Fachgespräch „Digitale Kompetenz älterer Menschen“

Transcrição

Fachgespräch „Digitale Kompetenz älterer Menschen“
.
Runder Tisch „Aktives Altern –
Übergänge gestalten“
Arbeitsgruppe „Bildung im und für das Alter“
Dokumentation zum Fachgespräch
„Digitale Kompetenz älterer Menschen“
Fachgespräch am 21. Januar 2016 in Frankfurt am Main
Digitale Kompetenz älterer Menschen
Dokumentation
Bearbeitung durch:
Dr. Ludger Klein
unter Mitarbeit von Anja Ehlers (FfG e.V.) und Maike Merkle (ISS-Frankfurt a.M.)
I
1
Einleitung
In Kooperation mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(BMFSFJ) sowie mit dem Institut für Gerontologie an der TU Dortmund hat das ISS-Frankfurt
a.M. am 21. Januar 2016 das Fachgespräch ‛Digitale Kompetenz älterer Menschen“ organi­
siert und durchgeführt.
Als Praxisforschungsinstitut veranstaltet das ISS-Frankfurt a.M. regelmäßig Fachgespräche
in diesem explorativen Format. Dieses bietet Expertinnen und Experten aus Wissenschaft,
Politik und Praxis die Gelegenheit zur intensiven Diskussion über aktuelle Anforderungen,
Probleme und Fragestellungen in sozialpolitischen Themenfeldern. Zentrales Anliegen ist
hierbei vor allem, einen Beitrag zur Verwirklichung von mehr sozialer Teilhabe unterschiedli­
cher gesellschaftlicher Zielgruppen zu leisten.
Eine grundlegende Hypothese unserer Kooperation mit dem BMFSFJ ist, dass Bildung dem
Menschen vor allem auch im Alter bei seiner Lebensgestaltung dient und ihm zu sozialer
Teilhabe und Selbstbestimmtheit verhelfen kann. In unserem ersten gemeinsamen Fachge­
spräch ‛Bildung – Eine Frage des Alters?“ im Dezember 2014 wurde zudem auch der beid­
seitige Nutzen von ‛Bildung im und für das Alter“ sowohl für das Individuum als auch für die
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Gesellschaft betont.
Im Grußwort des Bundesfamilienministeriums erläuterte Marc Axel Hornfeck (Referatsleiter
312 ‛Bildung für ältere Menschen“) die Arbeitsstruktur des RTAA mit seinen drei Arbeits­
gruppen ‛Übergänge gestalten“, ‛Bildung im und für das Alter“ sowie ‛Active Ageing Index“.
Zur AG Bildung, für die Referat 312 im BMFSFJ zuständig ist, führte er aus, dass nach der
ersten AG-Sitzung im September 2015 drei Themenbereiche in Workshops aufbereitet wer­
den:

‛Politische Bildung“ (fand im November 2015 statt),

‛Schwierige Zugänge“ (geplant für Februar 2016) sowie

‛Bildung als Bestandteil kommunaler Daseinsvorsorge“ und ‛Ländlicher Raum“ (ge­
plant für April 2016).
Darüber hinaus besteht seitens der AG Bildung besonderes Interesse am Thema ‛Informati­
ons- und Kommunikationstechnologien (IKT)“: Hier soll es nicht nur um technische Vernet­
zung gehen, sondern vielmehr darum, in welchem Umfang Informations- und Kommunikati­
onstechnologien von älteren Menschen genutzt werden und wie diese Nutzung gefördert
werden kann. Möglichkeiten der Entwicklung neuer Technologien unter Einbindung älterer
Menschen als Ko-Entwickler sollen in den Blick genommen werden.
Ein weiteres Projekt in diesem Themenbereich ist eine vom BMFSFJ initiierte Studie der
Forschungsgesellschaft für Gerontologie zur Stärkung digitaler Kompetenz bei älteren Men­
schen, in der es sowohl um eine Bestandsaufnahme als auch um Handlungsperspektiven
1
Die Dokumentation zu dem Fachgespräch ‛Bildung – Eine Frage des Alters?“ steht Ihnen auf der Website des ISS-Frankfurt
a.M. zum Download zur Verfügung unter: http://www.iss-ffm.de/publikationen/publikationen/index.html.
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geht. Das Fachgespräch ‛Digitale Kompetenz älterer Menschen“ verbindet dieses Projekt mit
der AG Bildung.
Im Unterschied zu den bisherigen Workshops in Kooperation von BMFSFJ und ISS-Frankfurt
a.M. im Themenfeld ‛Bildung im und für das Alter“ war das Fachgespräch infolgedessen eine
Besonderheit, da die Arbeitsergebnisse sowohl Verwendung finden in ihrer Weiterbearbei­
tung durch die AG Bildung des RTAA als auch in der sozialwissenschaftlichen Studie der
Forschungsgesellschaft für Gerontologie.
2
Das Fachgespräch war demzufolge zum einen mit AG-Mitgliedern , zum anderen mit Exper­
tinnen und Experten besetzt, die die Forschungsgesellschaft für Gerontologie (FfG e.V.) im
Rahmen ihres Projektes ‛Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz bei älteren Men­
schen“ hinzugezogen hatte, die von der Arbeitsgruppe empfohlen wurden oder auf Grund
einer Sichtung des Themenfeldes im Vorfeld von BMFSFJ und ISS-Frankfurt a.M.
indentifiziert wurden.
Die im Fachgespräch ‛Digitale Kompetenz älterer Menschen“ gesammelten Hinweise und
Anregungen werden für den Abschlussbericht im FfG-Projekt ausgewertet und fließen in die
Entwicklung von Handlungsempfehlungen ein.
Mit Blick auf die AG ‛Bildung im und für das Alter“ des RTAA werden die erarbeiteten Anre­
gungen in Form dieser Dokumentation an die Mitglieder der Arbeitsgruppe übermittelt. Die
Anregungen bilden die Grundlage für Überlegungen, was die relevanten gesellschaftlichen
Akteure, die in der Arbeitsgruppe ‛Bildung im und für das Alter“ des Runden Tisches ver­
sammelt sind, einschließlich derjenigen, die am Arbeitsprozess der AG beteiligt sind, konkret
in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich zur Stärkung digitaler Kompetenz Älterer tun kön­
nen. Eine Bündelung der Ergebnisse des Fachgesprächs sowie der anderen Workshops der
AG erfolgt dann in einer Aufarbeitung für den Runden Tisch.
Die zentralen Fragestellungen und eine umfassendere konzeptionelle Einführung ins Thema
‛Digitale Kompetenz älterer Menschen“ finden sich in Anhang I dieser Dokumentation. Zur
konzeptionellen Rahmung des Fachgesprächs sei an dieser Stelle folgendes angemerkt:
Neben der Alterung unserer Gesellschaft ist ihre Digitalisierung einer der Trends, die den
gesellschaftlichen Wandel in Deutschland die kommenden Jahrzehnte entscheidend mitprä­
gen wird. Die Wechselwirkungen beider Trends zeigen sich vor allem darin, dass Medien­
kompetenz ein Schlüssel zu Teilhabe und Selbstbestimmtheit im Alter ist, wohingegen man­
gelnde Medienkompetenz und fehlende Akzeptanz neuer IKT vor allem soziale Teilhabe im
Alter bereits heute erheblich einschränken. Aufgeschlossenheit und lebenslanges Lernen in
Bezug auf neue Medien und Technologien zählen in diesem Sinne zu den zentralen Kompo­
nenten für ein erfolgreiches und gelingendes Altern.
Die Vielzahl und Vielfalt von Angeboten, Initiativen, Projekten und Forschungsvorhaben im
Themenfeld wurde im Rahmen des Fachgesprächs zum Teil durch viele der teilnehmenden
Expertinnen und Experten abgebildet.
2
2
Für die AG nahmen Frau Prof. Dr. Bubolz-Lutz und Frau Stuhler am Fachgespräch teil.
Die Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V. stellt indes fest, dass es erforderlich ist, die
Angebots- und Initiativenlandschaft strukturiert zu erfassen und vorhandene Handlungs- und
Forschungsansätze auszuwerten, um die digitale Kompetenz älterer Menschen zu fördern,
Handlungsbedarfe zu erschließen und Handlungsperspektiven weiterzuentwickeln. Besonde­
res Interesse gilt hierbei der Frage, wie ältere Menschen mit Blick auf Medienkompetenz
qualifiziert bzw. weitergebildet werden können und wie vor allem diejenigen unter ihnen, die
klassischen Bildungsangeboten eher distanziert gegenüberstehen, erreicht werden können.
Der konzeptionelle Einstieg in den Workshop wurde durch zwei Impulsvorträge bereitet:
Der Vortrag von Anja Ehlers von der Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V./Institut für
Gerontologie an der TU Dortmund führte aus Perspektive des Projektes ‛Weiterbildung zur
Stärkung digitaler Kompetenz bei älteren Menschen“ in das Themenfeld ein. Eine Zusam­
menfassung des Vortrags sowie die Präsentation von Frau Ehlers sind Bestandteil vorlie­
gender Dokumentation (s. Anhang II).
Marén Schorch von der Universität Siegen, Wirtschaftsinformatik und Neue Medien stellte
unter dem Titel ‛Ältere Menschen als Ko-Entwickler neuer Technik“ das praxisorientierte
Forschungsparadigma der Sozioinformatik vor, das mit dem ‛Siegener Living Lab Ansatz“ im
Bereich alternde Gesellschaft und IKT vor allem auf die Einbeziehung und Partizipation älter
Menschen in ihrem natürlichen Umfeld setzt. Dieser Ansatz wurde mit verschiedenen Pra­
xisbeispielen illustriert. Eine Skizze des Vortrages wurde in Nachbereitung des Fachge­
sprächs von Marén Schorch und Prof. Dr. Claudia Müller erarbeitet und findet sich – wie
auch die Präsentation von Frau Schorch – im Anhang der Dokumentation (s. Anhang III).
Nachfolgend werden die Kernaussagen des Fachgesprächs, die in zwei Arbeitsgruppen ent­
wickelt wurden, zusammengefasst.
In einem ausführlichen Anhang werden dann gesondert dokumentiert:
1.
Workshop-Konzept und Programm,
2.
der Vortrag von Anja Ehlers in einer für die Dokumentation erstellten Kurzfassung und
die Präsentation zum Vortrag,
3.
der Vortrag von Marén Schorch in einer mit Prof. Dr. Claudia Müller für die Dokumenta­
tion erstellten Kurzfassung und die Präsentation sowie
4.
eine Liste der Teilnehmenden des Workshops.
Das ISS-Frankfurt a.M. bedankt sich bei allen an der Vorbereitung und Durchführung des
Fachgesprächs ‛Digitale Kompetenz älterer Menschen“ Beteiligten, insbesondere bei den
Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre Beiträge.
Benjamin Landes
Direktor des ISS-Frankfurt a.M.
Frankfurt a.M., Februar 2016
3
2
Kernaussagen des Fachgesprächs
Nachfolgend werden die zentralen Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge des Fachge­
sprächs zusammengefasst. Mit Blick auf das Ziel der Veranstaltung, das Handlungsfeld ‛IKT
und ältere Menschen“ zu sondieren und sowohl dem Projekt der Forschungsgesellschaft für
Gerontologie e.V. (FfG e.V.) als auch der Arbeitsgruppe ‛Bildung im und für das Alter“ des
Runden Tisches Aktives Altern zur Weiterbearbeitung verwertbare Informationen hierzu vor­
zuhalten, erfolgt eine Sortierung der Beiträge der teilnehmenden Expertinnen und Experten
anhand der Leitfragen des Veranstaltungskonzepts (s. Anhang I):
1.
Wie kann bei mehr älteren Menschen das Interesse an den Möglichkeiten digitaler
Technik geweckt werden?
2.
Welchen Beitrag können Bildungsangebote zur Stärkung digitaler Kompetenz älterer
Menschen leisten?
3.
Was kennzeichnet vorhandene erfolgreiche Projekte, Initiativen und Ansätze in diesem
Feld?
4.
Wie gelingt es, ältere Menschen mit besonders hohen Zugangsbarrieren zu erreichen
(z.B. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Menschen mit Migrations­
hintergrund, so genannte ‛Bildungsungewohnte“, Hochaltrige etc.)?
5.
Wo und in welcher Form erhalten ältere Menschen Mitwirkungs- und Gestaltungs­
möglichkeiten in der Auseinandersetzung mit digitaler Technik?
Dem vorangestellt werden zunächst Reaktionen aus dem Kreis der Expertinnen und Exper­
ten auf die Impulse von Anja Ehlers und Marén Schorch:

Paradigmenwechsel von technischer zu sozialer Innovation: Beispiele von Innova­
tionen unter unmittelbarer Einbeziehung älterer Menschen in ihrem lebensweltlichen
Kontext bei der Entwicklung neuer Technologien, wie sie vor allem aus der Sozioinfor­
matik vorgestellt wurden, stellen nach Einschätzung der Teilnehmenden nach wie vor
die Ausnahme im Handlungsfeld ‛IKT und ältere Menschen“ dar. War das Handlungs­
feld zunächst ausschließlich vom Paradigma technischer Innovation geprägt, so wird
allmählich ein Paradigmenwechsel hin zu sozialer Innovation wahrnehmbar.

Kontextorientierung von Interventionen: Zu den Impulsen wurde angemerkt, dass
hier vor allem personenorientierte Interventionen im Fokus des Interesses stehen. Min­
destens ebenso relevant sind jedoch kontextorientierte Interventionen: Technik muss
selbsterklärend gestaltet werden, ihre Verwendungskontexte müssen nachvollziehbar
und transparent sein.

die ethische und juristische Dimension des Fachdiskurses im Handlungsfeld: Mit
Blick auf Technologien, die bereits in Kontexten wie zum Beispiel Ambient Assisted Li­
ving (AAL) oder E-Health zum Einsatz kommen, kommen Fragen danach, wie weit
technische Innovationen in die Privatsphäre von Patientinnen und Patienten bzw. Nut­
zerinnen und Nutzern eingreifen und ihren Alltag rahmen dürfen (etwa durch Kamera­
4
beobachtung oder durch die permanente Ortung von Personen im AlzheimerMonitoring). Noch weiter reichend angesichts der Breite und Vielfalt neuer IKT sowie
altersgerechter Assistenzsysteme sind Fragen des Datenschutzes oder auch des Ur­
heberrechts. Ethische Fragen werden auch im Zuge der Planung von Projekten unter
Einbeziehung älterer Menschen relevant, vor allem wenn es darum geht, den Beteilig­
ten nach Beendigung von Projekten weitere Perspektiven zu schaffen und sie nicht ab­
3
rupt unbegleitet sich selbst zu überlassen.

Technik-Distanz als Statement: Bezüglich älterer Menschen, die wenig Zugang zu
neuen IKT aufweisen und ihnen gegenüber wenig Aufgeschlossenheit zeigen, ist an­
zumerken, dass dem nicht immer Folgen benachteiligter Lebenslagen zugrunde liegen
müssen, sondern es sich mitunter auch um eine bewusste Distanzierung von Technik
und um Widerstand gegen Negativfolgen der Digitalisierung (Stichworte: ‛gläserner
Mensch“, die zunehmende Zugänglichkeit und Verfügbarkeit privater Daten) handeln
kann.
2.1
Das Interesse an Informations- und Kommunikationstechnologien we­
cken
In beiden Arbeitsgruppen des Fachgesprächs wurde einhellig festgestellt, dass die Attraktivi­
tät von IKT-Angeboten für ältere Menschen zuvorderst von Lebensweltorientierung und All­
tagsbezug der Angebote abhängt.
So wurde etwa argumentiert, ‛disruptive Angebote“ – im Sinne sogenannter ‛Killerapplikatio­
nen“, die einer bereits bestehenden Technik durch konkrete neue Anwendungen zum
Durchbruch auf dem Markt verhelfen – könnten bei älteren ebenso wie bereits bei jüngeren
Nutzerinnen und Nutzern für Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit sorgen. Demnach gilt
es, Angeboten nachzugehen, die von älteren Menschen gewünscht werden, für sie von un­
mittelbarem Nutzen und brauchbar sind, um auf diese Weise eine ‛Digitalisierung durch die
Hintertür“ einzuleiten. Besonders geeignet hierfür erscheinen Angebote in den Anwendungs­
bereichen Gesundheit und Prävention und/oder solche Angebote, die Begegnungen bzw.
sozialen Kontakt ermöglichen und Geselligkeit fördern. Die Praxis zeigt zudem, dass vor
allem die Hobbies älterer Menschen (z.B. Reisen, Kultur) einen guten ‛Lernanlass“ und mög­
lichen Einstieg in die Nutzung Neuer Medien darstellen.
Im Rahmen der Kontextorientierung (statt Personenorientierung) von Maßnahmen im Hand­
lungsfeld sollten vor diesem Hintergrund Angebote für ältere Menschen möglichst attraktiv
gestaltet sowie in Sprache und Bedienung einfach und verständlich sein und könnten zum
Beispiel Bedarfe und Bedürfnisse aufgreifen, deren Erfüllung mit Erfahrungen der Selbst­
wirksamkeit (‛Ich kann etwas bewegen“, ‛Ich werde gebraucht“ etc.) einhergehen.
Lebenswelt- und Alltagsbezug stehen auch in engem Zusammenhang damit, wer am ehes­
ten das Interesse Älterer an Neuen Medien/IKT wecken, Vorbehalte gegen die Anschaffung
neuer Technologien abbauen kann und wo dies am besten möglich ist: Am wirksamsten er­
3
Vgl. Manzeschke, A./Weber, .K./Rother, E./Fangerau, H. (2013): Ethische Fragen im Bereich altersgerechter Assistenzsys­
teme.
5
scheinen hier Empfehlungen von vertrauenswürdigen Personen – etwa von den eigenen
Kindern, Enkelkindern, von ‛Gleichaltrigen“ mit ähnlichem Erfahrungshintergrund, aber
ebenso von medizinischem bzw. Pflegepersonal, Geistlichen etc., zu denen regelmäßiger
Kontakt besteht und die ggf. auch ins Haus kommen können – und Angebote, die im direkten
Umfeld, im ‛Nahraum“ bzw. quartiersnah vorgehalten werden.
Dem Vertrieb altersgerechter IKT und Assistenzsysteme würde zugutekommen, wenn zu­
nächst ermittelt wird, woher ältere Menschen ihre Informationen beziehen. Das müssen nicht
unbedingt das Radio oder die Regionalzeitung sein; vielmehr kann beispielsweise dem loka­
len Anzeigenblatt oder der Kirchenzeitung in diesem Kontext größere Bedeutung zukommen.
In der medialen Präsenz digitaler Technologien braucht es generell mehr positive Berichter­
stattung: Hier geht es nicht nur um positivere Altersbilder, sondern in diesem Handlungsfeld
vor allem auch um gute Beispiele der Nutzung neuer Technologien durch Ältere anstelle der
derzeit überwiegenden Berichte über Betrug mithilfe neuer Technologien – z.B. Phishing
(Zugangsdaten über gefälschte E-Mails von vermeintlichen Ämtern, Banken etc. erschlei­
chen), Viren, Skimming (als unbemerkte Ermittlung des Kontozugangs an Bankautomaten
durch Kriminelle). Gleichwohl sind in der Begleitung der Nutzung von Neuen Medien durch
ältere Menschen auch Informationen über die damit einhergehenden Risiken erforderlich.
Ihre damit verbundenen Ängste sollten explizit thematisiert und mit ihnen bearbeitet werden.
In der Vermittlung zeitgemäßer Altersbilder ist auch zu berücksichtigen, dass digitale Kompe­
tenz zum Alter gehört. Die Praxis lehrt allerdings, dass in der Darreichung speziell auf ältere
Menschen zugeschnittene Angebote oftmals eher abschrecken (‛alt sind immer die ande­
ren“). Umso wichtiger erscheint es, altersübergreifende Bedarfe und Interessen im Bereich
der IKT zu thematisieren.
2.2
Bildungsangebote zur Stärkung digitaler Kompetenz
(Weiter-)Bildung wurde einhellig große Bedeutung bezüglich der Stärkung digitaler Kompe­
4
tenz älterer Menschen beigemessen . Hierunter zu verstehen ist jegliche Begleitung, die ei­
nen Zugang zu Neuen Medien und IKT vereinfacht bzw. überhaupt erst zu eröffnen vermag.
Unterstrichen wurde die Bedeutung non-formalen und informellen Lernens im Bereich von
Bildungsangeboten zur Stärkung digitaler Kompetenz älterer Menschen. Dies stimmt auch
mit der eingeforderten Lebensweltorientierung von Weiterbildung im Handlungsbereich über­
ein. Daher eignen sich hierfür Anlaufstellen bzw. Treffpunkte in Quartiersnähe besonders,
die das erforderliche Bildungsangebot in einen geselligen Rahmen einbetten können. Vor­
handene und etablierte Infrastruktureinrichtungen, wie etwa Seniorenbüros, Mehrgeneratio­
nenhäuser, Nachbarschafts- oder Freiwilligenzentren, halten entsprechende Angebote be­
reits vor und verfügen über Räumlichkeiten zum Austausch (s. 2.3).
Mit Blick auf geeignete Ansprechpersonen und Technikberaterinnen und -berater sollten die­
se sich in Medien vertrauenswürdig darstellen (etwa mit Foto, Kontaktdaten, auf Verbindlich­
4
6
Einer in der Diskussion vertretenen Position zufolge wird indes die Bedeutung von Bildung durch kontextorientierte Interven­
tion schwinden.
keit abzielender Kurzvorstellung). Bewährt haben sich ‛altersähnliche ‚Rollen-Modelle‘“, also
Ansprechpersonen aus möglichst entsprechenden Kohorten. Grundsätzlich gilt auch hier,
was im vorangegangenen Abschnitt zu geeigneten Zugangspersonen bzw. ‛Türöffnern“ fest­
gehalten wurde: Besonders geeignet erscheinen Personen, die im Alltag älterer Menschen
bereits den Kontakt pflegen und Vertrauen aufgebaut haben.
Technikberatung und -begleitung sowie non-formales bzw. informelles Lernen im Quartier
erfordern oftmals auch, die Rolle von ‛Kümmerern“ zu übernehmen, zuweilen wird eine Eins­
zu-Eins-Beratung benötigt.
In ‛kommunalen Bildungslandschaften“ sind sektorenübergreifende Ansätze, ist also auch
die Einbindung Freiwilliger sehr wichtig. In der Praxis gibt es bereits viele erprobte, gute Bei­
spiele, wie etwa die ‛Senioren-Technik-Botschafter“ (von BMBF und BAGSO auf den Weg
gebracht), oder selbstorganisierte Lerngruppen, die etwa als ‛Silver Surfer“ firmieren etc.
Was die Inhalte von Bildungsangeboten im Handlungsfeld betrifft, gelten die Aspekte einer
‛interessanten“ IKT-Vermittlung, wie sie unter 2.1 zusammengefasst wurden. Didaktisch soll­
ten dabei altersspezifische Unterschiede im Lernen Berücksichtigung finden: Ältere Men­
schen lernen anders als jüngere, bauen in der Regel eher auf ihr Erfahrungswissen auf, wei­
sen mehr ‛kristalline“ als ‛fluide“ Intelligenz auf.
Eine große Rolle spielt bei älteren Menschen auch ihre Zeitautonomie: Oftmals sind ihre
Terminkalender ebenso voll wie in der beruflichen Lebensphase, sie bevorzugen häufig
Abend-Termine.
Der Tablet PC ist mittlerweile weit verbreitet, vergleichsweise erschwinglich und stellt gleich­
sam das Leitbild der mobilen und selbstbestimmten Nutzung und damit auch des flexiblen
Lernens des Umgangs mit Neuen Medien dar. Gleichwohl stellen mangelnde finanzielle
Ressourcen mitunter eine nicht zu unterschätzende Hürde bei älteren Menschen dar, die
sich bspw. neue Technologien nicht ohne weiteres anschaffen können oder dies nicht priori­
tär wollen. Einrichtungen, die sich der Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz älterer
Menschen widmen, sollten über ausreichend Endgeräte verfügen, um ihr Angebot
niedrigschwellig und offen zu halten. In diesem Kontext wurde, soweit dies umsetzbar ist,
allerdings ebenso die Bedeutung eines eigenen, auf die individuellen Bedürfnisse und Ge­
wohnheiten hin konfigurierten Endgeräts hervorgehoben.
2.2.1
Wirtschaft und ältere Menschen: voneinander lernen!
In beiden Arbeitsgruppen des Fachgesprächs wurde unabhängig voneinander auf die zentra­
le Rolle der Wirtschaft im Handlungsfeld verwiesen. Wie der ‛Siegener Living Lab Ansatz“
verdeutlicht, kommt dem wechselseitigen Lernen von Anbietern und Entwicklern digitaler
Technik einerseits und Seniorinnen und Senioren andererseits besondere Bedeutung zu.
Hier können einerseits Bedarfe, andererseits technische Optionen offengelegt werden. Die
Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz veranstaltet bspw. regelmäßig ‛Verbraucherdialoge“,
auf denen Empfehlungen für verbraucher- und bedienfreundliche Produkte erarbeitet wer­
den, die dann an die Hersteller weitergeleitet werden.
7
2.3
Kennzeichen guter Praxis im Handlungsfeld
Wie bereits dargelegt, ist ein Ziel des FfG-Projekts, Projekte, Initiativen sowie Forschungs­
vorhaben im Handlungsfeld strukturiert zu erfassen und vorhandene Handlungs- und For­
schungsansätze auszuwerten, um Bedarfe zu erschließen und Handlungsperspektiven wei­
terzuentwickeln. Diskutiert wurde daher auch, was eine gute Praxis kennzeichnet.
Zunächst zeichnen sich gute Praxisbeispiele aus durch:

die Mitwirkung und Mitgestaltung durch ältere Menschen (partizipativ),

wechselseitiges Lernen (s. 2.2.1),

den Austausch von best practice mit anderen Projekten/Initiativen,

den Austausch von Inhalten, Ergebnissen,

überregionale Vernetzung und Bündelung der Ressourcen,

bedarfsgerechte Vernetzungs- und Steuerungsebenen sowie Schnittstellen (zwischen
Sektoren und Einrichtungen/Organisationen),

überregionale Qualifizierung von freiwillig Engagierten.
Angeraten erscheint ferner, auch ins Ausland zu schauen, um vor allem Positivbeispiele im
Handlungsfeld zu finden und aus den dort gemachten Erfahrungen zu lernen.
2.4
Erreichbarkeit älterer Menschen mit besonderen Zugangsbarrieren: be­
darfsgerechte Angebote und an Interessen orientierte Zugänge
Grundsätzlich wurde die Formulierung der vierten Frage diskutiert: Weder gibt es die
Migrantinnen und Migranten, noch ist zum Beispiel das Merkmal ‛Sehbehinderung“ sinnvoll
konstitutiv für eine vermeintlich homogene Zielgruppe von Weiterbildung im Dienste digitaler
Kompetenz älterer Menschen. Insofern kann eine Homogenisierung durch Zielgruppen­
kategorien der Inklusionsidee abträglich sein und letztlich zur Stigmatisierung beitragen. Wei­
terbildung und ihre Angebote sollten vielmehr bedarfsgerecht gestaltet werden und sich an
den jeweiligen Bedürfnissen und Interessen älterer Menschen ausrichten und der Heteroge­
nität des Alters Rechnung tragen. Gleichwohl ist bei der Gestaltung von Bildungsangeboten
für ältere Menschen zu berücksichtigen, welche Möglichkeiten bestehen, um die Teilnahme
von Menschen mit spezifischen Zugangsbarrieren zu fördern.
Infolgedessen wurde auf den engen Zusammenhang zwischen der Frage, wie das Interesse
älterer Menschen für IKT geweckt werden kann (vgl. 2.1), und der Frage zur Überwindung
besonderer Zugangsbarrieren im Alter verwiesen. Zudem wurde angeregt, die Fragestellung
umzuformulieren, etwa ‛Bedarfsgerechte Angebote und an Interessen orientierte Zugänge“.
Ältere Menschen mit Migrationshintergrund sind zum Beispiel leicht für die Kommunikation
mit Verwandten und Freunden im Herkunftsland über Skype zu gewinnen. Ebenso besteht
Interesse, beispielsweise Zeitungen oder Gesundheitsinformationen in der Muttersprache zu
lesen.
8
Hingewiesen wurde in diesem Kontext auf Erfahrungen in anderen Ländern, etwa auf das
Modell der ‛Carers“ in England. Bei diesen ‛Kümmerern“ handelt es sich um Freiwillige, die
sich unentgeltlich um ältere Menschen, Menschen mit Behinderung oder schwer erkrankte
5
Menschen kümmern und zunehmend in Netzwerken organisiert sind .
2.5
Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten älterer Menschen in der
Auseinandersetzung mit digitaler Technik
Gleichsam den ‛Königsweg“ der Einbeziehung älterer Menschen in die Auseinandersetzung
mit digitaler Technik bietet ihre Einbindung als Ko-Entwickler. Gleichwohl stellt diese Art der
Einbindung älterer Menschen, wie sie mit dem ‛Siegener Living Lab Ansatz“ vorgestellt wur­
de, derzeit noch die Ausnahme dar, ist in ihrem modellhaften Charakter indes sehr zu be­
grüßen.
Zumindest eine Bedarfsermittlung durch Kommunikation mit den Seniorinnen und Senioren
sollte seitens der Entwickler und Hersteller erfolgen. Viele Unternehmen nutzen im Rahmen
von Konzepten wie ‛Industrie 4.0“ bzw. ‛intelligente Fabrik“ mittlerweile Feedback-Systeme,
damit Produktentwickler vom Kunden lernen. In der deutschen Gerätetechnik ist dies ein
relativ neuer Aspekt, dem in der Ausbildung von Ingenieuren noch nicht ausreichend Rech­
nung getragen wird. Ein gutes Forum hierfür sind oben genannte (vgl. 2.2.1) ‛Verbraucherdi­
aloge“.
Austausch und Dialog sind grundlegende Möglichkeiten der Teilhabe älterer Menschen, zu­
mal sie Erfahrungen der Selbstwirksamkeit und der Autonomie fördern (‛Ich bin gefragt, ich
kann mitgestalten“). Hierauf gründet sich auch der Ansatz ‛partizipativen Lernens“, wie ihn
6
die Geragogik verfolgt.
Schließlich kann man – ähnlich dem Modell der SeniorTrainerinnen – ältere Menschen selbst
qualifizieren und als Technik-Botschafterinnen/-botschafter einbinden.
2.6
Erste Hinweise auf Handlungserfordernisse
Über beide Arbeitsgruppen hinweg wurde festgestellt, dass ein Anspruch aller Menschen auf
Kommunikation zur Sicherung der Daseinsvorsorge bestehe, wenn nicht gar IKT an sich als
basale Medien der Kommunikation einen elementaren Bestandteil der Daseinsvorsorge dar­
stellen sollten. Gerade in ländlichen Regionen wäre dies immens wichtig, insbesondere für
die Grundversorgung älterer, oftmals auch in ihrer Mobilität eingeschränkter Menschen (z.B.
hinsichtlich Online-Einkäufen, Telemedizin).
Eine große Hürde diesbezüglich stellt die mangelnde Infrastruktur, etwa bezüglich hochleis­
tungsfähiger Breitbandnetze vor allem im ländlichen Raum, dar.
5
Vgl. etwa http://www.carersuk.org/ (zuletzt aufgerufen am 25.02.2016).
6
Vgl. Bubolz-Lutz (2015): Geragogik und ihre Anliegen. In: Bildung – Eine Frage des Alters? Dokumentation zum Fachge­
spräch am 2. Dezember 2014 in Frankfurt a.M., S.44-48. Download unter: http://www.iss-ffm.de/publikatio­
nen/publikationen/index.html.
9
Für digitale Technik im Gesundheits- und Pflegebereich fehlt es an öffentlicher Refinanzie­
rung. Zumeist handelt es sich hier um exklusive soziale Dienstleistungen, die über Krankenund Pflegeversicherung nicht erstattet werden.
Interessant ist auch hierzu ein Blick ins Ausland: Warum bspw. ist die Telemedizin in Skan­
dinavien viel weiter verbreitet als hierzulande? Und warum zeigen Statistiken in Irland und in
Skandinavien eine bis zu 30% höhere Internetnutzung durch ältere Menschen?
Eine bedeutende Rolle kommt der Wirtschaft im Handlungsfeld zu. Sie gilt es, für das Alter
zu sensibilisieren und sie – gerade angesichts des mit den Babyboomern absehbar anwach­
senden Marktes älterer Menschen – auf die Chancen digitaler Kompetenz älterer Menschen
aufmerksam zu machen und in den Diskurs hierzu einzubinden. Hilfreich wären hier ggf.
Studien zu den damit verbundenen Perspektiven.
2.7
Fazit
Zusammengefasst ergeben sich aus dem Workshop folgende Anregungen:
2.7.1
Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologien für
Ältere

Erweiterte Handlungsoptionen: IKT tragen zur Erweiterung der Handlungsmöglich­
keiten älterer Menschen bei.

Erhöhte Lebensqualität: IKT können die Lebensbedingungen und damit die Lebens­
qualität älterer Menschen verbessern.

Mehr Teilhabe: IKT fördern Möglichkeiten soziale Teilhabe älterer Menschen.

Risiko digitaler Exklusion I: Vice versa bedeutet ein Mehr an Handlungsoptionen und
Teilhabe durch IKT, dass mangelnde digitale Kompetenz Älterer zu digitaler Exklusion
führen kann.
2.7.2
Kompetenzen Älterer in der digitalen Zukunft

Risiko digitaler Exklusion II: Das Problem mangelnder digitaler Kompetenz erledigt
sich nicht von selbst. Auch künftig wird es weiterhin unterschiedliche Zugangs- und
Teilhabemöglichkeiten geben.

Kohorten-Effekte: Aktuelle Unterschiede zwischen Kohorten – v.a. zwischen ‛analog“
und ‛digital Sozialisierten“ – werden in Zukunft absehbar nicht mehr so deutlich sicht­
bar bleiben.
2.7.3

10
Bedarfe älterer Menschen angesichts der Digitalisierung
Diversität im Alter/unterschiedliche Bedarfe: Angesichts der Diversität unserer Ge­
sellschaft auch im Alter gilt es, unterschiedliche Bedarfe zu ermitteln. So haben bspw.
‛Gering-Nutzer“ einen höheren Bedarf an Bildung im Bereich digitaler Kompetenz,
während für ‛Viel-Nutzer“ andere Angebote vorgehalten werden sollten.

Partizipative und bedarfsorientierte Angebotsentwicklung: Bei der Angebotsent­
wicklung sind entsprechend unterschiedliche Bedarfe und Interessen adressierter Nut­
zerinnen und Nutzer zu berücksichtigen. Dies erfolgt am besten durch Einbeziehung
der jeweiligen Adressaten in die Angebotsentwicklung. Mit ‛Viel-Nutzern“ entwickelte
Angebote gehen z.B. absehbar an den Bedarfen von ‛Gering-Nutzern“ vorbei.

Dialog zwischen Technikherstellung und -nutzung: Es sollten Zugänge zu TechnikHerstellern und älteren Menschen geschaffen werden, um den Austausch zu organisie­
ren und Bedarfe zu ermitteln. Diese Interaktion ist für beide Seiten von Vorteil und im­
pliziert etwa wechselseitiges Lernen.

Ansatz der Sozioinformatik: Die Sozioinformatik setzt an den Beginn von Prozessen
der Technikentwicklung das Verstehen sozialer Praktiken der Nutzerinnen und Nutzer.
Auf dieser Grundlage wird dann ein ‛gemeinsamer gedanklicher Möglichkeitsraum“ für
den Einsatz von IKT entwickelt.

Ethik in der Technikentwicklung: Bei der Entwicklung von IKT sind stets ethische
Aspekte (Schutz der Privatsphäre, Datenschutz etc.) zu berücksichtigen.

Sprache und Technikentwicklung: In diskursiven Prozessen der Technikentwicklung
sowie in der Konfiguration der Endgeräte (Displays, Hilfefunktionen etc.) ist eine ver­
ständliche Sprache erforderlich
2.7.4
Lernprozesse älterer Menschen

Ältere Menschen als Akteure einbeziehen: Konzepte partizipativen Lernens (vgl.
Geragogik) verstehen ältere Menschen als Akteure, nicht als Objekte von Bildung.

Besonderheiten im Lernen: Zu beachten sind Besonderheiten im Lernen älterer
Menschen, etwa dass ihre kristalline Intelligenz stärker als ihre fluide Intelligenz aus­
geprägt ist (Stichwort: Erfahrungslernen).

Besonderheiten sozialer/kultureller Kontexte: Bildungsangebote müssen Beson­
derheiten sozialer bzw. kultureller Kontexte berücksichtigen (z.B. Einverständnis des
Ehepartners zur Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme oder bzgl. – auch abgesehen
von fremden Muttersprachen – bei der verständlichen, passenden Sprachwahl).

Traditionelle mit neuen Lernmaterialien kombinieren: Mit Blick auf die jeweilige
Kohorte erscheint es ggf. hilfreich, traditionelle mit neuen Lernmaterialien zu koppeln
(etwa auch eine Druckfassung zur Einrichtung eines Laptops zur Verfügung stellen).

Lernen in kleinen Gruppen: Menschen lernen ungern allein, und soziale Kontakte
sind gerade für ältere Menschen ein besonderer Anreiz. Deshalb sollte Bildung älterer
Menschen in kleineren Gruppen (z.B. 5-6 Personen, die ähnliche Interessen verfolgen)
angeboten werden.
11
2.7.5
Zugänge zu Informations- und Kommunikationstechnologien

Nutzen aufzeigen/ Ängste nehmen: Zugänge älterer Menschen zu IKT können geöff­
net werden, indem ihnen im Zuge der Motivierung der individuelle, alltägliche Nutzen
von IKT aufgezeigt wird und damit verbundene Ängste (etwa bzgl. Datenschutz, IKTferne) genommen werden und ihnen ein möglichst sicherer Umgang damit gezeigt
wird.

Individuellen Sinn und Zweck von IKT hervorheben: Anzusprechen ist sowohl le­
bensweltorientiert der subjektive Nutzen von IKT für die eigene Lebensgestaltung als
auch ihr Mehrwert bezüglich Spiel und Geselligkeit; auch ihr spielerisches Ausprobie­
ren eröffnet Zugänge zu IKT.

„Verweigerer“ berücksichtigen: Aufmerksamkeit sollte auch den älteren Menschen
entgegengebracht werden, die sich bewusst – vor allem auf Grund damit verbundener
Gefahren (z.B. krimineller Missbrauch) und Risiken (z.B. Datenschutz) – gegen eine
Nutzung von IKT entscheiden.

Zugänge „en passant“: Zugänge zu IKT können auch über alternative Themen eröff­
net werden, die ältere Menschen interessieren (Reisen, Kultur etc.) und zu deren Er­
schließung IKT nützlich sind. Genutzt werden kann auch das Bedürfnis älterer Men­
schen, gebraucht zu werden (z.B. im Kontext von Nachbarschaftshilfe).

Mindest-Infrastruktur: Auch im Bereich digitaler Kompetenz braucht Bildung älterer
Menschen als Bestandteil der Daseinsvorsorge Infrastruktur vor Ort (im Quartier).

Strukturen im ländlichen Raum: Besondere Erfordernisse erwachsen im ländlichen
Raum, wo oftmals viel größerer Bedarf an IKT (z.B. in der Telemedizin, beim Einkauf)
besteht, aber (Breitband-)Netze unzureichend verfügbar sind und Strukturen für Bil­
dungsangebote fehlen.

Angebote im Nahraum: Entsprechende Angebote sollten in Quartiersnähe der Adres­
saten platziert werden, am besten dort, wo auch bereits andere attraktive Angebote
vorgehalten werden (Begegnungsstätten, Freizeiteinrichtungen etc.).

Ansprechpartner und Begleitung: Wichtig sind auch in diesem Handlungsfeld An­
sprechpartner und Begleitpersonen, im Idealfall vertraute Personen (Verwandte, Be­
kannte, Ältere für Ältere). Ältere Menschen brauchen bei ihrer Beschäftigung mit IKT
kontinuierliche Begleitung durch Personen gleichsam in ‛Kümmerer“-Funktion. Insbe­
sondere für Hochaltrige wird eine persönliche Betreuung zunehmend wichtig.

Altersspezifische Zugänge: Zugänge zu älteren Menschen können sich von denen zu
anderen Altersgruppen unterscheiden. Hier kann bspw. das lokale Anzeigenblatt eine
Rolle spielen, sind möglicherweise andere Orte (der kleine Laden um die Ecke, Cafés
etc.) zur Ansprache nutzbar. Auch in diesem Kontext sind bereits bewährte Modelle der
Vermittlung digitaler Kompetenz durch Gleichaltrige (s.o. Ältere für Ältere) eine probate
Option.
12

2.7.6
Kontextorientierung: Aus Warte der Mobilität kommt anstelle personenorientierter
Maßnahmen (Bildung) kontextorientierten Maßnahmen (z.B. selbsterklärende Benut­
zeroberflächen und Inhalte) stärkere Bedeutung zu.
Besondere Zugangsbarrieren

„Schwierige Zugänge“ sind kein Gruppenmerkmal: Wenn von besonderen Zu­
gangsbarrieren die Rede ist, ist dies angesichts der Heterogenität des Alters und ein­
zelner Gruppen und im Sinne der Inklusionsidee nicht als (Gruppen-)Merkmal zu se­
hen. Bildungsangebote sind vielmehr interessen- und bedarfsorientiert zu gestalten.

Aufsuchende Zugänge: Hinsichtlich älterer Menschen, die besonders schwer erreich­
bar sind, werden ‛Türöffner“ gebraucht, die auf sie zugehen.

Türöffner bei Mobilitätseinschränkungen: Oftmals können Ältere ihre Wohnung
nicht verlassen. Hier gestalten sich Zugänge besonders schwierig. Gleichwohl ist der
Alltag dieser Menschen in der Regel stark strukturiert (z.B. durch Arztbesuche, Pflege­
dienste, haushaltsnahe Dienstleistungen). Personen, die in diesen Bereichen tätig sind,
eignen sich besonders als Türöffner (medizinisches und Pflegepersonal etwa mit Blick
auf die Selbständigkeit älterer Menschen).

Passende Lernorte und -methoden: Je nach körperlichen und geistigen Möglichkei­
ten älterer Menschen sind Lernorte und -methoden auszuwählen oder, falls erforder­
lich, neu zu entwickeln.
13
Anhang I: Workshop-Konzept und Programm
Zeilweg 42
60439 Frankfurt am Main
Tel.: (069)9 57 89 -0
Fax: (069)9 57 89 - 190
[email protected]
http:://www.iss-ffm.de
Fachgespräch
„Digitale Kompetenz älterer Menschen“
21.01.2016, Frankfurt a.M.
Die zunehmende Digitalisierung und die Alterung unserer Gesellschaft sind zentrale ‛Mega­
7
trends“ (Claßen et al. 2014: 13) , die den gesellschaftlichen Wandel in Deutschland im kom­
menden Jahrzehnt entscheidend mitprägen werden.
Das Wechselspiel beider Prozesse lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen: Einerseits er­
öffnen sich mit digitalen, insbesondere Informations- und Kommunikationstechniken neue
Möglichkeiten des Erhalts und der Förderung sozialer Teilhabe älterer Menschen sowie ihres
selbstbestimmten, selbstständigen und aktiven Lebens im vertrauten (Wohn-) Umfeld. Ande­
rerseits fühlt sich ein Großteil älterer Menschen durch die Digitalisierung abgeschreckt und
8
überfordert (Generali Zukunftsfonds 2012) , was ihre Teilhabe nicht nur künftig gefährdet,
sondern bereits heute erheblich einschränkt.
Der offensichtliche Nutzen, den die Digitalisierung mit sich bringen kann, ist demnach zuvor­
derst davon abhängig, inwieweit sie auf Akzeptanz und Nutzungskompetenz in den adres­
sierten Gruppen trifft. Für die Akzeptanz spielt dabei eine wichtige Rolle, ob aus der Per­
spektive der älteren Menschen ein Bezug der digitalen Technik zu ihrer Lebenswelt besteht
und sie einen Mehrwert in deren Nutzung sehen.
7
Claßen, K./Oswald, F./Doh, M./Kleinemas, U./Wahl, H.-W. 2014: Umwelten des Alterns. Wohnen, Mobilität, Technik und
Medien. Grundriss Gerontologie, Band 10. Stuttgart.
8
Generali Zukunftsfonds (Hg.) 2012: Generali Altersstudie 2013. Wie ältere Menschen leben, denken und sich engagieren.
Frankfurt.
14
Fehlende Akzeptanz und Kompetenz steigern bei zunehmender Durchdringung nahezu aller
Lebensbereiche durch die Digitalisierung das Exklusionsrisiko. Aufgeschlossenheit und le­
benslanges Lernen in Bezug auf neue Medien und Technologien zählen in diesem Sinne zu
den zentralen Komponenten für ein erfolgreiches und gelingendes Altern.
Was die Skepsis bzw. Affinität älterer Menschen gegenüber Technik und neuen Medien be­
trifft, ist ein differenzierter Blick auf ‛Alter“ in seiner Vielfalt und Heterogenität angezeigt: Im
Kohorten-Vergleich sind Unterschiede in Technikaffinität und -nutzung festzustellen, Nut­
zungsprofile und Affinitätsausprägungen unterliegen den Einflüssen von Geschlecht, Bil­
dungsniveau, finanziellen Ressourcen, Wohnort/ -umfeld und der Biografie.
Die Vielzahl und Vielfalt von Angeboten, Initiativen, Projekten und Forschungsvorhaben im
Themenfeld verweisen auch auf den zunehmenden gesellschaftlichen Handlungsdruck:
9
Das Konzept ‛Intelligente Vernetzung“ trägt dem Umstand Rechnung, dass alleine die Be­
reitstellung von Infrastruktur unzureichend ist, solange Akzeptanz sowie Nutzungskompeten­
zen (älterer Menschen) keine Berücksichtigung finden. Die ‛Digitale Agenda 2014-2017“ der
Bundesregierung umfasst auch das Vorhaben ‛Digitale Medienkompetenz für alle Generati­
10
onen“ . Der Seniorentag 2015 setzte einen Schwerpunkt auf ‛Digitale Welt und Technik als
Chance“. Städte richten Beratungsstellen zum Thema ‛Technik und Wohnen im Alter“ ein,
vielerorts geben Schülerinnen und Schüler in intergenerationellen Projekten ihr Wissen über
die Nutzung von Smartphones und/oder Tablets an ältere Menschen weiter, kommunale
Verkehrsbetriebe bieten Schulungen zur Nutzung von Ticketautomaten an, Volkshochschu­
len erweitern ihr Angebot entsprechend der skizzierten Bedarfe. Mittlerweile spielen Informa­
tions- und Kommunikationstechnologien im Alter auch an vielen Hochschulen deutschland­
weit eine Rolle, nicht nur im Rahmen technischer Assistenzsysteme zur Ermöglichung
selbstbestimmten Wohnens, sondern auch, wenn es um Computer Supported Collaborative
Learning (CSCL) in der alternden Gesellschaft geht. Projekte des Technik-Designs in diesem
Kontext beziehen z.B. ältere Menschen in enger Kooperation als Anwendungspartner mit
ein, die schließlich als ‛Co-Designer“ agieren können.
Die Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V. (FfG) stellt indes fest, dass es zur Förde­
rung digitaler Kompetenz älterer Menschen erforderlich ist, die vielfältige Angebots- und
Initiativenlandschaft im Themenbereich strukturiert zu erfassen und vorhandene Handlungs­
und Forschungsansätze auszuwerten, um Handlungsbedarfe zu erschließen und Hand­
lungsperspektiven weiterzuentwickeln. Besonderes Augenmerk gilt im Projekt ‛Weiterbildung
zur Stärkung digitaler Kompetenz bei älteren Menschen“ der Frage, wie ältere Menschen –
insbesondere auch diejenigen, die klassischen Bildungsangeboten eher distanziert gegen­
überstehen – für den Umgang mit digitaler Technik (weiter)qualifiziert werden können. Von
Interesse ist ferner, ob und wie die Aufgeschlossenheit und Akzeptanz Älterer gegenüber
digitaler Technik mithilfe von Bildung erhöht werden kann.
9
Vgl. http://www.bmwi.de/DE/Themen/Digitale-Welt/initiative-intelligente-vernetzung.html
10 Vgl. http://www.digitale-agenda.de/Webs/DA/DE/Handlungsfelder/4_DigitaleLebenswelten/4-2_DigitaleMedienkompetenz/
digitale-medienkompetenz_node.html
15
In Kooperation der Arbeitsgruppe ‛Bildung im und für das Alter“ des vom Bundesfamilienmi­
nisteriums (BMFSFJ) initiierten Runden Tisches Aktives Altern, des ISS-Frankfurt a.M. und
der FfG e.V. soll vor diesem Hintergrund in einem Fachgespräch unter Einbeziehung von
Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Praxis der Erschließung und Wei­
terentwicklung des Handlungsfeldes ‛Digitale Kompetenz älterer Menschen“ nachgegangen
werden.
Wesentliche Fragen des Fachgesprächs sind:
1.
Wie kann bei mehr älteren Menschen das Interesse an den Möglichkeiten digitaler
Technik geweckt werden?
2.
Welchen Beitrag können Bildungsangebote zur Stärkung digitaler Kompetenz älterer
Menschen leisten?
3.
Was kennzeichnet vorhandene erfolgreiche Projekte, Initiativen und Ansätze in diesem
Feld?
4.
Wie gelingt es, ältere Menschen mit besonders hohen Zugangsbarrieren zu erreichen
(z.B. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Menschen mit Migrations­
hintergrund, so genannte ‛Bildungsungewohnte“, Hochaltrige etc.)?
5.
Wo und in welcher Form erhalten ältere Menschen Mitwirkungs- und Gestaltungs­
möglichkeiten in der Auseinandersetzung mit digitaler Technik?
16
Fachgespräch „Digitale Kompetenz älterer Menschen“
am Donnerstag, den 21.01.2016 in Frankfurt a.M.
10:30 Uhr
Ankommen mit Kaffee und Tee
11:00 Uhr
Begrüßung und Eröffnung (Wolfgang Kleemann, ISS-Frankfurt a.M.)
Grußwort Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(Marc Axel Hornfeck, BMFSFJ, Leiter Referat 312)
11:15 Uhr
Impulse: Grundlagen
Weiterbildung und digitale Kompetenz älterer Menschen
(Anja Ehlers, Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V.)
Ältere Menschen als Ko-Entwickler neuer Technik
(Marén Schorch, Universität Siegen)
12:30 Uhr
Mittagspause
13:15 Uhr
Arbeitsgruppen I:
Charakteristika erfolgreicher Projekte, Initiativen und Ansätze zur Stär­
kung der Medienkompetenz älterer Menschen
14:45 Uhr
Kaffeepause
15:00 Uhr
Arbeitsgruppen II:
Digitale Kompetenz älterer Menschen und Weiterbildung – Handlungs­
perspektiven
16:00 Uhr
Empfehlungen aus den Arbeitsgruppen – Eine erste Einordnung
(Prof. Dr. Gerhard Naegele, Vorsitzender der FfG e.V. Dortmund)
16:30 Uhr
Ende der Veranstaltung
Moderation: Wolfgang Kleemann, Geschäftsfeldleiter ISS-Frankfurt a.M.
17
Anhang II: Digitale Kompetenz älterer Menschen – Aus­
gangspunkte und Herausforderungen für Wei­
terbildung
Anja Ehlers
Forschungsgesellschaft für Gerontologie/Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Der demografische Wandel und die wachsende Bedeutung der Digitalisierung gehören zu
den zentralen gesellschaftlichen ‛Megatrends“ (Claßen et al. 2014: 13) der heutigen Zeit. Es
ist davon auszugehen, dass eine ständig steigende Zahl älterer und sehr alter Menschen
(Statistisches Bundesamt 2015a) in einer Umwelt leben wird, die von einer ‛fortschreitenden
Digitalisierung aller Lebensbereiche“ (Initiative D21 & TNS Infratest 2014: 53) gekennzeich­
net ist. Wie empirische Studien belegen, fühlt sich ein Großteil der älteren Menschen bereits
heute durch die Digitalisierung abgeschreckt und überfordert (z.B. Generali Zukunftsfonds
2012). Ihre gesellschaftliche Teilhabe ist dadurch nicht nur zukünftig gefährdet, sondern in
einigen Alltagsbereichen schon jetzt eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich (BMFSFJ
2010). In einem aktuell laufenden Forschungsprojekt widmet sich die Forschungsgesellschaft
für Gerontologie (FfG) Dortmund daher der Frage, welche Gruppen Älterer von digitaler Ex­
klusion besonders stark bedroht sind, was über deren spezifische Nutzungsbarrieren be­
kannt ist und inwiefern Bildungsangebote und -initiativen zur digitalen Kompetenz ihre Teil­
habechancen erhöhen können.
Unter dem Titel ‛Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz bei älteren Menschen –
Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“ sichtet die FfG hierzu im Auftrag des Bun­
desministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vorhandene For­
schung, Projekte, Initiativen und Handlungsansätze zur Stärkung der digitalen Kompetenzen
älterer Menschen durch Weiterbildung. Der Recherche liegt dabei ein breites Verständnis
von Bildung zugrunde: Der Begriff ‛[…] beschreibt zum einen den Prozess der Aneignung
und Erweiterung von Fähigkeiten, Fertigkeiten, Erfahrungen und Wissenssystemen in forma­
len und informellen Kontexten, zum anderen das Ergebnis dieses Prozesses.“ (BMFSFJ,
2010: 81; Herv. i. Orig.) Non-formal und informelles Lernen werden in die Projektrecherchen
ebenso einbezogen wie Beratungs- und Informationsangebote zum Thema digitale Technik.
Der Fokus liegt dabei auf der nachberuflichen beziehungsweise nachfamiliären Phase des
Lebenslaufs.
Das Thema Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Alltagsgestaltung älterer Men­
schen ist durch Ambivalenzen gekennzeichnet, die für die Gestaltung und Bewerbung von
Bildungsangeboten relevant sind: So lautet der Tenor einschlägiger wissenschaftlicher Veröf­
fentlichungen, dass die Digitalisierung auch und gerade für Ältere die Erweiterung von Hand­
lungsmöglichkeiten und zugleich Optionen zur Erhöhung der Lebensqualität mit sich bringt
(z.B. Claßen et al. 2014, Pelizäus-Hoffmeister 2013). Dank Videotelefonie beispielsweise per
Skype kann intensiver Kontakt zu Familienmitgliedern und Freunden gepflegt werden, auch
wenn diese in weiter Entfernung wohnen. Soziale Medien wie Facebook, Twitter, Blogs usw.
ermöglichen die gesellschaftliche Partizipation (Thimm 2013) selbst dann, wenn die außer­
18
häusliche Mobilität eingeschränkt ist. Hier sind auch Applikationen für Smartphones zu er­
wähnen, die als eine Art Navigator durch den öffentlichen Raum eine barrierearme Mobilität
ermöglichen11. Dank zahlreicher Produkte auf dem Feld des Ambient Assisted Living und der
Smarthome-Technologie kann die Selbstständigkeit älterer Menschen zuhause trotz vieler
gesundheitlicher Probleme erhalten oder sogar verbessert werden (Lindenberger et al.
2011). Einkaufsmöglichkeiten im Internet ersparen kombiniert mit Lieferdiensten weite Wege
und schweres Tragen. E-Health-Angebote von der Smartphone-Applikation bis zu Online
abrufbaren Gymnastik-Übungen12 können nach individuellem Bedarf jederzeit zur Gesund­
heitsprävention genutzt werden. So genannte ‛Serious Games“ auf Spielekonsolen können
Freizeitgestaltung mit gesundheits- und lernfördernden Inhalten kombinieren. Insgesamt wird
digitaler Technik im Alltag älterer Menschen ein allgemeines Anregungspotenzial zuge­
schrieben.
Diesen zahlreichen positiv konnotierten Optionen stehen aber auch negative Aspekte ge­
genüber, die für den Auf- und Ausbau von Bildungsangeboten berücksichtigt werden müs­
sen. So entsteht aufgrund der Allgegenwärtigkeit der Digitalisierung im Alltag ein Handlungs­
druck auch für ältere Menschen: Wer die entsprechenden technischen Geräte und Anwen­
dungen nicht nutzen kann, ist mit immer größer werdender Wahrscheinlichkeit von sozialer
Exklusion bedroht. Denn die Wahlmöglichkeiten zwischen digitaler und analoger Technik
werden stetig weniger. So werden heute beispielsweise nahezu ausschließlich Haushaltsge­
räte mit digitaler Displaysteuerung (Ehlers & Teichmüller 2016) verkauft. Ferner ersetzt digi­
tale Technik zunehmend Dienstleistungen von Mensch zu Mensch (vgl. Hennewig 2012): Die
Öffnungszeiten vieler Bank- und Fahrkartenschalter werden reduziert, persönlicher Service
wird oft nur noch gegen Aufpreis angeboten oder entfällt komplett. Stattdessen werden digi­
tale Automaten aufgestellt. Mit Blick auf die Informationsmedien geht der Trend schon seit
langem dahin, viele detaillierte Informationen z.B. von Nachrichtensendungen, nur noch im
Internet zu Verfügung zu stellen (Egger & van Eimeren 2008). Bei Nicht-Nutzung digitaler
Technik droht somit eine digitale Spaltung (Thimm 2013) und mit ihr der Ausschluss von so­
zialer Teilhabe auf unterschiedlichsten Ebenen.
Ambivalenzen lassen sich darüber hinaus im Nutzungsverhalten und in der Akzeptanz älterer
Menschen gegenüber digitaler Technik beobachten: So belegen Zahlen der Generali Alters­
studie, dass 76 % der 65- bis 85-jährigen auch in Zukunft in ihrer jetzigen Häuslichkeit woh­
nen bleiben möchten (Generali Zukunftsfonds 2012). Des Weiteren wünschen sich 83 %
dieser Altersgruppe Unabhängigkeit von der Unterstützung anderer Personen (ebd.). Damit
sind potenzielle Anknüpfungspunkte für den Gebrauch entsprechender Technik durchaus
vorhanden. Es finden sich ferner Belege für eine prinzipielle Aufgeschlossenheit älterer Men­
schen gegenüber neuer Technik und ihren Optionen (z.B. Schorb 2010). Anscheinend ist
diese jedoch eher gesamtgesellschaftlich fokussiert, als auf die eigene Lebenswelt bezogen.
Denn die Generali Altersstudie zeigt ebenfalls eine allgemeine Zurückhaltung bei Älteren
11 So beispielsweise im Projekt ‛NAMO- Nahtlose, barrierefreie Informations- und Mobilitätsketten für ältere Menschen“
(http://www.nahtlosmobil.eu/), das unter Beteiligung der FfG im Jahr 2015 abgeschlossen wurde.
12 Die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung bietet zum Beispiel unter http://www.aelter-werden-in-balance.de ein
‛Aktiv-Programm für jeden Tag“ an.
19
gegenüber der Digitalisierung (Generali Zukunftsfonds 2012). Für viele von ihnen ist offenbar
nicht ersichtlich, welchen Nutzen digitale Technik in ihrem Alltag haben kann. Die Ursachen
liegen aber auch in einem Gefühl der Überforderung und Abschreckung durch unterschiedli­
che Funktionen in einem Gerät (z.B. Smartphone oder Internet-fähige Fernseher) (vgl.
Claßen et al. 2014). Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang zudem, dass multifunktionale
Technik ‛[...] einen höheren mentalen Aufwand, speziell an das Arbeitsgedächtnis und an
visuell-räumliche Fähigkeiten [erfordert].“ (ebd.: 138) Hier finden sich mit zunehmendem Al­
ter häufig Einbußen. Dazu kommt bei vielen Älteren die Angst, bei der Bedienung von z.B.
Computern etwas kaputt zu machen (Dautermann & Braun 2012). Es fehlen ihnen Selbstver­
trauen und Selbstwirksamkeitserwartungen im Umgang mit digitaler Technik.
Ein Blick auf die Zahlen und Fakten zur Nutzung digitaler Technik zeigt die Unterschiede in
der Nutzung im Vergleich der Altersgruppen. So z.B. beim ‛Schlüsselmedium Internet“, wel­
ches 98,9% der 10- bis 24-Jährigen und 93,3% der 25- bis 64-Jährigen nutzen. In der Alters­
gruppe 65plus sind es dagegen lediglich 44,9% (Statistisches Bundesamt 2015b). in diesem
Zusammenhang ist jedoch nicht nur relevant, welche Altersgruppen das Internet nutzen,
sondern wer alle vorhandenen Möglichkeiten ausschöpfen kann bzw. wessen Nutzung eher
oberflächlich bleibt (Thimm 2013). Differenziertere Aussagen sind dahingehend mit dem In­
dex der ‛digitalen Souveränität“ (Initiative D21% TNS Infratest 2014) zu treffen, der sich aus
mehreren einzelnen Variablen zusammensetzt: Gemessen werden die Offenheit (hier opera­
tionalisiert als Verständnis für Vorteile und Risiken), der Zugang, die Nutzungsvielfalt (hier
auch -intensität) und die Kompetenz in Bezug auf das Internet: Hier ist der Abstand zwischen
den 20- bis 29-Jährigen (69,2 von 100 Punkten) und den 60- bis 69-Jährigen (42,9 von 100
Punkten) schon geringer. Ein deutlicher Rückgang ist aber in der Altersgruppe 70plus zu
verzeichnen, die lediglich 22,4 von 100 Punkten des Souveränitäts-Index erreicht (ebd.).
Klar ist ferner: Ältere Menschen nutzen das Internet ‛passiver“ und ‛zielgerichteter“ als jün­
gere (Dautermann & Braun 2012: 114f.). Erstere suchen vorwiegend online nach Informatio­
nen und schreiben E-Mails, während letztere in der Nutzung der sozialen Medien deutlich
weiter vorn liegen. Des Weiteren finden sich hohe Barrieren nicht nur in der Nutzung, son­
dern bereits in der Inanspruchnahme von Beratungsangeboten älterer Menschen zu Ambient
Assisted Living-Produkten. Diese Technik ist offenbar für viele Ältere stigmatisiert und defizit­
behaftet (Doh et al. 2015). Die ebenfalls denkbare bewusste Entscheidung älterer Menschen
gegen die Nutzung entsprechender Geräte, z.B. aus Gründen des Datenschutzes oder aus
der Kritik heraus, das Internet treibe die Entpersonalisierung in der Gesellschaft voran, wird
bislang in der Literatur kaum berücksichtigt (Grimme-Institut 2010).
Es greift allerdings zu kurz, die oben aufgeführten Unterschiede in der Nutzungsquantität
und -qualität digitaler Technik allein auf das Alter zurückzuführen. Einfluss auf die Herausbil­
dung unterschiedlicher Nutzungsprofile und Affinitätsgrade (Initiative D21 & TNS Infratest
2014) haben soziodemografische Variablen und damit verbundene Lebenslage-Dimensionen
wie das Geschlecht, das formale Bildungsniveau, finanzielle Ressourcen und der Wohnort
bzw. das Herkunftsland. Gehrke (2008) weist in diesem Kontext auf die Rolle sozialer Milieus
für die Herausbildung von Technikakzeptanz und -nutzung hin. Ferner wirken sich gesell­
20
schaftliche und individuelle Altersbilder auf Einstellung und Verhalten bezüglich digitaler
Technik aus (Thimm 2013).
Als weiterer wichtiger Einflussfaktor wird die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ‛Technikge­
neration“ (Sackmann & Weymann 1994) diskutiert. Es wird vor allem unterschieden zwi­
schen den ‛digital natives“ und den ‛digital immigrants“ (Prensky 2001), also denjenigen, die
von Kindheit an ganz selbstverständlich mit digitalen Geräten und Anwendungen in Berüh­
rung kommen und denjenigen, die mit analoger Technik aufgewachsen sind und sich ‛[...]
das grundsätzliche Verständnis der Digitalität“ (Dautermann & Braun 2012: 120) gezielt an­
eignen müssen. Das Konzept der ‛Technikgeneration“ wird kontrovers und umfangreich dis­
kutiert. Die Positionen bewegen sich dabei zwischen den Polen, die entweder ‛generations­
spezifische Medienpraxiskulturen“ (Schäffer 2012: 143) diagnostizieren oder hervorheben,
dass im Zuge der Heterogenität des Alter(n)s durchaus individuell sehr unterschiedliche
‛Technikbiografien“ (Claßen et al. 2014) durchlebt werden können.
Angesichts hoher Zuwachsraten in der Nutzung digitaler Medien gerade bei den jüngeren
älteren Menschen (Statistisches Bundesamt 2015b) stellt sich die Frage, ob sich die ‛digitale
Kluft“ (Hennewig 2012) zwischen den Altersgruppen in Zukunft von allein schließen wird. Die
Antwort hierauf lautet nach derzeitigem Kenntnisstand im Forschungsprojekt der FfG nein
oder allenfalls teilweise.
Zwar wird es in den Biografien zukünftig älterer Menschen mehr selbstverständliche Berüh­
rungspunkte mit digitaler Technik geben. Darüber hinaus ist offen, ob die technische Ent­
wicklung in naher Zukunft einen vergleichbar massiven Umbruch mit sich bringen wird wie
die Umstellung von analog auf digital. Thimm (2013) verweist jedoch auf die Hypothese, ‛[…]
dass die Geschwindigkeit von Veränderungen ansteigen wird, da die Lebenszirkel von Tech­
nologie und die Verbreitungsgeschwindigkeit weiter zunehmen.“ (ebd.: 327) Ein Resultat wird
der Zwang sein, sich immer wieder auf ‛[…] neue ‚neue‘ Medien […]“ (Schorb, 2010: 323)
einstellen zu müssen.
Riley & Riley (1994) haben den Begriff der ‛strukturellen Diskrepanz“ geprägt (‛structural
lag“) der in diesem Zusammenhang erwähnt werden soll: Gemeint ist ein zeitliches Missver­
hältnis in den Veränderungen, von denen sowohl Alterskohorten als auch soziale Strukturen
betroffen sind. Zwar existieren viele Beispiele dafür, dass ‛[...] Alternsprozesse […] dem
Strukturwandel voraus [...]“ (ebd.: 452) sind. Die Digitalisierung mit ihren schnellen Entwick­
lungsprozessen gesellschaftlicher Reichweite ist jedoch ein Beispiel für den umgekehrten
Fall: Ältere Menschen werden von diesen ‛[...] soziale[n] Strukturen […] überholt [...]“ (ebd.)
und unterliegen dem Druck, den Rückstand wieder aufholen zu müssen.
Darüber hinaus werden die bereits angeführten Variablen wie Geschlecht, Bildungsniveau,
finanzielle Ressourcen und räumliche Faktoren die Technik-Erfahrungen und den Umfang
des digitalen Wissens auch bei alternden ‛digital natives“ beeinflussen. Die Bedeutung digi­
taler Kompetenz für die soziale Teilhabe wird des Weiteren zunehmen (Thimm 2013), weil
der Rückgriff auf analoge Alternativen zukünftig immer seltener möglich sein wird. Forderun­
gen nach frühzeitiger Integration unterschiedlicher potenzieller Nutzergruppen in technische
Entwicklungsprozesse für eine optimale Gebrauchstauglichkeit werden verstärkt gestellt
21
(Pelizäus-Hoffmeister 2013), ihre Umsetzung gehört jedoch in der Praxis noch nicht zum
13
Standard. Dementsprechend ist laut Claßen et al. (2014) ‛[...] Lebenslanges Lernen [...]
auch in Bezug auf veränderte Medienumwelten eine zentrale Komponente für ein erfolgrei­
ches und gelingendes Altern. Um einer sozialen Exklusion entgegenzuwirken, reicht es nicht
aus, drin zu sein‘, man muss auch bestrebt bleiben, ,dran zu bleiben‘.“ (ebd.: 115).
Wie kann nun Weiterbildung ältere Menschen dabei unterstützen? Es sind zahlreiche Akti­
onsfelder identifizierbar, von denen einige aufgeführt werden sollen. Zu den wichtigsten ge­
hört zunächst, fehlendes Interesse an und Skepsis gegenüber den Möglichkeiten digitaler
Medien zu adressieren. Wie bereits weiter oben erwähnt, erschließt sich vielen Älteren nicht,
welchen Bezug digitale Geräte zu ihrem Alltag haben könnten. Ein bloßes Interesse an inno­
vativer Technik allein um der Technik willen liegt bei ihnen offenbar seltener vor als bei Jün­
geren. Gleichwohl findet sich eine ‛[…] prinzipielle Offenheit für mediale Innovationen auch
im hohen Alter. Voraussetzung dafür ist die Erkennbarkeit eines Mehrwerts und persönlichen
Nutzwerts […]“ (Claßen et al., 2014: 120). Ist diese Barriere überwunden, benötigen ältere
Menschen Informations- und Beratungsangebote, eine an ihren Bedarfen orientierte Vermitt­
lung von Kompetenzen und in vielen Fällen keine einmalige, sondern kontinuierliche Beglei­
tung. Um diese vorhalten zu können, benötigen sowohl Hauptamtliche als auch freiwillig En­
gagierte in diesem Feld eine entsprechende Qualifikation.
In den Angeboten selbst stellt sich den Durchführenden die Aufgabe, Alltagsnähe und Le­
bensrelevanz herzustellen (Bubolz-Lutz 2015). Es geht darum, ‛ernsthaft auf die Bedürfnisse
und Voraussetzungen älterer Menschen ein[zu]gehen“ (Dautermann & Braun 2012: 122). Die
Entwicklung muss sich weiter wegbewegen von einem starren Zielgruppenansatz, der ‛die
Älteren“ insgesamt ansprechen soll, hin zu Angeboten, in denen die Heterogenität der ‛Le­
bensentwürfe und Lebenssituationen“ (Gehrke 2008: 44) Älterer berücksichtigt wird. Ange­
sichts der Erkenntnis, dass es gerade vielen älteren Menschen im Umgang mit digitaler
Technik an Selbstbewusstsein fehlt, müssen diese in einem ersten Schritt ermutigt werden
(Hartung et al. 2009). Eine ‛potenzialorientierte Ansprache“ (Was bringen die Teilnehmenden
an Erfahrung und Fähigkeiten auch aus anderen Lebensbereichen mit?) wirkt dabei einla­
dender als eine Defizit-Orientierung in der Angebotswerbung (Was können die Teilnehmen­
den nicht?) (Gehrke 2008). Ferner steigert es offenbar für bestimmte Ältere die Attraktivität
der Angebote zur Medienkompetenz, wenn sie diese mitgestalten können (Hartung et al.
2009).
Die Zahl an Initiativen, Projekten und Einrichtungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler
Ebene, die sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten der Stärkung digitaler Kompetenz älte­
rer Menschen widmen, ist groß. Sie reichen von Informationsveranstaltungen mit überregio­
naler Strahlkraft über Vernetzungsinitiativen, Online-Informationsplattformen, Broschüren,
Beratungsstellen bis zu E-Learning-Angeboten. Traditionelle Kurse werden ebenso angebo­
ten wie offene Begegnungsangebote (z.B. Computer-Cafés) und zugehende Angebote in
den Haushalten älterer Menschen. Dabei finden sich altershomogene ebenso wie intergene­
rationelle Projekte. Auch gibt es Beispiele, die sich mit der Qualifikation Hauptamtlicher und
13 Siehe dazu den Beitrag von Marén Schorch und Claudia Müller in dieser Dokumentation.
22
freiwillig engagierter (älterer) Menschen für die Vermittlung von digitaler Kompetenz an Älte­
re beschäftigen.
Erfahrungen aus der Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz älterer Menschen ge­
ben Einblicke in große Potenziale ebenso wie in vorhandene Schwierigkeiten. So sind in
entsprechenden Angeboten vor allem Ältere mit hoher Motivation, hohem Engagement und
großem Interesse an digitaler Technik anzutreffen (Dauermann & Braun 2012: 122). Hierbei
handelt es sich allerdings vor allem um so genannte bildungsnahe und technikaffine ältere
Menschen (z.B. Schorb 2010). Zu den schwer erreichbaren Teilgruppen (vgl. Claßen et al.
2014) gehören beispielsweise so genannte bildungsferne, ältere Menschen mit Migrations­
hintergrund, BewohnerInnen von Wohn- und Pflegeheimen. Diese Aufzählung ist nach Stand
der Projektrecherchen noch um ältere Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, alleinle­
bende Ältere und Hochaltrige zu ergänzen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass digitale Kompetenz auch und gerade für ältere
Menschen einerseits den Weg für die Erweiterung von Möglichkeiten und die Steigerung von
Lebensqualität ebnen kann. Andererseits werden entsprechende Kenntnisse und Fähigkei­
ten aber immer mehr zur Bedingung für soziale Teilhabe, was einen entsprechenden Hand­
lungsdruck impliziert. Hohe Zuwachsraten in der Nutzung digitaler Technik finden ihren Wi­
derhall nicht zuletzt in einer vielfältigen Angebots- und Initiativenlandschaft zum Ausbau digi­
taler Kompetenz mit unterschiedlichsten Schwerpunkten und Formaten. Der Weiterbildungs­
bedarf im Bereich digitaler Technik wird angesichts rasant fortschreitender technischer Ent­
wicklung auch zukünftig bestehen bleiben. Allerdings existieren teils hohe Barrieren in der
Erreichbarkeit bestimmter Gruppen älterer Menschen. Es gehört zu den wichtigsten Aufga­
ben entsprechender Angebote und Initiativen, gerade bei diesen Adressaten das Interesse
an den Möglichkeiten digitaler Technik zu wecken und ihre digitale Kompetenz zu stärken.
Inwieweit dies gelingt, wird zu einem großen Teil vom Lebensweltbezug der Inhalte abhän­
gen.
Literatur
Bubolz-Lutz, E. (2015): Geragogik und ihre Anliegen. In: Institut für Sozialarbeit und Sozial­
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25
Präsentation: Weiterbildung und digitale Kompetenz älterer
Menschen
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Weiterbildung und digitale Kompetenz
älterer Menschen
M.A. Anja Ehlers - Frankfurt/Main, 21.01.2016
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Gliederung
1. Projektinformation
2. Alter(n) und digitale Kompetenz: Ambivalenz
3. Zahlen und Fakten zur Nutzung digitaler Technik
4. Technikgenerationen heute und morgen
5. Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz – Aktionsfelder
6. Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz – Aufgaben
7. Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz – Erfahrungen
8. Angebots- und Initiativenlandschaft
9. Zusammenfassung
10. Herausforderungen
11. Literatur
2
26
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Projektinformation

Forschungsprojekt: „Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz bei älteren
Menschen – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“

Förderung: Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend

Projektgegenstand: Sichtung vorhandener Forschung, Projekte, Initiativen und
Handlungsansätze zur Stärkung der digitalen Kompetenzen älterer Menschen durch
Weiterbildung

Laufzeit: 11/2015 bis 4/2016
3
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Alter(n) und digitale Kompetenz: Ambivalenz
Erweiterung von
Handlungsmöglichkeiten und
Erhöhung der Lebensqualität
Foto: Stiftung Digitale Chancen
Handlungsdruck
angesichts drohender
digitaler Exklusion
4
Foto: Badische Zeitung
27
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Alter(n) und digitale Technik: Ambivalenz II



76 % der 65- bis 85-jährigen möchten auch in Zukunft in ihrer jetzigen Häuslichkeit
wohnen bleiben (Generali Zukunftsfonds 2012).
83 % dieser Altersgruppe wünschen sich Unabhängigkeit von der Unterstützung
anderer Personen (ebd.).
Prinzipielle Aufgeschlossenheit gegenüber neuer Technik und ihren Optionen (z.B.
Schorb 2010)
versus

Allgemeine Zurückhaltung bei den Älteren gegenüber der Digitalisierung (Generali
Zukunftsfonds 2012)

Gefühl der Überforderung und Abschreckung durch unterschiedliche Funktionen in
einem Gerät (z.B. Smartphone) (vgl. Claßen et al. 2014)

Angst, bei der Bedienung von z.B. Computern etwas kaputt zu machen
(Dautermann & Braun 2012)
5
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Zahlen und Fakten zur Nutzung digitaler Technik
28

Nutzung des „Schlüsselmediums Internet“ im Altersgruppenvergleich
– 10- bis 24-Jährige: 98,9%,
– 25- bis 64-Jährige: 93,3%,
– 65plus: 44,9% (Statistisches Bundesamt, 2015)

Index der „digitalen Souveränität“ (Initiative D21% TNS Infratest 2014)
zusammengesetzt aus Offenheit (hier: Verständnis für Vorteile und Risiken), Zugang,
Nutzungsvielfalt (hier auch -intensität) und Kompetenz:
– 20- bis 29-Jährige: 69,2 von 100 Punkten;
– 60- bis 69-Jährige: 42,9 von 100 Punkten
– 70plus: 22,4 von 100 Punkten

Ältere Menschen nutzen das Internet „passiver“ und „zielgerichteter“ als jüngere
(Dautermann & Braun 2012: 114f.).

Hemmschwellen in der Nutzung von Ambient Assisted Living-Technologien (Doh et
al. 2015)
6
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Zahlen und Fakten zur Nutzung digitaler Technik II

Einfluss auf die Herausbildung unterschiedlicher Nutzungsprofile und Affinitätsgrade
(Initiative D21 & TNS Infratest 2014) haben soziodemografische Variablen wie
 Geschlecht
 formales Bildungsniveau
 finanzielle Ressourcen
 Wohnort/Herkunftsland
 sowie Altersbilder (Thimm 2013) und die
 Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Technikgeneration“ (Sackmann & Weymann
1994).
7
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Technikgenerationen heute

Heute wachsen Kinder und Jugendliche in einer Selbstverständlichkeit mit digitalen
Geräten und Anwendungen auf, die Ältere in ihrer Kindheit und Jugend nicht erlebt
haben (Initiative D21 & TNS Infratest 2014).

Herausbildung „generationsspezifischer Medienpraxiskulturen“ (Schäffer 2012: 143)

Heterogenität des Alter(n)s

Durchleben einer individuellen „Technikbiografie“ (Claßen et al. 2014)

Hohe Zuwachsraten in Bezug auf Nutzung digitaler Medien bei älteren Menschen
(Statistisches Bundesamt 2015)
8
29
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Technikgenerationen morgen





In den Biografien zukünftig älterer Menschen wird es mehr selbstverständliche
Berührungspunkte mit digitaler Technik geben.
Variablen wie Geschlecht, Bildungsniveau, finanzielle Ressourcen und räumliche
Faktoren werden weiterhin unterschiedliche Technik-Erfahrungen und den Umfang
des digitalen Wissens beeinflussen.
Die Bedeutung digitaler Kompetenz für die soziale Teilhabe wird weiter zunehmen
(Thimm 2013).
„Angenommen wird, dass die Geschwindigkeit von Veränderungen ansteigen wird,
da die Lebenszirkel von Technologie und die Verbreitungsgeschwindigkeit weiter
zunehmen.“ (ebd.: 327)
„Lebenslanges Lernen wird folglich auch in Bezug auf veränderte Medienumwelten
eine zentrale Komponente für ein erfolgreiches und gelingendes Altern. Um einer
sozialen Exklusion entgegenzuwirken, reicht es nicht aus ,drin zu sein‘, man muss
auch bestrebt bleiben, ,dran zu bleiben‘.“ (Claßen et al.: 115, Herv. d. AE)
9
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz - Aktionsfelder

Fehlendes Interesse an und Skepsis gegenüber an den Möglichkeiten digitaler
Medien adressieren sowie

Informieren

Beraten

Bedarfsorientiert Kompetenzen vermitteln

Kontinuierlich begleiten sowie die

Qualifikation von Hauptamtlichen und freiwillig Engagierten für entsprechende
Bildungsangebote
10
30
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz – Aufgaben

Alltagsnähe und Lebensrelevanz in Bildungsangeboten herstellen (Bubolz-Lutz
2015), „ernsthaft auf die Bedürfnisse und Voraussetzungen älterer Menschen
eingehen“ (Dautermann & Braun 2012: 122).

Heterogenität der „Lebensentwürfe und Lebenssituationen“ Älterer berücksichtigen
(Gehrke 2008: 44).

Ältere Menschen ermutigen und Angebote zur Medienkompetenz mitgestalten
lassen (Hartung et al. 2009).

„Potenzialorientierte Ansprache“ statt Defizit-Orientierung wählen (Gehrke 2008).
11
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Weiterbildung zur Stärkung digitaler Kompetenz – Erfahrungen



„Die Menschen der Generation 50plus sind motiviert, engagiert und sehr interessiert
an den neuen Medien und Technologien […].“ (Dauermann & Braun 2012: 122)
Vor allem so genannte bildungsnahe und technikaffine ältere Menschen nehmen
entsprechende Angebote in Anspruch (z.B. Schorb 2010).
Schwer erreichbare Teilgruppen, z.B.:
- so genannte Bildungsferne
- ältere Menschen mit Migrationshintergrund
- ältere BewohnerInnen von Wohn- und Pflegeheimen
- ältere Menschen mit Mobilitätseinschränkungen
- alleinlebende Ältere
- Hochaltrige
- ...
12
31
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Angebots- und Initiativenlandschaft

Zahlreiche Initiativen, Projekte und Einrichtungen auf Bundes-, Landes- und
kommunaler Ebene widmen sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten der Stärkung
digitaler Kompetenzen älterer Menschen, z.B.:
– Informationsveranstaltungen mit überregionaler Strahlkraft
– Vernetzungsinitiativen
– Online-Informationsplattformen
– Broschüren
– Beratungsstellen
– E-Learning-Angebote
– traditionelle Kurse, offene Begegnungsangebote (z.B. Computer-Cafés),
zugehende Angebote
– Qualifikation Hauptamtlicher und freiwillig engagierter (älterer) Menschen
– intergenerationelle und altershomogene Projekte
– ...
13
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Zusammenfassung

Digitale Kompetenz: Erweiterung von Möglichkeiten und immer mehr Voraussetzung
sozialer Teilhabe.

Hohe Zuwachsraten in der Nutzung gerade bei älteren Menschen zeigen Bedarf und
Interesse.

Vielfältige Angebots- und Initiativenlandschaft zum Ausbau digitaler Kompetenz mit
unterschiedlichsten Schwerpunkten und Formaten vorhanden.

Es existieren teils hohe Barrieren in der Erreichbarkeit bestimmte Gruppen älterer
Menschen.

Weiterbildungsbedarf im Bereich digitaler Technik wird auch zukünftig bestehen
bleiben.
14
32
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Herausforderungen
 Das Interesse älterer Menschen an den Möglichkeiten digitaler Technik wecken.
 Berührungsängste in der Nutzung digitaler Technik senken.
 Die digitale Kompetenz älterer Menschen stärken.
 Ältere Menschen mit besonders hohen Zugangsbarrieren erreichen.
 Älteren Menschen Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten in der
Auseinandersetzung mit digitaler Technik eröffnen.
15
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Literatur





Bubolz-Lutz, E. (2015). Geragogik und ihre Anliegen. In: Institut für Sozialarbeit und
Sozialpädagogik (Hrsg.): ISS im Dialog: Bildung - eine Frage des Alters?
Dokumentation des Fachgesprächs am 2. Dezember 2014. Frankfurt/M.
Claßen, K.; Oswald, F.; Doh, M.; Kleinemas, U.; Wahl, H.-W. (2014). Umwelten des
Alterns. Wohnen, Mobilität, Technik und Medien. Grundriss Gerontologie. Stuttgart.
Dautermann, A. & Braun, K. (2012). Computerkompetenz der Generation 50plus:
Wie E-Learning helfen kann. In B. Kampmann, B. Keller, M. Knippelmeyer, M. & F.
Wagner, : Die Alten und das Netz. Angebote und Nutzung jenseits des Jugendkults.
Wiesbaden: 112-123.
Doh, M., Schmidt, L.I., Herbolsheimer, F., Jokisch, M. R., Schoch, J., Dutt, A. J.,
Rupprecht, F. & Wahl, H.-W.. (2015). Neue Technologien im Alter. Ergebnisbericht
zum Forschungsprojekt „FUTA“. Förderliche und hinderliche Faktoren im Umgang
mit neuen Informations- und Kommunikations-Technologien im Alter. InternetPublikation.
Gehrke, B. (2008). Ältere Menschen und neue Medien. Entwicklungschancen für
künftige Medienprojekte für Frauen und Männer mit Lebenserfahrung in NordrheinWestfalen. Marl.
16
33
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Literatur II






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Menschen leben, denken und sich engagieren. Frankfurt.
Hartung, A., Schorb, B., Küllertz, D. & Reißmann, W. (2009). Alter(n) und Medien.
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Schäffer, B. (2012). Erziehungswissenschaftliche Medienforschung –
Medienpraxiskulturen im Generationenvergleich. In: F. Ackermann, T. Ley, C.
Machold & M. Schrödter (Hrsg.), Qualitatives Forschen in der
Erziehungswissenschaft. Wiesbaden: 135-156
.
17
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Literatur III



Schorb, B. (2010). Erfahren und neugierig – Medienkompetenz und höheres
Lebensalter. In: B. Schorb, A. Hartung & W. Reißmann, Medien und höheres
Lebensalter. Theorie – Forschung – Praxis. Wiesbaden: 319-337.
Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2015). Die Generation 65+ in Deutschland.
Wiesbaden.
Thimm, C. (2013). Digitale Gleichberechtigung der Generationen – Altern in einer
mediatisierten Gesellschaft. In: M. Hüther & G. Naegele (Hrsg.), Demografiepolitik.
Herausforderungen und Handlungsfelder. Wiesbaden: 326-343.
Ehlers | Januar 2015
34
18
Institut für Gerontologie an der TU Dortmund
Kontakt

Internet:


www.ffg.tu-dortmund.de
E-Mail:

[email protected]
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
19
35
Anhang III: Ältere Menschen
Technik
als
Ko-Entwickler
neuer
Marén Schorch M.A.,
Universität Siegen, Leiterin des EU-Projektes „TOPIC“, Institut für Wirtschaftsinformatik und
Neue Medien
Jun.Prof.in Dr. Claudia Müller,
Universität Siegen, Juniorprofessur „IT für die alternde Gesellschaft“, Institut für Wirtschafts­
informatik und Neue Medien
Im Folgenden wird der Vortrag von Marén Schorch zusammengefasst. Den Text haben Frau
Schorch und Frau Prof. Claudia Müller gemeinsam in Nachbereitung des Fachgesprächs
erstellt.
Sozio-Informatik an der Universität Siegen: Praxisbasiertes Forschungspara­
digma
Der Informations- und Kommunikationstechnologie wird bei der Suche nach Lösungen zur
Bewältigung der Effekte des demografischen Wandels eine wesentliche Rolle zugeschrie­
ben. Innovative technologische Lösungsansätze sollen dazu beitragen, dass die Lebensqua­
lität und Unabhängigkeit in der Lebensführung im höheren Lebensalter erhalten werden
kann. Gleichzeitig sind digitale Technologien und Geräte wie Smartphones oder Tablet-PCs
inzwischen omnipräsent.
Zahlreiche Förderprogramme sind daher auf technikgestützte Innovationen ausgerichtet, die
neue Konzepte, Dienstleistungen und Produkte für ein gesundes Altern vorantreiben bzw.
unterstützen sollen. Eine nachhaltige Umsetzung dieser Technikförder-Ansätze im Sinne
einer Alltagseinbettung in die Lebenswelten und -praktiken älterer Menschen wird in vielen
Fällen jedoch zu kurz betrachtet. Diesem Desiderat begegnet die Siegener Ausrichtung der
Sozio-Informatik mit ihrem praxisbasierten Forschungsparadigma. Zunächst seien aber noch
die Kernaspekte des aufgeworfenen Problems genauer beschrieben:
1.
Zum einen werden Technikprojekte in den meisten Fällen unter der Perspektive der
‛technischen Innovation“ behandelt. Technik für die alternde Gesellschaft benötigt aber
einen starken Fokus auf die Einbettung der technischen Innovationen in den jeweiligen
Lebenswelten der avisierten Zielgruppen, d.h. der primären, aber auch der sekundären
und tertiären zukünftigen Endnutzer. Obschon Förderagenturen zunehmend die Integ­
ration von Endnutzergruppen als sinnvoll erachten und fordern, verbleibt die Umset­
zung allerdings häufig auf einer eher oberflächlichen Ebene.
2.
Wichtig ist daher eine stärkere Beschäftigung mit den vorliegenden analytischen, kon­
zeptuellen und methodischen Gestaltungsansätzen. Es sollte darum gehen, dass For­
schung in der Lage ist, auch für die subtilen und auf den ersten Blick eher unsichtbaren
Spezifika des Alltagslebens von älteren Menschen und deren betreuenden sozialen
36
Netzwerken Technik zu gestalten, so dass sie aus deren Perspektive sinnhaft und
nutzbar ist (Fitzpatrick & Ellingsen 2011).
3.
Die Herausforderungen, die den Forscherinnen und Forschern dabei begegnen, zeigen
wie wenig man häufig über die Probleme, Ängste und Sorgen, aber auch Aktivitäten,
die Seniorinnen und Senioren Freude bereiten, und ihren Alltag weiß. Eingeschränkte
Technikkenntnisse und Sprachbarrieren durch größtenteils englischsprachige Soft- und
Hardwarebeschriftung stellen dabei noch die offensichtlichsten Faktoren dar. Die feh­
lende Identifikation mit Technik hindert die meisten Seniorinnen und Senioren daran,
sinnvolle und hilfreiche Einsatzmöglichkeiten für Technik zu erkennen und muss in Ko­
operation mit den Forscherinnen und Forschern sukzessive herausgearbeitet werden.
Die Selbstpositionierung vieler älterer Menschen außerhalb einer technikorientierten
Gesellschaft und die damit einhergehende Ablehnungshaltung dieser gegenüber for­
dert eine neue Vorgehensweise, die statt der Technik und ihren Möglichkeiten, die
Menschen und deren Lebensalltag in den Mittelpunkt rückt (Müller et al. 2012).
Vor dem Hintergrund der aufgeworfenen Probleme bieten sich soziotechnische Gestaltungs­
prozesse an, die eine Rekonstruktion subjektiver Sichtweisen und Wert- und Deutungsmus­
ter innerhalb der anvisierten Zielgruppe bzw. prospektiven Nutzergruppe ermöglichen, damit
die zu entwickelnden technischen Artefakte einen angemessenen Sitz im Lebensalltag der
Menschen einnehmen können. Dieses praxisbasierte Forschungsparadigma stützt sich dabei
maßgeblich auf qualitativ-empirische Methoden der Sozialforschung wie z.B. teilnehmende
Beobachtung und verschiedene Interviewformen. So wie in der Sozialforschung das qualita­
tive Forschungsparadigma zur Erschließung von Wirklichkeitsbereichen, über die wenig be­
kannt ist, verfolgt wird (vgl. Flick et al. 2000), gilt dies im Prinzip für jedes einzelne TechnikGestaltungsprojekt, das sich zum einen in individuellen Praxiskontexten platzieren muss, und
darüber hinaus soziale Praxis mittels Technik wiederum in jedem Einzelfall verändert. Daher
basiert auch die soziotechnische IT-Gestaltung auf dem qualitativen Paradigma, das darauf
abzielt, ‛Lebenswelten von innen heraus“ aus der Sicht der sozialen Akteure zu verstehen
(Flick et al. 2000, 14).
Der konkrete soziotechnische Gestaltungsansatz ist dabei das Praxisbasierte Design (Wulf
et al. 2015; Müller et al. 2015a), das wesentliche Elemente liefert, um Designprojekte nach­
haltiger in den sozialen Praxiskontexten von Zielgruppenvertreterinnen und -vertretern zu
verankern. Hierzu gehört eine Ethnographie-basierte Vorstudie zum Aufbau eines umfas­
senden Verständnisses über das avisierte Praxisfeld, in dem Technologien zum Einsatz
kommen sollen, kooperative Gestaltungs- und Ko-Kreations-Phasen sowie eine LangzeitAneignungsstudie, um die Veränderung der sozialen Praktiken unter Nutzung der eingeführ­
ten Technologie zu untersuchen. Praxisbasiertes Design verfolgt damit das Ziel, sich den
Alltagspraktiken zu nähern und Menschen über einen längeren Zeitraum intensiv zu beglei­
ten, in einen Dialog mit ihnen zu kommen und auf einer persönlichen Ebene Erfahrungen,
Geschichten und Anekdoten auszutauschen (Wright & Mc Carthy 2010, Schorch et al. 2016).
Ganz wesentliche Forschungsinstrumente in diesem Zusammenhang sind die PRAXLABS,
eine Siegener Variante des Living Labs-Ansatzes (Ogonowski et al. 2013) sowie Experience­
37
based Participatory Design Workshops (Müller et al. 2015b), die im Folgenden kurz erläutert
werden.
PraxLabs: Konzepte und Methoden eines Living Lab-Ansatzes
Der Siegener PraxLabs-Ansatz stellt eine spezifische Variante des Living Lab-Ansatzes dar.
Allgemein versteht man unter dem Living Lab Approach die Verknüpfung von Ethnographiebasierten und Participatory Design-Ansätzen und deren Nutzung bzw. Umsetzung in der
realen Lebensumgebung der prospektiven Nutzer und Nutzerinnen (Blomberg & Karasti
2012; Panek et al. 2007; Ogonowski et al. 2013; Almirall & Wareham 2008). In der eher klas­
sischen Informatik werden mitunter auch Labormethoden als Living Lab definiert, beispiels­
weise die Nutzung von Testlabors in ‛intelligenten“ Häusern von Forschungseinrichtungen
oder mit Sensorik vorbereitete Wohnungen, in denen Probandinnen und Probanden über
definierte Zeiträume Zeit verbringen und Anwendungen testen (Intille et al. 2005). Hiervon
grenzen wir uns mit dem Siegener PraxLab-Ansatz ab und positionieren unsere Forschungs­
und Designaktivitäten direkt in den Alltagskontexten der avisierten Nutzergruppen – und
zwar über den gesamten Projektzeitraum (i.d.R. über zwei oder drei Jahre). Dieser ganzheit­
liche Designansatz ermöglicht, die sozio-kulturellen Lebensräume der prospektiven Nutze­
rinnen und Nutzer in ihrer Komplexität und dynamischen Gestalt einzubeziehen und nicht nur
kurze, singuläre Eindrücke von Bedarfen zu erheben. Besonders im Falle älterer, mit moder­
nen Medien nicht unbedingt vertrauter Menschen hat sich dieser Ansatz bisher als äußerst
günstig erwiesen, da hier auch Meinungen, Wertvorstellungen und Ängste gegenüber neuen
Medien über längere Zeiträume aktiv aufgenommen und in der gemeinsamen Arbeit begeg­
net werden kann. Auch diese Praxis unterstützt die Autonomie und Partizipationsoptionen für
ältere Menschen.
Dies gilt in ganz besonderem Maße auch für ihre Rolle als ‛Ko-Entwickler“ neuer Technolo­
gie, wie in unseren vielfältigen Forschungs- bzw. Designprojekten. Gerade durch die enge,
kontinuierliche Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum, wechselseitigem Vertrauen
und durch die Entwicklung eines gemeinsamen gedanklichen Möglichkeitsraums zwischen
Wissenschaftlern, Dienstleistern, prospektiven Nutzerinnen und Nutzern und Industriepart­
nern entsteht in den PraxLabs das besondere Potential für innovative Technologie. Insge­
samt ergeben sich durch diese Forschungspraxis folgende Möglichkeiten:

Exploration: durch qualitativ-empirische Studien, gemeinsame Designaktivitäten mit
allen Stakeholdern werden ganzheitliche Identifizierungen von Nutzerbedürfnissen und
Nutzerperspektiven möglich. Diese umfassen auch vorliegende gesellschaftliche Dis­
kurse oder Stereo- und Heterotypisierungen, die aktiv aufgenommen und diskutiert
werden können.

Ko-Kreation: Gemeinsame Aktivitäten mit Nutzern und Nutzerinnen ermöglichen deren
Unterstützung in der Artikulation ihrer Interessen und Wünsche, die im Falle von älte­
ren, technikfernen Menschen nicht einfach ‛abgefragt“ werden können. Diese ergeben
sich erst in aktiven Aneignungsprozessen und in der eigenen Auseinandersetzung mit
dem Thema. Zudem werden Medienkompetenzen eintrainiert. Typischerweise basieren
38
Akte der Ko-Kreation auf Aktionsforschungs-basierten Ansätzen und Methoden des
Participatory Design.

Experimentieren: Der Ansatz ermöglicht das Ausprobieren und Experimentieren mit
Technologien und entsprechend die gemeinsame Entwicklung unterschiedlicher Nut­
zungsszenarien, die eng in der Lebenswelt der Anwenderinnen und Anwender veran­
kert und somit als sinnstiftend empfunden werden. In der Phase des Experimentierens
werden technische Prototypen sukzessive erweitert und verbessert im Hinblick auf die
Passung in der Lebenswelt der Nutzer und Nutzerinnen.

Evaluation: Die Erprobung funktionaler Prototypen erfolgt schließlich über längere Zeit­
räume im realen Umfeld der Anwenderinnen und Anwender, d.h. über mehrere Monate
bis Jahre. Sukzessive werden diese Prototypen verbessert und re-designed auf der
Basis der Evaluationsergebnisse. Dies erfordert einen generellen evolutionären De­
signansatz (Floyd et al. 1989).
Lernen als zentraler Aspekt der Aneignung: „Experience-based participatory
design workshops“
Erfahrungsbasiertes Lernen als Form eines sozio-konstruktivistischen Lernverständnisses
wird in sog. Experience-based Participatory Design Workshops verfolgt. Hierbei geht es um
eine Verankerung neuer Technik- und Internet-bezogener Lerninhalte im Alltag der Lernen­
den.
Die Workshops richten sich auf zwei wesentliche Ziele für das Technikdesign für und mit
ältere(n) Menschen: zum einen eine sukzessive Hinführung an neue Medien, die daran an­
setzt, Interessen zu wecken und mögliche Nutzungsoptionen aufzuzeigen und zu explorieren
und vor dem Hintergrund der individuellen Alltagspraxis zu erproben. Zweitens besteht ein
darüber hinaus weisendes Ziel der Workshops darin, konkrete Hinweise auf Designideen
und Gestaltungsvorschläge für das zu entwickelnde Artefakt zu erhalten. Die regelmäßigen
Treffen ermöglichen, einen gemeinsamen gedanklichen Möglichkeitsraum zwischen Desig­
nern und prospektiven älteren Techniknutzerinnen und -nutzern aufzubauen, sodass sich in
Gesprächen über Alltagsbedarfe der älteren Menschen die Sichtweise der Designerinnen
und Designer auf praxistaugliche und sinnstiftende Anwendungen formieren kann. Gleichzei­
tig wird auch das informelle Lernen zwischen den Teilnehmern ermöglicht, z.B. als Form des
‛over-the-shoulder-learning“. Zusätzlich formieren sich unter den in den Forschungsprojekten
teilnehmenden Gruppen längerfristig ‛Communities of Practice“, in denen dann langfristig
alltagsnahe Aneignung neuer Technologien stattfinden kann, dies auch über die definierten
Laufzeiten der Förderprojekte hinaus.
Es geht also im Kern darum, einen Raum für gegenseitiges Lernen zwischen älteren Men­
schen und (meist jüngeren) Designerinnen und Designern aufzubauen, um die im Technik­
design generell vorliegende ‛symmetry of ignorance“ (Fischer 2000) zwischen Entwicklerin­
nen/Entwicklern und Anwenderinnen/Anwendern zu überwinden (Müller et al. 2012).
39
Literatur
Almirall, E. and Wareham, J. (2008): Living Labs and Open Innovation: Roles and Applicabil­
ity. The Electronic Journal for Virtual Organizations and Networks 10, 3, 21–46.
Blomberg, J. & Karasti, H. (2012): Positioning Ethnography within Participatory Design. In J.
Simonsen & T. Robertson (Eds.), Routledge International Handbook of Participatory
Design. (S. 86-116). London: Routledge Chapman & Hall.
Fischer, G. (2000): Symmetry of Ignorance, Social Creativity, and Meta-Design. KnowledgeBased Systems 13, 7, 527–537.
Fitzpatrick, G., Ellingsen. G. (2012): A Review of 25 Years of CSCW Research in Healthcare:
Contributions, Challenges and Future Agendas, in: Computer Supported Cooperative
Work (CSCW) (Juni 21).
Flick, U., Kardorff, E., von Steinke, I. (2000): Was ist qualitative Sozialforschung? Einleitung
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Floyd, C., Mehl, W.-M., Reisin, F.-M., Schmidt, G. & Wolf, G. (1989): Out of Scandinavia:
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A Living Laboratory for the Design and Evaluation of Ubiquitous Computing Technolo­
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Proc. of CHI’12, 2639–2648.
Müller, C., Hornung, D., Hamm, T. & Wulf, V. (2015a): Practice-based Design of a Neighbor­
hood Portal: Focusing on Elderly Ten-ants in a City Quarter Living Lab, Proc. of
CHI’15, 2295-2304 (CHI 2015 Honorable Mention).
Müller, C., Hornung, D., Hamm, T. & Wulf, V. (2015b): Measures and Tools for Supporting
ICT Appropriation by Elderly and Non Tech-Savvy Persons in a Long-Term Perspec­
tive, Proceedings of the 14th Conference on Computer Supported Cooperative Work
(ECSCW 2015), Oslo, Norway: Springer.
Ogonowski, C., Ley, B., Hess, J., Wan, L., and Wulf, V. (2013): Designing for the Living
Room!: Long-Term User Involvement in a Living Lab. Proc. of CHI ’13, 1539–1548.
Panek, P., Rauhala, M., & Zagler, W.L. (2007): Towards a living lab for old people and their
carers as co-creators of ambient assisted living (AAL) technologies and applications.
Proceedings of the 9th European Conference for the Advancement of Assistive Tech­
nology in Europe (AAATE), 821-825.
Wright, P. & McCarthy, J. (2010): Experience-centered Design: Designers, Users, and
Communities in Dialogue. San Rafael: Morgan & Claypool Publishers.
Wulf, V., Müller, C., Pipek, V., Randall, D., Rohde, M. & G. Stevens (2015): Practice-based
Computing. Empirically-grounded Conceptualizations derived from Design Case Stud­
ies, in: Wulf, V.; Randall, D.; Schmidt, K. (eds): Designing Socially Embedded Tech­
nologies in the Real-World, Springer, London.
Schorch, M., Wan, L., Randall, D. and Wulf, V. (2016): Designing for Those who are Over­
looked. Insider Perspectives on Care Practices and Cooperative Work of Elderly Infor­
40
mal Caregivers. In: CSCW '16: Proceedings of the 19th ACM Conference on Com­
puter-Supported Cooperative Work & Social Computing, 787-799.
41
Präsentation: „Ältere Menschen als Ko-Entwickler neuer
Technik“
Ältere Menschen als Ko-Entwickler
neuer Technik
Marén Schorch M.A.
Universität Siegen
Wirtschaftsinformatik und Neue Medien
„Fahrplan“ für heute
1.
2.
3.
4.
Sozioinformatik: Praxisbasiertes Forschungsparadigma
Lernen als zentrale Form der Aneignung
Praxlabs: der Siegener Living Lab Ansatz
Siegener Ageing Projekte: Überblick und Auswahl





42
Nachbarschaftshilfe im Quartier
Alzheimer Monitoring
FoSIBLE
TOPIC
iStoppFalls
Sozioinformatik: Praxisbasiertes
Forschungsparadigma
• Verknüpfung von multiplen Aspekten:
– Verstehen sozialer Praktiken im natürlichen Umfeld
– Gestaltung von innovativen IT Artefakten
– Verstehen des transformativen Charakters der Aneignung
von IT-Artefakten
Sozioinformatik: Praxisbasiertes
Forschungsparadigma
• Aufbau eines gemeinsamen gedanklichen
Möglichkeitsraumes für alle Beteiligten
• Auswahl angemessener Partizipationsmethoden für
Senioren
• Langzeitperspektive
• Nachhaltigkeit nach Projektende
• Qualitative Methoden & Aktionsforschung
43
Lernen als zentraler Aspekt der
Aneignung
• Sozio-Konstruktivistischer Ansatz
• Im Alltag verankert, an Erfahrungen orientiert
• Formelles und informelles Lernen, z.B. „over-theshoulder learning“
• Wachsende „Communities of Practice“
Projekte der Forschungsgruppe
„IT for inclusive ageing“
Quartier
Aktuell neue Projekte:
- Cognitive Village
- MobiAssist
- My AHA (My Active and Healthy Ageing)
44
Praxlabs – Natürliche „Labore“
• Haushalte als
Forschungsumgebungen
• Langzeitstudien
• End-Nutzer-Partizipation
• Stakeholderinteressen &
-Interaktion (Politik,
Industrie, Wissenschaft)
Praxlabs – Methoden
45
Projekte - Kurzportraits
• Hilfe, Rat & Tat für Mieterinnen und Mieter (BMFSJ, 2013-2015)
Plattform für Nachbarschaftshilfe im Wohnviertel
• Alzheimer Monitor (BMWi, 2009-2011)
Ortungsgerät für Demenzkranke mit Lauftendenz
• FoSIBLE (AAL JP/ BMBF-EU, 2010-2012)
Social TV Plattform
• Social Display (2012-2014)
Neue Medien in der stationären Biographiearbeit
• TOPIC (AAL JP/ BMBF-EU, 2013-2016)
Unterstützungsplattform für pflegende Angehörige
• SehrMobil (BMBF, 2012-2015)
Mobilitätsunterstützung für Ältere
• iStoppFalls (EU FP7, 2011-2015)
iTV-basiertes Trainingssystem zur Sturzprophylaxe
Hilfe, Rat & Tat: Gestaltung einer
Nachbarschaftsplattform im Living Lab
Projektziel:
IT als Unterstützung der
Nachbarschaftshilfe insb. für
Senioren
 Förderung des sozialen
Miteinanders im
Wohnviertel
 Integration professioneller
Dienstleistungen und
informeller Hilfen
46
Methode:
Erfahrungsbasierte PD Workshops
1) Sukzessive Heranführung älterer MieterInnen an neue
Medien durch Aufbau von Nutzungsinteressen und kompetenz
2) Dadurch entsteht ein gemeinsamer gedanklicher
Möglichkeitsraums zwischen Designern und Teilnehmern
für das konkrete partizipativ entwickelte Design
Alzheimer Monitoring
Ortungssystem für Menschen mit Lauftendenz
Vorgehen:
• Vorstudie
• Partizipatives Design
• Evaluation in einer Familie und
2 Einrichtungen
Ergebnis: „Konstruierte Autonomien“
• Autonomie ist keine fixe Größe
• A-orientiertes Verhalten und
Denken wird beeinflusst durch:
• gewachsene familiäre Rollen
• Organisationale Erfordernisse
• Wissensstand
• „Hin-“ vs. „Weglauftendenz“
47
Ziele
• Beitrag zur Lebensqualität
älterer Menschen mittels einer
Social-TV Platform
• Erforschung neuer
Interaktionskonzepte –
Zusammenbringen von TV und
Internet
• Motivation zur Nutzung
kooperativer interaktiver
Anwendungen, Chat, Gruppen,
Spiele
• Virtuelle Communities
Fostering Social Interaction
for a Better Life of the Elderly
48
Projekt „Social Display“
Computergestützte Biographiearbeit:
Neue Medien und Internet als Hilfsmittel für die
Kommunikation und Beziehungsgestaltung in der Pflege
Vorgehen
• Interessen wecken &
formieren
– Studierende zeigen ihre
Aktivitäten im Netz
– Im Dialog ergeben sich
Ankerpunkte zu
Interessen der
Bewohnerinnen
• Sukzessive
Komplexitätssteigerung
der Gestaltungselemente
und Inhalte
49
The Online Platform for Informal Caregivers
Laufzeit: 2013-2016
Ambient Assisted Living Joint Programme (AAL JP)
Prototyp – Beispiel 1
50
Prototyp – Beispiel 2
S-Mobil100
Sehr Mobil mit 100 –
Mobilitätsketten für Senioren in der Modellregion Kreis Siegen-Wittgenstein
21
51
- Demo
Webseite:
http://portal.sehr-mobil.de
App – Demo:
http://www.sehr-mobil.de/images/app.mp4
22
23
52
Was ist iStoppFalls?
iStoppFalls
 Reduzierung des Sturz-Risikos
 Erhöhung der Lebensqualität
 Enge Zusammenarbeit mit den Teilnehmern
 Gemeinschaft und Spaß
 Entwicklung eines einfachen Demonstrators, der
voll funktionsfähig ist  Vermarktung als nächster
Schritt
53
Sozioinformatik @Uni Siegen =
Praxisbasiertes Forschungsparadigma
• Aufbau eines gemeinsamen gedanklichen
Möglichkeitsraumes für alle beteiligten Akteure
• Auswahl angemessener Partizipationsmethoden für
Senioren und den jeweiligen Kontext
• Langzeitperspektive der Forschung/Entwicklung
• Nachhaltigkeit nach Projektende
• Qualitative Methoden & Aktionsforschung
Aktuelle Projekte im Bereich Aging
Cognitive Village
(BMBF, 2015-2018)
My AHA (My Active and
Healthy Ageing)
(EU/Horizon 2020, 2016-2019)
MobiAssist
(BMBF, 2015-2018)
54
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontakt:
Marén Schorch: [email protected]
Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik und Neue Medien,
Prof. Dr. Volker Wulf
Juniorprofessur „IT für die alternde Gesellschaft“,
JProf. Dr. Claudia Müller
Links:
wiwi.uni-siegen.de/wirtschaftsinformatik/projekte
inclusive-ageing.com
praxlabs.de
55
Anhang IV: Liste der Teilnehmenden
Teilnehmende am Fachgespräch „Digitale Kompetenz älterer Menschen“
am 21. Januar 2016 in Frankfurt a.M.
Teilnehmende
Institution
Claudia Bohner-Degrell
Rhein-Main-Verkehrsverbund Servicegesellschaft mbH
Beate Brinkmann
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju­
gend
Jutta Bourauel
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju­
gend, Projektgruppe Digitale Gesellschaft
Prof. Dr. Elisabeth Bubolz-Lutz Direktorin Forschungsinstitut Geragogik Witten / BAGSO
Dr. Michael Doh
Psychologisches Institut der Universität Heidelberg/ Infor­
mationsportal ‛Stiftung Digitale Chancen"
Anja Ehlers
Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V. (FfG)
Simone Franke-Müller
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju­
gend
Claudia Hildebrand
Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszent­
rum für Gesundheit und Umwelt
Daniel Hoffmann
KDA; Leiter des Bereichs Gemeinwesenorientierte Senio­
renarbeit und KDA-Fortbildungen
Marc Axel Hornfeck
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju­
gend
Dr. Barbara Keck
BAGSO Service GmbH
Wolfgang Kleemann
ISS-Frankfurt a.M.
Dr. Ludger Klein
ISS-Frankfurt a.M.
Dr. Irene Maucher
Deutsche Telekom Healthcare and Security Solutions
GmbH; Senior Expert, Strategic Market Healthcare
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Maike Merkle
ISS-Frankfurt a.M.
Prof. Dr. Gerhard Naegele
Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V. (FfG)
Prof. Dr. Georg Rudinger
Zentrum für Alternskultur (ZAK)
Martin Schmitt
EFI-Erfahrungswissen für Initiativen, Bayern
Marén Schorch
Universität Siegen, Fakultät III: Wirtschaftsinformatik und
neue Medien
Dr. Sylvia Sparschuh
Hochschule Neubrandenburg
Barbara Steinhöfel
Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
Heidemarie Stuhler
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Christine Weiß
Institut für Innovation und Technik (iit) in der VDI/VDE-IT
Thilo Zelt
Leiter der Initiative Intelligente Vernetzung
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