, Dora
Maar, Sonia Delaunay, Florence Henri, Hannah Höch, Sophie TaeuberArp und die weniger bekannten Katarzyna Kobro und Germaine Dulac.
Ihr Schaffen umfasste ästhetische Richtungen vom Dadaismus über den
Konstruktivismus bis hin zum Surrealismus. Die künstlerischen Mittel
waren vielfältig: Malerei, Fotografie, Collage, Film und Skulptur. Mit rund
230 Werken zeigt die Ausstellung „Die andere Seite des Mondes“ in der
Kunstsammlung NRW dieses Schaffen – besonders spannend sind dabei die
Wege, Querverbindungen, die wechselnden Freundschaften und temporären
Paarbildungen, die alle diese Künstlerinnen miteinander verbanden. Das
Schaffen dieser Künstlerinnen hat durch den Nationalsozialismus einen
Bruch erfahren: Einige, wie Sophie Taeuber-Arp, mussten flüchten, Claude
Cahuns Werk wurde während ihrer Gefangenschaft aufgrund der Betätigung im Widerstand durch die Nazis beinahe vollständig zerstört, Hannah
Höchs Kunst wurde als „entartet“ diffamiert. Die Ausstellung ehrt also
nicht zuletzt dieses durchaus politische Kunstschaffen. han
Die andere Seite des Mondes. Künstlerinnen der Avantgarde. Bis 15.1.
K 20 Grabbeplatz, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, 40213 Düsseldorf, Grabbeplatz 5,
www.kunstsammlung.de, T. 0049/(0)211/83 81 204
32 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Käthe Leichter war: aktivistisch, feministisch, intellektuell, jüdisch,
sozialistisch. Cornelia Mittendorfer holt sie nun mit einem Kunstprojekt
in die Gegenwart. Bereits beim Fahnenprojekt im Semperdepot im März
dieses Jahres hatte Mittendorfer sich mit der Ermordung der Jüdin Käthe
Leichter beschäftigt, nun wird das Herzstück ihrer Arbeit gezeigt: Die
Installation „Ein Le(e.h.)rstuhl für Käthe Leichter“ ist ein tatsächlicher
und gedanklicher Raum, um über Käthe Leichters Arbeit nachzudenken.
Besonders Leichters wissenschaftliche Leistung steht hier im Fokus: Ein
eigens für die Sozialwissenschaftlerin entworfener Tisch und Stuhl sind
mit ihrer wohl wichtigsten Arbeit überzogen, dem Handbuch der Frauenarbeit in Österreich von 1930. Auf dem sinnbildlichen Lehrstuhl (den Käthe
Leichter tatsächlich nie bekommen hat) kann in diesem Frauenhandbuch
gelesen werden. Auch Leichters Frauennetzwerk erhält endlich die ihm gebührende Aufmerksamkeit: Im Katalog wird dieser Index von 165 Frauen
erstmals publiziert. han
Ein Le(e.h.)rstuhl für Käthe Leichter. 7.12.–20.1. Bibliothek der Arbeiterkammer Wien, 1140
Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22, www.wien.arbeiterkammer.at/bibliothek, T: (01) 501 652 352
geburtstag
Kämpferische Gospel-Queen
Am 26. Oktober dieses Jahres wäre Mahalia Jackson 100 Jahre alt geworden. „Halie“, 1911 in New Orleans als Enkelin einer Sklavin geboren,
liebte Musik von klein auf – und sang nach eigenen Angaben „fast sobald
ich gehen und sprechen konnte“. Jackson trat in Kirchen auf und war bald
so bekannt, dass sie landesweit eingeladen wurde, bei Gottesdiensten der
Schwarzen Communitys zu singen. Schließlich wurde sie auch vom Radio
entdeckt, kam bei Columbia Records unter Vertrag und wurde bald zur
erfolgreichen „Gospel Queen“. Doch so sehr sie nun auch von weißem
Publikum gefeiert wurde, in den Südstaaten der USA und auch in Chicago blieb Jackson Diskriminierungen ausgesetzt – auf ihr Haus in einem
weißen Viertel Chicagos wurde geschossen. Jackson aber wehrte sich,
und zwar mit den Mitteln, die sie am besten beherrschte: Sie schloss sich
der Bürgerrechtsbewegung an, sang bei einer Feier für Rosa Parks, und
als Martin Luther King 1963 in Washington seine berühmte Freiheitsrede
hielt, begeisterte Mahalia Jackson die Menge durch ein altes SklavInnenlied, das nun als Protestlied interpretiert wurde. Jackson war nicht
nur politisch aktiv, sondern auch eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Kaum
bekannt ist die Mahalia-Jackson-Stipendium-Stiftung, die unterprivilegierten Studentinnen ein Studium ermöglicht. 1972 starb Jackson – bei ihrer
Trauerfeier sang Aretha Franklin. han
lebenslauf
auch feministinnen altern
theater
Was also tun?
Textfragmente, wuchernde, vibrierende Sprech- und Klangräume, das sind
kurz gesagt die „Politischen Hybriden“ von Claudia Bosse und ihrem Theatercombinat. Nach den „Vampires of the 21st Century oder Was also tun“
folgt nun „Dominant Powers“. Drei Darstellerinnen, ein Chor aus zwei
Generationen und verschiedenen Nationalitäten sowie ein Chor von Medien beginnen mit Erzählungen über die politischen Umbrüche in Nordafrika
und enden in Mitteleuropa. Die BesucherInnen erwartet eine zeitgenössische Tragödie, eine Installation, ein Konzert, ein Archiv, eine Choreografie
– also wie immer eine große Herausforderung und viele Fragen. han
Dominant Powers. Bis 4.12., DOMPOWpalace, 1150 Wien, Pfeiffergasse 3.
[email protected], T. 0681/10649264. In deutscher und englischer Sprache.
musik/literatur
Aus einem Irrenhaus
Christine Lavant (1915-1973), in ärmlichen Verhältnissen als Kind einer
Kärntner Bergarbeiterfamilie aufgewachsen, zählt zu den bedeutendsten
LyrikerInnen und ErzählerInnen der österreichischen Nachkriegsliteratur.
Mit „Verrückung“ nähern sich Agnes Heginger (Gesang, Stimme), Maria
Frodl (Violoncello, singende Säge) und Martina Spitzer (Rezitation) ihrem
Leben an und widmen sich ihrer Lyrik sowie speziell der posthum erschienenen Erzählung „Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“. Die ungewöhnliche Besetzung hebt die Rauschhaftigkeit von Lavants Schreiben hervor, das
Gefangen-Sein in den eigenen Befindlichkeiten, die tiefe innere Zerrissenheit, aber auch den unbändigen Drang, sich mit Worten zu befreien. han
Verrückung. Eine literarisch-musikalische Annäherung an Christine Lavant. 12.–17.12. Theater
Drachengasse, 1010 Wien, Fleischmarkt 22, T: (01)512 13 54, [email protected],
www.drachengasse.at
ausstellung
Was in den Fenstern steckt
Die 1964 geborene, in Berlin lebende Künstlerin Sabine Hornig bewegt
sich in ihren Arbeiten an den Schnittstellen von Skulptur, Installation und
Fotografie. Die Ausstellung „Durchs Fenster“ in der Münchner Pinakothek
der Moderne, die in Zusammenarbeit mit der Künstlerin entstand, zeigt
v.a. die 2001 begonnene Werkgruppe „Fenster“, die heute mehr als 40
großformatige Fotografien von Schaufenstern leerstehender Ladengeschäfte in Berlin Mitte umfasst. Erweitert wird die Ausstellung durch eine
Intervention in der Alten Pinakothek, in der Hornigs Fotografien Gemälde
der holländischen Genremalerei des 17. Jahrhunderts gegenübergestellt
sind. han
Sabine Hornig – Durchs Fenster. Bis 26.2. Pinakothek der Moderne: Saal 30, 80333 München,
Barer Straße 40, Alte Pinakothek: Obergeschoss Saal 15, 80333 München, Barer Straße 27,
Eingang Theresienstraße, [email protected], www.pinakothek.de, T: +49/(0)89/238 052 16
Christiane Erharter
Handarbeitsflashback
Kürzlich habe ich einem befreundeten Moderedakteur erklärt,
was radical crafting ist, dass es sich beim yarn bombing um
eine aktivistische Variante der Street Art handelt und ihm
geraten, darüber eine Story zu machen. Dann musste ich beim
Durchblättern eines Hochglanz-Einrichtungsmagazins erstaunt
feststellen, dass die umstrickten Baumstämme nicht nur widerständige Praxis im öffentlichen Raum sind, sondern bereits als
Dekoration für schicke Interieurs dienen.
Privat notwendig gewordene Näh- und Flickarbeiten wurden daraufhin von Erinnerungen an den Handarbeitsunterricht meiner
Schulzeit begleitet. Während ich unzählige abgefallene Knöpfe
wieder an Hemden, Blusen und Hosen annähte und Löcher in
Jacken und Rollis stopfte, dachte ich an die Tyrannei meiner
Handarbeitslehrerinnen. Total verkrampft und mit schweißnassen Händen quälte ich mich damals durch die Übungen mit
Strickliesel, Maschenproben und Stickereien. Ich habe immer
noch ein selbstgestricktes Krokodil, das bezeugt, wie schwer mir
seine Herstellung gefallen ist. In der Volksschule musste ich einmal sogar im Häkeln nachsitzen, was die durchwegs schlechten
Noten in diesem verhassten Fach jedoch nicht besser machte.
Später im Gymnasium bekam ich wöchentlich beim Handarbeitsunterricht Migräneanfälle. Es ist also kein Wunder, dass es
lange gedauert hat, bis ich die totale Aversion gegen Handarbeit
ablegen konnte, und das ist vor allem der Beschäftigung mit DIY
zu verdanken. Aber auch wenn es feministische Freundinnen
immer wieder beteuern, bin ich skeptisch, darin eine selbstermächtigende Praxis zu sehen. Die Flickarbeiten haben mir aber
immerhin eine große Genugtuung verschafft.
Christiane Erharter wird sich für zukünftige Handarbeiten vom Buch
„Craftista! Handarbeit als Aktivismus“ des Critical Crafting Circles
inspirieren lassen.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 33
amanda palmer
So frei sein wie möglich!
Die Musikerin Amanda Palmer würde sich
zwar nicht als Feministin bezeichnen,
plädiert aber für einen offenen Umgang mit Fehlern.
Ein Interview von Irmi Wutscher
Die 1976 in New York geborene Amanda Palmer ist 2004 auf der Bildfläche
des Musikbusiness erschienen, als
eine Hälfte des Duos Dresden Dolls.
Der Name war Programm, der Look
angelehnt an Cabaret- und PuppenMake-Up, die Musik bestand aus dem
im Pop ungewohnten Zusammenspiel
von Klavier und Schlagzeug. Amanda
Palmers Texte handeln viel von Sexualität, augenzwinkernd, wie beim Wunsch
nach dem automatischen Roboter-Boy,
oder auch anklagend, wenn von sexuellen Übergriffen in und außerhalb von
Beziehungen die Rede ist.
Seit 2008 ist Amanda Palmer solo
unterwegs, und das hat gleich mit einem
Konflikt begonnen: Palmers Plattenfirma Roadrunner Records wollte 2008
im Video zu „Leeds United“ gewisse
Aufnahmen ihres Bauchs nicht zeigen,
da er nicht schlank genug sei. Daraufhin
mobilisierte sie ihre Fans zu einer sogenannten reBELLYon, diese schickten
Fotos ihrer Bäuche und Statements an
die Plattenfirma, von der sich Palmer
nach einem langen Streit inzwischen
getrennt hat.
In ihrem nächsten Song „Oasis“ ging es
um Party-Vergewaltigung und Abtreibung und die damit zusammenhängende
Doppelmoral. Weil der Protagonistin
im Song ihr Oasis-Fanbrief wichtiger
ist als die Abtreibung, wurde Palmer
ein leichtfertiger Umgang mit dem
Thema vorgeworfen. Ihr aktueller Song
„Maps of Tasmania“ – der übrigens von
Peaches inspiriert wurde, die Palmer
auf dem Donaufestival Krems 2006
kennengelernt hat – hinterfragt Standards der (weiblichen) Intimfrisur.
Genug Stoff, würde frau meinen, um
Amanda „Fucking“ Palmer, wie sie sich
selbst nennt, zu einer Feministin zu machen. Mitnichten, wie sie selbst findet.
34 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Amanda Palmer beim Konzert am 6. September in Wien
Foto: Irmi Wutscher
an.schläge: Würdest du dich als Feministin
bezeichnen?
Amanda Palmer: Ich habe Schwierigkeiten, zu verstehen, was das überhaupt
sein soll. Ich würde mich niemals
vorstellen mit: „Hi, ich bin Amanda, und
ich bin eine Feministin.“ Das macht für
mich überhaupt keinen Sinn.
Mir geht es darum, dass Leute frei
sind. JedeR, Männer, Frauen, Kinder,
alte Menschen … Ich möchte, dass alle
glücklich sind. Man kann sich das nicht
nur für eine Gruppe von Menschen
wünschen, das ist irgendwie unsinnig.
Das verwirrt mich auch bei Menschen
bestimmter Religionen, die sich sehr
engagieren, um nur ein paar Leute
glücklich zu machen, aber nicht alle.
Für mich klingt das total rückständig.
Ich finde, das mutigste politische
Statement, das man als Mensch und
als Frau machen kann, ist, der eigenen
Leidenschaft zu folgen. Und gleichzeitig
zuzugeben, auch nur menschlich zu sein
und Fehler zu machen. Damit sehr frei
und offen umzugehen, finde ich inspirierender, als zu sagen „So sollen Leute
sprechen“, „So sollen sich Leute anziehen“ und „Das sollen die Leute denken“
oder „Das sollst du zu einer Frau sagen,
amanda palmer
und das auf keinen Fall.“ Das ist doch
Bullshit. Das macht Menschen nicht
freier. Deswegen investiere ich meine
Energie lieber dafür, zu tun, was ich
will, und keine faulen Kompromisse
einzugehen.
Ich möchte aber hinzufügen, dass
Politik, also Gesetze oder Regierungsentscheidungen schon wichtig sind! Ich
möchte nicht in einer Welt leben, wo
sich jedeR vielleicht innerlich frei fühlt,
wo es aber Gesetze gegen Abtreibung
gibt. Aber meine persönliche Zeit und
Energie ist am besten dazu verwendet,
eine mutige Musikerin zu sein.
Als Frau im Musikbusiness bist du
sehr selbstbestimmt und selbstbewusst. Bist du dadurch nicht ein
Role Model für andere Frauen oder
Musikerinnen?
Das klingt jetzt wie eine WischiWaschi-Antwort, aber ich glaube, alle
MusikerInnen sind immer Vorbilder
füreinander. Ich sehe, wie Leute spannende Dinge auf der Bühne machen,
und denke mir: „Oh, das will ich ausprobieren.“ So wirst du daran erinnert,
dass es keine Regeln gibt und dass du
wirklich alles machen kannst, was du
willst. JedeR MusikerIn, der oder die
das so machen.“ Das motiviert mich, sie
zu ignorieren und es auf meine Weise
zu machen.
Das kann aber auch gefährlich sein.
Wenn du nur rebellierst, um die ganze
Zeit „Fuck You!“ zu sagen, dann bist
du genauso starr, du bist verpflichtet,
immer dagegen zu sein. Das ist auch
das, was bei so vielen Feministinnen
falsch läuft. Sie fühlen sich so verpflichtet dazu, wütend zu sein, und vergessen,
dass der ganze Grund, zu leben und für
Dinge zu kämpfen, der ist, das Leben
auch genießen zu können. Wenn du so
damit beschäftigt bist, wütend und dagegen zu sein, dass du nicht mehr dein
Leben genießen kannst, wozu überhaupt
etwas tun?
Das klingt aber nach einem sehr stereotypen Feministinnen-Bild …
Ich würde dich noch gerne ein bisschen zum Thema Body Politics befragen: Du hast teilweise Konflikte über
deinen Körper ausgetragen, es gab die
ReBELLYon etc. Gleichzeitig legst du
ja auch viel Wert auf spezielles Outfit,
Make-up usw. Versuchst du, dem
Mainstream-Körperbild etwas entgegenzusetzen und auch hier Grenzen zu
überschreiten?
Was mich wütend macht, ist, wenn Leute
sagen „Du kannst das nicht tun“ oder „Du
musst das so machen.“
Grenzen verschiebt, eröffnet einfach
das Feld für alle anderen! Derzeit
machen so viele Leute so viele Dinge da
draußen, und hoffentlich inspirieren wir
alle einander!
Du meinst also, dass das nicht auf
ein bestimmtes Gender beschränkt
sein sollte. Oder auch auf eine Hautfarbe …
Das ist selbstverständlich, ja. Mein
Manifest, wenn ich so etwas hätte,
würde lauten: „Ich möchte, dass keineR
einem/r anderen sagt, was er oder sie
tun soll.“ Das erscheint jetzt sehr simpel, aber es ist das, was mich anspornt,
warum ich die Musik mache, die ich
mache, und über die Themen singe,
über die ich singe. Was mich wütend
macht, ist, wenn Leute sagen „Du
kannst das nicht tun“ oder „Du musst
Was das Körperbild betrifft, möchte ich
so gesund wie möglich sein. Vor allem
auf Tour. Wenn ich nicht auf meinen
Körper aufpasse oder wenn ich zu sehr
zunehme – und da geht es gar nicht so
um das Aussehen, das tut es natürlich
auch ein bisschen –, dann macht es mich
vor allem langsamer und ich kann nicht
so viel machen auf der Bühne.
Und zu deinem Styling?
Ich denke, als Frau fühlt man sich oft
verpflichtet, auf die eine oder andere
Weise mitmachen zu müssen. Also
entweder: Ich muss glamourös sein und
kümmere mich um Aussehen, Make-up,
Schuhe, Mode. Immer. Oder ich sage:
Scheiß auf alles, ich zieh nur an, was
ich will. Es kann sich sehr heuchlerisch
anfühlen, wenn man beides macht. Die
Frauen, die ich am beeindruckendsten
finde, sind die, die scheinbar ohne Mühe
beides machen, so wie sie sich gerade
fühlen. Das ist schwierig, denn es ist
einfacher zu sagen: Ich gehe hundert
Prozent diesen oder jenen Weg.
Wirkliche Freiheit liegt darin, wenn du
in der Früh aufstehen kannst und sagen:
Was ist heute dran, wonach fühle ich
mich? Das bringt oft andere Fragen mit
sich: Wie sehr fühle ich mich danach,
angeschaut zu werden an diesem Tag?
Wenn du ignoriert werden willst, nimm
T-Shirt, Jogginghose und Sneakers.
Aber wenn du dich nach Sex-Energy
fühlst, zieh die Stöckelschuhe an und
das enge Kleid, und mach dir das Haar
und das Make-up.
Du weißt, dass du dieses Spiel kontrollierst. Das ist auch das Geheimnis von
wahrem Empowerment: Dass du weißt,
wie viel Macht du hast damit, was du
tust und wie du aussiehst. Gerade bei
Teenage-Mädchen habe ich oft das
Gefühl, dass sie das nicht wissen. Du
kannst jeden Tag wählen. Nicht nur
einmal.
Bei deinem Konzert hast du Le Tigres
„Deceptacon“ gecovert …
Kathleen Hannah und Co., die haben
tatsächlich dieses Empowerment im
eigentlichen Sinn. Sie scheißen sich
nichts, sie tun nur, was sie wollen, und
sehen aus, wie sie wollen, und sie sind
keine angry, bitchy feminists. Sie sind
intelligente, lustige und emotionale
Frauen mit einer großen Intelligenz
und großem Wissen darüber, dass es
mehr als einen Weg gibt, das System zu
hinterfragen.
Ich selbst habe Riot Grrrl während der
Neunziger ziemlich verschlafen. Ich
habe damals nur britische Männerbands gehört. Aber als ich diese Musik
entdeckte, besonders diese spezielle,
die erste Le Tigre-Platte, habe ich sie
gehört und mich verliebt … l
Dieses Interview entstand
am 6.9.2011 vor Amanda
Palmers Konzert in der
Wiener Arena.
Amanda Palmer bloggt
exzessiv auf http://blog.
amandapalmer.net/, zu
finden ist sie aber auch auf
Twitter und Facebook.
www.dresdendolls.com
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 35
performance
Frauen in Weiß
Die Dones de blanc
aus Barcelona kämpfen mit
sorgfältig choreografierten
und gemeinsam erarbeiteten
Performances gegen
Gewalt an Frauen.
Von Birgit Wolf
Foto: Szene aus „Lluny der ser qui sóc“, 20.11.2010 © Dones de blanc
Links:
BLOG der Dones de blanc:
http://donesdeblanc.­
wordpress.com
PORTAL der Plattform
gegen Geschlechtergewalt:
www.violenciadegenere.org
Les Dones de blanc auf
­Facebook: www.facebook.
com/pages/DONES-DEBLANC
Ruckartig gehen die Frauen zu Boden,
zur dramatischen Musik aus dem Film
„Psycho“. Es folgen mechanische
Bewegungsabläufe in vier unterschiedlichen Gruppenformationen. Jeder
Versuch auszubrechen, sich selbst aus
dieser erdrückenden Lage zu befreien,
scheitert. Hinter einer Plastikfolie sind
schließlich mit letzter Kraft ringende
Silhouetten zu sehen, bis zum völligen
Zusammenbruch. „Weit weg von sich
selbst“, so heißt die Choreografie. In
ihrer letzten Szene wird Zusammenhalt
und Solidarität, gegenseitige Unterstützung gefunden. Gestärkt und geeint
formiert sich die Gruppe zum Abschluss
vor dem Publikum.
Les Dones de blanc sind eine Gruppe von Frauen in Barcelona, die mit
Körpersprache das Thema Gewalt an
Frauen bearbeiten. Über ihre Körper
kommunizieren sie, wie sie verschiedene Aspekte und Facetten der Geschlechtergewalt fühlen, erleben, konfrontieren
und hinter sich lassen. Die Initiative
entstand im Jahr 2003 auf Anregung
der Koordinatorin der Plattform gegen
Geschlechtergewalt in Barcelona,
Montserrat Vila. Dones de Blanc ist so
auch Teil des Netzwerkes von über 120
katalanischen Organisationen gegen
Gewalt an Frauen.
Vor acht Jahren also begann die erfahrene Rhythmuslehrerin Rosa Casademont das Thema der Sichtbarmachung
36 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
von Partnergewalt sowie die Befreiung
aus Gewaltbeziehungen in eine erste
Choreografie zu übersetzen. Gemeinsam
mit dreißig ehemaligen, inzwischen
erwachsenen und berufstätigen, Schülerinnen ihres Rhythmusunterrichts startete Casademont das Experiment. Das
Ergebnis war die bewegende Performance „Dones en Llibertat“ (Frauen in
Freiheit). Die Uraufführung 2003 zum
Abschluss des dreitägigen Forums gegen
Gendergewalt, das jährlich anlässlich
des Internationalen Tages gegen Gewalt
an Frauen ( 25. November) in Barcelona abgehalten wird, fand enormen
Zuspruch. Alle Beteiligten, NGOs, das
Publikum sowie die Initiatorinnen und
Mitwirkenden, waren sich einig: Die Arbeit dieser Amateurgruppe ist großartig
und muss weitergeführt werden.
Mit den Mitteln des Körperausdrucks.
Zielsetzung der Arbeit mit den Mitteln
des Körperausdrucks war und ist es,
ein öffentliches Bewusstsein für das
Thema Gewalt zu schaffen und eine
Auseinandersetzung damit zu fördern.
Es soll an ermordete Frauen erinnert und das Schweigen über Gewalt
gegen Frauen gebrochen werden. Dies
spiegelt sich auch in den Choreografien
wider, denn es werden nicht nur die
Erfahrungen von gewaltbetroffenen
Frauen zum Ausdruck gebracht, sondern auch die Ignoranz und Verschlos-
senheit ihres sozialen Umfelds und der
Gesellschaft.
Im Laufe der Jahre entstanden weitere
Choreografien zu den Themen Abtreibung „El Dret a Decidir“ (2006) (Das
Recht zu entscheiden) und Migration
„La Solitud de la Dona d’aquí i d’allà“
(2008) (Die Einsamkeit der Frau hier
und dort). Die letzte Performance
„Lluny de ser qui sóc“(2010) (Weit
entfernt von mir selbst) bringt das Thema der psychischen Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen zur Darstellung.
Sie wurde im November 2010 uraufgeführt und erhielt Standing Ovations.
Dieses Jahr steht ein Remake von „Dones en Llibertat“ auf dem Programm,
das den Fokus auf Selbstsicherheit und
Vertrauen in Unterstützung legt.
An ermordete Frauen erinnern. Les
Dones de blanc treten rund sechs bis
zehn Mal pro Jahr auf. Der Internationale Frauentag und das Forum gegen
Geschlechtergewalt im November bilden
die jeweiligen Saisonhöhepunkte. Ein
weiterer Fixpunkt im Programm ist der
jährliche Auftritt auf dem Stadtfest des
Viertels Sagrada Familia im Mai, die
Dones haben dort ihren Standort und
Proberaum. Dazu kommt der Termin
am Plaza Sant Jaume vor dem Rathaus
von Barcelona: Jeden dritten Montag
im Monat wird dort an die im aktuellen Jahr ermordeten Frauen erinnert.
Die Veranstaltung ist eine Initiative der Plattform, bei der jeden
Monat eine andere NGO aus dem
Netzwerk die Hommage gestaltet.
Vor jedem Auftritt werden Name
und Wohnort der bis zu jenem Tag
durch ihre Ex-/Partner ermordeten
Frauen in Spanien verlesen. Seit
2011, als erstmals eine der genannten Frauen, die die Gewalt ihres
Partner nicht überlebt haben, aus
Barcelona kam, wird auch die Ursache des Todes erwähnt: erschlagen, erstochen, erschossen. Das
Publikum ist immer sehr bewegt.
Keine Stars und keine Diven.
Für die Choreografien werden etwa
25 Frauen gebraucht, nur manche
Adaptionen und Kurzauftritte kön-
Energiereserven und Möglichkeiten
ein. In kleineren Teams wird dann
oft zusätzlich unter der Woche bis
spätnachts die Musik abstrahiert
und in Bewegungsabläufe zerlegt. Diese Feinarbeit wird in die
große Gruppe eingebracht und dort
gemeinsam weiterentwickelt – alle
Dones können gleichberechtigt ihre
Ideen und Einwände einbringen.
Realisiert wird, was die Zustimmung aller findet. Für viele Frauen
ist nicht nur der Kampf gegen Geschlechtergewalt der Grund für ihr
Engagement. Es ist auch die Lust
am Körperausdruck, das Zusammenspiel und der Zusammenhalt in
der Gruppe und der Teamgeist, mit
dem die Choreografien umgesetzt
und aufgeführt werden.
Über ihre Körper kommunizieren sie,
wie sie verschiedene Facetten der
Geschlechtergewalt fühlen, erleben,
konfrontieren und hinter sich lassen.
nen mit weniger Personen realisiert
werden. Das ist auch ein Grund,
warum die Gruppe der großen
Nachfrage nur schwer gerecht werden kann. Denn die Arbeit findet
in der Freizeit statt, ehrenamtlich.
Die Dones sind zwischen 18 und
über sechzig, sie haben unterschiedlichste berufliche und private
Backgrounds. Nur manche hatten
eine professionelle Tanz- bzw.
Köperausdrucksausbildung, denn
Vorbildung spielt eigentlich keine
große Rolle. Auch die Entwicklung
der Choreografien findet im Team
statt. Neue Ideen, neues Material
und neue Umsetzungsmöglichkeiten
werden bei den Proben, die jeden
Montagabend stattfinden, ausprobiert, in Szene gesetzt, wieder
verworfen oder umgemodelt, bis
schließlich die ganze Choreografie
steht. Die auf Musikstücken basierenden Performances dauern in der
Regel zwischen 15 und 25 Minuten,
für besondere Anlässe werden
Kurzvarianten entwickelt.
Es gibt keine Stars und keine Diven, Frauen bringen ihre Kreativität und ihr Know-how je nach ihren
Brotberuf und Berufung. Die
Arbeit ist sehr herausfordernd:
Die Amateurinnen müssen ihrem
Brotberuf nachgehen und haben
andere Verpflichtungen – und der
Ausdruck von Gewalterfahrung mit
dem eigenen Körper verlangt ihnen
einiges ab. Daher wird sehr auf
eine offene, kreative und positive
Stimmung geachtet, und die Frauen
versuchen, sich bei der gemeinsamen Arbeit gegenseitig zu stützen
und zu unterstützen. Jede gibt, was
sie kann, die Gruppe ist offen, und
neue Frauen sind immer willkommen und werden schnell integriert.
Die Frauen in Weiß wissen, dass sie
diese Stärke haben und aufeinander zählen können. Die Ergebnisse
können sich sehen lassen. Performances für ein Leben in Würde und
Freiheit für alle Frauen. l
Birgit Wolf ist Gender-Aktivistin,
Vorstandsfrau im AÖF (Autonome
Österreichische Frauenhäuser),
PhD-Researcher und Lektorin an der
Autonomen Universität von Barcelona (Spanien). http://genderview.
wordpress.com
lesbennest
the fabulous life
of a queer femme in action
denice
If you Shave
Shave Shave...
Ten years ago I was still convinced that one of the most important
weapons in our feminist struggle was the open and public display
of (female*) body hair. I saw women who shaved their legs and
armpits as traitors and spent more time on fighting for the right to
wear our self-grown furs than for example on questioning my own
privileges and whiteness. Another important aspect of female fur
was that it represented my lesbian identity. Women who shaved
only did it for heterosexual, patriarchal reasons, and if I fancied
a chick and then saw her shiny legs, our affair was over before it
had even begun. And don’t even get me started on my reactions to
a hairless cunt … For me, that really displayed a victim of sexual
oppression. So what has changed in the evolution of Denice? I still
love hair. Just not my own. My body hair has this strange Scandinavian colour of dishwater/gold, and there are no cool curls in my
armpits (only straight thing about me; the hair there). And I’m a
lazy fuck. I have a lot of leg, and shaving takes an hour. So I usually just put on an extra pair of nylons to cover up the forest. When
I realized that I needed a triple pair of pantyhose to not look like
my legs were Italian marble pillars, I decided to try out a waxing
studio. Quick, painful, and I only needed to lie there, babbling
about my life in between screams. Needless to say, the place was
an orgy of heteronormative clichées, and the guilt ridden, traitorlike shame that I already felt on the way there just exploded full
blast when I stepped into this palace of peach Barbie. As you all
know I have always put a lot of pride in „coming out“ everywhere
and at all times to make my own contribution to queer visibility,
and this place screamed to be educated by Moi. But when my very
tough, sadistic, ghetto-chic 21-year old hair-removing girl was
smearing hot wax on my vagina while asking about my love life,
I realized that this is really not one of the moments where you
talk about being a passionate muff-muncher. We shared a moment, though, when she tried to convince me to rip out my golden
moustache, and I explained to her that me and my feminist gang
love our facial hair. Because we do, right?
Denice did not only get a "Brazilian Triangle". She also waxed her ass.
And she is not afraid to admit that she will do it again … just a tiny bit.
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 37
an.lesen
Ikonen -Schablonen
Eine Auswahl schöner Stencils von Revolutionärinnen im Buch.
Benutzen und erweitern, meint Lea Susemichel.
„Moses“ wurde Harriet Tubman von
ihren MitstreiterInnen genannt, wenn
sie bis unter die Zähne bewaffnet ihre
Fahrten machte, um SklavInnen bei
der Flucht in den Norden der USA zu
helfen. Die 1820 selbst als Sklavin
geborene Tubman war eine der engagiertesten AktivistInnen der „Underground Railroad“, einem logistischen
Widerstands-Netzwerk gegen die
Sklaverei. Später war sie außerdem in
der Frauenrechtsbewegung aktiv.
Comandante Ramona machte nicht nur
gemeinsam mit den Zapatistas in Mexiko Revolution, sondern sie rebellierte
auch innerhalb der EZLN. Als Mitautorin des „Revolutionären Frauengesetzes“ kämpfte sie konsequent auch
gegen den zapatistischen Machismo und
forderte von ihren Compañeros volle
politische Partizipation und gleiche
Rechte für Frauen.
Beide Frauenfiguren haben das Zeug
zur Heldin. Von beiden existieren
ikonisierende Darstellungen. Aber eine
kulturkollektiv fetischisierte Bildproduktion wie etwa bei Mao Zedong oder
Subcomandante Marcos gibt es nicht
– gibt es von Frauen generell nie auch
nur annähernd im selben Ausmaß. Denn
die politischen „Pin-ups“ sind männlich,
und der revolutionäre „Che-Glamour“,
mit dem sich seit Jahrzehnten noch das
lausigste T-Shirt verkaufen lässt, ist es
auch.
Wenn das Kollektiv „Queen Of The
Neighbourhood“ nun aus einem
ehemaligen Zine-Projekt ein Buch
gemacht hat, in dem dreißig „Revolutionäre Frauen“ mit Kurzbiografie und
Stencil-Bild porträtiert werden, dann ist
das zunächst einmal der sehr begrüßenswerte Versuch, dieser Schieflage
ganz praxisorientiert zu begegnen.
Die ganzseitigen Schablonenvorlagen
sind zur Vervielfältigung und vor allem
zur Verwendung gedacht. Männliche
Dominanz soll so auch an den Hauswänden gebrochen, weibliche Ikonen in
38 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Umlauf gebracht und erinnert werden.
Neben diesem kompensatorischen
Ansatz formulieren die HerausgeberInnen in der Einleitung aber auch eine
grundsätzliche Kritik am Konzept der
HeldInnenhuldigung. Schließlich sollten
ja eigentlich kollektive Kämpfe gefeiert
werden statt individueller Einzelleistungen. Entsprechend kann die Sammlung deshalb auch als ironisierender
Kommentar interpretiert werden, mit
dem der Star-Status einzelner mitunter
eher infrage gestellt, denn gefestigt
werden soll. So jedenfalls wird etwa die
Aufnahme von Personen wie etwa der
Palästinenserin Leila Khaled begründet,
die durch die Entführung israelischer
Flugzeuge berühmt wurde.
Die Auswahl der dreißig Frauen ist
es auch, die sich an diesem sonst so
schönen Projekt (das auch eine Serie
von Postkarten und Plakaten umfasst, die beim Verlag bestellt werden
können) am ehesten kritisieren ließe.
Neben solch fragwürdigen Figuren wie
Khaled sind es nämlich fast ausnahmslos
politische – zudem überwiegend anarchistische und sozialistische – Aktivistinnen im engen Sinne, die vorgestellt
werden. Und auch wenn man so neben
den Klassikerinnen Emma Goldman,
Louise Michel oder Rosa Luxemburg
auch Feministinnen wie Qui Jin oder
Assata Shakur kennenlernen kann – in
den Kanon feministischer Kämpferinnen
hätten unbedingt auch andere aufgenommen werden müssen. Denn obwohl
von den HerausgeberInnen eingeräumt
wird, dass feministische Revolution auch
in Musik oder Wissenschaft stattfinden
kann: Simone de Beauvoir etwa fehlt
ebenso wie Peaches.
Eine engagierte Erweiterung ist
allerdings sicherlich ganz im Sinne des
Kollektivs. Wer also mit dem gebotenen
Repertoire an Revolutionärinnen nicht
zufrieden ist, macht sich am besten
einfach ein Stencil der eigenen Ikone
und verbreitet es. l
Revolutionäre Frauen: Harriet Tubman
Revolutionäre Frauen: Comandante Ramona
Queen of the Neighbourhood Collective:
Revolutionäre Frauen.
Biografien und Stencils
edition assemblage 2011, 12,80 Euro
an.lesen
Sprache und Rassismus l
Der Umfang des beeindruckenden Kompendiums
entspricht der Komplexität
des Themas, die Vielfalt
der Textsorten und Genres
darin spiegelt wider, in
wie vielen Spielarten er
existiert und auf wie vielen
verschiedenen Ebenen er bekämpft werden
muss: Rassismus.
Der knapp 800 Seiten starke, großformatige Sammelband enthält Rassismus-, Critical
Whiteness- und Postkoloniale Theorie; in Lexikoneinträgen, in Form von wissenschaftlichen
Texten, Essays, Lyrik, Gesprächsprotokollen, als
Literatur oder Satire wird die Frage verhandelt,
„wie Rassismus aus Wörtern spricht“. Denn
Rassismus geschieht nicht nur durch und mithilfe von Sprache, er ereignet sich auch in der
Sprache, so die zentrale These. Die theoretische
Auseinandersetzung mit rassistischen Diskursen
und kolonialen Wissensarchiven bildet deshalb
ebenso einen Schwerpunkt wie die konkrete
Analyse einzelner Begriffe (von „Aufklärung“
über „Integration“ zu „Volk“) und Bezeichnungen (von „Aboriginies“ über „Eskimo“ bis
zu „ZigeunerIn“). Und da „Wissen und Wörter
von Menschen ge-macht sind“, wie es in der
Einleitung heißt, „können sie auch ent-macht-et
werden“. Ein weiterer wichtiger Teil des Buches
ist deshalb widerständiger Sprachpraxis von
People of Color gewidmet. Lea Susemichel
Susan Arndt / Nadja Ofuatey-Alazard (Hg.):
Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben
des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche
Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk
Unrast Verlag 2011, 29,80 Euro
Soziologie des Liebesleids l „Letztlich geht es mir
darum, mit der Liebe zu
machen, was Marx mit den
Waren gemacht hat: zu zeigen, dass sie von konkreten
gesellschaftlichen Verhältnissen geformt und hervorgebracht wird“, schreibt
Eva Illouz in ihrem neuen
Buch. Programmatisch auf den Punkt gebracht
werden damit auch all ihre früheren Studien, die
sich letztlich immer um die Frage drehen, was
Gefühle und Kapitalismus miteinander zu tun
haben.
Wenn die Gelingensbedingungen für emotionale Beziehungen immer gesellschaftlicher
Natur sind, dann sind es die Ursachen für ihr
Scheitern ebenfalls. In ihrer aktuellen Studie
„Warum Liebe weh tut“ fragt Illouz nun also
folgerichtig nach den soziologischen Gründen
„für das Elend in der Liebe“. Denn dieses, so
ihre zentrale These, zeichne sich in der Moderne
durch eine völlig neue Qualität aus. Eine „neue
Architektur der Wahl“, die die „neuen Heiratsmärkte“ kennzeichne und ein Überangebot an
potenziellen PartnerInnen bereitstelle, führe
zu Bindungsaufschub und Bindungsunwilligkeit.
Die sexuelle Revolution habe in diesem Sinne
keine neuen Freiheiten gebracht, denn solange
Geschlechterungleichheit auf unterschiedlichen
Ebenen weiterhin institutionalisiert sei, „wird
die sexuelle Freiheit eine Belastung sein für
Frauen“. Während Männer nämlich munter
SexualpartnerInnen akkumulieren und Sexualkapital anhäufen, diene Liebe Frauen weiterhin
als Quelle des Selbstwerts. Die Herausforderung
des Feminismus bestünde deshalb darin, diese
„neuen Formen der emotionalen Herrschaft
von Männern über Frauen“ zu analysieren –
und ihnen zu begegnen. Ein Plädoyer für neue
„Modelle emotionaler Männlichkeit“ und eine
„Ethik in den sexuellen und emotionalen Verhältnissen“. Lea Susemichel
Eva Illouz: Warum Liebe weh tut. Eine soziologische Erklärung
Suhrkamp 2011, 24,90 Euro
auf den Wissenschaftsbetrieb in einem wahrlich
ungewöhnlichen Setting. Sylvia Köchl
Carina Nekolny: Fress-Schach. Ein bulgarischer Winterkrimi
kitab 2011, 15,56 Euro
Verpuppung l „Es war,
als hätte mir jemand eine
rosa Brille aufgesetzt“,
beschreibt die feministische Journalistin Natasha
Walter den Besuch in der
Mädchenabteilung eines
Londoner Spielwarengeschäfts. Alarmiert begann
sie zu erforschen, ob und
wie die Glitzerwelt der Puppen mit dem realen
Leben der Mädchen verschmilzt, und warum –
zehn Jahre nach ihrer Diagnose im Buch „The
New Feminism“, wonach zentrale feministische
Positionen in der Gesellschaft angekommen
seien und nun „nur“ noch um die tatsächliche
Gleichberechtigung in Politik, Arbeitswelt usw.
gekämpft werden müsse –, warum also nun mit
Sexualisierung, Verdinglichung und einem neuen
Schönheitskult scheinbar alle Errungenschaften
über Bord geworfen werden. Damit nicht genug,
musste sie feststellen, dass auch naturwissenschaftliche „Belege“ für den angeborenen Unter-
Tote Professoren l „Ich
bin nicht die Täterin“, stellt
Carina Nekolny gleich zu
Beginn ihres „bulgarischen
Winterkrimis“ fest. Während eines geisteswissenschaftlichen Kongresses mit
dem Titel „Heros und Eros“
in der Kleinstadt Bansko
werden nämlich drei Morde
an honorigen Professoren verübt. Innerhalb
der kriminalistischen Rahmenhandlung werden
wissenschaftliche Kongresse gehörig aufs Korn
genommen: als Schauplätze für Karrieregeilheit
und Eifersüchteleien, vor allem aber auch als
sexistische Betriebe, die auf die Haltbarkeit der
„gläsernen Decke“ schauen und bei denen gleichzeitig sexuelle Abenteuer gesucht werden. Ganz
nebenbei geht es auch noch um Bulgarien, die
Handlung spielt zur Zeit der „Transformation“
vom Kommunismus zum Kapitalismus, und dabei
treffen westeuropäische Blickweisen und nationalistische Empfindlichkeiten der verschiedenen
WissenschaftlerInnen ständig aufeinander.
Auf den experimentellen Aufbau des Buches muss
sich die Leserin einlassen – aber dann erwartet
sie eine unkonventionelle und feministische Satire
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 39
an.lesen
schied wieder Konjunktur hatten. Walter begann,
junge Frauen zu interviewen, um herauszufinden,
wie sie zu den Themen Sex, Pornografie, Körper,
Beziehungen/Ehe, Gewalt, Sexismus u.v.m.
stehen. Aber auch wenn vieles, was sie zu hören
bekam, wirkt, als hätten wir es in den westlichen
Gesellschaften mit einem ziemlichen Backlash zu
tun, kommt Walter zu dem Schluss, dass das, was
der Feminismus bereits erreicht hat, nicht nur
nachhaltig ist, sondern durch neue Bewegungen
auch ständig erweitert wird. Ein Buch, in dem
nicht um den heißen Brei herumgeredet wird,
wenn auch über die eine oder andere Einschätzung gestritten werden kann. Sylvia Köchl
Natasha Walter: Living Dolls. Warum junge
Frauen heute lieber schön als schlau sein
wollen (Orig. „Living Dolls – The Return of
Sexism“, London 2010)
Krüger 2011, 20,60 Euro
Queeres neues Jahr l Wie
jedes Jahr beschert uns auch
2012 den besten Taschenkalender der Welt. Diesmal
zum Thema Arbeit – mit
queerfeministischen Tipps
und Adressen, noch zu
etablierenden Feiertagen
und Beiträgen von Politgruppen, in denen mensch sofort aktiv werden will,
versüßt er uns das ganze Jahr.
Tagesplaner und Übersichtskalender sind
gespickt mit kleinen Kunstwerken: Eingangs
stellen zwei unförmige Ladies sympathisch fest:
„Wir streiken“ – und zum Schluss hin wartet ein
kleines Monster darauf, uns einen letzten heißen
Hinweis zu geben: „There's something kinky in
actually liking your job.“ Die queerfeministische
Gruppe Riot Skirts aus Bonn hat den Kalender in
Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von feminstischen, queeren, lesbischen … Guppen gestaltet.
There's nothing kinky in actually loving your
agenda. Lisa Bolyos
Riot Skirts: Queerfeministischer Taschenkalender
Unrast Verlag 2011, 7,20 Euro
Giraffengroß l Da
Unterstützung erfährt die Geschichte durch die
abwechslungsreichen Illustrationen von Manuela
Olten.
Dass sie durch das Ausbalancieren auf einem
Bein hellwach wird, ihr die Schaukelstange in
den Kniekehlen drückt und sie mit dieser Übung
zwar im Zirkus auftreten, aber nicht einschlafen
kann, oder dass sie es auf dem Baum überhaupt
nicht gemütlich findet, hilft zwar nicht beim Einschlafen, macht ihr aber deutlich: Jedes Wesen
schläft anders. Außerdem erfährt sie, dass sie
beim Schlafen wächst und dann bald so groß ist
wie eine Giraffe. Die braucht nämlich nur vier
Stunden Schlaf. Endlich ein Grund, sich in die
Bettdecke zu kuscheln, die Augen zu schließen
und zu schlafen. Svenja Häfner
Brigitte Raab, Manuela Olten: Mama, ich kann
nicht schlafen
Verlag Friedrich Oetinger 2011, 12,95 Euro
Schäfchenzählen
nicht zum Erfolg
führt, darf das
kleine Mädchen
mit dem braunen
Pagenkopf in der
Geschichte von Brigitte Raab unterschiedliche Schlafgewohnheiten
ausprobieren. Mal steht sie wie der Storch auf
einem Bein, mal hängt sie wie die Fledermaus
kopfüber an einer Schaukelstange, mal liegt
sie wie der Leopard auf einem Ast. Visuelle
Jetlagology
bonustrack: Vera Kropf
Seit meiner Adoleszenz hatte ich nicht mehr so intensive Sexträume:
eine assoziative Aneinanderreihung von gut zwanzig unmissverständlich
geschlechtlichen Situationen verbunden mit wahnwitzigem Wunschdenken und Liebeserklärungen in eindeutig romantisch geprägter Mahagoniszenerie inklusive Wandvertäfelung und
abenteuerlichem Lampeninterieur. Drogen könnten nicht
besser sein. Was macht’s möglich? Der Jetlag! Diese
unerwünschte Nebenerscheinung hocherwünschter Reisetätigkeit hat wiederum erfreuliche
Seiteneffekte. Noch unter dem Eindruck solcher Delirien berichte ich von einem weiteren
Ereignis, das mir das Jahr 2011 beschert hat:
Nicht genug, dass mich Paris im Wonnemonat
Mai das Lieben gelehrt hat, jetzt hat mich auch
noch New York City mit goldener Herbstsonne
und Schneestürmen in seinen Bann geschlagen.
Udo Jürgens erblasst vor Neid. Anlass für die
Reise über den Atlantik waren zwei total illegale Shows (psst!)
mit meiner Monster-Gruppe Half Girl. In der Parkside Lounge in Manhattan haben wir richtig geil abgeliefert. Das tollste aber war die Hin-
fahrt von Brooklyn mit dem B-Train über die Brücke kommend, draußen im nächtlichen Nebel die Wolkenkratzer von Gotham City, dann zu
Fuß durch den Regen von der Canal Street am Rande Chinatowns zur
Houston East, wo uns die Leuchtschilder empfingen. Die
zweite Show im Red Star, einer Sportsbar
im polnischen Viertel Greenpoint, war
weniger glamourös. Zwar hatten wir
uns für Halloween schick gemacht
– Julie als fiese Katze, Anna Leena
als Geisterschwester vom kleinen
Vampir, Jens als Psycho-Racoon,
ich natürlich als Teufel –, aber
die Chicken-Wings-Party im Unterstock, der kaputte Gitarrenverstärker und der Typ, der
mit dem Wischmopp im leeren Saal herumfuhr, ließen
keine rechte Stimmung aufkommen. Versöhnt haben mich
ein Strandspaziergang in Coney Island, die russischen Läden in
Brighton Beach und die laut ratternden retro-futuristischen Aluminiumraketenwagen, mit denen die U-Bahn durch die Stationen braust: The
subway charms us so!
Vera Kropf spielt Gitarre, singt bei Luise Pop und Half Girl und hat am Ground Zero eine Pizzaschnitte mit ganz viel Käse gegessen.
Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com
40 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
an.klang
Von Bombast zu Bass
Bei opulentem bis besinnlich-ausgefallenem Songwriting kann
der Herbst mit seinen fallenden Blättern und Temperaturen
kommen – und gegen die Zuhause-Depression helfen dann tiefe
Bassbeats, meint Sonja Eismann.
„Ich bin von der Idee fasziniert zu
ertrinken“, ist im Booklet der neuen
CD von Florence and the Machine zu
lesen. Florence Welch, die junge Londoner Sängerin mit der roten Mähne und
dem extravaganten Fashion-Sinn, fährt
fort: „Oder eher der Idee, irgendwo
herunterzuspringen und eingehüllt zu
werden von irgendetwas, egal, ob gut
oder schlecht, einfach nur eingehüllt.“
So verwundert es nicht, dass sich das
Thema des Ertrinkens wie ein morbider
Faden durch Ceremonials (Universal)
zieht: Im Stück „Never Let Me Go“
ist von den „arms of the ocean, so
sweet and so cold“ die Rede, „What
The Water Gave Me“ scheint vom
Wasser-Selbstmord der Virginia Woolf
beeinflusst. Das passt zum theatralischen und immer auch etwas düsteropulenten Bühnen-Image der Tochter
einer Renaissance-Studies-Professorin,
und es passt auch zur fotografischen
Selbstinszenierung zwischen 20erJahre-Salondame und 60er-JahreHippie-Free-Spirit – und nicht zuletzt
auch zur Musik mit den bombastischen
Backing-Chören, Klaviergehämmer
und der ganz großen Retropop-Geste.
Besonders subtil oder innovativ ist das
nicht, und mit großen Überraschungen
nach dem phänomenal erfolgreichen
Debüt „Lungs“ (2009) wird auch nicht
aufgewartet. Aber in der Liga, in der
Welch mittlerweile mitspielt, ist das
Einhüllen bzw. Erdrücken der Fans
durch harmonischen Überwältigungssound und dräuende Apocalypse-Vocals
vermutlich de rigeur.
Klanggewaltig geht es auch auf Boykiller (Clouds Hill) zu, dem ersten Album,
das die Multiinstrumentalistin Tonia
Reeh, die normalerweise unter ihrem
Alias Monotekktoni schräge bis dichte
Elektroniksounds veröffentlicht, unter
ihrem bürgerlichen Namen herausbringt
(siehe Interview mit Tonia Reeh in
an.schläge 10/2011). Dabei verzichtet
die Berlinerin weitestgehend auf alle
musikalischen Hilfsmittel außer ihrer
dunklen Stimme und ihrem versierten,
einfühlsamen Klavierspiel. Nachdem
die erste Verwunderung über diese unerwartete Wendung verflogen ist, sind
die Ohren frei für das, worum es hier
geht: eine neue Variante akustischer
Popmusik, die mit Pop vielleicht sehr
viel weniger zu tun hat als mit 1920erJahre-Liedtraditionen, Theatermusik,
Broadway ohne Pathos und klassischer
Moderne. „Boykiller“ wirkt dabei auf
elegante Weise zeit- und ortlos, wobei
auch die in den Texten verhandelten
Themen mitunter traurige Konstanz
beweisen, wie das Coverfoto der Künstlerin als servile, schwangere Hausfrau
unter dem wütenden Albumtitel schon
andeutet. Songs wie „Happy Knife“,
„Histeric“ und „I Am A Monster“
weisen auf die Frustrationen hin, denen
doppelt- und dreifach belastete Frauen
heute nach wie vor ausgesetzt sind.
Dass die junge Musikerin Dillon, die in
voller Länge auf den aristokratischen
Namen Dominique Dillon de Byington
hört und diesen für ihre KünstlerinnenExistenz demokratischer Weise für uns
Plebs abgekürzt hat, mit ihrem lang
erwarteten Debüt-Album gerade auf
dem Techno-Label Bpitch Control herauskommt, hätte man nun nicht erwartet. Aber die Musik auf This Silence
Kills (Bpitch Control) will auch keine
Erwartungen erfüllen und erst recht
in keine Kategorien passen. Die von
Thies Mynther (Phantom/Ghost, Stella)
und Tamer Fahri Özgönenc (MIT)
produzierte Platte der aus Brasilien
nach Köln migrierten Dillon ist quirky
Songwriting mit einer großen Liebe zu
ungewöhnlichen Sounds wie Fingerschnipsen, Pfeifen, elektronischem
Zirpen und dem berühmten „space between the notes“. Die beinahe zögerlich,
tINI, Foto: Magdalena Bichler
aber doch mit großem Selbstbewusstsein herausgeschälten harmonischen
Melodien werden mal unterstützt durch
Dillons schmelzenden Gesang, dann
wieder konterkariert durch ostentative
Quetschungen ihrer Stimme und den
interessant stolpernden AusspracheUnregelmäßigkeiten.
Nach so viel songwriterischer Besinnlichkeit braucht es zum Schluss aber
doch unbedingt noch einen Knaller.
Der kommt zum Glück von tINI, die
es von München nach Berlin gezogen
hat und deren Debüt Tessa (Desolat/
Wordandsound) zum Großteil auf Ibiza
entstanden ist. Die Produzentin, die
auch für ihre elektrifizierenden DJ Sets
bekannt ist, begnügt sich hier aber nicht
mit einer formelhaften House-Platte,
sondern ist mit groovenden Tiefen,
uncheesy Stimmsamples, viel Delay
und wummernden Bassbeats eine echte
Entdeckung. l
Links:
http://florenceandthemachine.net/
www.toniareeh.de
www.dillon-music.com
www.myspace.com/tinitier
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 41
an.sehen
„We immediately just fit“
Edie Windsor und Thea Spyer erzählen in der Dokumentation
„Edie & Thea: A Very Long Engagement“ ihre einzigartige
Liebesgeschichte.
Von Mirjam Bromundt
„We made love all afternoon and
went dancing at night“, sagt Thea
Spyer, eine der zwei Protagonistinnen in „Edie & Thea: A Very
Long Engagement“, und markiert
damit den Beginn einer lebenslangen Liebe. Bis Edie Windsor
Löcher in ihren Strümpfen hatte,
ließen sie nicht voneinander ab,
und sieht man die beiden Jahrzehnte später den Regisseurinnen
Susan Muska und Gréta Ólafsdóttir
(„The Brandon Teena Story“) ihre
Geschichte erzählen, spürt man
noch immer diese Energie des
ersten Tages.
42 Jahre sind Edie Windsor und
Thea Spyer schon zusammen, als
sie sich 2007 in Kanada endlich das
Ja-Wort geben können. Was bei
vielen heterosexuellen Paaren am
Anfang ihres gemeinsamen Lebens
steht, ist für die zwei Frauen im
reiferen Alter ein lang ersehnter
Traum – sind sie doch schon seit
Jahrzehnten verlobt, doch eine
gleichgeschlechtliche Hochzeit
war zum damaligen Zeitpunkt in
New York unmöglich. Im Dokumentarfilm blicken sie zurück
auf ein gemeinsames Leben und
sehen sich Dias von früher an, die
Thea mit ihrem so spitzen wie
trockenen Humor kommentiert.
Sie erzählen von der lesbischen
Szene New Yorks in den 1960ern,
als frau sich auf privaten Partys
und in schummrigen Mafiabars
vergnügte, und wo Razzien in der
Prä-Stonewall-Ära einfach dazugehörten. In einer dieser Bars trafen
die beiden College-Absolventinnen
mit jüdischem Hintergrund auch
das erste Mal aufeinander. Thea
war als Tochter einer holländischen
Unternehmersfamilie im zweiten
Weltkrieg geflüchtet und sollte
42 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
bald als Psychotherapeutin ihre
eigene Praxis haben. Edie kam als
in Philadelphia aufgewachsenes
Ostküsten-Girl nach New York und
war später eine der ersten leitenden Computersystem-Analystinnen
und -programmiererinnen bei IBM.
Fotos und Videoaufnahmen einer
gemeinsamen Reise nach Surinam,
vom Haus in den Hamptons, von
früheren Strandurlauben oder
Gay-Rights-Demos stehen dem
späteren Alltag der beiden Frauen
gegenüber. Mit 45 Jahren erkrankte Thea an Multipler Sklerose, was
das Paar vor neue Herausforderungen stellte, aber weder Thea noch
Edie den Mut verlieren ließ. „Oh
shit! I had to fall for the one in the
wheelchair!“, lacht Edie, und sieht
man den beiden beim liebevollen
Zubettbringen oder dem gemeinsamen therapeutischen Schwimmen
im Pool zu, merkt man, dass sie
es miteinander nicht besser hätten
treffen können. Theas Krankheit
ist es auch, die die Hochzeitspläne
vorantreibt. Mit der Aussicht auf
nur mehr ein weiteres Lebensjahr
lassen sich die Langverliebten 2007
in Toronto vom ersten schwulen
Priester trauen und ersetzen die –
durch die Arbeit bei IBM bedingten
diskreten – Verlobungsanstecknadeln durch „echte“ Eheringe.
Auch nach dem Tod Theas blieb
Edie eine wichtige Figur in der
Gay-Rights-Bewegung, und die
Geschichte ihres Prozesses „Windsor v. United States“ ist u.a. auf
Wikipedia nachzulesen. Da die
in Kanada geschlossene Ehe in
New York nicht anerkannt wurde,
musste Edie nämlich im Gegensatz
zu rechtlich gültig (heterosexuellen) Vermählten 363.000 Dollar
Erbschaftssteuer zahlen – „The
Fotos: DV8-Film
law effectively imposes a tax on
being gay“, sagt Edie. Jetzt geht
es um die Verfassungskonformität
des „Defense of Marriage Act“
(DOMA), in dem festgehalten ist:
„(...) the word ‚marriage‘ means
only a legal union between one man
and one woman as husband and
wife, and the word ‚spouse‘ refers
only to a person of the opposite sex
who is a husband or a wife.“
Gerade vor diesem Hintergrund ist
„Edie & Thea: A Very Long Engagement“ nicht nur ein romantischer,
persönlicher und immer wieder
zu Tränen rührender Film, der bei
zahlreichen Filmfestivals, so auch
bei identities 2011, ausgezeichnet
wurde. Er ist auch ein politisch
wichtiges Statement. l
Edie & Thea: A Very Long Engagement. USA 2009, 60 Minuten,
amerikanische Originalfassung
mit deutschen UT
Regie: Gréta Ólafsdóttir,
Susan Muska
Mit: Edie Windsor, Thea Spyer
Ab Montag, 12. Dezember
täglich um 21 Uhr exklusiv
im Schikanederkino Wien
http://blessblessproductions.com
an.künden
Redaktionsschluss Termine 02/12
10.01.2012 [email protected]
fest
musik
2.–4.12., Wien
Maja’s Musik Markt – die Wiener
Musikszene räumt auf, mit Angélica
Castelló, Braaz, Die Brücke, Cherry
Sunkist, Comfortzone, Playbackdolls
u.v.m. Programm unter http://kofomi.
com/main/musikmarket_press_pr.pdf
Kunstraum Purpur, 1190 Wien, Glatzgasse 2/ Ecke Döblinger Hauptstr. 6,
www.purpur19.at
3.12., 19.00, Wien
ZARA: Fest 2011 – Wir blasen Rassismus den Marsch, mit Pop:sch, bratfisch,
DJane p.K.one (Ladyshave) und Shushu,
Tickets: VVK € 17/ erm. 12, AK 19/ 15
WUK, 1090 Wien, Währinger Straße
59, 01/401210, www.wuk.at
3.12., Salzburg
M’s Grace: Refurnish my Heart,
Support: emma&ich, Tickets: € 14/
erm. 11/7
ARGEkultur, 5020 Salzburg, UlrikeGschwandtner-Straße 5,
www.argekultur.at
3.12., 22.00, Wien
Kings and Queens, mit David Jerina
und Phil (QUEER:BEAT Resident),
Tickets: € 4/ nach 23.00: 9
Badeschiff, 1020 Wien, Donaukanal
zw. Salztor- und Augartenbrücke
4.12., 23.00, Wien
Die Quote – queer-feministisches Dj- &
Veranstalter_innen-Kollektiv
Schikaneder Kino, 1040 Wien, Margarethenstraße 24, 1040 Wien,
T. 01/5852867, www.schikaneder.at
10.12., 21.00, Salzburg
HOSI-Fest
Homosexuellen Initiative Salzburg,
Gabelsbergerstr. 26, 5020 Salzburg,
T. 0662/435927, www.hosi.or.at
25.12., 21.00, Wien
10 Jahre Asian Night mit Djane Luz
(Brunhilde – Djane Kollektiv)
Palais Auersperg, 1080 Wien,
Lerchenfelderstraße 2
film
ab 2.12., Österreich
Du und Ich (A 2011), Regie: Ruth
Rieser, ein Dokumentarfilm über ein
Liebespaar mit besonderen Bedürfnissen und Schwierigkeiten
4.12., 13.30, Wien
Premiere: Roma Memento, ein Film
von Marika Schmied über Pogrome
in Europa
Filmhaus Kino Spittelberg, 1070
Wien, Spittelberggasse 3,
www.stadtkinowien.at/filmhauskino
8.–10.12., Bern
Frauenfilmfest: Schön stark, schön
mutig im Rahmen von 16 Tage
gegen Gewalt an Frauen Schweiz:
www.16tage.ch
Kino in der Reitschule, 3011 Bern,
Neubrückstraße 8, kino.reitschule.ch
9.12., 19.30, Wien
Wir sind schon da (D/F 1997), ein
Dokumentarfilm über die Frauen der
Sans Papiers-Bewegung, ein Film vom
Frauen-Lesben-Film-Kollektiv Berlin
FZ-Bar, 1090 Wien, Währingerstraße 59/6, Eingang Prechtlgasse, T.
01/4027854, fz-bar.wolfsmutter.com
bis 7.12., Wien
This human world – Internationales
Filmfestival der Menschenrechte, über
80 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme,
Diskussionen und Vorträge
Diverse Veranstaltungsorte, Programm
und Infos unter T. 01/585588823,
www.thishumanworld.com
15.12., Wien
Candy Club, Live: Dance Yourself To
Death & Light Fires (Toronto)
Fluc wanne, 1020 Wien, Praterstern
5, www.fluc.at
ab 23.12., Österreich
MAMA AFRIKA (Finnland/D 2011),
Regie: Mika Kaurismäki, Dokumentarfilm über die afrikanische Sängerin
und Anti-Apartheid-Aktivistin Miriam
Makeba
16.12., 18.00, Wien
Vinyl-Abend im Frauencafé, bring
deine Platten mit – alle Musik
willkommen
Frauencafé, 1080 Wien, Lange Gasse
11, www.frauencafe.com
div. Termine, international
Working mum – der ganz normale
Wahnsinn (USA 2011), Regie:
Douglas McGrath. Mit Sarah Jessica
Parker, Pierce Brosnan, Christina
Hendricks u.a.
div. Termine, Österreich
Der Prozess (A 2011), Regie: Gregor
Igor Hautzenberger. Dokumentarfilm
über den Prozess gegen 13 TierschützerInnen, angeklagt nach § 278, dem
sogenannten Mafiaparagrafen
bühne
1.–3.12., 20.00, Wien
MEDEA von Euripides, Stückeinrichtung und Konzeption: Nicole Metzger
& Peter Pausz, Tickets: € 18/ erm. 12
Theater Spiel Raum, 1070 Wien,
Kaiserstraße 46, T. 01/713046060,
www.theaterspielraum.at
1.–4.12., 20.00, Wien
Dominant powers. Was also tun?
Konzept/Regie/Raum: Claudia Bosse,
Theatercombinat, von/mit: Nele
Jahnke, Tickets: € 15/ erm. 9
DOMPOWpalace, 1150 Wien, Pfeiffergasse 3, T. 0681/10649264,
www.theatercombinat.com
1.12.–17.12., 20.00, Wien
Intim2 – ein Doppelabend mit Playing
Mums und Gebrüder Lirsch, Tickets: €
16/ erm. 13
KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterng. 42, www.kosmostheater.at
6. u. 7.12., 20.00, Wien
Marie Thérèse Escribano: Ich bin ein
Vorbild.
Bar&Co, 1010 Wien, Fleischmarkt 22,
T. 01/5131444, www.drachengasse.at
12. u. 13.12., 26., 27., 28. 1., 19.30,
Wien
„DAS IST EIGENTLICH ALLES“, ein
Stück nach Motiven von Daniil Charms,
Tickets: € 18/ erm. 12
3raum – Anatomietheater, Beatrixgasse 11, 1030 Wien, 3raum.or.at
15., 16.12, 19.30, 17.12. 18.00,
18.12., 17.00, Berlin
GlückStück, eine Tanzperformance
von Helena Waldmann, Tickets: € 18/
erm. 11
Radialsystem V, 10243 Berlin, Holzmarktstr. 33, www.radialsystem.de
ab 18.1., 20.30, Wien
Entkörperung.Zwei.Null: Gastspiel
vom Theater ångstrøm, Claudia Tondls
preisgekröntes Stück ist eine groteske
Komödie über die Arbeitswelt der
New Economy
KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, www.kosmostheater.at
16. u. 23.12., 14. u. 21.1., 16.00, St.
Pölten
Ronja Räubertochter nach Astrid
FRAUENHOTEL artemisia
BERLIN
Zimmer zum Wohlfühlen in Citylage
Ab 39,- Euro
Brandenburgische Str. 18, 10707 Berlin,
T 0049 30 8738905
[email protected]
www.frauenhotel-berlin.de
Lindgren, Regie: Dora Schneider, mit
Katharina von Harsdorf, Christine
Jirku, Elisabeth Luger u.a.
Landestheater Niederösterreich, 3100
St. Pölten, Rathausplatz 11,
T. 02742/908060600,
www.landestheater.net
27., 28.12., 20.00, Wien
Entfernungen von Marlene Streeruwitz, Regie: Samuel Schwarz
Schauspielhaus, Porzellangasse 19,
1070 Wien, T. 01/317010111,
www.schauspielhaus.at
seminar
workshop
27.1., 17.2., 16.3., 13.4., 9–17.00,
Wien
Moderationstraining für Frauen, in
Kooperation mit WIDE – Women in
Development Austria, Kosten: € 490,
Anmeldung bis 20.1. an [email protected], 1. Termin: Sitzungsraum von
„Die Umweltberatung“, 1100 Wien,
Buchengasse 77, 4. Stock
13., 14.2., 9–17.00 Wien
„Den Gender Gaps auf der Spur Gender Mainstreaming Analyse und
Umsetzung“ 2-tägiges Seminar für
Führungskräfte und GM-Beauftragte,
Anmeldung bis 10.1. an [email protected], Kosten: € 320 inkl.
Unterlagen und Pausengetränke
Seminarhaus Sargfabrik, 1140 Wien,
Goldschlagstraße 169
vortrag
diskussion
1. u. 2.12., 18.15, Wien
Nancy Fraser: Can society be commodities all the way down? Vortrag am
1.12., Diskussion am 2.12. Festsaal
(Vortrag) und Clubraum (Diskussion), Österreichische Akademie der
Wissenschaften, 1010, Wien, Dr. Ignaz
Seipel-Platz 2, www.oeaw.ac.at
5.12., 18.00, Wien
Projektpräsentation womenTUsuccess,
Vortrag: Karrierewege erfolgreicher
TU-Absolventinnen anschließende
Podiumsdiskussion
Technische Universität Wien, Kuppelsaal, 1040 Wien, Karlsplatz 13
5.12., 19.00, Wien
„The Role of Social Capital in
Implementing the Domestic Violence
Policy in Georgia“ Themenspecial
des Gender Initiativkollegs mit Nino
Javakhishvili
NIG, Hörsaal 3, 1010 Wien, Universitätsstraße 7, Hörsaal 3, gik.univie.
ac.at/home/termine/
7.12., 19.00, Wien
Kateřina Kolářová: The Asocial Body
of Contagion: Discourses of AIDS and
HIV in the Socialist Czechoslovakia
Referat Genderforschung, Hörsaal B,
Universitätscampus, Hof 1.11,
1090 Wien, Spitalgasse 2-4,
T. 01/427718542,
gender.univie.ac.at
7.12., 19.00, Wien
Edma Ajanovic: Frauenemanzipation
durch Migration? Bosnisch-herzegowinische Frauen und die Konsequenzen
ihrer Flucht in den 1990er Jahren,
Präsentation der Diplomarbeit und
Diskussion
Frauensolidarität, 1090 Wien, Sensengasse 3, www.frauensolidarität.org
15.12., 16.00, Wien
Antirassismus und Feminismus, Vortrag und Diskussion mit Steve
FZ-Bar, 1090 Wien, Währingerstraße
59/6, Eingang Prechtlgasse,
T. 01/4027854, fz-bar.wolfsmutter.com
18.1., 19.00, Wien
Elisabeth Freudenschuss: SEX_inG,
GENDER_inG, QUEER_inG
DEVELOPMENT: Wissensbestände
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 43
an.künden
le, 1010 Wien, Am Hof 6a,
www.verbund.com/sammlung
Stop violence!
Österreich nimmt seit 1992 an der internationalen
Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ teil.
Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen, Ausstellungen, Straßenaktionen, Ringvorlesungen u.v.m.
sollen auch heuer wieder für das Problem sensibilisieren und (betroffenen) Frauen Unterstützung und
hilfreiche Informationen bieten. Als krönender Abschluss lädt das Frauenhaus Tirol anlässlich seines
30-jährigen Bestehens zum Fest am 16.12.
Bis 16.12.: 16 Tage gegen Gewalt an Frauen,
Programm und Infos unter www.aoef.at
zu Sexualität und Geschlecht in der
Entwicklungszusammenarbeit, Präsentation der Diplomarbeit und Diskussion
Frauensolidarität, 1090 Wien, Sensengasse 3, T. 01/31740200,
www.frauensolidarität.org
ausstellung
bis 6.12., Wien
PALIMSEST/E* , mit Werken von Renate Darabant, Ines Hochgerner u.a.
Sheysbar, The Window, 1070 Wien,
Kandlg. 6, Di–Fr 13–17.00, T.
01/3199619
7.12.–20.1.,Wien
Ein Le(e.h.)rstuhl für Käthe Leichter,
Ein Kunstprojekt in 4 Teilen von
Cornelia Mittendorfer
Bibliothek der AK Wien, 1040 Wien,
Prinz-Eugen-Straße 20-22, Mo–Fr
10– 19.30, T. 01/501652352, wien.
arbeiterkammer.at/bibliothek
ab 7.12., 17.00, Wien
„I am from Austria“ Kunstprojekt der
Muslimischen Jugend Österreich
wienXtra – Institut für Freizeitpädagogik, 1080 Wien, Albertgasse 35/II,
T. 01/400083415, www.ifp.at
bis 16.12.,Klagenfurt
„Frauen im Krieg – Die Situation der
Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts –
Frauenschicksale“
Amt der Kärntner Landesregierung,
9020 Klagenfurt, Mießtaler Straße 1,
Mo–Do 7.30–16.00, Fr 7.30–12.00,
www.kulturraum-klagenfurt.at
bis 17.12., Wien
Barbara Rapp: Frauenbild zu entsorgen, Eintritt frei
KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, geöffnet an Spieltagen
ab 90 Min. vor Vorstellungsbeginn
17.12–26.1., Innsbruck
Brigitte Kowanz: In light of
Galerie im Taxispalais, 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 45,
Di–So 11–18.00, Do 11–20.00, www.
galerieimtaxispalais.at
bis 23.12, Wien
spiel/mach/t/raum – Ausstellung
anlässlich 100 Jahre Frauentag
Aula der Universität für Musik und
darstellende Kunst Wien, 1030 Wien,
Anton-von-Webern-Platz 1, Mo–Fr
8–21.00, Sa 8–19.00, www.mdw.ac.at
bis 31.12., Graz
Communitas – Unter anderen.
Ausstellung rund um das Thema „Ausschließung“ mit Werken von Ursula
Biemann (CH), Shuruq Harb (PS)
u.a., in Kooperation mit steirischer
Herbst, Eintritt: € 8/ erm. 3
Camera Austria, 8020 Graz, Lendkai
1, Di–So: 10–18.00,
www.camera-austria.at
bis 8.1., Wien
Claire Hooper : Nyx – Aoide – Eris.
Antike Mythen filmisch neu interpretiert, Eintritt: € 9
Museum moderner Kunst, Museumsquartier, Museumsplatz 1, 1070 Wien,
Mo 14–19.00, Di–So 10–19.00 außer
Do 19–21.00, www.mumok.at
bis 15.1., Düsseldorf
Die andere Seite des Mondes. Künstlerinnen der Avantgarde, Eintritt: € 12/
erm. 9.50
K20 Grabbeplatz, Kunstsammlung
NRW, 40213 Düsseldorf, Grabbeplatz
5, Di–Fr 10–18.00, Sa,So, Feiertag
11–18.00, T. 0049(0)211/83 81 204
bis 20.1., Wien
Tanja Stany: Reh im Wald bei Lederwaren... Konzept von Lokal.Kunst des
Vereins Buntes Weißgerbergrätzel
zur Belebung leerstehender Wiener
Geschäftslokale, 24h zu besichtigen
In den Schaufenstern von Lederwaren
und Salon Belle Arti, Radetzkystraße
5, 1030 Wien, www.livingtwice.com
bis 12.2.2012, Frankfurt
Do it yourself – Die Mitmach Revolution
Museum für Kommunikation Frankfurt, 60596 Frankfurt am Main,
Schaumainkai 53, Di–Fr 9–18.00,
Sa/So 11–19, www.diy-ausstellung.de
bis 26.2., München
Sabine Hornig – Durchs Fenster,
Arbeiten an den Schnittstellen von
Skulptur, Installation und Fotografie
Pinakothek der Moderne: Saal 30,
80333 München, Barer Straße 40,
Alte Pinakothek: Obergeschoss Saal
15, Barer Straße 27, Eingang Theresienstraße, T. 0049(0)89/23805216,
www.pinakothek.de
bis 11.3.2012, Hittisau
Feste.Kämpfe. 100 Jahre Frauentag,
Eintritt: € 4
Frauenmuseum, 6952 Hittisau, Platz
501, Do 15–20.00, Fr–Sa 10–12.00 u.
14–17.00, T. 5513/620930,
www.frauenmuseum.at
lesung
Eintritt: € 8/ erm.6
Der literarische Salon, BKA Theater,
10961 Berlin, Mehringdamm 34,
0049(0)30/2022007,
www.salonkultur.de
12.–17.12., 20.00, Wien
Verrückung. Eine literarisch–musikalische Annäherung an Christine Lavant
mit Agnes Heginger, Maria Frodl und
Martina Spitzer
Theater Drachengasse, 1010 Wien,
Fleischmarkt 22, T. (01)5121354,
www.drachengasse.at
aktivitäten
10.12. 13–17.00, 11.12. 10–17.00, Wien
Wen Do-Grundkurs für Mädchen
von 11 bis 14 Jahren, Anmeldung:
T.01/4085057 und Barzahlung vor
dem Kurs, mehr Kurse unter wolfsmutter.at/sistaz/wendo_wien
FZ – FrauenLesbenMädchenZentrum,
1090 Wien, Währinger Straße 59,
Stiege 6, fz-bar.wolfsmutter.com
14.12., 18.30–23.00, Wien
Venus im Bade – Badeabend nur für
Frauen
Sargfabrik – Bade- und Kulturhaus,
Goldschlagstraße 169, 1140 Wien,
T. 01/98898120, www.sargfabrik.at
7.12., 20.00, Berlin
Lesbische Auslese. Ein literarisches
Quartett. Vier Frauen präsentieren
vier lesbische Bücher
BEGINE – Treffpunkt und Kultur für
Frauen e.V., 10783 Berlin, Potsdamer
Str. 139, T. 0049(0)30/2151414,
www.begine.de
jeden Montag, 17–18.30, Berlin
Theater für Lesben mit Lebenserfahrung
BEGINE – Treffpunkt und Kultur für
Frauen e.V., 10783 Berlin, Potsdamer
Str. 139, T. 0049(0)30/2151414,
www.begine.de
12.12., 20.00, Berlin
Buchpremiere: Anne Siegel liest aus
ihrem Buch „Frauen Fische Fjorde:
Deutsche Einwanderinnen in Island“,
jeden 2. u. 4. Freitag, 17.00
Treffen der ARGE Dicke Weiber –
Feministische Initiative dicker Frauen
gegen Gewichtsdiskriminierung und
bis 22.1., Wien
No fashion, please! – Fotografie zwischen Gender und Lifestyle , Eintritt:
€ 7/ erm. 5.50
Kunsthalle Wien, Halle 2, 1070 Wien,
Museumsplatz 1, Mo–So 11–19.00,T.
01/5218933, www.kunsthallewien.at
ab 26.1. jeden Mi, 18.00, Wien
„That’s me – That’s not me“, frühe
Werke von Cindy Sherman, kuratiert
von Gabriele Schor, jeden Mittwoch
18.00, Anmeldung erbeten unter
T. 01/5031350044 oder
[email protected]
Vertikale Galerie, VERBUND-Zentra-
Queer is not dead
Das 5. Queerograd Festival beschäftigt sich mit
Schwachstellen und Fehlleistungen des Projekts
„queer”. Es gibt Vorträge von Gin/i Müller, Alex
Gruber und Tjark Kunstreich mit anschließenden
Podiumsdiskussionen, danach einen Club Burlesque
Brutal, das plug’n’pray DJ Team und Extofita. Das
Festival ist auch der Erinnerung an den am 17.11.
verstorbenen Thomas Seidl, Mastermind von
h.a.p.p.y, gewidmet.
2. u. 3.12.: QUEEROGRAD 2011, Forum Stadtpark Graz, 8010 Graz, Stadtpark 1, Programm
und Infos unter queerograd.antville.org
44 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
Foto: Jutta Schwarz
Generationenreise
Das Stück „seXtegeneration“ handelt von Migration
und Assimilation, von Emanzipation und Zivilcourage.
Jutta Schwarz gibt Einblick in ihre Familiengeschichte
und reist durch 150 Jahre Wiener Zeitgeschichte. Die
Performerin wechselt Perspektiven und Rollen quer
durch ein Spektrum von sechs Generationen.
14.–17.12., 20.00: SeXtegeneration – oder: Wie wird
man Österreicherin? Theater Spielraum, 1070 Wien,
Kaiserstraße 46, 01/713046060,
www.theaterspielraum.at
an.künden
Frauen in Kunst und Kultur in OÖ
Radio FRO, 105.0 MHz (Linz),
Live Stream: http://fro.at,
jeden 4. Mo
Mo 18–19.00, Kärnten
Frauenstimmen – Glas zena
Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac), Live Stream: www.agora.at,
wöchentlich
Di, 13–14.00, Wien
Globale Dialoge – Women on Air
Orange 94.0 MHz, Live Stream:
http://o94.at, wöchentlich
Elfriede Trautner:
Das Mal, 1970,
LENTOS
Kunstmuseum Linz
Appraisal
Die leider in Vergessenheit geratene Künstlerin
Elfriede Trautner fertigte Hunderte von Kaltnadelradierungen an. In und mit ihren Werken bewältigte
sie die sozialen Strukturen im Linz der 1960er und
1970er Jahre: eine (frauen-)feindliche Welt, geprägt
von fortschreitender Technifizierung und Entfremdung.
Eine aktuelle Revision ihres Werks zeigt eine der
besten Grafikerinnen Österreichs ihrer Zeit.
bis 29.1.: Elfriede Trautner (1925-1989). Zeichnungen und Druckgrafiken, LENTOS Kunstmuseum
Linz, 4020 Linz, Ernst-Koref-Promenade 1,
Di–So: 10–18.00, Do 10–21.00, T. 0732/70703600,
www.lentos.at
Schlankheitsterror – für Vielfalt und
positive Selbstbilder, Infos: argedickweiber.wordpress.com, [email protected]
FZ-Beisl, 1090 Wien, Währingerstraße 59/Ecke Prechtlgasse
jeden Donnerstag, ab 18.00, Graz
Offener Abend im „feel free“ der
„RosaLila PantherInnen“
feel free – steirisches Schwulen- und
Lesbenzentrum, 8020 Graz, Annenstraße 26, T. 0316/366601,
www.homo.at
div. Termine, Wien
Tanzkurse und Tanzabende für Frauen
– Resis.danse, Frauentanzclub
div. Veranstaltungsorte,
Infos unter www.resisdanse.at
beratung
15.12., 13–16.00, Wien
PERGINA: Bildungs-, Beratungs- und
Therapiezentrum für Immigrantinnen,
Tag der offenen Tür und Informationen
zur Entwicklung der Beratungsstelle
FZ-Bar, 1090 Wien, Währingerstraße
59/6, Eingang Prechtlgasse,
T. 01/4027854,
fz-bar.wolfsmutter.com
jeden Donnerstag, Graz
Infotag ZAM Frauenservice
nowa, 8010 Graz, Jakominiplatz 16,
Steinfeldhaus, T. 0316/716022,
www.frauenservice.at
jeden Mo/Mi/Fr, 17–20.00, Wien
Lila Tip: Lesbenberatung: Beratung,
Information und Gruppenangebote
Rosa Lila Villa, 1060 Wien, Linke
Wienzeile 102, T. 01/5868150,
www.villa.at/lilatip
diverse Termine, Wien
Frauen beraten Frauen – psychosoziale
Beratung, Rechtsberatung u.v.m.
1060 Wien, Lehargasse 9/2/17 oder
1010 Wien, Seitenstettengasse
5/7, Mo u. Mi 9.30–12.30, Di u. Do
13–16.00, T. 01/5876750,
www.frauenberatenfrauen.at
diverse Termine, Berlin
Frauenkreise – Beratungsangebot für
Frauen: Rechtsberatung, Beratung
und praktische Unterstützung für
Filmerinnen usw.
Frauenkreise – soziokulturelles Projekt, 10991 Berlin Mitte,
Choriner Straße 10,
www.frauenkreise-berlin.de
Di, 18–19.00, Wien
Weibertalk – Sendung des Autonomen
FrauenLesbenZentrums Innsbruck
Orange 94.0 MHz, Live Stream:
http://o94.at, jeden 2. Di
Di, 20–21.00, Deutschland
Mrs. Pepsteins Welt – FeminismusAllüren, und Musik, Musik, Musik
Radio Blau 99.2 MHz (Leipzig),
www.mrspepstein.de, jeden 4. Di
Di, 21–22.00, Wien
female:pressure – Feministisches
Magazin zu Musik- und Clubkultur
Orange 94.0 MHz, Live Stream:
http://o94.at, jeden 2. Di
Mi 18–18.30, Salzburg
Frauenzimmer – Plattform für eine
frauenspezifische Information
Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg
Stadt), Live Stream:
www.radiofabrik.at, wöchentlich
Mi, 17–18.00, Steiermark
Femme Totale – frauenspezifische
Themen aus den Bereichen Kunst,
Kultur, Politik, Gesundheit, Soziales
Kultur- und Bildungskanal des Radio
Helsinki auf 92,6 MHz, Live Stream:
www.helsinki.at
Mi 18–19.00, Wien
Bauch, Bein, Po – Die Sendung für
die ganze Frau
Orange 94.0 MHz, Live Stream:
http://o94.at, jeden 2. Mi
Do 18–19.00, Wien
Transgender Radio
Orange 94.0 MHz (in Kooperation
Radio ALEX, Berlin),
Live Stream: http://o94.at,
jeden 1. und 3. Do
Fr 18–19.00, Wien
Radio UFF – Sendung des
Unabhängigen FrauenForums
Come on baby
Die beiden Darstellerinnen Beatrice Fleischlin und
Anja Meser machen sich auf die Suche nach dem
„Männlichen“ und entdecken dabei ein weites
Spektrum an Körperlichkeiten. Im Laufe des Stückes
verwandeln sie sich in Klaus/Klaudia und Ringo. Ihr
Spiel mit den Geschlechteridentitäten zeigt Misch- und
Doppelwesen: ein Plädoyer für ein Dasein zwischen
den Kategorien!
14., 15.12., 20.00: Come on baby – Ein uneindeutiges Angebot, Sophiensäle, 10178 Berlin, Sophienstraße 18, T. 0049(0)30/2835266,
www.sophiensaele.com
Orange 94.0 MHz, Live Stream:
http://o94.at, jeden 1. Fr
Fr 19–20.00, Oberösterreich
SPACEfemFM Frauenradio
Radio FRO 105.0 MHz (Linz),
Live Stream: http://fro.at,
eden 1., 3. u. 4. Fr
Sa 12–13.00, Deutschland
Rainbow City – Radio für Lesben und
Schwule
97.2 MHz (Berlin), Live Stream:
www.radiorainbowcity.de, wöchentlich
So 17–18.00, Steiermark
Genderfrequenz – Sozialpolitisch,
feministisch, unbeugsam
Radio Helsinki, 92.6 MHz (Graz), Live
Stream: www.helsinki.at, jeden 2. So
So, 19–20.00, Tirol
Weibertalk – Sendung des Autonomen
FrauenLesbenZentrums Innsbruck
FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck),
Live Stream: www.freirad.at,
jeden 1. So
So, vierwöchentlich, 17–18.00,
Steiermark
Wäre ich ein Buch... feministische
Inhalte aus Büchern und anderen Medien Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz),
Live Stream: www.helsinki.at
Magical
div. Termine, Wien, Graz, Innsbruck
Verschiedene therapeutische Gruppen
z.B. Young*Trans, Queer*Family,
SAPPHO u.a.
COURAGE – Beratungsstelle für
gleichgeschlechtliche und transGender
Lebensweisen, Standorte und Termine
unter www.courage-beratung.at
Die in Wien lebende französische Choreografin Anne Juren und die New Yorker Regisseurin Annie Dorsen enthüllen in ihrem feministischen Performance-Tanzstück Schicht
für Schicht „das Geheimnis“ der Frau und
zeigen, was Frau alles sein kann: Hausfrau,
Kämpferin, Opfer, Mutter und Maschine.
radio
fixtermine
Mo 18–19.00, Wien
Khorschid Khanum –
Die persischsprachige Frauensendung
Orange 94.0 MHz, Live Stream:
http://o94.at, jeden 1. Mo
Mo 19–20.00, Oberösterreich
52 Radiominuten – Sendung von
FIFTITU%, Vernetzungsstelle für
Foto: Wolfram Sander
Foto: Christoph Lepka/brut
30.12., 20.00, 31.12., 22.00: MAGICAL –
Annie Dorsen & Anne Juren, brut – Koproduktionshaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5,
T. 01/5878774, www.brut-wien.at
Dezember 2011 l Jänner 2012 an.schläge l 45
das illustrierte werbe-wäh
Vorschau auf die Februar-Ausgabe:
Orgasmus!
Tipps & Theorie, Tools & Toys
an.schläge-Abopreise:
Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro
Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro
Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro
* Gültig für Europa, weitere Auslandspreise auf Anfrage.
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neu! www.anschlaege.at
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Alser Str. 39
Berggasse 8
Schwarzspanierstr. 15
Wielandgasse 2-4
Rudolfstr. 17
Dragonenstr. 22
Dreifaltigkeitsgasse 12
Museumstr. 4
Kirchstraße 39
Siebenundvierzigergasse 27
Feuerbachgasse 25
Paulitschgasse 5/7
und auch in vielen Städten in Deutschland.
46 l an.schläge Dezember 2011 l Jänner 2012
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Südwind
1070
Tabak Trafik Brosenbauch 1070
Riedl
1080
Löwenherz
1090
Südwind
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1110
Infoladen Treibsand
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Kulturverein Waschaecht 4600
Rupertusbuchhandlung
5020
Wagnersche Buchhdlg.
6020
Verein Amazone
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Berta – Bücher & Produkte 8020
KiG! Kultur_in_Graz
8020
Hacek-Bücherei
9020
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OFF THE ROKKET. Yori Gagarim
URLAUB ZUM ENTSPANNEN
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wenn man weiß, dass es auch
den anderen gut geht.“ (Ute Bock)
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