Ein ausführliches Beschreibungsblatt mit

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Ein ausführliches Beschreibungsblatt mit
GALERIE LUDORFF
Käthe Kollwitz
1867 Königsberg (heute Kaliningrad) - 1945 Moritzburg
»Pietà«
Bronze
ca. 1937/38
38 x 28,5 x 39 cm
Signiert sowie Gießerstempel "H. Noack Berlin" auf der Rückseite
Guss nach 1945
Bestandskatalog Käthe Kollwitz Museum Berlin/Fritsch 1999 Nr. 183
Aufgenommen in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Plastik von Annette
Seeler, Berlin
Provenienz:
Privatsammlung Frankfurt
Literatur:
Galerie Ludorff, "40 Jahre 40 Meisterwerke", Düsseldorf 2015, S. 56-59; Galerie Ludorff,
"Skulptur I", Düsseldorf 2015, S. 71; Martin Fritsch/Josephine Gabler, "Käthe Kollwitz Bildhauerin aus Leidenschaft. Das plastische Werk", Ausst.-Kat., Käthe-Kollwitz-Museum
GALERIE LUDORFF - KÖNIGSALLEE 22 - 40212 DÜSSELDORF - GERMANY
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Berlin, Berlin, 2011, Nr. 108; Deutsches Historisches Museum, Berlin, "Der Weltkrieg
1914 bis 1918. Ereignis und Erinnerung", Ausst.-Kat., Berlin 2004, o. S.; Käthe-KollwitzMuseum Berlin (Hg.), "Käthe Kollwitz - Schmerz und Schuld. Eine motivgeschichtliche
Betrachtung", Berlin 1995, Abb. 126, S. 199; Kunstkreis Südliche Bergstraße-Kraichgau
e.V. (Hg.), "Käthe Kollwitz: Meisterwerke aus dem Käthe-Kollwitz-Museum Berlin.
Zeichnungen Graphik Bronzen", Ausst.-Kat., Wiesloch 1995, Abb. S. 187; Irina
Antonowa/Jörn Merkert, "Berlin - Moskau 1900 - 1950", Ausst.-Kat., Berlin 1995
, Abb. S. 326; Rainer Rother (Hg.), "Die letzten Tage der Menschheit. Bilder des Ersten
Weltkrieges [engl.: A Bitter Truth]", Ausst.-Kat., Berlin 1994, Nr. II/203 mit Abb., S. 504;
Jahrhunderthalle Hoechst (Hg.), "Käthe Kollwitz 1867-1945. Zeichnungen, Druckgrafik,
Skulpturen aus dem Bestand der Galerie Pels-Leusden, Berlin, und anderer
Sammlungen", Ausst.-Kat., Hoechst 1985, Abb. 129; Werner Timm, "Käthe Kollwitz",
Berlin 1984, o.S.
Ausstellung:
Galerie Ludorff, "40 Jahre 40 Meisterwerke", Düsseldorf 2015; Deutsches Historisches
Museum, "Die letzten Tage der Menschheit. Bilder des Ersten Weltkrieges", Berlin 1994;
Käthe-Kollwitz-Museum Berlin/Museum Moderner Kunst Wörlen, "Käthe Kollwitz Bildhauerin aus Leidenschaft. Das plastische Werk zum 25-jährigen Jubiläum des KätheKollwitz-Museums Berlin", Berlin/Passau 2011/2012; Kunstkreis Südliche BergstraßeKraichgau e.V., "Käthe Kollwitz: Meisterwerke aus dem Käthe-Kollwitz-Museum Berlin.
Zeichnungen Graphik Bronzen", Wiesloch 1995; Jahrhunderthalle Hoechst, “Käthe
Kollwitz 1867-1945. Zeichnungen, Druckgraphik, Skulpturen aus dem Bestand der
Galerie Pels-Leusden, Berlin, und anderen Sammlungen”, Berlin 1985; Martin-GropiusBau/Staatliches Puschkin-Museum, "Berlin - Moskau 1900 - 1950", Berlin/Moskau 1995;
Deutsches Historisches Museum/Barbican Art Gallery, "Die letzten Tage der Menschheit.
Bilder des Ersten Weltkrieges", Berlin/London 1994
Beschreibung:
Wie einen Halt gebenden Felsen modellierte Käthe Kollwitz ihre Muttergottes. Sie
arbeitete vor allem die Hauptansicht reliefartig heraus, das Fundament beließ sie roh.
Zwischen den Beinen seiner Mutter befindet sich der zusammengesunkene Leichnam
Jesu, wird von ihr eingerahmt und umarmt. Die Beine eng an den ausgemergelten Körper
gedrückt schmiegt er sich in ihren Schoß. Marias faltenreicher Umhang umhüllt sie fast
ganz. Nur ihr rechtes Bein wird von dem hochgerutschten Mantel freigelegt. Angewinkelt
und leicht nach innen gestellt stützt es den toten Körper ihres Sohnes. Ihren Kopf hält sie
geneigt und lehnt ihn an die Hand ihres rechten Armes, der auf ihrem Knie ruht. Jesu
Gesicht ist ihr zugewandt, der Kopf in den Nacken gelegt, der Mund noch vom Leiden
geöffnet. Seine rechte Hand liegt locker in ihrer linken und ihr Daumen scheint sanft
seine leblosen Finger zu streicheln. Maria hält die Augen geschlossen, die Stirn leicht
gerunzelt, sie ist ganz in sich gekehrt.
Ihr Sohn wurde von den Menschen verraten. Er starb am Kreuz und zurück bleiben nur
die Leere, die er hinterlässt und die Frage nach dem Warum.
Durch die Darstellung einer nicht überhöhten, verklärten Maria, sondern einer Frau, die in
ihrer kräftigen Statur, mit zwischen die Schultern gezogenem Kopf und dem entblößten
Bein auf einem rauen Untergrund fast bäuerlich wirkt, verkörpert sie eine Art universelle
Mutter, die selbst in ihrer Trauer nicht hilflos, sondern in der Auseinandersetzung mit der
Realität wirkt.
Obwohl es sich bei der Pietà von Käthe Kollwitz um ein religiöses Thema handelt,
distanziert sich das Werk gleichzeitig von der Sakralkunst. Nicht das Erzählen der
biblischen Geschichte steht im Vordergrund, vielmehr zeigt sie den Menschen Maria. Die
Künstlerin thematisiert die stärkste Liebe, die es auf der Welt gibt: die zwischen einer
Mutter und ihrem Kind. Die ersten vor Schmerz verzehrenden Momente des Erkennens,
dass sie ihren Sohn verloren hat, sind vorbei. Nun, nach dem Tod Jesu, ist sie allein.
Anstoß zu diesem Werk war vermutlich die Pietà Michelangelos im Petersdom in Rom,
über die Käthe Kollwitz in dem Buch „Das Leben Michelangelos“ von Romain Rollands
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gelesen hatte, das nur wenige Jahre vor der Entstehung ihrer Pietà erschienen war. Sie
selbst ist auf dem Gebiet der Bildhauerei zeitlebens eine Autodidaktin geblieben. Zwar
hatte sie 1904 an der Académie Julian in Paris ein paar Grundlagen des plastischen
Gestaltens erlernt, begann jedoch mit ihrer Tätigkeit als Bildhauerin deutlich später als
mit der Grafik und der Malerei, in denen sie eine gründliche akademische Ausbildung
hatte. Großes Vorbild bezüglich der Plastik war vor allem Auguste Rodin, zu dem sie auch
persönlichen Kontakt hatte.1
Rund 60 Jahre nach der Entstehung dieses ca. 38 cm großen Werkes, kommt einem
weiteren, aber viermal so großen Abguss dieser Plastik eine besondere Funktion zu:
Helmut Kohl setzte sich im Jahre 1993 dafür ein, dass Käthe Kollwitz‘ Pietà in der Neuen
Wache in Berlin aufgestellt wurde. Anlass war die Einweihung der Neuen Wache als
zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und
Gewaltherrschaft.
Marliesa Komanns, Kunsthistorisches Institut der Universität Düsseldorf
1 Vgl. Gerhard Kolberg, „Käthe Kollwitz – Die Bildhauerin“, in: Peter Noelke(Hg.), „Kölner
Museums-Bulletin: Berichte und Forschungen aus den Museen der Stadt Köln“,
Sonderheft 1-2/1991, Köln 1991, S. 46-59.
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