ruhe - Biologische Station Östliches Ruhrgebiet

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ruhe - Biologische Station Östliches Ruhrgebiet
BIOLOGISCHE STATION ÖSTLICHES RUHRGEBIET
Vinckestraße 91
44623 Herne
Tel: 0 23 23/ 5 55 41 Fax: 0 23 23/ 5 13 60
www.biostation-ruhr-ost.de
Was macht der Frosch im Winter?
- Interessantes zu Winterschlaf, Winterruhe und Winterstarre -
Wenn der Winter vor der Tür steht, schaffen wir uns wärmere Kleidung an
und beginnen, unser Zuhause zu heizen.
Wir treffen alle möglichen Maßnahmen, um nicht zu frieren und den Winter
gut zu überstehen.
Doch nicht nur wir Menschen,
auch die Tierwelt bereitet sich
auf die kalte Jahreszeit vor.
Manche Arten verlassen ihre
Heimat und ziehen in wärmere
Gebiete, andere bekommen ein
dichtes Fell, um so der
klirrenden Kälte standzuhalten.
Ein weiteres, bekanntes
Phänomen der Anpassung
kennen wir als Winterschlaf und
Winterruhe: Die moderne
Biologie beschreibt diese Zustände als Ausprägungen des Torpor.
Hierbei werden Atmung, Herzschlag, Stoffwechsel und auch die
Körpertemperatur so weit gesenkt, dass kaum mehr Energie benötigt
wird.
1. Winterschlaf: Wirklich ein Schlaf ?
Die Begriffe Winterschlaf, Winterruhe und Winterstarre sind allgemein
verbreitet. Weniger bekannt ist, dass es sich dabei gar nicht um richtigen
Schlaf handelt, sondern um den so genannten Zustand Torpor.
Dieser unterscheidet sich bei den einzelnen Tieren zwar in Dauer und
„Tiefe“. Es gibt jedoch keine klaren Grenzen, die eine klare Unterteilung
in Winterschlaf, Winterruhe und Winterstarre zulassen. Diese Begriffe
beruhen hauptsächlich auf Beobachtungen. Letztendlich meinen alle drei
Begriffe aber dasselbe Phänomen Torpor, nur unterschiedlich
ausgeprägt.
Doch was für ein Phänomen ist das? Und in welcher Weise ist es
nützlich?
Der Torpor ist keine Reaktion auf die Kälte an sich, sondern auf den
daraus entstehenden Nahrungsmangel. Wie also kann es ein Tier
schaffen, über einen langen Zeitraum ohne Futter auszukommen?
Hierfür wird der gesamte Kreislauf heruntergefahren. Atmung und
Herzschlag verlangsamen sich, der Stoffwechsel wird herabgesetzt, und
die körpereigene Wärmeregulierung wird gedrosselt.
So atmet ein Igel im Winter statt 40 bis 50 Mal nur noch ein- bis zweimal
pro Minute, die Herzschlag-Frequenz verringert sich von ca. 200 Schlägen pro Minute auf nur noch fünf, und die Körpertemperatur fällt von
36°C auf 1° bis 8°C: Das Tier befindet sich im „Energiesparmodus“.
Dies macht es einigen unserer heimischen Arten möglich, über Wochen
oder sogar Monate komplett ohne oder mit nur geringer zusätzlicher
Nahrungsaufnahme zu überleben.
Gelegentliche Wachphasen kommen bei jedem „Winterschläfer“ vor.
Neben denen, die dabei auf Futtersuche gehen oder von ihrem vorher
angelegten Vorrat fressen, gibt es auch Arten, die lediglich aufwachen,
um die Schlafposition zu ändern und Darm und Blase zu entleeren.
Auch werden zwischen den Torpor-Phasen hin und wieder echte SchlafPhasen eingelegt. Aus welchem Grund, ist bisher noch nicht bekannt.
Wann und wie oft ein Tier aus dem Torpor erwacht, hängt weitestgehend
mit der Außentemperatur zusammen. Ist es zu kalt, ist automatisch
weniger Nahrung vorhanden: Würde das Tier nun aufwachen,
verbrauchte es mehr Energie, ohne dass neue nachgeliefert werden
könnte.
Gleichwarme Tiere halten ihre Körpertemperatur im Normalfall durch
Wärmeproduktion aufrecht. Arten mit einer Winterschlaf- oder Winterruhephase richten sich beim Einleiten des Torpors nach einer „inneren
Uhr“. Sie benötigen zudem einen gewissen Zeitgeber, wie zum Beispiel
fallende Temperaturen oder weniger Sonnenlicht. Dann wird der
energiesparende Zustand eingeleitet und die körpereigene
Wärmeproduktion aktiv herabgesetzt.
Bei wechselwarmen Tieren hingegen, deren Körpertemperatur von der
Umgebung abhängig ist, setzt dieser Zustand bei drastischer
Veränderung der Außentemperatur zwangsläufig ein.
Eine Ausnahme bilden hier zum Beispiel die Bienen, die durch
Muskelzucken Wärme erzeugen und so im Schwarm den Winter
überstehen.
2. Empfehlungen
Ich habe Frösche und Molche im Gartenteich. Was muss ich tun, damit sie über den
Winter kommen? Was könnte ihnen schaden?
•
Frösche und Molche, die im Wasser überwintern, halten sich
normalerweise am Teichgrund auf und vergraben sich dort im
Schlamm. Sauerstoff bekommen sie über die Hautatmung.
Abgestorbene Pflanzenreste im Wasser (z.B. Blätter) werden von
Zersetzern wie Bakterien unter Sauerstoffverbrauch abgebaut. Wir
empfehlen deshalb, übermäßiges Herbstlaub rechtzeitig von der
Teichoberfläche abzufischen: Zuviel totes, organisches Material
könnte sonst zu Sauerstoffmangel im Gewässer führen. Ist dies der
Fall, müssen die Tiere häufiger auftauchen, was bei vollständig
gefrorener Wasseroberfläche nicht möglich ist.
Durch Teichpflanzen, die aus dem Wasser herausragen, auch durch
ersatzweise gebündeltes Stroh, das am Teichrand in das Wasser
gesteckt wird, kann man dazu beitragen, dass die Oberfläche an
dieser Stelle weniger schnell gefriert bzw. früher wieder auftaut.
Aufgehackt werden sollte die Eisschicht jedoch nicht.
Ist der Teich weniger als 80cm tief, besteht zudem die Gefahr, dass
er vollständig durchfriert und die Tiere verenden.
Der Hund hat beim Graben im Komposthaufen einen Igel freigelegt. Was ist nun zu
tun?
•
Sieht der Igel groß und kräftig genug aus, kann er wieder in
„Winterschlaf“ gehen. Dazu kann der alte Platz genutzt werden,
solange sichergestellt ist, dass er noch ausreichend gepolstert ist
und der Igel nicht wieder gestört wird.
Zur Sicherheit kann man ihm trotzdem etwas Futter (KatzenNassfutter) und ein kippsicheres Schälchen mit Wasser bereit
stellen.
Sieht das Tier eher klein und abgemagert aus, sollte es mit ins Haus
genommen und aufgepäppelt werden. Wiegt es ca. 600g, sollte man
ihm an einem kühlen (!) Ort die Möglichkeit geben, noch einmal in
„Winterschlaf“ zu gehen.
Ist die frostige Zeit vorbei und ist in der freien Natur wieder
genügend Nahrung zu finden, sollte der Igel ausgesetzt werden.
Was soll ich mit Marienkäfern und anderen Insekten machen, die im Winter in
mein Haus/meine Wohnung kommen?
•
Insekten sollten im Winter aus der geheizten Wohnung in einen
kühlen, aber dennoch vor starkem Frost geschützten Bereich
umgesiedelt werden, zum Beispiel in den Keller oder das
Gartenhaus. Durch die Kälte verfallen die Tiere in den
notwendigen, energiesparenden Zustand und können so die
nahrungsarme Zeit überstehen. Verbleiben sie in der warmen
Wohnung, wird der Torpor nicht eingeleitet: Die Tiere würden bis
zum Frühjahr also verhungern.
Autorin: Lilly Eickenbusch (20 J., Studienpraktikantin)
BIOLOGISCHE STATION ÖSTLICHES RUHRGEBIET, Bochum/Herne 2011