3 Ergebnisse - Universitätsklinikum Münster
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Universitätsklinikum Münster Klinik und Poliklinik für Technische Orthopädie und Rehabilitation Leiter: Prof. Dr. H.H. Wetz Bericht der Klinischen Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel zum Prüfauftrag " Klassifikation von Schaftsystemen und Stumpfbettungen" an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Stand: 31. Januar 2008 Impressum Verantwortlich für den Inhalt: Univ.-Prof. Dr. med. H.H. Wetz Klinik und Poliklinik für Technische Orthopädie und Rehabilitation Robert-Koch-Str. 30, 48149 Münster Tel.: 0251 – 8356764, FAX: 0251 – 8356776 E-Mail: [email protected] Münster, im Januar 2008 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 2 Gliederung 1 Einleitung ………………………………………………………………………….. 6 1.1 Anforderungen an eine Oberschenkelprothese ………………………….. 6 1.2 Anforderungen an den Stumpf …………………………………………….. 6 1.3 Anforderungen an einen Schaft …………………………………………… 7 1.4 Tuberunterstützende und tuberumgreifende Schaftsysteme …………... 10 1.4.1 Aufbau eines Oberschenkelschaftes ………………………………. 10 1.4.2 Der tuberunterstützende Schaft …………………………………….. 11 1.4.3 Der tuberumgreifende Schaft ……………………………………….. 13 1.5 Die Entwicklung der Schaftformen für Oberschenkelprothesen ……….. 15 1.6 Schaftkonstruktionen und –materialien …………………………………… 18 1.6.1 Konstruktionstypen …………………………………………………... 18 1.6.2 Schaftmaterialien …………………………………………………….. 19 1.7 Liner …………………………………………………………………………... 19 1.8 Stand der Diskussion ………………………………………………………. 21 1.8.1 Klinischer Schaftvergleich …………………………………………… 21 1.8.2 Biomechanischer Schaftvergleich ………………………………….. 23 1.9 Bisherige Arbeiten der Klinischen Prüfstelle ……………………………... 24 1.9.1 Direkte Vergleiche ………………………………………………………… 24 1.9.2 Maßnahmen zur Qualitätssicherung ……………………………………. 25 1.10 Hypothesen zur Klassifikation von Schaftsystemen …………………… 25 2 Material und Methode ……………………………………………………………. 27 2.1 Inter-individuelle Studie …………………………………………………….. 27 2.1.1 Klinische Untersuchungen ………………………………………… 27 2.1.1.1 Retrospektive Versorgungsstudie ……………………….. 27 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 3 2.1.1.2 Befragung zur Versorgungssituation …………………….. 28 2.1.2 Biomechanische Untersuchungen ………………………………... 29 2.2 Intra-individuelle Studie …………………………………………………….. 30 2.2.1 Patienten …………………………………………………………….. 31 2.2.2 Versorgungskombinationen ……………………………………….. 33 2.2.3 Klinische Untersuchungen ………………………………………… 33 2.2.3.1 Handhabbarkeit …………………………………………….. 33 2.2.3.2 Variabilität der Fußlängsrichtung …………………………. 34 2.2.3.3 Patientenbefragung ……………………………………….. 35 2.2.4 Biomechanische Untersuchungen ………………………………... 35 2.2.4.1 Prothesenhub ………………………………………………. 35 2.2.4.2 Variabilität des Gangbildes ……………………………….. 36 2.2.4.3 Druckverteilung im Schaft …………………………………. 35 2.2.4.4 Beckenschiefstand und –neigung ………………………... 37 3 Ergebnisse ………………………………………………………………………… 38 3.1 Inter-individuelle Studie …………………………………………………….. 38 3.1.1 Klinische Untersuchungen ………………………………………….. 38 3.1.1.1 Retrospektive Untersuchung von Versorgungen nach Aktenlage (Versorgungsstatistik) ………………………… 38 3.1.1.2 Patientenbefragung ………………………………………... 49 3.1.1.3 Zusammenfassung der Ergebnisse der interindividuellen Studie ………………………………………. 57 3.1.1.4 Tragekomfort und Zufriedenheit ………………………….. 59 3.1.2 Biomechanische Untersuchungen …………………………………. 67 3.2 Intra-individuelle Studie …………………………………………………….. 70 3.2.1 Klinische Untersuchungen …………………………………………... 70 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 4 3.2.1.1 Handhabbarkeit der Schäfte ……………………………… 70 3.2.1.2 Variabilität der Fußlängsrichtung …………………………. 71 3.2.1.3 Befragung …………………………………………………… 71 3.2.2 Biomechanische Untersuchungen …………………………………. 74 3.2.2.1 Prothesenhub ………………………………………………. 74 3.2.2.2 Variabilität des Gangbildes ……………………………….. 74 3.2.2.3 Druckverteilung im Schaft …………………………………. 77 3.2.2.4 Beckenschiefstand und –neigung ………………………... 79 4 Disskussion ……………………………………………………………………….. 81 4.1 Hypothese 1 …………………………………………………………………. 81 4.2 Hypothese 2 …………………………………………………………………. 82 4.3 Hypothese 3 …………………………………………………………………. 83 4.3.1 Klinisch ………………………………………………………………… 83 4.3.2 Biomechanisch .............................................................................. 85 4.4 Hypothese 4 .......................................................................................... 87 4.5 Hypothese 5 ........................................................................................... 88 4.6 Hypothese 6 …………………………………………………………………. 88 4.7 Hypothese 7 …………………………………………………………………. 89 5 Zusammenfassung ……………………………………………………………….. 91 6 Literatur ……………………………………………………………………………. 93 7 Anhang …………………………………………………………………………….. 98 7.1 Fragebogen zur Untersuchung der Versorgungssituation ……………… 98 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 5 1 Einleitung Amputation bedeutet immer den irreversiblen Verlust eines Körperteils und somit den Verlust der körperlichen Integrität ohne die Möglichkeit einer vollständigen Kompensation durch eine prothetische Versorgung. Ein relevantes Maß der damit verbundenen Beeinträchtigung ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQL, siehe dazu Hagberg et al. 2001). Danach führt die Amputation zu einer Verringerung der Lebensqualität insgesamt, gehäuften Depressionen und sozialer Benachteiligung. 1.1 Anforderungen an eine Oberschenkelprothese Das Ziel jeder orthopädietechnischen Prothesenversorgung ist die Wiederherstellung der Funktion und des äußeren Erscheinungsbildes des verlorenen Körperteils. Dies lässt sich durch die folgende Auflistung von Anforderungen, die an eine Prothese, insbesondere für die untere Extremität, zu stellen sind, spezifizieren [Bieringer 2007]: • Längenausgleich • Kosmetik/Ästhetik • Haftung am Körper • Schmerzfreie Übertragung von Kräften und Momenten • Gebrauchssicherheit und Kontrolle der Bewegung 1.2 Anforderungen an den Stumpf Das Versorgungsergebnis verbessert sich entsprechend den Voraussetzungen, die der Stumpf des Amputierten mit sich bringt. Kuhn [1956] spricht hier von "Prothesenreife". Dazu gehört die freie, aktive Beweglichkeit in allen Bewegungsrichtungen, die in Zusammenarbeit mit den Physiotherapeuten erreicht werden sollte. Besonders leicht zu versorgen ist ein muskelaktiver Oberschenkelstumpf, der sich auch aktiv im Schaft verklemmen kann. Weiterhin sollte der Stumpf unempfindlich sein - Neurome erschweren die Stumpfeinbettung und mindern die Leistungsfähigkeit. Andernfalls kann eine operative Stumpfrevision erforderlich sein. Außerdem sollten sämtliche verbliebenen Muskeln des Stumpfes am Femur fixiert sein oder mit ihren Antagonisten zu einer Muskelschlinge verbunden sein. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 6 1.3 Anforderungen an einen Schaft Der Schaft ist ein wesentlicher Bestandteil - wenn nicht der wichtigste Bestandteil überhaupt - einer Prothese. Die moderne Modularbauweise von Prothesen erlaubt die Betrachtung des Schaftes unabhängig von dem Kniepassteil. Der vorliegende Bericht widmet sich dem Schaft für die Versorgung Oberschenkelamputierter. Ziel einer Versorgung ist ein optimaler Schaft. Wie noch ausführlich gezeigt wird, gibt es verschiedene Konzepte für seine Gestaltung. Um die Güte und Funktionalität eines Schaftes beurteilen zu können - und hierzu ist eine Prüfung unter Einbeziehung des Patienten erforderlich - liefert die ISO-Norm ISO/DIS 13405-2 eine Hilfestellung, indem sie die allgemeinen Anforderungen an einen Schaft wie folgt formuliert: 1. Support: Der Schaft soll axiale Kräfte zur Lastaufnahme übernehmen. 2. Stabilisation: Der Schaft soll horizontale Kräfte zur Steuerung der Prothese übernehmen. 3. Suspension: Der Schaft soll eine Haftung zwischen Stumpf und Prothese erzeugen. Bei den klinischen Anforderungen an einen Schaft besteht die Forderung, dass er groß genug ist, das komplette Stumpfvolumen aufzunehmen, aber eng genug die Prothese am Stumpf zu fixieren ohne die Blutzirkulation zu beeinträchtigen. Wichtig ist dabei die Beschaffenheit des Oberschenkelstumpfes und in welchem Maße der Schaft die individuellen Besonderheiten des Stumpfes berücksichtigt. Es ergibt sich die Forderung nach einer Stumpfbettung, die sowohl den anatomischen wie auch den funktionellen Gegebenheiten des Patienten entspricht. Ein Vollkontaktschaft mit maximal möglicher Endbelastung ist die Basis für ein optimales Versorgungsergebnis. Eine gute Passform des Schaftes und eine gute Haftung sind Voraussetzungen dafür, dass die von Müller et al. [1955] sowie Schede [1956] so bezeichnete "Stumpfpseudarthrose" so weit wie möglich reduziert wird. Mit dem Begriff Stumpfpseudarthrose ist gemeint, dass am Übergang zwischen Stumpf und Schaft nicht kontrollierbare Bewegungen auftreten können. Hierzu zählt an erster Stelle der Prothesenhub - auch "Pumpen" genannt - also eine longitudinale 7 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen Bewegung des Schaftes gegen den Stumpf in Abhängigkeit von der Belastung. Und zwar wird der Stumpf in der Standphase durch das Körpergewicht des Patienten in den Schaft hineingedrückt, während in der Schwungphase durch das Eigengewicht der Prothese der Stumpf aus dem Schaft herausrutschen kann. Aufgrund dessen verlängert sich das Prothesenbein in der Schwungphase, was zum Stolpern führen kann. Störend sind weiterhin das sogenannte "Shiften", also die Lateralbewegung zwischen Stumpf und Schaft und die Rotationsbewegung um die Longitudinalachse des Stumpfes - letztere Bewegung erfolgt besonders beim Fersenauftritt und Zehenabstoß. All diese Bewegungen des Schaftes gegenüber dem Stumpf machen unharmonische und kraftaufwändige Ausgleichsbewegungen des Patienten erforderlich. Die knöcherne Stumpflänge hat eine herausragende Bedeutung. Sehr kurze Stümpfe sind generell problematischer zu versorgen als lange Stümpfe. Das Stumpfvolumen, insbesondere wenn es größeren Schwankungen unterworfen ist, spielt weiterhin eine wichtige Rolle. „Problemstümpfe“ mit Narben, Hauttransplantationen, Neuromen, Exostosen und Prothesenrandknoten bereiten bei der Schaftherstellung spezielle Schwierigkeiten, ebenso wie Streckdefizite im Hüftgelenk, wenn diese durch Physiotherapie nicht beseitigt werden können. Eine Flexionsfehlstellung des Stumpfes ist im Aufbau der Prothese durch die Einbettung zu berücksichtigen. Dies hat Auswirkungen auf die Kosmetik und den Sitzkomfort; eine Vergrößerung der A-P-Weite lässt sich in der Regel allerdings nicht vermeiden. Auch eine verstärkte Beckenneigung (Beckenvorkippung) ist eine verbreitete Nebenerscheinung. Sie ist vielfach mit einer Haltungsschwäche verbunden. Eine Ursache dafür kann z.B. das jahrelange Tragen einer querovalen Schaftform mit Sitzbeinunterstützung sein, die ein beckenvorkippendes Moment hervorrufen kann. Ebenso begünstigt langes Sitzen mit sich dadurch verkürzenden Hüftbeugern diese Beckenposition. Das Becken dreht dabei im Stand um den Hüftdrehpunkt nach vorn, das Tuber ossis ischii wandert nach hinten oben, die Symphyse in Gegenrichtung dazu nach vorn unten. Es kommt hierdurch zu einer verstärkten Lordosierung im LWS-Bereich. Ein wichtiger Aspekt ist auch, wie lange und wie viel am Tag eine Prothese benutzt wird. Für die Aktivitäten des täglichen Lebens gehen Nichtamputierte typischerweise 1500 bis 13500 Schritte am Tag [Marsden et al. 1972]. Die kleinere Zahl wird Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 8 gleichzeitig als das für die Organisation eines selbständigen Lebens erforderliche Minimum angesehen. Für Amputierte liegen diese Zahlen [Holden et al 1987] deutlich niedriger und es wird eine Mindestzahl von 600 Schritten angesetzt. Mit zunehmendem Alter verringert sich diese Zahl weiter, und der Patient benutzt häufiger den Rollstuhl [Beekman et al. 1987]. Das bedeutet, dass der geriatrische Patient vermehrt sitzt und dass besonders für diesen neben dem Gehen und Stehen auch das Sitzen mit der Prothese von großer Bedeutung ist. Neben den Stumpfbedingungen, dem Alter und dem Allgemeinzustand sind als Faktoren für die Art des Prothesenschaftes zu berücksichtigen: • häusliche Umgebung und Versorgung • Begleiterkrankungen • Körpergewicht • Geschlecht Der Prothesenträger wünscht eine ausreichende Stabilität bei gleichzeitig maximal möglicher Beweglichkeit. Dies bedeutet, dass der Schaft gut am Stumpf fixiert ist und eine ausreichende Führung der Prothese erlaubt. Es sollte zu einer möglichst geringen Stumpfpseudarthrose kommen, da alle unkontrollierten Bewegungen den Amputierten beeinträchtigen. Die Handhabbarkeit ist ein Kriterium, das für den Prothesenträger mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnt. Dazu gehört, dass der Patient die Prothese selbständig an- und ausziehen kann. Ist er dazu nicht in der Lage, so ist die Abhängigkeit dabei von Anderen eine der Hauptursachen, warum ein ansonsten prothetisch gut versorgter Patient seine Prothese nicht nutzen kann oder will. Vielfach besteht auch der Wunsch nach einer perfekten Kosmetik, um den Verlust der Gliedmaße nach außen so wenig wie möglich sichtbar zu machen und auch subjektiv die Prothese als Extremität in das Körperschema zu integrieren. Lösungen hierzu werden bei Botta [1990] und Baumgartner [1997] beschrieben. Aus den oben geschilderten Kriterien wird offensichtlich, dass neben klinischen und biomechanischen Aspekten die Fertigung eines Schaftes sehr individuell und auf den Patienten zugeschnitten sein muss, wobei - wie gezeigt - viele Einflussgrößen bei der Herstellung eines Schaftes zu berücksichtigen sind. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 9 Die äußerst unterschiedlichen individuellen Arten von Oberschenkelstümpfen erfordern vom Techniker umfassende anatomische Kenntnisse und eine ausführliche Anamnese des Patienten. Es wird deutlich, dass die Maß-/Abformtechnik am Patienten, das systematische Vorgehen in der Analyse der Passform und nicht zuletzt die Beachtung der Aufbaukriterien Grundlage einer individuellen Versorgung sind. Somit zeigt sich, dass eine zufriedenstellende Versorgung im Sinne des Patienten nur in einem interdisziplinären Team möglich ist, angefangen von dem das Hilfsmittel verordnenden Arzt über die physiotherapeutische Behandlung bis hin zur technischen Versorgung. 1.4 Tuberunterstützende und tuberumgreifende Schaftsysteme 1.4.1 Aufbau eines Oberschenkelschaftes Um die Funktion des Oberschenkelschaftes zu beschreiben, bedient man sich im Allgemeinen der auf Hepp [1948] und Elle zurückgehenden Notation, die die drei Zonen: Schaftendbereich, Steuerungsbereich und Schafteintrittsebene vorsieht. Der Steuerungsbereich, der ca. 5-6 cm unterhalb der Stumpfeintrittsebene beginnt, und der Stumpfendbereich geben unabhängig vom Schaftsystem die anatomischen Strukturen des Stumpfes bei Vollkontakt wieder. Durch den benötigten Stumpfendkontakt wird zusätzlich die Muskelpumpe unterstützt beziehungsweise das Bodenkontaktgefühl verbessert. Dieses gilt grundsätzlich für alle Arten von Schaftsystemen. Die Gestaltung der Schafteintrittsebene ist allerdings für die Funktion des Schaftes von entscheidender Bedeutung [Sibbel 2003]. Funktional unterscheidet man heute zwischen zwei grundsätzlichen Schaftarten: 1. der tuberunterstützende Schaft 2. der tuberumgreifende Schaft Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 10 Tuberunterstützend Tuberumgreifend Abb. 1 Tuberunterstützender und tuberumgreifender Schaft für den gleichen linksseitig amputierten Patienten. Die Gangrichtung ist durch einen Pfeil gekennzeichnet. 1.4.2 Der tuberunterstützende Schaft Der tuberunterstützende Schaft wird auch als queroval oder quadrilateral [Hall 1964] bezeichnet. Desgleichen gibt es noch Varianten wie z.B. die Herz- oder Perineumform, die trotz leichter Formunterschiede alle eine Zweckformung haben, mit dem Ziel das Tuber ischiadicum auf dem dorsalen Schaftrand zu platzieren. Dort soll das Körpergewicht des Amputierten auf die Prothese übertragen werden. Damit das Tuber nicht in den Schaft hineinrutscht ist es notwendig, die hüftstreckende Muskulatur unter dem Sitzbein zu verdrängen und im Gegenzug im frontalen Bereich des Schaftes ein Widerlager zu schaffen, die so genannte Frontalpelotte. Deshalb muss der tuberunterstützende Schaft ein möglichst schmales Perineum und einen breiteren lateralen Anteil aufweisen, um die Muskulatur von medial nach lateral zu verdrängen. Grundsätzlich ist die Verdrängung der Weichteile im querovalen Schaft nicht ganz unproblematisch, da gerade im Bereich der Frontalpelotte sich das Trigonum femoralis befindet, wo sich neben dem Nervus auch die Vena und die Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 11 Arteria femoralis dicht unter der Haut befinden und somit außerordentlich druckgefährdet sind. Orthopädietechnisch gibt es deshalb einige Grundsätze zu beachten: • Der Tuberaufsitz muss immer horizontal gestaltet sein, um ein seitliches Verrutschen des Sitzbeins auf dem Prothesenrand zu verhindern. • Der frontale Schaftrand muss höher (ca. 25 mm) als der dorsale sein, um eine Beckenvorkippung zu vermindern. • Beide Schaftränder müssen besonders abgerundet sein, um den Druck auf die verdrängten Muskeln, Sehnenansätze und das Gefäßdreieck möglichst großflächig zu verteilen. • Bei einem Streckdefizit des Stumpfes muss der Verlauf der Tuberbank in der Horizontalen angepasst werden und der frontale Schaftverlauf mit der Frontalpelotte angeglichen werden. Abb. 2 Tuberunterstützender Schaft aus frontaler und lateraler Sicht mit schematischer Darstellung des Schaftrandverlaufs und der Frontalpelotte [Hall 1964]. Als Begründung für das Konzept des tuberunterstützenden Schaftes schreibt Ploetz [1956]: "Die natürliche Unterstützung des Körpers … muss durch das Kunstbein Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 12 mechanisch ersetzt werden. Da eine Abstützung des Kunstbeines am Femur nicht möglich ist, geht auch die natürliche Abstützung am Hüftgelenk verloren. Die Abstützung muss also an anderen Stellen erfolgen. Prädestiniert erscheint hierfür zunächst der Tuberbereich. Da eine feste Verbindung zwischen Stumpf und Schaft nicht erreicht werden kann, kommt es zur Ausbildung der sogenannten Pseudarthrose (Schede)". Weiter wird dort ausgeführt, dass eine Tragefläche im Tuberbereich von ca. 15 cm² erforderlich ist, um schmerzhafte Drücke oberhalb von 4 N/cm² zu vermeiden. Fehler, die der Orthopädietechniker bei der Herstellung des tuberunterstützenden Schaftes machen kann - und die offensichtlich auch häufig gemacht wurden - werden sowohl bei Ploetz [1956] als auch bei Kuhn [1956] pragmatisch beschrieben. Auch für Kuhn ist das Hauptproblem die Aufnahme der Körperlast. Ist die Lastverteilung nicht richtig, kommt es zu Zirkulationsstörungen, Anschwellung des Stumpfes, Atrophie der Muskulatur und Stauungsgeschwüren. Weiterhin wichtig ist, dass der Tubersitz in der vorderen Schaftwand ein genügendes Widerlager findet. Hier ist eine schwierige Balance herzustellen. Andernfalls kommt es zu Druckbeschwerden, Schwierigkeiten beim Sitzen und Durchblutungsstörungen. 1.4.3 Der tuberumgreifende Schaft Dem tuberumgreifenden Schaft, der aufgrund seiner Form auch längsovaler Schaft genannt wird, liegt eine komplett andere Philosophie als dem tuberunterstützenden Schaft zugrunde. Das Körpergewicht soll nicht knöchern über das Sitzbein, sondern großflächig von der gesamten Stumpfoberfläche in einem quasi hydrostatischen System vom Prothesenschaft aufgenommen werden. Dadurch ist es möglich den Stumpf in seiner anatomischen Form in den Prothesenschaft einzubetten ohne die Muskulatur unphysiologisch zu verdrängen. Zur besseren Prothesenführung in der Schwungphase und zur Vermeidung des Shiftings, also des Verschiebens und Verkippens des Schaftes nach lateral, wird der Tuber von medial Abb. 3 Schema eines tuberumgreifenden Schaftes Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 13 angestützt. Dabei ist vor allem die Kongruenz der Winkel des Tuber ischiadicum und der entsprechenden Sitzbeinumgreifung von großer Bedeutung. Als Widerlager der Tuberabstützung dienen die laterale subtrochantäre Anlage und eine großflächige frontale Weichteilanlage. Dadurch soll es zu einer Zentrierung der Bodenreaktionskräfte auf das Hüftgelenk kommen. Bereits Habermann [1958] und später Botta [2003] haben auf die Bedeutung der Kongruenz zwischen Stumpf- und Schaftvolumen hingewiesen: Schmerzen und Gewebeschädigungen in der Schafteintrittsebene werden nicht nur durch Druck, sondern auch durch Druck in Kombination mit Reibung hervorgerufen [Botta 1990]. Durch ihre knöcherne Blockierung, bestehend aus Ramusumgreifung und einer subtrochantären Anlage verringert die längsovale Schaftform eine Stumpf-SchaftPseudarthrose, kann sie jedoch nicht vollständig vermeiden, da die Haftung des Schaftes über die Weichteile des Stumpfes erfolgt. Je nach Beschaffenheit und Menge des umgebenden Weichteilgewebes kann die Bewegung des Femurs im Schaft stärker oder schwächer ausfallen. Dieses Problem soll jedoch beim tuberunterstützenden Schaft stärker auftreten als beim tuberumgreifenden Schaft [Baumgartner 1997]. Hierüber fehlen bisher allerdings ausreichend wissenschaftliche Studien. Modifikationen des tuberumgreifenden Schaftes werden als Narrow M-L, NSNA, CAT-CAM oder ischial-containment Schaft [Schuch 1988; Schuch und Pritham 1999] oder - in letzter Zeit besonders aktuell - als M.A.S. Schaft (Marlo-Anatomic-Socket) bezeichnet, wobei der Namensgeber nach seiner Schaftphilosophie nicht nur das Tuber, sondern den Ramus gleich mit in den Prothesenschaft einbettet [Gottinger 2005]. Grundsätzlich gilt für alle Modifikationen des tuberumgreifenden Schaftes: • Die dorso-medialen Anteile des Sitzbeinastes werden innerhalb des Schaftes mit eingefasst. • Das Tuber wird nicht vertikal angestützt. • Die Weichteile übernehmen hydrostatische Lastübertragungsfunktion durch Stabilisierung in a-p Richtung. Trotz der augenscheinlichen Überlegenheit des tuberumgreifenden Schafttyps werden immer noch zahlreiche Patienten mit tuberunterstützenden Schäften versorgt Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 14 und auch von der Fachwelt durchaus noch akzeptiert [Schuch 1999; Sibbel 2008]. Die Ergebnisse einer aktuellen Befragung der klinischen Prüfstelle von Oberschenkelamputierten und Statistiken der Bufa und des BIV bestätigen diese Einschätzung. 1.5 Die Entwicklung der Schaftformen für Oberschenkelprothesen Die Diskussion um die richtige, physiologische Form der Stumpfbettung findet sich in frühen Veröffentlichungen bei Schede [1919], Mommsen [1918], Riedl [1915] und Suchier [ca.1915]. In der Literatur finden sich darüber hinaus Hinweise und Empfehlungen zur richtigen Form der "Stumpfköcher" bereits bei J.G. Heine [ca. 1811], M. C. Eichler [ca. 1836] und Karpinsky [1881]. Eine Übersicht geben Knoche et al. [2005]. Bei der Schaftgestaltung verlangt Suchier schon 1915 eine trochanterumfasssende Schaftform: “...nach außen steigt die Schnittlinie so weit an, dass sie mindestens mit dem oberen Rand des Trochanter major anschließt .... je höher die Schnittführung umso größer die Sicherheit für den Träger.“ Dass die Schaftform unstrittig der physiologischen Funktion der Stumpfmuskulatur Rechnung tragen muss, betonen sowohl Schede [1919] als auch Gocht [1917]. Schede vertritt die Ansicht, dass bei der zu seiner Zeit vorherrschenden tuberunterstützenden Schaftform die Tuberbank den Drehpunkt des Hüftgelenks nach hinten verlagere, die Lendenwirbelsäule in die Lordose führe und der Muskelatrophie und Kontraktur Vorschub leiste. Er führt ferner aus, dass mit jeder Beckenaufrichtung, wie sie bei besonders muskelkräftigen Patienten während des Gehens stets zu finden ist, das Tuber ossis ischii von der Tuberbank in den Schaft herabgezogen werde und umgekehrt. Eine Tuberbank lehnt er aus diesen Gründen ab. Mit der Forderung, einen ventralen Schaftwulst – die Frontalpelotte - zu bilden, die den Stumpf nach hinten auf die Tuberbank drängt, um ein ständiges Hin und Her und Auf und Ab im Schede´schen Sinne zu vermeiden, hatten Görlach [1928] und Glasewald [1928] jedoch die theoretische Begründung für den querovalen Schaft gefunden. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 15 Nach der Einführung des „Saugschaftes“ 1933 und der Verwendung rigider Materialien wie z.B. Holz oder Kunststoff für die Schaftherstellung werden immer häufiger Probleme mit der tuberunterstützenden Schaftform berichtet. In seiner Monografie „Das Kunstbein messen und bauen“ legt J. Schnur [1952] sehr deutlich die für den Stumpf biomechanisch schädliche Funktion der Tuberbank dar. Dies wären unter anderem Erhöhte Druckerscheinungen Blockierung des Schrittrücklagevorganges Pseudarthrotische Wirkung Entstehung des Schubmomentes Entstehung von Prothesenrandgeschwüren Er forderte daher schon damals die Entwicklung einer „Sitzbeinmulde“. Auch Habermann zeigt 1958 die Probleme dieser Schaftform auf. In seiner Knud Jansen Lecture zur Eröffnung des ISPO Weltkongresses 1977 bestätigte C. W. Radcliffe allerdings den querovalen Schaft und differenzierte 3 Typen: 1) soft stump socket, 2) average musculature stump socket, 3) very muscular stump socket. Demgegenüber haben auf der Basis des NSNA-Schaftes (normal shape- normal alignment) von Long 1974 Lehneis mit dem APO- Schaft (anterior- posterior- oval) und Sabolich 1985 mit der „(Skeletal) Contured Adducted Trochanteric- Controlled Alignment Method“ ein neues Schaftsystem der Öffentlichkeit vorgestellt. Auf den Ideen Schnurs und anderer (Schede, Suchier, Riedl) aufbauend entwickelten sie ein tuberumgreifendes Schaftsystem, welches durch eine eher anatomische, längsovale Form die Weichteile nicht einzwängt. Durch die Lastübertagung mittels der Weichteile und die bekannte Dreipunktanlage des proximalen Schaftrandes soll das seitliche Wegrutschen der Prothese bei der Lastaufnahme vermieden und das Femur im Schaft in seiner physiologischen Adduktionsstellung gehalten werden. Das GefäßNervenbündel im Trigonum femorale soll so kaum erhöhtem Druck ausgesetzt werden und die Lastübertragung vom Bein zum Becken nicht mehr über das Sitzbein verlaufen, sondern über das anatomische Hüftgelenk, womit auch das Problem der Beckenkippung beim Tuberaufsitz gelöst wäre [Schnur 1952; zur Verth 1941]. 1985 stellten Christopher Hoyt et al. in der University of California Los Angeles Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 16 (UCLA USA) ein erstes lehrbares, didaktisch ausgearbeitetes Konzept dieser Schafttechnik vor. 1986 besuchte Kaphingst anläßlich einer Studienreise sowohl die NYU-Post Graduate Medical School, als auch das RUSK-Institut der NYU und John Sabolich in Oklahoma City (Original CAT-CAM - Konzept) und berichtete 1987 in Deutschland erstmals über diese SCAT-CAM und CAT-CAM-Schafttechnik und über erste vorsichtige Versorgungsversuche. 1989 berichtet Kogegei von den ersten Erfahrungen mit dieser neuen tuberumgreifenden Schaftform, erarbeitete an der Bundesfachschule eine strukturierte, lehrbare Technik und führte den Begriff "längsovale Schaftform" ein. Die Vorteile dieser Schaftform verbreiten sich im Handwerk. Botta greift die neue Technik auf, bleibt beim bekannten Material Holz und diskutiert schon ein Jahr später darüber, ob die querovale Schaftform noch vertretbar sei [Botta 1990]. Zur eindeutigen Abgrenzung der unterschiedlichen Schaftphilosophien prägen Fitzlaff und Kaphingst den Begriff "sitzbeinumgreifende Schaftform". Die heute synonym genutzten Bezeichnungen sitzbeinumgreifend und längsoval haben ihr sprachliches Entsprechung in sitzbeinunterstützend und queroval. Obwohl die Vorteile des neuen biomechanischen Konzeptes sich schnell zeigen und von anerkannten Kapazitäten der Prothetik (z.B. Habermann, Pohlig, Botta) die tuberumgreifende Schafttechnik bald fast ausschließlich eingesetzt wird, gibt es bis heute nur wenige Studien, die sich mit diesem Thema wissenschaftlich auseinandersetzen [Baumgartner 1997, Michael 1990, Pritham 1990, Radcliffe 1995]. Mit der Einführung der neuen tuberumgreifenden Schaftform sind auch neue Arbeitstechniken verbunden. Unter anderem werden zur Kontrolle der Passform während der Anprobe die Klarsichtschäfte eingeführt. Der Tragekomfort wird durch die Weiterentwicklung des ISNY-Schaftes zu Rahmen- und Containerschäften mit flexibler Randgestaltung verbessert. Mitte der 90er Jahre wird die SilikonlinerVersorgung, die sich in der Unterschenkelprothetik bereits etabliert hatte, auch im Bereich der Oberschenkelprothesenversorgung eingesetzt. Mit dem M.A.S.-Schaftsystem stellt Marlo Ortiz 2001 eine Weiterentwicklung des sitzbeinumgreifenden Schaftes vor, der aufgrund seines proximalen Schaftzuschnittes den Patienten einen großen Bewegungsspielraum lässt. Auch wegen des Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 17 besseren Gangbildes und seiner guten kosmetischen Eigenschaften ist der M.A.S.Schaft vor allem von Anwenderseite aktuell sehr gefragt [Piro 2006]. Eine Prothesenschaftlose direkte Verankerung der Passteile am Stumpf durch Osseointegration ist eine andere Technik, die in den letzten Jahren publiziert wurde [Hagberg 2005]. Elle hat bereits 1948 auf eine Methode von Dümmer-Pinnenberg hingewiesen, mit V2A-Edelstahlbolzen die Unterschenkelprothese zu verankern. Er glaubte, „das Problem der aufsteigenden Infektion scheint überwunden zu sein“. Baumgartner weist darauf hin, dass eine wissenschaftlich einwandfreie kritische Dokumentation der bisherigen Ergebnisse nicht greifbar sei. So wird auch in Zukunft die funktionelle Einheit zwischen Stumpf und Prothese die Herausforderung bleiben. 1.6 Schaftkonstruktionen und -materialien Die Konstruktion des Schaftes hat ebenfalls Einfluss auf den funktionellen Nutzen der Prothese. Dabei wird grundsätzlich unterschieden zwischen flexiblen und rigiden Schäften. Wobei die flexiblen Schäfte sich in 3 Konstruktionstypen einteilen lassen: Containerschaft, Rahmenschaft und ISNY- oder Spangenschaft. 1.6.1 Konstruktionstypen Der ursprünglich auf Össur Kristinsson zurückgehende ISNY-Schaft (Iceland, Schweden, New York) steht für den querovalen Spangenschaft. Die Bezeichnung wird allerdings mittlerweile auch für tuberumgreifende Schäfte gleicher Bauart benutzt, die aber kaum Verwendung finden. Er ist der Flexibelste unter den dreien, da ca. 2/3 des Außenschaftes gefenstert und somit freigelassen werden. Demzufolge muss der Innenschaft die nötige Stabilität bieten. Der Rahmenschaft hat noch mindestens einen kompletten proximalen Außenschaftring mit einer medialen und einer lateralen Verstrebung zur Kniegelenksaufnahme. Aufgrund des geschlossenen Systems kann der thermoplastische Innenschaft erheblich flexibler als beim ISNY-Schaft sein. Der Containerschaft ist normalerweise nicht gefenstert und bietet dem Amputierten in erster Linie einen komfortablen Schaftrand durch einen überstehenden weichen Innenschaft und den im Randverlauf gekürzten Außencontainer. Demgegenüber ist der rigide Schaft überall fest und variiert nur beim Material. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 18 Welcher Konstruktionstyp für welchen Patienten eingesetzt wird, hängt von verschienen Faktoren ab. Je flexibler eine Prothese am proximalen Schaftrand ist, umso größer ist der Komfort beim Sitzen aber auch beim Gehen und Stehen. Patienten mit muskulösen Stümpfen empfinden flexible Schäfte, die das Muskelspiel bei Bewegung zulassen, als angenehm. Allerdings gibt ein rigider Schaft den nötigen Halt insbesondere bei kurzen oder muskelschwachen Stümpfen. Somit gilt: So flexibel wie möglich, aber so rigide wie nötig. 1.6.2 Schaftmaterialien Die flexiblen Schäfte werden in der Regel mit einem tiefgezogenen, thermoplastischen Innenschaft versehen, dessen Flexibilität von den Eigenschaften des Rohmaterials abhängig ist, das je nach Bedarf vom Orthopädietechniker ausgewählt wird. Über diesen Innenschaft wird ein rigider Außenschaft in Carbonfaserverbundtechnik gegossen und entsprechend der gewünschten Schaftflexibilität freigelegt. Auch bei definitiven Versorgungen mit rigiden Schäften kommen zunehmend gegossene Kunststoffschäfte in Carbonfaserverbundtechnik zur Anwendung, die wegen ihres geringen Gewichtes einerseits und der Fertigungsmöglichkeit über ein Gipspositiv Holzschäfte in der Beinprothetik zeitweise fast verdrängt haben. Aufgrund seiner wärmeregulierenden und hautfreundlicheren Eigenschaften sowie besserer Nachbearbeitungsmöglichkeiten ist aber auch das Material Holz immer noch aktuell. Wichtig ist, dass sich Orthopädietechniker und verordnender Arzt mit den Eigenschaften der verwendbaren Materialien auskennen und nach den speziellen Patientenbedürfnissen entscheiden. 1.7 Liner Linergestützte Schaftsysteme z. B ICEROSS – Schäfte (ICEland Roll Over Socket System) kamen von der Anwenderseite, und zwar über den Behindertensport, wo sie neben einer formschlüssigen und hochhaftenden Verbindung zwischen Stumpf und Prothese die Teilnahme der Behinderten an Sprung- und Laufdisziplinen mit Prothese erst ermöglichten, in die Routineversorgung Behinderter. Der Vorteil der Linersysteme liegt nicht nur in der hohen Haftung, sondern auch in der Verlagerung der wirkenden Scherkräfte weg vom Übergang Schaft/Haut hin zum Übergang Schaft/Liner. Auch die Stumpfpseudarthrose wird von der Haut weg zu einer Bewegung zwischen Liner Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen und Schaft. Dies wissen nicht nur sportliche 19 Prothesenträger, bei denen es zu hohen Scherkräften und damit zu Belastungen des Stumpfes kommt, zu schätzen, sondern auch ältere Patienten und insbesondere Patienten mit Hautproblemen. Einigen Linern sind daher inzwischen Pflegeemulsionen eingearbeitet, die - nach Herstellerangaben - auch hautpflegende Eigenschaften haben sollen. Eine unabhängige Studie hierzu fehlt allerdings. Da Liner das selbstständige Anziehen der Prothese erleichtern, sind sie für geriatrische Patienten oftmals von Vorteil [Piro 2003]. Ein besonderer Vorteil ist, dass die Prothese im Sitzen angezogen werden kann. Somit können ältere und alleinstehende sowie doppelt oberschenkelamputierte Patienten mit einem Liner das An- und Ausziehen ihrer Prothese ohne fremde Hilfe zuverlässig erlernen und durchführen. Durch die Kompression des Stumpfes durch einen Liner können vorhandene Narben im Laufe der Zeit weicher und flacher sowie das Stumpfvolumen stabilisiert werden. Liner werden somit als Übergangs- bzw. Verbindungselemente zwischen dem Oberschenkelstumpf und dem Schaft eingesetzt, wenn folgende Aufgaben zu erfüllen sind: • Verbesserte Fixierung der Prothese am Stumpf • Schutz des Stumpfes • Ausgleich lokaler Kraftspitzen auf den Stumpf • Vereinfachtes Anziehen der Prothese • Stabilisierung des Stumpfvolumens. Liner sind in verschiedenen Ausführungen zu erhalten, je nach Bedarf des Anwenders und der Aktivitätsklasse. Dabei stehen der hohe Tragekomfort und die einfache Anwendung im Vordergrund. Als Materialien stehen zur Auswahl • Silikon für alle hauptsächliches Aktivitätsklassen, Anwendungsgebiet: bei schwierigen Stumpfformen; Oberschenkelstümpfe; Stumpfkom- pression, auch wenn keine Prothese getragen wird. • Co-Polymer für niedrige und mittlere Aktivitätsklassen, insbesondere bei trockener Haut. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 20 • Polyurethan für alle Aktivitätsklassen; bei geringer Weichteildeckung des Stumpfes oder empfindlicher Haut mit Narbengewebe. Hauptsächliches Anwendungsgebiet sind Unterschenkelstümpfe. Es besitzt fließende Eigenschaften und ist somit ideal bei Druckschmerzen. 1.8 Stand der Diskussion 1.8.1 Klinischer Schaftvergleich In den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg ist der tuberunterstützende Schaft die Versorgung der Wahl [Thomsen und Rost 1956; Kuhn 1956, Ploetz 1956]. In der hauptsächlich englischsprachigen Literatur der letzten Jahrzehnte (Donovan et al. 1987, Schuch 1988, Schuch und Pritham 1999, Huang et al. 2001) werden Indikationen für den tuberumgreifenden CAT-CAM Schaft einerseits und den tuberunterstützenden quadrilateralen Schaft andererseits gegeben. Die auf dem ISPO-Congress in Glasgow 1987 mehrheitlich vertretene Meinung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es gibt keine spezifische Kontraindikation für eine der beiden Schaftformen. Eine erfolgreiche Versorgung mit einem tuberunterstützenden Schaft sollte nicht auf einen tuberumfassenden Schaft umgestellt werden. Ein guter Sitz eines tuberunterstützenden Schaftes wird besonders bei langen, festen Stümpfen mit intakter Adduktoren-Muskulatur erreicht. Umgekehrt werden CAT-CAM Schäfte besser an kurze, "fleischige" unstabile Stümpfe angepasst. Tuberumgreifende Schäfte werden für Sportler (insbesondere Laufsport) empfohlen. Es kann keine Empfehlung für beidseitig Oberschenkelamputierte gegeben werden. Schuch geht 1999 noch weiter und präzisiert diese Empfehlungen wie folgt: Beidseitig Oberschenkelamputierte bevorzugen meist tuberumgreifende Schäfte. Tuberunterstützende Schäfte sind bei langen Stümpfen besonders erfolgversprechend. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 21 Je besser der Adductor-Muskel ist, desto mehr spricht für den tuberunterstützenden Schaft. Tuberunterstützende Schäfte sind für geriatrische und verwirrte Patienten zu empfehlen, da diese mit Stock oder Rollator gehen und dadurch die Anforderungen an die Becken- und Rumpfstabilität in der mittleren Standphase an Bedeutung verlieren. Für den ultrakurzen, fleischigen und rotationsinstabilen Stumpf haben tuberumgreifende Schäfte gegenüber tuberunterstützenden Schäften Vorteile, insbesondere wenn die Versorgung mit einem tuberunterstützenden Schaft zuvor misslungen ist. Für den tuberumgreifenden Schaft sprechen weiterhin der Komfort, die erhöhte Sicherheit, die größere Kontaktfläche und zudem die bessere Haftung. Dass ein langer Stumpf und eine gute Muskulatur für einen tuberunterstützenden Schaft sprechen, wird in der deutschsprachigen Literatur nicht unterstützt, es finden sich aber auch keine Diskussionsbeiträge dazu. Bezüglich geriatrischer Patienten verglich Kickinger [1993] zwei Gruppen von betagten Patienten (jeweils ca. 25 Patienten). Eine Gruppe war mit tuberunterstützenden Schäften, die andere mit tuberumgreifenden Schäften versorgt worden. Er kam zu folgendem Ergebnis: Die Gehleistung bei den tuberumgreifend versorgten Patienten war deutlich besser. Deutlich mehr Patienten (15 gegenüber 9) waren mit der Passform der tuberumgreifenden Schäfte zufrieden. Gerade für geriatrische Patienten mit schlechter Weichteildeckung des Tuber oder schlechten Narbenverhältnissen bietet der tuberumgreifende Schaft erhebliche Vorzüge. Für geriatrische Patienten, insbesondere solche mit Durchblutungsstörungen, ist der tuberumgreifende Schaft nach Ansicht von Piro [2003] ohne Alternative. Allerdings, so stellt Kokegei in einer Umfrage unter Orthopädie-Technikern fest, sieht die Versorgungsrealität anders aus: 76% der über 60-Jährigen sind tuberunterstützend versorgt. Als Anziehhilfe wird - obwohl in der Handhabbarkeit nicht ganz einfach - in 50% der Fälle ein doppelwandiges Segeltuch (Quick-Fit) eingesetzt. Allerdings Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 22 erlaubt die Tatsache, dass Anziehhilfen benutzt werden, keine Aussage darüber, ob der Schaft passgerecht oder zu eng bzw. zu weit ist. Gottschalk et al. [1989] weist auf die Bedeutung einer richtigen Operationstechnik hin. Wenn die Adduktoren-Plastik unzureichend ist, kann die Lage des Femurs in physiologischer Adduktionsstellung weder durch einen tuberunterstützenden noch tuberumgreifenden Schaft erreicht werden. Baumgartner [1997] weist bei tuberunterstützenden Schäften auf die Gefahr einer Behinderung der Blutzirkulation durch die Arteria femoralis hin, die im Bereich des Scarpa-Dreiecks durch die vordere Schaftwand abgedrückt wird. Das impliziert, dass der geriatrische Patient, der für Minderdurchblutung eher anfällig ist, besser mit einem tuberumgreifenden Schaft versorgt werden sollte. Dies mag auch eine Ursache dafür sein, dass Kickinger (s.o.) bei geriatrischen Patienten dem tuberumfassenden Schaft eine erhöhte Leistungsfähigkeit in Form einer längeren Gehstrecke attestiert. Sibbel fasst 2006 noch einmal die Vorteile des tuberumgreifenden Schaftes wie folgt zusammen [Sibbel 2006]: Keine Verdrängung der Muskulatur in m-l-Richtung, damit Erhalt der physiologischen Form des Oberschenkels Keine Frontalpelotte und damit auch keine Druckausübung im sog. „Scarpa´schen Dreieck“ physiologische Durchblutungssituation kein Auftreten beckenvorkippender Momente keine Inkongruenz zwischen Schaft und Tuber ischiadicum in der prothesenseitigen Schrittvorlage Zentrierung der Bodenreaktionskräfte Trotz der offensichtlichen Überlegenheit des tuberumgreifenden Schafttyps werden immer noch zahlreiche Patienten mit tuberunterstützenden Schäften versorgt. 1.8.2 Biomechanischer Schaftvergleich Biomechanische Messungen zur Analyse der Schaftform wurden direkt nach dem 2. Weltkrieg in den USA durchgeführt [Eberhardt 1947] und beschäftigten sich - wenn auch nicht primär - mit dem Vergleich verschiedener Schaftformen. In Deutschland wurden an tuberunterstützenden Schäften Druckverteilungsmessungen [Hettinger Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 23 1955] und Messungen zur Stumpfpseudarthrose [Müller et al. 1955] zum besseren Verständnis der Funktion dieser Schaftform durchgeführt. Diese Untersuchungen wurden erst in jüngster Zeit fortgesetzt. Ein biomechanischer Vergleich eines tuberunterstützenden und tuberumgreifenden Schaftes am gleichen Patienten auf der Grundlage von Druckverteilungsmessungen wurde in Strathclyde geplant, aber nicht verwirklicht [Lee et al. 1997]. Ansonsten sind direkte biomechanische Vergleiche zwischen den beiden Schaftformen nicht bekannt [Mak et al. 2001]. 1.9 Bisherige Arbeiten der Prüfstelle Die Klinische Prüfstelle legte im Juni 2004 einen Bericht vor, in dem eine historische und systematische Darstellung der verschiedenen in Deutschland anzutreffenden Schaftsysteme gegeben wurde und in dem die Versorgungspraxis der letzten Jahre in der Klinik für Technische Orthopädie analysiert wurde. Diese Untersuchung beinhaltete jedoch keine klinischen und biomechanischen Prüfergebnisse, die auf einem direkten Vergleich der beiden Systeme beruhen. 1.9.1 Direkte Vergleiche Deshalb wurde mit dem Bundesministerium vereinbart, die Prüfung um einen direkten Vergleich zu erweitern. Dieser Vergleich wurde methodisch sowohl als interindividueller Vergleich als auch als intra-individueller Vergleich ausgelegt. Im ersten Fall handelte es sich um eine Statistik über die in der Klinik für Technische Orthopädie in den letzten Jahren durchgeführten Versorgungen (Versorgungsstatistik), die gezielte Befragung von Amputierten mit Schwerpunkt Kriegsversehrte („Fragebogenuntersuchung“) und um die Zusammenstellung von biomechanischen Beobachtungen zum Zweck einer Gegenüberstellung von tuberumgreifenden und tuberunterstützenden Schäften („Biomechanische Untersuchungen“). Für den intra-individuellen Vergleich mussten Patienten sowohl mit einem tuberumgreifenden als auch mit einem tuberunterstützenden Schaft versorgt werden. Ein erster Versuch, aus Gründen der Reproduzierbarkeit hier auf die Maßkonfektion der Industrie zurück zu greifen, scheiterte: bei 5 Patienten war genau nach den Richtlinien des Herstellers (im Beisein eines Firmenvertreters) Maß genommen worden, und anschließend 5 mal 2 Schaftrohlinge zur Feinanpassung angeliefert worden. Allerdings eigneten sich nur 3 der insgesamt 10 Schaftrohlinge als Ausgang für die Herstellung eines geeigneten Schaftes. Daraufhin wurde das Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 24 Konzept dahingehend umgestellt, dass die jeweils zwei zu vergleichenden Schäfte vom Orthopädietechniker der klinischen Prüfstelle hergestellt wurden. Beide Versionen wurde gleichermaßen entweder mit oder ohne Liner gefertigt. Bei einem Patienten wurden 4 Versionen hergestellt: zwei ohne und zwei mit Liner. 1.9.2 Maßnahmen der Qualitätssicherung Die Erfahrungen mit der unzureichenden Qualität bei der industriellen Produktion von Schaftrohlingen hat deutlich gemacht, dass die Frage der Qualitätssicherung zentrale Bedeutung hat. Dies hat zu einem verstärkten Engagement der Klinischen Prüfstelle auf diesem Feld geführt, so dass es im Mai 2007 zur Gründung eines Arbeitskreises "Qualität von Oberschenkel-Schaftsystemen" kam. Die Gründung fand in der Klinischen Prüfstelle statt. Teilnehmer waren und sind Vertreter des MDK, der Bundesfachschule für Orthopädietechnik und der Klinischen Prüfstelle. Ziel ist die Erarbeitung von Richtlinien für die Qualitätssicherung von Schäften. Die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen, hat aber schon ihren Niederschlag in der Durchführung des Prüfauftrages gefunden. Umgekehrt haben die im Rahmen des Prüfprojektes gemachten Erfahrungen Auswirkungen auf den Arbeitskreis gehabt. 1.10 Hypothesen zur Klassifizierung von Schaftsystemen Die Hypothesen, die hier als Gerüst für eine Klassifikation aufgestellt werden, sind: 1. Aufgrund der historischen Entwicklung: • Der tuberunterstützende Schaft ist bei Kriegsversehrten und Langzeitamputierten die Regelversorgung. • Der tuberumgreifende Schaft ist die Versorgung der Wahl bei Neuversorgungen. 2. Aufgrund klinischer und biomechanischer Gründe: • Klinisch und biomechanisch überwiegen die Vorteile des tuberumgreifenden Schaftes. • Patienten, denen die Möglichkeit gegeben wird, beide Systeme gegeneinander zu testen, werden in der Regel dem tuberumgreifenden Schaft den Vorzug geben. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 25 • Patienten mit tuberunterstützenden Schäften, insbesondere Geriatriker und Kriegsversehrte, können von einem tuberumgreifenden Schaft profitieren, wenn sie das System akzeptieren. • Patienten mit kurzen und/oder problematischen Stümpfen können in besonderem Maß von einem tuberumgreifenden Schaft profitieren. • Liner bieten klinische Vorteile und erleichtern die Handhabbarkeit einer Prothese. Die Fragen, die sich für die Klinische Prüfstelle aus dem Prüfauftrag und aus diesen Hypothesen ergeben und untersucht werden sollen, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Klinisch: • Gibt es für einen speziellen Schafttyp bezüglich o Alter und Aktivitätsklasse o Stumpfqualität und Muskelkraft o Belastbarkeit der Haut und der Weichteile bevorzugte Indikationen? • Gibt es Indikationen und Gegenanzeigen für Liner? Orthopädietechnisch: • Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Schafttypen beim Stehen, Gehen und Sitzen? • Gibt es Differenzierungen bezüglich der Stumpflänge und des Stumpfvolumens? Biomechanisch: • Lassen sich die postulierten Auswirkungen der verschiedenen Schaftformen bezüglich o Stumpfpseudarthrose o Beckenstellung o Druckverteilung im Stumpf verifizieren? Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 26 2 Material und Methode Im Rahmen des Prüfauftrages wurden klinische, orthopädietechnische und biomechanische Untersuchungen zur Klassifizierung der Schaftsysteme unter Berücksichtigung von Linersystemen durchgeführt. Methodisch ergibt sich folgende Einteilung: • Inter-individuelle Untersuchungen • Intra-individuelle Vergleichsstudien Inter-individuelle Untersuchungen erlauben naturgemäß, eine große Patientenvielfalt zu erfassen. Die Fragen, die auf diese Weise beantwortet werden können, sind jedoch mit einer größeren statistischen Unsicherheit behaftet, als das bei intraindividuellen Untersuchungen der Fall ist. Letztere Art der Untersuchung wird allerdings durch die hohen Anforderungen an die Kooperationsbereitschaft der Patienten begrenzt, die bei der vergleichenden Studie sich zu einer ausgedehnten Serie von Anpassterminen, Eingewöhnungsphasen und Untersuchungen bereit finden müssen. Gleichzeitig ist auch auf der Seite der Prüfstelle ein erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich, um die Vergleichsversorgungen für diese Patienten bereit zu stellen und die entsprechenden Messungen durchzuführen. 2.1 Inter-individuelle Studie Diese umfassen klinische wie biomechanische Untersuchungen. 2.1.1 Klinische Untersuchungen Hier wurden 2 Untersuchungen durchgeführt: • Retrospektive Versorgungsstudie ("Versorgungsstatistik") • Befragung zur Versorgungssituation ("Fragebogenaktion") 2.1.1.1 Retrospektive Versorgungsstudie Eine retrospektive klinische und orthopädietechnische Studie wurde durchgeführt, in der alle Versorgungen von oberschenkelamputierten Patienten der Klinik für Technische Orthopädie im Zeitraum zwischen Juli 2003 und Juli 2005 berücksichtigt werden. Eine zusätzliche Statistik bezüglich der Liner-Versorgungen der Klinik im Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 27 Zeitraum zwischen Juli 2006 und Dezember 2007 wurde integriert. Ziel der beiden Untersuchungen war es, die Versorgungspraxis der Klinik zu dokumentieren. Diese Statistik wird erweitert durch die Patienten vorangegangener Prüfaufträge. Insgesamt wurden 190 Patienten erfasst. Dazu wurden - wenn möglich - aus den Krankenakten der Klinik die folgenden Merkmale erhoben: • Person (Name, Geburtsdatum, Geschlecht) • Anthropometrisch (Größe, Gewicht) • Amputation (Seite, Datum, Niveau, Ursache) • Stumpf (Revision/Anzahl/Grund/ Weichteildeckung, Narben, Druckstellen, Auffälligkeiten/Probleme) • Aktivitätsklasse • Begleiterkrankungen • Orthopädietechnische Versorgung (Verordnungsdatum der aktuellen Prothese, Schaftsystem, Material, Kniepassteil, Prothesenfuß, Besonderheiten, ggf. Begründung für tuberunterstützenden Schaft) • Liner (ggf. Verordnungsbegründung, Typenbezeichnung, Besonderheiten, Verschlusssystem) • Wie kommt der Pat. mit dem Liner zurecht? • Vorversorgung (anderer Schaft? mit/ohne/anderer Liner? subjektiver Vergleich mit anderem Schaft - falls ersichtlich) • Systemwechsel (Datum, Begründung, Effekt) Die Auswertung der relevanten Daten erfolgte mit Methoden der descriptiven Statistik (Voß et al. 2000), insbesondere mit der Methode der Vierfeldertafel-Analyse (χ² Analyse). 2.1.1.2 Befragung zur Versorgungssituation Die Befragung von oberschenkelamputierten Patienten hatte das Ziel, die Versorgungssituation insbesondere bei Kriegsversehrten auch außerhalb der Klinik einschätzen zu können. Ein von der Klinischen Prüfstelle entwickelter Fragebogen (s. Anhang 7.1) zur Schaftversorgung wurde in einem Vorlauf in der Klinik für Technische Orthopädie ausgegeben und anschließend an verschiedene Orthopädische Versorgungsstellen Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 28 verschickt. Erfragt wurde neben den unter 2.1.1.1 gelisteten Merkmalen unter Anderem: • Anziehtechnik • Zufriedenheit mit dem vorhandenen System (im Gehen, Stehe, Sitzen) • Zufriedenheit mit der Handhabbarkeit • Zufriedenheit mit der Versorgung allgemein • Schaft- und Prothesenprobleme (Schwitzen, Volumenschwankungen) • Rotationsinstabilität der Prothese • Druck und Scheuerstellen Insgesamt konnten 60 Rückläufer ausgewertet werden Die statistische Auswertung erfolgte mit Methoden der descriptiven Statistik 2.1.2 Biomechanische Untersuchungen Damit innerhalb einer inter-individuellen Studie statistisch signifikante Aussagen getroffen werden können, muss das zur Verfügung stehende Patientenkollektiv ausreichend groß sein. Insbesondere müssen die Gruppen mit tuberumgreifenden Schäften und tuberunterstützenden Schäften in den Parametern, die in den Vergleich eingehen, also beispielsweise Alter oder Amputationsdauer, ähnlich sein, um kinetische oder kinematische Daten vergleichen zu können. Eine Sonderstellung hat hier die Untersuchung der Stumpfpseudarthrose. Für sie gilt, dass sie generell möglichst klein sein sollte, unabhängig von den übrigen Parametern. Eine Komponente der Stumpfpseudarthrose, nämlich der Prothesenhub ist von besonderer Bedeutung und hat hinsichtlich Tragekomfort, Gangbild und Beckenstand große Bedeutung. Diese Komponente wurde daher auch inter-individuell untersucht und verglichen. Zur Auswahl standen insgesamt 23 Patienten mit tuberunterstützenden Schäften und 35 Patienten mit tuberumgreifenden Schäften. Um zu diesem Teil der Studie zugelassen zu werden, mussten folgende Bedingungen erfüllt sein. der Schaft muss passgerecht sein der Schaft muss eine deutliche Tuberumgreifung bzw. eine deutliche Tuberunterstützung aufweisen der Schaft darf nicht zusätzlich gesichert sein (z.B. durch Bandagen) Messung mit den Vicon-System muss durchgeführt werden können Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 29 Abb. 4 gemessene Hüftwinkel (rechts/links) eines Probanden. Eingekreist der Zeitpunkt während des Gangzyklus, an der die Messung der Länge der prothetisch Versorgten Seite durchgeführt wurde Das Vicon-System besteht aus 6 Vicon V460 Kameras in Kombination mit 2 Kistler Kraftmessplatten. Zunächst wurde mit Hilfe der Kameras die Länge des prothetisch versorgten Beins in der mittleren Standphase (ca. 20-30% des Gangzyklus) gemessen, wenn die Prothese unter Last steht. Diese Messung findet in Neutral-NullStellung statt. Als nächstes wird die Länge der prothetisch versorgten Seite gemessen, wenn der Hüftwinkel in der Schwungphase bei ca. 70-80% des Gangzyklus wieder denselben Flexionswinkel erreicht hat (Abb. 4). Die Differenz zwischen diesen beiden Längen ergibt dann den Prothesenhub [Wühr 2007]. 2.2 Intra-individuelle Studie Bei den intra-individuellen Untersuchungen wurden insgesamt 6 Patienten vermessen. Für diese Patienten wurden in der Regel zwei, in einem Fall vier verschiedene Schäfte gebaut. Nach der Anpassung wurde den Patienten eine Zeit von 1- 3 Wochen gegeben, um sich an den jeweiligen Schaft zu gewöhnen und eventuell orthopädietechnische Modifikationen durchführen zu können. Erst dann wurden die klinischen und biomechanischen Messungen durchgeführt. Alle Schäfte, waren Klarsichtschäfte aus demselben Material. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 30 2.2.1 Patienten Im Folgenden werden die einzelnen Patienten kurz bezüglich ihrer medizinischen sowie orthopädietechnischen Befunde vorgestellt. Patient J.V. (Geboren 1986, Amputation links 2005 ): Frau V. wurde im distalen Drittel wegen Gasbrand amputiert. Der Stumpf weist ausgedehnte Meshgraftdeckung auf und am Stumpfende sind Exostosen tastbar. Diese sind reizlos und führen wie auch die Meshgraftdeckung zu keiner Einschränkung der Belastbarkeit. Der Stumpf weist keine weiteren problematischen Narben auf. Die Patientin ist adipös, daher hat der Stumpf eine übermäßige Weichteildeckung. Volumenschwankungen werden von der Patientin nicht angegeben. Die Vorversorgung besteht aus einem tuberumgreifenden Schaft mit Liner. Patient A.E. ( Geboren 1934, Amputation links 1995 ): Herr E. wurde aufgrund von Durchblutungsstörungen im mittleren Drittel des Oberschenkels amputiert. Der Patient hat eine leichte PAVK und eine Altershaut mit Neigung zum Ekzem. Darüber hinaus ist der orthopädische Gelenk- und Muskelbefund altersentsprechend. Der Stumpf weist keine problematischen Narben auf und ist voll belastbar. Die Weichteildeckung ist ausreichend. Der Patient gibt an, dass es im Verlauf des Tages zu kleineren Volumenschwankungen kommt. Seine Vorversorgung besteht in einem tuberumgreifenden Haftschaft. Bei den folgenden Patienten handelt es sich um Patienten mit so genannten Problemstümpfen, bei denen besondere Anforderungen an die Schaftgestaltung bestehen: Patient D.M. (Geboren 1953, Amputation links 2001 ): Bei Herrn M. musste in der Folge eines Osteosarkoms sowie wiederkehrender Fistelungen der Oberschenkel im proximalen Drittel amputiert werden. In der Folge entwickelte sich eine Streckhemmung von etwa 20°, der kurze kegelige Stumpf (Abb. 5) neigt zudem zu starken Volumenschwankungen. Der Stumpf weist reizlose Narben auf, die dorsal eingezogen sind. Der Patient ist adipös, so dass der Stumpf zusätzlich einen großen Weichteilüberhang aufweist. Ansonsten ist der Stumpf voll belastbar, es sind keine Neurome vorhanden und er besitzt intakte Hautverhältnisse. Seine Vorversorgung ist ein tuberumgreifender Schaft mit Liner. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 31 Abb. 5 Auszug aus dem Krankenblatt von Patient D.M. Patient K.Z. (Geboren 1946, Amputation links 1970 ): Der wegen eines Traumas amputierte Herr Z. besitzt eine mittlellangen Stumpf mit 25° Beugekontraktur. Seine Vorversorgung bestand aus einem nicht passgerechten tuberunterstützenden Holzschaft. Aufgrund häufiger Scheuerstellen in der Leiste, „Weißwerden“ des Stumpfes im Schaft und dem Gefühl das der Stumpf „einschläft“ wurde versorgungsärztlich eine Änderung der Schaftform auf eine tuberumgreifende Form angeordnet. Jedoch zeigte sich keine wesentliche Besserung der „Einschlaf“Symptomatik. Die Ursache war eine bei der Primärdiagnostik übersehene fortgeschrittene PAVK der A. iliaca externa u. A. femoralis ( Verschluß ). Der Stumpf ist ansonsten voll belastbar, die Weichteildeckung ist ausreichend und der Stumpf zeigt keine problematischen Narben. Patient D.K.: (Geboren 1948, Amputation links 2006) Herrn K. wurde aufgrund einer Entfernung eines septischen femoropoplitealen Bypass im mittleren Drittel amputiert. Sein Stumpf wies 2006 ein Streckdefizit von etwa 30° auf, die Hüftmuskulatur hatte Kraftgrad 4. Es bestehen unklare Schmerzzustände. Herr K. hatte mehrfache lumbale Bandscheibenoperationen, 1998/99 einen Myokardinfarkt. ACB 2001 und Colon Carcinom 2005 erschweren die Kompensation der Stumpfabnormitäten. Eine Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 32 ambulante orthopädische Rehabilitationsmaßnahme konnte im Januar 2007 eine leichte Besserung herbeiführen. Der Stumpf ist voll belastbar und weist keine problematischen Narben auf. Die Weichteildeckung ist ausreichend. Der Patient gibt an, dass es im Laufe des Tages zu Volumenschwankungen kommt. Die Vorversorgung ist ein tuberumgreifender Schaft mit Liner. Patient P.S. (Geboren 1983, Amputation rechts 2002): Nach einem Polytrauma 2002 wurde Herr S. im distalen Drittel amputiert. Der Stumpf hat eine ausreichende Weichteildeckung, keine problematischen Narben und zeigt auch keine Volumenschwankungen. Aktuell hat der Patient jedoch Stumpfbeschwerden aufgrund neuerlich aufgetretener, starker Exostosenbildung, so dass der Stumpf nicht mehr voll belastbar ist. Die Vorversorgung besteht aus einem tuberumgreifenden Haftschaft. 2.2.2 Versorgungskombinationen Bezüglich der verschiedenen Kombinationen von Schaftsystemen und Liner-Systeme ergab sich folgendes Bild: • 1 Patient wurde unter 4 verschiedenen Versorgungsbedingungen untersucht: mit und ohne Liner, jeweils mit einem tuberunterstützenden und einem tuberumgreifenden Schaft. • 5 Patienten wurden unter jeweils zwei verschiedenen Versorgungs- bedingungen untersucht: 2-mal wurde der Vergleich zwischen tuberunterstützend und. tuberumgreifend ohne Liner durchgeführt, 3 mal mit Liner. Demnach stehen für den Vergleich tuberunterstützender versus tuberumgreifender Schaft an Untersuchungen insgesamt zur Verfügung: • 3 Patienten ohne Liner • 4 Patienten mit Liner 2.2.3 Klinische Untersuchungen 2.2.3.1 Handhabbarkeit Zur Ermittlung der Handhabbarkeit der verschiedenen Prothesenschäfte wurden folgende Beobachtungen und Befragungsergebnisse zusammengetragen: • Zeiten für das An- und Ausziehen (mit Stopp-Uhr gestoppt) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 33 • Registrierung der Haltung (Sitzen/Stehen) beim An- und Ausziehen • Befragung der Zufriedenheit 2.2.3.2 Variabilität der Fußlängsrichtung Um die Reproduzierbarkeit des Prothesensitzes bei wiederholten An- und Ausziehen zu erfassen, wurde als Bestimmtheitsmaß die Schwankung der Fußlängsachse des Prothesenfußes beim normalen Gang gewählt. Wenn die Richtung nach mehrmaligem An- und Ausziehen deutlich schwankt, kann von einem nur schlecht reproduzierbaren Prothesensitz ausgegangen werden. Eine Änderung der Fußlängsrichtung hat unter anderem eine Änderung der Prothesenlänge in der Schwungphase zur Folge. Ein mehr nach innen gestellter Fuß führt zu einer Verlängerung, ein nach außen gestellter Fuß bewirkt eine Verkürzung. In der Regel wird die Prothesenlänge auf eine gewünschte Fußaußenstellung optimiert. Ändert sich die Fußstellung beim erneuten Anziehen, so können Probleme in der Schwungphase auftreten. Ein weiterer Nachteil einer geänderten Fußstellung ist, dass die FlexionsExtensionsbewegung des Kniegelenkes sich nicht mehr in Übereinstimmung mit der zugehörigen Bewegung des Hüftgelenkes befindet. Patienten müssen um ein harmonisches Gangbilde zu erreichen deutliche Ausgleichsbewegungen durchführen. Um die Variabilität der Fußlängsrichtung zu erfassen werden im Allgemeinen 5 Messungen der Gangspur (Abb. 6) mit dem GaitRite System (Drerup et al. 2006, Drerup und Benighaus 2002) mehrfach hintereinander gemessen und daraus die Richtung der Fußlängsachse Messungen wird bestimmt. jedes Mal Zwischen die den Prothese ausgezogen und wieder angezogen. Aus allen 5 Messungen wird jeweils der Mittelwert und die Streuung bestimmt. Eine große Streuung wird als ein schlecht reproduzierbarer Prothesensitz interpretiert. Abb. 6 Bestimmung der Fußlängsrichung und ihrer Schwankung Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 34 2.2.3.3 Patientenbefragung Im Rahmen der intra-individuellen Studie erfolgt eine Befragung der Patienten nach dem analogen Schema der inter-individuellen Studie (s. Kap. 2.1.1.2) 2.2.4 Biomechanische Untersuchungen Hier wurden insgesamt 4 Untersuchungen durchgeführt: • Prothesenhub • Ganganalyse • Druckmessung im Schaft • Rasterstereografie 2.2.4.1 Prothesenhub Die Messung des Prothesenhubs wurde wie in Kap. 2.1.2 beschrieben durchgeführt. 2.2.4.2 Variabilität des Gangbildes Innerhalb einer intra-individuellen Studie ist es möglich, eine vergleichende Ganganalyse der Patienten mit ihren beiden Schaftsystemen durchzuführen und relevante Aussagen zu erhalten. Dazu werden hier zunächst erste Ergebnisse vorgestellt. Eine ausführliche Auswertung aller aufgenommener kinematischer und kinetischer Daten wird Thema einer wissenschaftlichen Ausarbeitung sein. Die Ganganalyse besteht aus 2 Untersuchungen • Gangspuruntersuchung mit einer elektronischen Gangmatte (GaitRite), zur Bestimmung von Geschwindigkeit, Schrittlänge, Schrittfrequenz, Standphasendauer und eventueller Links-Rechts-Unterschiede (Asymmetrien). • Kinematische und kinetische Datenerfassung mit dem Vicon-System zur Bewegungsanalyse (s. Kap. 2.1.2) werden im Gehen kinetische und kinematische Daten (Bodenreaktionskräfte, Winkel, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen, sowie Hüft- und Kniemomente) gemessen. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 35 2.2.4.3 Druckverteilung im Schaft Die Druckmessung erfolgt mit dem Pliance Messsystem von Novel. Das Prinzip des Messaufbaus ist in Abb. 7 schematisch dargestellt: Abb. 7 links: Schaft mit zwei an der Innenwand angebrachten Druck- Messaufnehmern für die Messung des Schaftinnendrucks. rechts: Novel Pliance Schema der Synchronisation der Messung Insgesamt werden 5 verschiedene Belastungssituationen gemessen: 1. Prothesenbein entlastet (Einbeinstand auf erhaltener Seite) 2. Zweibeinstand 3. normales Gehen (dabei zusätzlich Registrierung mit GaitRite- Matte bei zuvor ermittelter Kadenz) 4. Messung im schnellen Gehen ( zusätzlich GaitRite) 5. Treppe auf und ab Zur Synchronisation der Messung mit der GaitRite-Matte wird einer der Messaufnehmer in den Fersenbereich des prothesenseitigen Schuhs eingelegt. Alle 3 Messaufnehmer sind an einen Messcomputer angeschlossen. Ein Druckanstieg des Fersensensors zeigt den Beginn des Gangzyklus (Fersenauftritt) an und erlaubt die Zuordnung der Messwerte in den beiden Schaftsensoren zu einer entsprechenden Gangphase. Die Druckwerte werden in folgenden Schaftregionen gemessen: • Stumpfendbereich Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 36 • Stumpfeintrittsebene: - ventral - medial - dorsal - lateral Da mit nur zwei von drei Messaufnehmern der Druck im Schaft gemessen werden kann, müssen die Messungen mehrmals wiederholt werden, bis sämtliche Bereiche der zur untersuchenden Schaftregion vermessen wurden. 2.2.4.4 Beckenschiefstand und -neigung Mit der optischen 3-D Oberflächenvermessung (Drerup et al. 2001) kann die Stellung des Beckens, insbesondere der Beckenschiefstand gemessen werden. Dazu wird von der Eigenschaft der Rasterstereographie Gebrauch gemacht, dass die Lumbalgrübchen als anatomische Bezugspunkte für die oberen hinteren Beckenspinen von der Software automatisch erkannt werden und dass dadurch eine objektive Rekonstruktion der Beckenstellung im Raum mit großer Genauigkeit möglich ist (Abb.8). Um für eine Mittelwertbildung eine bessere statistische Basis zu haben, wird die rasterstereographische Rückenaufnahme in jeder der untersuchten Schaft- Liner Konstellationen 3mal nacheinander untersucht. β Abb. 8 Zur Bestimmung des Beckenschiefstandes β aus der rasterstereographischen 3-D Rückenvermessung Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 37 3 Ergebnisse 3.1 Inter-individuelle Studie 3.1.1 Klinische Untersuchungen 3.1.1.1 Retrospektive Untersuchung von Versorgungen nach Aktenlage (Versorgungsstatistik) Patienten Von den untersuchten 190 Tab. 1: Geschlechtsverteilung der untersuchten Versorgungen (N = 190) Patienten sind 63 Frauen und 127 m 127 Männer (Tab. 1) mit einem Durchschnittsalter von 54,95 Jahren, Gesamt w 63 (Männer 57,24 Jahre, Frauen 50,35 Jahre). Der jüngste Patient ist 16 Jahre, der älteste Patient 91 Jahre alt. Die stärkste Altersgruppe stellen die über 60-jährigen dar. Die Altersverteilung mit der prozentualen Verteilung der Geschlechter findet sich in Abb. 9. Man erkennt, dass die Verteilung bei den unter 60 jährigen bei einem Verhältnis von 60% Männern zu 40% Frauen liegt, bei den über 60-jährigen sind es über 75% männliche Patienten. 100% Anzahl Patienten 7 80% 24 32 60% w m 40% 20% 12 48 67 < 30 30 – 60 > 60 0% Alter Abb. 9: Geschlechterverteilung und Altersgruppen (N=190) Tab. 2 Anzahl erfasster Versorgungen in den jeweiligen Aktivitätsklassen Jahre Gesamt AK0 3 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen AK 1 26 AK 2 56 AK 3 78 AK 4 26 38 Bis auf die Aktivitätsklasse 0, der 3 Patienten angehören, sind alle übrigen Aktivitätsklassen ausreichend gut besetzt, um statistisch signifikante Aussagen treffen zu können. Die meisten Patienten gehören den Aktivitätsklassen 2 und 3 an. Die Verteilung zeigt eine klare Altersabhängigkeit (Abb. 10). Ältere Patienten sind überwiegend den unteren Aktivitätsklassen zuzuordnen während die jungen Patienten in den oberen Aktivitätsklassen überwiegen. Bei einem Patienten konnte die Aktivitätsklasse nicht bestimmt werden. 100% 2 20 44 18 2 80% 60% 18 49 40% 20% 1 5 11 11 6 AK 3 AK 4 2 0% AK0 AK 1 > 60 30 – 60 < 30 AK 2 Aktivitätsklasse Abb. 10 Verteilung der Aktivitätsklassen 0 bis 4 prozentual auf die Altersgruppen (N=189) Die Amputationsdauer, d.h. der Zeitraum zwischen Amputations- und Untersuchungsdatum, beträgt für die meisten Patienten weniger als 50 Jahren. >50 Jahre 15% <50 Jahre 85% Abb. 11: Amputationsdauer (N=190) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 39 Die Amputationsursachen sind hauptsächlich Traumata (85) - davon waren 21 Patienten Kriegsversehrte - , sodann Durchblutungsstörungen (43) - meist als periphere arterielle Verschlusskrankheit oft in Begleitung eines Diabetes mellitus und in 31 Fällen Tumore. Alle weiteren Amputationsursachen wie z.B. Sepsis oder Fehlbildungen wurden unter „Sonstige“ zusammengefasst, einmal fand sich keine entsprechende Eintragung. Die Aktivitätsklassen zeigen einen deutlichen Zusammenhang mit den Diagnosen. Dies ergibt sich aus Abb. 12, die die anteilmäßige Verteilung der Amputationsursachen in den verschiedenen Aktivitätsklassen zeigt: Die Patienten mit Durchblutungsstörungen finden sich eher in den niedrigeren Aktivitätsklassen, Trauma- und Tumorpatienten finden sich häufiger in den höheren Aktivitätsklassen. 100% 80% 60% 40% 20% 0% AK 0 AK 1 AK 2 AK 3 AK 4 Andere 0 5 11 9 4 Tumor 0 1 2 25 3 pAVK 2 17 18 6 0 Trauma 1 2 25 38 19 Aktivitätsklasse Abb. 12 Amputationsursache und Aktivitätsklasse (N=188) Zum Zeitpunkt der Auswertung lagen nur von einer kleinen Teilgruppe (N=65) Angaben zur Stumpflänge und Beschaffenheit vor. Die Verteilung der Stumpflängen zeigt Abb. 13. 26 Patienten besaßen völlig unproblematische Stümpfe. Abb. 14 zeigt Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 40 verschiedene Stumpfproblematiken mit der jeweiligen Verteilung. Die häufigsten Probleme sind Bewegungseinschränkungen und Stumpfschmerzen. kurz 25% lang 28% mittel 47% Abb. 13 Verteilung der Stumpflängen (N = 65) 100% 40 60 42 52 23 13 80% 60% nein ja 40% 20% 25 5 0% Bewegungseinschränkung reduzierte Muskelkraft Stumpf-schmerz problematische Narben Abb. 14 Verteilung der Stumpfverhältnisse (N = 65) Schaftsysteme Insgesamt wurden 136 Patienten mit tuberumgreifenden Schäften, 29 Patienten mit tuberunterstützenden Schäften und 25 Patienten mit sonstigen Schäften (Schäfte bei Knieexartikulation, hybride Schäfte oder Zweckformen) untersucht. In Bezug auf das Alter der Patienten fällt auf, dass kein Patient der jünger als 30 Jahre ist, mit einem tuberunterstützenden Schaft versorgt ist. Prozentual sind die „sonstigen“ Schäfte häufiger in der jüngsten Altersgruppe anzutreffen als in den beiden übrigen. Tuberunterstützende Schäfte finden sich zu gleichen Teilen in den beiden Altersgruppen oberhalb von 30 Jahren. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 41 100% 8 12 5 80% 15 14 60% 40% 17 55 64 30-60 >60 sonstige tuberunterstützend tuberumgreifend 20% 0% < 30 Alter Abb. 15: Schaftsystem und Altersgruppen (N=190) Vergleicht man die Versorgung mit einem bestimmten Schafttyp in Abhängigkeit von der Aktivitätsklasse des Patienten (Abb. 16) so fällt auf, dass in allen Aktivitätsklassen insgesamt mehr tuberumgreifende Schäfte getragen werden. In der Aktivitätsklasse 0 findet sich z.B. kein tuberunterstützender Schaft. Dieses Schaftsystem findet sich besonders häufig in der Aktivitätsklasse 2 (25%), ist aber auch noch in den Aktivitätsklassen 3 und 4 mit jeweils einem Anteil von über 10% vertreten. 100% 1 1 80% 7 14 14 11 3 3 Sonstige Tuberunterstützend Tuberumgreifend 60% 40% 3 23 36 53 20 AK0 AK 1 AK 2 AK 3 AK 4 20% 0% Aktivitätsklasse Abb. 16 Schaftsysteme und Aktivitätsklassen (N=189) Bei 3 Patienten der Studie lässt sich der Zeitpunkt der Amputation nicht mehr rekonstruieren, so dass für sie die Amputationsdauer nicht bestimmt werden kann. In Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 42 Tab. 3 fällt auf, dass die Patienten mit einer Amputationsdauer unterhalb von 50 Jahren überwiegend mit tuberumgreifenden Schäften versorgt sind. In der Gruppe der Patienten mit einer Amputationsdauer von über 50 Jahren sind doppelt so viele Patienten tuberunterstützend wie tuberumgreifend versorgt. Die sonstigen Schäfte befinden sich überwiegend in der Gruppe der Patienten mit einer Amputationsdauer von unter 50 Jahren. Tab. 3: Schaftsystem und Amputationsdauer (N = 187) Amputationsdauer < 50 > 50 TuberTuberandere umgreifend unterstützend 128 14 20 7 14 4 Die Zahlenverhältnisse für tuberumgreifende und tuberunterstützende Schäfte werden in Abb. 17 verdeutlicht. 120 128 80 40 7 14 0 14 en greif T-um 0 >5 d 0 <5 Abb. 17 Schaftsysteme und Amputationsdauer (N = 163) Es zeigt sich ein Zusammenhang zwischen der Amputationsursache und dem Schafttyp, mit dem ein Patient versorgt wurde (Abb. 18). Obwohl im Allgemeinen der tuberumgreifende Schaft die bevorzugte Wahl ist, fällt auf, dass Patienten mit Durchblutungsstörungen nur äußerst selten (N=1) mit einem tuberunterstützenden Schaft versorgt sind. Tuberunterstützende Schäfte finden sich hauptsächlich bei traumatisch amputierten Patienten. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 43 1 12 80% 1 2 100% 10 4 21 3 60% Sonstige Tuberunterstützend Tuberumgreifend 40% 20% 54 41 23 17 Trauma pAVK Tumor Andere 0% Amputationsursache Abb. 18: Schaftsystem und Amputationsursache (N = 189) Innerhalb der Teilgruppe in der die Stumpfverhältnisse bekannt sind, sieht man, dass insbesondere Patienten mit kurzen Stümpfen prozentual häufiger mit tuberunterstützenden Schäften versorgt sind, während Patienten mit mittellangen und langen Stümpfen größtenteils mit tuberumgreifenden Schäften versorgt sind. 100% 80% 2 3 9 10 3 4 Sonstige Tuberunterstützend Tuberumgreifend 60% 40% 20% 5 18 11 kurz mittel lang 0% Stumpflänge Abb. 19 Schaftsystem und Stumpflänge (N=65) Die folgenden Abbildungen Abb. 20 und Abb. 21 zeigen die Versorgung mit tuberumgreifenden und tuberunterstützenden Schäften bei problematischen Stumpfverhältnissen. Man erkennt, dass eine Patienten mit Bewegungsein- schränkung keine Indikation für bzw. gegen die Versorgung mit einem bestimmten Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 44 Schaftsystem war. Allerdings fällt auf, dass kein Patient, dessen Stumpf eine reduzierte Muskelkraft aufwies, mit einem tuberunterstützenden Schaft versorgt worden war. 100% 11 80% 12 23 60% Tuberunterstützend 40% Tuberumgreifend 20% 11 23 5 29 ja nein ja nein 0% Bewegungseinschränkung reduzierte Muskelkraft Abb. 20 Schaftsystem und Bewegungseinschränkung bzw. reduzierte Muskelkraft des Stumpfes (N = 57) Ebenso stellte das Vorhandensein von Stumpfschmerzen kein Kriterium für die Auswahl des Schaftsystems dar. Auffällig ist, dass Patienten, deren Stümpfe problematische Narben aufweisen, überwiegend mit tuberunterstützenden Schäften versorgt sind. Alle diese Patienten sind jedoch seit über 50 Jahren amputiert, was der primäre Grund für die Wahl ihres Schaftsystems ist. 100% 80% 7 60% Tuberunterstützend Tuberumgreifend 40% 20% 16 13 10 32 24 10 2 0% ja nein Stumpfschmerz vorhanden ja nein problematische Narben Abb. 21 Schaftsystem und Stumpfschmerz bzw. problematische Narben des Stumpfes (N=57) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 45 Kriegsversehrte Speziell für die Gruppe der Kriegsversehrten lässt sich feststellen, dass diese Patienten überwiegend mit tuberunterstützenden Schäften versorgt und auch (noch) nicht auf die tuberumgreifende Schaftform umgestellt worden sind (Abb. 22). T-umgreifend 19% Sonstige 19% Tunterstützend 62% Abb. 22 Verteilung der Schaftsysteme bei Kriegsversehrten (N=21) Liner-Systeme In der überwiegenden Zahl der untersuchten Fälle (N=138) wurde die Versorgung mit einem Haft-Schaft durchgeführt. In 50 Fällen wurde ein Liner-System verwendet und in 2 Fällen konnte die Art der (tuberumgreifenden) Versorgung nicht rekonstruiert werden. Deutlich zu erkennen ist die Abhängigkeit der Verwendung eines Liners vom Alter des Patienten (Abb. 23). Je älter ein Patient ist, umso häufiger wird ein Liner-System verwendet. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 46 100% 18 59 61 80% 60% ohne Liner mit Liner 40% 20% 4 21 25 < 30 30-60 >60 0% Alter Abb. 23 Altersgruppen und Liner (N = 188) Auch bei Berücksichtigung der Aktivitätsklasse lassen sich Abhängigkeiten erkennen (Abb. 24). Insbesondere in der Aktivitätsklasse 1 werden Liner verwendet. In unserer Studie ist mehr als die Hälfte dieser Patienten mit einem Liner-System versorgt. In den Aktivitätsklassen 2 und 3 sind knapp über 20% der Patienten mit einem Liner versorgt und in der Aktivitätsklasse 4 sind es nur noch etwa 12%. 100% 2 80% 11 43 58 22 60% ohne Liner mit Liner 40% 20% 1 13 13 20 3 AK 0 AK 1 AK 2 AK 3 AK 4 0% Aktivitätsklasse Abb. 24 Aktivitätsklassen und Liner (N = 188) Vergleicht man den Einsatz eines Liners mit der Amputationsdauer des Patienten, so stellt man ebenfalls einen Zusammenhang fest. Besonders auffällig ist, dass kein Patient, der länger als 50 Jahre amputiert ist, mit einem Liner-System versorgt ist (Abb. 25). Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 47 120 100 111 80 60 40 50 20 24 0 in ohne L 0 er er mit Lin < 50 > 50 Abb. 25 Liner und Amputationsdauer (N= 185) Anhand von (Abb. 26) erkennt man, dass Liner-Systeme häufig bei Patienten mit Durchblutungsstörungen eingesetzt werden. 100% 67 26 23 21 80% 60% Ohne Liner Mit Liner 40% 20% 17 17 7 9 Trauma pAVK Tumor Andere 0% Amputationsursache Abb. 26 Liner und Amputationsursache (N = 187) Traumatisch Amputierte waren in dieser Studie eher selten mit einem Liner versorgt. Dies liegt zum Teil daran, dass knapp ein Viertel dieser Patienten Kriegsversehrte sind und nur ein einziger Kriegsversehrter mit einem Liner-System versorgt ist (Abb. 27). Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 48 mit Liner 5% ohne Liner 95% Abb. 27 Anteil der Linerversorgung bei Kriegsversehrten (N = 21) 3.1.1.2 Patientenbefragung In diesem Teil der Studie werden die 60 zurückgeschickten Fragebögen der Patientenbefragung ausgewertet. Patienten Die gezielte Ansprache von Kriegsversehrten hat die Folge, dass bei der Geschlechterverteilung die männlichen Patienten überwiegen ( Tab. 4). Von den 47 befragten männlichen Patienten sind 30 kriegsversehrt. Tab. 4 Geschlechterverteilung der befragten Patienten (N=60) Gesamt männlich weiblich keine Angaben 47 9 4 In der Altersverteilung erkennt man, dass in der Gruppe der 30-60-jährigen der Anteil von Frauen und Männern noch gleich verteilt ist, während die männlichen Kriegversehrten die Gruppe der über 60jährigen dominieren (Abb. 28). Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 49 1 Anzahl Fragebögen 100% 3 80% 9 keine Angaben w m 60% 40% 20% 1 8 38 <30 30-60 >60 0% Alter Abb. 28 Geschlechterverteilung und Altersgruppen (N = 60) Bei 3 Patienten ist die Aktivitätsklasse nicht angegeben worden, die überwiegende Zahl der Patienten findet sich in den Aktivitätsklassen 2 und 3. Tab. 5: Aktivitätsklassenverteilung der befragten Patienten AK 0 AK 1 AK 2 AK 3 AK 4 0 5 28 21 3 Gesamt 100% 4 80% 21 14 1 >60 30-60 <30 60% 40% 20% 1 7 6 AK 1 AK 2 AK 3 1 0% AK 0 2 AK 4 Aktivitätsklasse Abb. 29 Aktivitätsklassen und Altersgruppen (N = 57) In Abb. 29 erkennt man wiederum den schon bekannten Zusammenhang zwischen der Aktivitätsklasse und dem Alter. Auffällig ist nur ein 83-jähriger Kriegsversehrter, der sich der Aktivitätsklasse 4 zugeordnet hat. Auch der Zusammenhang zwischen Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 50 Aktivitätsklasse und Amputationsursache entspricht in weiten Teilen dem größeren Kollektiv der ersten Untersuchung (Abb. 30). 100% 80% 60% 40% 20% 0% AK 0 AK 1 AK 2 AK 3 AK 4 Andere 0 0 2 3 1 Tumor 0 0 1 4 0 pAVK 0 1 3 2 0 Trauma 0 4 22 12 2 Aktivitätsklasse Abb. 30 Aktivitätsklassen und Amputationsursachen (N = 57) lang 31% kurz 33% mittel 36% Abb. 31 Verteilung der Stumpflängen (N =52) Die Verteilung der Stumpflängen innerhalb der Patientenbefragung ist nahezu gleichverteilt (Abb. 31). 8 Patienten machten jedoch keine Angabe zu ihrer Stumpflänge. Die Frage nach ihren Stumpfverhältnissen haben nur 44 Patienten beantwortet. Abb. 32 zeigt die subjektive Einschätzung der Patienten auf die Frage nach Ihren Stumpfverhältnissen. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 51 Haben Sie einen problematischen Stumpf? nein 26 ja 18 0 5 10 15 20 25 30 Abb. 32 Subjektive Einschätzung der befragten Patienten zu ihren Stumpfverhältnissen (N = 44) Schaftsyteme Von den befragten Patienten machten 5 keine Angaben zu ihrem Schaftsystem, so dass in den folgenden Darstellungen die Ergebnisse von 55 ausgewerteten Fragebögen zu sehen sind. Der einzige Patient, der jünger als 30 Jahre ist, ist mit einer Zweckform versorgt. Ansonsten überwiegen auch in diesem Teil der Studie die tuberumgreifenden Schäfte, wenngleich der Anteil tuberunterstützender Schäfte nun deutlich höher ist als in der vorangegangenen retrospektiven Studie. Insbesondere fällt in Abb. 33 auf, dass der Anteil tuberunterstützender Schäfte besonders groß in der Altersgruppe der über 60jährigen ist. 100% 1 80% 3 2 7 12 S on s tig e 60% tub e ru n ters tü tze nd 40% t u b e ru m g re ife n d 20% 11 19 3 0 - 60 > 60 0% < 30 A lte r Abb. 33 Schaftsysteme und Altersgruppen (N = 55) In allen Aktivitätsklassen liegt der Anteil tuberumgreifender Schäfte über 50%. Die meisten tuberunterstützenden Schäfte werden von Patienten der Aktivitätsklasse 2 getragen (Abb. 34). Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 52 100% 3 6 9 5 2 14 10 2 AK 1 AK 2 AK 3 AK 4 1 80% 60% 1 Sonstige tuberunterstützend tuberumgreifend 40% 20% 0% AK 0 Aktivitätsklasse Abb. 34 Schaftsysteme und Aktivitätsklassen (N = 53) Tab. 6: Schaftsysteme und Amputationsdauer (N=55) Amputationsdauer tuberumgreifendtuberunterstützend Sonstige > 50 12 12 4 < 50 18 2 7 Auch in Bezug auf die Amputationsdauer sind die Ergebnisse konsistent. Insbesondere Langzeitamputierte sind noch häufig mit tuberunterstützenden Schäften versorgt (Tab. 6 und Abb. 35 ). Bei den Patienten, die weniger als 50 Jahre amputiert sind, sind nur wenige tuberunterstützend versorgt. 18 16 18 14 12 10 8 6 4 2 0 nd reife g m u t- 12 12 2 < 50 > 50 Abb. 35 Schaftsysteme und Amputationsdauer (N = 44) Bei der Betrachtung der Amputationsursache (Abb. 36) zeigt sich die Häufung tuberunterstützender Versorgungen bei Kriegsversehrten darin, dass ausnahmslos Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 53 alle tuberunterstützenden Schäfte von Patienten getragen werden, bei denen die Amputation traumatisch bedingt war. 100% 4 80% 1 1 3 14 Sonstige 60% Tuberunterstützend 40% Tuberumgreifend 20% 19 6 2 2 Trauma pAVK Tumor Andere 0% Amputationsursache Abb. 36 Amputationsursache und Schaftsysteme (N =52) 100% 5 5 4 6 4 80% 60% 3 Sonstige Tuberunterstützend 40% Tuberumgreifend 20% 8 8 9 kurz mittel lang 0% Stumpflänge Abb. 37 Schaftsysstem und Stumpflänge (N = 52) Anhand von Abb. 37 kann man erkennen, dass im Gegensatz zur Versorgungsstatistik, die Wahl der Schaftsystems unabhängig von der Stumpflänge der Patienten ist. Kriegsversehrte In diesem Teil der Studie sind die Kriegsversehrten zu gleichen Teilen mit tuberunterstützenden und tuberumgreifenden Schäften versorgt. Der Anteil sonstiger Schäfte liegt bei 14% (Abb. 38) – vergleiche dazu Abb. 22. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 54 Sonstige 14% Tunterstützend 43% T-umgreifend 43% Abb. 38 Verteilung der Schaftsysteme bei Kriegsversehrten (N = 28) Liner Versorgungen mit Liner-Systemen finden sich überwiegend in der mittleren Altersgruppe der 30-60-jährigen. Hier erreicht der Anteil fast 60%. Man erkennt in Abb. 39, dass in der Gruppe der über 60-jährigen kaum Liner verwendet werden. Dies scheint zunächst im Widerspruch zu Abb. 23 zu stehen, in der man im Patientenkollektiv der Versorgungstatistik eine Zunahme der Linerversorgungen mit dem Alter der Patienten erkennt. Dieser Widerspruch ist jedoch durch den hohen Anteil von Kriegsversehrten in diesem Teil der Studie zu erklären, wie auch in den folgenden Abbildungen zu erkennen ist. 100% 1 7 37 80% 60% ohne Liner mit Liner 40% 20% 10 5 30 - 60 > 60 0% < 30 Alter Abb. 39 Altersgruppen und Liner (N = 60) Statistisch signifikante Aussagen können bei der Auswertung der Fragebögen nur zu den Aktivitätsklassen 2 und 3 gemacht werden. In Abb. 40 sieht man für diese Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 55 Aktivitätsklassen ein ähnliches Bild. Knapp über 20% der Versorgungen werden mit Liner-Systemen durchgeführt. Der Großteil der Versorgungen findet ohne Liner statt. 100% 4 21 16 2 80% 60% ohne Liner mit Liner 40% 20% 1 7 5 1 AK 1 AK 2 AK 3 AK 4 0% AK 0 Aktivitätsklasse Abb. 40 Aktivitätsklassen und Liner (N = 57) Ebenfalls analog zur Versorgungsstatistik sieht die Verteilung der Liner-Systeme in Abhängigkeit von der Amputationsdauer aus. Nur ein Patient, der seit über 50 Jahren amputiert ist, trägt einen Liner (Abb. 41). 35 30 31 25 20 15 10 14 14 5 1 0 < 50 > 50 ohne Liner mit Liner Abb. 41 Amputationsdauer und Liner (N = 60) Die Ergebnisse bezüglich der Amputationsursache ergeben wiederum ein ähnliches Bild (Abb. 42). Liner-Systeme werden überwiegend bei pAVK-Patienten eingesetzt. Traumatisch Amputierte werden nur zu einem geringen Prozentsatz mit Linern versorgt. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 56 100% 35 3 4 80% 60% ohne Liner mit Liner 40% 20% 6 4 2 3 Trauma pAVK Tumor sonstige 0% Abb. 42 Amputationsursache und Liner (N = 57) Wie in der Versorgungstatistik ist auch in dieser Befragung nur ein einziger Kriegsversehrter mit einem Liner versorgt (Abb. 43). Da es sich um insgesamt mehr befragte Kriegsversehrte handelt, liegt somit der Anteil der Liner-Versorgung nur noch bei 3 %. Dies ist auch der Grund, warum der Anteil der Liner in der Gruppe der über 60-jährigen geringer ausfällt als in der Versorgungsstatistik aufgeführt wurde. mit Liner 3% ohne Liner 97% Abb. 43 Anteil von Linerversorgungen bei Kriegsversehrten (N = 31) 3.1.1.3 Zusammenfassung der Ergebnisse der inter-individuellen Studie Insgesamt kann man folgende Ergebnisse aus der Versorgungsstatistik und der Fragebogenstatistik zusammenfassen: Tuberumgreifende Schäfte: Der tuberumgreifende Schaft ist das mittlerweile am häufigsten verwendete Schaftsystem in der Klinik für Technische Orthopädie (s. Versorgungsstatistik). Während junge Patienten unterhalb von 30 Jahren fast ausschließlich mit einer Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 57 Tuberumgreifung versorgt werden, sinkt der Anteil dieser Schaftform je älter die Patienten sind. Der tuberumgreifende Schaft überwiegt in jeder Aktivitätsklasse, wird jedoch laut der Versorgungsstatistik in den niedrigen (AK 0 und AK 1) und hohen Aktivitätsklassen (AK 4) vermehrt eingesetzt. Die Abhängigkeit des verwendeten Schaftsystems von der Amputationsdauer des Patienten ist sehr deutlich. Je kürzer der Amputationszeitpunkt zurückliegt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient mit einem tuberumgreifenden Schaft versorgt wird. Bei der Amputationsursache fallen besonders 2 Aspekte auf. Patienten mit Durchblutungsstörungen werden fast ausschließlich mit einer Tuberumgreifung versorgt, während Kriegsversehrte eher selten mit diesem Schaftsystem versorgt sind. Tuberunterstützende Schäfte: Diese Schaftform findet sich überwiegend bei älteren Patienten, besonders in der Gruppe der über 60-jährigen. Bezüglich der Aktivitätsklasse stellt man fest, dass gerade im mittleren Bereich und dort besonders in der Aktivitätsklasse 2 der tuberunterstützende Schaft noch häufig vertreten ist. Sehr deutlich ist der Zusammenhang mit der Amputationsdauer. Tuberunterstützende Schäfte finden sich häufig bei Patienten, die seit mehr als 50 Jahren amputiert sind. Bei der Amputationsursache fällt auf, dass insbesondere Kriegsversehrte mit diesem Schaftsystem versorgt sind. Dies korreliert mit den vorhergehenden Ergebnissen, da die meisten Kriegsversehrten aufgrund ihres Alters der Aktivitätsklasse 2 angehören und seit mittlerweile über 60 Jahren amputiert sind. Liner-Systeme: Liner-Systeme werden häufiger bei älteren Patienten und bei Patienten mit einer niedrigen Aktivitätsklasse eingesetzt. Auch Patienten mit Durchblutungsstörungen werden häufig mit einem Liner versorgt. Kriegsversehrte und Trauma-Patienten tragen nur in Ausnahmefällen einen Liner. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 58 3.1.1.4 Tragekomfort und Zufriedenheit Zusätzlich zu den erhobenen Statistiken möchte die Klinische Prüfstelle mit Hilfe klinischer Untersuchungen herausfinden, warum die Versorgungen so erfolgen wie in den beiden Studien dargestellt und ob insbesondere die Kriegsversehrten mit ihrer Versorgung zufrieden sind. Im Folgenden sind die Ergebnisse dieser Befragung zusammengestellt. Tab. 7 zeigt die Zeiten, die die befragten Patienten zum An- und Ausziehen ihrer Prothese benötigen. Die Zeiten, die zum Ausziehen angegeben wurden, variierten sehr stark, so dass sie nur schwache Hinweise auf die Handhabbarkeit der Prothesen liefern. Man kann jedoch feststellen, dass Patienten mit tuberunterstützenden Schäften länger zum Anziehen ihrer Prothese benötigen, als die Patienten mit tuberumgreifenden Schäften. Es könnte hierbei jedoch auch einen Zusammenhang mit dem höheren Altersdurchschnitt der tuberunterstützend versorgten Patienten geben. Interessant ist weiterhin, dass der Liner keinen Einfluss auf die Zeiten hat. Dies bedeutet, dass Patienten also etwa den gleichen Zeitraum für das Anziehen ihrer Prothese benötigen, egal ob sie ein Liner-System oder einen Haft-Schaft besitzen. Tab. 7 An- und Ausziehzeiten der Prothese (N = 54) ohne Liner mit Liner tuberumgreifend Anziehen Ausziehen 141,9 s 48,4 s 153,6 s 104,5 s tuberunterstützend Anziehen Ausziehen 190,0 s 107,0 s 180,0 s 36,0 s Tab. 8 Zufriedenheit mit der Handhabbarkeit der Prothese beim An- und Ausziehen (N = 56) zufrieden nicht zufrieden tuberumgreifend mit Liner ohne Liner 10 15 1 1 tuberunterstützend mit Liner ohne Liner 2 8 0 4 Allerdings scheint die Handhabbarkeit einer Prothese mit einem Liner besonders für ältere Patienten einfacher und damit komfortabler zu sein. Nur ein befragter Patient ist in dieser Hinsicht unzufrieden mit seinem Linersystem. Auffällig ist, dass ein Drittel Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 59 der tuberunterstützend versorgten Patienten ohne Liner unzufrieden mit der Handhabbarkeit der Prothese beim An- und Ausziehen ist. Um den Tragekomfort einer Prothese genauer beurteilen zu können wurden die Patienten befragt, wie zufrieden sie mit ihrer Prothesenversorgung im Allgemeinen sowie im Gehen, Stehen und Sitzen sind. Im Folgenden sind zum einen die Ergebnisse für die gesamte Patientenklientel angegeben sowie speziell für die Untergruppe der Kriegsversehrten. Da nicht alle Befragten auf alle Fragen geantwortet haben, kommt es zu unterschiedlichen Anzahlen auswertbarer Antworten. Abb. 44 zeigt die Zufriedenheit, die die befragten Personen insgesamt mit ihrem Prothesensystem empfinden. Gesamt 14 12 13 10 8 13 6 4 4 2 0 3 n iede zufr den ufrie z n u T-u mg re ifen d Abb. 44 Schaftsysteme und Zufriedenheit (N = 33) Man erkennt, dass etwa drei Viertel aller Befragten mit ihrer Versorgung zufrieden sind. Sie verteilen sich gleichmäßig auf beide Schaftsysteme. Dies lässt sich auch für Befragte feststellen, die mit ihrer Versorgung unzufrieden sind. Der Anteil der unzufriedenen Patienten mit tuberunterstützenden Schäften ist leicht höher als der der Patienten mit tuberumgreifenden Schäften. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 60 Kriegsversehrte 6 5 4 6 5 3 3 2 1 0 1 zufrieden unzufrieden T-u mgr ei f end Abb. 45 Schaftsysteme und Zufriedenheit bei Kriegsversehrten ( N = 15) In der Gruppe der Kriegsversehrten bleibt die Frage zum Tragekomfort mehrfach unbeantwortet, so dass hier nur eine kleine Anzahl von Antworten zur Verfügung steht. Man sieht in Abb. 45, dass auch in dieser Untergruppe die Patienten grundsätzlich mit ihrer Prothese zufrieden sind. Auffällig ist jedoch, dass ein Drittel der tuberunterstützend versorgten Patienten unzufrieden mit ihrer Prothese sind, während der tuberumgreifende Schaft eher akzeptiert wird. Die folgenden Abbildungen zeigen die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit der Befragten aufgeschlüsselt nach verschiedenen Kriterien. Abb. 46 zeigt wie zufrieden alle befragten Patienten mit ihrem jeweiligen Schaftsystem im Sitzen sind. Insgesamt ist der Großteil aller Patienten mit dem Schaftsystem zufrieden. Allerdings ist die Zufriedenheit beim tuberunterstützenden Schaft prozentual größer als beim tuberumgreifenden Schaft. Deutlich mehr Patienten sind mit ihrem tuberumgreifenden Schaft im Sitzen unzufrieden. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 61 Zufriedenheit im Sitzen (gesamt) 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 8 9 6 2 n iede en zufr ried f u z un T-u mgr eife nd Abb. 46 Schaftsysteme und Zufriedenheit im Sitzen (N = 25) Das wird noch deutlicher in der Gruppe der Kriegsversehrten (Abb. 47). Dort sind über die Hälfte der tuberumgreifend versorgten Patienten unzufrieden mit ihrer Prothese beim Sitzen, während der Großteil der tuberunterstützend versorgten Patienten zufrieden ist. Zufriedenheit im Sitzen (Kriegsversehrte) 10 8 8 6 4 3 2 4 2 0 n iede zufr en ried f u z un T-um greife nd Abb. 47 Schaftsysteme und Zufriedenheit im Sitzen bei Kriegsversehrten (N = 17) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 62 Zufriedenheit im Stehen (gesamt) 14 12 10 8 6 4 2 0 14 8 2 0 T-umg reifend n iede en zufr fried u z un Abb. 48 Schaftsysteme und Zufriedenheit im Stehen (N = 24) Zufriedenheit im Stehen (Kriegsversehrte) 8 7 6 5 4 3 2 1 0 zufr 8 5 2 0 n iede n iede r f u unz T-um greif end Abb. 49 Schaftsysteme und Zufriedenheit im Stehen bei Kriegsversehrten (N = 15) Umgekehrt verhält es sich im Stehen: Die Zufriedenheit im Stehen spricht sowohl innerhalb der Gruppe der Kriegsversehrten (Abb. 49) als auch in der aller Befragten (Abb. 48) eindeutig für den tuberumgreifenden Schaft. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 63 Zufriedenheit beim Gehen (gesamt) 12 10 8 11 8 6 4 2 4 n iede r f u z en fried u z un 2 0 T-um grei fe n d Abb. 50 Schaftsysteme und Zufriedenheit im Gehen (N = 25) Die Zufriedenheit im Gehen zeigt insgesamt ein etwas differenzierteres Bild (Abb. 50). Über ein Viertel aller mit einem tuberumgreifenden Schaft versorgten Patienten geben an, dass sie mit ihrer Prothese beim Gehen unzufrieden sind. Bei den Patienten mit tuberunterstützenden Schäften ist es nur ein Fünftel. Zufriedenheit beim Gehen (Kriegsversehrte) 7 8 7 6 5 4 3 2 1 0 8 2 1 n iede n zufr iede r f u unz T-um grei fend Abb. 51 Schaftsysteme und Zufriedenheit im Gehen bei Kriegsversehrten (N = 18) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 64 Kriegsversehrte dagegen sind häufiger beim Gehen mit ihrer tuberunterstützenden Prothese unzufrieden. Abb. 51 zeigt, dass 87,5% der Kriegsversehrten mit ihrer tuberumgreifenden Versorgung zufrieden sind. Um die vorgestellten Ergebnisse der Zufriedenheit noch genauer abzusichern wurden die Patienten befragt, ob sie sich generell für gut versorgt halten (Tab. 9) und ob sie das Gefühl haben, dass ihre Prothese passgerecht ist (Tab. 10). Tab. 9: Halten sich für gut versorgt? (N=27) Ja Nein Tuberumgreifend 14 1 Tab. 10: Ist Ihre Prothese passgerecht? (N=28) Tuberunterstützend 8 4 Ja Nein Tuberumgreifend 15 1 Tuberunterstützend 8 4 Es wird deutlich, dass sich fast alle Patienten mit einem tuberumgreifenden Schaft für gut versorgt halten und auch ihre Prothese als passgerecht empfinden. Dagegen hält sich ein Drittel aller Patienten mit tuberunterstützenden Schäften für nicht gut versorgt und empfindet auch die Prothese als nicht passgerecht. Inwieweit diese Prothesen tatsächlich nicht passgerecht sind, oder die befragten Personen nur einen solchen Eindruck haben, kann nicht geklärt werden. In dem folgenden Abschnitt wird der Zusammenhang der Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit eines Patienten mit seiner Versorgung in Zusammenhang mit seiner Stumpflänge und –beschaffenheit untersucht. Tuberunterstützend Tuberumgreifend 100% 3 5 4 1 1 1 3 1 2 1 1 kurz mittel lang kurz mittel lang 80% 60% 40% 20% 0% zufrieden unzufrieden Abb. 52 Schaftsysteme und Zufriedenheit in Abhängigkeit der Stumpflänge (N = 21) Abb. 52 zeigt noch mal erkennen, dass im Verhältnis mehr Patienten mit ihrem tuberumgreifenden Schaft Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen zufrieden sind als Patienten mit ihrem 65 tuberunterstützenden Schaft. Hier ergibt sich ein interessanter Zusammenhang mit der Stumpflänge. Patienten mit kurzen Stümpfen und tuberunterstützenden Schäften sind häufiger unzufrieden mit ihrer Versorgung als Patienten mit tuberumgreifender Versorgung. Dies wird durch Abb. 53 ebenfalls bestätigt, bei der die Antworten auf die Frage „Halten Sie sich für gut versorgt?“ in Abhängigkeit vom Schaftsystem und von der Stumpflänge dargestellt sind. Insbesondere Patienten mit kurzen Stümpfen, die mit einem tuberunterstützenden Schaft versorgt sind, sind in der Regel unzufrieden mit ihrer Versorgung. Dagegen hält sich die überwiegende Mehrheit der Patienten mit kurzem Stumpf und tuberumgreifendem Schaft für gut versorgt. Tuberunterstützend Tuberumgreifend 100% 7 80% 6 6 1 1 5 2 3 1 1 mittel lang kurz mittel lang 60% 40% 20% 1 0% kurz ja nein Halten Sie sich für gut versorgt? Abb. 53 Schaftsystem und subjektive Einschätzung der Versorgungsqualität in Abhängigkeit der Stumpflänge (N = 34) Statistisch geben diese Resultate nur Hinweise, sie sind auf Grund der kleinen Gruppe nicht signifikant. Wie man in Abb. 54 und Abb. 55 erkennt, haben nur wenige unzufriedene Patienten Angaben zu ihren Stumpfverhältnissen gemacht. Es bestätigt sich, dass Patienten generell mit tuberumgreifenden Schaft eher zufrieden sind, egal ob sie Probleme mit ihrem Stumpf haben oder nicht. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 66 Patienten mit unproblematischen Stümpfen Patienten mit problematischen Stümpfen Tuberunterstützend Tuberumgreifend Tuberunterstützend Tuberumgreifend 100% 100% 4 2 80% 80% 60% 60% 40% 40% 9 1 4 2 ja nein 20% 20% 2 2 0% 0% zufrieden unzufrieden Abb. 54 Schaftsysteme und Zufriedenheit in Abhängigkeit der Stumpfqualität (N = 26) Patienten mit problematischen Stümpfen Patienten mit unproblematischen Stümpfen Tuberumgreifend Tuberunterstützend 100% 80% 8 2 3 2 ja nein 60% 40% 20% 0% Tuberunterstützend 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Halten Sie sich für gut versorgt? Tuberumgreifend 14 1 6 3 ja nein Halten Sie sich für gut versorgt Abb. 55 Schaftsystem und subjektive Einschätzung der Versorgungsqualität in Abhängigkeit der Stumpfqualität (N = 29) 3.1.2 Biomechanische Untersuchungen Nach Anwendung der Kriterien aus Kap 2.1.2 blieben zwei etwa gleich große Gruppen mit einer ausreichend großen Anzahl Patienten übrig (Tab. 11) Tab. 11 Patienten zur Messung des Prothesenhubs (N=37) Anzahl Patienten Tuberumgreifend 20 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen Tuberunterstützend 17 67 Tab. 12 zeigt den gemessenen Prothesenhub bei Patienten mit tuberumgreifenden und tuberunterstützenden Schäften. Es ergibt sich ein hochsignifikanter (p>0,001) Unterschied, wobei der Prothesenhub der tuberunterstützenden Schäfte größer ist. Somit kann die Aussage von Baumgartner [Baumgartner 2008] bestätigt werden. Insgesamt zeigen die tuberunterstützenden Schäfte nicht nur einen größeren Hub, auch die Varianz innerhalb der gemessenen Patientenklientel ist deutlich größer als bei den tuberumgreifenden Schäften. Das Maximum des Prothesenhubes beim tuberunterstützenden Schaft wurde mit 2,3 cm gemessen. Ein Prothesenhub dieser Größe bewirkt, dass der Patient deutliche Ausweichbewegungen ausführen muss, um nicht mit seiner Prothese hängen zu bleiben. Tab. 12 gemesser Prothesenhub (N=40) Prothesenhub in mm Mittelwert Minimum Maximum Tuberumgreifend Tuberunterstützend 7,1 ± 2,7 1,9 13,3 13,0 ± 4,9 6,2 23,6 Da die Gruppe der Patienten mit tuberunterstützenden Schäften deutlich älter ist als die Gruppe mit tuberumgreifenden Schäften, muss der Einfluss dieses Parameters statistisch geprüft werden. Prothesenhub / Alter 25 tuberumgreifend tuberunterstützend Hub [mm] 20 15 10 5 0 0 20 40 60 80 100 Alter Abb. 56 Abhängigkeit der Prothesenhubs von Alter und Schaftform (N = 40) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 68 Abb. 56 zeigt die erhaltenen Ergebnisse. Die horizontalen Striche markieren den jeweiligen Mittelwert. Deutlich erkennbar ist, dass die Patienten mit tuberunterstützenden Schäften in der Tat deutlich älter sind und auch einen größeren Prothesenhub zeigen. Eine Abhängigkeit vom Alter ist allerdings statistisch nicht erkennbar. Bei Patienten mit tuberumgreifenden Schäften zeigen die älteren Patienten sogar tendenziell einen geringeren Hub als die jüngeren. Auch die Patienten, deren tuberunterstützende Schäfte den größten Hub zeigen, sind der mittleren Altersgruppe zuzuordnen. Somit ist gezeigt, dass anders als die Schaftform das Alter keinen Einfluss auf den Hub einer Prothese hat. Ebenfalls einen Einfluss auf den Hub einer Prothese hat die Verwendung eines Linersystems. Da nur 1 Patient mit tuberunterstützendem Schaft und Liner-System in die Studie einging, wird nur der Vergleich innerhalb der tuberumgreifenden Schäfte gezeigt. Zur einfacheren Darstellung wurden die Begriffe „wenig Hub“, „mittlerer Hub“ und „großer Hub“ eingeführt. Dabei wird als „mittlerer“ Hub eine Längenänderung bezeichnet, die sich innerhalb der Spanne des Mittelwerts ± eine halbe Standardabweichung befindet. Darunter wird der Hub als klein bezeichnet, oberhalb als groß. Anzahl der Patienten Prothesenhub tuberumgreifend mit / ohne Liner im Vergleich 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 ohne Liner mit Liner wenig Hub mittlerer Hub großer Hub Abb. 57 Prothesenhub und Liner Abb. 57 zeigt, dass die Verwendung eines Liners den Prothesenhub verringert, aber nicht vollständig eliminiert. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 69 3.2 Intra-individuelle Studie Die Patienten der intra-individuellen Studie gehörten bis auf einen Patienten (P.S. mit AK4) alle der Aktivitätsklasse 3 an. Die Patienten waren zwischen 22 und 78 Jahre alt mit einem Durchschnitt von 51,3. Die Amputationsdauer lag zwischen 2 und 38 Jahren mit einem Durchschnitt von 11,5 Jahren. Kriegsversehrte konnten für diesen Teil der Studie aus organisatorischen Gründen leider nicht gewonnen werden. 3.2.1 Klinische Untersuchungen 3.2.1.1 Handhabbarkeit der Schäfte Innerhalb der klinischen Untersuchung wurde zunächst die Handhabbarkeit der verschiedenen Schäfte verglichen. Dazu wurden zunächst die Zeiten gemessen, die die Patienten zum Anlegen und Ablegen ihrer Prothese benötigen. Tab. 13 Anziehzeiten, Schaftsysteme und Liner (N=7) tuberumgreifend tuberunterstützend Anziehen Ausziehen Anziehen Ausziehen ohne Liner 107,2 17,5 80,2 5,8 mit Liner 32,1 7,6 33,9 8,7 Tab. 13 zeigt die gemessenen Zeiten, wobei die Zeiten, die zum Anlegen des Liners benötigt wurden nicht aufgelistet sind. Für das Anlegen des Liners brauchten die Patienten ca. 30-50 Sekunden. Diese Zeit muss bei Linerversorgungen zu den reinen Anzieh und Ausziehzeiten addiert werden. Berücksichtigt man dies, so ergibt sich, dass die Anziehzeiten zwischen einer Linerversorgung und dem Haft-Schaft sich nicht stark unterscheiden, wenn der Liner sorgfältig angelegt wird. Auch der Unterschied zwischen den beiden Schaftformen tuberumgreifend und tuberunterstützend ist nicht signifikant. Somit ist die Zeit, die die Patienten zum Anziehen ihrer Prothese benötigen, kein Anhaltspunkt für die Handhabbarkeit. Für den praktischen Gebrauch ist zu vermerken, dass die Patienten alle ihre Prothese selbst ausziehen konnten und dass die dafür benötigten Zeiten auch kürzer waren als die Anziehzeiten. Das kann im Notfall, wenn keine Hilfsperson zugegen ist, von Wichtigkeit sein. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 70 3.2.1.2 Variabilität der Fußlängsrichtung In Tab. 14 sieht man die erzielten Ergebnisse der GaitRite-Messung. Insgesamt konnten 4 Patienten mit einem Liner-System und 3 Patienten ohne Liner vermessen werden. Man erkennt deutlich den Einfluss des Schaftsystems. Alle Patienten - mit und ohne Linersystem – zeigen eine signifikant (p < 0,01) geringere Variabilität der Fußlängsrichtung mit den tuberumgreifenden Schäften. Ein signifikanter Einfluss des Linersystems ist jedoch nicht vorhanden. Tab. 14: Variabilität der Fußlängsrichtung in Abhängigkeit des Schaftsystems tuberunterstützend 3,91° 2,44° Liner (N=4) ohne Liner (N=3) tuberumgreifend 1,74° 1,99° 3.2.1.3 Befragung Nachdem die Patienten das jeweilige Schaftsystem probeweise getragen haben wurden ihnen die gleichen Fragen gestellt wie den Patienten in der inter-individuellen Studie. Sie sollten ihre Zufriedenheit mit dem jeweiligen Schaftsystem in Schulnoten ausdrücken. Anschließend wurden die Antworten so ausgewertet, dass man Aussagen darüber erhielt, ob sie einem bestimmten Schaftsystem den Vorzug geben würden oder beide Schaftsysteme gleich beurteilt wurden. Die Ergebnisse sind im Folgenden dargestellt (Abb. 58 - Abb. 62). Zunächst wurde nach dem Tragekomfort des Schaftes im Sitzen gefragt (Abb. 58). Keiner der 7 befragten Patienten gab dem tuberunterstützenden Schaft den Vorzug. 5 Patienten beurteilen die Schäfte im Sitzen gleich. Zufriedenheit beim Sitzen Anzahl Probanden tuberumgreifend 6 gleich 5 tuberunterstützend 4 3 2 1 0 Zufriedenheit beim Sitzen Abb. 58 Vorzug eines Schaftsystems im Sitzen (N = 7) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 71 Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Frage nach der Zufriedenheit im Stehen (Abb. 59). Ein Patient bevorzugte den tuberunterstützenden Schaft, aber auch hier sah die Mehrheit der Befragten keinen der beiden Schaftsysteme im Vorteil. Zufriedenheit beim Stehen Anzahl Probanden 6 tuberumgreifend gleich 5 tuberunterstützend 4 3 2 1 0 Abb. 59 Vorzug eines Schaftsystems beim Stehen (N = 7) In der Dynamik erhält man ein anderes, nicht weniger eindeutiges Ergebnis. Die Mehrheit der befragten Patienten gibt an, dass sie beim Gehen den tuberumgreifenden Schaft bevorzugen würden (Abb. 60). 2 Patienten beurteilen beide Schaftsysteme gleich. Ein Patient gibt dem tuberunterstützenden Schaft den Vorzug. Zufriedenheit beim Gehen tuberumgreifend Anzahl Probanden 6 gleich 5 tuberunterstützend 4 3 2 1 0 Abb. 60 Vorzug eines Schaftsystems im Gehen (N = 7) Dieser Patient (K.O.) war zuvor schon mit einem tuberumgreifenden Schaft versorgt. Allerdings hatte er einen neuen für den Vergleich angefertigten Schaft nur eine 72 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen knappe Woche zur Probe getragen, so dass dieser Schaft noch nicht optimal angepasst war. Dieser Patienten ist der gleiche der in Abb. 61 dem tuberunterstützenden Schaft den Vorzug gibt. Bis auf einen weiteren Patienten, der beide Schaftsysteme gleich bewertet, halten sich alle übrigen 5 Patienten mit dem tuberumgreifenden Schaft für besser versorgt. Halten Sie sich für gut versorgt? tuberumgreifend Anzahl Probanden 6 gleich 5 tuberunterstützend 4 3 2 1 0 Abb. 61 Schaftsysteme, mit welchen sich die Patienten für besser versorgt halten (N = 7) Die Beantwortung der Frage, welche Prothese einfacher an- und auszuziehen sei, ergab ein eher uneinheitliches Bild. Wie man an Abb. 62 sieht, finden 3 Patienten die tuberumgreifende Prothese leichter an- und auszuziehbar, während jeweils 2 Patienten keinen Unterschied erkennen bzw. dem tuberunterstützenden Schaft den Vorzug geben. Die Handhabbarkeit aus Sicht der Patienten schwankte zwischen der Schulnote 1 und 4. Bemerkenswert ist, dass die Versorgung mit einem Liner dabei nicht ins Gewicht fällt. Prothese einfach an und auszuziehen Anzahl Probanden tuberumgreifend 6 gleich 5 tuberunterstützend 4 3 2 1 0 Abb. 62 Schaftsystem, welchen die Patienten subjektiv am einfachsten an- und ausziehen konnten (N = 7) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 73 3.2.2 Biomechanische Untersuchungen Neben den klinischen Studien wurden auch biomechanische Untersuchungen durchgeführt, um die klinisch erhaltenen Ergebnisse zu objektivieren und zu ergänzen. 3.2.2.1 Prothesenhub Zunächst wurde wie bereits in Kap. 3.1.2 beschrieben der Prothesenhub gemessen. 1 Patient mit Liner-System konnte nicht berücksichtigt werden, da bei einem seiner Schäfte das Ventil undicht wurde und während der Messungen nicht ausgetauscht werden konnte. Somit bleiben jeweils 3 Patienten mit und ohne Liner, die mit einem tuberumgreifenden und tuberunterstützenden Schaftsystem versorgt wurden. Tab. 15 gemessener Prothesenhub in Abhängigkeit von Schaftsystem und Liner Prothesenhub in mm Mittelwert Tuberumgreifend mit Liner (N=3) 3,2 ohne Liner (N=3) 3,3 Tuberunterstützend mit Liner (N=3) 5,5 ohne Liner (N=3) 6,7 Tab. 15 zeigt den gemessenen Prothesenhub, der die vorangegangenen Ergebnisse der inter-individuellen Studie beim Vergleich der Schaftsysteme bestätigt. Man erkennt, dass unabhängig davon ob ein Liner benutzt wird oder nicht der Prothesenhub bei den tuberumgreifenden Schäften deutlich geringer ist als bei den tuberunterstützenden Schäften. Beide Ergebnisse sind signifikant. Der Unterschied zwischen den beiden Schaftsystemen ohne Liner ist sogar hochsignifikant (p<0,01). Dagegen scheint innerhalb dieser kleinen Gruppe ein Liner keinen Effekt auf den Prothesenhub zu haben. Bei den tuberumgreifenden Schäften ist der Unterschied deutlich geringer als ein möglicher Messfehler und auch bei den tuberunterstützenden Schäften ist die Verringerung des Hubs mit einem Liner nicht signifikant. 3.2.2.2 Variabilität des Gangbildes Zunächst fällt auf, dass die Konstanz des Gangbildes vom Schaftsystem abhängt. Die Mehrzahl der Patienten kann mit einem tuberunterstützenden Schaft ihr Gangbild nicht so gut reproduzieren wie mit einem tuberumgreifenden Schaft. Dies zeigt sich in einer erhöhten Standardabweichung sowohl in den kinematischen wie auch in den Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 74 kinetischen Daten. Eine mögliche Ursache hierfür könnte die Stumpfpseudarthrose und die damit verbundene Rotationsinstabilität sein [Baumgartner 2007]. Abb. 63 zeigt ein Beispiel für die Kinematik eines Patienten, bei dem die Standardabweichung (Differenz zwischen den gestrichelten Kurven) mit dem tuberunterstützenden Schaft deutlich größer ist als mit dem tuberumgreifenden Schaft. Dies kann man sowohl in den Hüft- wie auch in den Kniewinkeln erkennen. tuberumgreifend Kniewinkel Hüftwinkel tuberunterstützend Abb. 63 Beispielhafte kinematische Daten eines Patienten bei der Benutzung von tuberunterstützendem und tuberumgreifendem Schaft Auch die Daten der Kinetik (Hüft- und Kniemomente) zeigen einen Unterschied zwischen der Verwendung von tuberumgreifenden und tuberunterstützenden Schäften. Abb. 64 zeigt wiederum typische Daten eines einzelnen Patienten. Man erkennt, dass die Kurven der Belastung der Hüft- und Kniegelenke harmonischer und glatter werden. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 75 Dieses objektive Phänomen konnte bei fast allen Patienten beobachtet werden, auch bei denen, die subjektiv noch unschlüssig waren, ob sie dem tuberumgreifenden Schaft den Vorzug geben würden. tuberumgreifend Kniemoment Hüftmoment tuberunterstützend Abb. 64 Beispielhafte kinetische Daten eines Patienten bei der Verwendung von tuberunterstützendem und tuberumgreifendem Schaft Mit Hilfe des GaitRite-Systems und der Gangspuruntersuchung konnten diese Ergebnisse bestätigt werden, d.h., dass eine objektive Verbesserung des Gangbildes mit dem tuberumgreifenden Schaft zu beobachten war. Im Einzelnen wurden folgende Parameter verglichen: die angenehme Gehgeschwindigkeit die für den Patienten subjektiv als maximal empfundene Gehgeschwindigkeit. Asymmetrie der Schrittlänge Asymmetrie der Standphase Viele Patienten erreichen mit einem tuberumgreifenden Schaft eine höhere Endgeschwindigkeit als mit dem tuberunterstützenden Schaft. Die Asymmetrie der Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 76 Schrittlänge geht zurück und auch die Asymmetrie in der Standphase verringert sich. Tab. 16 zeigt die typischen Daten eines Patienten. Tab. 16 Beispielhafte Daten eines Patienten bei der Gangspuruntersuchung mit dem GaitRite-System tuberumgreifend tuberunterstützend tuberumgreifend schnell tuberunterstützend schnell Geschwindigkeit Asymmetrie Asymmetrie in km/h Schrittlänge Standphase 3,10 -0,15 -0,05 3,20 -0,20 -0,08 4,01 3,85 -0,13 -0,17 -0,07 -0,07 3.2.2.3 Druckverteilung im Schaft ohne Liner mit Liner A.E. D.M. 3,5 3,5 2,5 tuberumgreifend 3 tuberunterstützend Druck [N/cm²] Druck [N/cm²] 3 2 1,5 1 K. Z. 1 tuberunterstützend 2 1,5 1 J.V. 8 tuberumgreifend 7 Druck [N/cm²] Druck [N/cm²] 1,5 9 3,5 6 5 4 3 2 0,5 1 0 0 P.S. 4 3,5 2,5 tuberunterstützend 2 1,5 1 D.K. 3,5 tuberumgreifend Druck [N/cm²] 3 Druck [N/cm²] 2 0 0 2,5 tuberunterstützend 2,5 0,5 0,5 3 tuberumgreifend 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0,5 0 0 Abb. 65 Druckmessungen ventral im Stand für tuberumgreifende und tuberunterstützende Schäfte Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 77 Eine wichtige biomechanische Aussage liefert die Druckverteilungsmessung im Schaft. Der Schwerpunkt der Messung wurde auf die ventrale Druckverteilung, insbesondere im Bereich des Scarpa-Dreieck gelegt. Abb. 65 zeigt die Druckmessungen von 6 Patienten (jeweils 3 mit und 3 ohne Liner) ventral im Stand. Man erkennt, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle der Druck in tuberunterstützenden Schäften größer ist als in den tuberumgreifenden Schäften. Häufig – insbesondere bei den tuberunterstützenden Schäften – steigt der Druck ventral über 2 N/cm2. Dieser Wert ist in Bezug zu setzen mit dem mittleren Druck im Scarpa Dreieck von 90mm Hg(1,2 N/cm2 . Die Durchblutung wird also gestört. ohne Liner mit Liner tuberumgreifend 8 tuberumgreifend 8 tuberunterstützend Druck [N/cm²] Druck [N/cm²] tuberunterstützend 6 4 2 6 4 2 0 0 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Schrittzyklus [%] Schrittzyklus [%] tuberumgreifend 8 tuberumgreifend tuberunterstützend 12 tuberunterstützend 10 Druck [N/cm²] 6 4 2 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 50 60 0 70 80 90 100 0 Schrittzyklus [%] 8 tuberumgreifend Druck [N/cm²] Druck [N/cm²] tuberunterstützend 6 4 2 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Schrittzyklus [%] 20 40 60 Schrittzyklus [%] 80 100 tuberumgreifend tuberunterstützend 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Schrittzyklus [%] Abb. 66 Druckmessungen ventral im Gehen für tuberumgreifende und tuberunterstützende Schäfte Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 78 Bei der Druckmessung im Gehen zeigt sich ein ähnliches Bild (Abb. 66). Der Druck bei Verwendung von tuberumgreifenden Schäften ist bei fast allen Patienten im Scarpa-Dreieck deutlich niedriger als bei den tuberunterstützenden Schäften. Allerdings kommt es hier im Verlauf einer Gangphase kurzzeitig zu einer völligen Entlastung, so dass die Zirkulation nicht dauernd unterbrochen ist. Der SchmerzSchwellwert von 4 N/cm2 [Ploetz 1956] wird mit tuberumgreifenden Schäften seltener überschritten als mit tuberunterstützenden Schäften. Bei dem Patienten, bei dem der Schaft nicht passgerecht war zeigt sich insbesondere im Gehen ein erhöhter Druck bei diesem Schaftsystem. 3.2.2.4 Beckenschiefstand und - neigung Auswirkungen auf das Achsenskelett wurden mit der Rasterstereografie untersucht. Tab. 17 zeigt die Differenz des Beckenschiefstandes sowie der Beckenneigung beim Vergleich beider Schaftsysteme. Das prothetisch versorgte Bein ist im Allgemeinen kürzer als das erhaltene Bein und verursacht dadurch einen Beckenschiefstand. Eine verstärkte Lordosierung geht im Allgemeinen mit einer erhöhten Beckenneigung einher. Das Vorzeichen der Werte in Tab. 17 ist so gewählt, dass ein positiver Wert eine Erhöhung des Beckenschiefstandes bzw. eine Erhöhung der Beckenneigung bei Verwendung des tuberunterstützenden Schaftes gegenüber dem tuberumgreifenden Schaft bedeutet. Ein negativer Wert bedeutet entsprechend eine Verringerung des Winkels durch den tuberunterstützenden Schaft. Man erkennt deutlich, dass sich sowohl mit als auch ohne Liner der Beckenschiefstand signifikant bei Verwendung des tuberunterstützenden Schaftes erhöht. Die Erhöhung liegt in etwa in dem Bereich, in dem der Prothesenhub der unterstützenden Schäfte größer ist als der der tuberumgreifenden Schäfte. Tab. 17 gemessene Differenz des Beckenschiefstandes und der Beckenneigung beim Vergleich tuberumgreifender und tuberunterstützender Schaft Beckenschiefstand Beckenneigung in ° Patient in mm D.M. 0,8 - 1,7 Differenz mit D.K. 1,9 3,7 * Liner J.V. 4,9 5,9 Mittelwert Differenz ohne Liner A.E. K.Z. P.S. Mittelwert Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 2,5 1,9 5,4 5,6 4,3 1,7 1,8 2,0 5,4 3,0 79 Beim Vergleich der Beckenneigung ergibt sich ein etwas differenzierteres Bild. Alle Patienten, die ohne Liner versorgt sind, zeigen eine größere Beckenneigung bei Verwendung des tuberunterstützenden Schaftes. Mit Liner erkennt man bei 2 Patienten eine Erhöhung der Beckenneigung bei Verwendung des tuberunterstützenden Schaftes. Einer dieser Patienten (gekennzeichnet mit *) war noch unzufrieden mit dem tuberumgreifenden Schaft, auch war hier der Beugekontraktur nicht so stark gefolgt worden, wie beim unterstützenden Schaft. Der tuberumgreifende Schaft dieses Patienten ist – wie erwähnt – derzeit in der Nachbearbeitung. Insgesamt zeigt auch die Rasterstereografie die Vorteile des tuberumgreifenden Schaftes gegenüber dem tuberunterstützenden Schaft. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 80 4 Diskussion Die nachfolgende Diskussion der Ergebnisse ist entsprechend den Hypothesen in Kap. 1.9 aufgebaut. 4.1 Hypothese 1 Der tuberunterstützende Schaft ist bei Kriegsversehrten und Langzeitamputierten die Regelversorgung Die Ergebnisse sowohl der Versorgungsstatistik wie auch der Fragebogenaktion belegen diese Hypothese. Obwohl sowohl die Versorgungsstatistik wie auch die Fragebogenaktion nicht bundesweit durchgeführt wurden und somit nicht repräsentativ sind, so kann man dennoch eine Tendenz erkennen, die diese Hypothese stützt. 13 der 21 Kriegsversehrten der Versorgungsstatistik (62%) sind mit tuberunter- stützenden Schäften versorgt. Bei den Langzeitamputierten insgesamt sind es immer noch 56%. 28% aller Langzeitamputierten und nur 19% der Kriegsversehrten (4 von 21) sind mit tuberumgreifenden Schäften versorgt. Die übrigen tragen sonstige Schaftformen. Die Fragebogen-Studie mit Schwerpunkt auf Kriegsversehrten erfasst 31 Kriegsversehrte unter insgesamt 60 Rückläufern. Jeweils 12 auswertbare Rückläufer geben tuberunterstützende bzw. tuberumgreifende Schäfte an. Die Tendenz ist in beiden Studien gleich: ein großer Anteil der Kriegsversehrten wird tuberunterstützend versorgt. Die Diskrepanz im Detail ist durch den unterschiedlichen Modus der Erhebung zu erklären. Anders als bei der Versorgungstatistik, bei der die Daten durch einen Orthopädietechniker bzw. Arzt in der Krankenakte festgehalten wurden, beruhen bei der Befragung die Ergebnisse auf einer Selbsteinschätzung. Das Schaftsystem - falls nicht bekannt – wurde durch den Vergleich mit einer Abbildung im Fragebogen ermittelt, was insgesamt erheblich fehleranfälliger ist. Der Grund dafür, dass viele Langzeitamputierte und Kriegsversehrte mit tuberunterstützenden Schäften versorgt sind, liegt in der historischen Entwicklung der Schaftsysteme. Wie in der Einleitung (Kap. 1.4) erläutert, war in den Nachkriegsjahren der tuberunterstützende Schaft der „Standard“. Auch wenn Probleme mit dieser Schaftform schon länger bekannt waren, wurde der tuberumgreifende Schaft erst in den 80er Jahren von der Mehrheit der Versorgungsbetriebe wahrgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren die KriegsKlinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 81 versehrten aber schon 40 Jahre oder länger versorgt - in der Regel mit tuberunterstützenden Schäften - und 2/3 von ihnen sind damit zufrieden - siehe Abb. 45. Für sie gab und gibt es somit zunächst keinen Grund, das Schaftsystem zu wechseln. 4.2 Hypothese 2 Der tuberumgreifende Schaft ist die Versorgung der Wahl bei Neuversorgungen. Diese Hypothese wird durch die Versorgungsstatistik bestätigt. Bei einem Großteil der dort erfassten Patienten handelt es sich um Neuversorgungen: 85% der Patienten sind seit weniger als 50 Jahren amputiert, 68% sogar seit weniger als 25 Jahren (Abb. 11). Abb. 15 zeigt, dass von den 22 Amputierten unter 30 Jahren keiner tuberunterstützend versorgt ist. Über 70% aller 190 erfassten Versorgungen sind tuberumgreifend, so dass dieses Schaftsystem in der Tat als die Regelversorgung angesehen werden kann. Da nach dem Krieg die tuberunterstützende Versorgung die Regelversorgung war, ist bei Patienten mit lange zurückliegender Amputation diese Versorgung vermehrt anzutreffen. Dieser Schluss gilt aber nicht automatisch für alle älteren Patienten. Von den 87 Patienten der Versorgungsstatistik, die über 60 Jahre alt sind, sind nur 15 tuberunterstützend versorgt, 13 davon sind tatsächlich Kriegsversehrte. Bei den übrigen geriatrischen Patienten ist die Amputation erst erheblich später erfolgt. 64 dieser Patienten sind mit tuberumgreifenden Schäften versorgt. Es muss betont werden, dass es sich bei diesen Zahlen größtenteils (ca. 75%) um die Versorgungsstatistik der Klinik für Technische Orthopädie handelt, die neue Entwicklungen in der Amputationsversorgung immer vorangetrieben hat, aber nicht repräsentativ für die allgemeine Versorgungssituation ist. Eine - nicht veröffentlichte Umfrage der Bundesfachschule für Orthopädietechnik bei Sanitätshäusern besagt, dass in der Allgemeinversorgung dieser hohe Anteil tuberumgreifender Versorgungen noch nicht erreicht wird. Einen Hinweis, der die obige Hypothese weiterhin bestätigt, liefert die Patientenbefragung. Diese Patientenklientel setzte sich zusammen aus Patienten der verschiedenen orhopädischen Versorgungsstellen, sowie Patienten vorange- gangener Prüfaufträge. Letztere waren nicht nur Patienten der Klinik für Technische Orthopädie, sondern waren mit Hilfe der Zeitschrift „Handicap“ bundesweit für eine CLeg Testung in die Klinische Prüfstelle gekommen. Man erkennt an den Ergebnissen, 82 Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen dass auch in diesem Fall jüngere Patienten selten mit tuberunterstützenden Schäften versorgt sind. Fast 70% der unter 60-jährigen besitzen einen tuberumgreifenden Schaft. Ebenfalls deutlich ist das Ergebnis bezüglich der Amputationsdauer. Zwei Drittel aller Patienten mit einer Amputationsdauer von unter 50 Jahren sind tuberumgreifend versorgt. Nur 2 dieser Patienten sind mit tuberunterstützenden Schäften versorgt, die übrigen mit sonstigen Schaftsystemen. Es erstaunt, dass diese beiden Patienten erst seit 3 bzw. 5 Jahren amputiert sind. Das könnte allerdings auch ein Hinweis auf die abweichende bundesweite Allgemeinversorgung sein. Somit ist festzuhalten, dass Neuversorgungen zwar häufig tuberumgreifend versorgt werden und dies auch in Zentren wie der Klinik für Technische Orthopädie die Regelversorgung darstellt, aber viele Sanitätshäuser auch noch für Neuversorgungen tuberunterstützende Schäfte herstellen. 4.3 Hypothese 3 Klinisch und biomechanisch überwiegen die Vorteile des tuberumgreifenden Schaftes. Hierzu wurden neben der Literaturrecherche umfangreiche klinische und biomechanische Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Kap. 3 ausführlich erläutert. 4.3.1 Klinisch Die Ergebnisse der inter-individuellen Studie zeigen dass die Mehrzahl der Patienten mit tuberumgreifenden Schäften versorgt ist und die Patienten mit diesem Schaftsystem überwiegend zufrieden sind (z.B. Abb. 44). Auch Kriegsversehrte, die einen tuberumgreifenden Schaft besitzen, sind überwiegend zufrieden mit ihrem Schaftsystem. Dagegen wird deutlich, dass im Fall der tuberunterstützend versorgten Patienten, die Anzahl unzufriedener Patienten größer ist. Insbesondere bei den Kriegsversehrten sind ein Drittel der befragten Personen unzufrieden mit ihrem Schaftsystem (Abb. 45). Dies ist ein erster klinischer Hinweis auf die Vorteile des tuberumgreifenden Schaftes. Im Detail fällt auf, dass viele Kriegsversehrte Probleme mit der Tuberumgreifung im Sitzen anführen. Dies liegt voraussichtlich in den meisten Fällen jedoch nicht an der Umgreifung, sondern an der Ausführung des Schaftes. Es ist anzunehmen, dass in solchen Fällen die hintere Ausschneidung nicht tief genug ausgefallen ist, so dass die Patienten nicht auf ihrem Sitzbein, Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 83 sondern auf dem Prothesenrand sitzen. Im Stehen zeigen sich die Vorteile des tuberumgreifenden Schaftes. Kein Patient, kriegsversehrt oder nicht, ist unzufrieden mit seinem tuberumgreifenden Schaftsystem. Allerdings gibt es bei den Patienten mit tuberunterstützendem Schaftsystem 2 Kriegsversehrte, die beim Stehen und Gehen unzufrieden sind. Viele tuberumgreifend versorgte Patienten sind mit ihrem Schaftsystem zufrieden, insbesondere die Kriegsversehrten. Auf die Frage, ob sie sich für gut versorgt halten, antwortet nur ein einziger von 15 Patienten mit einem tuberumgreifenden Schaft mit „Nein“. Bei den Befragten mit tuberunterstützenden Schäften ist es ein Drittel (Tab. 9). Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass im Alltag der tuberumgreifende Schaft Vorteile bietet. Einschränkend muss man an dieser Stelle hinzufügen, dass ebenfalls ein Drittel der tuberunterstützend versorgten Befragten angab, dass ihre Prothese nicht passgerecht ist (Tab. 10). Inwieweit dies ihre Antwort bezüglich des Tragekomforts beeinflusst hat, kann aufgrund der Anonymität der Fragebögen nicht nachvollzogen werden. Klinisch wurde des Weiteren nach Handhabbarkeit der Prothesen gefragt. Der Großteil aller tuberumgreifend versorgten Probanden war zufrieden mit der Handhabbarkeit ihrer Prothese. Bei den tuberunterstützend versorgten Probanden gab wiederum ein Drittel der Befragten an, dass sie mit der Handhabbarkeit unzufrieden sind. Somit konnte innerhalb der inter-individuellen Studie die Hypothese in Bezug auf die klinischen Vorteile bestätigt werden. Auch innerhalb der intra-individuellen Studie bestätigt sich die Hypothese. Auch diese Probanden wurden nach ihrer Zufriedenheit befragt und welchem Schaftsystem sie den Vorzug geben würden. Mit Bezug auf das Sitzen sprach sich kein Proband allein für den tuberunterstützenden Schaft aus, aber auch beim Stehen wurden beide Schäfte häufig gleich bewertet. Somit kann man festhalten, dass klinisch betrachtet in der Statik die wenigsten Unterschiede zwischen den Schaftsystemen bestehen. In der Dynamik sieht es dagegen anders aus. Die Mehrheit der Patienten entschied sich bei der Frage nach der Zufriedenheit für den tuberumgreifenden Schaft und nur ein Patient, dessen tuberumgreifender Schaft noch verbesserungsbedürftig war, gab an, dass er zum getesteten Zeitpunkt den tuberunterstützenden Schaft bevorzugen würde. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 84 Auch auf die Frage nach der Handhabbarkeit gab fast die Hälfte der Probanden an, dass sie in diesem Punkt den tuberumgreifenden Schaft bevorzugen. Um diese Aussage zu quantifizieren, war die Zeit, die für das An- und Ausziehen benötigt wird, als Maß vorgesehen. Es zeigte sich aber (Tab. 7), dass die Zeiten nicht aussagekräftig sind. Offensichtlich sind den Patienten die Umstände, unter denen sie die Prothese an- und ausziehen können wichtiger, beispielsweise, ob sie dabei sitzen können oder nicht. Somit musste auf die subjektive Einschätzung der Probanden zurückgegriffen werden, die häufig den tuberumgreifenden Schaft bevorzugten. Ein weiterer klinischer Test, der sich direkt an die Handhabbarkeit anschließt, ist die Messung der Variabilität der Fußlängsrichtung beim wiederholten An- und Ausziehen. Eine gute Reproduzierbarkeit ist ein Hinweis auf eine gute Passform und eine geringe Stumpfpseudarthrose. Es konnte gezeigt werden, dass die Variabilität bei den tuberumgreifenden Schäften signifikant geringer war als bei den tuberunterstützenden Schäften. Somit ist auch die Reproduzierbarkeit der Fußstellung beim Anziehen der Prothese bei tuberumgreifenden Schäften in höherem Maße gegeben. Demnach ergibt sich nicht nur ein Kriterium für eine verbesserte Handhabbarkeit, sondern auch für eine erhöhte Sicherheit und ein harmonischeres Gangbild.. Insgesamt kann somit die Hypothese bestätigt werden, dass klinisch die Vorteile einer tuberumgreifenden Prothese überwiegen. 4.3.2 Biomechanisch Biomechanisch wurde in der inter-individuellen Studie nur der Prothesenhub untersucht. Es zeigte sich, dass tuberumgreifende Schäfte einen geringeren Hub und damit eine geringere Stumpfpseudarthrose aufweisen als tuberunterstützende Schäfte (Tab. 12). Dies wurde in der intra-individuellen Studie (Tab. 15) bestätigt. Allerdings fallen in der intra-individuellen Studie die Werte insgesamt geringer aus, der Unterschied bleibt aber signifikant. In der intrer-individuellen Studie wiesen im Mittel die tuberunterstützenden Schäfte einen um etwa 7mm größeren Hub auf als die tuberumgreifenden. In der intra-individuellen Studie ist dieser Unterschied auf 2,3mm (bei der Verwendung von Linern) bis 3,4mm (ohne Liner) geschrumpft. Der Messfehler liegt aufgrund der Genauigkeit der Kameras bei etwa 0,8mm. Es ist zu vermuten, dass dieser Unterschied in einem Qualitätsunterschied der Schäfte begründet ist. Im Gegensatz zu den in der inter-individuellen Studie vermessenen Schäften sind die Schäfte für die intra-individuelle Untersuchung in der Klinischen Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 85 Prüfstelle speziell angefertigt und angepasst. Es wird zu untersuchen sein, ob die Messung des Prothesenhubs damit als ein objektives Maß zur Qualitätskontrolle von Schäften eingesetzt werden kann. Ein erfahrener Orthopädietechniker stellt die Länge einer Prothese immer so ein, dass ein möglichst geringer Beckenschiefstand erreicht wird, gleichzeitig aber der Patient die Prothese ohne hängen zu bleiben durchschwingen kann. Es lässt sich argumentieren, dass der Prothesenhub, der ja die Prothese in der Schwungphase effektiv verlängert, durch eine Verkürzung der Prothese kompensiert werden muss. In diesem Fall ist zu erwarten, dass der Patient im Stand einen Beckenschiefstand zeigt, wobei die prothetisch versorgten Seite verkürzt ist. Diese Überlegung wird durch die Rasterstereographie bestätigt. (Tab. 17). Der Vergleich des Beckenschiefstandes tuberunterstützender zu tuberumgreifender Versorgung zeigt für den tuberumgreifenden Schaft eine Verbesserung von 2,5 mm mit Liner und von 4,3mm ohne Liner in qualitativer Übereinstimmung mit den Werten der Tab. 15. Auch die in der Literatur beschriebene Beckenvorkippung mit dem tuberunterstützenden Schaft konnte mit Hilfe der Rasterstereografie nachgewiesen werden. Insbesondere bei der Versorgung ohne Liner ergab sich eine signifikant größere Beckenneigung im Mittel von 3°. Um die postulierten Vorteile des tuberumgreifenden Schaftes in der Dynamik beweisen zu können, wurde eine vollständige Ganganalyse der Probanden durchgeführt. Die Ergebnisse (Abb. 63 und Abb. 64) zeigen, dass die Patienten mit dem tuberumgreifenden Schaft ein harmonischeres Gangbild haben. Aufgrund der reduzierten Standardabweichung der kinetischen und kinematischen Daten kann ebenfalls auf eine erhöhte Sicherheit beim Gehen mit einem tuberumgreifenden Schaft geschlossen werden. Die in der GaiteRite-Messung gefundene Reduzierung der Asymmetrie in der Standphase bei den Probanden mit tuberumgreifenden Schäften ist ein Beweis für eine höhere Entlastung der kontralateralen Seite. Ebenfalls nachgewiesen wurde die erhöhte Druckbelastung im Scarpa-Dreieck sowohl im Stehen als auch im Gehen. Im Stehen liegt der Druck bei allen tuberunterstützenden Schäften oberhalb des Blutdrucks von 1,2 N/cm2. Im Gehen zeigen ebenfalls alle tuberunterstützenden Schäfte Druckspitzen in der Standphase, die im Schmerzbereich oberhalb von 4 N/cm2 [Ploetz 1956] liegen. Allerdings könnte Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 86 dieser Schwellwert zu tief angesetzt sein, Müller-Schwefe und Überall [2007] geben einen Wert von ca. 28 N/cm² an. Damit bestätigen neben den klinischen Untersuchungen auch die biomechanischen Messungen die Vorteile des tuberumgreifenden Schaftes. 4.4 Hypothese 4 Patienten, denen die Möglichkeit gegeben wird, beide Systeme gegeneinander zu testen, werden in der Regel dem tuberumgreifenden Schaft den Vorzug geben. Bei der Fragebogenaktion wurde auch nach Vorversorgungen und Änderungen des Schaftsystems gefragt. Allerdings gaben nur insgesamt 5 tuberumgreifend versorgte Patienten eindeutige Auskunft über eine Vorversorgung mit einem tuberunterstützenden Schaft. Aus den meisten Antworten ging zwar hervor, dass im Laufe der Zeit Änderungen am Schaftsystem durchgeführt worden sind, allerdings betrafen die Angaben hauptsächlich das Material. Die 5 Patienten, die über einen Wechsel berichteten, gaben alle an, dass sie mit dem Wechsel auf die tuberumgreifende Form zufrieden waren. Innerhalb der intra-individuellen Studie sprechen sich 5 der 6 Patienten eindeutig für den tuberumgreifenden Schaft aus. Der Patient P.S., bei dem alle 4 möglichen Versorgungen geprüft wurden - ein sportlicher junger Mann der AK 4 - bevorzugte den tuberumgreifenden Schaft ohne Liner. Mit Liner-System bewertete er beide Schaftsysteme gleich. Der Patient D.K. sprach sich für den tuberunterstützenden Schaft aus. Allerdings war das möglicherweise kein endgültiges Urteil, da er den tuberumgreifenden Schaft noch nicht als passgerecht empfand. Veränderungen am Schaft sind derzeit in Arbeit und der Patient wird anschließend noch einmal mit einem optimierten Schaft klinisch und biomechanisch vermessen. Die Hypothese kann damit als bestätigt angesehen werden. Die objektiven biomechanischen und klinischen Befunde gehen in die gleiche Richtung und auch die wenigen Antworten der Fragebogenstatistik haben die gleiche Tendenz. Selbstverständlich ist in jedem Fall ein passgerechter Schaft die Voraussetzung. Ein gut angepasster tuberunterstützender Schaft wird wie bei Patient D.K. gesehen einem schlecht angepassten tuberumgreifenden Schaft vorgezogen. Dennoch, selbst ein nicht optimaler tuberumgreifender Schaft kann objektiv von Vorteil sein: Während der Anpassungsphase zeigten in zwei Fällen die DruckKlinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 87 messungen eine unzureichende Anpassung des tuberumgreifenden Schaftes - was von den Patienten auch so bestätigt wurde. Trotzdem zeigten die Ergebnisse der Ganganalyse, des Prothesenhubs, der Variabilität der Längsrichtung und teilweise auch der Rasterstereografie Verbesserungen mit diesem Schaft. 4.5 Hypothese 5 Patienten mit tuberunterstützenden Schäften, insbesondere Geriatriker und Kriegsversehrte, können von einem tuberumgreifenden Schaft profitieren, wenn sie das System akzeptieren. Dies Hypothese ist eng mit den beiden vorangegangene Hypothesen verknüpft. Es konnte gezeigt werden, dass die klinischen und biomechanischen Vorteile beim tuberumgreifenden Schaft überwiegen. Des weiteren konnte gezeigt werden, dass die Zufriedenheit von Kriegsversehrten, die mit tuberumgreifenden Schäften versorgt sind, groß ist. Innerhalb der intra-individuellen Studie gab es zum einen den Patienten A.Z., der zunächst mit einem tuberunterstützenden Schaft versorgt war, am Ende der Studie den tuberumgreifenden Schaft in allen Punkten vorgezogen hat. Zum anderen gab es den Patienten D.K. der zwar vom tuberumgreifenden Schaft profitierte, ihn jedoch nicht akzeptiert hat. Dies lag bei ihm voraussichtlich an einem nicht optimalen Schaft. Es ist vorstellbar, dass – insbesondere bei Langzeitamputierten - der Gewöhnungseffekt so groß ist, dass ungewohnte Neuerungen per se abgelehnt werden. Auch kann das langjährige Tragen von tuberunterstützenden Schäften – wie in der Einleitung dargestellt – den Stumpf eines Patienten so verändern, dass eine Umstellung auf einen tuberumgreifenden Schaft große Anforderungen an die Fähigkeiten des Orthopädietechnikers und an die Geduld des Amputierten stellt. Somit kann auch diese Hypothese bestätigt werden. 4.6 Hypothese 6 Patienten mit kurzen und/oder problematischen Stümpfen können in besonderem Maß von einem tuberumgreifenden Schaft profitieren Innerhalb der Versorgungsstatistik konnte gezeigt werden, dass zum einen Patienten mit kurzen Stümpfen prozentual häufiger mit tuberunterstützenden Schäften versorgt sind, als Patienten mit mittellangen und langen Stümpfen. Die Stumpfqualität hatte Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 88 innerhalb der Versorgungsstatistik keinen Einfluss darauf mit welchem Schaftsystem ein Patient versorgt war. Ein Zusammenhang konnte nur in Bezug auf Alter und Amputationsdauer nachgewiesen werden. Innerhalb der Fragebogen-Statistik sind die Personen nicht nur nach ihren Stumpfverhältnissen sondern auch zur Zufriedenheit mit ihrer Versorgung befragt worden. Zwar sind die erhaltenen Antworten subjektiv, sie geben jedoch gute Anhaltspunkte für die Bestätigung dieser Hypothese. Es zeigte sich (Abb. 52), dass Patienten mit kurzen Stümpfen und tuberunterstützenden Schäften häufiger unzufrieden mit ihrer Versorgung sind als mit einer tuberumgreifenden Versorgung. Auch der Patient D.M., der einen kurzen Stumpf besitzt, sprach sich in allen Punkten für den tuberumgreifenden Schaft aus. Dies wurde klinisch und biomechanisch bestätigt. In Bezug auf die Stumpfqualität konnte innerhalb der Fragebogen-Statistik kein Zusammenhang mit der Wahl des Schaftsystems gezeigt werden. Innerhalb der intra-individuellen Studie hatten alle Patienten in gewissen Bereichen Stumpfprobleme (s. Kap. 2.2.1). Bis auf Patient D.K., der aus den erwähnten Gründen zum derzeitigen Zeitpunkt den tuberunterstützenden Schaft, trotz teilweiser klinisch und biomechanisch erwiesener Vorteile ablehnt, favorisieren alle übrigen den tuberumgreifenden Schaft. Bei diesen Patienten konnten sowohl klinisch als auch biomechanisch deutliche Vorteile nachgewiesen werden. Die Ergebnisse sowohl der inter-individuellen Studie wie auch der intra-individuellen Studie sind somit ein Hinweis auf die Richtigkeit dieser Hypothese. 4.7 Hypothese 7 Liner bieten klinische Vorteile und erleichtern die Handhabbarkeit einer Prothese Liner-Systeme sind aber nicht für alle Patienten geeignet. Aus den Erfahrungen der Technischen Orthopädie und Studien in der Literatur (s. Kap 1.6) können u.a. folgende Kontraindikationen festgehalten werden: • Mangelnde Hygiene (erhöhter Pflegeaufwand des Liners) • Unverträglichkeit (Eigenschweiß-Reaktionen, Hautirritationen und Exzembildung möglich • Unvermeidbare Lufteinschlüsse (z.B. durch tief eingezogene Narben) • Keine Vollkontaktfähigkeit Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 89 • ultrakurzer Stumpf Biomechanisch können die Vorteile der Linersysteme bisher nur teilweise gezeigt werden. Zwar kann die Verwendung eines Liners den Prothesenhub innerhalb der inter-individuellen Studie reduzieren (Abb. 57), bei den maßangefertigten Schäften der intra-individuellen Studie haben die Liner bei den tuberumgreifenden Schäften keinen Einfluss mehr auf den Prothesenhub. Auch in Bezug auf die Variabilität der Fußlängsrichtung zeigt sich mit einem Liner bei den tuberumgreifenden Schäften keinerlei Einfluss mehr. Somit sind die wichtigsten Aussagen zu Liner-Systemen klinischer Art. Liner bieten folgende klinische Vorteile: • Verbesserung von Hautproblemen • Verbesserung von Narben-Keloiden • Verbesserung der Haftung • Stabilisierung des Stumpfvolumens • Verbesserung der Handhabbarkeit Innerhalb der Versorgungsstatistik wird gezeigt, dass insbesondere ältere Patienten mit Liner versorgt sind. Innerhalb der Aktivitätsklasse 2 werden besonders häufig Liner eingesetzt. Besonders für diese Patienten ist es wichtig, dass sie ihre Prothese im Sitzen anziehen können. Die ermittelten Zeiten für das Anziehen einer Prothese liegen im Schnitt bei etwa 2 Minuten. Kein Patient der Aktivitätsklasse 1 ist in der Lage für diese Zeitspanne das Stehgleichgewicht nur auf dem erhaltenen Bein zu halten. Liner-Systeme sind nach der Versorgungsstatistik häufig bei pAVK Patienten aber sehr selten bei Langzeitamputierten eingesetzt. Der Grund für den seltenen Einsatz von Linern bei Kriegsversehrten, bzw. Langzeitamputierten insgesamt, liegt vermutlich wieder daran, dass zum Zeitpunkt der Amputation eine Versorgung ohne Liner die Regel war. Außerdem spielt auch die Gewöhnung eine entscheidende Rolle. Ein Patient, der in der Regel mit seiner Versorgung zufrieden ist, wird sein Schaftsystem wie gezeigt nicht ohne weiteres ändern. Auch die Fragebogenstatistik bestätigt diese Ergebnisse. Nur in Ausnahmefällen sind Kriegsversehrte mit Linern versorgt, auch wenn diese Ihnen bezüglich Tragekomfort und Handhabbarkeit Vorteile bringen könnten. Somit bestätigen die biomechanischen und insbesondere die klinischen Ergebnisse die Hypothese. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 90 5 Zusammenfassung Zusammenfassend lassen sich folgende Aussagen festhalten • Der tuberumgreifende Schaft ist dem tuberunterstützenden in jeglicher Hinsicht klinisch und biomechanisch überlegen • Langjährig Amputierte können profitieren. Voraussetzung hierbei ist eine große Erfahrung des Orthopädietechnikers und die Mitarbeit des Patienten. • Alle Patienten können profitieren, insbesondere Patienten mit kurzen und problematischen Stümpfen • Liner-Systeme erhöhen die Handhabbarkeit der Prothesen insbesondere für ältere Patienten und Patienten niedriger Aktivitätsklassen Die Empfehlung der Klinischen Prüfstelle für die Schaftversorgung von Oberschenkelamputierten lautet daher • bei Neuversorgungen sollte in jedem Fall ein tuberumgreifender Schaft angestrebt werden. Ausnahmen von dieser Regel können gemacht werden, wenn: o keine anatomische Tuberumgreifung möglich ist (z. B bei fehlendem oder zu kleinem Tuber, oder bei einem zu großen Tuberwinkel, wie er beim weiblichen Becken vorkommen kann). • Bei Folgeversorgungen von Patienten mit tuberunterstützenden Schäften sollte ebenfalls ein tuberumgreifender Schaft angestrebt werden. Insbesondere wenn der Patient mit seinem tuberunterstützenden Schaft unzufrieden ist oder er damit Schwierigkeiten hat ist ein Systemwechsel erfolgversprechend. Ausnahmen ergeben sich, wenn o keine anatomische Tuberumgreifung möglich ist (s.o.). o der Patient das Gesamtsystem nicht akzeptiert. Für Liner-Systeme (Erstversorgung und Umstellung) können folgende Empfehlungen für eine Versorgung gegeben werden: • bei geriatrischen Patienten (auch Langzeitamputierte) • bei Patienten mit Hautproblemen • bei Patienten mit Volumenschwankungen • bei Patienten niedriger Aktivitätsklassen Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 91 Ausblick Für die Zukunft scheint es unerlässlich, die Qualität der handwerklichen Schaftherstellung in Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringern, den Kostenträgern und der Klinischen Prüfstelle zu sichern und sie gleichzeitig verstärkt im Gesamtkonzept der medizinischen Rehabilitation Amputierter oder Menschen mit Dysmelie zu betrachten. Dazu gehört, dass die Belange des Patienten ausreichend berücksichtigt werden müssen [Franzen, 1992], um so den Misserfolg der Versorgung und Ressourcenverschwendung zu vermeiden. Unterstützt werden muss diese Herangehensweise durch den Einsatz etablierter Qualitätssicherungsverfahren [Jäckel, 2004] verbunden mit einem intensivierten Datenaustausch zwischen den beteiligten Gruppen. Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 92 6 Literatur Baumgartner R. (1997): Die sitzbeinumgreifende Schafttechnik aus medizinischer Sicht. Orthopädie-Technik 48, 650-656 Baumgartner R., Greitemann B. (2007): Grundkurs Technische Orthopädie, 2., überarb. Aufl., Thieme, Stuttgart Beekman C.E., Axtell L.A. (1987): Prosthetic use in elderly patients with dysvascular above knee amputations. Phys. Ther. 67(10), 1510-1516 Bieringer S., Sibbel B., Kokegei D. (2007): Exoskelettale Prothesen der unteren Extremität. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date, 353-376 Bufa (1999): Prothetik nach transfemoraler Amputation - Unterrichtsmaterialien Botta P. (1990): Ist die querovale Schaftform noch vertretbar? Med. Orth. 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(1941): Kunstglieder und orthopädische Hilfsmittel, Springer, Berlin Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 97 7 Anhang 7. 1 Fragebogen zur Untersuchung der Versorgungssituation Angaben zur Person Geschlecht männlich Geburtsjahr ______ Größe ______ cm Gewicht ______ kg Aktivitätsklasse AK 1 „Haushaltsgeher" AK 2 eingeschränkter Außenbereichsgeher AK 3 uneingeschränkter Außenbereichsgeher AK 4 wie 3 mit besonders großen Ansprüchen Was machen Sie beruflich? __________________________________________ weiblich Vollzeit Teilzeit Rente Sonstiges arbeitssuchend Wohnsituation allein Familie Benutzen Sie öffentliche regelmäßig ungern Heim gar nicht Verkehrsmittel? Fahren Sie selber Auto? ja nein Fahren Sie selber Fahrrad ja nein Treiben Sie Sport ja nein - Falls ja mit Prothese ohne Prothese Angaben zur Amputation Amputationsjahr ___________ Amputationsseite rechts Amputationsursache Kriegsversehrt Tumor Durchblutungsstörung links beidseitig Unfall Entzündung Diabetes Sonstiges __________________________________ Alter bei Erstversorgung: _______ Jahre Nachamputation/Stumpfrevison Nein - Falls ja Ja wann (Jahr) ______ warum: ____________________________________ Stumpflänge (Amputationshöhe im lang (unteres Drittel) Drittel) Vergleich zur Gegenseite) kurz (oberes Drittel) Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen mittel (mittleres ultrakurz 98 Haben sie einen problematischen Stumpf? nein Narben Schmerzen Weichteilüberhang wenig Weichteildeckung Neuromknoten Knochenspitzen Hauttransplantat Volumenschwankungen im Tagesverlauf Sonstiges_______________________________ Begleiterkrankungen Haben Sie Probleme mit dem ja erhaltenen Bein? Wenn ja, welche? __________________________________________ nein (z.B. Arthrose, weitere Amputationen __________________________________________ am Fuß oder Unterschenkel) __________________________________________ Gibt es weitere Probleme? Arthrosen (Verschleiß) Diabetes Gleichgewichtsstörungen Schwindel Durchblutungsstörungen Rückenschmerzen Sehstörungen Amputation obere Extremität Sonstiges ______________________ Haben Sie Probleme mit dem ja erhaltenen Bein? Wenn ja, welche? __________________________________________ nein __________________________________________ __________________________________________ Benötigen Sie eine Gehilfe a) einseitig ja nein manchmal b) beidseitig ja nein manchmal Angaben zur Prothese (falls bekannt) Kniepassteil Hersteller: __________________________________ Typ: _______________________________________ Fußpassteil Hersteller: __________________________________ Typ: _______________________________________ Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 99 Aus welchem Material besteht Ihr Schaft? Holz Kunststoff Kunststoff mit Innenschaft Haben Sie einen Liner? ja Von welcher Firma ist der Liner? __________________________________________ Kennen Sie den Namen des Liners? __________________________________________ Wie wird der Liner im Schaft befestigt? Rastenzapfen Band weiß nicht Wie kommen Sie in den Schaft? Anziehtüte Strumpf/ Trikotschlauch Sonstiges:__________________________________ nein glatter Zapfen Seal-in __________________________________________ Bitte kreuzen Sie an, welcher Form Ihr Schaft am ehesten entspricht (s. Zeichnung folgende Seite: Blick von oben in den Schaft. Querovaler oder auch sitzbeinunterstützender Schaft (linke Zeichnung) Längsovaler oder auch sitzbeinumgreifender Schaft (rechte Zeichnung) Mein Schaft entspricht keiner dieser Zeichnungen RECHTES BEIN LINKES BEIN Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen = Sitzbein 100 Bitte kreuzen Sie bei den folgenden Fragen die zutreffende Spalte an. Die Ziffern entsprechen Schulnoten, also 1 = sehr gut, 2 = gut, etc. 1 2 3 4 5 6 weiß nicht Wie komfortabel ist Ihre Prothese? im Sitzen im Liegen im Stehen Beim Laufen Wie gut passt ihr Schaft? Halten Sie sich für gut versorgt? Ist Ihre Prothese einfach an- und auszuziehen? Brauchen Sie Hilfe dabei? ja Wie viel Zeit brauchen Sie, um Ihre Prothese anzuziehen? _______ sec. Wie viel Zeit brauchen Sie, um Ihre Prothese auszuziehen? _______ sec. Schwitzen Sie viel in der Prothese? ja nein Verrutscht Ihre Prothese? ja nein Zieht die Prothese Luft? ja nein Neigt die Prothese dazu, sich um den Stumpf zu drehen? ja nein Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen nein 101 Wird Ihr Stumpf kalt in der Prothese? ja nein Verfärbt sich das Stumpfende? ja nein Machen Sie besondere (sportliche) Aktivitäten mit der Prothese? ja nein Wenn ja, a) welche sind das? _________________________________________ b) Haben sie spezielle Hilfsmittel dafür? _________________________________________ Wenn nein, warum nicht? _________________________________________ Falls Sie eine Wechsel-/Badeprothese besitzen: ist es die gleiche Schaftform? ja nein Wann wurde Ihre derzeitige Prothese gebaut? _______________ Wie viele Stunden pro Tag tragen Sie Ihre Prothese? ____________ Falls nicht den ganzen Tag, warum? ___________________________________________ ___________________________________________ Wie viele Stunden am Tag laufen Sie mit der Prothese? ___________________________________________ Wie lange tragen Sie für gewöhnlich eine Prothese, bevor Sie eine neue brauchen? ______________________________ Haben Sie schon mal andere Versorgungen gehabt? ja (z.B. andere Schaftform, anderes Material, andere Gelenke …) nein Wenn ja, welche? Was wurde verändert und warum? (Z.B. Umstellung auf Liner, andere Schaftform, anderes Material, … __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ Wie beurteilen Sie Ihre vorherige Versorgung im Vergleich zur jetzigen (z.B. Haftung des Schaftes)? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 102 Kommentar Klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel Klassifikation von Schaftsystemen 103