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Menschen «Was man gibt, kommt zurück» Harte Schale, weicher Kern: Bo Katzman mit seiner Harley Davidson. Er ist 60, sein Chor 25. Musiker Bo Katzman feiert die Jubiläen mit einer Tournee, einer Autobiografie – und dem Versprechen, möglichst viel Freude mit möglichst vielen Menschen zu teilen. Interview Roland Studer Fotos Paolo Dutto Schweizer Familie 40/2012 15 Menschen «Fühlen ist eine Technik wie Golfspielen oder Singen. Gefühle kann man handhaben, man muss ihnen nicht ausgeliefert sein.» 16 Schweizer Familie 40/2012 Das Leben zu schätzen und etwas daraus zu machen. Ich hatte eine zweite Chance erhalten. Ich begegnete mir selbst mit al lem Licht und Schatten und fragte mich, worum es im Leben geht. Worum geht es? Lieben lernen, Liebe geben, Liebe erfah ren – um nichts anderes. Über dieses The ma philosophiere ich unter anderem in meinem Buch. Hauptsächlich erzähle ich darin aber die Geschichte meines Lebens und meiner Musikkarriere. In meinem nächsten Buch widme ich mich der Liebe aus spiritueller Sicht. Sie schreiben noch ein Buch? Es ist schon fertig, aber es wird erst nächs tes Jahr veröffentlicht. Seit vierzig Jahren schreiben Sie zudem Tagebuch und ein Traumbuch. Wozu? Ich vergleiche meine Träume mit dem, was am Tag geschieht. Das hilft mir, mein Schicksal und meine Gefühle besser zu verstehen. Gelingt mir das, verstehe ich auch andere Menschen besser. Ich bin überzeugt, dass alle Menschen ähnliche Gefühle haben. Sind Ihnen Gefühle und Liebe so wichtig, weil Sie als Kind zu wenig davon erhielten? Mein Vater war oft fort, ich erlebte ihn nur am Sonntag beim Spaziergang. Meine Mutter tat ihr Möglichstes, war aber mit sechs Kindern überfordert. Wir wurden streng und auch mal mit dem Teppich klopfer erzogen. So war schon meine Mut ter erzogen worden, sie konnte nicht über die Schatten ihrer Erziehung springen. Dafür waren Sie und Ihre Geschwister eine verschworene Einheit? Nein, wir sind auseinandergestrebt. Bis heute. Wir haben, wenn überhaupt, distanzierten Kontakt. Erfahren Sie die Liebe, die Ihnen als Kind fehlte, heute mit Ihrem Chor? In gewissem Sinn schon. Ich will möglichst viel Freude erleben und diese mit möglichst vielen Menschen teilen. Weil alles, was man gibt, zurückkommt. Wie ein Echo. Applau diert das Publikum ohne Ende, muss ich manchmal vor Verlegenheit fast weinen. Welches ist Ihre früheste Kindheitserinnerung? Wie der Nachbarjunge meinen Sandberg zerstörte. Wie reagierten Sie? Hilflos, ausgeliefert. Ich hätte mich gerne gewehrt, war aber ein Klappergestell. Spä ter, in der Pfadi, nannten sie mich Kno chen. Nichts wünschte ich mir sehnlicher als Muskeln. Ich habe gelesen, diese körperliche Schwäche habe Sie jähzornig gemacht. Nein. Jähzornig wurde ich, wenn ich mei nen Willen nicht durchzwängen konnte. Ich war ein Trotzkopf. Und heute? Widme ich mich den positiven Seiten des Daseins und lasse negative Gefühle nicht mehr an mich heran. Ich lasse sie verhun gern oder schicke sie fort. Das geht? Klar. Fühlen ist eine Technik wie Golfspielen oder Singen. Gefühle kann man handhaben, man muss ihnen nicht ausgeliefert sein. Sie ärgern sich nie? Selbstverständlich lasse ich mich notfalls auf verbale Kämpfchen ein oder spreche ein Machtwort. Das geschieht aber selten. Lieber wende ich einen Trick an: Gerate ich in Versuchung, mich über einen Men schen aufzuregen, stelle ich mir vor, wie er als siebenjähriges Kind in kurzen Hosen über eine Wiese springt und sich über die Schmetterlinge freut. Schon verfliegt der Ärger. Funktioniert das auch, wenn Ihr Chor in der Probe zu viel plaudert? Da habe ich Geduld gelernt. Früher wäre ich ein paar Mal fast davongelaufen, weil nach jedem Lied das Geschnatter losging. Heute warte ich, bis die Chormitglieder merken, dass ich weitermachen möchte. 1979 im Leopardenanzug: «Ich dachte, so müsste ein Popstar aussehen.» Musiker und Chorleiter Ich bin Blindtext. Von Geburt an. Es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe, was es bedeutet. Ich bin Blindtext. Bo Katzman wurde am 18. April 1952 in Basel als Reto Borer geboren. Er studierte Gesang und Chordirigent und unterrichtete als Musiklehrer. Seine Musikkarriere begann er in den Sechzigerjahren als Bassist in Jazzbands. In den Siebzigern spielte er in der Rockband Monroe, 1983 landete er mit dem Poplied «I’m in love with my typewriter» der Bo Katzman Gang den ersten Hit. 1987 gründete er den Bo Katzman Chor, der dieses Jahr mit der CD «Glory Day» und der gleichnamigen Tournee sein 25-jähriges Bestehen feiert. Bo Katzman ist mit der Tanzpädagogin und Fitnesstrainerin Marianne Borer verheiratet und Vater der 21-jährigen Ronja. Die Familie lebt in Dornach SO. www.bokatzman.ch «Wer denkt, ich hätte den Showman im Blut, irrt sich gewaltig»: Bo Katzman. Foto: zvg SCHWEIZER FAMILIE: Herr Katzman, Sie sind im April sechzig geworden. Spüren Sie das Alter? BO KATZMAN: Bis jetzt nicht. Aber ich bin einen Zentimeter auf 1,92 Meter geschrumpft. Wie halten Sie sich fit? Mit Meditationsübungen auf der Matte und Walking im Freien. Fast jeden Mor gen vierzig Minuten. Und drei- bis vier mal die Woche Zumba, Pilates und Kraft training im Tanz- und Fitnessstudio meiner Frau Marianne. Erwartet Ihre Frau von Ihnen, dass Sie fit bleiben? Das nicht. Sie ist fürsorglich. Sie möchte nicht, dass ich einen Bauch bekomme. Würde Sie das auch stören? Ja. Übergewicht macht unbeweglich und träge. Als ich diesen Frühling feststellte, dass ich fünf Kilo zugenommen hatte, hob ich eine Fünf-Kilo-Hantel und sagte mir: «Das trägst du vergebens mit dir rum.» Das half mir, diszipliniert zu essen und Sport zu treiben. Inzwischen sind die fünf Kilo wieder weg. Im Oktober erscheint Ihre Autobiografie «Zwei Minuten Ewigkeit». Sie beginnt am 17. Juni 1972 mit Ihrem Motorradunfall. Bei dem ich mich so schwer verletzt hatte, dass mein Herz stillstand und ich zwei Minuten ins Jenseits blickte. Das ist vierzig Jahre her. Wieso können Sie mit dieser Nahtod-Erfahrung nicht abschliessen? Sie hat mich dermassen beeindruckt, dass ich jeden Tag daran denke. Wer so was erlebt und überlebt, kann es nicht vergessen. Vergessen nicht, aber hinter sich lassen. Das will ich nicht. Diese Erfahrung hat mich und mein Leben geprägt wie nichts anderes. Was lehrte Sie der Blick ins Jenseits? Mir ist klar: Sie kommen nicht nur, um zu singen, ein Chor deckt auch soziale Be dürfnisse ab. Der Bo Katzman Chor ist 25 Jahre alt und hatte bisher 965 000 Besucher. Werden Sie den millionsten Besucher persönlich begrüssen? Ja, so wie die 500 000ste Besucherin: Wir baten sie auf die Bühne, schenkten ihr Blumen sowie all unsere CDs und erstat teten ihr das Eintrittsgeld zurück. Bevor Sie den Chor gründeten, spielten Sie Jazz, Folk, Pop, Rock und Soul. Konnten Sie sich für keinen Musikstil entscheiden? Ich musste meine Rolle in der Musik su chen. Als junger Musiker war ich neugie rig, aber auch unsicher. Wie kaschierten Sie diese Unsicherheit auf der Bühne? Mit Arroganz. Schwatzten die Konzert besucher, verliess ich vor Wut schon mal die Bühne und schmiss die Gitarre in eine Ecke. Das hätte ich Ihnen nicht gegeben. Wer denkt, ich hätte den Showman im Blut, irrt sich gewaltig. Die Fähigkeit, mit dem Publikum zu kommunizieren, habe ich mir erarbeitet. Ich lernte, dass nicht das Publikum für den Künstler da ist, sondern der Künstler für das Publikum. Seit ich mein Publikum gern habe, hat es mich auch gern. Schweizer Familie 40/2012 17 Menschen LESERANGEBOT Vergünstigte Tickets für den Bo Katzman Chor Der erste Geburtstag (r.), Bo Katzman heiratet seine Marianne am 8.8.1988 (u.). Als Leserin und Leser der Schweizer Familie profitieren Sie von 8 Franken Vergünstigung auf die Eintrittspreise für «Glory Day». Bestellen Sie jetzt Ihre Tickets und freuen Sie sich auf ein packendes Konzert voller Überraschungen mit Bo Katzman und seinem 120-köpfigen Chor. Luzern: Kat. 1: 82 Franken (statt 90 Fr.) Kat. 2: 72 Franken (statt 80 Fr.) Kat. 3: 62 Franken (statt 70 Fr.) Passend zum Jubiläum verwöhnt der Sänger sein Publikum mit den schönsten Gospel-Hymnen aller Zeiten und natürlich einem «Best of» aus 25 Jahren Bo Katzman Chor. Ein fantastischer Höhepunkt in der Vorweihnachtszeit, der Sie durch die mitreissende Musik des Bo Katzman Chors verzaubern wird. DATEN Freitag, 9. November 2012 Mühlemattsaal, Trimbach bei Olten Sonntag, 11. November 2012 KKL Luzern Freitag, 16. November 2012 Tägerhard, Wettingen Freitag, 23. November 2012 Bärenmatte, Suhr Samstag, 24. November 2012 Tonhalle, St. Gallen Sonntag, 25. November 2012 Hotel Kreuz, Jona Donnerstag, 29. November 2012 Kongresshaus, Biel Samstag, 1. Dezember 2012 Forum im Ried, Landquart Sonntag, 2. Dezember 2012 Lorzensaal, Cham Freitag, 7. Dezember 2012 Parkarena, Winterthur Samstag, 8. Dezember 2012 Casino, Interlaken Sonntag, 9. Dezember 2012 Kongresshaus, Zürich Mittwoch, 12. Dezember 2012 Kursaal, Bern Donnerstag, 13. Dezember 2012 Kursaal, Bern Samstag, 15. Dezember 2012 Pentorama, Amriswil Donnerstag, 20. Dezember 2012 Konzertsaal, Solothurn Freitag, 21. Dezember 2012 Stadtcasino, Basel Samstag, 22. Dezember 2012 Stadtcasino, Basel Sonntag, 6. Januar 2013 Tonhalle, St. Gallen Donnerstag, 10. Januar 2013 Stadttheater, Schaffhausen Sonntag, 13. Januar 2013 Simplonhalle, Brig Freitag, 18. Januar 2013 KKL, Luzern TICKETBESTELLUNG: Vergünstigte Eintrittskarten können ausschliesslich telefonisch unter der Nummer 061 717 11 11 (regulärer Inlandtarif) bestellt werden. Bei der Bestellung nennen Sie bitte das Stichwort «Aktion Schweizer Familie». Pro Person können maximal zwei vergünstigte Tickets bezogen werden. Weitere Karten erhalten Sie zum regulären Preis. 18 Schweizer Familie 40/2012 Zwei Katzenmänner auf einem Bild (l.), Bo Katzman war 2010 mit Tochter Ronja auf Tournee (o.). «Fast all meine Fehler haben sich im Nachhinein als wegweisende und nötige Glücksfälle entpuppt.» Fotos: zvg, Sabine Wunderlin/Glückspost TICKETPREISE: Kat. 1: 72 Franken (statt 80 Fr.) Kat. 2: 62 Franken (statt 70 Fr.) Kat. 3: 52 Franken (statt 60 Fr.) Sogar als Sie, wie 1979, im hautengen Leopardenanzug auftraten? Dieses tierische Outfit liess ich mir nähen, weil ich damals dachte, so müsse ein Pop star aussehen. Dazu trug ich Schal, Gurt und Handschuhe in Schneeweiss. Sie soll ten mein Markenzeichen sein. Köstlich. Ist Ihnen diese Aufmachung heute peinlich? Ach, woher. Darüber schmunzle ich. Welches war Ihr peinlichster Moment auf der Bühne? Als ich vor sechs Jahren bei einem Auftritt mit dem Chor im KKL in Luzern auf mei nen langen Mantel trat und jämmerlich auf die Bühne purzelte. Was ist Ihre grösste Schwäche? Es fällt mir schwer, Schwächen zuzulassen. Verraten Sie noch eine. Ich bin etwas schusselig. So fällt mir zum Beispiel häufig das Handy aus der Brust tasche – auf den Boden, in die Toilette, in den Gartentümpel. Gerade gestern wieder, jetzt ist es kaputt. Welches ist Ihr grösster Fehler? Fast all meine Fehler haben sich im Nach hinein als wegweisende und nötige Glücks fälle entpuppt. Auch die Investition in eine Elektromobilfirma, mit der Sie 1991 fast Ihr ganzes Vermögen verloren? Uiii, hat meine Frau geschimpft! Sie und mein Manager hatten mich gewarnt, aber ich Trotzkopf war überzeugt, Elektroautos würden die Menschheit weiterbringen. Ich wollte in die Zukunft investieren, aber die Schweizer Familie 40/2012 19 Menschen «Geld hält den Kopf frei. Wer kein Geld hat, denkt dauernd daran. Das kann unglücklich machen.» Als eine Lokalzeitung einen Konzert bericht mit «Der Mann mit der Katze» betitelte, machte ich daraus meinen Künstlernamen. Welcher Name steht in Ihrem Pass? Bo Katzman. Auf Reto Borer reagiere ich längst nicht mehr. Wieso haben Sie den Künstlernamen eintragen lassen? Ich habe mich in den letzten 35 Jahren an ihn gewöhnt. Die australischen Urein wohner, die Aborigines, geben sich jeweils einen neuen Namen, wenn sie einen Le bensabschnitt abschliessen. Sie sagen: «Ich bin nicht mehr der Gleiche, wieso soll ich gleich heissen?» Was sind Ihre Zukunftspläne? Die nächste Tournee. Weiter plane ich nie. Träume? Ich versuche, sie zu realisieren. ANZEIGE Weil nur Wasser wirklich sauber macht: Geberit AquaClean. Mehr unter www.i-love-water.ch und bei Ihrem Sanitärfachmann. Oder rufen Sie uns an: 0848 662 663 (Ortstarif) Wünsche? Ein halbes Jahr in einem komfortablen Hausboot auf Kanälen durch Europa zu tuckern. Oder in einem Wohnmobil durch Kanada oder Australien zu reisen. Wieso tun Sie das nicht schon jetzt? Wer leitet dann meinen Chor? ■ Firma ging pleite und ich fast mit ihr. Ich sehe das als Lehrstück, damit ich nicht vergesse, dass Geld vergänglich ist. Macht Geld glücklich? Ja. Es hält den Kopf frei. Wer kein Geld hat, denkt dauernd daran. Das kann un glücklich machen. Wer ist Ihr bester Freund? Ich habe meine beste Freundin vor 24 Jahren geheiratet. Woher stammt Ihr Künstlername? Bo von Borer, meinem bürgerlichen Nachnamen. Und Katzman? Mitte der Siebzigerjahre dressierte ich ein Kätzchen, immer auf meine Schultern zu hocken: zu Hause beim Frühstück, auf dem Motorrad, beim Einkaufen im Dorf oder auf der Bühne beim Singen von Pro testliedern mit der akustischen Gitarre. DIE AUTOBIOGRAFIE «Zwei Minuten Ewigkeit» Giger Verlag, 343 Seiten ISBN 978-3-905958-18-8 39.90 Franken Ab 20. Oktober erhältlich