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Hessischer Rundfunk
hr2-kultur
Redaktion: Dr. Karl-Heinz Wellmann
Wissenswert
Heilsame Schlangengifte:
das Instituto Butantan in São Paulo
Von Gudrun Fischer
Montag, 15.10.2012, 08.40 Uhr, hr2-kultur
Sprecherin: Monika Müller-Heusch, Petra Fehrmann, Helge Heynold
12-106
COPYRIGHT:
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Vorschlag für die Anmoderation
Die medizinische Forschung hat in Europa und in den USA eine lange Geschichte, in Asien hat
sich eine eigenständige Heilkunst auf Basis von Naturheilmitteln entwickelt – dass aber auch
in Südamerika renommierte Forschungsinstitute existieren, das ist uns kaum bekannt. Eine
solche Forschungseinrichtung stellen wir Ihnen im nun folgenden Beitrag vor – das
brasilianische Instituto Butantan. Seine Wissenschaftler widmen sich einem spannenden
Thema: sie erforschen Schlangengifte; man entwickelt dort Mittel gegen Schlangengifte, und
es wird sogar versucht, wirksame Schmerzmittel aus Schlangengift zu entwickeln. Ein
Bericht von Gudrun Fischer.
----------------------------------------------------------------------------------------------------Atmo 1: unter Bäumen im Park: Verkehr rauscht im Hintergrund, Vögel, Kinderstimmen
Sprecherin:
Es weht ein frischer Wind auf dem begrünten Gelände vor den Toren São Paulos. In uralten
Parkbäumen singen die Vögel, aber auch der Lärm der brasilianischen 18-MillionenMetropole schallt bis hierher. Die ursprünglichen Bewohner der Region waren Indigene aus
dem Volk der Guaraní. Sie gaben dem Ort den Namen „Butantan“. Die Indigenen wurden
vertrieben, der Name blieb. Er passt zum Forschungsinstitut, findet die Historikerin Susana
César Gouveia Santos.
1. O-Ton
Susana César Gouveia Santos
Na documentação diz que é um nome indígena, a maioria dos livros dizem que quer dizer
“terra dura-dura”. A gente já ouviu também outras versões que é “onde o vento faz a curva”.
Übersetzung weiblich 1
Eine mögliche Übersetzung des indianischen Wortes Butantan ist „harte-harte Erde“. Aber
wir kennen auch eine andere Interpretation. Sie heißt: „Da, wo der Wind sich in die Kurve
legt.“
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Sprecherin
Susana César Gouveia Santos leitet das Geschichtsmuseum im Instituto Butantan. Sie deutet
auf die erste Tafel einer Freilichtausstellung. Darauf ein Bild von Vital Brasil, dem ersten
Direktor des Instituts; im Jahr 1901 wurde er berufen.
2. O-Ton
Susana César Gouveia Santos
Quando ele chegou aqui no Butantan, parallellamente ao soro antipestoso, ele começou a
desenvolver o soro antiofídico também. O interesse já vinha antes e foi uma coisa que ele deu
o ritmo no Butantan também.
Übersetzung weiblich
Als er hier im Butantan ankam, entwickelte er ein Mittel gegen die Pest. Zum anderen
forschte er an Gegenmittel gegen Schlangifte. Ihm lagen Schlangen am Herzen, und das hat
die Ausrichtung der Forschung hier am Butantan beeinflusst.
Sprecherin
Vital Brasil hatte Medizin studiert, und er interessierte sich seit seiner Kindheit für
Schlangen. Er war weit im Land herum gekommen und hatte viele eben erst urbar gemachte
Regionen kennen gelernt. Dabei fiel ihm auf: Je mehr die Menschen in Südbrasilien den
Urwald abholzten, desto mehr Unfälle mit giftigen Tieren ereigneten sich. Doch die Gründung
des Schlangeninstituts Butantan vor 111 Jahren hatte nichts mit Giftschlangen zu tun. Es war
vielmehr das Auftauchen der Pest in der Hafenstadt Santos, das die brasilianischen
Gesundheitsbehörden zum Handeln zwang. Das Institut Pasteur in Paris kam mit der
Produktion des damals üblichen Anti-Pest-Serums nicht nach, daher versuchte Brasilien,
selbst für dessen Produktion zu sorgen. Im Laufe der ersten Jahrzehnte seines Bestehens
produzierte das Butantan bald auch Impfstoffe gegen diverse Krankheiten. Zum Beispiel
gegen Tuberkulose und Keuchhusten, gegen Cholera, Tetanus und Diphtherie. Auch heute
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noch stellt das Butantan alle nötigen Impfstoffe für die Versorgung der brasilianischen
Bevölkerung her. Und es erforscht ebenso seit langem Schlangengifte.
Atmo 1: unter Bäumen im Park: Verkehr rauscht im Hintergrund, Vögel, Kinderstimmen
Sprecherin
Mitte der dreißiger Jahre kam etwa ein Dutzend europäische Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler an das Butantan. Wer sie angeworben und angestellt hat, ist nicht bekannt.
3. O-Ton
Susana César Gouveia Santos
O que a gente sabe é que durante a gestão de Afranio do Amaral houve uma abertura muito
grande para pesquizadores estrangeiros. Ele em particular ele logo no início ele viajou muito
pela Europa e chamou muitas pessoas para virem trabalhar aqui. Isso foi na década de trinta
na criação da USP.
Übersetzung weiblich 1
Wir wissen nur, dass während der Amtszeit des Direktors Afranio do Amaral ausländische
Forscher willkommen waren. Er reiste häufig durch Europa und lud viele Wissenschaftler
hierher ein. Das war in den dreißiger Jahren, als auch die Universität von São Paulo
gegründet wurde.
Sprecherin
Diese Forscherinnen und Forscher kamen aber nicht aus freien Stücken nach Brasilien.
Unter anderen Umständen hätten sie sich vermutlich nicht für ein armes subtropisches Land
ohne wissenschaftliche Tradition entschieden. Da aber in Deutschland die Nationalsozialisten
alle jüdischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entließen, suchten diese nach
neuen Stellen an Universitäten oder Forschungseinrichtungen – und sie konnten nicht
wählerisch sein. Eine dieser Flüchtlinge war die Genetikerin Gerta von Ubisch, zuvor war sie
Universitätsprofessorin in Heidelberg, die erste Frau in dieser Position in Heidelberg. Ein
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anderer nach Brasilien geflohener Forscher war Heinrich Slotta. Er hatte als Chemiker an
der Universität Breslau gearbeitet, bekam wegen seiner jüdischen Frau aber Schwierigkeiten
und brachte sie und ihren Bruder in Brasilien in Sicherheit.
4. O-Ton
Susana César Gouveia Santos
Slotta da Universidade de Breslau na Alemanha, conhecido pelos seus trabalhos e
descoberta do hormônio feminino chamado de progesterona, foi contratado para coordenar
os estudos da secção de química e farmacología experimentais que contava com instalaçoes
sem igual no país. Com a colaboração de seu cunhado Heinz Fraenkel-Konrad e seus
assistentes Klaus Neisser e Gerhard Szyszka, Slotta consegiu isolar sobre forma cristalina a
crotoxina, uma proteina tóxica do veneno de cascavel.
Übersetzung weiblich 1
Heinrich Slotta von der Universität Breslau war berühmt: Er hatte das weibliche Hormon
Progesteron entdeckt. Er wurde eingestellt, um die Forschungsarbeiten der Abteilung
Chemie und die experimentelle Pharmakologie zu leiten. Diese Abteilungen waren
außergewöhnlich gut ausgerüstet. Unter Mitarbeit seines Schwagers Heinz Fraenkel-Konrad
und seiner Assistenten Klaus Neisser und Gerhard Szyszka kristallisierte Slotta das Crotoxin,
ein giftiges Protein der Klapperschlange.
Sprecherin
Aber schon Anfang 1938 entließ die Leitung des Butantan die in Europa verfolgten jüdischen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die genauen Gründe dafür sind nicht
dokumentiert. Die Folge aber war, dass das Butantan in den 40er-Jahren einen wissenschaftlichen Tiefpunkt durchlebte. Erst in den 50er-Jahren ging es wieder bergauf, und bald wurde
das Institut auch international anerkannt. Der junge Biologe Marcelo Lucas führt oft
Schulkassen durch das Museum und erzählt von der medizinisch wichtigsten
südbrasilianischen Schlange, der Lanzenotter, die im Volksmund „Jararaca“ heißt.
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Atmo 2: im Schlangenmuseum, Schulklassen gehen durch, Kinderstimmen
5. O-Ton
Marcelo Lucas
Aqui dentro já fui picado uma vez, fazendo a alimentação de um animal, uma jararaca. Tem
que tomar soro, para poder tratar o envenenamento, o soro antiofídico, botrópico. Não tive
muita reação, cerca de dez minutos eu já estava tomando soro. A gente procura manusear o
animal menos possível, pegou com gancho, coloca numa caixa, evita por a mão no animal
porque as vezes uma picada no campo se torna muito grave, você está longe dum hospital.
Übersetzung männlich 1
Beim Füttern bin ich hier auf dem Gelände einmal von einer „Jararaca“, gebissen worden. Ich
musste mit dem Heilserum gegen das Gift dieser Schlangen versorgt werden. Zum Glück
habe ich kaum Vergiftungserscheinungen bekommen. Denn wir haben hier ein
Spezialhospital, ich bekam innerhalb von 10 Minuten eine Spritze. Aber wenn kein
Krankenhaus in der Nähe ist, dann kann ein Schlangenbiss schlimm enden.
Atmo 2: im Schlangenmuseum, Schulklassen gehen durch, Kinderstimmen
6. O-Ton
Marcelo Lucas
Eu em alguns trabalhos de campo principalmente em São Paulo eu encontrei algumas vezes
com jararaca. Ele se camufla muito bem no meio ambiente. Normalmente a gente vai
encontrando quando eles estão termoregulando, numa manchinha de sol na floresta, ou
mesmo a noite encontra o animal se deslocando pelas estradas. Ela mata por envenamento,
ela solta a presa, a presa vai andar por um curto espaço e ela vai morrer e ela vai atrás
sentindo o cheiro, com a lingua, localizou o animal e se alimenta normalmente começando
pela cabeça.
Übersetzung männlich 1
Ich habe nur selten bei Expeditionen hier im Staat São Paulo eine „Jararaca“ gesehen, denn
sie tarnt sich ausgezeichnet. Meistens nimmt man sie wahr, wenn sie gerade auf einem
Sonnenfleck im Urwald ihren Körper wärmt. Oder man beobachtet sie abends, wenn sie auf
der Jagd die noch warmen Straßen überquert. Sie tötet ihre Beute durch Vergiftung. Nach
dem Biss lässt sie die Beute los, das gebissene Tier schleppt sich noch ein Stück dahin, die
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Schlange gleitet hinterher. Wenn das Tier tot ist, schluckt sie es als Ganzes, und sie beginnt
dabei immer am Kopf der Beute.
Sprecherin
90 Prozent der Schlangenunfälle passieren in Brasilien mit der „Jararaca“. Sie wagt sich bis
in die Siedlungen hinein, weil da häufig Mäuse und Ratten leben. Das Antiserum gegen
Schlangenbisse wird im Butantan aus dem Blut von leicht vergifteten Pferden gewonnen – die
Pferde müssen dafür nicht getötet werden. Alle Krankenhäuser in Brasilien halten Antiserum
bereit. Besonders gefährlich sind die Bisse von Jungschlangen, und zwar vor allem für Vögel,
erzählt die Pharmazeutin Solange Maria de Toledo Serrano. Ihre Arbeitsgruppe hat die
unterschiedliche Wirksamkeit der giftigen Eiweiße von erwachsenen und von jungen
Schlangen erforscht.
7. O-Ton
Solange Maria de Toledo Serrano
Eles são presas para passarinhos, eles pensam que são minhoquinhas, passarinho vai atras
de coisinha pequeninha. A gente sabe a DL 50 do veneno de adulto e filhote em camundongo,
o que geralmente se faz, elas são parecidas. Só que se você mede a DL-50 em aves, em
pintinhos o que a gente fez, o veneno do filhote é extremamente potente, a DL 50 é muito
mais baixa, a dose que mata 50 porcento do lote, LD 50 em inglês. O veneno de filhote tem
algumas coisas que é muito mais eficiente para matar ave.
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Übersetzung weiblich 2
Vögel erbeuten vor allem kleine Lebewesen, sie stellen auch jungen Schlangen nach, sie
halten sie wohl für Regenwürmer. Wir fanden kürzlich heraus, dass das Gift von erwachsenen
Schlangen und von Jungtieren beim Angriff auf Meerschweinchen gleich tödlich ist. Wenn
aber junge Schlangen Küken attackieren, dann ist ihr Gift extrem wirksam. Ich sage Küken,
weil wir für unsere Versuche Küken statt erwachsener Vögel nehmen. Die tödliche Dosis vom
Gift der Jungschlangen – LD 50 heißt das Fachwort – diese Dosis ist niedriger als die Dosis
bei erwachsenen Schlangen. Im Gift von Jungschlangen muss irgendetwas enthalten sein,
was zum Töten von Vögeln sehr effizient ist.
Sprecherin
Die Wissenschaftlerin Solange Maria de Toledo Serrano erforscht seit zwölf Jahren am
Butantan die Inhaltsstoffe im Schlangengift. Alle Lanzenottern, erwachsene wie junge, haben
im Gift Wirkstoffe, die den Blutdruck senken. Und sie injizieren ihren Opfern Enzyme, die die
Blutgerinnung verändern. Unmittelbar nach einem Biss führt das zu einer verstärkten
Blutgerinnung. Dabei wird der wichtigste Blutgerinnungsfaktor, das Fibrinogen, gewissermaßen massenhaft verbraucht. Außerdem greifen die Gift-Enzyme das Fibrinogen direkt an,
so dass kurz darauf eine Umkehrung eintritt: Das Blut gerinnt so gut wie gar nicht mehr. Wer
von einer Jararaca gebissen wurde und keine Behandlung erhält, der blutet dann aus allen
möglichen Körperteilen.
8. O-Ton
Solange Maria de Toledo Serrano
Ou são metaloproteases ou serinoproteases, só tem estas duas classes de enzymas
proteolíticas em venenos. A maior parte delas cliva a molecula do fibrinogênio, é uma
molécula grandona que a gente tem no plasma, degradam o fibrinogênio. A gente acha que é
esse conjunto, sobretudo de metaloproteases, que tem atividade procoagulante. Essa
atividade procoagulante é que poderia causar um choque em aves e matar tão rápido como
eles matam.
Übersetzung weiblich 2
Es sind zwei Enzymgruppen, die Metalloproteasen und die Serinoproteasen, die im
Schlangengift die Blutgerinnung verringern. Diese Enzyme richten sich gegen das Protein
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Fibrinogen, das im Blutplasma enthalten ist, sie schneiden es auseinander. Sie zersetzen es
gewissermaßen. Was den Unterschied zwischen jungen und ausgewachsenen Tieren angeht,
es sind mehr Metalloproteasen im Jungtier vorhanden, und sie wirken stärker, was den
sofortigen Tod bei Vögeln bewirkt.
Sprecherin
Menschen werden zum Glück selten von jungen Jararacas gebissen.
Atmo 2: im Schlangenmuseum, Schulklassen gehen durch, Kinderstimmen
Sprecherin
Einer der bekanntesten Erforscher von Schlangengiften in Brasilien ist Antônio Carlos
Martins de Camargo. Obwohl schon in Rente, betreut er noch immer Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler und publiziert Forschungsergebnisse.
9. O-Ton
Antônio Carlos Martins de Camargo
Esta é uma das raras entrevistas que eu estou concedendo para um jornalista estrangeiro.
Até agora nós fizemos pouca propaganda daquilo que nós estamos fazendo. Hoje uma
empresa pequena no Brasil, os investimentos que elas fazem no desenvolvimento de uma
droga, tem que estar protegido de concorrência. Quanto mais divulgar maior seria a
concorrência.
Übersetzung männlich 2
Dies ist eines der seltenen Interviews, die ich der ausländischen Presse gebe. Wir machen
wenig Werbung für unsere Arbeit. Denn heutzutage müssen sich kleine brasilianische
Institute vor der Konkurrenz schützen. Besonders, wenn sie, wie wir, Geld in die Entwicklung
eines Medikaments stecken. Je mehr wir veröffentlichen, desto größer ist der
Konkurrenzdruck.
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Sprecherin
Der Arzt Antônio Carlos Martins de Camargo hat Angst vor der Macht der großen
Pharmakonzerne. Um seine Forschungsergebnisse zu schützen, beantragte sein
Forschungsteam in den vergangenen Jahren mehrere Patente. Eines davon liegt ihm
besonders am Herzen.
Seite 11
10. O-Ton
Antônio Carlos Martins de Camargo
Um dos que tem maior apelo, é um analgésico que é altamente potente, e que é extraído do
veneno da cascavel. Crotalus é uma serpente brasileira, bastante venenosa, e o veneno atua
principalmente no sistema nervoso central e um dos componentes deste veneno é um
analgésico que tem, que está sendo agora estudado para eventualmente ser usado na
medicina.
Übersetzung männlich 2
Am interessantesten ist das Patent für ein hochwirksames Schmerzmittel. Wir haben es aus
dem Gift einer brasilianischen Klapperschlange gewonnen. Crotalus heißt diese
brasilianische Art, und sie ist sehr gefährlich. Das Gift wirkt im Gehirn und im Rückenmark.
Wir forschen an einer bestimmten Komponente des Giftes und untersuchen seine
Wirksamkeit für die Medizin.
Sprecherin
Beatriz Fernandes, die Ehefrau von Professor Camargo, ist Hochschullehrerin an der
Bundesuniversität von São Paulo und gleichfalls Forscherin am Institut Butantan. Sie erklärt,
wie ihr Team auf den Wirkstoff kam:
11. O-Ton
Beatriz Fernandes
Dieses Institut hat schon eine sehr alte Geschichte. Mehr als 100 Jahre. Von Beginn an
wurden hier Gifttiere untersucht. Sie wurden hier auch gezüchtet, so dass die ganze Arbeit,
die heute gemacht wird, mit modernen Mitteln und modernen Techniken, auf früheren
Arbeiten hier beruhen. Dieses Schmerzmittel wurde eigentlich, nicht in seiner puren Form,
schon Anfang des Jahrhunderts entdeckt, wurde auch verkauft und verabreicht, aber man
wusste nicht genau, was verabreicht wurde. Und heute ist es mit modernen technischen
Möglichkeiten gelungen, das Molekül selbst, also ein einziges Molekül aus einer Sammlung
von Molekülen, die im Gift drin sind, zu isolieren und dann auch zu synthetisieren. Und so
kann das zuerst getestet und danach wahrscheinlich auch verabreicht werden.
Sprecherin
Seite 12
Im Konferenzraum, in dem das Forscherpaar über das Klapperschlangengift berichtet,
herrscht auf die Frage, ob sie das Molekül genauer beschreiben könnten, sekundenlanges
Schweigen. Dann aber ringt sich Professor Camargo doch zu einigen Informationen durch.
12. O-Ton
Antônio Carlos Martins de Camargo
Eu posso dizer o seguinte: que é uma molécula pequena, natural, e é cerca de seissentas
vezes mais potente que a morphina. E tem outras ventangens. Primeiro que le não causa
depêndencias, um dos grandes problemas da morphina é que causa dependência. E funciona
por via oral. Poderia ser uma substância que só funcionasse se fosse injetada na circulação.
Funciona por via oral. Esse é o grande interesse desta substância. Mas nós estamos ainda há
alguns anos de chegar a conclusão se ele pode ser utilizado no ser humano.
Übersetzung männlich 2
Ich kann folgendes darüber sagen: Es ist ein sehr kleines Molekül, ein Naturstoff, der sechzig
Male stärker wirkt als Morphium. Der Stoff hat noch andere Vorteile. Er macht nicht
abhängig. Ein Problem von Morphium ist ja, dass es abhängig macht. Unser Mittel kann
außerdem oral verabreicht werden. Es muss nicht gespritzt werden. Daher ist diese Substanz
so interessant. Aber es wird noch Jahre dauern, bis wir sagen können, ob das Mittel in der
Humanmedizin zugelassen wird.
Atmo 3: draußen am Serpentarium, Kinderstimmen
Sprecherin
Auch in Brasilien braucht man – wie überall auf der Welt – Geduld und Zuversicht und nicht
zuletzt auch viel Geld für die klinische Erprobung, wenn man ein neues Arzneimittel
entwickelt. Aber die Chancen scheinen gut zu stehen, dass dieser Naturstoff eines Tages in
die Apotheken kommt. Ein Naturstoff, gewonnen aus dem Gift von Schlangen.