Kriminalistik/Kriminaltechnik Skriptum 10 Schusswaffenspuren
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Kriminalistik/Kriminaltechnik Skriptum 10 Schusswaffenspuren
Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Kriminalistik/Kriminaltechnik Skriptum 10 Schusswaffenspuren Schussspuren Einstellungsjahrgang 2007 1/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Grundlagen Waffenrecht Einstellungsjahrgang 2007 2/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst 1. Rechtliche Bestimmungen: Waffenrechtliches Bedürfnis Ein Bedürfnis ist anzunehmen bei Jägern, Sportschützen, Brauchtumsschützen, Waffenherstellern o. –händlern, Bewachungsunternehmern, bei besonderer persönlicher Gefährdung und bei Waffensammlern sowie Sachverständigen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 WaffG). Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen o. Munition für den beantragten Zweck muss glaubhaft gemacht werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Umgang mit einer Waffe oder Munition Umgang mit einer Waffe oder Munition hat, wer diese erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, damit schießt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt (§ 1 Abs. 3 WaffG). Erwerb Waffen und Munition erwirbt, wer die tatsächliche Gewalt über sie erlangt (Anlage 1, Abschn. 2, Nr. 1 zu § 1, Abs. 4 WaffG). Auf ein Rechtsgeschäft kommt es nicht an. Die Waffe kann demnach auch geliehen, unterschlagen, gemietet oder gestohlen sein. Die Erlaubnis zum Erwerb wird durch eine Waffenbesitzkarte erteilt (§ 10 Abs. 1 WaffG). Überlassen Waffen und Munition überlässt, wer einem Anderen die Ausübung der tatsächlichen Gewalt einräumt (Anlage 1, Abschn. 2, Nr. 3 zu § 1, Abs. 4 WaffG). Auch beim Überlassen kommt es nicht auf die Rechtmäßigkeit an. Überlassen dürfen erlaubnispflichtige Waffen und Munition nur an berechtigte Personen (§ 34 WaffG). werden Erlaubnispflichtiges Führen, (zugriffs-/schussbereit), siehe auch „Transport“ Eine Waffe führt, wer die tatsächliche Gewalt außerhalb einer Wohnung, seiner Geschäftsräume, seines befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte ausübt (Anlage 1, Abschn. 2, Nr. 4 zu § 1, Abs. 4 WaffG). (Das befriedete Besitztum muss gegen willkürliches Betreten anderer Personen gesichert sein.) Die Erlaubnis zum Führen einer Waffe wird durch einen Waffenschein erteilt (§ 10 Abs. 4 WaffG), für Jäger bei der Jagd genügt Jahresjagdschein. Allgemeines Verbot des Führens von Waffen besteht bei öffentlichen Veranstaltungen (§ 42 WaffG). Erlaubnis zum Schießen Die Erlaubnis zum Schießen wird durch eine Schießerlaubnis erteilt (§ 10 Abs. 5). Ausnahmen bestehen auf einer Schießstätte (§ 27 WaffG i. V. m. § 12 Abs. 4 WaffG), in besonderen Fällen Einstellungsjahrgang 2007 3/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst auf befriedetem Besitztum u. zu speziell geregelten Anlässen. für Jäger durch den Jahresjagdschein. Vorbedingungen zum erlaubten Transport Die Waffe darf nicht zugriffsbereit (im verschlossenen Behältnis - mit Schloss, z. B. Pistolenkoffer) und nicht schussbereit (getrennt von der Munition) transportiert werden, soweit vom Bedürfnis umfasst. Dann bedarf es keiner Erlaubnis zum Führen (§ 12 Abs. 3 Nr. 2). Es genügt nicht, die Waffe in der einen und die Munition in der anderen Hosentasche zu tragen. Wesentliche Teile von Schusswaffen Das sind der Lauf oder Gaslauf, der Verschluss sowie das Patronen- o. Kartuschenlager, wenn dieses nicht bereits Bestandteil des Laufes ist, bei Kurzwaffen auch das Griffstück. Sie stehen den Schusswaffen gleich (Anl. 1, Abschn. 1, UA 1, Nr. 1.3 WaffG). Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände Das sind tragbare Gegenstände, die zum Abschießen von Munition bestimmt sind, mit denen feste Körper gezielt verschossen werden, deren Antriebsenergie durch Muskelkraft eingebracht u. durch eine Sperrvorrichtung gespeichert werden kann, z. B. Armbrust (Anl. 1, Abschn.1, UA 1, Nr. 1.2 WaffG). Waffenbesitzkarte (WBK) Eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötigt, wer die tatsächliche Gewalt über eine erlaubnispflichtige Schusswaffe ausüben, folglich diese besitzen will. Die Erlaubnis wird nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt, in Form einer WBK (§ 10 Abs. 1 WaffG). Die Erlaubnis zum Erwerb einer Waffe gilt für die Dauer eines Jahres (ausgenommen Sammler, Waffensachverständige, Sportschützen), die Erlaubnis zum Besitz wird i. d. R. unbefristet erteilt. Kleiner Waffenschein (KlWS) Wer eine Schreckschuss- , Reizstoff- oder Signalwaffe außerhalb seines befriedeten Besitztums zugriffsbereit führen will, benötigt einen kleinen Waffenschein. Die Voraussetzungen sind für Erwerb und Besitz nur die Volljährigkeit, für das Führen aber Zuverlässigkeit und persönliche Eignung (Anlage 2, Abschn. 2, UA 3, Nr. 2 u. 2.1 WaffG). Waffenschein Wer eine Schusswaffe außerhalb seines befriedeten Besitztums zugriffsbereit führen will, benötigt die Genehmigung der zuständigen Behörde in Form eines Waffenscheins (§ 10 Abs. 4 WaffG), wenn nicht Ausnahmeregelungen greifen (z. B. Jäger). Jagdschein Ein Jagdschein wird Personen erteilt, welche die Jägerprüfung abgelegt haben. Der Jagdschein berechtigt zum Erwerb beliebig vieler Langwaffen mit dazugehöriger Munition und gilt als Bedürfnisnachweis für zwei Kurzwaffen. Einstellungsjahrgang 2007 4/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Waffenverbot Bei der Teilnahme an Großveranstaltungen (öffentlichen Vergnügungen, Messen, Ausstellungen, Märkten etc.) dürfen keine Waffen i. S. des § 1 Abs. 2 WaffG geführt werden. 2. waffentechnische Begriffe Nach dem WaffG wird zwischen verschiedenen Waffen, Geräten und Gegenständen unterschieden: Schusswaffen Gegenstände, die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Distanzinjektion, zur Markierung, zum Sport, zum Spiel, zur Jagd bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden. Feuerwaffe Schusswaffen, bei denen ein Geschoss mittels heißer Gase durch einen oder aus einem Lauf getrieben werden (Anlage 1, Abschn. 1, UA 1, Nr. 2.1 WaffG) Revolver Mehrschüssige, kurzläufige Schusswaffe, die zum einhändigen Gebrauch bestimmt ist.. Lauf und Patronenlager (Trommel) sind voneinander getrennt. Die Trommel ist zugleich Magazin und Patronenlager. Pistole Kurzläufige Schusswaffe, die zum einhändigen Gebrauch bestimmt ist. Lauf und Patronenlager bilden eine Einheit. Sie kann ein- oder mehrschüssig sein. Gewehr Ein Gewehr ist eine Langwaffe, die in der Regel beidhändig bedient wird. Es kann ein- und mehrschüssig sein. Tragbare Gegenstände Gegenstände, die zu Angriffs- oder Abwehrzwecken gegen Menschen bestimmt sind oder sich dazu eignen und im WaffG genannt sind. Schussapparate Tragbare Geräte, die für gewerbliche oder technische Zwecke bestimmt sind und bei denen zum Antrieb (Kartuschen-) Munition verwendet wird. Hieb- und Stoßwaffen Waffen, die ihrer Natur nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft, Hieb-, Stoß- oder Stichverletzungen beizubringen. Verbotene Waffen Gegenstände (Waffen, Zubehör, Munition, Geschosse u. ä.), die besonders gefährlich sind bzw. häufig bei der Begehung von Straftaten verwendet werden. Diese Gegenstände sind in der Anlage 2, Abschnitt 1 zu § Einstellungsjahrgang 2007 5/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst 2 Abs. 3 WaffG ausgewiesen . Anscheinswaffen Schusswaffen, die den Anschein von Feuerwaffen hervorrufen, bei denen aber zum Antrieb der Geschosse keine heißen Gase verwendet werden, Nachbildungen von Schusswaffen oder unbrauchbar gemachte Schusswaffen (Anlage 1, Abschn. 1, UA 1, Nr. 1.6 WaffG) Nachbildung von Schusswaffen Gegenstände, die nicht als Schusswaffen hergestellt wurden, die äußere Form einer solchen haben, aus denen nicht geschossen werden kann und die mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen nicht zur Schusswaffe umgebaut werden können. Unbrauchbar gemachte Schusswaffen Dauerhaft unbrauchbar gemacht ist eine Schusswaffe, wenn mit allgemeingebräuchlichen Werkzeugen die Schussfähigkeit der Waffe oder die Funktionsfähigkeit der wesentlichen Teile nicht wiederhergestellt werden kann. Patronenmunition Bezeichnung von Gegenständen, die zum Abschießen aus Schusswaffen oder den Schusswaffen gleichgestellten tragbaren Geräten bestimmt sind. Dabei handelt es sich um Hülsen mit Treibladungen, die ein Geschoss enthalten und Geschosse mit Eigenantrieb. Kartuschenmunition Bezeichnung von Gegenständen, die zum Abschießen aus Schusswaffen oder den Schusswaffen gleichgestellten tragbaren Geräten bestimmt sind. Dabei handelt es sich um Hülsen mit Treibladungen, die ein Geschoss nicht enthalten. Hülsenlose Munition Bezeichnung von Gegenständen, die zum Abschießen aus Schusswaffen oder den Schusswaffen gleichgestellten tragbaren Geräten bestimmt sind. Dabei handelt es sich um Treibladungen mit und ohne Geschoss, wobei die Treibladung eine den Innenabmessungen des Patronenlagers einer Schusswaffe oder eines gleichgestellten Gegenstandes nach (UA 1, Nr.1.2 WaffG) angepasste Form hat. Einzellader Alle Waffen ohne Mehrladeeinrichtung, bei denen die Patrone vor jedem Schuss aus demselben Lauf mit der Hand durch eine neue ersetzt werden muss. Mehrlader, Repetierer Waffen, die im Gegensatz zu den Einzelladerwaffen die Möglichkeit bieten, aus demselben Lauf mehrere Schüsse hintereinander abzugeben. Das Auswerfen der leeren Patronenhülse, das Einführen einer neuen Patrone aus dem Magazin in den Lauf und das Spannen des Schlosses erfolgen hierbei durch einen manuellen Repetiervorgang. Einstellungsjahrgang 2007 6/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Halbautomatische Waffen (Selbstladewaffen) Schusswaffen, die mit einem Magazin ausrüstbar sind und bei denen nach Betätigung des Abzuges die gezündete Hülse ausgeworfen wird und der Lade- und Spannvorgang des Schlosses selbsttätig erfolgen. Für die Abgabe eines jeden folgenden Schusses ist jeweils die erneute Betätigung des Abzuges erforderlich. Vollautomatische Waffen Schusswaffen, bei denen durch Zurückziehen des Abzuges die Schüsse hintereinander in schneller Reihenfolge abgegeben werden. Das Schießen (Dauerfeuer) erfolgt hierbei solange, bis das Magazin leer geschossen ist bzw. der Abzug wieder losgelassen wird. Flinte Waffe mit glattem Lauf, die zum Verschießen von Schrot- und Flintenlaufgeschosspatronen in verschiedenen Kalibern eingerichtet ist. Flinten können mehrere glatte Läufe in verschiedener Laufanordnung aufweisen. So werden Gewehre mit zwei parallel angeordneten Läufen als Doppelflinten und Gewehre mit zwei übereinander angeordneten Läufen als Bockflinten bezeichnet. Flinten gibt es auch als Repetierwaffe. Ist bei Vorderschaftrepetierflinten der Hinterschaft durch einen Pistolengriff ersetzt oder die Lauflänge unter 45 cm o. die Gesamtlänge unter 95 cm, handelt es sich um verbotene Waffen. Büchse Gewehr mit gezogenem Lauf, das zum Verschießen von Büchsenpatronen eingerichtet ist. Gewehre mit zwei parallel angeordneten Läufen werden als Doppelbüchsen und Gewehre mit zwei übereinander angeordneten werden als Bockbüchsen bezeichnet. Sie tritt als Einzellader, Repetier- oder Selbstladebüchse auf. Lange Handfeuerwaffen (Langwaffen) Schusswaffen, deren Lauf und Verschluss in geschlossener Stellung insgesamt länger als 30 cm sind und deren kürzeste bestimmungsgemäß verwendbare Gesamtlänge 60 cm überschreitet (Anl. 1, Abschn. 1, UA 1 Nr.2.5 WaffG). Kurze Handfeuerwaffen (Kurzwaffen) Schusswaffen, die zum einhändigen Gebrauch bestimmt sind und eine Gesamtlänge von weniger als 60 cm aufweisen (Pistolen, Revolver). Derartige Waffen werden auch als Faustfeuerwaffen bezeichnet. Vorderladerwaffen Bezeichnung für Waffen (Gewehre, Pistolen, Revolver), bei denen das Treibladungspulver und das Geschoss von vorn in Lauf/Trommel eingebracht werden. Maschinenpistole Einstellungsjahrgang 2007 7/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst (MPi) Vollautomatische Schusswaffe, die typische Pistolenmunition verschießt. In moderner Bauweise weisen Maschinenpistolen eine Gesamtlänge von weniger als 60 cm auf, sind aber zum beidhändigen Gebrauch bestimmt. Die Schulterstütze ist bei diesen Waffen häufig verkürzbar gestaltet. Lauf Ein aus einem ausreichend festen Werkstoff bestehender rohrförmiger Gegenstand, der Geschossen, die hindurch getrieben werden, ein gewisses Maß an Führung gibt. Gaslauf Der Gaslauf ist ein „Lauf“, der ausschließlich der Ableitung der Verbrennungsgase aus Gas- oder Schreckschusswaffe dient. Er ist nicht für das hindurch treiben von Geschossen bestimmt. Verschluss Der Verschluss ist das unmittelbar das Patronen- oder Kartuschenlager oder den Lauf abschließende Teil. Schalldämpfer Schalldämpfer sind Vorrichtungen, die der Dämpfung des Mündungsknalls dienen und für Schusswaffen bestimmt sind. Sie stehen rechtlich den wesentlichen Teilen der Schusswaffe gleich. 3. Spurenlage 3.1 Schusswaffenspuren Schusswaffenspuren sind durch Waffeneinwirkung entstandene Formspuren auf • verfeuerter • unverfeuerter Munition. Spurenträger sind demzufolge: • Patronen- und Kartuschenhülsen • Geschosse • Geschossteile • Patronen und Kartuschen Im Unterschied zur Patronenmunition hat die Kartuschenmunition kein Geschoss. Handelsüblich sind Reizstoff-, Knall- und Treibkartuschen. Bestimmte Geschosse werden hülsenlos verschossen oder verfeuert, z.B. aus Druckluftwaffen, PerkussionsEinstellungsjahrgang 2007 8/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Vorderladern oder Gewehren mit elektrischer Auslösevorrichtung. Je nach Waffenart werden unterschieden: 3.1.1 Untersuchungsziele Untersuchungsziele sind bei Munition − − − − Bestimmung von Patronenart und Kaliber Schusswaffensystembestimmung Erkennen von Spuren-/Tatzusammenhängen Bestimmung der Anzahl verwendeter Waffen bei Schusswaffen − waffentechnische und waffenrechtliche Prüfung − Identifizierung als Tatwaffe 3.1.2 Spurensuche Die Suche nach Spurenträgern und Spurenverursachern von Schusswaffenspuren erfolgt außer am Tatort auch an Örtlichkeiten, die in Beziehung zum Tathergang stehen, z.B. Leichenfundort oder Wohnung des Tatverdächtigen. (Tatort im engeren und im weiteren Sinne) Bei der Spurensuche sind auch Spuren anderer Art zu berücksichtigen, z.B. − daktyloskopische Spuren − technische Formspuren (Werkzeugspuren) − Passspuren Einstellungsjahrgang 2007 9/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst − körperzellenhaltige Spuren, Haare − textile Spuren − Schussspuren 3.1.3 Spurensicherung Die Auffindesituation und das Spurenbild sind durch − − Übersichtsaufnahmen oder Skizzen Nahaufnahmen (immer mit Maßstab) zu dokumentieren. Spuren sind zu kennzeichnen. Bei der Verwendung von Fotoleuchten ist Vorsicht geboten, weil die starke Wärmeentwicklung andere empfindliche Spuren beschädigen kann. Eventuell vorhandene Spuren anderer Art sollten nicht beeinträchtigt werden. Deshalb sind Greifwerkzeuge zur Spurensicherung (z.B. Pinzetten, Zangen) nur mit kunststoffbeschichteten Wirkflächen zu verwenden. Die Werkzeuge sind ggf. selbst zu präparieren, z.B. mit Ventilgummi, Kabelisolierung, Klebeband. 3.1.4 Patronen- und Kartuschenhülsen 3.1.4.1 Spurensuche Patronen- und Kartuschenmunition kann aus Schusswaffen mit automatischem und nicht automatischem Auswurf verfeuert werden. Die Hülsen sind sowohl im engeren als auch im weiteren Tatortbereich zu finden. Da Hülsen nach dem Auswurf insbesondere auf hartem Untergrund weiterrollen/-springen können und auch leicht zu verschleppen sind, sind Auftreff- und Auffindeort nicht immer identisch. Die Suche nach Patronen- und Kartuschenhülsen im geschlossenen Raum ist systematisch durchzuführen. Dabei ist auf Hohlräume und Vertiefungen zu achten. Behältnisse sind zu entleeren. Hilfsmittel der Spurensuche sind − − − bewegliche Lichtquellen Metallsuchgeräte Magnete Patronen- und Kartuschenhülsen im Freien können oberflächennah im Erdreich/Schnee eingedrückt oder eingetreten aufgefunden werden. Hilfsmittel der Spurensuche sind Einstellungsjahrgang 2007 10/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst − − − − bewegliche Lichtquellen Metallsuchgeräte Magnete Spürhund Bei der Suche nach Patronen- und Kartuschenhülsen am Opfer/Täter ist beim Bergen/Entkleiden besonders sorgfältig vorzugehen. Insbesondere sind Taschen, Falten, Aufschläge und Säume zu überprüfen. Bekleidung ist sicherzustellen . Nach der Bergung sind der Fundort die Transportfahrzeuge/-behältnisse, z.B. Rettungswagen, Trage auf Hülsen abzusuchen. 3.1.4.2 Spurensicherung Auf Patronen- und Kartuschenhülsen können grundsätzlich auswertbare daktyloskopische Spuren vorhanden sein. Das gilt auch für nasse Patronen- und Kartuschenhülsen. Daktyloskopische Spuren sollen grundsätzlich zuerst gesichert werden. Sofern eine Untersuchung von körperzellenhaltigem Material nicht erforderlich ist, sind Munitionsteile, die mit Blut oder Körpergewebe behaftet sind, unverzüglich mit Wasser abzuspülen und zu trocknen. Dabei ist Sonneneinstrahlung oder starke Wärmeeinwirkung zu vermeiden. Als Unterlage ist Filterpapier oder Verbandszellstoff (keine Watte) zu verwenden. Bei der Sicherung von Patronen- und Kartuschenhülsen im geschlossenen Raum kommt der Dokumentation des gesamten Umfeldes, insbesondere des Untergrundes, zur Standortbestimmung des Schützen besondere Bedeutung zu. Feuchte Hülsen sind zu trocknen, da sie sonst oxidieren. 3.1.5 Geschosse und Geschossteile 3.1.5.1 Spurensuche Das äußere Erscheinungsbild von Geschossen und Geschossteilen richtet sich nach der Art des Geschosses (durch die Konstruktion beabsichtigte Deformierung beim Auftreffen oder beim Durchgang) und der Beschaffenheit des getroffenen Materials (von "weichen" Zielmedien ohne Verformung des Geschosses über "harte" Zielmedien mit Deformierung oder Zerlegung bis zu undurchdringlichen Zielmedien mit Zerlegung bzw. Zerstörung) Die materielle Beschaffenheit der Zielmedien bestimmt auch die Suche im engeren oder weiteren Tatortbereich. Bei Durchschüssen mit nur teilweisem Energieverlust ist besonders das Umfeld hinter dem Ausschuss zu beachten. Geschosse und Geschossteile im geschlossenen Raum sind meistens im getroffenen Material, selten oberflächennah, aufzufinden. Auf Einschüsse, Durchschüsse, Abpraller ist zu achten. Einstellungsjahrgang 2007 11/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Darüber hinaus können Geschosse oder Geschossteile ins Erdreich eingedrungen sein (bis zu einer Eindringtiefe von 0,80 m möglich). Zur Spurensuche ist die Erde schichtweise abzutragen und durchzusieben. Hilfsmittel der Spurensuche sind z.B. − − − Metallsuchgeräte Siebe verschiedener Maschenweite Handschaufel, Maurerkelle Bei der Suche nach Geschossen und Geschossteilen am Opfer/Täter ist besonders sorgfältig vorzugehen. Geschosse oder Geschossteile können auch in der Bekleidung steckenbleiben. Für die Suche und Lokalisierung von Geschossen oder Geschossteilen, die in den menschlichen Körper eingedrungen sind, ist ein (Rechts-)Mediziner zuständig. 3.1.5.2 Spurensicherung Geschosse können aus einem Material, z.B. Blei bei einem Vollgeschoss, oder mehreren mechanisch trennbaren Materialien, z.B. Mantel und Bleikern bei einem Vollmantelgeschoss bestehen. Beim Eindringen, Durchschlagen oder Abprallen können Geschosse deformiert oder zerlegt werden. Zur Bestimmung von Kaliber, Geschossart und Geschossform sind alle Geschossteile zu sichern. Für die Untersuchung der Schusswaffenspuren ist bei einem Vollgeschoss die Oberfläche, bei einem Geschoss aus mehreren Komponenten der Mantel erforderlich. Falls eine Schussrichtungsbestimmung erforderlich ist, muss ein Sachkundiger hinzugezogen werden. In diesem Fall sind Geschosse oder Geschossteile am Fundort zu belassen, anderenfalls ist die Auffindestelle zu markieren. Zur Rekonstruktion des Schützenstandortes anhand von Geschossschürfspuren, von korrespondierenden Schussbeschädigungen (z.B. Durchschuss Fenster - Schussbeschädigung Wand) oder von Schusskanälen müssen die Richtungen und Koordinaten im Raum eindeutig bestimmt werden. Ebenso müssen die Lagen (Koordinaten) der einzelnen Hülsenfundorte markiert und dokumentiert werden. Wird eine Untersuchung im Bereich Ballistik angestrebt, so ist vor dem Verändern der Spuren ein Sachverständiger hinzuzuziehen. Bei der Sicherung von Geschossen und Geschossteilen im geschlossenen Raum ist die Einwirkung von metallischen Werkzeugen auf die Spuren zu vermeiden. Neue Spuren dürfen nicht gesetzt werden. In Mauerwerk eingedrungene Geschosse und Geschossteile sind vorsichtig herauszulösen. Bei Holz oder vergleichbarem Material ist ein das Geschoss oder Geschossteil umgebendes Materialstück herauszutrennen; ggf. ist ein Sachkundiger hinzuzuziehen. Einstellungsjahrgang 2007 12/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Bei der Sicherung von Geschossen und Geschossteilen am Opfer/Täter dürfen keine neuen Spuren gesetzt werden. In den Körper eingedrungene Geschosse und Geschossteile sind durch einen (Rechts-)Mediziner sichern zu lassen. Es ist sicherzustellen, dass beim Gebrauch medizinischer Geräte (z.B. Skalpell, Pinzette, Zange) Fremdspuren nicht entstehen können. Deshalb sind Geschosse und Geschossteile unverzüglich zu sichern, mit Wasser abzuspülen und an der Luft zu trocknen, zum Trocknen als Unterlage Filterpapier oder Verbandszellstoff (keine Watte) verwenden schnellstmöglich der Untersuchungsstelle zuzuleiten 3.1.7 Schusswaffen/Schusswaffenteile Es ist nicht nur nach Schusswaffen, sondern auch nach Schusswaffenteilen zu suchen. Schusswaffenteile können metallische und nichtmetallische Gegenstände unterschiedlicher Form und Größe sein, die als Fehlteile oder Passstück einer bestimmten Waffe zuzuordnen sind, z.B. − − − Feder Griffschale abgebrochene Auszieherkralle Vor der Asservierung einer Schusswaffe ist über die allgemeine Dokumentation hinaus auch der Auffindezustand als Situationsspur zu dokumentieren. Dabei ist aufzunehmen − − − − − − Lage der Schusswaffe (rechte/linke Seite, ganz abgedeckt/teilweise abgedeckt/offen) Schlageinrichtung (Schlaghebel gespannt/entspannt) Sicherungseinrichtung (vorhanden/nicht vorhanden, gesichert/entsichert) Stellung des Verschlussstückes (vorn/hinten/halb zurück; Hülse/Patrone in der Auswurföffnung eingeklemmt) Magazin (in der Schusswaffe/teilweise herausgezogen/außerhalb der Schusswaffe/fehlt ganz, Anzahl der Patronen) Revolvertrommel (geschlossen/geöffnet) Anordnung der Patronen/Hülsen in der Revolvertrommel in Bezug zum Lauf im Uhrzeigersinn beschreiben (Nr. 1 = Patrone vor dem Lauf) Trommel vor dem Herausschwenken auf Rahmen und davor liegender Stelle der Trommel markieren Trommel beim Herausschwenken festhalten! Einstellungsjahrgang 2007 13/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Querschnitt durch eine Revolvertrommel Eine geladene Schusswaffe ist grundsätzlich nicht zu transportieren oder zu versenden. Kann die Schusswaffe aus technischen Gründen nicht entladen werden, sind Sicherheitsvorkehrungen gegen Zugriff zu treffen und mit der Untersuchungsstelle weitere Maßnahmen abzusprechen. Auf glatten Flächen einer Schusswaffe bzw. eines Magazins können grundsätzlich auswertbare daktyloskopische Spuren vorhanden sein. Das gilt auch für nasse Schusswaffen. Daktyloskopische Spuren sollen grundsätzlich zuerst gesichert werden. Die Schusswaffe ist deshalb an rauhen und geriffelten Stellen (z.B. Griffschalen, Verschlussriffelungen) und nur mit Handschuhen anzufassen (keinen Gegenstand, z.B. Bleistift, in die Laufmündung führen Spurenbeeinträchtigung) und nach dem Aufnehmen sofort in einen handhabungs- und transportsicheren Zustand zu versetzen. Dazu Schusswaffe sichern, Magazin entfernen (nicht entleeren)/Trommel entleeren, unter Angabe der jeweiligen Position in der Trommel Patronen getrennt sichern, Schusswaffe entladen entladene Patronen gesondert sichern Schusswaffen oder Schusswaffenteile dürfen nicht eingeölt oder eingesprüht werden. Jegliches Manipulieren an und mit der Schusswaffe hat zu unterbleiben. Auch dürfen keine Ladeversuche unternommen werden, z.B. um zu prüfen, ob die sichergestellte Munition zur Waffe passt. 3.1.8 Schusswaffenzubehör Als Schusswaffenzubehör sind die zur Schusswaffe gehörenden, jedoch zur Schussabgabe nicht zwingend erforderlichen Teile anzusehen, z.B. − (Ersatz-)Magazin − Reinigungsgerät − Werkzeug − Trageriemen − Holster − Schalldämpfer Schusswaffenzubehör lässt in vielen Fällen Rückschlüsse auf die Tatwaffe zu. Einstellungsjahrgang 2007 14/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst 3.1.9 Spurensicherung - Anderes verfeuertes Material Flintenpatronen enthalten verschiedene, beim Verfeuerungsvorgang freiwerdende Bestandteile. Wegen der Breiten- und Weitenstreuung der Schrotladung und der geringen Größe der Schrote ist das Sichern dieses Spurenmaterials schwierig. Da im Regelfall nur ein geringer Teil der Schrotladung gesichert werden kann, ist die Sicherung der anderen Bestandteilebesonders bedeutsam. Die Fundorte dieser Munitionsbestandteile sind in der Tatortskizze genau zu dokumentieren. 3.1.9 Vergleichsmaterial Vergleichsmaterial ist vorsorglich zu sichern, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Bezug zu noch nicht gefundenen Spuren des Tathergangs, z.B. am Fundort, am noch unbekannten Tatort, beim noch nicht ermittelten Täter zu vorhandenen Spuren eines anderen Tathergangs, z.B. Serienstraftat hergestellt werden kann. Es ist Material in ausreichender Menge (abhängig von Ziel und Umfang der kriminaltechnischen Untersuchung) aufzunehmen und möglichst dem Untersuchungsantrag beizufügen, anderenfalls nachzureichen. Das Vergleichsmaterial zur Spurenuntersuchung umfasst − Patronenhülsen und Geschosse, die bei der Untersuchungsstelle durch Beschuss einer sichergestellten Schusswaffe zum Zwecke der vergleichenden Spurenuntersuchung gewonnen werden − Patronenhülsen, Geschosse und Patronen, die nicht Tatmunition sind und im Zuge der Ermittlungen sichergestellt werden mit dem Ziel, über vergleichende Spurenuntersuchung mit der Tatmunition bei Übereinstimmung eine Verbindung zur Tat herzustellen Vergleichsmaterial ist als solches eindeutig zu kennzeichnen und vom Tatspurenmaterial getrennt zu halten. Lade- oder Funktionsversuche sind zu unterlassen. 3.1.10 Verpackung und Versand Das Spuren- und Vergleichsmaterial ist vor dem Verpacken erforderlichenfalls zu trocknen. Alle Spuren, Spurenträger und Vergleichsmaterialien müssen einzeln verpackt werden, um eine Spurenübertragung zu vermeiden. Spurentragende Teile und die Laufmündung sind besonders zu schützen, z.B. Durch Umhüllen/Abdecken oder Fixierung im Behältnis. Für Munition sind dicht schließende Behältnisse zu verwenden, z.B. − Pergamin- und Cellophantüten − Papiertüten − Kunststofftüten mit Schnellverschluss − Als weitere Verpackung eignen sich Kunststoffbehältnisse, z.B. Filmdöschen. Einstellungsjahrgang 2007 15/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Für Schusswaffen, Schusswaffenteile und Schusswaffenzubehör sind schützende Behältnisse zu verwenden, z.B. − Transportkisten und -koffer (zur Aufnahme von Waffen hergerichtet und wiederholt verwendbar) − Kartons − Kunststoffbehältnisse − gepolsterte Papiertüten Notwendig ist eine eindeutige und sichere Kennzeichnung, bei undurchsichtigen Behältnissen auch außen. Bei Gefahr von Beschädigungen, insbesondere beim Versand, ist das Spurenbehältnis in dem Versandbehältnis mit Füllmaterial zu polstern. Das Spuren- und Vergleichsmaterial ist unverzüglich zu versenden oder per Kurier zu überbringen. 3.2 Schussspuren 3.2.1 Begriffsbestimmungen Schussspuren sind die durch einen Schuss verursachten Einwirkungen − auf das getroffene Objekt − auf den Schützen − auf Objekte im Bereich der Schussabgabe − sowie Kontaminationen durch direkten oder indirekten Kontakt. Sie stellen sich dar als − Schussrückstände (gunshot residues = GSR) − Pulverschmauchablagerungen/-antragungen und /oder − Geschossabriebe und Geschossteile − morphologische Veränderungen am getroffenen Objekt, z.B. Einschussöffnung und Ausschussöffnung 3.2.2 Untersuchungsziele Untersuchungsziele sind zur Tatrekonstruktion − Standortbestimmung Schütze / Opfer durch − Feststellung der Lagen der Hülsen − Schussentfernungsbestimmung − Schussrichtungsbestimmung − Bestimmung von Ein-/Ausschuss − Feststellung der Geschossbahn, z.B. bei Abprallern − Feststellung der Schusswirkung − Feststellung der Ursache einer Materialbeschädigung/Deformation − Feststellung von Übertragungen, z.B. Schmauch, Geschossabrieb, Waffenöle Einstellungsjahrgang 2007 16/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst − Feststellung von Übertragungsspuren, z.B. Blut, Gewebeteile, die vom Opfer herrühren als Hinweis auf den Schützen GSR-Nachweis − auf der Haut (Schusshand, Gesicht bei Langwaffen) − auf der Bekleidung − Feststellung von Übertragungen, z.B. Schmauch, Geschossabrieb, Waffenöle als Hinweis auf die Tatwaffe − − − Bestimmung des GSR-Verteilungsbildes auf der Schusshand Bestimmung des GSR-Verteilungsbildes am beschossenen Objekt Bestimmung des Kalibers anhand der Primär-Einschussöffnung als Hinweis auf die Tatmunition Auswertung des GSR-Bildes − morphologische und chemische Bewertung der Rückstände des Anzündsatzes − morphologische und chemische Bewertung teilverbrannter/unverbrannter Treibladung − Analyse sonstiger Munitionsbestandteile, z.B. Geschoss - oder Hülsenmaterial Bei der Auswertung werden vorwiegend Bestandteile von Anzündsatz, Treibladung und Geschoss nachgewiesen. Besondere Hinweise Die eindeutige Klärung von Schusswaffendelikten setzt in besonderem Maße eine umfassende Spurensuche, -sicherung und -auswertung unter Berücksichtigung aller ermittelten Tatumstände voraus. Verunreinigungen durch Sicherungswerkzeuge und Behältnisse (z.B. kann der Nachweis von Bestandteilen der Sintoxmunition durch Transport der Leiche im ungeschützten Zinksarg vereitelt werden) sind unbedingt zu vermeiden, da Untersuchungsergebnisse sonst verfälscht werden können. Die hochempfindlichen Nachweismethoden erfordern die Handhabung und Vorbereitung von Spurensicherungsmitteln unter analytischen Gesichtspunkten. Deshalb sind − Spurenträger für GSR getrennt von sonstigen Spurensicherungsmitteln aufzubewahren − Schutzhandschuhe zu verwenden, die frei von in GSR enthaltenen Metallen sind (Rücksprache mit der Untersuchungsstelle erforderlich) Zur Spurensicherung, Schussentfernungsbestimmung und Standortbestimmung des Schützen sind ggf. Sachkundige oder Sachverständige schon bei der Tatortarbeit hinzuzuziehen. 3.2.3 Spurensuche Allgemeines Bei der Spurensuche ist zu achten auf − Verletzungen − Beschädigungen aller Art Einstellungsjahrgang 2007 17/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst − − dunkle Anhaftungen Oberflächenverformungen, z.B. auch an Wänden Bei der Suche nach Schussspuren sind auch Spuren anderer Art zu berücksichtigen, z.B. − daktyloskopische Spuren − technische Formspuren − Glas-, Lack-, Metall- und Kunststoffspuren − Schusswaffenspuren − körperzellenhaltige Spuren − textile Spuren 3.2.3.1 Schussrückstände (GSR) Spurensuche GSR setzen sich zusammen aus Bestandteilen − des Anzündsatzes − der Treibladung − des Geschosses − der Reizstoffladung oder des Knallsatzes − evtl. weiterer, bei Schussabgabe vorhandener Substanzen im Rohr, z.B. Waffenöl, Abrieb von der Waffe, Rückstände früherer Schussabgaben. GSR treten am Schützen selbst, insbesondere an der Schusshand, im Bereich der Schussabgabe und im Trefferbereich auf. Sie sind erkennbar als − Einsprengungen von unvollständig verbranntem Treibladungspulver (gelbliche, graue oder grüne Partikel) − dunkle Anhaftungen (Verbrennungsrückstände von Treibladungspulver und Anzündsatz) − farbige Anhaftungen, z.B. Rückstände von Dichtungs- und Markierungslack auf Patronen − metallische Abriebspuren (Geschossabrieb) − andere Partikel, z.B. Füllstoff von Schalldämpfern Die Suche nach GSR ist nur von Sachverständigen/Sachkundigen vornehmen zu lassen. In Zweifelsfällen ist Verbindung mit der Untersuchungsstelle schon bei der Tatortarbeit aufzunehmen. GSR sind in vielen Fällen nicht sichtbar, auch nicht durch eine Vergrößerung (Lupe, Makroskop), können aber durch chemische oder analytische Verfahren detektiert und sichtbar gemacht werden; die Anwendung dieser Verfahren bleibt der Untersuchungsstelle vorbehalten. 3.2.3.2 Verletzungen und Beschädigungen Schussverletzungen und -beschädigungen können verursacht werden durch − Geschosse oder Geschossteile (auch Schrotkörner) − Bestandteile der Flintenmunition − Waffen bzw. Waffenteile (Stanzmarke) Einstellungsjahrgang 2007 18/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst − − − − − nicht vollständig verbrannte Treibladungspartikel heiße Pulvergase (auch von Reizstoff-/Alarmwaffen) brennende Leuchtsätze sonstige verschossene Gegenstände, z.B. Stahlkugeln, Spielzeugmurmeln, Pfeile Teile getroffener Gegenstände, z.B. Glassplitter Verletzungen an der Schusshand stellen sich als oberflächliche Hautverletzungen dar, z.B. Schürfwunden, die beim Laden oder unsachgemäßen Bedienen von Schusswaffen oder schusswaffenartigen Gegenständen entstanden sind. Beschädigungen an der Bekleidung stellen sich dar als − Gewebedurchtrennungen durch Geschosse − kleinere Durchtrennungen durch Geschossteile oder Schrote (häufig auch Mehrfachbeschädigungen bei Faltenbildung) − großflächige Löcher mit Brand- bzw. Sengspuren (entstanden durch brennenden Leuchtsatz oder Nahschuss mit Schwarzpulver) − kreuzförmige Gewebezerreißungen, Dreiecksrisse oder andere Formen, manchmal mit Sengspuren im Randbereich infolge heißer Pulvergase − Kreuzförmige Zerreißungen treten insbesondere bei kurzen Schussentfernungen auf und können auch durch Reizstoff-/Alarmwaffen verursacht werden. Verletzungen am unbedeckten Körper erscheinen als − Stanzmarken − blutunterlaufene Bereiche − Pulvereinsprengungen − Hautabschürfungen − Ein- bzw. Ausschüsse − Abstreifringe − Sengspuren Beschädigungen an Gegenständen kommen vor in Form von − Durchtrennungen − Streifschussbeschädigungen − Abprallerspuren − Sengspuren − Eindellungen 3.2.4 Spurensicherung Die Spurensicherung für die späteren kriminaltechnischen Untersuchungen setzt tiefergehende Kenntnisse des speziellen Methodenspektrums voraus, das durch die Kriminaltechnik ständig fortentwickelt wird. Die richtige Probennahme und Behandlung ist in den meisten Fällen bereits Bestandteil der analytischen Untersuchungen und Grundvoraussetzung für eine beweiskräftige Aussage im Gutachten. Insbesondere bei Schussdelikten ist die spezielle Spurensicherung nur durch Sachverständige/Sachkundige durchzuführen. Die Auffindesituation und das Spurenbild sind durch Einstellungsjahrgang 2007 19/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Übersichtsaufnahmen oder Skizzen Nahaufnahmen (immer mit Maßstab) zu dokumentieren. Ggf. ist eine dreidimensionale fotogrammetrische Vermessung am Tatort zu veranlassen. − − Spuren sind zu kennzeichnen. Bei der Verwendung von Fotoleuchten ist Vorsicht geboten, weil die starke Wärmeentwicklung empfindliche Spuren beschädigen kann. Die Sicherung mit Spurenträger hat absoluten Vorrang, ggf. ist dieser zu zerlegen, spurentragende Teile sind großflächig herauszutrennen. In diesen Fällen ist mit der Untersuchungsstelle Rücksprache zu halten. Finger- bzw. Handflächenabdrucknahme und Reinigungsmaßnahmen dürfen erst nach abgeschlossener Sicherung der Schussspuren durchgeführt werden. Eventuell vorhandene Spuren anderer Art sollten nicht beeinträchtigt werden. So ist beispielsweise auf Gewebeanhaftungen (Körpergewebe, Blut) an der Schusswaffe zu achten. Die Rangfolge der Spurensicherung ist entsprechend der zu erwartenden Ergebnisse und deren Verwertbarkeit mit den Untersuchungsstellen abzusprechen, z.B. körperzellenhaltige Spuren, Faserspuren, GSR. Die Spurensicherungswerkzeuge sind ggf. zu wechseln oder gegen Kontamination zu schützen; im Einzelfall kann eine sorgfältige Reinigung ausreichend sein. Der Bericht des behandelnden (Rechts-) Mediziners zu den Verletzungen und/oder der Obduktionsbericht werden zur labormäßigen Bearbeitung von Schussspuren benötigt (inkl. Lichtbildmappe vom Verlauf der Obduktion). Spurensicherung - Schussrückstände (GSR) GSR an der Schusshand sind leicht veränderlich und leicht übertragbar, deshalb ist die unverzügliche Sicherung notwendig. Soll lediglich der Nachweis von GSR geführt werden (ggf. sind auch Hinweise auf die verwendete Tatmunition möglich), kann eine Sicherung durch mehrmaliges Tupfen mit Klebetellern (Tape-Lift-Technik) erfolgen. In günstig gelagerten Fällen (z.B. bei Leichen, kurze Zeitspanne zwischen Schussabgabe und Sicherung, unveränderte Schusshand) kann das Verteilungsbild der GSR zur Klärung weitergehender Untersuchungsziele führen. Das eingesetzte Spurensicherungsverfahren (z.B. Klebefolien-Verfahren, PVALVerfahren) muss das gesamte GSR-Verteilungsbild eindeutig wiedergeben. Es sind die von der jeweiligen Untersuchungsstelle vorgegebenen Spurensicherungsanweisungen zu beachten. Ist eine unverzügliche Sicherung der GSR nicht möglich, sind Spurenveränderungen an den Händen (z.B. Abreiben, Abwaschen) unbedingt zu vermeiden. Einstellungsjahrgang 2007 20/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst Notfalls sind Papiertüten über die Hände zu streifen und am Handgelenk zu verschließen. Eine Feststellung des GSR- Verteilungsbildes ist dann nur noch eingeschränkt möglich. GSR an der Bekleidung sind mit dem Spurenträger zu sichern, der erforderlichenfalls zu trocknen ist. Schussbeschädigungen dürfen nicht durchgeschnitten oder durchgerissen werden. Einschussstellen bzw. mögliche Schussdefekte sind mit Papier großflächig außen- und innenseitig abzudecken. Grundsätzlich sind alle Bekleidungsstücke von Opfern und Tätern unverzüglich zu sichern, auch wenn daran scheinbar keine Schussbeschädigungen und GSR erkennbar sind, z.B. bei Kopfschüssen. Auch schon gewaschene oder gereinigte Bekleidung (im Untersuchungsantrag vermerken) ist zu asservieren. GSR am unbedeckten Körper sind wie folgt zu sichern: Bei Leichen ist zu verhindern, dass vor der Spurensicherung Schusswunde und Wundumgebung gereinigt werden. Bei Ein- und Ausschüssen sind ca. 7 cm x 7 cm große Hautteile des Wundbereiches durch den Obduzenten zu sichern und auf fester Unterlage, z.B. Korkplatte, durch Feststecken zu fixieren. Ggf. sind Haare aus dem Wundbereich zu sichern. Bei Schüssen in behaarte Körperregionen sind die Hautteile mit Haaren und evtl. das Deckhaar davon getrennt zu sichern. Nur nach Rücksprache mit der Untersuchungsstelle sollte auf ein Heraustrennen des Wundbereiches in einer Größe von ca. 7 cm x 7 cm verzichtet werden. Auch oberflächliche Hautdefekte sind zu sichern, wenn deren Entstehung im Zusammenhang mit dem Schussdelikt stehen kann. Vor der Entnahme ist die Lage der zu sichernden Hautdefekte zu vermessen und zu dokumentieren. Bei Schüssen aus kurzer Distanz ist an die Sicherung tiefergelegenen Körpergewebes zu denken. Hautpräparate, Körpergewebe und Körperteile sind unter Kühlung (Kühlschranktemperatur) unverzüglich durch Kurier der Untersuchungsstelle nach Absprache zuzuführen. Ist dies nicht möglich, können sie zur Lagerung eingefroren werden, wenn sie luftdicht verpackt sind, z.B. Einschweißen in Folie. Bei eingefrorenem Material ist auf eine geschlossene Kühlkette, z.B. Trockeneis, Kühlakkus, zu achten. Wurde die Haut bei der Wundversorgung zuvor gereinigt, ist das Reinigungsmaterial zu sichern. Bei Verletzten sind Bereiche mit mutmaßlichen Beschmauchungen zu fotografieren (besonders der Wundbereich). Verletzungen sind ggf. (rechts-)medizinisch begutachten zu lassen. Wundversorgungsmaterial, Haare und eventuell operativ entferntes Körpergewebe sind zu sichern; keinesfalls in Konservierungsmittel einlegen, ggf. einfrieren. Soweit medizinisch vertretbar, sind GSR aus dem Einschussbereich zu sichern (eventuell großflächig). GSR an Gegenständen sind möglichst so zu sichern, dass an dem jeweiligen Objekt auch Bereiche ohne Einstellungsjahrgang 2007 21/22 KOK Ulf Steinert Fachochschule der Polizei des Landes Brandenburg Ausbildungsgang mittlerer Polizeivollzugsdienst augenscheinlich feststellbare Beschmauchung erfasst werden. Daher sind − transportfähige Objekte im Bereich der Beschmauchung nur nach Rücksprache mit der Untersuchungsstelle mit selbstklebender Folie abzukleben, ansonsten nur abzudecken − bei Glasscheiben mit Schussbeschädigungen zur Vermeidung weiterer Zerstörungen auf der vom Schützen abgewandten Seite Klebefolien zum Transport anzubringen − bei nicht transportfähigen Objekten (Säulen, Mauern, Zementböden, Türen, Schaufenster) Beschmauchungen zunächst zu fotografieren Besonders bei nicht transportfähigen Objekten oder bei Gegenständen, an denen durch den Transport mit einer Minderung des Informationsgehaltes der Spuren zu rechnen ist, ist die Suche nach GSR nur von Sachverständigen/Sachkundigen vorzunehmen. In Zweifelsfällen ist Rücksprache mit der Untersuchungsstelle zu halten. Spurensicherung - Verletzungen und Beschädigungen Verletzungen an der Schusshand sind fotografisch zu sichern und durch (Rechts-)Mediziner oder Sachverständige der Untersuchungsstelle zu begutachten. Auch auf körperzellenhaltige Spuren an der Schusswaffe ist zu achten. Beschädigungen an der Bekleidung nur nach Rücksprache mit der Untersuchungsstelle mit selbstklebender Folie abkleben, ansonsten nur mit nichtklebendem Material abdecken (Abdeckung fixieren). Beschädigungen an Gegenständen sind bei − transportablen Gegenständen im Bereich von Schussbeschädigungen nur nach Rücksprache mit der Untersuchungsstelle mit selbstklebender Folie abzukleben, ansonsten nur mit nichtklebendem Material abzudecken − nicht transportablen Gegenständen zunächst fotografisch zu sichern und bis zum Eintreffen von Sachverständigen/Sachkundigen mit nichtklebender Folie abzudecken Kontrollfragen: 1. Einstellungsjahrgang 2007 22/22 KOK Ulf Steinert