Die goldenen Zeiten

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Die goldenen Zeiten
Sport
Donnerstag, 6. September 2012
Die goldenen Zeiten
Vor zehn Jahren
ging die Ära von
Meister-Trainer
Osim beim SK
Sturm zu Ende. Was
blieb aus der Zeit
von Ivica Osim?
Kartnigs Misstöne
Es war ein Rückzug, der sich zu
diesem Zeitpunkt schon abgezeichnet hatte, denn der Abgang
war von nicht sehr glanzvollen
Musiktönen eingeleitet worden.
Im Herbst 2002 lief das Werkel
nicht mehr so glanzvoll wie zuvor. Präsident Hannes Kartnig
hatte seinem Trainer schon monatelang wenig schmeichelhafte
Wortmeldungen zukommen lassen – es war Mobbing, hat Jahre später ein Arbeitsgericht befunden. Die goldene Zeit des
SK Sturm war auch eine goldene Zeit für seine Fußballer, die
sich teilweise über fürstliche Gehälter freuen durften. Die Erfolge der Mannschaft unter Osim
konnten sich wahrlich sehen
Das Maximum
herausgeholt
Nach seinem Abgang bei Sturm arbeitete Ivica Osim in Japan –
bis zu seinem Schlaganfall.
Foto: kk
lassen: 1997/98 – der Verein war
ins gerade eröffnete Schwarzenegger-Stadion übersiedelt – wurde der Klubs erstmals Meister –
mit einem Riesenvorsprung vor
der Konkurrenz. Ein Jahr später konnte Sturm seinen Titel erfolgreich verteidigen, holte dazu
auch Cup und Super-Cup.
International erfolgreich
Bis 2001 hatten sich die Leistungen der steirischen Kicker in
ganz Europa herumgesprochen:
Drei Jahre in Folge war Sturm in
der Championsleague vertreten,
bestritt insgesamt 24 Spiele in
der Königsklasse – und konnte
davon immerhin sieben gewinnen. Osim war am Gipfel seiner
Popularität angelangt. Nur 18
Monate später war seine Zeit in
Graz aber zu Ende: nach überwiegend glanzvollen acht Jahren und drei Monaten beim SK
Sturm, er war zu diesem Zeitpunkt der längstdienende Trainer der Bundesliga.
Erst seit einem halben Jahr
kann man aber endgültig vom
Ende der Ära Osim sprechen:
Bis dahin hat sein Nachfolger
und Paradeschüler Franco Foda
als Trainer bei den Grazern gearbeitet, ganz im Sinne des großen Meisters. Foda hat nie ein
Hehl daraus gemacht, dass Osim
sein großes Vorbild war und er
als Trainer stets versucht hat, auf
der Fußball-Ideologie des Bosniers aufzubauen beziehungsweise
diese fortzusetzen. Mit auch einigem Erfolg bekanntlich, Sturm
hat unter Foda 2011 den dritten
Meistertitel der Klubgeschichte
geschafft. In den Reihen der Vereinsführung ist heute auch kein
einziges Mitglied aus der Kartnig- beziehungsweise Osim-Ära
mehr zu finden. Kurioserweise
ist es nur noch ein Spieler, der
diese Zeit aus eigener Erfahrung
kennt: Mario Haas, der mit 38
Jahren heuer seine wohl endgültig letzte Bundesliga-Saison bestreitet.
sport-Telegramm
Neustart des A1-Rings
Vor genau 15 Jahren feierte die Formel 1 ihr Österreich-Comeback nach
zehn Jahren Pause am umgebauten Österreichring in Zeltweg/Spielberg. Die
Rennstrecke war deutlich verkürzt worden, anstelle von knapp sechs Kilometern war der A1-Ring nur mehr 4,3 km
lang (so wie heute als aktueller Red
Bull-Ring). Das Interesse der Sportfans
war riesengroß: Knapp 200.000 Besucher säumten an diesem Wochenende die Rennstrecke. Sieger wurde der
QuerPass
Harald
Müllner
D
as Ende einer großen Ära
war unspektakulär am
14. September 2002 gekommen: Unmittelbar nach der
1:3-Heimniederlage seines SK
Sturm gegen den FC Kärnten
erklärte ein schwer enttäuschter Ivica Osim seinen Rücktritt.
In der Journalisten-Kantine, wo
der Bosnier nach einem Spiel
stets über Fußball, Gott und die
Welt gesprochen hatte, saß er
diesmal da wie das sprichwörtliche Häuflein Elend. Sogar seine
Frau war mit dabei, um ihm ein
wenig Zuspruch zu geben.
29
Kanadier Jaques Villeneuve, der einige Wochen später auch als Weltmeister feststand. Der Österreicher Gerhard Berger belegte bei seinem letzten Österreich-Auftritt Rang zehn. Als
einziger Rennfahrer aus dieser Zeit ist
noch Michael Schumacher aktiv, der
Deutsche landete 1997 auf Platz sechs.
Die damals getätigten hohen Investitionen in die Rennstrecke rechneten
sich übrigens nur zum Teil: Lediglich für
sechs weitere Jahre machte der Grand
Prix-Zirkus Station in der Steiermark.
Danach wurde die teilweise noch neuwertige Anlage dem Erdboden gleichgemacht.
Riesengroßes Mini-Turnier
Gleich neun Nationen junger Fußballer – genaugenommen die Buben von
U10-Mannschaften – treffen am 23. September in der Vulkanlandarena in St. Veit
am Vogau aufeinander. Darunter sind so
bekannte Mannschaften wie AC Milan,
Schalke 04, der FC Basel und Borussia
Dortmund.
Sturm „neu“ ist wieder in aller Munde, ist damit das Vermächtnis Osims endgültig Geschichte? Ja und nein. Jede
Zeit, jede Ära hat ihre Helden, vor allem im schnelllebigen-Sport. Mitte der Neunziger-Jahre hatte Präsident
Kartnig dank der Empfehlung
seines Sportdirektors Heinz
Schilcher den angesehenen
Bosnier verpflichten können.
Beide hatten gemeinsam als
Legionäre in Frankreich Fußball gespielt – das verbindet.
Sturm hatte auch bei der Verpflichtung von Spielern eine
glückliche Hand. Vastic, Reinmayr, Mählich, Haas, Foda,
Milanic & Co. waren gemeinsam am Zenit ihrer Laufbahn
angelangt, Osim konnte auch
tatsächlich das Maximum aus
seiner Truppe herausholen.
Sturm spielte damals den besten Fußball seiner Vereinsgeschichte. Drei Mal vermochte sich die Mannschaft für die
Championsleague zu qualifizieren, wurde einmal sogar Erster der Gruppenphase – ein
aus heutiger Sicht sensationeller Erfolgslauf, nimmt man die
aktuelle österreichische Situation als Maßstab. Doch Sturm
war satt geworden, der Trainer müde, dazu kamen die erwähnten zermürbenden Diskussionen mit „seinem“ Präsidenten, der nur allzu gerne das Herz auf Zunge trug.
Osim blieb es erspart, das
wenig später folgende wirtschaftliche Desaster aus nächster Nähe zu erleben: Er übersiedelte im Herbst 2002 für mehrere Jahre nach Japan, feierte
auch dort Erfolge. Ein schwerer Schlaganfall im Herbst
2007 setzte Ivica Osims Ambitionen als japanischer Nationaltrainer aber ein abruptes Ende, seither muss der bald
72-jährige „Fußball-Philosoph“ wesentlich kürzer treten.
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