Erg - Pegasus Spiele

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Erg - Pegasus Spiele
Noch mehr Zelluloid
von Steffen Schütte
Die Zusammenstellung einer Cthulhu-Box ist immer
auch ein Kampf um Platz: Denn oft gibt es mehr
Begehrlichkeiten, als Raum zur Verfügung steht, und
oft sind zwei Abenteuerskizzen für den Leser mehr
wert als ein Abenteuer mit allerlei Extras. Da aber
auch Extras ihren Reiz haben, folgt hier ein wenig
Material, mit dem sich das Kurz-Szenario „Zelluloid“
aus der Box „Deutschland - Blutige Kriege & Goldene Jahre“
noch ein wenig aufpeppen lässt.
Selbstmord-Situationen
Der Abenteuer-Text in „Zelluloid“ berichtet, dass sich
die die Investigatoren schon kurz nach Beginn des
Szenarios aufgrund einer mysteriösen Filmvorführung
am Rande von Wahnsinn und Freitod befinden. Um
hier nicht ins Blaue improvisieren zu müssen,
empfiehlt es sich, folgende fünf Texte zu kopieren und
an die Spieler zu verteilen. Verfügen die über ein
wenig schauspielerisches Talent, ergibt sich mit
Sicherheit ein denkwürdiger Einstieg ins Abenteuer.
„Du betrachtest die flackernde Leinwand – die Bilder sind wie bei „Ben Hur“ aufwändig handkoloriert - und
dann hörst du ... echte Sprache, verständlich und lippensynchron. Ein erster echter Tonfilm, wie er schon oft
versprochen aber noch nie realisiert worden ist! Die Handlung scheint allerdings etwas wirr
zusammengestoppelt. Zunächst deklamiert eine Gruppe pseudo-antik gewandeter Frauen einen recht traurigen
Monolog, als plötzlich ...
FILMRISS
Du befindest dich auf dem Fenstersims eines dir unbekannten Mietshauses. Sieben Stockwerke unter dir lockt
der nasse Asphalt. In einer großen Pfütze spiegelt sich – überraschend klar – das nächtliche Firmament.“
Versuche, diese Situation so überzeugend wie möglich darzustellen.
*
„Du betrachtest die flackernde Leinwand – die Bilder sind aufwändig handkoloriert - und dann hörst du ... echte
Sprache, verständlich und lippensynchron. Ein erster echter Tonfilm, wie er schon oft versprochen aber noch
nie realisiert worden ist! Die Handlung scheint allerdings etwas wirr zusammengestoppelt. Zunächst deklamiert
eine Gruppe pseudo-antik gewandeter Frauen einen recht traurigen Monolog, als plötzlich ...
FILMRISS
Dein Kopf steckt in einem dunklen Metallkasten. Eingebrannte Flecken erinnern an eine fantastische Landkarte.
Es riecht nach Gas! In deiner Rechten hältst du ein einsatzbereites Feuerzeug.“
Versuche, diese Situation so glaubhaft wie möglich darzustellen.
*
(c) Steffen Schütte 2003 für Pegasus Spiele GmbH Friedberg
„Du betrachtest die flackernde Leinwand – die Bilder sind wie bei „Ben Hur“ aufwändig handkoloriert - und
dann hörst du ... echte Sprache, verständlich und lippensynchron. Ein erster echter Tonfilm, wie er schon oft
versprochen aber noch nie realisiert worden ist! Die Handlung scheint allerdings etwas wirr
zusammengestoppelt. Zunächst deklamiert eine Gruppe pseudo-antik gewandeter Frauen einen recht traurigen
Monolog, als plötzlich ...
FILMRISS
Du liegst im Freien auf dem Rücken, unter dir zwei harte, gerade, metallische Elemente. Der Nachthimmel zeigt
dir – seltsam verzerrt – einige Sternbilder zwischen den Wolkenfetzen. In der Nähe hört man das Schnauben
einer Dampflokomotive, das rasch näher kommt.“
Versuche, diese Situation so genau wie möglich darzustellen.
*
„Du betrachtest die flackernde Leinwand – die Bilder sind wie bei „Ben Hur“ aufwändig handkoloriert - und
dann hörst du ... echte Sprache, verständlich und lippensynchron. Ein erster echter Tonfilm, wie er schon oft
versprochen aber noch nie realisiert worden ist! Die Handlung scheint allerdings etwas wirr
zusammengestoppelt. Zunächst deklamiert eine Gruppe pseudo-antik gewandeter Frauen einen recht traurigen
Monolog, als plötzlich ...
FILMRISS
Du stehst auf einem wackligen Turm aus Kisten inmitten einer Abraumhalde oder Baustelle. Die Hügel aus
Schutt, die tiefen Baggerlöcher geben der nächtlichen Landschaft etwas Surreales, Unwirkliches. Fast könnte
man meinen, auf dem Boden eines fremden Planeten zu stehen. Hinter dir befindet sich ein rostiger Baukran, an
dem ein Strick befestigt ist, dessen anderes Ende als Schlinge um deinen Hals liegt.“
Versuche, dieses Situation so genau wie möglich darzustellen.
*
„Du betrachtest die flackernde Leinwand – die Bilder sind wie bei „Ben Hur“ aufwändig handkoloriert - und
dann hörst du ... echte Sprache, verständlich und lippensynchron. Ein erster echter Tonfilm, wie er schon oft
versprochen aber noch nie realisiert worden ist! Die Handlung scheint allerdings etwas wirr
zusammengestoppelt. Zunächst deklamiert eine Gruppe pseudo-antik gewandeter Frauen einen recht traurigen
Monolog, als plötzlich ...
FILMRISS
Du stehst auf einer kleinen Brücke über einem Weiher im Stadtpark. Eine leichte Brise bewegt die
Wasseroberfläche, so dass man für einen Moment meint, das unscharfe Spiegelbild von zwei Monden darin zu
erblicken. Sämtliche deiner Taschen sind mit schweren Steinen vollgestopft. Das Wasser unter dir scheint kühl
und köstlich ...“
Versuche, diese Situation so genau wie möglich nachzustellen.
Bizarre Todesfälle
Nicht allein die Spielercharaktere sind in den Bann
einer Testvorführung des „Königs in Gelb“ geraten
und damit akut lebensüberdrüssig geworden. Neben
zahlreichen „normalen“ Selbstmorden, die zu den
(c) Steffen Schütte 2003 für Pegasus Spiele GmbH Friedberg
Schattenseiten einer jeden Metropole gehören, sind
folgende Beispiele schon auf den ersten Blick
„verdächtig“. Die Investigatoren können durch die
Lektüre der Zeitung, Nachfragen auf Polizeistationen
oder in Kliniken davon erfahren. Der erste Vorfall
geschah buchstäblich auf offener Straße und dürfte
bereits den Weg in die Morgenzeitungen finden. Die
Opfer des zweiten Vorfalls im Tiergarten werden erst
im Lauf des auf den Startabend folgenden Vormittags
gefunden, so dass Informationen darüber erst einen
halben Tag später verfügbar sein dürften.
Todeskandidaten, zum Ersten: Ganz offenbar unabhängig
voneinander werfen sich vier Personen vor die gleiche
Straßenbahn. Die Opfer – der junge Arzt und
werdende Familienvater Dr. Waldstern, eine junge
Verkäuferin namens Hilde Bürger, der Student
Claudius Kobersen und ein nicht zu identifizierender,
ca. 40-jähriger Obdachloser – hatten weder ein Motiv
für die Tat noch kannten sie einander zu Lebzeiten.
Todeskandidaten zum Zweiten: Fünf Gymnasiasten der
Abschlussklasse – alle in ihren Schuluniformen, alle
relativ gute Schüler aus gesicherten Verhältnissen –
haben sich an einem verdorrten Baum am Rande des
Tiergartens erhängt. Wie die Obduktion ergibt, liegen
die Todeszeitpunkte einige Stunden auseinander.
Demnach muss sich der letzte Selbstmörder erhängt
haben, als seine Klassenkameraden schon einige Zeit
tot gewesen sind.
Der Tonfilm
Die folgenden Zeilen entstammen einer vom Autor
leider nicht gespeicherten Internetquelle. Sie geben an,
wie der Tonfilm sich „offiziell“ entwickelt hat. Es liegt
im Ermessen des Spielleiters, ob dieser die
Geschehnisse von Zelluloid als „Ersatz“ für die realen
Verhältnisse verwendet oder davon ausgeht, dass die
Markuse-Film mit einer eigenen Erfindung
patentrechtliche Schwierigkeiten mit den Erfindern
der Methode „Tri-Ergon“ und der Ufa bzw. Twenfox
umgehen möchte.
(c) Steffen Schütte 2003 für Pegasus Spiele GmbH Friedberg
„In Berlin wird am 17. September 1922 der erste
Spielfilm mit integrierter Lichttonspur aufgeführt. Im
Alhambra Lichtspieltheater erleben die Zuschauer den
Film Der Brandstifter in Bild und Ton. Die
Filmwirtschaft zeigt jedoch noch wenig Interesse.
Hätte die deutsche Filmindustrie die Patente der
deutschen Ingenieure Hans Voigt, Jo Benedict Engl
und Joseph Massolle mit dem Prinzip "Tri-Ergon"
weiterentwickelt, hätte die Tonfilmära schon 1922
beginnen können. Doch musste die Ufa 1926 in einer
Finanzkrise die Nutzungsrechte an eine Schweizer
Finanzgruppe verkaufen, die sie mit Gewinn an die
20th Century Fox, einen Hollywoodkonzern,
veräußerte.
William Fox, Präsident der 20th Century Fox,
erkannte die Möglichkeiten und leitete 1927 mit dem
Tonfilm The Jazz Singer die neue Kinoära ein. Der
Generaldirektor der Ufa, Ludwig Klitzsch, erkannte
1928 bei einem USA-Aufenthalt die Massenwirkung
und kaufte für eine hohe Summe die Klangfilmpatente
zurück. Anfangs brachten die Tonfilme erhebliche
akustische Probleme, doch deutsche, russische und
französische Filme genossen hohes Ansehen und am
Ende der Zwanziger Jahre festigte der Tonfilm die
führende Stellung Hollywoods als Welthauptstadt des
Films. Die zunehmende Kommerzialisierung des
deutschen Films führte dazu, dass es prominente
Regisseure und Schauspieler durch verlockende
Angebote nach Hollywood trieb.
1929 wurden die ersten 223 Lichtspieltheater in
Deutschland auf Tonfilm umgestellt, bereits Mitte
1932 verfügten alle 3.500 deutschen Kinos über die
neue Technik. Der Einbruch der Kunst in die Technik
erfolgte nur zögernd.“

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