Die Suche nach dem Schweiß der Erde

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Die Suche nach dem Schweiß der Erde
STUTTGART
Freitag, 25. August 2006
Totes Gleis am Nordbahnhof: Die Dia-Vorlage für dieses Bild lag drei Wochen in der Erde
Nummer 196
21
Fotos: Lutz Schelhorn
Die Suche nach dem Schweiß der Erde
Foto-Projekt von Lutz Schelhorn und Stefan Mellmann über die Juden-Deportation
Wir sind unterwegs zum Nordbahnhof, zu dem Platz, wo die toten Gleise
liegen. Tote Gleise wirken immer wie
Geschichtenerzähler auf den Betrachter, auch wenn er nichts von ihrer
Geschichte weiß.
VON JOE BAUER
Sie erinnern ihn an abgerissene Bahnhöfe,
über die Gras gewachsen ist, und sie erinnern an den Schauspieler Sean Penn, wie er
in Woody Allens Film „Sweet and
Lowdown“ einen Jazz-Gitarristen spielt,
den es ständig zu den Gleisen zieht, weil er
fahrende „Züge schauen“ will.
An den toten Gleisen am Nordbahnhof
wurde im Juni eine Gedenkstätte eröffnet.
Das Mahnmal „Zeichen der Erinnerung“ ist
den 2300 Juden gewidmet, die 1941 und
1942 von den Nazis in Eisenbahnwaggons in
die Konzentrationslager Auschwitz, Izbica,
Riga Theresienstadt deportiert wurden. Nur
wenige von ihnen überlebten.
Der Fotograf Lutz Schelhorn, 47, ein
Späteinsteiger im Metier, sagt, das Thema
Auschwitz sei ihm bisher zwar bewusst,
aber „weit weg gewesen“. Dann habe er es
„mitten in Stuttgart“ entdeckt.
Schelhorn ist Präsident der Stuttgarter
Hells Angels, die meiste Zeit seines Lebens
hat er in der Biker-Szene verbracht. Vor ein
paar Jahren begann er zu fotografieren. Er
ging auf Reportage-Tour, lichtete zunächst
Gesichter ab, die er als Biker kannte. Bei der
Arbeit mit der Kamera achtete er streng darauf, seinen verlorenen Helden mit Würde
zu begegnen. Dass ihm die Sache ernst war,
sprach sich schnell herum. Als er vergangenes Frühjahr im Theater Rampe Bilder aus
dem Stuttgarter Obdachlosen- und JunkieMilieu ausstellte, hielt die Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch die Eröffnungsrede.
Seine Schau „Pauline“, an der Tankstelle
unter der Paulinenbrücke entstanden, war
auch in der Wagenhalle auf dem Nordbahnhof-Gelände zu sehen. In der Wagenhalle,
einem Zentrum für junge Künstler unweit
der Gedenkstätte, lernte er Stefan Mellmann, 31, kennen. Beide begannen sich für
Wo die Liebe
hinbellt
sen, dass sie sich den Tennisball gekrallt
hat. Details zu dem Geturtel gibt er nicht
preis. Man hat ja auch eine Verantwortung gegenüber der lesenden Jugend.
Es wäre gut, wenn es in diesen Tagen
wärmer wäre. Mit der Hitze ließe sich so
manches erklären, für das man sonst
mühsam nach einer Erklärung sucht.
Andererseits möchte KNITZ nicht verheimlichen, dass ihn die Sache mit der
Schnee-Eule an den Fall eines Pfaus aus
der englischen Grafschaft Gloucestershire erinnert hat, über den er neulich
unter der Rubrik „Eine Meldung und
ihre Geschichte“ im „Spiegel“ las. Das
Tier hatte insofern einen Vogel, weil es
jeden Morgen in aller Herrgottsfrüh’ zu
einer Tankstelle lief, um eine Zapfsäule,
nach nagelneuer Schreibweise vermutlich Zapf-Säule, zu bebalzen.
Im Wildpark Eekholt in SchleswigHolstein, berichtete diese Woche die Deutsche Presseagentur, lebe eine kleine
Schnee-Eule, die sich in einen Tennisball
verliebt habe. KNITZ fand die Meldung
bemerkenswert, weil dpa das Wort
Schnee-Eule mit Bindestrich schrieb,
obwohl es sich im Gegensatz zu Leutheusser-Schnarrenberger um keinen angeheirateten Doppelnamen handelt.
Schnee-Eule mit Bindestrich entspricht
der allerneuesten deutschen Rechtschreibung, während der Uralt-Duden von
KNITZ nur die zusammengeschweißte
Schreibweise Schneeeule zulässt.
Was die Vorliebe der Schnee-Eule angeht,
will es KNITZ bei der Bemerkung belas-
die Geschichte der Stuttgarter JudenDeportation zu interessieren. Spuren am
Nordbahnhof gibt es nicht nur für Historiker: Das Gotteshaus am Friedhof erinnert
auf einer Tafel daran, wie die Opfer „unter
den Augen der evangelischen Martinskirche“ in die Vernichtungslager verfrachtet
wurden. Historische Fotos darüber finden
sich im Archiv der Stadt nur wenige. Meist
wurden die Menschen nachts während eines
Bombenalarms abtransportiert. Wie also
die Vergangenheit in Bildern dokumentieren, wie sie interpretieren?
Stefan Mellmann kam die Idee, Schelhorns Digitalfotos von der Szenerie der
toten Gleise, einer Landschaft der Einsamkeit, auf Dias zu übertragen und das Material in der Erde zu vergraben. „Wir überlegten uns, was die Erde uns zeigen und aufschreiben kann“, sagt Mellmann. „Wir können ja nichts mehr von den Menschen sehen.
Keiner von ihnen ist hier begraben. Vielleicht aber sind ihr Schweiß, ihre Tränen,
ihre Schuhabdrücke in der Erde zu finden.“
Was sich etwas esoterisch anhört, entwickelte sich zu einem interessanten Experi-
Motiv Nordbahnhof: „Die Chemie der Erinnerung“
ment. Schelhorn machte über 1000 Fotos,
nummerierte sie – die Namenlosigkeit der
Opfer vor Augen – und wählte zusammen
mit Mellmann 30 Motive aus. Die Dias wurden ungeschützt 40 Zentimeter tief zwischen den toten Gleisen vergraben. „Die
Leute haben uns aus den Fenstern zugesehen“, sagt Schelhorn, „das war ein seltsames Gefühl.“ Nach drei Wochen wurden die
Dias herausgeholt, fotografiert und digital
gespeichert.
Ein befreundeter Autor, der Ludwigsburger Ralf Preusker, nennt das Experiment in
seinem Begleittext „Die Chemie der Erinnerung“: „Nun hat die Erde 30 Gedankenanstöße freigegeben. Totes Gelände ruht im
Hintergrund der Bilder. Auf den Vordergrund hat sich Neues eingefressen.“ So sind,
Wo die Liebe, um im Reich der wilden
Haustiere zu bleiben, halt so hinbellt.
KNITZ hat sich gefragt, was wohl die
Pfauenbewegung von der Sache hält? Und
ob so eine Beziehungskiste mit einer Zapfsäule auf Dauer nicht schlaucht?
Die lauthals herausgeschrienen Liebesbekundungen waren nicht nach jedermanns
Geschmack, so dass Frauchen sich genötigt sah, ihren Pfau wegzugeben. Die Leidenschaft jedoch war so stark, dass der
stolze Radschläger einen Fluchtversuch
unternahm. Der jedoch wurde von einem
elektrischen Weidezaun vereitelt, dessen
Surren den Pfau ebenfalls nicht kalt ließ.
Seine beiden Brüder blieben daheim. Der
eine machte einer braunen Katze den
Hof, der andere einem alten orangefarbenen Fußball.
Es gäbe noch so manch delikates Detail
über den Pfau, der auf eine Tanksäule
stand, zu verzapfen. Vermutlich, meinte
seine Besitzerin, habe ihn das Gurgeln
der Benzinpumpe an das Geräusch einer
paarungsbereiten Pfauenbraut erinnert. Steht auf einen Tennisball
KNITZ hat die Geschichte dermaßen irritiert, dass er bei der Wilhelma anrief.
Nein, bekam er dort zu hören, so was gebe
es hier nicht. Die Tiere würden artgerecht
und mit Partner gehalten. Die Liaison mit
einer Zapfsäule sei ausgeschlossen.
Schon mangels Gelegenheit.
Foto: dpa
schreibt Preusker, „die vergangenen 60
Jahre nicht mehr spurlos geblieben“. Stattdessen sieht man farbgewaltige Bilder, sie
wirken wie Gemälde, als hätte der Maler in
der Ödnis der Landschaft ein Feuerwerk,
eine Explosion erlebt.
Jeder, sagt Schelhorn, kann aus den Erdbildern ganz eigene Geschichten lesen. Fotograf und Künstler suchen jetzt nach einer
Möglichkeit, ihre Arbeiten auf dem
Nordbahnhof-Gelände auszustellen.
Man kann sich vorstellen, wie es einen zu
den Gleisen zieht, um zu schauen, wie beim
Anblick der Bilder ein vorher unsichtbarer
Zug abfährt.
Weitere Informationen unter:
www.lutz-schelhorn.de
Flughafen wechselt
Parkleitsystem
Am Landesflughafen beginnt am Montag,
28. August, der Aufbau des neuen Park- und
Verkehrsleitsystems. Es wird notwendig,
weil mit der Teileröffnung der neuen Landesmesse am Flughafen im Juni 2007 weitere rund 7000 Parkplätze zur Verfügung
stehen sollen. Flughafen- und Messebesucher können dann insgesamt 17 000 Parkplätze in 20 Parkhäusern oder auf Parkplätzen nutzen. Bis zum 8. September werden
die alten Schilder entlang der Flughafenstraße durch 20 neue dynamische Anzeiger
ersetzt, womit der Parksuchverkehr reduziert werden soll. Bis zum Jahresende werden laut Flughafengesellschaft weitere 60
Schilder auf den Zufahrtsstraßen von Messe
und Flughafen installiert. Der Aufsichtsrat
der Messe-Baugesellschaft hatte Ende 2005
aus Einspargründen neun von zehn elektronischen Hinweistafeln zur Verkehrslenkung auf der A 8 und B 27 gestrichen. Übrig
geblieben ist an der A 8 in Fahrtrichtung
Stuttgart eine Wegweisung an der Autobahnausfahrt Flughafen. Mit ihr soll verhindert werden, dass bei Problemen im Parkhaus über der Autobahn ein Stau bis auf die
A 8 reicht.
ks
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