Jugend-Migrationsreport
Transcrição
Jugend-Migrationsreport
Schulische und außerschulische Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Jugend-Migrationsreport Ein Daten- und Forschungsüberblick Monika Stürzer, Vicki Täubig, Mirjam Uchronski, Kirsten Bruhns Monika Stürzer, Vicki Täubig, Mirjam Uchronski, Kirsten Bruhns Schulische und außerschulische Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Jugend-Migrationsreport. Ein Daten- und Forschungsüberblick Das Deutsche Jugendinstitut e.V. (DJI) ist ein sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut. Es untersucht die Lebenslagen und die Entwicklung von Kindern, Jugendlichen, Frauen, Männern und Familien sowie darauf bezogene öffentliche Angebote zu ihrer Unterstützung und Förderung. Schwerpunkte seiner Arbeit in den o.g. Bereichen sind unter anderem: – Dauerbeobachtung zum Wandel von Lebensverhältnissen, – Studien zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragestellungen, – Praxisbegleitung und Evaluation von Modellprojekten, – Beratung von Politik und Praxis der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, – Unterstützung bei der Erstellung von Berichten der Bundesregierung. Das Deutsche Jugendinstitut hat seinen Sitz in München und eine Dependance in Halle/Saale. Mit derzeit rund 140 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das DJI im Bereich der Forschung zu Kindern, Jugendlichen, Frauen, Männern und Familien das größte nicht universitäre Forschungsinstitut in Deutschland. Träger des 1963 gegründeten Instituts ist ein gemeinnütziger Verein mit Mitgliedern aus Politik, Wissenschaft, Verbänden und Institutionen der Jugend und Familienhilfe. Die Forschungsgruppe „Migration, Integration und interethnisches Zusammenleben“ befasst sich mit den interkulturellen Beziehungen, Verständigungs- und Integrationsprozessen von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Im Mittelpunkt der Forschungsgruppe stehen das interethnische Zusammenleben sowie die interkulturellen Beziehungen unter Kindern und Jugendlichen verschiedener Herkunftskultur. Dabei werden vorrangig die Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Entwicklungsverläufe gelingender interethnischer Beziehungen unter Zugewanderten und Einheimischen untersucht, ohne dabei den Blick für Brüche, Widersprüche, Konflikte und Probleme zu versperren. Impressum © 2012 Deutsches Jugendinstitut e.V. Forschungsgruppe Migration, Integration und interethnisches Zusammenleben Nockherstraße 2, 81541 München Telefon: (089) 62306-274 Telefax: (089) 62306-162 ISBN 978-3-86379-074-5 Inhaltsverzeichnis Vorwort (Thomas Rauschenbach) 9 Einleitung 11 1 Allgemeinbildende Schulen (Monika Stürzer) 14 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.6 1.3.7 1.3.8 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 Die wichtigsten Ergebnisse Datenquellen Befunde Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund Der Übertritt von der Grundschule auf weiterführende Schulen Bildungswege im Sekundarbereich Schulabschlüsse Förderschulen Einstellungen zur Schule Klassenwiederholungen Lehrkräfte mit Migrationshintergrund Ausblick Zusammenfassung der Befunde Bewertung der Datenlage Forschungsbedarf 15 17 18 18 23 25 34 46 49 51 52 54 54 56 57 2 Berufliche Ausbildung (Mirjam Uchronski) 59 2.1 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 Die wichtigsten Ergebnisse Datenquellen Befunde Von der Schule in …?: Übergänge an der 1. Schwelle Chancen auf einen vollqualifizierenden Ausbildungsplatz Vollqualifizierende Ausbildungsgänge in Betrieben Ausblick Zusammenfassung der Befunde Bewertung der Datenlage Forschungsbedarf 60 62 64 64 68 70 86 86 89 90 3 Studium (Mirjam Uchronski) 91 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 Die wichtigsten Ergebnisse Datenquellen Befunde Übergänge in die Hochschule Studium Studienabschluss 92 94 96 96 104 118 5 3.3.4 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 Berufseinmündung (Monika Stürzer) Ausblick Zusammenfassung der Befunde Bewertung der Datenlage Forschungsbedarf 124 128 128 129 131 4 Jugendarbeit (Vicki Täubig) 132 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 Die wichtigsten Ergebnisse Datenquellen Datenauswahl Die Studien auf einen Blick Befunde Jugendverbandsarbeit und freiwilliges Engagement Offene Angebote (in Einrichtungen) Mobile Jugendarbeit/Streetwork Jugenderholung Internationale Jugendbegegnung Außerschulische Jugendbildung Ausblick Zusammenfassung der Befunde Bewertung der Datenlage Forschungsbedarf 133 135 135 136 140 140 155 159 161 162 163 164 164 166 166 5 Resümee (Kirsten Bruhns) 168 5.1 Bildung und Ausbildung in Deutschland: Einbahnstraße, Kreisverkehr oder Startrampe für Jugendliche mit Migrationshintergrund? Bildungs- und Ausbildungschancen – wohnortgebunden? „Migrationshintergrund“ – eine komplexe Kategorie Differenzierung nach Herkunftsländern – kulturelle Konstruktionen? Generationenfolgen – Garanten für Annäherungsprozesse? Migrationshintergrund und sozialer Hintergrund – alternative oder komplementäre Einflussfaktoren? Geschlechterdifferenzen – nicht nur Gewinnerinnen und Verlierer Die zeitliche Entwicklung von Potenzialen und Chancen in Bildung und Ausbildung Datenlage – Datenbedarf 5.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.4 5.5 5.6 5.7 168 171 173 174 176 177 179 184 185 Literaturverzeichnis 187 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 196 Anhang 203 6 I. Tabellen- und Abbildungen 203 A. B. C. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen im Anhang Tabellenanhang Abbildungsanhang 203 206 210 II. Grundstrukturen des formalen Bildungs- und Ausbildungssystems in Deutschland 224 A. B. C. Grundstruktur des allgemeinbildenden Schulsystems Das deutsche Berufsbildungssystem Grundstruktur des Hochschulsystems 224 226 233 III. Glossar 239 IV. Abkürzungsverzeichnis 256 7 Vorwort Aus heutiger Perspektive mag man es kaum glauben: Noch nicht einmal zehn Jahre ist es her, dass sich die deutsche Debatte über Migration aus ihrer Erstarrung befreit hat. Lange Zeit wurde Einwanderung hierzulande vor allem als ordnungs- und sicherheitspolitisches Thema im Rahmen einer „Ausländerpolitik“ diskutiert. Gestritten wurde über Fragen der doppelten Staatsangehörigkeit, debattiert wurde darüber, ob Deutschland nun ein Einwanderungsland sei oder nicht. Aber trotz aller Kontroversen bestand in einer Frage auffällig wenig Dissens: dass der Anteil der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit insgesamt bei etwa 10 Prozent liegt. Infolgedessen wurde die Bedeutung dieser Thematik von der Politik als nicht sonderlich prioritär eingeschätzt, war dies doch eine insgesamt überschaubare Größenordnung, die eher zu ideologischen Auseinandersetzungen als zu politischem Handeln Anlass zu geben schien. Dieses Ausgangsszenario hat sich in ausgesprochen kurzer Zeit auffällig verändert. Nachdem die ersten international vergleichenden Kompetenzstudien bei ihren Befragungen anstelle eines Staatsangehörigkeitskonzeptes ein Migrationskonzept zugrundelegten, bei dem nicht mehr die Nationalität, sondern der Tatbestand der eigenen oder der elterlichen Zuwanderung – in manchen Fällen auch der der Großeltern – in den Mittelpunkt gerückt wurde, machte sich mit dem Mikrozensus auch die erste amtliche Statistik dieses Erhebungskonzept zu eigen. Denn: Eine Betrachtung, die sich allein auf Nationalitäten konzentriert, blendet aus, dass Einwanderer im juristischen Sinn häufig längst keine „Ausländer“ mehr sind, weil sie vielfach bereits deutsche Pässe besitzen. Die Folgen dieser Neuvermessung waren ebenso überraschend wie folgenreich. Ab 2006 – der erste Nationale Bildungsbericht legte hierauf seinen Schwerpunkt – wurde sichtbar, dass in Deutschland der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Wirklichkeit nicht bei zehn, sondern bei rund zwanzig Prozent liegt, also rund doppelt so hoch ist wie zuvor angenommen. Aber damit nicht genug: Ein Blick auf den Altersaufbau macht deutlich, dass die Gruppe der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte eine deutlich andere Altersverteilung aufweist als der allgemeine Bevölkerungsdurchschnitt. Infolgedessen hat bei den jungen Menschen unter 25 Jahren mehr als ein Viertel der Heranwachsenden und bei Kindern unter sechs Jahren sogar mehr als jedes dritte Kind einen Migrationshintergrund. Erst die öffentliche Wahrnehmung dieses Ausmaßes rückte die Debatte um Migration in den Mittelpunkt der politischen Aufmerksamkeit, zumal dies bedeutet, dass in den westdeutschen Metropolen innerhalb der Gruppe der Heranwachsenden die Migrationsanteile unschwer 40 Prozent und mehr, in einigen Städten sogar über 50 Prozent erreichen. Mithin ist es nicht verwunderlich, dass jenseits der Frage der Nationalität inzwischen die Gruppe der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit deutlich kleiner ist als die Gruppe derer, die eine familiäre Zuwanderungsgeschichte haben, weil sie selbst, ihre Eltern oder ihre Großeltern nach Deutschland eingewandert sind. Das bedeutet aber auch: Migration mit all ihren Folgen ist längst kein marginales Phänomen mehr – es 9 ist eine Entwicklung, die die Gesellschaft als Ganzes betrifft, verändert und herausfordert. Aufgrund dieser neu justierten Größenordnungen wurde – verstärkt durch die Ergebnisse der PISA-Studien sowie anderer Befunde der empirischen Bildungsforschung – das Thema Migration sehr viel dezidierter zu einer Angelegenheit der Kinder- und Jugendpolitik, der Familienpolitik und der Bildungspolitik. Pauschal, bisweilen zu pauschal, wurden Kinder mit Migrationshintergrund dabei zur Problemgruppe stilisiert, wurden im Ganzen zu Benachteiligten des Sozial- und Bildungswesens; ein Migrationshintergrund galt automatisch als Risikofaktor, Zuwanderung glich einer unüberwindbaren Barriere bei der sozialen Integration. Mehr denn je erscheint in Anbetracht dieser Situation – als Korrektiv – zugleich eine nüchterne Betrachtung der Chancen auf Teilhabe, Integration und Bildung notwendig, die junge Menschen mit Migrationshintergrund haben. Von ihrem Erfolg oder Misserfolg im deutschen Bildungs- und Ausbildungssystem hängen ihre ökonomischen und sozialen Zukunftsperspektiven ab, was wiederum die deutsche Gesellschaft nicht unwesentlich beeinflussen wird. Daher ist es notwendig, Risiken und Chancen, Barrieren und Erfolge gleichermaßen gezielt ins Blickfeld zu rücken. Dazu zählt etwa der Umstand, dass junge Menschen mit Migrationshintergrund geringere Chancen auf eine qualifizierte Berufsausbildung, auf ein Abitur oder den Besuch einer Hochschule haben – was allerdings nicht mit ethnischen Kategorien erklärbar ist. Es ist vor allem der sozioökonomische Status der Eltern, der den Erfolg der Jugendlichen im Bildungssystem beeinflusst. Dazu zählt allerdings auch die erfreuliche Tatsache, dass die Besuchsquoten eines Gymnasiums von einer Migrantengeneration zur nächsten nachweislich steigen. Und schließlich deuten unsere eigenen AID:ADaten darauf hin, dass Heranwachsende der dritten Migrantengeneration sich mit Blick auf ihre Bildungsabschlüsse ihren Altersgenossen ohne Zuwanderungshintergrund auffällig annähern. Die Bildungsexpansion, die die deutsche Gesellschaft seit Jahrzehnten prägt, erreicht inzwischen offenbar auch eine wachsende Gruppe der Jugendlichen aus eingewanderten Familien. Solche Befunde, die die Debatte versachlichen können, sind in Deutschland mit Blick auf Kinder und Jugendliche bisher nicht in einem Bericht gebündelt verfügbar. Um eine möglichst differenzierte, datenbasierte Bestandsaufnahme vorlegen zu können, hat sich das Deutsche Jugendinstitut – bei allen datentechnischen Unzulänglichkeiten – entschlossen, sowohl einen Kinder- als auch einen Jugend-Migrationsreport zu erstellen, in denen jeweils das verfügbare Datenmaterial zusammengetragen, aufbereitet und geordnet wird. Weil es höchste Zeit für eine solche empirisch gestützte Bestandsaufnahme ist, wird dieser Jugend-Migrationsreport hiermit vorgelegt. Thomas Rauschenbach Direktor des Deutschen Jugendinstituts 10 Einleitung Der hier vorgelegte Daten- und Forschungsüberblick zum Thema „Schulische und außerschulische Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ stellt weit gestreute und dadurch wenig überschaubare statistische und empirische Befunde zusammen. Den aktuellen Daten zur Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt ein breiter Bildungsbegriff zugrunde, der neben Bildungsverläufen und -abschlüssen in Schulen (Kapitel 1), auch die Berufsausbildung (Kapitel 2) und die akademische Ausbildung (Kapitel 3) sowie die non-formale Bildung im Bereich der Jugendarbeit (Kapitel 4) in den Blick nimmt. Damit werden Ergebnisse präsentiert, die einen Einblick in die Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zur gesellschaftlichen Teilhabe und Integration geben. Seine Grenzen, aber auch Möglichkeiten, neue Perspektiven zu gewinnen, verdeutlicht abschließend das Resümee in Kapitel 5. Die Relevanz einer sorgfältigen Dokumentierung und Differenzierung der Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Bildung und Ausbildung sowie weiterführende Reflexionen zu deren Teilhabemöglichkeiten im deutschen Bildungs- und Ausbildungssystem erschließt sich nicht allein im Hinblick auf individuelle Entwicklungschancen und auch nicht ausschließlich unter einer sozialen und gerechtigkeitsorientierten Perspektive. Die Forderung nach gleichberechtigter Teilhabe von Personen mit Migrationshintergrund erwächst auch vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels und der Gestaltung von Gesellschaft. Für eine Einwanderungsgesellschaft gilt dies umso mehr, wenn absehbar ist, dass sich „Minderheiten“ von Zugewanderten und ihren Nachkommen stetig aus dem quantitativen Randbereich heraus bewegen. In Deutschland ist ein solcher Prozess seit Jahren zu beobachten – je jünger die Altersgruppen, desto höher ist der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an der gleichaltrigen Bevölkerung. Bei den 15- bis unter 25-Jährigen, der im Jugend-Migrationsreport fokussierten Altersgruppe, lag der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Jahr 2009 laut →Mikrozensus bei knapp einem Viertel, das sind 2.339.000 von insgesamt 9.385.000 Jugendlichen (Statistisches Bundesamt 2010a). Von den Jugendlichen dieser – pauschal als „mit Migrationshintergrund“ bezeichneten – Gruppe ist fast die Hälfte selbst zugewandert. Das heißt auch, dass mehr als die Hälfte nicht über Migrationserfahrungen verfügt (vgl. Abbildung 1).1 Personen mit eigener Migrationserfahrung werden zur ersten Generation von Migrantinnen/Migranten gezählt. Nicht selbst zugewanderte Personen gehören der zweiten und dritten, im Mikrozensus nicht differenzierten Generation an, d.h. es sind Kinder und Enkelkinder 1 Die Summe dieser beiden Gruppen ergibt weniger als 100 Prozent, da bei 0,8 Prozent der Jugendlichen der Migrationshintergrund nicht durchgängig bestimmbar war. Zur Definition von „Migrationshintergrund“ im Mikrozensus vgl. Tabelle 1. 11 von Zugewanderten. Von den Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat die Mehrheit (59%) eine deutsche Staatsangehörigkeit. Von den deutschen Jugendlichen mit Migrationshintergrund verfügt der größere Teil nicht über eigene Migrationserfahrungen: Über 80% haben mindestens einen Elternteil, der zugewandert oder als Ausländer in Deutschland geboren ist. Von denjenigen, die eigene Migrationserfahrungen haben, gehören fast drei Viertel zu den Spätaussiedlerinnen/-aussiedlern, lediglich ein gutes Viertel hat die deutsche Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erhalten.2 Abbildung 1: Jugendliche im Alter von 15 bis unter 25 Jahren nach Migrationshintergrund, Migrationserfahrung und Staatsangehörigkeit im Jahr 2009 (in %) 76 24 48 52 59 41 Personen ohne Migrationshintergrund Personen mit Migrationshintergrund ME = eigene Migrationserfahrung Quelle: Statistisches Bundesamt (2010a), Fachserie 1, Reihe 2.2, Tab. 2; eigene Berechnungen und Darstellung Auch wenn der Bericht das Ziel verfolgt, die Bildungssituation und die Bildungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund darzustellen, so beruhen viele der präsentierten Daten nicht auf dem im Mikrozensus verwendeten „Zuwanderungs- bzw. Migrationskonzept“. Insbesondere bildungsstatistische Daten orientieren sich am „Staatbürgerschafts- bzw. Ausländerkonzept“, das zwischen einer ausländischen und deutschen Staatsbürgerschaft unterscheidet. In diesen Statistiken werden – folgt man den Daten 2 Nach § 4 Abs. 3 StAG erwirbt ein Ausländer „die deutsche Staatsangehörigkeit (…) unter bestimmten Bedingungen auf Antrag durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b, 40c StAG). Die deutsche Staatsbürgerschaft durch Geburt erwerben Kinder mit mindestens einem deutschen Elternteil. Werden Kinder ausländischer Eltern in Deutschland geboren (Ius-Soli-Prinzip), so erhalten sie die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit mindestens acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und ein Daueraufenthaltsrecht hat“. 12 des Mikrozensus – also lediglich 41% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund erfasst. Repräsentative Untersuchungen verwenden unterschiedliche Definitionen von Migrationshintergrund, teilweise legen sie zusätzlich zu anderen Merkmalen ein „Sprachkonzept“ zur Bestimmung eines Migrationshintergrundes zugrunde, das sich an der in der Familie verwendeten Sprache orientiert. Der vorliegende Daten- und Forschungsüberblick folgt in den Kapiteln 1 bis 4 einem ähnlichen Aufbau: Die wichtigsten Ergebnisse stehen am Anfang eines jeden Kapitels. Die Datenquellen werden knapp dargestellt. Dies erlaubt einen schnellen Überblick über zentrale Merkmale der herangezogenen Erhebungen sowie Statistiken und beschreibt die unterschiedlichen Definitionen bzw. Operationalisierungen von „Migrationshintergrund“. Die Befunde beschreiben ausführlich die statistisch und empirisch unterlegte Bildungssituation von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Soweit die Datenbasis es zulässt, werden sowohl wichtige bereichsbezogene Spezifizierungen als auch Unterschiede nach zentralen Merkmalen dargestellt, wie Herkunftsland, Migrationsstatus, Geschlecht und Bundesland. Wenn eine Beschreibung zeitlicher Entwicklungen möglich ist, werden mehr oder weniger langfristige Trends herausgearbeitet, die in einigen Feldern positive Erwartungen auf eine Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund begründen können. Der Ausblick dient der Zusammenfassung der Befunde und aus der Bewertung der Datenlage wird weiterer Forschungsbedarf formuliert. Zu dieser Veröffentlichung haben viele Fachleute aus Wissenschaft und Forschung sowie fachkundige Kolleginnen und Kollegen durch ihre freundliche und kompetente Expertise und Unterstützung beigetragen. Ihnen möchten wir herzlich danken. Lesehilfe: Einige Tabellen und Abbildungen sind nicht in den laufenden Text integriert, sondern finden sich im Anhang (Punkt I.B. und I.C.). Sie sind durch ihre Nummerierung zu erkennen. Diese beginnt mit A und bezeichnet nach einem Bindestrich mit der ersten Ziffer den Gliederungspunkt des Kapitels, mit der zweiten Ziffer die laufende Nummer der Tabelle oder Abbildung im Anhang. Beispiele: „Tabelle A-3.1“ (Tabelle 1 aus Kapitel 3 im Anhang); „Abbildung A-1.4“ (Abbildung 4 aus Kapitel 1 im Anhang). Die Tabellen- und Abbildungsverzeichnisse listen getrennt voneinander die im Text und die im Anhang dargestellten Tabellen und Abbildungen auf. Begriffe, vor denen ein Pfeil steht, „→“, werden im Glossar im Anhang (Punkt III.) genauer erläutert. Das Glossar ist alphabetisch geordnet. Ebenfalls im Anhang finden sich Ausführungen zu den Grundstrukturen des formalen deutschen Bildungs- und Ausbildungssystems (Punkt II.) sowie ein Abkürzungsverzeichnis (Punkt IV.). 13 1 Allgemeinbildende Schulen (Monika Stürzer) Typisch für das bundesdeutsche Schulsystem (vgl. Anhang II. A.) sind zum einen seine föderale Struktur und zum anderen seine Mehrgliedrigkeit. Föderale Struktur bedeutet, dass für die einzelnen Bundesländer Kulturhoheit besteht und sie somit selbst für Gesetzgebung und Verwaltung in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständig sind.3 Mit dem Begriff der Mehrgliedrigkeit wird darauf rekurriert, dass das im Hamburger Abkommen der westlichen Bundesländer festgelegte dreigliedrige Schulsystem (→Hauptschule – →Realschule – →Gymnasium) de facto in keinem Bundesland mehr existiert und zusätzlich noch das Förder- bzw. Sonderschulsystem dazu kommt. Die schulische Situation kann sich also für Kinder und Jugendliche je nach dem Bundesland, in dem sie leben, völlig unterschiedlich darstellen. Prinzipiell ist das deutsche Schulsystem durchlässig, sowohl nach oben als auch nach unten. Empirisch wird allerdings auf die geringe Wechselquote innerhalb des Schulsystems und auf einen überwiegenden „Abwärtswechsel“ hingewiesen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 66). Das heißt, deutlich mehr Kinder erleben einen Bildungsabstieg als einen Bildungsaufstieg. Im folgenden Kapitel werden nach der Darstellung der wichtigsten Ergebnisse (Abschnitt 1.1) und einem Überblick über die zentralen Datenquellen (Abschnitt 1.2) in Abschnitt 1.3 detailliert die Befunde zur Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den allgemeinbildenden Schulen dargestellt. Den Abschluss bildet ein Ausblick (Abschnitt 1.4) mit einer Zusammenfassung der Befunde, einer Bewertung der Datenlage und mit Ausführungen zum Forschungsbedarf. 3 „Die 1946 im Westen gebildeten Länder knüpften staatsrechtlich an den Föderalismus im Kaiserreich (...) und in der Weimarer Republik (…) an. Das Grundgesetz von 1949 bestimmt die Fortsetzung der traditional föderalen Ordnung insbesondere in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur. Die primäre Zuständigkeit für Gesetzgebung und Verwaltung in den genannten Bereichen, die sogenannte Kulturhoheit, liegt danach bei den Ländern“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder 2009, S. 29). 14 1.1 Die wichtigsten Ergebnisse 1. Ausländische Schüler/innen sind in allgemeinbildenden Schulen in Deutschland benachteiligt: Sie besuchen häufiger Haupt- und Förderschulen und verlassen die Schule öfter ohne Abschluss. 2. In den letzten 20 Jahren nahmen höherwertige Bildungsabschlüsse von ausländischen Schülerinnen und Schülern zu. 3. Der Abstand zwischen ausländischen und deutschen Jugendlichen mit Hochschulreife hat sich im Zeitverlauf vergrößert. 4. Die schulischen Bildungswege und -abschlüsse differieren bei Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund zum Teil erheblich nach folgenden fünf Kriterien: a) Herkunftsland: Am häufigsten besuchen vietnamesische Kinder ein Gymnasium – auch häufiger als deutsche. Schüler/innen serbischer, italienischer oder türkischer Staatsangehörigkeit sind deutlich häufiger an Hauptschulen und seltener an Gymnasien anzutreffen. b) Generationszugehörigkeit: Jugendliche der dritten Migrantengeneration (Geburtsland Deutschland, Großeltern zugewandert) nähern sich den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund an: beim Abitur, bei Klassenwiederholungen sowie bei der Einstellung zu Noten und Zeugnissen. 15 c) Geschlecht: Ausländische Mädchen / junge Frauen sind im deutschen Schulsystem erfolgreicher als Jungen / junge Männer. Sie besuchen häufiger Gymnasien und erreichen höherwertige Abschlüsse. d) Bundesländer: Es gibt zwischen den Bundesländern erhebliche Differenzen in den Bildungsgängen bzw. Schulformen. In Bundesländern ohne Hauptschulen besuchen ausländische Schüler/innen häufiger das Gymnasium. e) Sozialer Status: Mit höherem sozialen Status (sowohl bei Jugendlichen mit als auch ohne Migrationshintergrund) steigt der Gymnasialbesuch und die Höhe der erreichten Abschlüsse. 5. Kinder und Jugendliche, die im Ausland geboren sind (erste Generation), wiederholen fast doppelt so häufig einmal oder mehrmals eine Klasse wie diejenigen ohne Migrationshintergrund 6. In ihren Einstellungen zur Schule und zu den Schulanforderungen ähneln sich Schüler/innen mit und ohne Migrationshintergrund. 7. Noten und Zeugnisse haben für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund eine deutlich größere Bedeutung als für jene ohne Migrationshintergrund. 16 1.2 Datenquellen Tabelle 1: Studien Verwendete Datenquellen im Kapitel Schule nach zentralen Merkmalen Stichprobe (N, Altersgruppe) Erhebungsmethode Mikrozensus (Statistisches Bundesamt 2010a, Fachserie 1, Reihe 2.2) Zufallsstichprobe 1% aller Haushalte AID:A – DJISurvey (Deutsches Jugendinstitut) 10- bis unter 25jährige Schüler/ innen N = 3.216 Telefonische Befragung Totalerhebung Die Daten werden i.d.R. in den Bundesländern in elektronischer Form bei den Schulen erhoben Schulstatistik (Statistisches Bundesamt 2010b, Fachserie 11, Reihe 1) N = 3.571 TIMSS-ÜberSchüler/ gangsstudie innen an (Gresch/Becker 253 Schu2010) len Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland Vollerhebung der Integrationsschüler /innen Amtliche Repräsentativerhebung Längsschnittbefragung Die Zahlen werden bei den Kultusministerien der Länder erfragt Erhebungszeitpunkt/raum Räuml. Reichweite Migrationshintergrund Bundesgebiet Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen „alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland Geborenen mit mind. einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“ 2009 Bundesgebiet Nach den AID:A-Daten wird einer Person ein Migrationshintergrund zugeschrieben, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren ist; bezogen auf den Schulbesuch wird nach erster, zweiter und dritter Generation (bei bis unter 18Jährigen) unterschieden 2009/2010 Bundesgebiet Differenzierung nach Staatsangehörigkeit – „Ausländerkonzept“ 2006– 2008 Bundesgebiet Es werden drei Herkunftsgruppen unterschieden: a) ohne Migrationshintergrund = beide Eltern wurden nach Auskunft der Kinder in Deutschland geboren, b) türkische Herkunft = mindestens ein Elternteil wurde in der Türkei geboren, c) Schüler/innen aus (Spät-)Aussiedlerfamilien = von Klassenlehrer/in mitgeteilt 2009/2010 Bundesgebiet; für ausländische Integrationsschüler/ innen liegen keine Daten für die Bundesländer Niedersachsen, BadenWürttemberg, Saarland und SachsenAnhalt vor Differenzierung nach Staatsangehörigkeit – „Ausländerkonzept“; in Sachsen „Migrationskonzept“ 2009 17 1.3 Befunde Im Folgenden wird nach einem Überblick über die Verteilung deutscher und ausländischer Schüler/innen auf die unterschiedlichen Schularten kurz erläutert, wie sich der Übertrittsprozess von der Grundschule auf die verschiedenen weiterführenden Schulen für ausländische und deutsche Kinder darstellt und wie sich für beide Gruppen in Folge die Bildungswege im Sekundarbereich gestalten. Daran anschließend werden die Schulabschlüsse der Jugendlichen vor dem Hintergrund ihres differenzierten Migrationsstatus analysiert – betrachtet wird dabei auch der Zeitverlauf. Der darauf folgende Abschnitt beschäftigt sich mit der Situation an Förderschulen. Desweiteren folgen Befunde über die Einstellung zur Schule und zur Häufigkeit von Klassenwiederholungen. Zuletzt werden die Anzahl und die Anteile ausländischer Lehrkräfte im deutschen Schuldienst analysiert. 1.3.1 Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund Nach der Schulstatistik sind 8,6%4 der Kinder und Jugendlichen, die eine allgemeinbildende Schule besuchen, Ausländer/innen (vgl. Abbildung 2). Ausländische Schüler/innen sind in speziellen Klassen zur Schulvorbereitung, die an Grundschulen angegliedert sind, überproportional vertreten (vgl. Abbildung 2).5 In diese gehen Kinder, die zwar schon schulpflichtig sind, jedoch von der Einschulung zurückgestellt werden, da ihnen die nötige Schulreife fehlt. Nach dem einjährigen Besuch eines →Schulkindergartens oder einer →Vorklasse wird die Schulreife der Kinder erneut geprüft. Danach wird entschieden, ob sie in die erste Klasse der Regelschule oder in eine Förderschule eingeschult werden. Darüber hinaus gibt es für Kinder mit Migrationshintergrund, die die deutsche Sprache noch unzureichend beherrschen, in den meisten Bundesländern gesonderte Sprachförderkurse.6 In der Grundschule sind Mädchen und Jungen ausländischer Staatsangehörigkeit in etwa entsprechend ihres Anteils an allen Schülerinnen/Schülern vertreten. Dieses Gleichgewicht verschiebt sich allerdings im →Sekundarbereich in zwei Richtungen (vgl. Abbildung 2): An →Gymnasien und an →Schularten mit mehreren Bildungsgängen sind ausländische Schüler/innen mit weniger als 5% deutlich unterrepräsentiert. An →Hauptschulen sind sie hingegen mit fast 20% deutlich überrepräsentiert; d.h. hier hat jede/r fünfte Schüler/in eine ausländische Staatsangehörigkeit. Die →Realschule ist die einzige weiterführende Schulart, an der ausländische Jugendliche entsprechend ihres Anteils an allen Schülerinnen/Schülern vertreten sind. Höher ist ihr Anteil an →integrierten Gesamtschulen und in der schulartunabhängigen →Orientierungsstufe. 4 5 Eigene Berechnung nach Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.2 des Statistischen Bundesamtes. In einigen Bundesländern existieren zur Schulvorbereitung sogenannte Vorklassen, in anderen Schulkindergärten; einige Bundesländer haben keines von beidem. 6 18 Sprachförderkurse werden vom Statistischen Bundesamt nicht unter den Schularten vermerkt. Während ausländische Kinder und Jugendliche an Freien Waldorfschulen7 kaum 2% der Schülerschaft ausmachen, sind sie an Förderschulen mit fast 14% überproportional häufig vertreten.8 Darüber hinaus existieren private Schulen, die speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zugeschnitten sind. Dazu gehören zum einen die internationalen Schulen, die ein Angebot für Kinder von in internationalen Firmen beschäftigten Eltern bieten (BRonline: Privatschulen). Zum anderen gibt es Privatschulen von und für einzelne Nationalitäten – am bekanntesten sind die griechischen Schulen9, die über eine relativ lange Tradition verfügen. Erst in den letzten Jahren in die Diskussion gerieten Neugründungen türkischer Privatschulen. Initiiert wurden diese Schulen zumeist von in Deutschland ansässigen türkischen Eltern, die nach dem „PISA-Schock“ beabsichtigen, ihren Kindern eine bessere Förderung zukommen zu lassen (Gerlach 2007). An Abendschulen sind ausländische Schüler/innen im Vergleich zu ihrer durchschnittlichen Präsenz an allgemeinbildenden Schulen überproportional häufig vertreten (vgl. Abbildung A-1.1). 7 Waldorfschulen werden in der Schulstatistik als einzige Privatschulen separat erfasst. Sie sind die am dritthäufigsten besuchten Privatschulen in der Bundesrepublik Deutschland. Am häufigsten werden katholische, gefolgt von evangelischen Konfessionsschulen besucht (Barthels 2007), die jedoch nicht gesondert nachgewiesen werden. 8 Förder- oder Sonderschulen besuchen Schüler/innen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie auf Grund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen bzw. auf Grund von Verhaltensauffälligkeiten in einer Regelschule nicht ausreichend gefördert werden können (vgl. Abschnitt 1.3.5). 9 So gibt es z.B. alleine in München sieben griechische Schulen von der Grundschule bis zum Gymnasium. 19 Abbildung 2: Schüler/innen an allgemeinbildenden Schulen nach Schularten und Staatsangehörigkeit, Schuljahr 2009/10 (in %) 86,9 13,1 92,0 87,5 8,0 12,5 80,4 95,1 19,6 4,9 91,6 8,4 Ausländische Schüler/innen 95,6 4,4 86,3 86,6 98,1 13,4 1,9 13,7 91,4 8,6 Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.2; eigene Berechnungen und Darstellung Eine Differenzierung nach Migrationshintergrund belegt einen deutlich höheren Anteil von Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund (28%) als von Schülerinnen/Schülern ohne deutsche Staatsangehörigkeit (9%) in der Grundschule und im Sekundarbereich (ohne Schulkindergärten und Vorklassen) (vgl. Abbildung 3).10 In der Tendenz zeigt sich auch hier, dass Schüler/innen mit Migrationshintergrund in den Schulen des Sekundarbereichs überproportional häufig in der Hauptschule vertreten und im Gymnasium unterrepräsentiert sind. Die Relationen zwischen dem Durchschnittswert, der den Anteil der jungen Menschen mit Migrationshintergrund an allen Schülerinnen/Schülern beschreibt, und den Werten, die den einzelnen Schularten zugeordnet sind, erscheinen jedoch weniger dramatisch als bei Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit. Ist der Anteil von ausländischen Schülerinnen/Schülern in der Hauptschule mehr als doppelt so hoch wie ihr Anteil an der Gesamtgruppe, so übersteigt er den Durch- 10 Unterschiede ergeben sich nicht allein daraus, dass mit ausländischen Schülerinnen/Schülern lediglich ein Bruchteil der Schüler/innen mit Migrationshintergrund erfasst wird, sondern auch aus unterschiedlichen Erhebungsmethoden: Die Schulstatistik beruht auf Verwaltungsdaten, die sich auf ein bestimmtes Schuljahr beziehen; der Mikrozensus ist eine Haushaltsstichprobe, in der die Schulbesuchsquoten durch die Frage nach dem Schulbesuch in den letzten zwölf Monaten vor der Erhebung festgestellt werden. Darüber hinaus sind keine Schulkindergärten und Vorklassen in den Daten des Mikrozensus enthalten. Zu den Unterschieden in den Daten vgl. auch Nold 2010, S. 140. 20 schnittswert bei den Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund lediglich um die Hälfte. Noch größere Unterschiede zeigen sich, wenn die Relationen der Durchschnittswerte zum Anteil der Schüler/innen in Gymnasien betrachtet werden. Während dieser bei ausländischen Schülerinnen/Schülern lediglich halb so hoch wie ihr Anteil an allen Schülerinnen/Schülern ist, differieren die Daten bei jenen mit Migrationshintergrund lediglich um knapp 6 Prozentpunkte. Das heißt, dass gegenüber dem die Schulformen überschreitenden Durchschnittswert etwa ein Fünftel weniger das Gymnasium besuchen. Abbildung 3: Schüler/innen nach besuchter Schulart1 und Migrationshintergrund, 2009 (in %) 68,6 57,1 73,1 77,5 70,4 71,9 31,4 42,9 26,9 22,5 29,6 28,1 Mit Migrationshintergrund Ohne Migrationshintergrund 1 Zu den „sonstigen Schulen“ zählen die Schulartunabhängige Orientierungsstufe; Schularten mit mehreren Bildungsgängen, Gesamtschule, Waldorfschule und Sonderschule bzw. Förderschule Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung u.a. (2011), Datenreport 2011, Bd. I, Tab. 4c, S. 56; Daten des Mikrozensus a) Bundesländer Je nach Bundesland variieren die Anteile ausländischer Schüler/innen an allen Schülerinnen/Schülern beträchtlich (vgl. Abbildung 4). Am größten ist ihr Anteil in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. In den übrigen westlichen Bundesländern erreichen die ausländischen Schüler/innen Anteile von 4 bis circa 11%.11 Im Gegensatz dazu sind sie in keinem der östlichen Flächenländer mit mehr als 2,4% vertreten. Die Anteile der ausländischen Gesamtbevölkerung in den einzelnen Bundesländern zeigen ein sehr ähnliches Bild. Auch hier liegen die Stadtstaaten vorne (Berlin 14%, Hamburg 13,8% und Bremen 12,6%) und in den östlichen Bundesländer sind die Anteile ausländischer Bürger/innen mit weniger als 2,8% am niedrigsten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2010a, S. 64f.). 11 Um die Lesbarkeit des Textes zu verbessern werden mit Ausnahme kleiner Werte Prozentangaben gerundet. 21 Abbildung 4: Anteile ausländischer Schüler/innen an allen Schülern/Schülerinnen nach Bundesländern im Schuljahr 2009/10 (in %) 14,6 13,4 13,0 11,4 11,3 10,9 8,4 7,1 6,2 6,0 4,0 2,4 1,9 1,9 1,6 1,6 Quelle Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1 Tab. 3.2, Schüler/innen (Deutsche, Ausländer) nach Schularten und Ländern; eigene Berechnungen und Darstellung b) Herkunftsländer Jugendliche mit Migrationshintergrund unterscheiden sich nicht nur nach dem Migrationsstatus (vgl. Abbildung 1). Vielmehr handelt es sich je nach dem Herkunftsland, dem Grund der Migration und dem sozioökonomischen Hintergrund um sehr unterschiedliche Gruppen und Personen. Um einen Überblick über die Entwicklung der größten Herkunftsgruppen von Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund zu erhalten, werden die Staatsangehörigkeiten zusammengefasst nach den Ländern bzw. Regionen „Türkei“, „sonstige ehemalige europäische Anwerbestaaten“12, „übriges Europa“ und „sonstige Staaten“13 im Zeitverlauf dargestellt (vgl. Abbildung 5). Der größte Teil der ausländischen Schüler/innen hatte im Jahr 2009 eine türkische Staatsangehörigkeit. Ihre Zahl liegt bei 298.714. Wie bei ihnen zeigt sich im zeitlichen Verlauf jedoch seit 2003 in allen Gruppen, außer der Gruppe „übriges Europa“, ein Rückgang. Die Zahl der ausländischen Schüler/innen lag im Jahr 2003 mit 951.314 am höchsten; im Jahr 2009 waren es fast 200.000 weniger (766.121). Deutliche Abnahmen zeigen sich bei den Zahlen ausländischer Schüler/innen aus den sonstigen ehemaligen Anwerbestaaten. Nach wie vor hat jedoch die zweitgrößte Gruppe (48.045) einen italienischen Pass. Die Zahl der Schüler/innen aus dem außereuropäischen 12 Nach der Definition des Statistischen Bundesamtes sind dies: Bosnien und Herzegowina, Griechenland, Italien, Kroatien, Montenegro, Portugal, Serbien, Slowenien und Spanien. 13 22 Einschließlich Staatenlose. Raum nahm in den letzten Jahren leicht ab, sie bilden aktuell die kleinste Gruppe. Die Gruppe „übriges Europa“ wächst vor allem aufgrund von Zuzügen aus Osteuropa nach wie vor an. Die meisten osteuropäischen Schüler/innen14 stammen aus Polen, der Russischen Föderation, Albanien, der Ukraine und aus Mazedonien. Außer bei den polnischen Schülerinnen/Schülern sind aus diesen Ländern neuerdings jedoch keine Zuwächse mehr zu verzeichnen. Hingegen nehmen die Schülerzahlen aus Bulgarien, dem Kosovo und Rumänien zum Teil deutlich und – etwas schwächer – aus Ungarn zu. Abbildung 5: Ausländische Schüler/innen nach Herkunftsregionen 2003 bis 2009 (abs.) 450000 400000 350000 300000 250000 200000 150000 100000 50000 0 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Türkei Sonstige ehemalige Anwerbestaaten Übriges Europa Sonstige Staaten und Staatenlose Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 4.2; eigene Berechnungen und Darstellung Vor dem Hintergrund der Daten des →Mikrozensus seit 2005 kann der Rückgang der Zahlen von Schülerinnen/Schülern mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit als Effekt des Rückgangs der Ausländerzahlen in den jüngeren Altersgruppen interpretiert werden. Er lässt sich zurückführen auf eine Abnahme der Zuwanderung von jungen Ausländerinnen/Ausländern, die Zunahme von Einbürgerungen und das Wirksamwerden der →Ius-SoliRegelung (vgl. Fußnote 2). 1.3.2 Der Übertritt von der Grundschule auf weiterführende Schulen Nach dem Besuch der Grundschule, der je nach Bundesland 4 bis 6 Jahre beträgt, erfolgt für die Kinder, die eine öffentliche Schule besuchen, der Übertritt auf eine weiterführende Schule. In welche Schulart sie wechseln, hat eine hohe erwerbsbiographische Bedeutung, da das Qualifikationsniveau des Schulabschlusses wesentlich die Ausbildungschancen bestimmt, sei es im dualen Berufsbildungssystem (vgl. Kapitel 2) oder im Hochschulbereich 14 Ohne die oben genannten Anwerbeländer. 23 (vgl. Kapitel 3) (vgl. Diefenbach 2010; Ditton 1992). Die Möglichkeiten eines späteren Bildungsaufstiegs innerhalb des Schulsystems und damit zur Korrektur eines Bildungsweges sind für Haupt- und Realschüler/innen zwar theoretisch gegeben, können aber in der Praxis nur selten umgesetzt werden. Übergangspraxen kommt damit häufig der Charakter einer „Übergangsauslese“ zu (vgl. Tillmann 2007, S. 5). Mit Daten der TIMSS-Übergangsstudie15 wurde das Übergangsverhalten von Schülerinnen/Schülern ohne Migrationshintergrund, mit türkischem Migrationshintergrund und von Kindern aus (Spät-)Aussiedlerfamilien untersucht und miteinander verglichen (Gresch/Becker 2010). Ermittelt wurden die Anteile der Schüler/innen, die eine Übergangsempfehlung für das Gymnasium erhielten und in ein Gymnasium übertraten (vgl. Abbildung 6). Kinder mit Migrationshintergrund, und hier vor allem jene mit türkischem Migrationshintergrund, erhalten demnach deutlich seltener eine Übertrittsempfehlung für das Gymnasium als Kinder ohne Migrationshintergrund. Gleichwohl ist in der Gruppe der Schüler/innen mit türkischem Migrationshintergrund der Anteil am größten, der auch ohne eine entsprechende Empfehlung auf das Gymnasium übertritt. Abbildung 6: Anteile der Schüler/innen mit Gymnasialempfehlung und tatsächlichem Übergang auf das Gymnasium nach Migrationsstatus (in %) 49 48 29 20 Ohne Migrationshintergrund Türkischer Migrationshintergrund Empf ehlung 31 24 (Spät-)Aussiedlerfamilien Übergang Quelle: Gresch/Becker, 2010, S.191 Darüber hinaus wurden die Unterschiede zwischen den drei Gruppen im Hinblick auf ihren sozioökonomischen Status, die standardisierten Testleistungen und die Schulnoten in Deutsch, Mathematik und Sachkunde analysiert. Deren Werte waren bei den Kindern ohne Migrationshintergrund am besten. Betrachtet man die Gruppe der Kinder, die aufs Gymnasium übertreten, unter einer sozioökonomischen Perspektive, so lassen sich Unter- 15 Die TIMSS-Übergangsstudie ergänzte die TIMSS-Studie 2007 um weitere Module, mit denen „der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2011) auf seine Leistungsgerechtigkeit in Bezug auf regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten untersucht werden konnte. Die TIMSS-Studien (TIMSS = Trends in International Mathematics and Science Study) der IEA werden seit 1995 alle vier Jahre als international vergleichende Schulleistungsstudien durchgeführt. 24 schiede in den Übergangsquoten „größtenteils auf den sozioökonomischen Hintergrund“ (ebd., S. 192) zurückführen. Erhöht sich der sozioökonomische Status der Eltern mit Migrationshintergrund, so verringert sich die Bildungsbenachteiligung ihrer Kinder. Unter diesen Bedingungen ist die Übertrittswahrscheinlichkeit fast so hoch wie bei den Kindern ohne Migrationshintergrund. Wird zusätzlich der Einfluss der Testleistungen und Schulnoten einbezogen, so zeigt sich, dass der Übergang ins Gymnasium bei Kindern mit Migrationshintergrund wahrscheinlicher als bei jenen ohne Migrationshintergrund ist, wenn sie über die gleich guten Leistungen und einen vergleichbar hohen sozioökonomischen Status verfügen. Damit ergibt sich ein positiver Effekt des Migrationshintergrundes: Ihre Chance, auf ein Gymnasium zu wechseln, ist unter Berücksichtigung der oben genannten Faktoren etwa vier Mal so hoch wie bei Kindern ohne Migrationshintergrund. Dieses Ergebnis lässt sich ebenfalls – wenn auch weniger hoch signifikant – für Kinder aus (Spät-)Aussiedlerfamilien (knapp zwei Mal so hohe Chance) nachweisen. „Dennoch liegen die Übergangsquoten innerhalb der jeweiligen Migrationsgruppen deutlich niedriger als bei Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund, da soziale Herkunft wie auch Leistung mit dem Migrationshintergrund konfundiert sind“ (ebd., S. 195). Gresch und Becker schließen daraus, dass das Problem der niedrigen Bildungsbeteiligung am Gymnasium nicht im Übergangsprozess selbst zu suchen ist, sondern schon davor entsteht. Deshalb müsste „in der Vor- und Grundschulzeit eine Annäherung in den schulischen Leistungen der Schülergruppen mit und ohne Migrationshintergrund“ angestrebt werden (ebd., S. 196). 1.3.3 Bildungswege im Sekundarbereich Nach wie vor wechseln Kinder mit Migrationshintergrund nach der Grundschule häufiger auf niedriger qualifizierende Schularten als Kinder ohne Migrationshintergrund. Daten zum Besuch der unterschiedlichen Schularten im Sekundarbereich16 im Schuljahr 2009/10 belegen, dass ungefähr doppelt so viele deutsche Schüler/innen ein Gymnasium besuchen wie ausländische (vgl. Abbildung 7).17 Gleichzeitig ist bei Letzteren der Anteil der Hauptschüler/innen mehr als zweieinhalb Mal so hoch wie bei den Deutschen. 16 Für den Sekundarbereich I vgl. Abbildung A-1.3. 17 Unter „Sonstige“ wurden Schularten mit mehreren Bildungsgängen, integrierte Gesamtschulen, schulartunabhängige Orientierungsstufen und freie Waldorfschulen zusammengefasst. 25 Abbildung 7: Ausländische und deutsche Schüler/innen im Sekundarbereich nach Schularten im Schuljahr 2009/10 (in %) 22,2 21,7 25,7 21,6 21,7 22,5 18,3 19,3 49,4 44,3 22,5 21,8 29,6 35,0 Ausländische Schülerinnen Ausländische Schüler Hauptschulen Realschulen 10,6 Deutsche Schülerinnen Gymnasien 13,8 Deutsche Schüler Sonstige Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.2; eigene Berechnungen und Darstellung Der Unterschied deutsch – ausländisch fällt stärker ins Gewicht als der nach Geschlecht. Jedoch besuchen sowohl die deutschen als auch die ausländischen Mädchen häufiger Gymnasien, die deutschen sowie ausländischen Jungen hingegen häufiger Hauptschulen. Der Vorsprung der Mädchen im deutschen Bildungssystem betrifft also nicht nur Kinder mit deutscher, sondern auch Kinder mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft. Die Differenzierung der Schulbesuchsraten nach Staatsangehörigkeit der ausländischen Kinder und Jugendlichen18 weist auf zum Teil erhebliche Unterschiede hin (vgl. Abbildung 8).19 Der Verteilung deutscher Kinder auf die Schularten am nächsten kommen die Schüler/innen aus der Russischen Föderation. Die vietnamesischen Schüler/innen besuchen mit großem Abstand am häufigsten ein Gymnasium. Der Anteil der Hauptschüler/innen ist bei den serbischen Schülerinnen und Schülern am höchsten, gefolgt von den italienischen. 18 Ausgewählt wurden dafür die europäischen und außereuropäischen Länder mit den größten Schülerzahlen. 19 Unter „Sonstige“ wurden Schularten mit mehreren Bildungsgängen, integrierte Gesamtschulen, schulartunabhängige Orientierungsstufen und freie Waldorfschulen zusammengefasst. 26 Abbildung 8: Schüler/innen im Sekundarbereich nach Staatsangehörigkeit und Schularten im Schuljahr 2009/10 (in %) 18,8 16,8 20,8 23,9 34,4 13,5 27,4 46,8 61,3 27,9 41,6 24,6 27,9 23,5 16,3 24,2 17,5 19,1 18,1 17,1 25,1 20,0 20,1 17,9 22,1 17,6 14,5 12,2 Deutschland 7,5 Vietnam 19,8 20,0 28,1 34,5 36,0 39,3 43,7 Afghanistan Russische Föderation Polen Griechenland Türkei Italien Serbien Realschulen Gymnasien Sonstige Hauptschulen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 4.3; eigene Berechnungen und Darstellung Betrachtet man für die einzelnen Staatsangehörigkeiten darüber hinaus die Verteilung nach Geschlecht, so fällt auf, dass aus ausnahmslos jedem Land die Mädchen häufiger Gymnasien und seltener Hauptschulen besuchen als die Jungen (vgl. Abbildung A-1.2). 1.3.3.1 Zeitliche Entwicklung des Schulbesuchs im Sekundarbereich I Zwischen 1992 und 2008 gingen die Anteile sowohl der deutschen als auch der ausländischen Schüler/innen an den Hauptschulen zurück und der Trend zum Gymnasium hielt trotz →G8 an (vgl. Abbildung 9). Besonders bei den ausländischen Schülerinnen/Schülern war im Verlauf der 16 Jahre ein sehr starker Rückgang beim Besuch von Hauptschulen zu Gunsten höher qualifizierender Schularten zu verzeichnen.20 Am meisten profitierten von diesem Rückgang die Schularten mit mehreren Bildungsgängen und die Integrierten Gesamtschulen, gefolgt von den Realschulen. Die deutschen Schüler/innen starteten auf einem höheren Bildungsniveau (vgl. für den Sekundarbereich I die Abbildungen A-1.3 und A-1.4), so dass auch die Abnahme an den Hauptschulen moderater ausfiel. Leicht rückgängig war bei ihnen auch der Besuch von Schularten mit mehreren Bildungsgängen sowie von Integrierten Gesamtschulen. Wenn auch der Anteil der deutschen Schüler/innen an Realschulen gestiegen ist – ebenso wie bei den ausländischen Schülerinnen/Schülern –, war es vor allem das Gymnasium, auf das sich ihr Bildungsaufstieg konzentrierte. 20 Vgl. auch Abbildung A-1.3 und A-1.4 im Anhang, die in Zeitreihen den Schulbesuch ausländischer und deutscher Schüler/innen im Sekundarbereich I von 1992 bis 2009 darstellen. 27 Abbildung 9: Prozentuale Veränderung des Schulbesuchs von deutschen und ausländischen Schülern/Schülerinnen an allgemeinbildenden Schulen zwischen 1992 und 2008 6,7 5,1 4,2 5,1 2,1 -1,6 -5,6 -15,9 Hauptschule Realschule Ausländische Schüler/innen Gymnasium Schularten mit mehreren Bildungsgängen u. Integrierte Gesamtschulen Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.1; eigene Berechnungen und Darstellung 1.3.3.2 Besuch des Sekundarbereichs I in den einzelnen Bundesländern Im gesamten Bundesgebiet ist im →Sekundarbereich I der Anteil der ausländischen Schüler/innen an allen Schülerinnen/Schülern in den Hauptschulen mehr als doppelt so hoch wie der der deutschen Schüler/innen. An Gymnasien beträgt er weniger als die Hälfte. In etwa gleiche Anteile ergeben sich an den Realschulen und bei den sonstigen Schularten (vgl. Abbildung 10).21 21 Zu den „sonstigen“ Schulen zählen Schulen mit mehreren Bildungsgängen, Integrierte →Gesamtschulen, freie Waldorfschulen und die Schulartunabhängige Orientierungsstufe. In Bremen resultieren die Anteile der „sonstigen Schulen“ vor allem aus dem Besuch von Schulen mit mehreren Bildungsgängen und Integrierten Gesamtschulen, in Hamburg machen Integrierte Gesamtschulen den größten Teil an den sonstigen Schulen aus und in Berlin ist dies vornehmlich die schulartunabhängige Orientierungsstufe. 28 Abbildung 10: Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I im gesamten Bundesgebiet nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Ausländische Schüler/innen 36,3 Deutsche Schüler/innen 15,1 0 10 24,8 16,9 27,5 20 Hauptschulen 22,1 37,1 30 40 50 Realschulen 60 70 Gymnasien 20,3 80 90 100 Sonstige Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung Neben der jeweiligen nationalen Zusammensetzung der Bevölkerung22 dürften die unterschiedlichen Schulsysteme der Bundesländer Einfluss darauf haben, wie sich die deutschen und ausländischen Schüler/innen auf die einzelnen Schularten im →Sekundarbereich I verteilen. Entsprechend des bundeslandbezogenen Anteils ausländischer Schüler/innen an allen Schülerinnen/Schülern werden zunächst die Daten zu den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen mit dem größten Anteil ausländischer Kinder und Jugendlicher dargestellt, darauf folgen die anderen westlichen Bundesländer und schließlich die östlichen Bundesländer, die den geringsten Anteil ausländischer Schüler/innen aufweisen. In den Stadtstaaten besuchen relativ viele Schüler/innen die unter der Rubrik „sonstige Schulen“ subsummierten Schulen (vgl. Abbildung 11; s. Fußnote 21). Auch die Schüleranteile am Gymnasium sind in Hamburg und Bremen relativ groß, während Realschulen und Hauptschulen eine geringere und in Bremen nahezu keine Rolle spielen.23 In Hamburg und Bremen besuchen ausländische Schüler/innen überdurchschnittlich häufig Schularten mit mehreren Bildungsgängen und Integrierte Gesamtschulen. An den Gymnasien sind sie dagegen in allen drei Bundesländern deutlich seltener als deutsche Schüler/innen vertreten. An den Hauptschulen ist ihr Anteil in Berlin und Hamburg mehr als doppelt so hoch wie der Anteil bei den deutschen Schülerinnen/Schülern. 22 Der Besuch unterschiedlicher Schularten steht im Zusammenhang mit der (familialen) nationalen Herkunft der Schüler/innen (vgl. Abbildung 8). 23 In Bremen gibt es keine Realschulen. 29 Abbildung 11: Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I in Berlin, Hamburg und Bremen nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Ausl. Sch. 13,2 5,8 24,4 56,5 Hamburg Dt. Sch. 6,5 4,8 46,1 42,6 0,4 Ausl. Sch. 25,0 74,6 0,3 Bremen Dt. Sch. Ausl. Sch. 12,8 14,6 42,4 57,3 15,2 57,4 Berlin Dt. Sch. 5,8 0 12,5 10 27,1 20 Hauptschulen 30 40 Realschulen 54,7 50 Gymnasien 60 70 80 90 100 Sonstige Ausl. Sch. = Ausländische Schüler/innen; Dt. Sch. = Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung In den westlichen Flächenländern zeigt sich ein anderes Bild (vgl. Abbildung 12). Im Saarland besuchen sowohl die deutschen als auch die ausländischen Schüler/innen fast ausschließlich Schularten mit mehreren Bildungsgängen, Gymnasien und Integrierte Gesamtschulen. Demgegenüber gibt es in Bayern und Baden-Württemberg keine Schularten mit mehreren Bildungsgängen und der Anteil der Schüler/innen an Gesamtschulen und in →Orientierungsstufen ist vernachlässigbar. Diese Bundesländer haben dementsprechend den größten Schüleranteil an Hauptschulen, wobei hier die Anteile ausländischer Schüler/innen deutlich über denen der deutschen Schüler/innen liegen und den Bundesdurchschnitt in der Sekundarstufe I von 15% für die deutschen und 36% für die ausländischen Schüler/innen (vgl. Abbildung 10) weit überschreiten. Gleichwohl besuchen auch in den anderen Bundesländern ausländische Schüler/innen Hauptschulen zu höheren Anteilen als deutsche. Nur im Saarland, wo der Hauptschulanteil sehr niedrig ist, überwiegen die deutschen Jugendlichen minimal. Beim Besuch von Realschulen sind die Anteile in den meisten westlichen Flächenstaaten ausgewogener. In Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Hessen besuchen mehr ausländische als deutsche Schüler/innen eine Realschule. Lediglich in Bayern und Baden-Württemberg dominieren in dieser Schulart deutsche Schüler/innen. Gymnasien werden in allen westlichen Bundesländern prozentual häufiger von deutschen als von ausländischen Jugendlichen besucht. Die Anteile der deutschen Gymnasiastinnen/Gymnasiasten betragen zwischen 33% in Bay30 ern und 45% in Hessen; für die ausländischen Gymnasiastinnen/Gymnasiasten liegen sie zwischen 14% in Baden-Württemberg und 23% in Hessen. Abbildung 12: Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I in den westlichen Bundesländern (ohne Stadtstaaten) nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Schlesw.Holstein Ausl. Sch. 31,0 Dt. Sch. 12,6 28,1 19,2 28,3 21,7 37,4 21,7 0,4 Saarland Ausl. Sch. 0,9 Dt. Sch. 2,7 0,5 Rheinl.Pfalz Aus. Sch. Dt. Sch. 8,4 Ausl. Sch. 35,2 Dt. Sch. 15,9 Niedersachsen Ausl. Sch. 35,6 Dt. Sch. 17,0 Ausl. Sch. 17,6 Dt. Sch. Bayern BadenWürtt. 81,6 35,9 60,8 25,0 Nordrh.Westf. Hessen 17,1 6,6 Ausl. Sch. 60,3 Dt. Sch. 29,0 Ausl. Sch. 55,4 Dt. Sch. 20,8 21,6 19,1 18,7 34,3 40,6 32,3 25,8 14,2 28,7 24,8 38,4 17,1 40,9 17,6 39,7 29,3 6,4 23,0 24,3 30,0 44,6 24,5 22,3 36,7 16,5 33,4 29,6 Realschulen 35,9 Gymnasien 0,9 0,9 13,7 40,6 Hauptschulen 5,9 37,0 1,3 2,6 Sonstige Ausl. Sch. = Ausländische Schüler/innen; Dt. Sch. = Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur, Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung In den östlichen Bundesländern gibt es traditionell keine Hauptschulen. Ähnlich wie in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg besuchen die meisten Schüler/innen des Sekundarbereichs I eine schulartunabhängige Orientierungsstufe, Integrierte Gesamtschulen oder Schularten mit mehreren Bildungsgängen. Bis auf einen minimalen Anteil Mecklenburg-vorpommerscher Schüler/innen an Realschulen besuchen alle anderen ein Gymnasium (vgl. Abbildung 13). Die Gymnasialbesuchsquoten der deutschen Schüler/innen streuen hier zwischen knapp 26% in Brandenburg und 41% in Sachsen, die der ausländischen Schüler/innen zwischen 17% in Brandenburg und knapp 43% in Sachsen. Sachsen ist somit das einzige Bundesland, in dem prozentual mehr 31 ausländische als deutsche Kinder und Jugendliche in der Sekundarstufe I ein Gymnasium besuchen.24 Abbildung 13: Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I in den östlichen Bundesländern nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Ausl. Sch. Thüringen 35,8 Dt. Sch. Ausl. Sch. SachsenAnhalt 59,7 42,5 Dt. Sch. Mecklenb.Vorpommern 67,6 40,3 Ausl. Sch. Ausl. Sch. 59,7 32,4 Dt. Sch. Sachsen 64,2 40,3 57,5 40,9 0,3 59,1 25,6 Dt. Sch. 74,2 26,0 73,2 0,8 Brandenburg Ausl. Sch. 17,2 Dt. Sch. 82,8 25,5 0 10 Realschulen 20 74,5 30 40 50 60 Gymnasien 70 80 90 100 Sonstige Ausl. Sch. = Ausländische Schüler/innen; Dt. Sch. = Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung Durch den Besuch von Schulen, die mehrere Bildungsabschlüsse anbieten, erhalten in den östlichen Bundesländern sowie in den Stadtstaaten und im Saarland auch Kinder und Jugendliche, die in anderen Bundesländern eine Hauptschule besuchen würden, die Chance, einen höher qualifizierenden Schulabschluss zu erlangen. Schulen mit mehreren Bildungsgängen und Gesamtschulen könnten im Sekundarbereich I somit vor allem für ausländische Schüler/innen eine Alternative zur Hauptschule sein. 1.3.3.3 Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich II Im Schuljahr 2009/2010 besuchten 4.071.767 deutsche sowie 415.071 ausländische Mädchen und Jungen den Sekundarbereich I des allgemeinbildenden Schulsystems. Der →Sekundarbereich II wurde von 941.848 deutschen und 49.095 ausländischen Schülerinnen/Schülern besucht.25 Setzt man die Anteile der Schüler/innen in den Sekundarbereichen ins Verhältnis, um zu sehen, wie groß der jeweilige Prozentsatz ist, der die 24 Die Vergleichbarkeit mit den anderen Bundesländern ist eingeschränkt, da in Sachsen schon 25 Die Zahlen berücksichtigen in beiden Sekundarstufen keine Abendschulen. weitgehend nach Migrationshintergrund erhoben wird. 32 Schule im Sekundarbereich II fortsetzt, so entdeckt man deutliche Differenzen nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht. Während im Schuljahr 2009/10 die Anzahl der deutschen jungen Frauen im Sekundarbereich II etwa ein Viertel der Schülerinnen des Sekundarbereichs I betrug, lag der Anteil bei den deutschen jungen Männern bei einem Fünftel, bei den ausländischen jungen Frauen bei 14% und bei den ausländischen jungen Männern nur bei 10%.26 Die meisten Schüler/innen des Sekundarbereichs II an allgemeinbildenden Schulen besuchten ein →Gymnasium, die deutschen Schüler/innen noch häufiger als die ausländischen (vgl. Abbildung A-1.5). Ausländische Schüler/innen besuchten zu circa 17% eine Integrierte Gesamtschule.27 Im Geschlechtervergleich zeigen sich hier nur Unterschiede im Promillebereich. 1.3.3.4 Erklärungsansätze für Differenzen im Schulbesuch Im Zweiten Integrationsindikatorenbericht (Engels u.a. 2012) wird anhand der PISA-Daten 2009 die Bedeutung von materiellen, kulturellen und sozialen Ressourcen, des Zuzugsalters und des Sprachgebrauchs in der Familie für Differenzen im Besuch der Schulformen von 15-jährigen Schülern/ Schülerinnen mit und ohne Migrationshintergrund belegt. Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss: „Jugendliche mit Migrationshintergrund unterscheiden sich demnach in der besuchten Schulform statistisch nicht von Jugendlichen ohne Migrationshintergrund, wenn sie nach sozialer Herkunft vergleichbar sind, in Deutschland geboren wurden bzw. im Vorschulalter eingereist sind und in ihren Elternhäusern Deutsch die alltägliche Umgangssprache ist“ (ebd., S. 157). Regressionsanalysen zum Übergang von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II auf Grundlage des →Mikrozensus 2009 im Zweiten Integrationsindikatorenbericht heben die Bedeutung der sozialen Herkunft und des Geschlechts hervor. Danach haben „Jugendliche, die in Städten leben, Mädchen sind und aus zumindest teilweise berufstätigen Elternhäusern mit höherer Bildung stammen (…) eine signifikant höhere Chance als andere Jugendliche, die Klassenstufen 11-13 zu besuchen“ (ebd., S. 164). Nicht aufgelöst werden können allerdings – auch bei Kontrolle von Gemeindegröße, der regionalen Arbeitsmarktlage und der Diversität von Nachbarschaften bezüglich ethnischer Herkunft und Einkommenslage der Bewohner/innen – geringere Chancen von Jugendlichen, die aus zugewanderten Familien aus Drittstaaten28 stammen (ebd.). Demgegenüber „besuchen Jugendliche der zweiten Generation (…) signifikant häufiger die gymnasiale Oberstufe, so- 26 Eigene Berechnungen nach Statistischen Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1. 27 Freie Waldorfschulen wurden im Schuljahr 2009/10 von nur 0,6% der ausländischen Jungen und 0,7% der ausländischen Mädchen im Sekundarbereich II besucht. 28 Der Begriff „Drittstaatangehörige“ dient der Abgrenzung zum Begriff EU-Ausländer. Staatsbürger eines Drittstaates sind weder EU-, EWR-Bürger noch Schweizer. 33 fern man sie an ihren Altersgenossen mit derselben sozioökonomischen Herkunft misst (…)“ (ebd., S. 166). 1.3.4 Schulabschlüsse 1.3.4.1 Absolventinnen und Absolventen nach Abschlussarten Im Schuljahr 2009/2010 hatten etwas mehr als 9% aller Absolventinnen/ Absolventen allgemeinbildender Schulen in Deutschland eine ausländische Staatsangehörigkeit (vgl. Abbildung 14). Bei den Abgängern/Abgängerinnen ohne Hauptschulabschluss und bei den Absolventinnen/Absolventen mit Hauptschulabschluss waren Jugendliche mit ausländischer Staatsangehörigkeit stark überrepräsentiert und bei jenen mit Allgemeiner Hochschulreife deutlich unterrepräsentiert. Einzig bei den Absolventinnen/Absolventen mit Fachhochschulreife waren sie entsprechend ihres Anteils an der Gesamtabsolventengruppe vertreten. Abbildung 14: Anteil der Ausländer/innen an allen Absolventinnen/Absolventen im Schuljahr 2009/10 nach Abschlussarten (in %) 19,9 17,0 9,5 9,4 8,0 3,5 Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.3; eigene Darstellung Im Verhältnis zu den Schulabschlüssen deutscher Jugendlicher wird deutlich, dass ausländische Jugendliche sehr viel geringere Chancen haben, die allgemeine Hochschulreife zu erlangen, aber erheblich öfter bei jenen ohne oder mit Hauptschulabschluss vertreten sind (vgl. Abbildung 15). 34 Abbildung 15: Schulabgänger/innen1 des Abgangsjahres 2009 nach Staatsangehörigkeit und Abschlussarten (in % der ausländischen bzw. deutschen Schulabgänger/innen) 41,1 38,9 34,4 32,0 19,7 13,8 11,4 5,8 1,5 Ausländer/innen 1 1,5 Deutsche Einschließlich Externe Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung Dieser erste Blick auf die Anteile der Ausländer/innen nach Abschlussarten bestätigt zunächst die allgemeine Wahrnehmung, dass ausländische Schüler/innen im deutschen Schulsystem generell wesentlich weniger erfolgreich sind als die deutschen. Im Folgenden soll dieser Befund weiter differenziert werden, um zu zeigen, wie unterschiedlich die Ergebnisse sind, wenn man den Zeitverlauf sowie den unterschiedlichen sozioökonomischen Status und den Migrationsstatus sowie diverse Herkunftsländer der Absolventinnen/ Absolventen berücksichtigt. 1.3.4.2 Abschlussarten im Zeitverlauf Der Anteil der Schulabgänger/innen ohne Hauptschulabschluss ist 2009 gegenüber 1992 sowohl bei den ausländischen als auch bei den deutschen Schülerinnen/Schülern gesunken (vgl. Abbildung 16). Am niedrigsten war der Anteil der Abgänger/innen zu Beginn des Beobachtungszeitraums bei den deutschen jungen Frauen (1992: 5%). Ein Viertel der ausländischen jungen Männer sowie 18% der ausländischen jungen Frauen verließen im Jahr 1992 die Schule ohne Hauptschulabschluss. Diese Anteile sanken bis zum Jahr 2009 auf 16% bzw. 12%. Werden die Werte für 1992 für alle Gruppen auf 0 gesetzt, so wird deutlich, dass in Relation zu den anderen Gruppen die ausländischen Schulabgänger/innen die stärkste Abnahme zu verzeichnen hatten. Aus diesen Ergebnissen kann gefolgert werden, dass seit 1992 zunehmend mehr junge Menschen ausländischer Nationalität in Deutschland zumindest einen Haupt35 schulabschluss oder auch einen höher qualifizierenden Schulabschluss erreichen. Abbildung 16: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen ohne Hauptschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) 30 25 20 15 10 5 0 1992 1999 2009 4 2 0 -2 -4 -6 -8 -10 1992 Deutsche Männer 1999 Deutsche Frauen Ausländische Männer 2009 Ausländische Frauen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung Der Anteil von Schulabgängerinnen und -abgängern mit einem Hauptschulabschluss war 2009 bei den ausländischen Jugendlichen am höchsten, wobei er bei den jungen Männern – ebenso wie bei den deutschen Absolventinnen/Absolventen – über dem der jungen Frauen lag. Zwischen 1992 und 2009 sank bei allen Gruppen der Anteil der Absolventinnen/Absolventen, die die Schule mit einem Hauptschulabschluss verließen (vgl. Abbildung 17). Die Abschlussquoten an Hauptschulen verringerten sich bei den jungen ausländischen Männern von 45% auf 41% und bei den jungen ausländischen Frauen von 44% auf 37%. Wird eine gleiche Ausgangslage bei allen Gruppen angenommen (1992 = 0), so wird deutlich, dass die stärksten Rückgänge bei den ausländischen und deutschen weiblichen Schulabgängerinnen zu verzeichnen waren. Bei den jungen Männern mit ausländischer Staatsangehörigkeit war die Abnahme in Relation zu den anderen Gruppen am geringsten. 36 Abbildung 17: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Hauptschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1992 1999 2009 1999 2009 2 0 -2 -4 -6 -8 1992 Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländische Männer Ausländische Frauen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung Der Absolventenanteil mit höher qualifizierenden Schulabschlüssen stieg sowohl bei den deutschen als auch den ausländischen Jugendlichen zwischen 1992 und 2009. Hatten von den ausländischen Schulabgängerinnen 1992 29% einen Realschulabschluss erworben, so waren es 2009 37%. Bei den jungen ausländischen Männern lagen die Anteile bei 24% (1992) und 32% (2009). Im Laufe der Jahre näherten sich die Anteile der unterschiedlichen Gruppen an (vgl. Abbildung 18). Die Zunahme gegenüber 1992 war bei den ausländischen jungen Männern und Frauen im Verhältnis zu den anderen Gruppen am stärksten. Lediglich bei den deutschen Schulabgängerinnen ging der Anteil derjenigen mit Realschulabschluss zwischen 1992 bis 2009 zurück. 37 Abbildung 18: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Realschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) 50 40 30 20 10 0 1992 1999 2009 1999 2009 10 8 6 4 2 0 -2 -4 1992 Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländische Männer Ausländische Frauen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung Der Anteil der Absolventinnen/Absolventen mit Fachhochschulreife an den Schulabgängerinnen/Schulabgängern ist generell sehr niedrig. Im Jahr 2009 erreichten die ausländischen jungen Frauen den höchsten Wert mit 1,7%, die ausländischen jungen Männer erreichten mit 1,3% den niedrigsten (vgl. Abbildung 19). In Relation zu den anderen Gruppen erreichten die jungen Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit den höchsten Anstieg, gefolgt von den deutschen jungen Frauen, den ausländischen jungen Männern und den deutschen männlichen Schulabgängern. 38 Abbildung 19: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Fachhochschulreife in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 1992 1999 2009 1992 1999 2009 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländische Männer Ausländische Frauen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung In allen vier Gruppen lagen im Jahr 2009 die Anteile der Absolventinnen und Absolventen mit Allgemeiner Hochschulreife über den Anteilen im Jahr 1992 (vgl. Abbildung 20). Die jungen ausländischen Frauen erreichten 1992 8% und 2009 13%. Bei den jungen Männern mit ausländischer Staatsbürgerschaft lagen die Werte bei 7% bzw. 10%. In Relation zu den anderen Gruppen stieg der Anteil der Absolventinnen/Absolventen mit Hochschulreife bei den deutschen jungen Frauen am stärksten – sie konnten ihren Vorsprung gegenüber den anderen Gruppen ausbauen. An zweiter Stelle liegt der Anstieg bei den ausländischen Frauen, die ihren 1992 noch geringen Vorsprung gegenüber den ausländischen jungen Männern vergrößern konnten, deren Zuwachs am geringsten von allen Gruppen ausfiel. 39 Abbildung 20: Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Allgemeiner Hochschulreife in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1992 1999 1992 1999 2009 10 8 6 4 2 0 -2 -4 Deutsche Männer Deutsche Frauen 2009 Ausländische Männer Ausländische Frauen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 6.4; eigene Darstellung Als Fazit lässt sich festhalten, dass die ausländischen Schüler/innen in allen Schularten das Niveau ihrer deutschen Altersgenossinnen und -genossen zwar noch nicht erreicht haben – außer im Fall der Fachhochschulreife –, dass sie es seit 1992 aber zum Teil beträchtlich steigern konnten. Beim Abitur hat sich in dieser Zeit jedoch der Vorsprung der deutschen gegenüber den ausländischen Schülerinnen/Schülern weiter vergrößert. 1.3.4.3 Schulabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger Migrationsstatus 29 nach detailliertem Die Daten des →Mikrozensus (Statistisches Bundesamt 2010a) erlauben es, Schulabschlüsse von 25- bis unter 35-Jährigen mit Migrationshintergrund nach deren Migrationsstatus zu differenzieren.30 Sie bieten Informationen, die über die in der Schulstatistik vorgenommene Differenzierung „Deut- 29 Diese Altersgruppe wurde ausgewählt, da in diesen Kohorten die Schule in den meisten Fällen einerseits zwar schon abschlossen ist, dieser Abschluss andererseits aber noch nicht zu lange zurückliegt. 30 Die Interpretationsmöglichkeiten im Hinblick auf das deutsche Bildungswesen sind jedoch eingeschränkt, da die altersspezifischen Angaben zur Gruppe mit eigenen Migrationserfahrungen nicht nach Aufenthaltsdauer differenziert sind, so dass nicht klar ist, ob die Abschlüsse in Deutschland oder im Herkunftsland erworben wurden. 40 sche“ – „Ausländer“ hinausgehen. Der Mikrozensus verwendet statt des Staatsbürgerschaftskonzepts ein Migrations- bzw. Zuwanderungskonzept. Die Kategorie „mit Migrationshintergrund“ umfasst zugewanderte Personen und Nachkommen zugewanderter Personen der zweiten (Kinder) und dritten (Enkelkinder) Generation. Zu den Personen mit Migrationshintergrund zählen auch Eingebürgerte und (Spät-)Aussiedler/innen, die durch das Staatsbürgerschaftskonzept nicht erfasst werden.31 Die Differenzierung der 25- bis unter 35-Jährigen nach deren Schulabschluss32 gibt den Prozentanteil der jeweiligen Gruppe an der Bevölkerung gleichen Alters und gleichen Migrationsstatus an. Der Vergleich der Daten über alle Kategorien des Migrationsstatus zeigt, dass die jungen Frauen zu einem höheren Anteil als die jungen Männer über das Abitur verfügen – einzige Ausnahme: Eingebürgerte. Auch beim Realschulabschluss überflügeln sie die jungen Männer (vgl. Abbildung 21). Beim Hauptschulabschluss erreichen sie durchgängig niedrigere Werte. Fachhochschulabschlüsse sowie fehlende Schulabschlüsse sind weniger eindeutig verteilt und die Differenzen sind generell sehr gering. Differenzierend nach Migrationshintergrund und Migrationsstatus zeigen sich darüber hinaus folgende Ergebnisse (vgl. Abbildung 21): 25- bis 35-Jährige mit Migrationshintergrund haben gegenüber jenen ohne Migrationshintergrund seltener die (Fach-)Hochschulreife und einen Realschulabschluss33 erreicht, verfügen jedoch häufiger über einen Hauptschulabschluss oder keinen Schulabschluss. Bei den selbst zugewanderten jungen Erwachsenen (Migrantinnen/Migranten der ersten Generation) liegt der Anteil der Abiturientinnen/ Abiturienten über dem der Gleichaltrigen, die nicht über eigene Migrationserfahrungen verfügen. Gleichzeitig haben sie häufiger als jene die Schule ohne Abschluss verlassen. Fachhochschul-, Realschul- und Hauptschulabschlüsse finden sich bei der Gruppe ohne eigene Migrationserfahrung häufiger als bei der ersten Migrantengeneration. Von den selbst zugewanderten 25- bis unter 35-Jährigen verfügen die jungen Ausländer/innen34 gegenüber den Deutschen mit Migrationshintergrund (Eingebürgerte und (Spät-)Aussiedler/innen) einerseits sehr 31 Zur ausführlichen Erläuterung vgl. Anhang 1 zum Mikrozensus (Statistisches Bundesamt 32 Die Tabelle des Statistischen Bundesamtes „Bevölkerung nach detailliertem Migrationsstatus, 2010a, S. 382ff.). allgemeinem Schulabschluss und Geschlecht“ weist die Frauen und Männer, die „ohne Schulabschluss“ sind, nur für die Zeile „insgesamt“ danach aus, ob sich die betroffenen Personen noch in Ausbildung befinden oder ob sie die Schule ohne Abschluss verlassen haben. Für die anderen Zeilen sind die Zahlenwerte nicht sicher. Insofern befindet sich bei allen Gruppen ein gewisser, wenn auch vermutlich kleiner Prozentsatz, der nicht nachgewiesen werden kann, noch in Ausbildung. 33 Der Anteil der Personen mit Realschulabschluss enthält auch jene, die einen Abschluss an 34 Anhand der Veröffentlichung des Mikrozensus 2009 (Statistisches Bundesamt 2010a) lässt einer Polytechnischen Oberschule erworben haben. sich lediglich die Gruppe der selbst zugewanderten 25- bis unter 35-Jährigen nach der Staatsbürgerschaft (Deutsche und Ausländer) differenzieren. 41 42 viel häufiger über ein Abitur, andererseits haben sie aber auch öfter die Schule ohne Schulabschluss verlassen, so dass von einer Tendenz zur Dichotomisierung gesprochen werden kann. Beim mittleren Schulabschluss (Realschule) liegen die Anteile der weiblichen und männlichen Deutschen mit Migrationshintergrund deutlich über denen der Ausländer/innen. Ebenso finden sich in dieser Gruppe etwas mehr Fachhochschulabschlüsse (vgl. Abbildung 21). Unter den selbst zugewanderten Deutschen haben Eingebürgerte häufiger als (Spät)Aussiedler/innen das Abitur. Relativ gering sind die prozentualen Unterschiede zwischen ihnen bei den Hauptschulabschlüssen und bei den fehlenden Schulabschlüssen, wenngleich der Anteil der Eingebürgerten ohne Abschluss mehr als doppelt so groß ist wie der der (Spät-)Aussiedler/innen. Insgesamt überwiegen in beiden Gruppen und unabhängig vom Geschlecht niedrige und mittlere Schulabschlüsse. Die Anteile der Hauptschulabsolventinnen und -absoventen liegen aber nicht erheblich über dem Anteil der Abiturientinnen und Abiturienten. Abbildung 21: Schulabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrationshintergrund1, Migrationsstatus und Geschlecht, 2009 (in %) Insgesamt F 3,8 33,8 17,7 M 30,3 25,2 35,8 8,3 9,4 30,7 3,7 1,6 Ohne Migrations- F hintergrund 37,2 14,6 M 8,9 33 22,2 37,2 10,3 31,8 25,1 6,4 31,9 2,1 Mit Migrationshintergrund1 F 9,4 M 8,5 26,4 22,6 34 7 27,1 8,2 25,1 Mit MH Ohne eigene Migrationserfahrung Mit eigener Migrationserfahrung F 4,1 32 29,7 M 4,4 F 10,5 M 9,8 32,8 F 14,7 25 M 13,9 29,1 9,2 27,8 38 6 33,3 21 6,3 29,3 23,7 25,7 20 Mit eigener ME Ausl. Staatsangehörigkeit Deutsche F 4,3 Staatsangehörigk. M 4,5 Deutsche mit eigener ME 2,9 F (Spät-) Aussiedler M 2,9 Eingebürgerte F 6,9 M 7,1 Ohne Schulabschluss 38,8 15,6 4,5 35,9 26,6 37,9 25,6 39,1 Hauptschule Realschule 8,2 20,5 23,8 8,7 31 8,4 17,9 6,9 26,4 7,9 26,8 Fachhochschulreife Abitur 31,3 35,4 24,7 8,1 28,7 38,3 28,5 35,8 15,4 4,9 23,6 1 Bezieht sich auf den Migrationshintergrund „im engeren Sinne“. Personen mit einem engeren Migrationshintergrund wird mit den 2009 erhobenen Daten des Mikrozensus eindeutig und differenziert ein Migrationshintergrund zugewiesen. MH = Migrationshintergrund, ME = Migrationserfahrung Quelle: Statistisches Bundesamt (2010a): Fachserie 1, Reihe 2.2, Tab. 8; eigene Berechnungen und Darstellung 43 1.3.4.4 Schulabschlüsse nach Migrationshintergrund, sozioökonomischem Status, elterlicher Bildung und Generation Im Bildungsbericht 2010 (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010) wird der Einfluss des sozioökonomischen Status auf die schulischen Bildungsabschlüsse von 18- bis unter 21-Jährigen mit und ohne Migrationshintergrund berechnet und dargestellt (vgl. Abbildungen A-1.6 und A-1.7). Danach nimmt auch bei jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund mit einem steigenden sozioökonomischen Status der Anteil der höher qualifizierenden Abschlüsse zu und der Anteil der niedriger qualifizierenden Abschlüsse ab. Vergleicht man jedoch Jugendliche und junge Erwachsene, die über denselben sozioökonomischen Status verfügen, so erreicht die Gruppe derjenigen mit Migrationshintergrund gleichzeitig häufiger nur einen Hauptschulabschluss bzw. gar keinen Abschluss und legt ähnlich häufig das Abitur ab wie jene ohne Migrationshintergrund. Daten des DJI-Survey AID:A bestätigen den Zusammenhang zwischen den miteinander verknüpften Kategorien „elterlicher Sozialstatus“ und „Bildungsniveau“ mit dem Anteil von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund, die das Abitur abgelegt bzw. gymnasiale Bildungswege eingeschlagen haben (vgl. Berngruber u.a. 2012). Sie erlauben zudem einen Vergleich unterschiedlicher Generationen von in Deutschland lebenden Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Zur ersten Migrantengeneration zählen Jugendliche, die selbst im Ausland geboren sind, zur zweiten Generation jene, bei denen mindestens ein Elternteil im Ausland geboren ist, und zur dritten Generation Jugendliche, bei denen Großelternteile im Ausland geboren ist. Daten zu Letzteren liegen lediglich für 11- bis unter 18-Jährige vor. Zusätzlich werden die Jugendlichen der zweiten bzw. dritten Migrantengeneration danach unterschieden, ob ein Elternteil oder beide im Ausland geboren bzw. ob von Seiten eines oder beider Elternteile mindestens ein Großelternteil im Ausland geboren ist. Zudem wird das elterliche Bildungsniveau danach differenziert, ob mindestens ein oder kein Elternteil Abitur hat. In der Gruppe der 11- bis 32-Jährigen zeigt sich zunächst, dass bei Jugendlichen aus Familien, in denen kein Elternteil Abitur hat, der Anteil der Gymnasiastinnen/Gymnasiasten und Abiturientinnen/Abiturienten unter dem der Gruppe liegt, in der mindestens ein Elternteil Abitur hat. In beiden Gruppen liegen die Werte der jungen Menschen mit Migrationshintergrund unter denen ohne Migrationshintergrund. Diese Anteile differieren zusätzlich nach den Generationengruppen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund (vgl. Abbildung A-1.8). Sowohl in der Gruppe der jungen Menschen aus einer Familie mit höherem als auch niedrigerem Bildungsniveau sind die Unterschiede im Gymnasiumsbesuch- bzw. Abiturientenanteil zwischen den Befragten ohne Migrationshintergrund und jenen aus der zweiten Migrantengeneration gering, wenn bei Letzteren ein Elternteil in Deutschland geboren ist. Junge Leute der ersten Generation und die der zweiten Generation, bei denen beide Eltern im Ausland geboren sind, haben – eben- 44 falls in beiden familialen Bildungsmilieus – erheblich seltener das Abitur bzw. streben es an. Der Fokus auf die Gruppe der 11- bis 17-Jährigen bestätigt dieses Bild weitgehend. Unterschiede zwischen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund einerseits und der Gruppe der Jugendlichen aus der ersten Generation sowie der zweiten Generation mit Eltern, die beide im Ausland geboren wurden, sind jedoch deutlich größer als in der Altersgruppe der 11- bis 32Jährigen. Gleichzeitig kann ein Blick auf die dritte Generation geworfen werden. Unabhängig davon, ob von Seiten beider oder nur eines Elternteils mindestens ein Großelternteil im Ausland geboren ist, unterscheiden sich Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in der Beteiligung an einer auf das Abitur ausgerichteten Bildungslaufbahn kaum von den Kindern und Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Wenn mindestens ein Elternteil Abitur hat, erreichen die Jugendlichen der dritten Generation mit einem von Seiten nur eines Elternteils im Ausland geborenen Großelternteil sogar höhere Werte (vgl. Abbildung 22). Abbildung 22: Abitur/Gymnasiumsbesuch 11- bis 17-Jähriger nach Bildung der Eltern, Migrationshintergrund und Migrantengeneration (in %) Kein Migrationshintergrund 3. Generation 1 Elternteil 3. Generation beide Eltern 2. Generation 1 Elternteil 2. Generation beide Eltern 1. Generation 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Anteil Gymnasiumsbesuch der Kinder Kein Elternteil Abitur Mindestens ein Elternteil Abitur Lesehinweis: 3. Generation 1 Elternteil = das Kind gehört der dritten Migrantengeneration an und ein Elternteil ist im Ausland geboren, beide Eltern = beide Eltern sind im Ausland geboren Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009 (Berngruber u.a. 2012, S. 61, Abb. 4) Die Ergebnisse zeigen, dass höhere Bildungsabschlüsse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund sowohl mit dem Bildungsniveau der Eltern als auch mit der Migrantengeneration, der sie angehören, zusammenhängen. Jugendliche der dritten Generation unterscheiden sich kaum von Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Zudem erweist es sich in allen Migrantengenerationen als bedeutungsvoll, ob beide Eltern oder nur ein Elternteil im Ausland geboren ist. Worauf diese Befunde im einzelnen zurückgeführt werden können – auf die Vertrautheit mit bzw. die Integration in das soziale und gesellschaftliche System, sprachliche Fähigkeiten oder die Akzeptanz durch die soziale Umwelt – erfordert weitere Untersuchungen, die nicht allein Lebenslagen, sondern auch Lebensfüh45 rungsmuster in den Blick nehmen. 1.3.5 Förderschulen Förderschulen werden von Bundesland zu Bundesland anders differenziert, organisiert und benannt (z.B. als Sonderschulen, Förderzentren oder Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt). Im Allgemeinen existieren Förderschulen für Schüler/innen mit Lernbehinderungen – sie bilden die größte Gruppe unter den Förderschulen –, körperlichen Einschränkungen (Hören, Sehen, körperliche und motorische Entwicklung), mit geistigen sowie mit emotionalen und sozialen Defiziten. Im Schuljahr 2009/2010 besuchten in Deutschland insgesamt 387.792 Schüler/innen eine Förderschule. 13,8% (53.550) hatten eine ausländische Nationalität, d.h. diese Gruppe war, gemessen am Anteil ausländischer Schüler/innen an der gesamten Schülerschaft (8,6%), an Förderschulen deutlich überrepräsentiert. Bei der Betrachtung der Verteilung der Förderschüler/innen auf die unterschiedlichen Arten von Förderschulen fällt der extrem hohe Anteil in Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen auf (vgl. Abbildung 23). Dabei übersteigt der Anteil der Schüler/innen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit noch den der deutschen Schüler/innen. Insgesamt hatten rund 18% aller Schüler/innen dieses Schultyps eine ausländische Staatsangehörigkeit. Sie waren im Verhältnis zu ihrer Schulbesuchsquote also noch stärker überrepräsentiert als bei den Förderschüler/innen insgesamt. Da nach dem Ausländerkonzept Schüler/innen mit Migrationshintergrund, die eine deutsche Staatsbürgerschaft haben, in den Berechnungen nicht berücksichtigt werden, kann davon ausgegangen werden, dass der Anteil von FörderSchülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund noch höher liegt. Abbildung 23: Ausländische und deutsche Schüler/innen an Förderschulen nach Förderschwerpunkten im Schuljahr 2009/10 (in %) 53,4 40,3 17,4 19,7 1,5 1,3 2,9 2,8 Ausländische Schüler/innen 6,7 9,1 7 9,8 4,8 6,7 6,3 10,2 Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.10; eigene Berechnungen und Darstellung Die Unterscheidung der ausländischen Schüler/innen nach Nationalitäten (vgl. Abbildung 24) weist auf zum Teil erhebliche Differenzen in den 46 →Förderschulbesuchsquoten35 hin. Die niedrigste Förderschulbesuchsquote hatten Kinder mit einem vietnamesischen Pass. Die Kinder aus den ehemaligen Anwerbeländern besuchten zu einem etwas höheren (Spanien) bis deutlich höheren Anteil (ehem. Jugoslawien) eine Förderschule als die deutschen. Besonders hoch ist die Förderschulbesuchsquote für Schüler/innen mit albanischer Staatsangehörigkeit. Abbildung 24: Förderschulbesuchsquoten nach ausgewählten Nationalitäten, 2008 (in %) 13,2 9,6 8,7 5,9 3,1 1,8 3,3 3,9 4,1 6,2 6,8 7,0 4,7 2,0 Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010): Bildung in Deutschland 2010; Tab. D2-6A; eigene Darstellung Im März 2009 trat in Deutschland die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft. In ihr wird postuliert, dass Kinder mit Behinderungen ein Recht auf inklusive Bildung haben. Nach wie vor werden jedoch „mehr als 80 Prozent der Kinder mit Förderbedarf in separierenden Schulen unterrichtet“ (Klemm 2010, S. 31). Die Zahl der Integrationsschüler/innen betrug im Schuljahr 2009/2010 in der Bundesrepublik Deutschland 97.626. Von ihnen hatten 8.318 – also rund 9% – eine nicht-deutsche Nationalität (eigene Berechnung nach Zahlen des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder 2010a). Bei den Integrationsschülerinnen und schülern waren die ausländischen Schüler/innen im Gegensatz zu den getrennt unterrichteten Förderschülerinnen/-schülern somit in etwa entsprechend ihres Anteils an allen Schülerinnen/Schülern repräsentiert. Das bedeutet aber auch, dass ausländische Schüler/innen seltener integrativ und häufiger separierend in Förderschulen unterrichtet wurden als deutsche. Ebenso wie die Schüler/innen an Förderschulen, waren auch die Integrationsschüler/innen zum größten Teil dem Förderschwerpunkt Lernen zugeordnet (vgl. Abbildung 25). Beim inklusiven Unterricht stellten Schüler/innen dieses Förderschwerpunktes sogar einen noch größeren Anteil als an 35 Die Förderschulbesuchsquote entspricht dem Anteil der Schüler/innen in Förderschulen an den Schüler/innen mit Vollzeitschulpflicht (1. bis 10. Jahrgangsstufe und Förderschulen). Mit „ehem. Jugoslawien“ sind die Nachfolgestaaten Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Serbien und Montenegro sowie Slowenien gemeint. 47 Förderschulen. Im Gegensatz zu den Förderschulen, in denen an zweiter Stelle Schüler/innen des Schwerpunktes geistige Entwicklung folgten, waren ausländische Inklusionsschüler/innen häufiger dem Förderschwerpunkt Sprache und deutsche dem Förderschwerpunkt emotionale/soziale Entwicklung zugeordnet. Abbildung 25: Ausländische und deutsche Integrationsschüler/innen an allgemeinbildenden Schulen nach Förderschwerpunkten im Schuljahr 2009/10 (in %) 62,5 43,2 24,5 15,1 15,4 11,8 3,9 3,3 Ausländische Schüler/innen 3,7 6,7 1,2 4,0 1,1 0,8 0,8 2,1 Deutsche Schüler/innen Unter „sonstige“ wurden „Kranke“, „Förderschwerpunkt übergreifende“ und „noch keinem Förderschwerpunkt zugeordnete“ zusammengefasst. Quelle: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, IVC/Statistik (2010a); eigene Berechnungen und Darstellung Differenziert nach Schularten ist der Anteil der Integrationsschüler/innen an Grundschulen am höchsten: Mehr als die Hälfte aller Integrationsschüler/innen besucht eine Grundschule (55.028 von 94.786) (vgl. Abbildung 26).36 Von ihnen wird wiederum fast die Hälfte dem Förderschwerpunkt Lernen zugeordnet. Am zweithäufigsten werden sowohl von deutschen als auch von ausländischen Integrationsschülerinnen und -schülern →Hauptschulen und am seltensten →Gymnasien besucht. Die deutschen Integrationsschüler/innen finden sich etwas öfter als die ausländischen an Grundschulen und an →Schularten mit mehreren Bildungsgängen, während die ausländischen Integrationsschüler/innen häufiger Hauptschulen oder →integrierte Gesamtschulen besuchen. Kaum vertreten sind beide Gruppen an →Realschulen und Gymnasien. 36 Die Bundesländer Baden-Württemberg, Niedersachsen, Saarland und Sachsen-Anhalt weisen ausländische Integrationsschüler/innen nicht nach und wurden deshalb von der Berechnung ausgeschlossen. 48 Abbildung 26: Ausländische und deutsche Integrationsschüler/innen an allgemeinbildenden Schulen nach Schularten im Schuljahr 2009/10 (in %) 58,1 52,0 25,9 16,5 6,8 4,2 3,2 9,5 7,8 Ausländische Schüler/innen 0,9 1,9 0,5 2,1 6,8 1,1 2,6 Deutsche Schüler/innen Quelle: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, IVC/Statistik (2010a); eigene Berechnungen und Darstellung Zwischen den einzelnen Bundesländern differierte im Schuljahr 2008/2009 der Anteil ausländischer Schüler/innen an allen Schülerinnen/Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf erheblich. Die prozentualen Anteile ausländischer Förderschüler/innen an allen Förderschülerinnen/-schülern lagen zwischen etwas mehr als einem Prozent in Thüringen und einem Viertel in Bremen (Klemm 2010, S. 43). Am häufigsten inklusiv unterrichtet wurden die ausländischen Schüler/innen in Berlin. Dort lag ihr Anteil bei 18% aller Schüler/innen mit Förderbedarf sowie bei 21% aller inklusiv unterrichteten Förderschüler/innen. Das heißt, sie wurden zu einem größeren Teil inklusiv unterrichtet als die deutschen Schüler/innen. Im Verhältnis besonders selten inklusiv unterrichtet wurden ausländische Förderschüler/innen in Hamburg (mit 24% Förderbedarf zu 10% Inklusion) und Hessen (mit 21% Förderbedarf zu 15% Inklusion) (ebd.). Angesichts dieser Unterschiede besteht Erklärungsbedarf, „will man nicht einer naturalistischen Fehlinterpretation aufsitzen, dass Kinder aus den verschiedenen Bundesländern eben verschieden begabt seien und deshalb die ermittelten Landesunterschiede naturgegeben seien“ (Wocken 2005, S. 7). 1.3.6 Einstellungen zur Schule In den PISA-Studien wurde festgestellt, dass „die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler, auch in den Gruppen der ersten und zweiten Generation (der Migrationsbevölkerung in Deutschland, d. Verf.) eine relativ positive Einstellung zur Schule“ hat (BMBF 2006a, S. 122). Der →DJI-Survey AID:A kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die Einstellungen zur Schule der befragten 10- bis unter 24-jährigen Schüler/innen mit Migrationshintergrund unterscheiden sich kaum von jenen ohne Migrationshintergrund: Sie gehen zu circa 80% gerne zur Schule, empfinden zu mehr als 75% die schulischen Anforderungen nicht als große Belastung und sagen ähnlich häufig, 49 dass ihnen das Lernen leicht fällt (vgl. Abbildungen A-1.9 bis A-1.11). Lediglich in ihren Einstellungen zu Noten und Zeugnissen zeigen sich Differenzen (vgl. Abbildung 27). Schüler/innen der ersten und zweiten Migrantengeneration stimmen der Aussage, dass Noten und Zeugnisse „das Wichtigste in der Schule“ sind, wesentlich häufiger voll und ganz zu als die dritte Migrantengeneration sowie die Schüler/innen ohne Migrationshintergrund. Die geringere Bedeutung von Noten und Zeugnissen in der dritten Migrantengeneration kann als ein Annäherungsprozess an die Haltungen der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund im Zuge familiärer und individueller Integrationsprozesse interpretiert werden.37 Die große Bedeutung von Noten und Zeugnissen vor allem in der ersten, aber auch in der zweiten Migrantengeneration könnte ein Hinweis auf hohe Bildungsaspirationen der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sein (vgl. dazu Schauenberg/Ditton 2005). Abbildung 27: Zustimmung zur Aussage „Das Wichtigste in der Schule sind für mich die Noten und Zeugnisse“ (in %) kein MH 24,1 1. Generation 43,6 35,3 2. Generation 39,4 38,7 3. Generation 19,2 Gesamt 26,6 44,3 26,8 42,8 4,8 20,3 19,2 32,7 43,0 26,1 Trif f t voll und ganz zu Trif f t eher zu Trif f t eher nicht zu Trif f t überhaupt nicht zu 0,8 2,7 5,3 4,4 Quelle: DJI-AID:A – Survey 2009; N = 3.216 37 Zu berücksichtigen ist zusätzlich, dass die befragten Jugendlichen der dritten Migrantengeneration im Durchschnitt jünger als die der zweiten und ersten Generation sind. Für Ältere könnte die Bedeutung von Noten und Zeugnissen gegen Ende der Schulzeit mit dem Näherrücken der Abschlussprüfungen zunehmen. 50 1.3.7 Klassenwiederholungen In der Grundschule bleiben „Migrantenkinder vier- bis fünfmal so oft sitzen wie ‘Einheimische‘“ (Tillmann 2007, S. 4). Tillmann konstatiert, dass dies eine Art von Auslese sei, die „ganz besondere Auswirkungen am unteren Ende des Leistungsspektrums“ habe: Denn auf diese Art und Weise machten „Kinder mit eher schwacher Leistung (….) häufig Misserfolgserfahrungen und werden schließlich in Hauptschulen und Sonderschulen eingewiesen“ (ebd., S. 9). Die Daten des DJI-Surveys AID:A bestätigen diese hohe Anzahl von Klassenwiederholungen nicht. Doch auch hier zeigen sich Unterschiede in der Häufigkeit, mit der ein- oder mehrmals eine Klasse wiederholt wurde (vgl. Abbildung 28). Am häufigsten hatten Jugendliche aus der ersten Migrantengeneration schon einmal eine Klasse wiederholt, 1,7 Mal so häufig wie die Schüler/innen ohne Migrationshintergrund. In der zweiten Generation war dies 1,4 Mal so oft der Fall. Auch unter denjenigen, die mehrmals die Klasse wiederholt hatten, erreichen diese beiden Gruppen höhere Werte als Schüler/innen ohne Migrationshintergrund (2,8 Mal bzw. 1,8 Mal so häufig). Demgegenüber haben Jugendliche der dritten Migrantengeneration etwas seltener einmal oder mehrmals eine Klasse wiederholt als jene ohne Migrationshintergrund (jeweils 0,8 Mal so häufig). Hier zeigt sich demnach nicht nur eine Annäherung zwischen diesen beiden Gruppen, die Jugendlichen der dritten Migrantengeneration haben vielmehr deutlich gegenüber früheren Migrantengenerationen aufgeholt. Abbildung 28: Häufigkeit, mit der schon einmal eine Klasse wiederholt wurde (in %) Kein MH 84 1. Generation 71 2. Generation 77 3. Generation 87 Gesamt 83 15 5 25 3 20 12 16 Nein Ja, einmal 2 1 2 Ja, mehrmals Quelle: DJI-AID:A – Survey 2009; N = 3.215 51 1.3.8 Lehrkräfte mit Migrationshintergrund Die Autorengruppe Bildungsberichterstattung registriert für das Jahr 2007, dass vom pädagogischen Personal im formalen Bildungswesen 7% einen Migrationshintergrund haben (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 43). Exakte Aussagen zu den Lehrkräften in allgemeinbildenden Schulen lassen sich auf Basis der Schulstatistik treffen, die sich allerdings ausschließlich auf Lehrkräfte mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft bezieht. Danach beträgt der Prozentsatz ausländischer Lehrer/innen an allen Lehrkräften in Schulen knapp 1%, wobei er – ohne Berücksichtigung Berlins – in den westlichen Bundesländern höher als in den östlichen Bundesländern ist. Von allen Bundesländern hat Berlin mit Abstand den höchsten Anteil ausländischer Lehrkräfte. Am wenigsten Lehrkräfte ausländischer Nationalität finden sich in Sachsen-Anhalt (vgl. Abbildung 29). Der Vergleich mit dem Anteil der ausländischen Schüler/innen an der gesamten Schülerschaft in den einzelnen Bundesländern zeigt zum einen, dass die Anteile der Lehrkräfte überall unter den Schüleranteilen liegen. Am günstigsten ist das Verhältnis von ausländischen Lehrkräften zu ausländischen Schüler/innen in Brandenburg und Schleswig-Holstein. Die meisten westdeutschen Bundesländer mit einem hohen Anteil ausländischer Schüler/innen fallen dadurch auf, dass dem ein vergleichsweise geringer Anteil ausländischer Lehrkräfte gegenübersteht. Abbildung 29: Ausländische voll- und teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte und ausländische Schüler/innen nach Bundesländern, Schuljahr 2009/2010 (in %) 14,6 13,4 13,0 11,4 10,9 11,3 8,4 7,1 6,2 6,0 4,0 2,7 1,8 1,8 1,8 1,5 1,1 0,8 1,6 0,8 Lehreranteil 2,4 0,8 0,7 0,7 0,7 0,6 1,9 0,3 1,6 0,3 1,9 0,2 Schüleranteil Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 7.2 und Tab. 7.4; eigene Berechnungen und Darstellung. Im Hinblick auf die These, dass Lehrer/innen mit Migrationshintergrund sich aufgrund gleicher Herkunft und Sprache besser als Lehrkräfte ohne Migrationshintergrund auf Schülerinnen/Schülern mit Migrationshintergrund einstellen und deswegen wesentlich zu deren Förderung beitragen 52 können, ist der Bezug auf die nicht deutsche Staatsangehörigkeit jedoch unzureichend. Der Blick auf die Nationalitäten der an deutschen Schulen beschäftigten nicht-deutschen Lehrkräfte zeigt, dass die größten Gruppen entweder aus Nachbarländern (Dänemark, Frankreich, Österreich) oder aus englischsprachigen Ländern (Großbritannien und USA) kommen (vgl. Abbildung 30).38 Darüber hinaus sind Lehrkräfte mit türkischer Staatsangehörigkeit relativ stark vertreten. Vor allem in Nordrhein-Westfalen bilden sie einen großen Teil aller ausländischen Lehrer/innen. In den östlichen Bundesländern ist im Vergleich zu den westlichen Bundesländern der Anteil an Lehrkräften aus Australien/Ozeanien, Amerika, den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und den übrigen osteuropäischen Staaten relativ hoch. Abbildung 30: Lehrkräfte an deutschen Schulen nach Staatsangehörigkeit1 im Schuljahr 2009/10 (absolut) 124 Frankreich Österreich 42 Türkei 40 502 134 UK Dänemark 588 568 445 4 328 41 Italien 327 118 Übriges Osteuropa 318 52 Spanien 290 30 Übriges Westeuropa 283 225 Vereinigte Staaten 12 Griechenland Sonstige und o.A. 262 3 192 70 Übriges Amerika Asien 136 25 Übriges Nordeuropa 23 3 105 75 9 71 59 44 47 Australien/Ozeanien Übriges Af rika 143 12 Übriges Europa Nordaf rika 146 67 Ex-Sowjetunion Übriges Südeuropa 174 49 Ex-Jugoslawien 272 12 39 In den östlichen Bundesländern In den westlichen Bundesländern 1 Staatenlose fallen in die Kategorie „Sonstige und o.A.“; UK = Großbritannien und Nordirland, o.A. = ohne Angabe Quelle: Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 4.1; eigene Berechnungen und Darstellung 38 Zur besseren Übersichtlichkeit wurden einzelne Länder zu Ländergruppen zusammengefasst. 53 1.4 Ausblick 1.4.1 Zusammenfassung der Befunde 1. Die Chancen von Schülerinnen/Schülern mit nicht deutscher Staatsbürgerschaft bzw. mit Migrationshintergrund auf höherwertige Schulabschlüsse und erfolgreiche Schullaufbahnen sind erheblich geringer als die deutscher Schüler/innen bzw. von Schülerinnen/Schülern ohne Migrationshintergrund. Schüler/innen mit Migrationshintergrund bzw. ausländischer Staatsangehörigkeit sind an den allgemeinbildenden Schulen Deutschlands in Förderund Hauptschulen überrepräsentiert und in Gymnasien unterrepräsentiert. Sie erreichen seltener höherwertige Abschlüsse als deutsche Schüler/innen bzw. Schüler/innen ohne Migrationshintergrund. Sie verlassen in Relation zu ihrem Bevölkerungsanteil überproportional häufig die Schule ohne Abschluss oder mit einem Hauptschulabschluss. Ihr Anteil an den Abiturientinnen/Abiturienten ist hingegen gering. Dabei sind – unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem Migrationshintergrund – die weiblichen Jugendlichen durchschnittlich erfolgreicher als die männlichen. Der Sprung auf eine Realschule oder ein Gymnasium gelingt weniger Kindern mit als ohne Migrationshintergrund. Dabei spielen nach Studien zum Übertritt von der Grundschule in die Sekundarstufe u.a. geringere Schulleistungen eine Rolle. Bei gleichem Leistungsstand werden zum Übertrittszeitpunkt keine Benachteiligungen von Schüler/innen mit Migrationshintergrund festgestellt. Vermutet wird, dass die Ursachen für Misserfolge beim Übertritt schon früher liegen. Dass Lehrkräfte oder Bewertungen in den ersten Schuljahren die spätere Übertrittswahrscheinlichkeit beeinflussen, ist jedoch nicht belegt. 2. Als besonders prekär erweist sich die Situation ausländischer Kinder und Jugendlicher angesichts ihrer Überrepräsentation an Förderschulen und in Integrationsklassen mit dem Schwerpunkt Lernen. Diese Schüler/innen haben erheblich schlechtere Chancen, in Ausbildung und Beruf einzumünden, als andere. Weitere Aufklärung erfordern in diesem Zusammenhang die großen regionalen Unterschiede. Auf das Argument, dass ausländische Schüler/innen deshalb häufiger auf Förderschulen zu finden seien, weil sie Probleme mit der deutschen Sprache hätten, entgegnen Powell u.a. (2002), dass „mangelnde deutsche Sprachkenntnisse in der Tat zu einer Sonderschulüberweisung“ führen, dass jedoch wenige Belege dafür gefunden werden könnten, „dass Sonderschulen besondere Kompetenzen in der Vermittlung von (Fremd)Sprachen und der Anwendung von Didaktik besitzen, die zur Überwindung von Problemlagen nichtdeutscher Jugendlicher beitragen“ (ebd., S. 4). Sie schlussfolgern, dass demzufolge Kinder, „deren Herkunftssprache nicht deutsch ist, gefährdet“ sind, „durch die frühe Selektion und Allokation auf institutionell-differenzierte 54 Schultypen in Deutschland benachteiligt zu werden“ (ebd., S. 4f.). 3. Im Zeitverlauf lassen sich positive Entwicklungen in den schulischen Bildungslaufbahnen von ausländischen Schülerinnen/Schülern feststellen. Zwischen 1992 und 2009 schlossen zunehmend mehr ausländische Schüler/innen die Schule mit höherwertigen Abschlüssen ab; im Gegenzug verließen immer weniger von ihnen die Schule ohne oder nur mit einem Hauptschulabschluss. 4. Jugendliche mit Migrationshintergrund unterscheiden sich je nach Herkunftsland oder Nationalität sowie Migrationsstatus beträchtlich danach, welche Schularten sie besuchen und wie erfolgreich sie die Schule abschließen. Die Differenzierung nach deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit oder mit und ohne Migrationshintergrund zeichnet nur ein grobes Bild der Bildungsrealität. Während z.B. fast die Hälfte der Jugendlichen mit deutschem Pass ein Gymnasium besucht, sind es bei den Schüler/innen mit serbischer, italienischer oder türkischer Staatsangehörigen nicht einmal ein Fünftel; Jugendliche mit vietnamesischem Pass sind hingegen zu mehr als 60% an Gymnasien zu finden. Junge Ausländer/innen verlassen von allen Gruppen am häufigsten die Schule ohne Abschluss, erlangen aber auch am häufigsten das Abitur – ein Hinweis auf die Notwendigkeit, in Statistiken und empirischen Untersuchungen noch tiefergehend zu differenzieren. Junge (Spät-)Aussiedler/innen sind dagegen vor allem bei den Realschul- und Fachhochschulabschlüssen vertreten. Unterschiede zwischen den Migrantengenerationen deuten darauf hin, dass es zwischen Jugendlichen der dritten Generation und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Angleichungsprozesse in schulischen Verläufen sowie Abschlüssen und in leistungsrelevanten Orientierungen gibt. In der ersten und zweiten Migrantengeneration zeigen sich zudem bildungsförderliche Einflüsse, wenn nicht beide, sondern nur ein Elternteil im Ausland geboren sind/ist. 5. Die föderale Struktur des allgemeinbildenden Schulwesens der Bundesrepublik Deutschland hat Bedeutung dafür, welche Schularten ausländische Schüler/innen besuchen. Der Anteil der ausländischen Schüler/innen an Gymnasien ist in Bundesländern, in denen es keine Hauptschule gibt, deutlich höher als in den anderen Bundesländern. 6. Die Lebenslage der Schüler/innen hat einen bedeutsamen Einfluss auf Schulverläufe und -abschlüsse. Sowohl Jugendliche mit als auch ohne Migrationshintergrund erreichen mit 55 steigendem sozialem Status in der Familie höherwertige Schulabschlüsse. 7. Es fehlt an Lehrkräften mit Migrationshintergrund. Angesichts von Hinweisen, dass Lehrkräfte mit Migrationshintergrund schulische Leistungen von Kindern mit Migrationshintergrund positiv beeinflussen (Europäisches Forum für Migrationsstudien 2009), erscheint der geringe Anteil von Lehrerinnen/Lehrern mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland als unzureichend. 1.4.2 Bewertung der Datenlage 1. Die Schulstatistik bietet keinen umfassenden Einblick in die Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, da sie lediglich ausländische Schüler/innen erfasst. Die Schulstatistik des Statistischen Bundesamtes folgt noch dem „Ausländer- bzw. Staatsbürgerschaftskonzept“, d.h. die Daten können derzeit lediglich nach Deutschen und Ausländerinnen/Ausländern unterschieden werden.39 Die Gruppe der Schüler/innen mit Migrationshintergrund wird so nur unvollständig erfasst, denn lediglich 10% der 15- bis unter 25-Jährigen sind ausländische Staatsangehörige, aber ein Viertel verfügt über einen Migrationshintergrund. Auch differenzierte Befunde nach Migrationsstatus kann die Schulstatistik nicht bieten. Sie unterscheidet jedoch nach Geschlecht und teilweise nach Staatsangehörigkeit. Für einige Bereiche gibt sie zudem Auskunft über zeitliche Entwicklungen. 2. Analysen zu Schülerinnen/Schülern und Schulabgängerinnen/Schulabgängern mit Migrationshintergrund erlauben der Mikrozensus sowie repräsentative Erhebungen wie die PISA-Studie und der Survey des Deutschen Jugendinstituts „AID:A“. Mit den Daten des Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes liegen seit 2005 detaillierte Zahlen zur Situation von Menschen mit Migrationshintergrund vor, differenziert nach unterschiedlichem Migrationsstatus. Für den vorliegenden Bericht ist vor allem die umfangreiche Tabelle von Bedeutung, die allgemeine Schulabschlüsse nach Geschlecht und nach (Migranten)Generationenzugehörigkeit darstellt sowie die Personen mit Migrationshintergrund im engeren Sinn wiederum aufgeschlüsselt nach den derzeitigen bzw. früheren Staatsangehörigkeiten nachweist. Die dort gebildeten Kohorten (bis unter 25 Jahren, 25 bis unter 35 Jahren usw.; in Zehnjahresschritten) erlauben es jedoch nur, die Schulabschlüsse für die Altersgruppe 39 Da in der amtlichen Schulstatistik Daten der Statistischen Landesämter gesammelt und aufbereitet werden, kann der Nachweis nach Migrationshintergrund erst dann geführt werden, wenn alle Bundesländer in ihren Erhebungen auf dieses Konzept umgestellt haben. 56 der 25- bis unter 35-Jährigen darzustellen. In der Altersgruppe bis unter 25 Jahren befinden sich noch zwei Drittel der Gesamtbevölkerung in schulischer Ausbildung, so dass für diese Gruppe keine sinnvollen Aussagen zu den Schulabschlüssen getroffen werden können. Auch wenn Sonderauswertungen des Mikrozensus weitere Unterscheidungen ermöglichen, wäre es wünschenswert, wenn die Veröffentlichungen des jährlichen Mikrozensus durchgängig auch die Gruppe der Jugendlichen von 14 bis 25 Jahren berücksichtigt und weiter altersspezifisch differenziert. Der Mikrozensus bildet eine wichtige Grundlage für wissenschaftliche Analysen zur Lebenssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Eine breitere Berücksichtigung altersdifferenzierter Daten in den Veröffentlichungen könnte zu einer schnelleren Verbreitung entsprechender Ergebnisse beitragen. Der DJI-Survey AID:A und die PISA-Studien bieten vor allem für die Differenzierung von Bildungschancen und -situationen nach Zugehörigkeit der Jugendlichen zu unterschiedlichen Migrantengenerationen neue Einblicke. 3. Ergebnisse zu schulischen Bildungsverläufen und ihren Rahmenbedingungen liegen häufig nicht vor oder sie sind nicht vergleichbar. Sozioökonomische Zusammenhänge können weder mit den publizierten Daten des Mikrozensus noch der Schulstatistik festgestellt werden. Allerdings bieten sekundäranalytische Berechnungen der Rohdaten des Mikrozensus entsprechende Anhanltspunkte. Außerdem liegen Untersuchungen vor, die den Fokus auf spezifische Konstellationen richten – wie z.B. den Übertrittsprozess von der Grundschule in den Sekundarbereich I oder die Leistungen 15-jähriger Schüler/innen. Diese Untersuchungen und Studien haben aber häufig ihre je eigenen Zugänge zur Identifizierung von „Personen mit Migrationshintergrund“. Daraus folgt, dass die Daten der unterschiedlichen Quellen oftmals nur Ähnliches aber nicht Gleiches meinen und somit nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Erforderlich ist die Verständigung der Forschungsgemeinschaft auf gemeinsame Standards zur Identifizierung der Gruppe „mit Migrationshintergrund“ und deren konsequente Anwendung in empirischen Erhebungen. Erst unter diesen Voraussetzungen können die schulische Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund umfassend dargestellt und deren Hintergründe zuverlässig interpretieren werden. 1.4.3 Forschungsbedarf 1. Untersuchungen zum Übertritt von der Grundschule in weiterführende Schulen. Die Forschung zur Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat insbesondere seit den PISA-Ergebnissen Auftrieb erhalten. Gleichwohl lassen sich Forschungslücken erkennen, die vor allem weitere Differenzierungen und Aufklärungen in einzelnen Themenfeldern betreffen. Dies gilt 57 für Befunde zum Übertritt von der Grundschule auf weiterführende Schulen. Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft, schulischer Leistung und Migrationshintergrund eine nachteilige Wirkung entfaltet, bevor das Übertrittsthema überhaupt relevant wird. Hierzu sowie zu frühen Interventionsmöglichkeit bzw. Förderinitiativen mit dem Ziel, die Chancen von Kindern mit Migrationshintergrund auf den Besuch einer Realschule oder eines Gymnasiums zu erhöhen, liegen jedoch keine belastbaren Forschungsresultate vor. Angesichts der hohen zunächst bildungs-, dann ausbildungs- und erwerbsbiographischen Bedeutung des Übergangs von der Grundschule in die Sekundarstufe und vor dem Hintergrund, dass das deutsche Bildungssystem vorrangig nach unten durchlässig ist, zeichnet sich hier Forschungsbedarf ab. 2. Analyse von Bildungsverläufen und -erfolgen von Schüler/innen der dritten Migrantengeneration. Die dritte Generation der Migrantinnen und Migranten ist in der Bildungsforschung bislang kaum in den Blick geraten. Die wenigen vorliegenden Untersuchungsbefunde deuten darauf hin, dass deren Bildungslaufbahnen sich an die der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund annähern. Eine Überprüfung derartiger Befunde auf einer breiteren Basis könnte wegweisende Ergebnisse für die Diskussion um Integration liefern. 3. Forschung zu Hintergründen der Überrepräsentation von Schülern/ Schülerinnen mit Migrationshintergrund an Förderschulen und Integrationsklassen des Schwerpunkts „Lernen“. Bislang nicht ausreichend untersucht ist auch die Tatsache, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger als solche ohne Migrationshintergrund Förderschulen besuchen und hier wiederum an Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen überrepräsentiert sind. Auch in diesem Feld ist ein dringender Forschungsbedarf zu konstatieren, um die zugrunde liegenden Zusammenhänge weiter aufzuklären – insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei Förderschulen häufig um „Einbahnstraßen“ handelt, die nachhaltig negative Wirkungen auf den weiteren Bildungs- und Ausbildungsverlauf ausüben. 4. Aufklärung der Polarisierung bei den Schulabschlüssen von Ausländerinnen/Ausländern. Genauere Differenzierung und zusätzliche Vertiefung verlangen darüber hinaus Auswertungsergebnisse des Mikrozensus, nach denen Ausländer/innen von allen Gruppen mit Migrationshintergrund die Schule am häufigsten entweder ohne Abschluss oder mit Abitur verlassen. Dieser Befund fordert dazu heraus, Forschungsvorhaben zu den Ursachen dieser Dichotomisierung durchzuführen. 58 2 Berufliche Ausbildung (Mirjam Uchronski) Das deutsche Berufsbildungssystem (vgl. Anhang II.B.) ist gekennzeichnet durch eine kaum überschaubare Fülle an Ausbildungs- und Qualifizierungsangeboten für Jugendliche nach dem Abschluss der allgemeinbildenden Schulen. So treffen Schüler/innen „nach dem Ende der Sekundarstufe I auf mehr als 700 Bildungsgänge allein an berufsbildenden Schulen und Jugendwerkstätten, hinzu kommen Betriebe und Hochschulen“ (Schier, Pressemitteilung Bundesinstitut für Berufsbildung, 11.11.2010). Das folgende Kapitel beschreibt die Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im deutschen Berufsbildungssystem unterhalb des Hochschulbereichs.40 Hierbei liegt der Schwerpunkt auf dem Bereich der beruflichen Erstausbildung, wobei vorrangig auf die betriebliche Ausbildung im dualen Berufsausbildungssystem eingegangen wird.41 Zunächst werden die wichtigsten Ergebnisse (Abschnitt 2.1) dargestellt, bevor ein Überblick über die in diesem Kapitel verwendeten Datenquellen erfolgt (Abschnitt 2.2, Tabelle 2). Der anschließende Abschnitt (2.3) gibt die detaillierten Befunde zur Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Übergang zur Ausbildung und im Ausbildungsgeschehen wieder. Im Ausblick (Abschnitt 2.4) werden die Befunde zusammengefasst, die Datenlage bewertet und Forschungsbedarfe abgeleitet. 40 Zwar wird auch an Universitäten und Fachhochschulen de facto eine berufliche Ausbildung absolviert, diese Institutionen werden jedoch gesondert im Kapitel „Studium“ betrachtet. 41 Das heißt, die berufliche Fort- und Weiterbildung wird nicht näher betrachtet. 59 2.1 Die wichtigsten Ergebnisse 1. Am Ende der allgemeinbildenden Schule haben Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund ähnliche Pläne und (Such-)Strategien in Bezug auf eine Berufsausbildung. 2. Im Sektor „Integration in Ausbildung“ sind ausländische Ausbildungsanfänger/ innen überdurchschnittlich, in den Sektoren „Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung“ und „vollqualifizierende Berufsausbildung unterdurchschnittlich vertreten. 3. Ein direkter, erfolgreicher und dauerhafter Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung gelingt Jugendlichen mit Migrationshintergrund deutlich seltener als jenen ohne. 4. Auch drei Jahre nach Schulabschluss verbleibt ein größerer Anteil der Jugendlichen mit als ohne Migrationshintergrund im Übergangssystem. Die Unterschiede bei der erfolgreichen Einmündung in vollqualifizierende Ausbildung verringern sich in dieser Zeit jedoch deutlich. 5. Jugendliche mit Migrationshintergrund haben eine deutlich geringere Chance, in eine vollqualifizierende Berufsausbildung einzumünden selbst bei Kontrolle von kulturellen, sozialen und ökonomischen Einflussfaktoren. 6. Ausländer/innen sind in der dualen Berufsausbildung deutlich unterrepräsentiert. Besonders betroffen sind ostdeutsche männliche Jugendliche. 60 7. Am höchsten ist der Anteil der ausländischen Auszubildenden in den zweijährigen Ausbildungsberufen. 8. Seit 2006 haben die Ausbildungsbeteiligungsquoten wieder leicht zugenommen. Die Zuwächse der letzten zwei Jahre fallen für ausländische Jugendliche etwas größer aus als für deutsche. 9. Etwa ein Viertel der ausländischen und ein Fünftel der deutschen Auszubildenden lösen das Ausbildungsverhältnis vorzeitig am häufigsten in Handwerksberufen, extrem selten im öffentlichen Dienst. Die Quoten schwanken stark nach Bundesländern. 10. In den Abschlussprüfungen sind ausländische Auszubildende deutlich weniger erfolgreich als deutsche. Die Erfolgsquoten variieren außerdem zwischen den Geschlechtern, den Bundesländern und den einzelnen Zuständigkeitsbereichen. 11. Junge Erwachsene mit Migrationshinter- grund haben häufiger keinen beruflichen oder akademischen Bildungsabschluss. Dies ist in der ersten, im Ausland geborenen Generation häufiger der Fall als in der zweiten, in Deutschland geborenen. 61 2.2 Datenquellen Tabelle 2: Verwendete Datenquellen im Kapitel Berufliche Ausbildung nach zentralen Merkmalen Studien Stichprobe (N, Altersgruppe) Berufsbildungsstatistik 2009 (Statistische Ämter des Bundes und der Länder)* Totalerhebung →Statistik der beruflichen Schulen* (Statistische Ämter des Bundes und der Länder) Totalerhebung →Berufsberatungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) 2009* Betriebe und Bewerber/innen, die die Dienstleistungen der Bundesanstalt für Arbeit im Rahmen der Ausbildungsvermittlung in Anspruch nahmen „BIBB-Übergangsstudie“ (Bildungswege und Berufsbiographie von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Anschluss an allgemein bildende Schulen) (vgl. u.a. Beicht/ Granato 2009; Beicht u.a. 2009) Erhebungsmethode Auskunft zuständiger Stellen über die duale Berufsausbildung nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. Handwerksordnung (HwO) Auskunft der beruflichen Schulen auf Grundlage von Erhebungsunterlagen der Statistischen Landesämter (schriftlich/ elektronisch) Daten aus den Geschäftsprozessen Computergestützte Telefoninterviews 7.230 Jugendliche der Geburts- in deutscher Sprache; jahrgänge retrospektive 1982 – 1988 Längsschnittdatenerhebung Erhebungszeit punkt/raum Räumliche Reichweite Migrationshintergrund 2009 (Stichtag 31.12.) Bundesgebiet Nach Staatsangehörigkeit ermittelt: Als Ausländer/innen gelten alle Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft (nicht-deutsche oder staatenlose Personen) 2009/2010 (Schuljahresbeginn) Bundesgebiet Nach Staatsangehörigkeit ermittelt: Ausländer oder Deutsche 2009 (Stichtag 30.09.) Bundesgebiet Erfassung deutsche und ausländische Staatsangehörigkeit sowie spezifische Nationalitätenzugehörigkeit Bundesgebiet Fragen sowohl nach der Staatsangehörigkeit, dem eigenen Geburtsland, ggf. dem Jahr der Einreise nach Deutschland, der zuerst erlernten Sprache und dem Geburtsland der Eltern. Kein Migrationshintergrund wurde angenommen, wenn die Zielperson die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, zuerst ausschließlich die deutsche Sprache erlernt wurde und beide Elternteile in Deutschland geboren sind. Treffen diese Bedingungen nicht vollständig zu, so wurde „indirekt“ von einem Migrationshintergrund ausgegangen 2006 *Die Daten dieser Statistiken gehen großenteils in den jährlich erscheinenden BIBB-Datenreport ein und wurden in diesem Zusammenhang aufgegriffen 62 Studien „BIBB-Schulabgängerbefragungen*“ (Friedrich 2006; vgl. auch Friedrich 2009) Stichprobe (N, Altersgruppe) 1.500 Absolventinnen/Absolventen aus allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie Beruflichen Vollzeitschulen Repräsentative Stichprobe der bei der Bundesagentur für „BA/BIBBArbeit (BA) geBewerberbeframeldeten Bewergungen“* ber/innen um (Ulrich/Granato Ausbildungsstel2006; Granato/ len Ulrich 2009) 2010: 551.998 Jugendliche; Nettostichprobe: 4.621 Fälle Rund 6.000 Teilzeitberufs„Ausbildung aus schüler/innen Sicht der Auszudes 2. Ausbilbildenden“ dungsjahrs in 15 (vgl. etwa Beicht stark besetzten u.a 2009) Ausbildungsberufen Basiserhebung 2004: 3.922 DJI-ÜbergangsHauptschüler/ panel innen, erste Fol(Deutsches gebefragung: Jugendinstitut; 2.400 Hauptu.a. Lex/Geier schüler/innen; 2010; Kuhnke/ an der letzten Müller 2009; bisher realisierBundesministeriten Befragung um für Bildung (November und Forschung 2009) nahmen 2008b; Kuhnke hiervon noch 2006) 900 Jugendliche teil 2.325 Jugendliche, die im „VertragslösunAusbildungsjahr gen 2002 – 2001/2002 ihren Strukturen und AusbildungsverGründe“ (Schöngen 2003) trag aufgelöst hatten Erhebungsmethode Computergestützte Telefoninterviews in deutscher Sprache Schriftlichpostalische Befragung Schriftliche Klassenzimmerbefragung 2004 schriftliche Klassenzimmerbefragung, anschließend computergestützte Telefoninterviews in deutscher Sprache Schriftliche Befragung Erhebungszeit punkt/raum Räumliche Reichweite Migrationshintergrund 2004, Bundes2005, 2006 gebiet und 2008 Migrationshintergrund bedeutet: „Ein Elternteil ist bzw. beide Eltern sind nicht in Deutschland geboren und/oder die befragten Jugendlichen haben ihre Kindheit und Jugend nicht durchgängig in Deutschland verbracht und/oder Deutsch nicht als erste Sprache oder gemeinsam mit einer anderen Sprache erlernt“ (Friedrich 2006, S. 11) Regelmäßig (ca. 2jährig), Letzte Erhebung 2010 Bundesgebiet Migrationshintergrund seit 2002: Staatsangehörigkeit, Geburtsland und Muttersprache. Deutsche ohne Migrationshintergrund: in Deutschland geboren und Deutsch als alleinige Muttersprache gelernt und deutsche Staatsangehörigkeit (Ulrich/Krekel 2007). Bewerber mit Migrationshintergrund: alle, „die nicht zur vorausgegangenen Gruppe gehören“ (Ulrich/Granato 2006, S. 36f.). 6 Bundesländer Migrationshintergrund: ausländische Staatsangehörigkeit(en), zuerst erlernte Sprache(n) nicht Deutsch bzw. nicht ausschließlich Deutsch und nicht in Deutschland geboren 2008 Basiserhebung 2004, zweite Folgebefragung November 2004, Bundeshalbjährligebiet che Befragungen bis November 2006, seit 2007 jährliche Befragung 2002 Bundesgebiet Migrationshintergrund: Selbst und/oder mindestens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren. Bei fehlenden Angaben zusätzlich: Mindestens ein Elternteil oder die/der Jugendliche selbst haben nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. Zusätzlich erhoben werden das Zuzugsalter und die gesprochene Sprache in der Herkunftsfamilie Als erstes eine nicht-deutsche Sprache oder sowohl Deutsch als auch eine nicht-deutsche Sprache erlernt, andere als die deutsche Staatsangehörigkeit oder deutsche und eine weitere Staatsangehörigkeit *Die Daten dieser Statistiken gehen großenteils in den jährlich erscheinenden BIBB-Datenreport ein und wurden in diesem Zusammenhang aufgegriffen 63 2.3 Befunde Im Folgenden werden die Befunde aus den dargestellten unterschiedlichen Datenquellen (vgl. Abschnitt 2.2) zur Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im deutschen Berufsbildungssystem (vgl. Abschnitt II.B. im Anhang) zusammengetragen und mit entsprechenden Befunden zu Jugendlichen ohne Migrationshintergrund kontrastiert. Zur Strukturierung der nachfolgenden Ausführungen wird auf die Systematik der →“Integrierten Ausbildungsberichterstattung“42 zurückgegriffen. Sie gliedert das →“Ausbildungsgeschehen“ nach vier berufsbildenden Sektoren: Berufsausbildung in betrieblicher und/oder schulischer Form mit dem Ziel der Erlangung eines vollqualifizierenden Berufsabschlusses; Integration in Ausbildung, mit dem Ziel, durch Nutzung von Angeboten des →Übergangssystems die Einmündungschancen von Jugendlichen in den Ausbildungsstellen- oder Arbeitsmarkt zu verbessern; Studienqualifizierende berufliche Schulen, mit dem Ziel, eine Hochschulzugangsberechtigung zu erwerben; Studiengänge mit dem Ziel der Erlangung eines Hochschulabschlusses. Gegenstand dieses Kapitels sind die ersten beiden Sektoren. Dabei wird im Komplex „Berufsausbildung“ besonders auf deren betriebliche Form, die →duale Berufsausbildung, eingegangen. Die Hauptpunkte thematisieren den Übergang von der Schule in Ausbildung, die Einmündung in Ausbildung und die Ausbildungsbeteiligung sowie unterschiedliche Ausbildungsgänge. In den einzelnen Abschnitten werden die Ergebnisse aus der amtlichen Statistik denen aus empirischen Studien vorangestellt. Der vierte Sektor wird im nachfolgenden Kapitel „Studium“ behandelt.43 2.3.1 Von der Schule in …?: Übergänge an der 1. Schwelle Im Anschluss an die allgemeinbildende Schule bestehen vielfältige berufliche Lern- und Ausbildungsmöglichkeiten in Abhängigkeit vom erreichten Schulabschluss (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 155ff.). Dieser Übergang von der allgemeinbildenden Schule in die berufliche Erstausbildung, die sog. „erste Schwelle“, ist für die Betrachtung von Bildungschancen und -prozessen von besonderer Bedeutung, steht er „doch am vorläufigen ‚Ende‘ einer Reihe nacheinander durchlaufener Bildungsinstitutionen und ist gleichzeitig ‚Bindeglied‘ und zentrale Voraussetzung für eine berufliche Integration“ (Beicht/Granato 2009, S. 7). Nach der Integrierten Ausbildungsberichterstattung gab es im Jahr 2009 in Deutschland 2.024.260 Anfänger/innen im Ausbildungsgeschehen, wo- 42 Hier werden alle relevanten Bildungsgänge der beruflichen Erstausbildung länderübergreifend 43 Das Thema der studienqualifizierenden beruflichen Schulen wird wegen seiner Spezifik nicht erfasst, vgl. http://indikatorik.bibb.de/de/54573.htm. weiter vertieft. 64 von ca. 10% (207.051) ausländische Staatsangehörige waren. Dieser Anteil entsprach dem ausländischen Bevölkerungsanteil in der Altersgruppe der 15bis unter 20-Jährigen (Statistisches Bundesamt 2010a). Der Sektor „Integration in Ausbildung“ wies mit fast 16%44 einen überdurchschnittlichen Ausländeranteil auf. Dies scheint auch der Fall bei den Studienanfängerinnen und -anfängern zu sein, allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich hier vor allem um Bildungsausländer/innen handelt (vgl. Kapitel 3 Studium). Unterdurchschnittlich vertreten waren Ausländer/innen hingegen unter den Anfängern/Anfängerinnen in den Sektoren „Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung“ und „vollqualifizierende Berufsausbildung“ (vgl. Abbildung 31). Abbildung 31: Deutsche und ausländische Anfänger/innen1 nach Sektoren, 2009 (in %) Studium 81,8 Integration in Ausbildung 84,3 Erwerb HZB 93,6 6,4 Vollqualif . Beruf sausbildung 93,7 6,3 17,3 15,6 Deutsche Ausländer 1 In der Kategorie „Studium“ sind Bildungsinländer/innen und Bildungsausländer/innen erfasst HZB = Hochschulzugangsberechtigung Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt 2011; Integrierte Ausbildungsberichterstattung 2009; eigene Berechnungen und Darstellung Betrachtet man die Verteilung der Ausbildungsanfänger/innen auf die →Sektoren des Ausbildungsgeschehens unterhalb des Hochschulbereichs im Jahr 2009 (vgl. Abbildung 32), so hat gerade einmal ca. die Hälfte der deutschen Jugendlichen und nur etwa ein Drittel der ausländischen Jugendlichen eine vollqualifizierende Berufsausbildung begonnen. Die weitere Differenzierung dieser Anteile nach betrieblichen Ausbildungen im dualen Ausbildungssystem und vollqualifizierenden schulischen Ausbildungen ergibt, dass etwa ein 44 Zur besseren Lesbarkeit werden Datenangaben im Text auf- oder abgerundet. Beim Vergleich kleiner Werte werden Zahlen mit einer Stelle nach dem Komma zitiert. 65 Drittel (33%) der deutschen Anfänger/innen eine Ausbildung im dualen System aufnahm, aber nur etwa ein Viertel (24%) der ausländischen Anfänger/innen. Bei den vollqualifizierenden schulischen Ausbildungsgängen fielen die Unterschiede hingegen geringer aus: 13% der deutschen und 10% der ausländischen Anfänger/innen waren hier zu finden. Bildungsgänge mit dem Ziel, eine Hochschulzugangsberechtigung zu erwerben, wurden von ausländischen Jugendlichen (25%) seltener eingeschlagen als von deutschen (34%) (vgl. Kapitel 3 Studium). Erhebliche Unterschiede zwischen ausländischen und deutschen Jugendlichen zeigen sich mit Blick auf das Übergangssystem: Im Vergleich zu deutschen Anfängerinnen/Anfängern im beruflichen Ausbildungssystem (20%) mündeten ausländische Anfänger/innen wesentlich häufiger (41%) in das Übergangssystem ein. Abbildung 32: Verteilung der Anfänger/innen auf die Sektoren* des beruflichen Ausbildungssystems nach Staatsangehörigkeit, 2009 (in %) Ausländer 34 Deutsche 46 Vollqualif. Berufsausbildung 25 41 34 Erwerb HZB 20 Integration in Ausbildung HZB = Hochschulzugangsberechtigung * ohne Studium Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt 2011; Integrierte Ausbildungsberichterstattung 2009; eigene Berechnungen und Darstellung Da die amtliche Statistik jedoch nur die Staatsangehörigkeit berücksichtigt und damit keine Aussagen über Jugendliche mit Migrationshintergrund erlaubt, wird im Folgenden zur näheren Beschreibung der Übergangsprozesse auf Stichprobenuntersuchungen zurückgegriffen. In Übereinstimmung mit den amtlichen Befunden zeigt die Analyse der Daten der Übergangsstudie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB)45, „dass es für Schulabsolventen mit Migrationshintergrund wesentlich schwieriger war, eine berufliche Vollqualifizierung zu erhalten, als für Jugendliche ohne einen solchen Hintergrund“ (Beicht u.a. 2008, S. 148). Über drei Jahre nach Beendigung der Schule zeigten monatliche Analysen,46 dass nicht studienberechtigte Jugendliche mit Migrationshintergrund seltener eine vollqualifizierende berufliche Ausbildung absolvieren und häufiger im Übergangssystem anzutreffen sind als Jugendliche ohne Migrationshintergrund (vgl. 45 In die hier dargestellten Analysen wurden nur die Daten jener Befragten des BIBB einbezogen, welche die allgemeinbildende Schule bereits vor 2006 verlassen hatten und welche maximal über einen Mittleren Schulabschluss verfügten (vgl. Beicht u.a. 2008, S. 138ff.). 46 Für den Zeitraum von drei Jahren nach Beendigung der Schule wurde für jeden Monat analysiert, in welchen Bildungsgängen oder sonstigen Aktivitäten sich die Befragten laut eigener Angaben befanden (vgl. Beicht u.a. 2008, S. 146ff.). 66 Abbildung 33). Ausgehend vom Stand drei Monate nach Schulabschluss, nahmen jedoch in beiden Gruppen die Anteile von Jugendlichen in einer vollqualifizierenden Ausbildung im Laufe der Zeit zu und die anfänglichen Unterschiede unter Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund lösen sich im Übergangssystem nach drei Jahren nahezu auf. Allerdings sind zu jedem Zeitpunkt die Jugendlichen ohne Migrationshintergrund erfolgreicher als jene mit Migrationshintergrund. Abbildung 33: Anteil der nicht studienberechtigten Jugendlichen in vollqualifizierender beruflicher Ausbildung bzw. im Übergangssystem nach Migrationshintergrund bis zu 3 Jahre nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schule (in %) 70 55 74 40 54 56 66 53 25 Ohne MH 32 13 Mit MH Ohne MH 3. Monat 18 7 Mit MH Ohne MH 12. Monat Übergangssystem 10 5 Mit MH Ohne MH 24. Monat 8 Mit MH 36. Monat Vollqualifizierende Berufsausbildung MH = Migrationshintergrund Quelle: BIBB-Übergangsstudie 2006; Beicht u.a. 2008, S. 146f; eigene Darstellung Teilt man die sich im Zeitverlauf ergebenden bildungsbiografischen Muster in Verlaufstypen ein (vgl. Beicht/Granato 2009, S. 16f.), so lässt sich feststellen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger mit problematischen Übergangsverläufen zu kämpfen haben als Jugendliche ohne Migrationshintergrund: Ihnen gelingt ein direkter erfolgreicher und dauerhafter Übergang in eine betriebliche Ausbildung deutlich seltener (27% der Jugendlichen mit vs. 41% der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund). Entsprechend finden sich in der Verlaufsgruppe „langwierige oder nicht geglückte Übergänge in eine Berufsausbildung“ deutlich mehr Jugendliche mit als ohne Migrationshintergrund (30% vs. 17%). Eine Fachoberschule oder ein Fachgymnasium zur schulischen Höherqualifizierung besuchen Jugendliche mit Migrationshintergrund kaum (1% vs. 9% der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund). 67 2.3.2 Chancen auf einen vollqualifizierenden Ausbildungsplatz Unter den Jugendlichen, die bei Schulabschluss eine betriebliche oder schulische Ausbildung angestrebt hatten, fiel die Erfolgswahrscheinlichkeit, in eine vollqualifizierende Ausbildungsform einzumünden, für Schulabgänger/innen mit Migrationshintergrund deutlich geringer aus als für jene ohne Migrationshintergrund (vgl. Beicht u.a. 2008, S. 233ff.; Beicht/Granato 2009, S. 18ff.). So lag die Einmündungswahrscheinlichkeit in eine betriebliche oder schulische vollqualifizierende Ausbildung etwa 20 Prozentpunkte unter derjenigen der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Drei Monate nach Schulende hatte mindestens die Hälfte der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund eine vollqualifizierende Ausbildung aufgenommen, bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund dauerte es 14 Monate bis dieses Niveau erreicht war (vgl. Abbildung A-2.1). Drei Jahre nach Schulende stellte sich die Situation der weiblichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund etwas, jedoch nicht gravierend ungünstiger dar als die der jungen Männer mit Migrationshintergrund (vgl. Abbildung A-2.2). Größer waren die Differenzen hingegen bei der Einmündungswahrscheinlichkeit in eine betriebliche Ausbildung. Lediglich 59% der jungen Frauen waren in eine betriebliche Berufsausbildung eingemündet, bei den jungen Männern waren es rund 67%. Demgegenüber haben in diesem Zeitraum von den jungen weiblichen bzw. männlichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund 72% bzw. 86% einen Ausbildungsplatz gefunden (vgl. Abbildung A-2.3). Anhand des DJI-Übergangspanels ist für die Stichprobe der Hauptschüler/innen darüber hinaus eine Differenzierung nach Geschlecht und Herkunftsland möglich. Zudem können hier auch zeitnah die Ausbildungspläne der Jugendlichen kurz vor Abschluss der Schule berücksichtigt werden (vgl. Kuhnke/Müller 2009, S. 60ff.). Unabhängig vom Migrationshintergrund lässt sich generell festhalten (vgl. Abbildung 34), dass Jungen (44%) häufiger die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung anstrebten als Mädchen (31%). Letztere planten hingegen öfter einen weiteren Schulbesuch (47% vs. 32% bei den Jungen). Jedoch gelang es den jungen Frauen, die eine berufliche Ausbildung planten, generell besser, diese Pläne zu realisieren als den jungen Männern (Differenz zwischen Planung und Realisierung bei den Frauen 6 Prozentpunkte, bei den Männern 11 Prozentpunkte). Ihre Ausbildungspläne realisierten direkt nach Schulabschluss Jugendliche mit Migrationshintergrund – unabhängig vom Geschlecht – seltener als jene ohne Migrationshintergrund (ebd., S. 60ff.). Hierbei ergaben sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Teilgruppen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und in Abhängigkeit vom Geschlecht (vgl. Abbildung 34): So wiesen Hauptschülerinnen mit westeuropäischem Migrationshintergrund, von denen etwa jede Vierte 2006 eine berufliche Ausbildung anstrebte, eine höhere Realisierungsquote auf als Hauptschülerinnen ohne Migrationshintergrund und als alle übrigen Vergleichsgruppen. Jungen Frauen mit osteuropäischem Migrationshintergrund gelang es ähnlich häufig wie Frauen ohne Migrationshintergrund, ihre Pläne zu verwirklichen. Die höchste Realisierungsquote bei den Hauptschülern wiesen die jungen Männer mit türkischem Migrationshintergrund auf: Von die68 sen strebten im Juni 2006 zwar nur 30% eine berufliche Ausbildung an, etwa 80% von ihnen hatten diesen Plan jedoch fünf Monate später realisiert. Damit waren sie ebenso erfolgreich wie Hauptschüler ohne Migrationshintergrund. Am größten fällt die Diskrepanz zwischen Plan und IstZustand bei den männlichen Aussiedlern und den Hauptschülern mit italienischem Migrationshintergrund aus. Bei den Hauptschülerinnen fällt die Realisierungsquote für die Teilgruppe der Mädchen aus dem ehemaligen Jugoslawien am geringsten aus. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass ein Teil der Jugendlichen, die ursprünglich – im März 2006 – das Ziel hatten, eine Ausbildung aufzunehmen, bereits drei Monate später dieses Ziel aufgegeben hatten. Abbildung 34: Anteil der Hauptschüler/innen, die eine berufliche Ausbildung anstrebten bzw. erreichten, nach Geschlecht und Migrationsteilgruppen (in %) 44 51 Männer realisiert Männer Plan 36 43 38 36 20 21 20 23 43 38 30 33 25 32 42 23 25 18 14 32 26 31 29 19 20 30 28 32 29 25 Frauen realisiert 20 13 29 21 25 37 Frauen Plan 21 42 Hinweise: Angestrebter Ausbildungsweg laut erster Nachbefragung im Juni 2004; Ist-Zustand laut Befragung im November 2004 (3 Monate nach Beendigung der Schule); Berufliche Ausbildung umfasst Angebote der dualen Ausbildung oder vollqualifizierende Ausbildungsgänge an Berufsfachschulen, die einen Berufsabschluss vermitteln. Quelle: DJI-Übergangspanel; Kuhnke/Müller 2009, S. 60 ff; eigene Darstellung Nimmt man auf der Grundlage des DJI-Übergangspanels jene Jugendlichen in den Blick, die an einer →berufsvorbereitenden Maßnahme teilnahmen, so zeigt sich, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund nach Abschluss dieser Fördermaßnahme seltener in eine Ausbildung einmündeten oder dafür längere Zeit brauchten als Jugendliche ohne Migrationshintergrund (vgl. Lex/Geier 2010). Dies trifft insbesondere auf türkische Jugendliche zu, während Aussiedler/innen ähnlich häufig wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund eine Ausbildung aufnahmen (vgl. Abbildung A-2.4). 69 2.3.2.1 Mögliche Einflussfaktoren Beicht/Granato (2009; siehe auch Beicht u.a. 2008, S. 275) stellten auf Grundlage der Daten der BIBB-Übergangsstudie 2006 fest, dass die Bildungspläne von Jugendlichen – weitgehend unabhängig vom Migrationshintergrund – am Ende der allgemeinbildenden Schule mit dem Schulabschluss variierten. Im Bemühen um einen Ausbildungsplatz und in den angewandten Suchstrategien fanden sich kaum Unterschiede zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Ausbildungspläne und Suchstrategien schienen nicht für die unterschiedlichen Erfolgsquoten verantwortlich zu sein. Eine wesentliche Rolle beim Übergang in eine vollqualifizierende Ausbildung spielten hingegen die schulische Vorbildung, familiale Hintergründe und die soziale Einbindung der Jugendlichen, die die Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund stärker minderten als die von Jugendlichen ohne Migrationshintergrund: Erstere verfügten über schlechtere Schulabschlüsse und Noten, sie stammten aus Familien mit einem niedrigeren Bildungsniveau und einem geringen sozioökonomischen Status und sie waren weniger sozial eingebunden. Bei gleichzeitiger Berücksichtigung all dieser Faktoren blieb ein eigenständiger Einfluss des Merkmals Migrationshintergrund bestehen. Das heißt, auch bei Kontrolle der übrigen Einflussfaktoren haben Jugendliche mit Migrationshintergrund wesentlich schlechtere Chancen, in eine vollqualifizierende Berufsausbildung einzumünden als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Dieses Ergebnis hatte auch Bestand, wenn weitere ausbildungsmarktrelevante Kontrollvariablen in die Analysen einbezogen wurden, wie Zeitpunkt des Schulabschlusses, Wohnregion und Siedlungsdichte in der Wohnregion (vgl. Beicht/Granato 2009; Granato 2010). Um die geringen Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf dem Ausbildungsmarkt weiter aufzuklären, werden vertiefende Studien zum Einfluss der Selektion beim Zugang zu Berufsfachschulen sowie bei betrieblichen Rekrutierungsstrategien gefordert (Beicht/ Granato 2011). 2.3.3 Vollqualifizierende Ausbildungsgänge in Betrieben 2.3.3.1 Auszubildendenzahlen und -anteile Laut →Integrierter Ausbildungsberichterstattung47 begannen im Jahr 2009 509.832 Jugendliche eine anerkannte Ausbildung im →dualen Berufsausbildungssystem, gut 6% von ihnen besaßen keine deutsche Staatsbürgerschaft. In Relation zum Ausländeranteil in der Bevölkerungsgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen von knapp 10% (Statistisches Bundesamt 2010a) sind 47 Vgl. http://www.statistik-hessen.de/themenauswahl/bildung-kultur-rechtspflege/landesdaten/bil dung/iab/integrierte-ausbildungberichterstattung-bund/anfaenger-im-ausbildungsgeschehennach sektoren-konten-fuer-deutsche-und-auslaender/index.html; Stand: 19.10.2010; Tabelle in Excel. 70 Ausländer/innen in der dualen Ausbildung demnach unterrepräsentiert. Bezogen auf den Gesamtbestand an Ausbildungsverhältnissen befanden sich im Jahr 2009 laut →Berufsbildungsstatistik 75.780 ausländische Jugendliche (rund 45% Frauen und 56% Männer) in einer Berufsausbildung im dualen System. Im Vergleich zum Vorjahr war erneut ein leichter Anstieg (+3,7%) zu verzeichnen. Unter den ausländischen Auszubildenden bilden jene mit türkischer Staatsangehörigkeit die mit Abstand größte Gruppe (rund 41%), gefolgt von Auszubildenden mit der Staatsangehörigkeit eines der Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens (12%) und jenen mit italienischer Staatsangehörigkeit (11%). Der Anteil der weiteren Nationalitäten lag unter 5%. In den letzten zehn Jahren (vgl. Abbildung 35) ist bis 2006 ein deutlicher Rückgang der Zahl ausländischer Auszubildender festzustellen (-34,9%), ab dem Jahr 2006 setzte eine Erholung ein (2009 im Vergleich zu 2006: +15,3%).48 Er nähert sich in den letzten drei Jahren wieder der 5%-Marke. Abbildung 35: Zahl der ausländischen Auszubildenden und Ausländeranteil an allen Auszubildenden, Deutschland, 1999–2009 120000 7 Zahl der ausländischen Auszubildenden 5 80000 4 60000 3 40000 2 20000 Ausländeranteil an allen Auszubildenden 6 100000 1 0 0 1999 2000 Ausländeranteil 2001 2002 2003 2004 Ausländische Auszubildende 2005 2006 2007 Ausl. Frauen 2008 2009 Ausl. Männer Absolutwerte aus Datenschutzgründen jeweils auf ein Vielfaches von 3 gerundet; der Insgesamtwert kann deshalb von der Summe der Einzelwerte abweichen; eigene Darstellung Quelle: „Datensystem Auszubildende“ des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der →Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.) 48 Diese Absolutzahlen sind zum einen abhängig von demografischen Entwicklungen (Zahl der Schulabgänger/innen), zum anderen aber auch von Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklungen und daher für sich genommen wenig aussagekräftig. Einen adäquaten Indikator für die Ausbildungsbeteiligung ausländischer Jugendlicher und deren zeitliche Entwicklung bilden Daten, bei denen der Ausländeranteil im dualen System in Bezug zum Ausländeranteil in der Wohnbevölkerung gesetzt wird (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2010a, S. 124; Uhly/Granato 2006, S. 52), wie dies bei der →„Ausbildungsbeteiligungsquote“ der Fall ist, auf die weiter unten eingegangen wird (vgl. Abschnitt 2.3.3.2). 71 In Relation zur Gesamtanzahl aller Auszubildenden ist der Ausländeranteil 2009 deutlich geringer, als angesichts eines fast 10-prozentigen Ausländeranteils in der Bevölkerungsgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen (Statistisches Bundesamt 2010a) zu erwarten wäre. Die Zugangschance der ausländischen Jugendlichen zum dualen Berufsausbildungssystem fällt also weitaus geringer aus als für Jugendliche mit deutscher Staatsangehörigkeit. Diese Entwicklung wird damit verknüpft, dass die Entscheidung der Betriebe bei der Bewerberauswahl eher zugunsten von Jugendlichen mit als ohne Migrationshintergrund fällt. a) Bundesländer Im Bundesländer-Vergleich gab es die höchsten Anteile an ausländischen Auszubildenden im Jahr 2009 in Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Deutlich unter dem Bundesdurchschnitt lagen die ostdeutschen Bundesländer, in denen ausländische Jugendliche nur einen sehr geringen Anteil an der Wohnbevölkerung ausmachen. Auch die Quoten für SchleswigHolstein und Niedersachsen lagen mehr als einen Prozentpunkt unter dem Bundesdurchschnitt (vgl. Abbildung 36). Bei den Frauen war der Anteil ausländischer Auszubildender durchweg höher als bei den Männern, wobei die Differenz in Bremen, Hessen und Baden-Württemberg am stärksten ausgeprägt war. Abbildung 36: Anteile ausländischer Auszubildender an allen Auszubildenden der verschiedenen Bundesländer nach Geschlecht, 2009 (in %) 10 Anteil ausländischer Auszubildender 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Gesamt Männer Frauen Quelle: Statistisches Bundesamt, Berufsbildungsstatistik 2009; eigene Berechnungen und Darstellung 72 b) Zuständigkeitsbereiche Unter den verschiedenen →Zuständigkeitsbereichen liegt der Ausländeranteil über die letzten zehn Jahre hinweg bei den Freien Berufen am höchsten (vgl. Uhly/Granato 2006, S. 53). Mit Schwankungen zwischen 7,1 und 8,5% liegt dieser Anteil dennoch unter dem der Ausländer/innen an der Wohnbevölkerung. Wie bei den Freien Berufen fällt der Ausländeranteil auch bei den handwerklichen Ausbildungsberufen im Zeitverlauf etwas höher als in den anderen Zuständigkeitsbereichen aus. Deutlich unter dem Durchschnitt liegt hingegen der Ausländeranteil in der Landwirtschaft und im öffentlichen Dienst (vgl. Abbildung 37). Gegenüber 1999 erhöhte sich im Jahr 2009 der Ausländeranteil in den Zuständigkeitsbereichen Freie Berufe und Hauswirtschaft, in allen anderen Zuständigkeitsbereichen ging er zurück. Im Vergleich zu 2008 ist 2009 jedoch in allen Bereichen ein Anstieg des Ausländeranteils zu beobachten. Abbildung 37: Ausländeranteil an allen Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereichen1, 1999–2000 (in %) 9 Ausländeranteil (%) 8 7 6 5 4 3 2 1 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Insgesamt Industrie und Handel Handwerk Öf f entlicher Dienst Freie Beruf e Hauswirtschaf t 2007 2008 2009 Landwirtschaf t 1 Zuordnung nach Zuständigkeit für die jeweiligen →Ausbildungsberufe; seit 2008 nimmt der Zuständigkeitsbereich Seeschifffahrt an der Berufsbildungsstatistik nicht mehr teil Absolutwerte aus Datenschutzgründen jeweils auf ein Vielfaches von 3 gerundet; der Insgesamtwert kann deshalb von der Summe der Einzelwerte abweichen; eigene Darstellung Quelle: „Datenbank Auszubildende“ des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.) Der größte Anteil Auszubildender findet sich in Industrie und Handel (Bundesinstitut für Berufsbildung 2010a) (vgl. Abbildung 38). Während sich hier bei den deutschen Auszubildenden keine Geschlechtsunterschiede ergeben, waren bei den ausländischen Auszubildenden Frauen seltener als Männer vertreten. In dem für männliche Auszubildende zweitwichtigsten Bereich, im Handwerk, gab es mehr ausländische Männer als deutsche. Männliche Auszubildende waren also fast ausschließlich in den Bereichen Industrie und Handel sowie Handwerk anzutreffen (Ausländer: 98%; Deutsche: 94%) (vgl. auch Siegert 2009, S. 33f.). 73 Abbildung 38: Deutsche und ausländische Auszubildende nach Zuständigkeitsbereichen, 2009 (in %) Deutsche Männer 57,9 Deutsche Frauen 58,5 17,2 17,1 Deutsche insgesamt 58,2 28,8 Ausl. Männer 56,8 Ausl. Frauen 0,6 36,4 7,2 41,4 45,7 0,6 22,8 28,8 Ausländer insgesamt 51,9 33,1 Männer insgesamt 57,9 13,1 36,7 Frauen insgesamt 57,8 0,6 17,5 Auszubildende 57,8 insgesamt 17,7 29,0 0% 10% Industrie und Handel 20% Handwerk 30% 40% Freie Berufe 50% 60% Landwirtschaft 7,4 70% 80% Öffentlicher Dienst 90% 100% Hauswirtschaft Quelle: Statistisches Bundesamt, Berufsbildungsstatistik 2009; eigene Berechnungen und Darstellung c) Berufsgruppen Der Ausländeranteil in den verschiedenen Berufsgruppen (vgl. Abbildung 39) lag durchgängig unterhalb des Ausländeranteils in der Bevölkerungsgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen (knapp 10%, vgl. Statistisches Bundesamt 2010a). An allen Auszubildenden betrug er 2009 knapp 5%. Bei den Technikberufen lag er deutlich darunter. Wesentlich höher fallen die Ausländeranteile hingegen bei den lediglich zweijährigen (theoriegeminderten) Berufen (knapp 9%), den primären Dienstleistungsberufen sowie den Berufen für Menschen mit Behinderung aus. In diesen Berufen zeigten sich auch zwischen 2006 und 2009 die höchsten Anstiege des Ausländeranteils. Abbildung 39: Ausländeranteil nach Berufsgruppen, 2006 und 2009 (in % aller Auszubildenden) Zweijährige Ausbildungsberufe ** Primäre DL-Berufe 5,1 Berufe für Menschen mit Behinderung 4,8 DL-Berufe insgesamt Sekundäre DL-Berufe Insgesamt Neue Ausbildungsberufe* Produktionsberufe Technikberufe 6,7 6,6 3,2 3,4 3,7 3,1 5,1 4,8 4,5 4,8 4,2 4,4 8,9 6,4 6,1 4,3 2009 2006 *seit 1996 neu geschaffene Berufe ** ohne Berufe nach einer Ausbildungsregelung der zuständigen Stellen für Menschen mit Behinderung nach § 66 BBiG bzw. § 42m HwO DL = Dienstleistung Quelle: BIBB 2011: Datenreport zum Berufsbildungsbericht, S. 153; eigene Darstellung 74 d) Ausbildungsberufe Ausländische Auszubildende konzentrierten sich im Jahr 2009 auf einige wenige Berufe (vgl. Die Beauftrage der Bundesregierung 2010, S. 125; Siegert 2009, S. 34ff.): Rund 45% der ausländischen Jugendlichen absolvierten ihre Ausbildung in einem der zehn am stärksten besetzten →Ausbildungsberufe, während dies lediglich auf 32% der deutschen Auszubildenden zutraf. Von den ausländischen Auszubildenden wurden die meisten im Friseurberuf (ca. 7%) und zum Kaufmann/zur Kauffrau im Einzelhandel ausgebildet, gefolgt von der Ausbildung zum Verkäufer/zur Verkäuferin (vgl. Abbildung A-2.5). Die meisten deutschen Auszubildenden befanden sich in einer Ausbildung zum Kaufmann/zur Kauffrau (5%), gefolgt von einer Ausbildung zum/zur Kraftfahrzeugmechatroniker/in und zum/zur Bürokaufmann/frau. Eine Ausbildung im Friseurberuf ergriffen nur ca. 2% (vgl. Abbildung A-2.6). In einigen der am stärksten besetzten Ausbildungsberufe befanden sich (fast) nur Frauen (z.B. medizinische/r Fachangestellte/r) bzw. nur Männer (z.B. Kraftfahrzeugmechatroniker/in). Die Konzentration in einigen wenigen Berufen war bei Frauen allerdings stärker ausgeprägt als bei Männern. Die fünf von ausländischen Frauen am häufigsten gewählten Berufe werden im Jahresgutachten 2010 des Sachverständigenrat deutscher Stiftungen als Berufe charakterisiert, die „zumindest teilweise (…) nur wenige Aufstiegsmöglichkeiten bieten“ (Sachverständigenrat deutscher Stiftungen 2010, S. 163). Interpretiert werden solche Konzentrationen zum einen als Folge einer niedrigen schulischen Vorbildung, denn diese Berufe setzten „tendenziell eher geringe formale Qualifikationen“ voraus (Siegert 2009, S. 36). Zum anderen werden Verdrängungstendenzen vermutet, die ausländischen Jugendlichen nur in jenen Ausbildungsberufen eine Chance auf einen Ausbildungsplatz eröffnen, die von deutschen Jugendlichen wenig nachgefragt werden. Auch ein Mangel an Informationen über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten wird als möglicher Grund genannt. 2.3.3.2 Ausbildungsbeteiligungsquoten a) Bisherige Berechnungsweise Die →Ausbildungsbeteiligungsquote für ausländische Jugendliche, die vom Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) anhand der →Berufsbildungsstatistik berechnet wird, setzt in ihrer herkömmlichen Berechnungsweise die Anzahl der ausländischen Auszubildenden (Bestandszahlen über alle Ausbildungsjahre hinweg) in Bezug zur Bevölkerung im ausbildungsrelevanten Alter (vgl. Uhly/Gericke 2010). Sie gibt damit Auskunft darüber, inwieweit die Jugendlichen in das →duale System der Berufsausbildung integriert sind 75 (vgl. Uhly 2006).49 Sowohl in der Gruppe der deutschen als auch der ausländischen Jugendlichen liegt die Ausbildungsbeteiligungsquote für männliche Jugendliche durchweg höher als die der weiblichen Jugendlichen (vgl. Abbildung 40). Dieser Geschlechtsunterschied fällt für die deutschen Jugendlichen deutlicher und über die Jahre hinweg nahezu konstant aus (ca. 20 Prozentpunkte).50 Bei den ausländischen Jugendlichen hingegen nehmen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Zeitverlauf infolge einer zurückgehenden Ausbildungsbeteiligungsquote unter männlichen Jugendlichen ab und pendeln sich in den letzten Jahren auf einen konstanten Abstand von etwa 5 Prozentpunkten ein. Des Weiteren ergeben sich gravierende Unterschiede nach Staatsangehörigkeit: Die Ausbildungsbeteiligungsquote der ausländischen Jugendlichen beträgt weniger als die Hälfte derjenigen der deutschen Jugendlichen (vgl. Uhly u.a. 2010, Schaubild 3.4 und 3.5). So waren im Jahr 2008 etwa 69% der männlichen und 47% der weiblichen deutschen Jugendlichen in das duale Ausbildungssystem integriert. Dagegen traf dies nur auf 28% der männlichen und 23% der weiblichen jungen Ausländer/innen zu. Im Zeitverlauf haben die Ausbildungsbeteiligungsquoten für alle Gruppen nach einem Tiefpunkt im Jahr 2006 wieder etwas zugenommen. Dabei fallen die Zuwächse der letzten zwei Jahre für ausländische Jugendliche – bei sehr niedrigen Ausgangswerten – etwas größer aus als für deutsche Jugendliche. Ob sich hier ein positiver Trend abzeichnet, bleibt abzuwarten. Ausbildungsbeteiligungsquote (%) Abbildung 40: Ausbildungsbeteiligungsquoten (Berechnungsweise 2) nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, 1993–2008 (in %) 90 80 80,5 68,7 70 60 50 40 30 58,2 46,9 40,3 28,3 24,6 23,2 20 10 0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Deutsche Männer Deutsche Frauen Ausländer Ausländerinnen Hinweise: Bevölkerungsfortschreibung des Statistischen Bundesamtes und Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.); Berechnungen des BIBB Quelle: Uhly/Gericke 2010, S. 5; eigene Darstellung 49 Seit 2006 wird für die Bestimmung der ausländischen Wohnbevölkerung anstelle des Ausländerzentralregisters die Bevölkerungsfortschreibung herangezogen und die Jahrgänge der 18bis unter 21-Jährigen anstelle der 15- bis 18-Jährigen berücksichtigt. 50 Dies hängt auch damit zusammen, dass Frauen häufiger vollzeitschulische Berufsausbildungen absolvieren (vgl. BIBB 2010a, S. 183). 76 b) Neue Berechnungsweise Mit der Revision der Berufsbildungsstatistik 2007 können für eine Berechnung der Ausbildungsbeteiligungsquote für ausländische Jugendliche auch die Zahlen für →Neuabschlüsse verwendet und auf die entsprechende Alterskategorie in der Wohnbevölkerung bezogen werden (Uhly/Gericke 2010, S. 6). Dadurch wird die Quote gegenüber der früheren Berechnungsweise exakter und bildet Entwicklungen aktueller ab, jedoch wird die Zahl der Ausbildungsanfänger/innen etwas überschätzt (vgl. ebd.).51 Auch wenn die Quoten aus methodischen Gründen insgesamt höher ausfallen als bei der früheren Berechnungsweise, hat der zentrale Befund jedoch weiterhin Bestand (vgl. Abbildung 41): Die Ausbildungsbeteiligungsquoten ausländischer Jugendlicher liegen seit 2007 deutlich unter denen der deutschen Vergleichsgruppe. Gegenüber 2008 ist 2009 für beide Gruppen eine Abnahme der Quote zu verzeichnen, die für deutsche Jugendliche allerdings stärker ausfällt (minus 3,9 Prozentpunkte) als für ausländische (minus 0,8 Prozentpunkte). Ausschlaggebend für die geringeren Ausbildungsbeteiligungsquoten ist die Anzahl der Neuabschlüsse, die für die Deutschen um ca. 8% und für die Ausländer/innen um etwa 3% zurückging, während in beiden Gruppen die Wohnbevölkerung um 1% abnahm (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 149). Die stabilere Quote für ausländische Jugendliche könnte ein Hinweis darauf sein, „dass der zuletzt steigende Trend ihrer Ausbildungsbeteiligung sich bei weiterem Bewerberrückgang trotz dieser kurzfristigen Stagnation künftig noch fortsetzt“ (ebd.). Abbildung 41: Ausbildungsbeteiligungsquoten (Berechnungsweise 1) nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, 2007–2009 (in %) 79 69 68 78 73 64 58 58 56 30 Deutsche insgesamt Deutsche Männer Deutsche Frauen 2007 32 31 Ausländer/innen insgesamt 2008 34 35 34 27 Ausländer 29 29 Ausländerinnen 2009 Quelle: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2011, Vorbericht, S. 151; Bevölkerungsfortschreibung des Statistischen Bundesamtes und Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.); Berechnungen des BIBB; eigene Darstellung 51 Der Anteil der Neuabschlüsse, die keine Ausbildungsanfänger/innen darstellen, liegt näherungsweise bei ca. 8% (vgl. Uhly/Gericke 2010, S. 9). 77 c) Ost-/Westdeutschland52 Die Ausbildungsbeteiligungsquoten der ausländischen Jugendlichen fielen in Westdeutschland 2007 und 2008 deutlich höher aus (2007: 32 %, 2008: 34%) als in Ostdeutschland (2007: 13%, 2008: 14%). Der Vergleich dieser Daten mit der Ausbildungsbeteiligungsquote für alle Jugendlichen (Westdeutschland 2007: ca. 65%; 2008: 65%; Ostdeutschland 2007/2008 etwa 63%) zeigt, dass gerade einmal jede/r siebte ausländische Jugendliche/r in Ostdeutschland einen Ausbildungsvertrag im dualen System abschloss. Hier liegt also noch sehr viel stärker als in Westdeutschland ein eklatantes Ungleichgewicht in den Beteiligungschancen ausländischer Jugendlicher im dualen Ausbildungssystem vor. 2.3.3.3 Vorzeitige Lösung von Ausbildungsverträgen Wird ein Ausbildungsverhältnis vor Ablauf der Ausbildungszeit gelöst, so spricht man von einer vorzeitigen →Vertragslösung. Die vorzeitigen Vertragslösungen werden in der →Berufsbildungsstatistik erhoben. Nach einer Studie des BIBB schließt jeder/r zweite Auszubildende nach einer vorzeitigen Vertragslösung erneut einen Ausbildungsvertrag ab, ein gutes Fünftel nimmt eine schulische Ausbildung auf, aber etwa 28% der Befragten brechen ihre Berufsausbildung endgültig ab, d.h. sie befinden sich weder in einer vollqualifizierenden Berufsausbildung noch planen sie eine solche (Schöngen 2003). Im Berichtsjahr 2009 wurden insgesamt 141.361 Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst (56% von Männern; 44% von Frauen), 9.115 davon von ausländischen Auszubildenden (darunter 55% Männer und 45% Frauen). Bezogen auf die begonnenen Vertragslösungen ergab sich eine →Vertragslösungsquote53 von insgesamt rund 22%. Sie fiel für ausländische Auszubildende höher aus als für deutsche (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 182ff.). Etwa jeder vierte Ausbildungsvertrag von ausländischen Auszubildenden wurde demnach vorzeitig gelöst. Dabei variierte die Lösungsquote erheblich zwischen den verschiedenen →Zuständigkeitsbereichen (vgl. Abbildung A-2.7): Für die Berufe des Handwerks ergab sich sowohl für ausländische als auch für deutsche Auszubildende die höchste durchschnittliche Lösungsquote. Eine extrem niedrige Quote wiesen die Berufe des Öffentlichen Dienstes auf. Lediglich bei den Berufen der Hauswirtschaft finden sich keine höheren Lösungsquoten für ausländische Auszubildende. Am größten waren die Abstände zwischen den Quoten auslän- 52 Da in der Berufsbildungsstatistik der Wohnort der Auszubildenden nicht erhoben wird und daher Pendlerbewegungen nicht berücksichtigt werden können, wird die Ausbildungsbeteiligungsquote nicht nach Bundesländern differenziert, sondern für Ost- und Westdeutschland je aggregiert berechnet (vgl. Uhly/Gericke 2010, S. 4; Uhly u.a. 2010, Schaubild 3.4). 53 Berechnung vom Bundesinstitut für Berufsbildung. Dabei kommt ein sog. Schichtenmodell zum Einsatz, in dem die Vertragslösungen des aktuellen Berichtsjahrs nach dem jeweiligen Jahr des Beginns des gelösten Ausbildungsvertrags differenziert werden (vgl. BIBB 2011, S. 181ff.). 78 discher und deutscher Betroffener in den Bereichen Landwirtschaft, Industrie und Handel sowie Handwerk. Bezüglich des Zeitpunkts der Vertragslösung bestehen kaum Unterschiede zwischen ausländischen und deutschen Betroffenen (vgl. Abbildung 42): Die Mehrheit der Verträge wurde 2009 innerhalb des ersten Ausbildungsjahres gelöst, etwas weniger als ein Drittel bereits in der Probezeit und knapp ein Viertel zwischen dem fünften und zwölften Monat. Etwa ein Drittel der Vertragslösungen erfolgte im zweiten Jahr und etwa 15% zu einem noch späteren Zeitpunkt. Im Vergleich der Gruppen zeigt sich, dass bei den ausländischen Auszubildenden ein geringfügig höherer Anteil der Vertragslösungen in das erste Jahr nach Beendigung der Probezeit fällt als bei den deutschen Auszubildenden. Abbildung 42: Vorzeitige Vertragslösungen nach Staatsangehörigkeit und Zeitpunkt der Lösung, 2009 (in %) Ausländer 29 26 Deutsche 30 23 Probezeit 1. Jahr nach Probezeit Im 2. Ausbildungsjahr 30 31 Im 3. Ausbildungsjahr 14 1 14 1 Im 4. Ausbildungsjahr Quelle: Statistisches Bundesamt, Berufsbildungsstatistik 2009; eigene Berechnungen und Darstellung Bezogen auf den Ausländeranteil an den bestehenden Ausbildungsverhältnissen lässt sich für alle Bundesländer eine erhöhte Vertragsauflösungsrate bei ausländischen Auszubildenden feststellen (vgl. Abbildung 43). Gleichwohl variiert der Ausländeranteil an den vorzeitigen Vertragslösungen erheblich nach Bundesländern. Dabei fällt auf, dass in Hamburg, BadenWürttemberg und Bayern der Ausländeranteil an den Vertragslösungen mit mehr als drei Prozentpunkten über dem jeweiligen Anteil an ausländischen Auszubildenden liegt. 79 Abbildung 43: Ausländeranteil an bestehenden Ausbildungsverträgen und vorzeitigen Vertragslösungen nach Bundesländern, 2009 (in %) Anteil ausländischer Auszubildender 12 10 8 6 4 2 0 Gesamt Vertragslösungen Quelle: Statistisches Bundesamt, Berufsbildungsstatistik 2009; eigene Berechnungen und Darstellung 2.3.3.4 Multivariate Betrachtungsweise Um differenziert zu klären, wodurch vorzeitige Vertragslösungen beeinflusst werden, sind multifaktorielle Analysen notwendig, die sowohl berufsals auch personenbezogene und regionale Variablen berücksichtigen. Diese liegen bisher allerdings kaum vor. Erste Ergebnisse des BIBB zeigen anhand der Berufsbildungsstatistik, dass die Variable Staatsangehörigkeit auch in solch multivariaten Modellen Erklärungskraft besitzt, der Einfluss jedoch bei Einbezug weiterer Variablen wie Schulabschluss und Alter stark abnimmt (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 187). 2.3.3.5 Ausbildungsergebnisse Im Berichtsjahr 2009 lag der Ausländeranteil an allen Prüfungsteilnahmen54 bei fast 5% (496.380 deutsche und 23.228 ausländische Prüflinge) (vgl. Tabelle 3) und entsprach damit in etwa dem Ausländeranteil an allen Auszu- 54 Die Prüfungsteilnahmen werden in der Berufsbildungsstatistik erfasst. Sie setzen sich zusammen aus Teilnahmen von Prüflingen, die im Berichtsjahr zum ersten Mal an der Abschlussprüfung teilnehmen, und aus Teilnahmen von Prüflingen, die an Wiederholungsprüfungen teilnehmen (BIBB 2011, S. 173). 80 bildenden. Im Vergleich zum Vorjahr ist bei den ausländischen Prüfungsteilnahmen ein Anstieg um 7 Prozentpunkte zu verzeichnen, während die Zahl der deutschen Prüfungsfälle um lediglich 3 Prozentpunkte anwuchs. Im Jahr 2009 wurden 83% der von ausländischen Auszubildenden angetretenen →Prüfungen bestanden, d.h. die große Mehrheit der Prüfungsteilnehmer/innen erwarb einen qualifizierten Berufsabschluss. Die Erfolgsquote fiel damit allerdings deutlich geringer aus als die der deutschen Prüfungsteilnehmer/innen (rund 91%) – sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen. Unabhängig von der Staatsangehörigkeit waren die Erfolgsquoten der Frauen etwas höher als die der Männer (vgl. Tabelle 3). Tabelle 3: Ausländer/innen Teilnahmen an Abschlussprüfungen in der beruflichen Ausbildung und Prüfungserfolg nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, 2009 Prüfungsteilnahmen Insgesamt Männer Frauen 23.228 12.521 10.707 Insgesamt 19.290 Darunter bestandene Prüfungen In % Männer In % Frauen 83,0 10.188 81,4 9.102 In % 85,0 Deutsche 496.380 291.655 204.725 449.561 90,6 260.399 89,3 189.162 92,4 Alle 519.608 304.176 215.432 468.851 90,2 270.587 89,0 198.264 92,0 Berechnet werden Erfolgsquoten, d.h. der Anteil bestandener Prüfungen an allen durchgeführten Prüfungen Quelle: Statistisches Bundesamt, Prüfungsstatistik 2009; eigene Darstellung a) Bundesländer Zwischen den einzelnen Bundesländern schwankten die Erfolgsquoten erheblich (vgl. Abbildung 44). So lagen sie für ausländische Prüfungsteilnehmer/innen in Baden-Württemberg, Thüringen, Brandenburg und SchleswigHolstein deutlich über dem Bundesdurchschnitt, in Sachsen, Berlin, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Hessen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Höhere oder gleich hohe Erfolgsquoten erzielten ausländische Prüfungsteilnehmer/innen im Vergleich zu deutschen in Brandenburg, Thüringen sowie Mecklenburg-Vorpommern. 81 Abbildung 44: Erfolgsquoten1 nach Staatsangehörigkeit und Bundesland, 2009 (in %) 90 Baden-Württemberg Thüringen Brandenburg 82 82 Schleswig-Holstein 86 84 Niedersachsen 84 84 84 83 MecklenburgVorpommern Deutschland 82 Hamburg 92 91 79 Hessen 76 Sachsen-Anhalt 76 Saarland 70 Berlin 69 Sachsen Ausländer/innen Deutsche 91 90 93 92 81 Bremen 92 92 90 89 81 Bayern 91 91 91 91 81 Rheinland-Pfalz 95 95 93 92 82 Nordrhein-Westfalen 1 89 88 88 86 91 90 85 85 85 85 86 86 85 85 Zusammen Anteil bestandener Prüfungen an allen durchgeführten Prüfungen; ohne Externenprüfungen Quelle: Berufsbildungsstatistik 2009; eigene Darstellung b) Zuständigkeitsbereiche Am geringsten waren die Erfolgsquoten weiblicher und männlicher sowie ausländischer und deutscher Prüflinge im Bereich Landwirtschaft, wobei die ausländischen Prüfungsteilnehmer/innen deutlich weniger erfolgreich als die deutschen waren (vgl. Abbildung 45). Mit Ausnahme des Bereichs Hauswirtschaft, in dem ausländische Frauen die höchsten Erfolge aufwiesen, und dem Bereich Öffentlicher Dienst, in dem sie ebenso erfolgreich wie deutsche Frauen waren, lagen die Erfolgsquoten der ausländischen Prüfungsteilnehmer/innen unter denen der deutschen. Bei den deutschen Absolventinnen/Absolventen hatten durchgängig die Frauen höhere Erfolgsquoten als ihre männlichen Kollegen. Die ausländischen Frauen waren ebenfalls in den meisten Bereichen – mit Ausnahme der Freien Berufe und in der Landwirtschaft – erfolgreicher als die ausländischen Männer. 82 Abbildung 45: Erfolgsquoten nach Staatsangehörigkeit und Bundesland, 2009 (in %) 83 87 86 93 92 92 90 83 83 85 95 95 89 87 88 89 92 96 96 91 86 78 Erfolgsquote 68 67 Landwirtschaft Handwerk Deutsche Männer Industrie und Handel * Deutsche Frauen Freie Berufe** Ausländer Männer Hauswirtschaft Öffentlicher Dienst** Ausländer Frauen *Einschließlich Banken, Versicherungen, Gast- und Verkehrsgewerbe **Ohne Ausbildungsverträge, die nach dem Berufsbildungsgesetz bei anderen zuständigen Stellen (Kammern) außerhalb dieses Ausbildungsbereichs registriert werden. Quelle: Statistisches Bundesamt, Berufsbildungsstatistik 2009; eigene Darstellung 2.3.3.6 Berufsqualifizierende Abschlüsse nach dem Mikrozensus Daten des →Mikrozensus liefern altersdifferenziert Informationen zu den berufsqualifizierenden Abschlüssen der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Sie erlauben jedoch keinen Aufschluss darüber, ob die Zugewanderten ihre Abschlüsse in Deutschland oder in den Herkunftsländern erworben haben. Aussagen zu den Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, in Deutschland berufsqualifizierende Abschlüsse zu erlangen, sind deswegen einzig für die Gruppe der Jugendlichen der zweiten Migrantengeneration (ohne eigene Migrationserfahrungen/Geburtsland Deutschland) möglich. Nach dem Mikrozensus 2009 verfügen 25- bis unter 35-Jährige mit Migrationshintergrund bezogen auf ihren Bevölkerungsanteil deutlich seltener über berufliche Bildungsabschlüsse als die gleichaltrige Gruppe ohne Migrationshintergrund (62% zu 85%), wobei hier sämtliche Abschlüsse gemeint 83 sind, nicht nur berufsqualifizierende Abschlüsse.55 Der Abstand zu jenen ohne Migrationshintergrund verringert sich, wenn ausschließlich die zweite Generation betrachtet wird, in der gut zwei Drittel einen beruflichen Bildungsabschluss haben (vgl. Abbildung A-2.8). Keinen Abschluss hat fast ein Drittel der 25- bis 35-Jährigen mit Migrationshintergrund, wobei dies in der ersten Migrantengeneration (33%) häufiger vorkommt als in der zweiten (22%). Doch auch hier ist der Anteil derjenigen ohne Abschluss noch mehr als doppelt so hoch wie bei den Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund (9%) (vgl. Abbildung A-2.8). In der ersten Generation der jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund haben Ausländer/innen häufiger als Deutsche (Eingebürgerte, Spätaussiedler/innen) keinen Abschluss (40% zu 17%). Über einen beruflichen Bildungsabschluss verfügen sie aber ebenso häufig wie diese (53% zu 52%). Dieses Ergebnis – ausgeglichener Anteil beim Abschluss und große Diskrepanzen beim fehlenden Abschluss – kann dadurch erklärt werden, dass ein größerer Anteil der selbst zugewanderten Deutschen ohne Abschluss noch in Ausbildung ist, also weder bei der einen noch der anderen Gruppe berücksichtigt wurde. Als häufigsten beruflichen Bildungsabschluss nennen sowohl 25- bis unter 35-Jährige mit als auch ohne Migrationshintergrund eine „Lehre o.ä.“. Gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil verfügen die jungen Leute mit Migrationshintergrund jedoch deutlich seltener über diesen Abschluss (38%) als jene ohne Migrationshintergrund (55%) (vgl. Abbildung 46). Auch in den selten angegebenen Kategorien „Berufsqualifizierender Abschluss“ und „Meister/Techniker/Fachschule“ bleiben die Personen mit Migrationshintergrund hinter jenen ohne Migrationshintergrund zurück, allerdings sind hier die Differenzen deutlich geringer. Wählt man als Bezugsgruppe nicht die gleichaltrige Wohnbevölkerung, sondern die Gruppe derjenigen mit einem beruflichen Abschluss, so verschwinden die Unterschiede zwischen den jungen Erwachsenen mit und ohne Migrationshintergrund bei den Abschlussarten fast gänzlich (vgl. Abbildung 46).56 55 Gefragt wird nach dem höchsten beruflichen Bildungsabschluss. Kategorisiert werden die Abschlüsse nach Anlern-/Berufspraktikum/Berufsvorbereitungsjahr, Lehre o.ä., berufsqualifizierendem Abschluss, Meister/Techniker/Fachschule, Fachhochschule und Universität. 56 Die vor allem bei den 25- bis 35-Jährigen mit Migrationshintergrund stark vertretene Gruppe ohne beruflichen Bildungsabschluss bleibt hier unberücksichtigt. 84 Abbildung 46: Berufliche Bildungsabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrationshintergrund und Art des Bildungsabschlusses, 2009 (in % der altersentsprechenden Bevölkerung 1 und der Personen gleichen Alters und Migrationsstatus mit beruflichem Bildungsabschluss) 13 21 Universität 15 12 4 7 Fachhochschule 9 8 Meister/Techniker/ Fachschule Berufsqualifizierender Abschluss 3 5 7 8 1 2 2 2 38 62 Lehre o.ä. 65 55 Praktikum/BVJ 2 3 1 1 Mit Migrationshintergrund Anteil Bevölkerung Ohne Migrationshintergrund Anteil Bevölkerung Mit Migrationshintergrund Anteil Beruf sabschlüsse Ohne Migrationshintergrund Anteil Beruf sabschlüsse 1 Ausschließlich Bevölkerung mit Angabe zu den beruflichen Abschlüssen Praktikum/BVJ = Anlern-/Berufspraktikum/Berufsvorbereitungsjahr Quelle: Statistisches Bundesamt (2010): Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus – Fachserie 1, Reihe. 2.2, 2009, Tab. 9A; eigene Berechnungen und Darstellung In der Gruppe der 25- bis unter 35-Jährigen mit Migrationshintergrund sind es vor allem die jungen Erwachsenen der zweiten Migrantengeneration, die eine Lehre o.ä. absolviert haben: Drei Viertel der gleichaltrigen Bevölkerung mit einem beruflichen Bildungsabschluss zählen hierzu (vgl. Abbildung A2.9). Damit erhält dieser berufliche Bildungsabschluss – bezogen auf die Gruppe mit einem Abschluss – bei den in Deutschland Geborenen mit Migrationshintergrund einen höheren Stellenwert als bei den Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. Eine Analyse von Einflussfaktoren auf die Chance von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, berufsqualifizierende Abschlüsse zu erwerben, erfolgt im Zweiten Integrationsindikatorenbericht für die Gruppe der 30- bis 34-jährigen jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren bzw. vor ihrem 18. Geburtstag nach Deutschland zugewandert sind. Von ihnen kann angenommen werden, dass sie ihre Berufsausbildung in Deutschland absolviert haben (Engels u.a. 2012).57 57 Analyse von Daten des Mikrozensus 2009 mittels logistischer Regression. 85 Die Analyse bestätigt ihre geringeren Chancen gegenüber Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Selbst wenn beide Gruppen über den gleichen Familienstand und Schulabschluss verfügen, so weisen die jungen Menschen mit Migrationshintergrund signifikant seltener eine abgeschlossene berufsqualifizierende Ausbildung auf. Dies gilt auch, wenn sie von Geburt an in Deutschland leben oder vor Schulantritt eingereist sind. Vor allem Einwanderer aus Drittstaaten58 liegen deutlich hinter den anderen Gruppen (ohne Migrationshintergrund, Einwanderer aus den Ländern der EU 27). Ein überraschender Effekt wird für die Gruppe der im Alter zwischen 12 und 17 Jahren nach Deutschland zugewanderten jungen Frauen festgestellt. Sie „haben eine höhere Chance auf abgeschlossene berufsqualifizierende Ausbildung als vergleichbare Frauen ohne Migrationshintergrund“ (ebd., S. 175). Erklärt wird dies damit, dass über die Hälfte Aussiedlerinnen sind, „deren schulische und berufliche Eingliederung besonders gefördert wurde“ (ebd.). Die geringen Chancen der jungen Männer dieser Gruppe, lassen sich dadurch jedoch nicht erklären. Die höchste Erklärungskraft für einen Ausbildungsabschluss der jungen Leute mit Migrationshintergrund erhält den Analysen entsprechend der Schulabschluss. Allerdings lassen mangelnde Informationen des Mikrozensus zum Bildungsstand, Erwerbsstatus und Einkommen der Eltern keinen Einbezug dieser Faktoren in die Analyse zu. Da der frühere Bildungsverlauf junger Menschen jedoch nachweislich vom Elternhaus abhängig ist, wird vermutet, „dass ein erheblicher Teil der migrationsbezogenen Differenzen in den Bildungsabschlüssen junger Erwachsener auf ihre soziale Herkunft und ihren dadurch ungleichen Start in das Berufsleben zurückgeführt werden kann“ (ebd., S. 176). 2.4 Ausblick 2.4.1 Zusammenfassung der Befunde 1. Im sogenannten Übergangssystem sind ausländische Jugendliche gemessen an ihrem Bevölkerungsteil überdurchschnittlich vertreten. Ausländische Jugendliche sind besonders von Belastungen und Unsicherheiten betroffen, die sich durch quantitative Passungsprobleme zwischen Bildungsangebot und -nachfrage ergeben (vgl. Ulrich 2008, S. 1). Sie münden nach der Schule überdurchschnittlich häufig nicht direkt in eine vollqualifizierende berufliche Erstausbildung, sondern müssen verschiedene „Zwischenschritte“ (Beicht/Granato 2009, S. 8) durchlaufen. 58 Der Begriff „Drittstaatangehörige“ dient der Abgrenzung zum Begriff EU-Ausländer. Staatsbürger eines Drittstaates sind weder EU-, EWR-Bürger noch Schweizer. 86 2. Die Chancen sowohl für ausländische Jugendliche als auch für den erweiterten Kreis der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, in eine vollqualifizierende Ausbildung einzumünden, sind deutlich geringer als bei deutschen Jugendlichen bzw. der Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund. Türkische Jugendliche scheinen zwar bereits zum Ende ihrer Schulzeit gefasste Ausbildungs-Absichten besser als andere Migrantengruppen zu realisieren. Andererseits gibt es Hinweise, dass sich mit dem Verbleib im Übergangssystem ihre Aussichten auf einen Ausbildungsplatz stärker verringern als die von Aussiedlerinnen/Aussiedlern und von Jugendlichen mit einem anderen Migrationshintergrund. 3. Ein Migrationshintergrund bzw. eine ausländische Staatsangehörigkeit mindert die Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Die Chancen der Jugendlichen, in eine vollqualifizierende Ausbildung einzumünden, werden beeinflusst durch Schulabschlüsse und Zeugnisnoten, Sozialstatus sowie soziale Eingebundenheit. Doch noch nach deren Kontrolle und unter Berücksichtigung weiterer Faktoren, wie z.B. Zeitpunkt des Schulabschlusses, kann ein benachteiligender Effekt des Migrationshintergrundes bzw. der ausländischen Staatsangehörigkeit identifiziert werden. 4. Ausländische Auszubildende sind in der dualen Berufsausbildung unterrepräsentiert. Der Anteil ausländischer Auszubildender in der dualen Berufsausbildung liegt nicht nur deutlich unter ihrem Bevölkerungsanteil an den 15- bis 20Jährigen, ihre Ausbildungsbeteiligungsquote ist auch sehr viel geringer als die der Deutschen. Zudem wird sichtbar, dass sich Ausländer/innen – junge Frauen noch stärker als junge Männer – auf einige wenige Berufsgruppen konzentrieren, während deutsche Auszubildende in einem breiteren Spektrum vertreten sind. 5. Im zeitlichen Verlauf zeichnet sich in den letzten Jahren ein Zuwachs der Ausbildungsbeteiligungsquoten von Ausländerinnen/Ausländern ab. Zwischen 1999 und 2006 sanken die Ausbildungsbeteiligungsquoten sowohl bei den Ausländerinnen/Ausländern als auch bei den Deutschen. In den letzten Jahren zeichnet sich jedoch wieder ein, wenn auch geringer, Zuwachs ab, wobei dieser bei den ausländischen Jugendlichen über dem der deutschen liegt. Das frühere hohe Niveau wurde jedoch bei beiden Gruppen noch nicht wieder erreicht. 87 6. Vorzeitige Vertragslösungen sind bei ausländischen Auszubildenden häufiger als bei deutschen. Etwa jeder vierte ausländische und etwa jeder fünfte deutsche Auszubildende löst sein Ausbildungsverhältnis vorzeitig. Auch wenn Vertragslösungen häufig einen „Neuanfang“ bedeuten, so gehen sie doch auch immer mit einem „Ressourcenverlust“ (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 179) einher – sowohl auf Seiten der Betriebe als auch auf Seiten der Auszubildenden (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2009a, S. 7). Für junge Menschen bedeutet eine Vertragslösung oftmals „Zeitverlust, persönliches Scheitern sowie Demotivation und birgt die Gefahr des endgültigen Ausstiegs aus der Ausbildung und/oder dem Erwerbsleben“ (ebd.). 7. In den Prüfungen am Ende der Ausbildungszeit sind ausländische Auszubildende deutlich weniger erfolgreich als deutsche Auszubildende. Die Erfolgsquoten variieren allerdings zwischen den Bundesländern und Berufsfeldern erheblich, und junge ausländische sowie deutsche Frauen erreichen etwas höhere Erfolgsquoten als die männlichen Vergleichsgruppen. 8. Junge Erwachsene der in Deutschland aufgewachsenen zweiten Migrantengeneration haben deutlich seltener als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund, aber häufiger als Angehörige der ersten Generation einen beruflichen Bildungsabschluss. Diese Ergebnisse beziehen sich auf die 25- bis unter 35-Jährigen und erlauben lediglich für die Angehörigen der zweiten Migrantengeneration Aussagen zu den Chancen, die das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem vermittelt. Die vorliegenden Resultate weisen auf die Benachteiligung dieser Gruppe gegenüber jungen Menschen ohne Migrationshintergrund hin. 9. Auch wenn der Familienstand und der Schulabschluss gleich sind, haben junge Menschen mit Migrationshintergrund geringere Chancen, einen berufsqualifizierenden Abschluss zu erreichen, als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. Die geringsten Chancen gegenüber den jungen Erwachsenen ohne Migrationshintergrund haben junge Leute, die selbst oder deren Familien aus Drittländern zugewandert sind. Inwieweit die soziale Herkunft Erklärungskraft für migrationsspezifische Unterschiede im beruflichen Ausbildungsabschluss erhält, ist nicht geklärt. Analysen zum Einfluss derartiger Faktoren zur Einmündung in eine vollqualifizierende berufliche Ausbildung zeigen jedoch, dass auch dann, wenn hier die gleichen Bedingungen bestehen, Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht die gleichen „Startchancen“ haben, wie jene ohne Migrationshintergrund. 88 2.4.2 Bewertung der Datenlage 1. Die amtliche Statistik bietet kein differenziertes Bild zur Situation von Jugendlichen im Übergang zur Ausbildung und in der Ausbildung. Ergänzende repräsentative Erhebungen bieten zusätzliche Informationen und können Verlaufsprozesse differenziert nachzeichnen. Die amtliche Statistik liefert zentrale Daten zur beruflichen Ausbildung, erfasst aber lediglich das Merkmal Staatsangehörigkeit, folgt also dem „Ausländerkonzept“. Über die Situation von Personen mit Migrationshintergrund, die im Mittelpunkt von Integrationsdiskursen und -fördermaßnahmen stehen, sind auf dieser Grundlage keine umfassenden Aussagen möglich. Empirische Untersuchungen, die den Migrationshintergrund differenziert erfassen, sind deswegen von großem Wert. Eine wichtige Datenquelle stellt hier das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) dar, das mit einer Reihe von Studien die Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Übergangs- und Ausbildungssystem beschreibt (vgl. u.a. Settelmeyer/Erbe 2010; Granato/Ulrich 2009). Dazu zählen auch retrospektive Längsschnittstudien. Mit dem DJI-Übergangspanel wird eine Längsschnittstudie vorgelegt, die eine differenzierte Erfassung der Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Übergangssystem ermöglicht und auch prospektive Daten enthält. Altersdifferenzierte Analysen zu Ausbildungsabschlüssen von Personen mit Migrationshintergrund auf der Grundlage des Mikrozensus lassen zunächst offen, ob die Abschlüsse in Deutschland oder im Herkunftsland erworben wurden. Sonderauswertungen des Mikrozensus erlauben jedoch die Differenzierung der Gruppe der jungen Erwachsenen nach dem Geburtsland und der Aufenthaltsdauer. Dadurch kann die Gruppe der jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund identifiziert werden, die in Deutschland eine Ausbildung absolviert hat. Die Daten des Mikrozensus ermöglichen darüber hinaus weitergehende Analysen zur Erklärung der geringeren Chancen von jungen Menschen mit Migrationshintergrund auf einen Ausbildungsabschluss. 2. Befunde repräsentativer Erhebungen zum Status von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind oft nicht vergleichbar oder ausreichend differenziert (publiziert). In den unterschiedlichen empirischen Untersuchungen stimmt die Definition von Migrationshintergrund oftmals nicht miteinander überein, was die Vergleichbarkeit der Daten erschwert – dies gilt teilweise auch für die Forschung im BIBB. Zudem wird in Veröffentlichungen das Merkmal „mit“ oder „ohne Migrationshintergrund“ – wesentlich aufgrund geringer Fallzahlen – oft nicht weiter differenziert, so dass Aussagen zum Migrationsstatus oder zur nationalen Herkunft nur teilweise möglich sind. 89 2.4.3 Forschungsbedarf 1. Differenzierte Erfassung der Gruppe der Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Dieser Forschungsbedarf ergibt sich insbesondere angesichts der in repräsentativen Erhebungen und Ergebnissen nach dem Ausländerkonzept festgestellten Benachteiligungen. Erst vor diesem Hintergrund und zusätzlich ergänzt um Differenzierungen nach Geschlecht, Herkunftsland und Migrationsstatus können pauschalisierende Rückschlüsse vermieden und effektive Fördermaßnahmen entwickelt werden, um die Chancen junger Frauen und Männer mit Migrationshintergrund im Berufsbildungsbereich zu verbessern. 2. Erforschung von Einflüssen auf die geringeren Chancen und die Unterrepräsentanz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Bereich der Berufsausbildung, auf deren höhere Vertragslösungsquoten und geringeren Prüfungserfolge sowie auf Bundeslandunterschiede in den Ausbildungschancen auf der Grundlage umfangreicher Stichproben. Studien, die durch multivariate Analysen den Erklärungswert unterschiedlicher Variablen identifizieren können, sind Mangelware. Bislang vorliegende Befunde eines solchen Vorgehens zeigen, dass Belastungen und Probleme nicht allein auf den Migrationshintergrund von Jugendlichen zurückgeführt werden können. Um bei einer hohen Reichweite zu tiefer gehenden Ergebnissen und Interpretationen zu kommen, sind umfangreiche Stichproben erforderlich. Die Überwindung von Schwierigkeiten bei der Gewinnung solcher Stichproben ist eine wichtige Aufgabe der Forschung. 3. Vertiefende und detaillierte Erkenntnisse durch umfassende prospektive Verlaufsuntersuchungen. Auf Grundlage entsprechender Ergebnisse kann dazu beigetragen werden, die Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern. Die prospektive Anlage von Längsschnittuntersuchungen, die u.a. Daten zur Planung von Ausbildung, zu Einflüssen sozialer Netzwerke, sowie zu sozioökonomischen Bedingungen erfassen sollten, ermöglicht es, die Realisierung von Planungsprozessen, die Nutzung von individuellen, sozialen und institutionellen Ressourcen sowie die Bewältigung von Hürden bei einer Ausbildungsaufnahme zeitnah zu verfolgen. 4. Erhebung von Daten zu schulischen Ausbildungsgängen, die nach Migrationshintergrund differenzieren. Derartige Daten sind insbesondere für geschlechterdifferenzierte Ergebnisse und die Erhellung der Ausbildungssituation von weiblichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund erforderlich, für die diese Form der Berufsausbildung eine relativ große Bedeutung hat. 90 3 Studium (Mirjam Uchronski) Im folgenden Kapitel wird die Situation von jungen Frauen und Männern mit Migrationshintergrund an deutschen Hochschulen näher betrachtet. Der Erwerb eines Hochschulabschlusses ist in Deutschland noch immer „die wichtigste Voraussetzung für die Ausübung einer Profession“ (Leuze 2010, S. 28) und mit „erhöhten Berufs- und Lebenschancen“ verbunden (Leichsenring u.a. 2010, S. 5). Ein Hochschulstudium stellt damit eine entscheidende Weiche für den weiteren Lebensverlauf dar. Neben dieser individuellen Komponente sind Hochschulen, als Orte der Wissensproduktion und Wissensdistribution (vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 101), von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung: Sie stellen qualifizierte Arbeitskräfte bereit und ihre Forschungsergebnisse bilden eine Basis für Innovationen (vgl. Statistisches Bundesamt u.a. 2008, S. 59). Es verwundert daher nicht, dass angesichts des demografischen Wandels und des damit einhergehenden absehbaren Fachkräftemangels bei einem gleichzeitig steigenden Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften eine Erhöhung der Absolventenzahlen gefordert wird (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 117). Damit sind verstärkt auch junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund in der Hochschulbildung in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2006b, S. 39f.; The Boston Consulting Group 2009). Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei diesen um eine stark selektierte Gruppe handelt, da eine Beteiligung an der Hochschulbildung nur jenem Teil der Bevölkerung offen steht, der die vorherigen Stufen des Bildungssystems bereits erfolgreich durchlaufen hat und somit die notwendigen Voraussetzungen für ein Hochschulstudium nachweisen kann. Am Anfang der folgenden Ausführungen steht eine knappe Zusammenfassung der wichtigsten Befunde (Abschnitt 3.1), dem die tabellarische Darstellung der in diesem Kapitel verwendeten Datenquellen folgt (Abschnitt 3.2). Die detaillierte Beschreibung der Befunde ist Gegenstand von Abschnitt 3.3. Den Abschluss bildet der Ausblick (Abschnitt 3.4) mit den Unterpunkten „Zusammenfassung der Befunde“, „Bewertung der Datenlage“ und „Forschungsbedarf“. 91 3.1 Die wichtigsten Ergebnisse 1. Jede(r) fünfte ausländische Schulabgänger/in hat eine Hochschulzugangsberechtigung, während dies bei den deutschen jede(r) zweite ist. 2. Bei gleicher schulischer Qualifikation nehmen mehr türkische Studienberechtigte ein Studium auf als Deutsche. 3. Ausländer/innen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben (Bildungsinländer/innen), sind unter den Studierenden unterrepräsentiert. 4. An deutschen Hochschulen wächst die Zahl der Bildungsinländer/innen und der ausländischen Absolventinnen/Absolventen. Ihr Anteil an allen Studierenden ändert sich jedoch nur geringfügig. 5. Bei den Bildungsinländer/innen finden sich sowohl unter den Studierenden als auch unter den Absolventinnen/Absolventen immer mehr Frauen. 6. Nach einer repräsentativen Studie haben nahezu drei Viertel der Studierenden mit Migrationshintergrund die deutsche Staatsangehörigkeit. 92 7. Von den Studierenden mit Migrationshintergrund haben über 40% der Eingebürgerten und Bildungsinländer/innen einen niedrigen Sozialstatus. 8. Studierende mit doppelter Staatsangehörigkeit und deutsche Studierende mit ausländischem Elternteil gehören – wie auch jene ohne Migrationshintergrund -– zu über 60% einer hohen sozialen Schicht an. 9. Von zehn Bildungsinländern/-inländerinnen brechen vier das Studium vor dem ersten Hochschulabschluss ab; Frauen seltener als Männer. Die Studienabbruchquote deutscher Studierender liegt bei 25%. 10. Studierende mit Migrationshintergrund finanzieren sich häufiger über Erwerbstätigkeit und BAföG und verfügen so über etwas höhere monatliche Einnahmen als Studierende ohne Migrationshintergrund. 11. Drei Viertel der ausländischen BAföG-Geförderten (Bildungsin- und -ausländer/innen) kommen aus Europa. Die mit Abstand größte Gruppe stammt aus der Türkei. 12. Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit Migrationshintergrund gelingt die Berufseinmündung ähnlich erfolgreich wie denen ohne Migrationshintergrund. 93 3.2 Datenquellen Tabelle 4: Stichprobe (N, Altersgruppe) Studien Studentenstatistik. Fachserie 11, Reihe 4.1 der amtlichen HochVollerhebung schulstatistik. (Statistisches Bundesamt 2010d) Prüfungsstatistik. Fachserie 11, Reihe 4.2 der amtlichen HochVollerhebung schulstatistik. (Statistisches Bundesamt 2010c) 18- bis 25Jährige mit (Fach-)HochAID:A – DJIschulreife Survey N = 2.256; (Deutsches davon: 17,6% Jugendinstitut) mit Migrationshintergrund Mikrozensus Repräsentativbefragung „Ausgewählte Migrantengruppen in Deutschland 2006/2007“ (RAM) (Bundesa mt für Migration und Flüchtlinge) Die 5 größten ausländischen Nationalitätengrup-pen; N = 4.500 94 Verwendete Datenquellen im Kapitel Studium nach zentralen Merkmalen Erhebungsmethode Erhebungszeitpunkt/raum Räuml. Reichweite Migrationshintergrund Sekundärerhebung auf Basis der Verwaltungsdaten der Hochschulen 2009 Bundesgebiet Nicht-deutsche Staatsangehörigkeit; bei ausländischen Studierenden wird zwischen Bildungsinländerinnen/Bildungsinländern (Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben) und Bildungsausländerinnen und –ausländern unterschieden Sekundärerhebung auf Basis der Verwaltungsdaten der Prüfungsämter und Hochschulen 2009 Bundesgebiet Nicht-deutsche Staatsangehörigkeit; Bildungsinländer/innen Befragung Bundesgebiet Befragte selbst oder mindestens ein Elternteil ist nicht in Deutschland geboren. 1. Migrationsgeneration: Geburt im Ausland, 2. Migrationsgeneration: Geburt mindestens eines Elternteils im Ausland Befragung 2009 Bundesgebiet Erhebt unterschiedliche Ausprägungen des Migrationsstatus, jedoch nicht, ob ein Abschluss im Ausland oder in Deutschland erworben wurde CAPIRepräsentativbefragung 2006/ 2007 Bundesgebiet Nicht-deutsche Staatsangehörigkeit. Es werden die fünf größten Migrantengruppen in Deutschland dargestellt Studien Stichprobe (N, Altersgruppe) Erhebungsmethode 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010c) Zielgruppe der deutschen Studierenden und Bildungsinländer/innen; Schriftliche RepräsentativN = ca. befragung 16.370, gewichtet; davon: 11% mit Migrationshintergrund HIS-Studienberechtigtenpanel (Heine/Quast 2009; Heine u.a. 2010) Schriftliche Panelbefragung; Befragung ein halStudienbebes Jahr vor rechtigte; Erlangen der N (1. BefraHochschulreife gung): 28.756 sowie am N (2. BefraEnde des gung): 5.965 Jahres; Clusgewichtet terstichprobe; davon: 16% keine Reprämit Migrationssentativität hintergrund bzgl. des Merkmals Migrationshintergrund KOAB (Kooperationsprojekt Absolventenstudien) des Internationalen Zentrums für Hochschulforschung Kassel (Heidemann 2010) Absolventinnen/Absolventen; N = 27.744 Befragung online bzw. auf Papier Erhebungsze itpunkt/raum Erhebung Sommersemester 2009 Räuml. Reichweite Migrationshintergrund Bundesgebiet Ausländische Staatsbürgerschaft und Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben (Bildungsinländer/innen), die ursprüngliche Staatsbürgerschaft zugunsten der deutschen aufgegeben (eingebürgerte Studierende) oder neben der deutschen noch eine weitere Staatsbürgerschaft (doppelte Staatsangehörigkeit) sowie deutsche Studierende mit mindestens einem Elternteil mit ausländischer Staatsbürgerschaft 2008 Bundesgebiet Nicht-deutsche oder doppelte Staatsangehörigkeit oder mindestens ein Elternteil im Ausland geboren oder zu Hause wird eine andere Sprache als Deutsch gesprochen 2007 Hochschulen im Bundesgebiet aus 11 Bundesländern Differenziert wird nach „Migrationserfahrung“ anhand der Staatsbürgerschaft, dem Land der Hochschulzugangsberechtigung und dem Geburtsland der Eltern 95 3.3 Befunde 3.3.1 Übergänge in die Hochschule Die Ausführungen zur Lage von jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund an deutschen Hochschulen sind (bildungs-)biografisch in die Unterkapitel „Übergänge in die Hochschule“, „Studium“, „Studienabschluss“ und „Berufseinmündung“ gegliedert. Die Ergebnisse aus der amtlichen Statistik werden denen aus empirischen Studien jeweils vorangestellt. 3.3.1.1 Studienberechtigte Der Anteil ausländischer Absolventinnen/Absolventen mit Hochschulreife an den Schulabgängerinnen und -abgängern lag im Jahr 2009 bei 4,4% (Anzahl: 19.658; Statistisches Bundesamt, Sonderauswertung auf Anfrage) und damit deutlich unter ihrem Anteil von 9,7% an der 18- bis unter 21-jährigen Bevölkerung.59 Gleichwohl nimmt die Bildungsbeteiligung von Ausländerinnen/Ausländern im Sekundarbereich II zu. In den letzten 10 Jahren ist die →Studienberechtigtenquote ausländischer Schulabgänger/innen um 7 Prozentpunkte, die der deutschen Vergleichsgruppe um 8 Prozentpunkte gestiegen (vgl. Abbildung 47). Während dieser Aufwärtstrend sich bei den deutschen Schulabgängerinnen/Schulabgängern im Jahr 2008 abschwächte, hielt er bei den ausländischen weiterhin an. Im Jahr 2009 erfüllte jede/r fünfte ausländische Schulabgänger/in die schulischen Voraussetzungen, ein Hochschulstudium in Deutschland aufzunehmen – erheblich weniger als bei den deutschen Schulabgängerinnen und -abgängern: Von ihnen war es jede/r zweite. Sowohl bei den Deutschen als auch bei den Ausländerinnen/Ausländern übertrifft die Quote der jungen Frauen (50% bzw. 22%)60 die der jungen Männer (42% bzw. 19%). 59 Durchschnitt der 18- bis unter 21-jährigen deutschen und ausländischen Wohnbevölkerung 60 Zur besseren Lesbarkeit werden Datenangaben im Text auf- oder abgerundet. Beim Vergleich am 31.12. des Vorjahres; eigene Berechnungen auf Basis der Schulstatistik. kleiner Werte werden Zahlen mit einer Stelle nach dem Komma zitiert. 96 Abbildung 47: Studienberechtigtenquoten für ausländische und deutsche Schulabsolventen/-absolventinnen, 2000–2009 (in %) Ausländische SchulabsolventInnen Studienberechtigtenquote (%) 25 20 15 10 5 0 2000 2001 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2007 2008 2009 Deutsche SchulabsolventInnen 60 Studienberechtigtenquote (%) 2002 50 40 30 20 10 0 2000 2001 2002 2003 Alle Schulabschlüsse Frauen Fachhochschulreife Frauen allgemeine & fachgeb.Hochschulreife 2004 2005 2006 Männer Fachhochschulreife Männer allgemeine & fachgeb.Hochschulreife Bis 2006: Durchschnitt der 17- bis unter 20-jährigen (12 Jahre Schulzeit) bzw. 18- bis unter 21-jährigen (13 Jahre Schulzeit) ausländischen Wohnbevölkerung am 31.12. des jeweiligen Vorjahres. Ab 2007: Durchschnitt der 18- bis unter 21-jährigen (13 Jahre Schulzeit) ausländischen Wohnbevölkerung am 31.12. des jeweiligen Vorjahres. fachgeb. = fachgebunden Quelle: Statistisches Bundesamt, Schulstatistik 2009; Sonderauswertung; eigene Darstellung Werden die unterschiedlichen Studienberechtigtenquoten der Abschlussund Geschlechtergruppen im Jahr 2000 auf 0 gesetzt, so werden aufgrund dieser gleichen Ausgangsbasis die Differenzen zwischen den zeitlichen Entwicklungen bei den unterschiedlichen Gruppen der ausländischen →Studienberechtigten deutlicher (vgl. Abbildung 48): Den größten Anstieg der Studienberechtigtenquote zwischen 2000 und 2009 verzeichnen die ausländischen Frauen mit allgemeiner und fachgebundener Hochschulreife. Die Männer erreichen geringere Zuwächse in diesem Abschlussbereich, ebenso wie bei der Fachhochschulreife. Auch bei ihnen ist jedoch der Anstieg der Studienberechtigtenquoten bei der allgemeinen und fachgebundenen Hochschulreife ausgeprägter als bei der Fachhochschulreife. 97 Abbildung 48: Studienberechtigtenquoten für ausländische Schulabsolventen/-absolventinnen, 2000–2009 (Index: 2000 = 0; in %) Studienberechtigtenquote (%) 25 20 15 10 5 0 ‐5 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Männer Fachhochschulreif e Frauen Fachhochschulreif e Männer allgemeine & f achgeb.Hochschulreif e Frauen allgemeine & f achgeb.Hochschulreif e Abschlüsse insgesamt fachgeb. = fachgebunden Quelle: Statistisches Bundesamt, Schulstatistik 2009; Sonderauswertung; eigene Darstellung Mehr als die Hälfte der ausländischen und fast drei Viertel der deutschen Studienberechtigten verfügten im Jahr 2009 über eine allgemeine bzw. fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung, die überwiegend an allgemeinbildenden Schulen erworben wurde (vgl. Abbildung 49). Der Anteil der Studienberechtigten mit Fachhochschulreife fiel bei den ausländischen Studienberechtigten deutlich höher aus als bei den deutschen (42% zu 30%). Beide Gruppen erlangen diese Art der Hochschulzugangsberechtigung überwiegend an beruflichen Schulen – ein Hinweis auf die Bedeutung des „Zweiten Bildungswegs“ für den Bildungsaufstieg auch ausländischer Jugendlicher.61 Frauen besaßen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – deutlich häufiger eine allgemeine bzw. fachgebundene Hochschulreife und seltener eine Fachhochschulreife als ihre jeweilige männliche Vergleichsgruppe (vgl. Abbildung 49). 61 Höhere Schulabschlüsse werden an beruflichen Schulen häufiger von Deutschen als von Ausländerinnen/Ausländern erworben. Ausländische Absolventinnen/Absolventen von beruflichen Schulen erreichen hingegen höhere Anteile beim Hauptschul- und mittleren Abschluss (vgl. Engels u.a. 2012, S. 38f.). 98 Abbildung 49: Art der Hochschulzugangsberechtigung für ausländische und deutsche Studienberechtigte, 2009 (in %) A Weiblich 51 A Männlich 43 A Gesamt 48 D Weiblich 61 D Männlich 55 D Gesamt 60 10 3 27 Gesamt 60 10 3 27 0% 8 11 6 34 6 9 39 6 36 11 11 10% 20% 30% 40% 50% 60% 3 25 3 31 70% 80% 90% 100% Allg. Schulen: Allgemeine & fachgebundene Hochschulreife Berufliche Schulen: Allgemeine & fachgebundene Hochschulreife Allg. Schulen: Fachhochschulreife Berufliche Schulen: Fachhochschulreife Allg. = Allgemeinbildend, D = Deutsche, A = Ausländer/innen Quelle: Statistisches Bundesamt, Schulstatistik 2009; eigene Darstellung Da die amtliche Statistik keine Auskunft über Studienberechtigte mit Migrationshintergrund gibt, muss auf repräsentative Erhebungen zurückgegriffen werden: Die 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks erfasst keine potenziell Studienberechtigten, sondern aktuell immatrikulierte Studierende mit (und ohne) Migrationshintergrund, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben (vgl. Tabelle 4). Die Erhebung weist nur geringfügige Unterschiede hinsichtlich der Art der Hochschulzugangsberechtigung im Sommersemester 2009 nach (vgl. Tabelle 5): 81% der Studierenden mit und 86% der Studierenden ohne Migrationshintergrund verfügten über eine allgemeine oder fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung. Deutsche Studierende mit mindestens einem ausländischen Elternteil sowie jene mit doppelter Staatsangehörigkeit besaßen sogar noch etwas häufiger diese Art der Hochschulzugangsberechtigung als Studierende ohne Migrationshintergrund (90% bzw. 89% vs. 86%). Auch bzgl. der Fachhochschulreife fanden sich insgesamt kaum Unterschiede zwischen Studierenden mit und ohne Migrationshintergrund. Bei detaillierter Betrachtung ergeben sich gleichwohl Differenzierungen: Eingebürgerte Studierende und Bildungsinländer/innen verfügten häufiger über eine Fachhochschulreife als Studierende ohne Migrationshintergrund (vgl. Tabelle 5). 99 Tabelle 5: Studierende nach Art der Hochschulzugangsberechtigung in Abhängigkeit vom Migrationsstatus im Sommersemester 2009 (in %) Studierende mit Migrationshintergrund Doppelte BildungsStaatsinsgesamt inländerInnen angehörigkeit 2 Hochschulzugangsberechtigung Eingebürgerte Elternteil m. ausl. Staatsangehörigkeit 1 Allg. & fachgebundene HZB 78 90 89 77 81 86 Fachhochschulreife 21 10 9 21 17 13 Andere HZB 1 0 2 2 1 1 1 2 Studierende ohne Migrationshintergrund Deutsche Studierende, bei denen mindestens ein Elternteil eine ausländische Staatsangehörigkeit hat Neben der deutschen Staatsbürgerschaft noch eine weitere Staatsbürgerschaft Allg. = Allgemeine; HZB = Hochschulzugangsberechtigung Quelle: DSW/HIS 19. Sozialerhebung; eigene Darstellung a) Bundesländer Zwischen den Bundesländern gab es im Jahr 2009 teilweise erhebliche Unterschiede in der →Studienberechtigtenquote für ausländische Schulabgänger/innen (vgl. Abbildung 50). Besonders ins Auge fallen die Werte für das Bundesland Sachsen: Die Studienberechtigtenquote für Ausländer/innen überstieg mit fast 50% deutlich die der anderen Länder und lag sogar über der sächsischen Landesquote für deutsche Schulabgänger/innen (36%). Dieser hohe Wert ist darauf zurückzuführen, dass in Sachsen seit 2008 auch Absolventinnen/Absolventen mit Migrationshintergrund62 als ausländische Absolventinnen/Absolventen erfasst werden, wodurch sich deren Anzahl nahezu vervierfacht hat (2007: 169, 2008: 403, 2009: 600). Bei einer Betrachtung, die nicht allein auf dem „Ausländerkonzept“ beruht, sondern den Migrationshintergrund einbezieht, stellt sich die Bildungssituation für die Bevölkerung mit ausländischen Wurzeln demnach weitaus positiver dar. Über dem bundesdeutschen Durchschnitt lagen zudem die Quoten für Hamburg, Hessen, das Saarland, Nordrhein-Westfalen und MecklenburgVorpommern. Die Schlusslichter stellten Niedersachsen und Bayern bei den westdeutschen sowie Sachsen-Anhalt und Thüringen bei den ostdeutschen Bundesländern dar. 62 Als Schüler mit Migrationshintergrund fasst die sächsische Schulstatistik jene, die zwei- oder mehrsprachig aufwachsen und die selbst oder deren Eltern (bzw. ein Elternteil) oder Großeltern nach Deutschland zugewandert sind, ungeachtet ihrer gegenwärtigen Staatsangehörigkeit und ungeachtet des Aufenthaltsstatus (eine zeitliche Begrenzung gibt es nicht) (vgl. Statistisches Landesamt des Freistaats Sachsen 2011, S. 3). 100 Abbildung 50: Studienberechtigtenquote 2009 für ausländische Schulabgänger/innen nach Bundesländern (in %) Sachsen 48,5 Hamburg 33,8 Hessen 27,5 Saarland 26,0 Nordrhein-Westfalen 25,4 MecklenburgVorpommern 21,6 Länder insgesamt 20,8 Rheinland-Pfalz 20,2 Brandenburg 19,4 Bremen 18,9 Baden-Württemberg 18,6 Schleswig-Holstein 17,8 Berlin 17,7 Bayern 12,8 Niedersachsen 12,1 Thüringen Sachsen-Anhalt 9,4 6,0 Saarland doppelter Entlassungsjahrgang 2009; Mecklenburg-Vorpommern doppelter Entlassungsjahrgang 2008 Quelle: Statistisches Bundesamt, Schulstatistik 2009; eigene Darstellung 3.3.1.2 Studierneigung und Ausbildungswege Studienberechtigter Nach dem Studienberechtigtenpanel 2008 der Hochschul-Information-System GmbH (HIS) (vgl. Heine/Quast 2009)63 ist generell eine leichte Abnahme der Studierneigung festzustellen (vgl. Tabelle A-3.1). Jugendliche mit Migrationshintergrund zeigten im Jahr 2008 ein halbes Jahr vor Schulabgang ein etwas höheres Interesse an einem Studium als Jugendliche ohne Migrationshintergrund: Gut die Hälfte hatte weitgehend feste Studienpläne und ein knappes Viertel noch unsichere Studienabsichten, so dass sich die Studierneigung zwischen 53% und 75% bewegte. Auch ein halbes Jahr nach Schulabgang ergaben sich nur geringe Differenzen zwischen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund hinsichtlich der Entschlossenheit, ein Studium aufzunehmen (vgl. Tabelle A-3.2). Die →Brutto-Studierquote lag bei jenen mit Migrationshintergrund mit 73% geringfügig höher als bei jungen Menschen ohne Migrationshintergrund (71%). 47% der Studienberechtigten mit Migrationshintergrund 63 Die Repräsentativität der Befunde hinsichtlich des Merkmals Migrationshintergrund ist in der Studie nicht gewährleistet. 101 gaben an, sich bereits immatrikuliert zu haben, bei jenen ohne Migrationshintergrund waren es 43%,64 und weitere 26% planten sicher, ein Studium aufzunehmen (28% ohne Migrationshintergrund). Für die Gruppe türkischer Jugendlicher mit Hochschulzugangsberechtigung bestätigen Kristen u.a. (2008)65, dass diese häufiger ein Studium ergreifen als deutsche Studienberechtigte, obgleich sie schlechtere Schulnoten aufweisen und auch hinsichtlich der sozialen Herkunft als benachteiligt gelten können. Ob die Studierneigung von Studienberechtigten mit Migrationshintergrund wesentlich vom Merkmal Migrationshintergrund abhängt oder ob hierauf weitere Variablen Einfluss nehmen, wird durch eine Auswertung des Studienberechtigtenpanels mittels logistischer Regressionsmodelle (vgl. Heine u.a. 2010, S. 50ff.) erhellt. Dabei diente die Entscheidung für (bereits immatrikuliert oder feste Studienabsicht) oder gegen (keine Studienaufnahme geplant oder „sehr unsicher“) die Aufnahme eines Hochschulstudiums ein halbes Jahr nach Schulabschluss als dichotome Kriteriumsvariable. Als unabhängige Variablen wurden in sukzessiv aufgebauten Modellen soziodemographische und bildungsbiographische Merkmale sowie Studien- und Ausbildungswahlmotive, erwartete Studienkosten, Bücher im Elternhaus, Einschätzungen der Berufsaussichten und Probleme bei der Wahl des nachschulischen Werdegangs einbezogen. Die Ergebnisse zeigten, dass Studienberechtigte aus akademischen Elternhäusern unabhängig vom Migrationshintergrund ihre Entscheidung für ein Studium eher umsetzten als Befragte, deren Eltern keinen Hochschulabschluss hatten. Männer nahmen häufiger ein Studium auf als Frauen. Einen signifikanten Effekt hatte die Variable Migrationshintergrund, wenn zusätzlich die besuchte Schulart und die Schulabschlussnote kontrolliert wurden: Jugendliche mit Migrationshintergrund hatten bei gleicher bildungsbiographischer Ausgangslage eine 1,4fach höhere Chance als Studienberechtigte ohne Migrationshintergrund, ein Studium aufzunehmen. Dieser Effekt änderte sich unter Zunahme weiterer Kontrollvariablen nicht nennenswert, da sich die Studien- und Ausbildungsmotive, die erwarteten Studienkosten und Bildungserträge zwischen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund nicht systematisch unterscheiden. Wechselwirkungen zwischen der Variable Migrationshintergrund und den übrigen unabhängigen Variablen wurden in diesen Berechnungen nicht berücksichtigt. Empirische Erhebungen, die unterschiedliche Wege Studienberechtigter in ihre nächste Zukunft einbeziehen – Studium, schulische Ausbildung, betriebliche Ausbildung –, kommen weitgehend übereinstimmend zum Ergebnis, dass es keine signifikanten bzw. nur geringe Unterschiede nach Migrationshintergrund gibt (vgl. Die Beauftragte der Bundesregierung für Mi- 64 Letztere leisteten allerdings zum Befragungszeitpunkt etwas häufiger Wehr- bzw. Zivildienst (15% ohne Migrationshintergrund vs. 12% mit Migrationshintergrund), wodurch das Ergebnis relativiert wird. 65 Die Studie analysiert frühere HIS-Datensätze und fokussiert auf Jugendliche mit türkischer Staatsangehörigkeit. 102 gration, Flüchtlinge und Integration 2009, S. 152f. bzw. Heine/Quast 2009, S. 59f; Auswertung des AID:A – DJI-Surveys 2009). Nach Daten des DJI-Surveys AID:A für 18- bis 25-jährige Personen mit (Fach-)Hochschulreife, die sich derzeit in einer beruflichen Ausbildung befinden (N= 1.379; mit Migrationshintergrund: 16,4%), münden unter den Studienberechtigten Jugendliche ohne Migrationshintergrund etwas häufiger in eine schulische oder betriebliche Berufsausbildung ein als Jugendliche mit Migrationshintergrund, d.h. Letztere nehmen häufiger ein Studium auf. Dies gilt für die jungen Männer mit und ohne Migrationshintergrund eher als für die jungen Frauen (vgl. Abbildung 51). Gesamt Ohne MH Mit MH Abbildung 51: Ausbildungsgänge von 18- bis 25-jährigen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund nach Geschlecht, 2009 (in %) Männer 81 Frauen 74 Gesamt 77 Männer 74 Frauen 71 Gesamt 72 Männer 75 Frauen 71 Gesamt 73 0% 32 14 4 7 16 5 3 15 4 3 19 4 9 17 4 3 18 6 17 Studium 20% Lehre 30% 40% 50% 60% 70% Schulische Beruf sausbildung 4 8 17 10% 4 6 18 80% 90% 4 100% Sonstiges MH = Migrationshintergrund Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009; eigene Auswertungen und Darstellung Vor allem junge Erwachsene der ersten Generation von Migrantinnen/Migranten absolvieren häufiger ein Studium (80%; 2. Generation: 75%) und seltener eine Lehre (13%; 2. Generation: 17%) als junge Frauen und Männer ohne Migrationshintergrund (vgl. Abbildung 52).66 66 Eine Differenzierung nach Geschlecht und Generationenkonzept ist aufgrund geringer Fallzahlen nicht möglich. 103 Abbildung 52: Ausbildungsgänge von 18- bis 25-jährigen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund nach Migrantengeneration, 2009 (in %) 1. Generation 79,5 2. Generation 75,4 Ohne MH 72,3 0% 10% Studium 12,5 16,7 17,7 20% Lehre 30% 40% 50% 60% 70% Schulische Berufsausbildung 80% 6 2 4 4 6 4 90% 100% Sonstiges MH = Migrationshintergrund Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009; eigene Auswertungen und Darstellung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich für die selektierte Gruppe der Jugendlichen, die über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügen, nur geringfügige Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund bzgl. der angestrebten und verwirklichten Ausbildungswege ergeben. Die gefundenen Differenzen deuten dabei auf eine höhere Studierneigung und Studierbereitschaft von Jugendlichen mit Migrationshintergrund hin. Für diesen positiven „ethnischen Effekt“, der sich in einigen Studien stärker auswirkt als die soziale Herkunft, können verschiedene Erklärungen angeführt werden (vgl. Kristen u.a. 2008): Mangelndes Wissen über das deutsche Ausbildungssystem und speziell über die gesellschaftlich anerkannte duale Ausbildung, antizipierter Studienerfolg aufgrund der Erfahrungen der Schullaufbahn, hohe Bildungsaspirationen, Bildungserfolg als Möglichkeit zum sozialen Aufstieg oder Furcht vor Diskriminierung bei Ausbildungsplatzsuche in der freien Wirtschaft. 3.3.2 Studium Im folgenden Abschnitt wird die Situation von jungen Frauen und Männern mit Migrationshintergrund dargestellt, die an einer deutschen Hochschule immatrikuliert sind. Dies geschieht zunächst deskriptiv; anschließend werden Ergebnisse zu Studiengestaltung und -verlauf vorgestellt. 104 3.3.2.1 Studierendenzahlen Im Wintersemester 2009/2010 waren laut Hochschulstatistik insgesamt 244.775 Studierende nicht-deutscher Staatsangehörigkeit an deutschen Hochschulen eingeschrieben (davon ca. 50% weiblich) und damit erneut mehr als in den beiden Vorjahren (vgl. Abbildung 53). Sie stellten damit fast 12% aller Studierenden (davon 48% weiblich) (vgl. Abbildung A-3.1). Trotz der gestiegenen absoluten Zahl erhöhte sich der Anteil ausländischer Studierender nicht, denn auch die Zahl deutscher Studierender stieg. Bei den Studierenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit handelte es sich mehrheitlich (74%) um sog. →Bildungsausländer/innen (davon 51% Frauen). Nur 26% waren sog. →Bildungsinländer/innen (davon 47% Frauen), d.h. Personen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben. Sowohl bei den Bildungsausländerinnen und -ausländern als auch bei den Bildungsinländerinnen und -inländern ließ sich im Vergleich zum Jahr 2009 erneut ein Anstieg in den absoluten Zahlen feststellen (vgl. Abbildung 53), der bei den Letzteren jedoch größer ausfällt (+7,8%) als bei Ersteren (+0,6%). Im Folgenden wird das Augenmerk auf die Bildungsinländerinnen/-inländer gerichtet. Ihr Anteil an allen Studierenden lag im Wintersemester 2009/2010, ähnlich wie in den vorhergehenden Jahren, bei 3 % (vgl. Abbildung A-3.1). Abbildung 53: Anzahl Studierender mit ausländischer Staatsangehörigkeit, Wintersemester 2000–2010 (abs.) 300000 250000 200000 150000 100000 50000 0 2000 2001 2002 2003 Ausländische Studierende insgesamt 2004 2005 2006 2007 Bildungsausländer/innen 2008 2009 2010 Bildungsinländer/innen insg. Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Hochschulstatistik; eigene Darstellung Zwischen den Jahren 2000 und 2010 nahm der Anteil der Bildungsinländer/innen um 2,2 Prozentpunkte zu, hingegen stieg der Anteil der deutschen Studierenden um 17,4 Prozentpunkte (vgl. Abbildung 54), wobei nach einem 2004 einsetzenden Rückgang ab 2008 wieder ein leichter Anstieg zu erkennen ist. Bei beiden Gruppen fallen die Zuwächse über die Zeit hinweg für die Frauen wesentlich höher aus als für die Männer. Während jedoch bei den deutschen Studierenden sowohl die Anzahl der männlichen als auch der weiblichen Studierenden im Vergleich zum Jahr 2000 gestiegen ist, erhöhten sich die Werte bei den Bildungsinländerinnen und -inländern nur in der Gruppe der jungen Frauen um etwa 18 Prozentpunkte, während bei den jungen Männern eine Abnahme von rund 9 Prozentpunkten zu ver105 zeichnen war. Dadurch stieg der Anteil der weiblichen Studierenden unter den Bildungsinländerinnen und -inländern auf 47%. Abbildung 54: Prozentuale Veränderung der bundesweiten Studierendenzahlen, 2000–2010 30 25 Prozentuale Veränderung 20 15 10 5 0 -5 -10 -15 -20 -25 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Bildungsinländer insg. Bildungsinländer m Bildungsinländerinnen w Deutsche insg. Deutsche m Deutsche w w = weiblich, m = männlich Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Hochschulstatistik; eigene Berechnungen und Darstellung Erweitert man die Bezugsgruppe und richtet den Blick nicht allein auf die Bildungsinländer/innen, sondern auf Studierende mit Migrationshintergrund insgesamt, so ergeben sich deutlich höhere Anteile an allen Studierenden als die in der amtlichen Statistik festgestellten 3%. Nach der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes betrug im Sommersemester 2009 der Anteil von Studierenden, die selbst und/oder bei denen mindestens ein Elternteil eine ausländische Staatsangehörigkeit hatte(n), 11% (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010c).67 Dabei machten die Bildungsinländer/innen in dieser Erhebung lediglich einen Anteil von 27% aller Studierenden mit Migrationshintergrund aus. Werden auch Studierende berücksichtigt, deren Eltern zwar die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, aber im Ausland geboren wurden, und stellt man die Gruppe der 67 Die Basis bildeten die so genannten Bildungsinländer/innen, also die Studierenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die im deutschen Bildungssystem die Hochschulreife erworben haben. Hinzu kamen die deutschen Studierenden, die aufgrund der vorliegenden Angaben zur Staatsangehörigkeit und eines etwaigen Wechsels der Staatsangehörigkeit als solche mit Migrationshintergrund zu identifizieren waren. Ergänzend wurde nach der Staatsangehörigkeit der Eltern gefragt, damit auch diejenigen deutschen Studierenden erkannt werden können, deren Migrationshintergrund sich von der Herkunft der Eltern ableitet. 106 20- bis unter 30-Jährigen in den Mittelpunkt, so erhöht sich der Anteil von Studierenden mit Migrationshintergrund an allen Studierenden auf rund 17% (Sonderauswertung des →Mikrozensus 2008; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 124). Trotz der unterschiedlichen Werte zeigt sich in allen Datenquellen eine übereinstimmende Tendenz: Junge Erwachsene mit Migrationshintergrund sind – gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil von 23% in der Altersgruppe der 20- bis unter 30-Jährigen – an deutschen Hochschulen unterrepräsentiert (vgl. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2010; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, Tabelle F2-5A). 3.3.2.2 Hochschulart und Fächerwahl Universitäten sind der Hochschulstatistik entsprechend die häufigsten Studienorte sowohl von Bildungsinländerinnen/Bildungsinländern (59%) als auch von deutschen Studierenden (66%), lediglich 38% bzw. 32% – darunter mehr Männer als Frauen – studierten im Wintersemester 2009/2010 an Fachhochschulen. Die Bildungsinländer/innen studierten zudem häufiger an Kunsthochschulen (4% gegenüber 1%) (vgl. Abbildung A-3.2). Die Zahl der immatrikulierten Bildungsinländer/innen ist im Wintersemester 2008/2009 im Vergleich zum Vorjahr sowohl an Universitäten als auch an Fachhochschulen, die den größten Zulauf zu verzeichnen hatten (Männer +7,5%, Frauen +13%), gestiegen (vgl. Abbildung A-3.3). Die Fächerwahl differiert zwischen Bildungsinländern/Bildungsinländerinnen und deutschen Studierenden kaum, während sich z.T. deutliche Unterschiede in der Verteilung der Geschlechter auf die jeweiligen Fächer ergeben (vgl. Abbildung A-3.4). So wurden Studiengänge der Fächergruppe Sprach- und Kulturwissenschaften häufiger von Frauen als von Männern gewählt, Ingenieurwissenschaften demgegenüber wesentlich häufiger von Männern – jeweils unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Ein unter geschlechts- und migrationsbezogenen Gesichtspunkten auffälliges Ergebnis lässt sich bei der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften feststellen: Bildungsinländerinnen wählten diese Fächergruppe mit 38% proportional häufiger als deutsche Studentinnen (33%) und auch als ihre männlichen Kommilitonen (Bildungsinländer 32%, deutsche Studenten 31%). Die Ergebnisse des Deutschen Studentenwerks (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010c)68 weisen zwar ähnliche Tendenzen auf, ermöglichen jedoch eine zusätzliche Differenzierung nach Migrationsstatus. Sie weisen die Bildungsinländer/innen und Eingebürgerten als Gruppen aus, die am häufigsten und deutlich häufiger als die Studierenden ohne Migrationshintergrund Rechts- und Wirtschaftswissenschaften belegen. Studierende ohne Migrationshintergrund, Studierende mit doppelter Staatsange- 68 In der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks werden die Fächergruppen nicht identisch zur amtlichen Statistik gebildet. So fehlen z.B. bei den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften die Fächergruppen Sozialwissenschaften und Sozialwesen. 107 hörigkeit und Studierende mit mindestens einem Elternteil mit ausländischer Staatsangehörigkeit unterscheiden sich nicht wesentlich in ihrer anteiligen Belegung einzelner Studienfächer. 3.3.2.3 Demographische Merkmale der Studierenden a) Migrationsstatus Der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) entsprechend bildeten mit mehr als einem Drittel die Eingebürgerten die größte Gruppe der insgesamt 11% Studierenden mit Migrationshintergrund, gefolgt von einem guten Viertel der Bildungsinländer/innen sowie der deutschen Studierenden mit mindestens einem Elternteil mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Nur relativ wenige Studierende wiesen neben der deutschen noch eine weitere Staatsbürgerschaft auf (vgl. Abbildung 55). Abbildung 55: Studierende im Erststudium nach Migrationsstatus, 2009 (in %) 27 36 9 27 Eingebürgerte Elternteil mit ausl. Staatsangehörigkeit Doppelte Staatsangehörigkeit Bildungsinländer/innen Quelle: DSW/HIS 19. Sozialerhebung; eigene Darstellung Der Frauenanteil lag bei den Bildungsinländerinnen/Bildungsinländern mit 44% in dieser Stichprobe unter dem Durchschnitt von 48%. In der Gruppe der deutschen Studierenden mit mindestens einem ausländischen Elternteil lag er hingegen über dem Durchschnitt (52%) (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010c). Die Sonderauswertung des Mikrozensus 2008 (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 124) ergab, dass fast 17% aller Studierenden im Alter zwischen 20 und 30 Jahren einen Migrationshintergrund besitzen – deutlich weniger als es ihrem Bevölkerungsanteil von 23% entspräche. Nimmt man den unterschiedlichen Anteil von Studierenden an der jeweiligen Bevölkerungsgruppe in den Blick, so zeigt sich folgende Verteilung: Von den 20- bis unter 30-Jährigen ohne Migrationshintergrund studierten 18,5%, von den jungen Leuten mit Migrationshintergrund waren es 12%. Die studierenden Eingebürgerten erreichten einen Anteil von rund 17%, die studierenden (Spät-)Aussiedler/innen von 15% an ihrer Bevölkerungsgruppe. Von den in Deutschland Geborenen mit Migrationshintergrund studierten 13%. Ein deutlich geringerer Studierendenanteil war mit 7% bei der 108 zugewanderten Bevölkerung dieser Altersgruppe mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit zu verzeichnen. b) Soziale Herkunft Studierende mit Migrationshintergrund gehören mit 34% mehr als doppelt so oft einer niedrigen sozialen Herkunftsgruppe69 an als jene ohne Migrationshintergrund (13%) (vgl. Abbildung 56). Am höchsten sind diese Anteile bei den Eingebürgerten und den Bildungsinländerinnen/Bildungsinländern. Bei den Studierenden mit doppelter Staatsangehörigkeit und den deutschen Studierenden mit mindestens einem ausländischen Elternteil unterscheiden sich die Verteilungen hingegen kaum von denen der Studierenden ohne Migrationshintergrund. Studierende mit doppelter Staatsangehörigkeit gehören sogar häufiger zur Herkunftsgruppe „hoch“ als Studierende ohne Migrationshintergrund. Abbildung 56: Studierende nach Migrationsstatus und sozialer Herkunft, Erststudium (in %) Eingebürgerte 46 Bildungsinländer/innen 44 Elternteil mit ausl. Staatsangehörigkeit 15 25 Doppelte Staatsangehörigkeit 17 22 Mit Migrationshintergrund 34 Ohne Migrationshintergrund 13 0% 21 19 21 18 24 40 22 10% 20% Niedrig 30% 20 24 24 40% 50% Mittel 17 36 21 27 15 60% Gehoben 37 70% 80% 90% 100% Hoch Quelle: DSW/HIS 19. Sozialerhebung; eigene Darstellung Die soziale Zusammensetzung der Studierenden ergibt sich sowohl aus der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung als auch aus den unterschiedlichen →sozialgruppenspezifischen Bildungsbeteiligungsquoten (vgl. Bundes- 69 Die 19. Sozialerhebung des Studentenwerks erfasst die soziale Herkunft der Studierenden anhand von bildungsbezogenen und beruflichen Merkmalen ihrer Eltern. Durch die Kombination von Merkmalen zu den Bildungsabschlüssen und zur beruflichen Stellung beider Elternteile für die Bildung des statistischen Konstrukts „soziale Herkunftsgruppen“ werden unvollständige Angaben ausgeglichen, so dass für mehr als 99% der befragten Studierenden Informationen zur sozialen Herkunft vorliegen (vgl. BMBF 2010c). Kritisch ist anzumerken, dass die Klassifizierung in die Herkunftsgruppen nach der aktuellen beruflichen Tätigkeit der Eltern erfolgte. Gerade bei Migrantinnen/Migranten ist jedoch anzunehmen, dass diese häufig eine berufliche Tätigkeit ausüben, die ihren Bildungsqualifikationen nicht gerecht wird. 109 ministerium für Bildung und Forschung 2010c, S. 100ff.).70 Wenn nun in den Gruppen der Bildungsinländer/innen und Eingebürgerten der Prozentsatz von Studierenden aus der Herkunftsgruppe „niedrig“ vergleichsweise hoch ausfällt, so kann dies zum einen damit erklärt werden, dass auch in den entsprechenden Bevölkerungsgruppen mehr Personen mit niedrigem sozialen Status zu finden sind und sich die Beteiligungsquoten somit nicht von denen anderer Gruppen unterscheiden. Jedoch könnten auch die Beteiligungsquoten differieren – und dafür sprechen die oben dargestellten Befunde zur erhöhten Studierneigung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund (vgl. Abschnitt 3.3.1.2) – und bei den Bildungsinländerinnen/Bildungsinländern sowie Eingebürgerten mehr Personen aus unteren sozialen Schichten als üblich den Hochschulzugang meistern. Dies wiederum ließe den Schluss zu, dass „Jugendliche mit Migrationshintergrund aus ärmeren, bildungsfernen Verhältnissen (...) besonders ehrgeizig und bildungsorientiert“ sind (vgl. Pressemitteilung Deutsches Studentenwerk vom 03.11.2010) bzw. durch ein Studium ihren sozioökonomischen Status zu verbessern suchen. Demgegenüber befinden sich deutsche Studierende mit mindestens einem Elternteil ausländischer Staatsangehörigkeit sowie jene mit doppelter Staatsangehörigkeit überwiegend in sozioökonomisch günstigen Verhältnissen und suchen diesen Statusvorteil durch ein Studium abzusichern. Somit ergeben sich hinsichtlich der sozialen Lage bedeutsame Unterschiede sowohl zwischen Studierenden mit und ohne Migrationshintergrund als auch zwischen den Studierenden verschiedener Migrationsgruppen. Dies offenbart die Notwendigkeit einer differenzierten Darstellung der verschiedenen Gruppen von Studierenden mit Migrationshintergrund. Die soziale Herkunft wiederum steht in Zusammenhang mit Bildungsbeteiligung und -erfolg sowie zahlreichen Rahmenbedingungen des Studiums (Finanzierung etc.; vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010c, S. 118ff.). Finden sich also diesbezüglich Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund bzw. zwischen den verschiedenen Gruppen von Studierenden mit Migrationshintergrund, so können diese immer auch auf den sozialen Hintergrund zurückgeführt werden. Dies ist bei den im Folgenden vorgestellten Befunden stets zu berücksichtigen. 3.3.2.4 Bundesländer Die höchsten Anteile von Bildungsinländerinnen und -inländern an allen Studierenden gab es im Wintersemester 2008/2009 in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen sowie in den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin. Mindestens einen Prozentpunkt unter dem Bundesdurchschnitt lagen hingegen die ostdeutschen Bundesländer sowie Schleswig-Holstein (vgl. Abbildung 57). 70 So nahmen z.B. im Jahr 2007 nur 17% der Arbeiterkinder (entspricht Herkunftsgruppe „niedrig“) ein Hochschulstudium auf, während die relativ kleine Gruppe der Beamtenkinder eine →Übergangsquote von 67% aufwies und daher, gemessen an ihrem Anteil in der altersspezifischen Bevölkerung, an den Hochschulen überrepräsentiert war. 110 Abbildung 57: Anteil der Bildungsinländer/innen an allen Studierenden nach Bundesländern, Wintersemester 2008/2009 (in %) Hessen 4,74 Nordrhein-Westfalen 3,79 Hamburg 3,62 Bremen 3,42 Berlin 3,28 Baden-Württemberg 2,95 Länder Insgesamt 2,91 Rheinland-Pfalz 2,67 Bayern 2,54 Saarland 2,52 Niedersachsen 2,05 Brandenburg 1,87 Schleswig-Holstein 1,84 Sachsen-Anhalt Sachsen Thüringen Mecklenburg-Vorpommern 0,90 0,84 0,77 0,67 Quelle: Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010); eigene Darstellung 3.3.2.5 Herkunftsländer Laut amtlicher Statistik stellten die Studierenden mit türkischer Staatsangehörigkeit (28%) die mit Abstand größte Gruppe der Bildungsinländer/innen, gefolgt von Studierenden mit kroatischer (6%), italienischer (6%) und griechischer (5%) Staatsangehörigkeit (vgl. Abbildung A.3-5). In der Stichprobe der 19. Sozialerhebung (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010c) wurden die Herkunftsländer der Studierenden mit unterschiedlichem Migrationsstatus erfasst (vgl. Tabelle 6). Dabei zeigen sich deutliche Differenzen in der Zusammensetzung der einzelnen Gruppen: Zur Gruppe der Eingebürgerten gehörten vor allem ehemalige Staatsangehörige der Russischen Föderation, sowie Studierende aus Polen, der Türkei und Kasachstan. Bei den Bildungsinländerinnen und -inländern waren die klassischen Anwerbestaaten stark vertreten. Deutsche Studierende, denen aufgrund der Staatsangehörigkeit der Eltern ein Migrationshintergrund zugeschrieben wurde, hatten zumeist ein Elternteil mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit (97%). Dabei handelte es sich überwiegend um den Vater (58%); innerhalb von mehr als 60 Herkunftsnationen machten bei ihnen die Italiener und Österreicher die größten Gruppen aus. Die ausländischen Mütter stammten aus über 40 verschiedenen Staaten, wobei die Niederländerinnen, Österreicherinnen und Polinnen die größten Gruppen darstellten. Die Studierenden mit doppelter Staatsangehörigkeit wiesen neben der deutschen am häufigsten eine US-amerikanische, russische oder polnische Staatsangehörigkeit auf. 111 Tabelle 6: Die am stärksten vertretenen Herkunftsländer der Studierenden nach Migrationsstatus (in %) Eingebürgerte 22 19 18 8 Russische Föderation Polen Türkei Kasachstan Elternteil mit ausl. Staatsangehörigkeit Bildungsinländer/innen 25 14 7 7 6 5 Türkei Ehemaliges Jugoslawien Italien Russische Föderation Polen Ukraine 8 8 4 4 Vater Mutter Italien 4 Niederlande Österreich 4 Österreich Niederlande 4 Polen USA Doppelte Staatsangehörigkeit 14 12 12 10 7 7 6 USA Russische Föderation Polen Italien Frankreich Österreich Schweiz Quelle: DSW/HIS 19. Sozialerhebung; eigene Darstellung 3.3.2.6 Studienverlauf und Studienabbruch a) Studiengang- und Hochschulwechsel Studierende mit und ohne Migrationshintergrund unterscheiden sich kaum, wenn es um einen Studiengang- oder Hochschulwechsel, um Studienunterbrechungen sowie studienbezogene Auslandsaufenthalte geht (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010d, S. 509f.). Allerdings differieren die Gründe, die für eine zeitweilige Studienunterbrechung angegeben werden: Studierende mit Migrationshintergrund nennen hierfür deutlich häufiger finanzielle Probleme als jene ohne Migrationshintergrund (31% vs. 17%). b) Studienabbruch Die →Studienabbruchquote für Bildungsinländer/innen, die überwiegend zwischen 2002 und 2004 mit dem Studium begannen (Bezugsgruppe: Absolventen 2008) liegt mit über 40% relativ hoch, wobei die Unterschiede zwischen Männern und Frauen gering sind (vgl. Abbildung 58).71 Trotz eines Rückgangs der Studienabbruchquote bleibt sie auch im Jahr 2008 auf einem sehr hohen Niveau: 4 von 10 verlassen die Hochschule ohne einen ersten Studienabschluss. Die Situation der deutschen Studierenden ist günstiger: 2008 verließ ein Viertel die Hochschule ohne ersten Studienabschluss. 71 Ein exakter Vergleich ist nicht möglich, da Studierende nicht berücksichtigt werden können, die während ihrer Studienzeit eingebürgert wurden. Es wird jährlich von einem Einbürgerungsanteil von 1% bis 3% der Bildungsinländer/innen ausgegangen. 112 Abbildung 58: Studienabbruchquoten1 der Bildungsinländer/innen und deutschen Studierenden an deutschen Hochschulen nach Geschlecht und Absolventenjahrgängen (in %) 45 Bildungsinländer/innen 46 45 45 45 43 45 45 42 41 41 39 Insgesamt Männer Frauen Deutsche Studierende 25 22 21 24 Insgesamt 27 25 26 23 Männer 2002 2004 18 15 Frauen 2006 2008 Studienabbruchquote Bezugsgruppe Absolventen im Jahr 1 Zur Berechnung des Studienabbruchs wird die Kohorte eines Absolventenjahrgangs mit der Kohorte der korrespondierenden Studienanfängerjahrgänge verglichen. Quelle: HIS Studienabbruchberechnungen 2010 (DAAD 2011, Abb. 81, S. 50) Eine Differenzierung nach Herkunftsländern weist die höchsten Abbruchquoten für die Gruppe der serbischen Studierenden (60%) aus, gefolgt von den chinesischen und ukrainischen (vgl. Tabelle 7). Am seltensten brechen griechische Studierende ab (24%), auch die Abbruchquoten der Italiener/innen und der Studierenden mit Kroatischer Staatsbürgerschaft liegen noch unter einem Drittel. Die Geschlechterunterschiede fallen fast für alle Bildungsinländer/innen zugunsten der Frauen aus. Lediglich kroatische und türkische männliche Studierende erreichen geringfügig häufiger ein Examen als die Frauen derselben Staatsangehörigkeit. Um die 10 Prozentpunkte differieren die Abbruchquoten zwischen weiblichen und männlichen Studienabbrecherinnen und -abbrechern mit den Herkunftsländern China, Bosnien, Herzegowina, Polen und Serbien. Möglicherweise schlagen sich in den Geschlechterdifferenzen auch die unterschiedlichen Studienfachwahlen von jungen Frauen und Männer nieder, in denen die Abbruchquoten ebenfalls unterschiedlich sind (vgl. Deutscher Akademischer Austausch Dienst 2011, S. 53). 113 Tabelle 7: Studienabbruchquote1 der Bildungsinländer/innen an deutschen Hochschulen nach Geschlecht und den wichtigsten Herkunftsländern, Bezugsgruppe Absolventen 2008 (in %) Herkunftsland Insgesamt Männer Frauen Serbien 60 63 54 Ukraine 48 49 48 China 49 55 43 Türkei 44 44 45 Bosnien-Herzegowina 42 46 36 Russland 42 42 42 Polen 35 41 30 Kroatien 30 34 25 Italien 27 26 29 Griechenland 24 26 21 1 Zur Berechnung des Studienabbruchs wird die Kohorte eines Absolventenjahrgangs mit der Kohorte der korrespondierenden Studienanfängerjahrgänge verglichen. Quelle: HIS Studienabbruchberechnungen 2010 (DAAD 2011, Abb. 83, S. 52) Die Ergebnisse zu den Studienabbruchquoten werfen die Frage auf, wieso Bildungsinländer/innen öfter scheitern. Da sie wie diese eine deutsche Hochschulzugangsberechtigung erworben haben, müssten sie ebenso wie „ihre deutschen Kommilitonen für ein Studium prädestiniert sein“ (ebd., S. 52). Da die Studienabbruchquoten sich aus einer Gegenüberstellung von bestimmten Anfänger- und Absolventenjahrgängen ergeben, nicht aber aus der Verfolgung der Studienverläufe, sind die Aussagen über die Abbruchquoten bei Studierenden mit Migrationshintergrund nur bedingt verlässlich. Eine Gegenüberstellung von Resultaten des DJI-Surveys AID:A ermöglicht eine individuelle Berechnung von Abbruchquoten.72 Nach ihnen ergeben sich keine relevanten Unterschiede hinsichtlich des Anteils der →Studienabbrecher/innen zwischen jungen Erwachsenen mit (8%) und ohne Migrationshintergrund (9%). Die extreme Divergenz der bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse verdeutlicht den dringenden Bedarf an verlässlichen Daten zum Thema Studienabbruch. Mit jedem Abbruch ist eine persönliche Enttäuschung sowie ein volkswirtschaftlicher „Verlust an bereits investierten Mitteln und an dringend benötigten Qualifikationen und Ressourcen in der Wissensgesellschaft“ (Meinhardt 2010, S. 24) verbunden. Für den Studienabbruch gibt es vielfältige Ursachen (vgl. Tinto 1993; Heublein u.a. 2010b), die auf einen Zusam- 72 Anhand der offenen Angaben der Studienberechtigten im Alter von 18 bis 25 Jahren zur Erstausbildung lässt sich erschließen, ob es sich dabei um ein Studium oder eine berufliche Ausbildung handelt. Des Weiteren wurde nach dem aktuellen Status der Erstausbildung gefragt. Somit lässt sich der Anteil der jungen Frauen und Männer bestimmen, die ein Studium als Erstausbildung begonnen und bereits abgebrochen haben (Gesamtstichprobe N = 999; Migrationshintergrund: 16,7%). 114 menhang mit individuellen und institutionellen Gegebenheiten verweisen (vgl. Leichsenring u.a. 2010). Zu den Faktoren, die das Risiko eines Studienabbruchs speziell bei Personen mit Migrationshintergrund erhöhen, gibt es bisher jedoch kaum wissenschaftliche Untersuchungen (vgl. Meinhardt/ Zittlau 2009). Führt man sich aber vor Augen, dass die drei Hauptmotive des Studienabbruchs bei deutschen Studierenden Leistungsprobleme (20%), Probleme mit der Finanzierung (19%) und mangelnde Studienmotivation (18%) sind (vgl. Heublein u.a. 2010b, S. IV) und dass Studierende mit Migrationshintergrund häufiger von finanziellen Schwierigkeiten betroffen sind (vgl. Abschnitt 3.3.2.7), dann darf angenommen werden, dass bei Letzteren finanzielle Gründe beim Verlassen der Hochschule eine wichtige Rolle spielen. Auch die Tatsache, dass Studierende mit Migrationshintergrund häufiger einer Erwerbstätigkeit nachgehen (müssen), wirkt sich wohl nachteilig auf die Studienleistungen aus und erhöht das Risiko eines Studienabbruchs, speziell in den neuen Studiengängen, die sich durch hohe und verdichtete Studienanforderungen auszeichnen (vgl. ebd., S. 143). Überdurchschnittlich hoch fallen die Abbruchquoten z.T. in den Naturund Ingenieurwissenschaften sowie in den Wirtschafts-, Sprach- und Kulturwissenschaften aus (vgl. ebd., S. IV). Wie in Abschnitt 3.3.2.2 dargestellt, fällt auch der Anteil der Studierenden mit Migrationshintergrund speziell in den Ingenieurwissenschaften sowie Rechts- Wirtschafts- und Sozialwissenschaften etwas höher aus als der entsprechende Anteil der deutschen Studierenden. 3.3.2.7 Finanzierung des Studiums Zwar verfügen Studierende mit Migrationshintergrund monatlich über etwas höhere Einnahmen als Studierende ohne Migrationshintergrund (832 vs. 810 Euro), jedoch unterscheiden sich die Einnahmequellen teilweise erheblich. So werden weniger Studierende mit als ohne Migrationshintergrund von ihren Eltern unterstützt, der Betrag der elterlichen Unterstützung fällt erheblich geringer aus (387 vs. 450 €) (vgl. Tabelle 8) und damit auch der Eltern-Zuschuss zu den monatlichen Einnahmen (vgl. Abbildung 59). Von den Studierenden mit Migrationshintergrund nimmt deswegen ein größerer Anteil eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (→BAföG) in Anspruch oder trägt mit dem eigenen Verdienst zum Lebensunterhalt bei. Doch auch hier gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen den Gruppen der Studierenden mit Migrationshintergrund: So werden deutlich mehr Studierende mit doppelter Staatsangehörigkeit und deutsche Studierende mit mindestens einem ausländischen Elternteil von ihren Eltern finanziell unterstützt als dies bei eingebürgerten Studierenden oder bei Bildungsinländerinnen und -inländern der Fall ist (vgl. ). Studierende mit doppelter Staatsbürgerschaft erhalten durchschnittlich über die Hälfte ihrer monatlichen Einnahmen von ihren Eltern, während dieser Anteil bei eingebürgerten Studierenden nur halb so groß ist (vgl. Abbildung 59). Bei Letzteren liegt hingegen die BAföG-Quote deutlich höher 115 als bei den übrigen Migrantengruppen und die Förderung macht hier auch einen höheren Anteil an den monatlichen Einnahmen aus.73 Der eigene Verdienst stellt bei den Bildungsinländerinnen/Bildungsinländern mit einem Anteil von 35% am monatlichen Einkommen eine wichtigere Einnahmequelle dar als bei den übrigen Gruppen. Die geringste Rolle spielt der eigene Verdienst bei den Studierenden, die neben der deutschen noch eine weitere Staatsbürgerschaft hatten (doppelte Staatsbürgerschaft). Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Finanzierungsquellen kaum von den Studierenden ohne Migrationshintergrund (vgl. Abbildung 59). Insgesamt gingen im Sommersemester 2009 gut zwei Drittel der Studierenden mit als auch ohne Migrationshintergrund neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nach (vgl. Tabelle 8). Abbildung 59: Studierende nach Migrationshintergrund – Zusammensetzung der monatlichen Einnahmen nach Finanzierungsquellen, 2009 (Anteil je Finanzierungsquelle in %) Eingebürgerte 832€ 27 29 Bildungsinländer/innen 822€ 31 21 Elternteil mit ausl. Staatsangehörigkeit 829€ 41 Doppelte Staatsangehörigkeit 862€ 53 Mit Migrationshintergrund 832€ 35 Ohne Migrationshintergrund 810€ 49 0% Eltern 32 12 35 21 13 29 13 27 23 31 14 10% 20% BAföG 30% 40% 50% Verdienst 25 60% 10 70% 80% 7 11 12 90% 100% Übrige Quelle: DSW/HIS 19. Sozialerhebung; eigene Darstellung; Bezugsgruppe Normalstudent (Studierende, die nicht mehr im Elternhaus wohnen, ledig sind und sich im Erststudium befinden) 73 Laut Statistischem Bundesamt (2009a) erhielten 2009 31.623 Studierende ausländischer Herkunft BAföG – 13% mehr als im Vorjahr. 116 Tabelle 8: Studierende nach Migrationshintergrund und Inanspruchnahme der hauptsächlichen Finanzierungsquellen 2009 Mit Migrationshintergrund Ohne Migrationshintergrund Eingebürgerte Elternteil m. ausl. Staatsang. Stud. in % Betrag in € 71 316 82 414 85 533 71 363 76 387 88 450 Stud. in % Betrag in € 49 498 34 506 25 467 33 520 37 503 28 420 Stud. in % Betrag in € 71 377 69 343 68 344 67 421 69 375 65 317 Stud. in % Betrag in € 32 304 42 196 28 210 37 291 36 254 47 199 Finanzierungsquelle Doppelte BildungsInsgesamt Staatsang. inländer/innen Eltern BAföG Verdienst Übrige Quelle: DSW/HIS 19. Sozialerhebung Von den durch das Statistische Bundesamt erfassten ausländischen BAföGGeförderten74 stammt über die Hälfte aus dem europäischen Ausland außerhalb der EU; ein Fünftel aus EU-Staaten (vgl. Tabelle A-3.3). Die mit Abstand größte Gruppe weist die türkische Staatsangehörigkeit auf, gefolgt von Studierenden der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) und Studierenden mit ukrainischer Staatsangehörigkeit (vgl. Abbildung 60). Abbildung 60: Ausländische BAföG-Geförderte nach den 10 am stärksten vertretenen Herkunftsregionen, 2009 (abs.) Türkei 9 875 GUS Ukraine 2 047 1 707 Italien 1 381 Polen 1 274 Heimatlose Ausländer 1 042 Griechenland 866 Vietnam 826 Asylberechtigte Ausländer 823 Bosnien-Herzegowina 795 Quelle: Statistisches Bundesamt 2009a; eigene Berechnungen und Darstellung 74 Durch das Statistische Bundesamt werden Deutsche und Ausländer/innen erfasst, die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz einen Anspruch auf Förderung haben. Für ausländische Staatsangehörige ist dieser Anspruch an aufenthaltsrechtliche gesetzliche Vorgaben gebunden. Diese Gruppe unterscheidet sich von der Gruppe der Bildungsinländer/innen, für deren Definition maßgeblich ist, dass sie die Hochschulberechtigung in Deutschland erworben hat, und von der Gruppe mit Migrationshintergrund, für die Zuwanderung und die Abstammung von Zuwanderern maßgeblich ist. 117 3.3.3 Studienabschluss 3.3.3.1 Absolventenzahlen Im →Prüfungsjahr 2009 bestanden laut amtlicher Statistik (Prüfungsstatistik) 338.656 Studierende ihre Abschlussprüfungen an einer deutschen Hochschule (Frauenanteil: 51%). Die Zahl der Absolventinnen/Absolventen stieg im letzten Jahrzehnt beständig an, wobei vor allem bei den ausländischen Studierenden eine rapide Zunahme zu beobachten ist. So hat sich die Zahl der Bildungsinländer/innen von einer niedrigen Ausgangsbasis um 63% auf 6.616 erhöht. In derselben Zeitspanne stieg die Zahl der deutschen Absolventinnen/Absolventen um 51% auf 304.945. Bei den Bildungsinländerinnen war damit im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um knapp 11%, bei den Bildungsinländern um 5% zu verzeichnen. Dadurch wurden die bisherigen Geschlechtsunterschiede nivelliert: In dieser Gruppe gab es nun ebenso viele erfolgreiche Hochschulabgängerinnen wie -abgänger. Angesichts des drohenden Fachkräftemangels zeichnet sich hier also eine positive Entwicklung ab. Trotz des Anstiegs der absoluten Zahlen betrug der Anteil der Bildungsinländer/innen an allen Absolventinnen/Absolventen in Deutschland im Jahr 2009 nur knapp 2% und lag somit etwa einen Prozentpunkt unter dem Anteil, den die Bildungsinländer/innen an den Studierenden insgesamt ausmachten (vgl. Abbildung 61). Dies deutet daraufhin, dass Bildungsinländer/innen überproportional häufig ohne Abschluss aus dem Studium ausscheiden. Der Anteil der Bildungsinländer/innen an allen Absolventinnen/Absolventen in Deutschland hat zudem in den letzten Jahren nicht zugenommen. Abbildung 61: Veränderung der bundesweiten Absolventenzahlen (Index: 2000 = 0) und Anteil der Bildungsinländer/innen an allen Absolventen (in %), 2000–2009 70 Veränderung in % 60 2,13 2,15 2,33 2,22 2,15 1,89 2,05 2,02 1,99 1,95 2006 2007 2008 2009 50 40 30 20 10 0 -10 2000 2001 2002 2003 2004 Anteil Bildungsinländer/innen an allen AbsolventInnen 2005 Deutsche Bildungsinländer/innen insg. Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Prüfungsstatistik; Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010); eigene Berechnungen und Darstellung 118 3.3.3.2 Hochschul- und Studienarten Während bei deutschen Studierenden der Abschluss des Studiums an einer Universität dominierte, legten Bildungsinländer/innen gleichermaßen erfolgreich Prüfungen an Universitäten und anderen Hochschularten ab (vgl. Abbildung 62). Dabei schlossen Frauen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, ihr Studium deutlich häufiger an einer Universität ab als die männliche Vergleichsgruppe. Deutsche Bildungsinländer Abbildung 62: Absolventen/Absolventinnen im Prüfungsjahr 2009 nach Hochschularten und Geschlecht (in %) Männlich 45,5 Weiblich 56,3 Insgesamt 50,9 Männlich 57,2 Weiblich 68,9 Insgesamt 63,2 0% 6,8 47,7 10,2 33,5 8,5 40,6 1,1 41,6 1,5 29,6 1,3 10% 20% 30% 40% Universitäten Fachhochschulen insgesamt 50% 60% 35,5 70% 80% 90% 100% Kunsthochschulen Sonstige Hochschulen Quelle: Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010); eigene Berechnungen und Darstellung Die Differenzierung nach Studienarten zeigt, dass der Anteil der Bildungsinländer-Absolventinnen/-Absolventen, die 2009 ein Erststudium bzw. ein weiterführendes Studium abschlossen, etwas über den entsprechenden Anteilen bei deutschen Studierenden lag. Letztere schlossen hingegen häufiger ein Promotionsstudium ab (vgl. Abbildung A-3.6). Hinsichtlich der Fächergruppen, in denen Bildungsinländer/innen Abschlussprüfungen ablegten, zeigten sich 2009 keine gravierenden Differenzen gegenüber deutschen Absolventinnen und Absolventen (vgl. Abbildung 63). Beide Gruppen legten am häufigsten ihre Prüfungen in der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ab. Dabei fiel der Anteil der deutschen Absolventinnen/Absolventen, die diese Fächergruppen ablegten, an allen deutschen Absolventinnen/Absolventen des Prüfungsjahrs etwas geringer aus als dies bei den Bildungsinländer/innen der Fall war. Bei Ersteren gab es keine Geschlechterunterschiede, während bei den Bildungsinländerinnen und –inländern der Anteil der Frauen über dem der Männer lag. Unabhängig von der Nationalität zeigten sich Geschlechterunterschiede in den Fächergruppen Mathematik/Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften, in denen die männlichen Absolventen häufiger ver119 treten waren, und in Sprach- und Kulturwissenschaften mit einem Überhang an weiblichen Absolventinnen. Darüber hinaus absolvierten Bildungsinländer/innen zu einem größeren Anteil (Frauen: 10,2%, Männer: 28,4%) einen Studiengang der Ingenieurswissenschaften als deutsche Studierende (Frauen: 6,5%, Männer: 23,8%). Die Quoten für Absolventinnen/Absolventen der Fächergruppe Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften fielen für ausländische Studierende nur unwesentlich geringer aus als für deutsche Studierende. Deutliche Unterschiede ergaben sich jedoch für die Fächergruppe Kunst und Kunstwissenschaften, die vor allem von Frauen studiert werden: Der Anteil von Absolventinnen/Absolventen dieser Fächergruppe fiel für Bildungsinländer/innen (11%) höher aus als für ihre deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen (4%). Insgesamt Deutsche Bildungsinländer Abbildung 63: Bestandene Prüfungen nach Staatsangehörigkeit und Fächergruppen, Prüfungsjahr 2009 Männlich 32,9 Weiblich 6,0 28,4 38,0 Insgesamt 35,4 20,9 34,1 9,0 Weiblich 34,6 27,0 Insgesamt 34,4 18,2 33,3 Weiblich 34,7 Insgesamt 0% Rechts-, Wirtschaftsund Sozialwiss. 34,0 10% Sprachund Kulturwiss. 20% Ingenieurwiss. 30% 10,2 13,4 Männlich Männlich 19,3 11,4 19,3 6,9 Mathematik, Naturwiss. Humanmedizin/ Gesundheitswiss. 4,7 7,3 13,5 15,6 50% 5,7 2,6 21,1 26,5 40% 10,6 8,8 17,2 24,7 17,8 4,5 13,4 15,0 8,7 12,8 21,1 6,5 60% Kunst, Kunstwiss. 3,7 5,6 2,9 8,5 17,2 70% 8,5 5,6 15,4 23,8 3,4 5,2 7,0 80% Agrar-, Forstund Ernährungswiss. 4,1 90% Sport 100% Veterinärmedizin Quelle: Statische Ämter des Bundes und der Länder, Prüfungsstatistik; eigene Berechnungen und Darstellung Die etwas höheren Absolventenquoten von Bildungsinländerinnen und -inländern in den Ingenieurwissenschaften können im Hinblick auf einen Ingenieurmangel in Deutschland als positiv bewertet werden. Angesichts des steigenden Anteils der Bevölkerung mit Migrationshintergrund wird hier ein Potenzial gesehen, welches es besser auszuschöpfen gilt (vgl. Fakultätentage der Ingenieurwissenschaften und der Informatik an Universitäten e.V. 2010). Für die Attraktivität des Ingenieurstudiums für Studierende mit Migrationshintergrund werden unterschiedliche Begründungen genannt: Zum einen gelten die Ingenieurwissenschaften traditionell als Fächergruppe des „sozialen Aufstiegs“, sind die Absolventinnen/Absolventen dieser Studiengänge doch häufiger als in anderen Fächergruppen die ersten in ihrer Fami120 lie, die einen akademischen Abschluss erlangen (ebd., S. 6). Dabei spielt vermutlich der Praxisbezug, die Anschaulichkeit und die hohe „Verwertbarkeit des Studiums“ auf dem deutschen und internationalen Arbeitsmarkt (Karakaşoğlu-Aydın/Neumann 2001, S. 5) eine entscheidende Rolle. Auch sind diese Fächer zumeist nicht zulassungsbeschränkt, so dass den Schulnoten weniger Bedeutung zukommt. Des Weiteren erscheinen diese Studiengänge weniger sprachgebunden als z.B. die Geisteswissenschaften und versprechen wegen der großen Nachfrage eine lukrative Zukunft (vgl. ebd.). Im Hinblick auf die Berufsaussichten kann auch angenommen werden, dass Bildungsinländer/innen Benachteiligungen bei der Arbeitsplatzvergabe bzw. Diskriminierung antizipieren und deshalb gerade solche Fachrichtungen wählen, in denen eine hohe Nachfrage an Arbeitskräften herrscht, um so ihre Chancen auf einen guten Arbeitsplatz zu erhöhen. Dass zudem der Frauenanteil bei den ausländischen Studierenden in dieser Fächergruppe höher ausfällt als bei den deutschen, könnte daran liegen, dass in den jeweiligen Herkunftskulturen diese Berufe nicht als männlich konnotiert verstanden und daher eher auch von Frauen gewählt werden (vgl. ebd.). Die Zahlen ausländischer Absolventinnen/Absolventen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben (Bildungsinländer/innen), sind zwischen dem Jahr 2000 und 2009 vor allem in den MINTFächern75 (+138%), in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (+87%) sowie in den Sprach- und Kulturwissenschaften (+72%) gestiegen (vgl. Abbildung 64). 75 „MINT“ steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. 121 Abbildung 64: Entwicklung der Bildungsinländer-Absolventenzahlen nach Fächergruppen, 2000 bis 2009 (abs.) Bildungsinländer-AbsolventInnen 2500 2000 1500 1000 500 0 1997 1998 1999 2000 2001 Sprach- und Kulturwiss. Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwiss. Humanmedizin/Gesundheitswiss. Agrar-, Forst- und Ernährungswiss. Kunst, Kunstwiss. 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Sport Mathematik, Naturwiss. Veterinärmedizin Ingenieurwiss. Das Fach Gesundheitspädagogik wechselte zum Wintersemester 2004/05 den Studienbereich von Erziehungswissenschaften zu Gesundheitswissenschaften allgemein und damit die Fächergruppe von Sprach- und Kulturwissenschaften zu Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. Ab Wintersemester 2004/05 enthält die Fächergruppe Humanmedizin damit den neuen Studienbereich Gesundheitswissenschaften allg. und ändert ihre Bezeichnung von Humanmedizin zu Humanmedzin/Gesundheitswissenschaften. Quelle: Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010); eigene Darstellung 3.3.3.3 Bundesländer Die Anteile der Bildungsinländer-Absolventinnen und -Absolventen lagen 2009 in Hessen, den Stadtstaaten, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland über dem Bundesdurchschnitt. In den ostdeutschen Bundesländern fällt die Quote am geringsten aus (vgl. Abbildung 65). Aussagekräftiger hinsichtlich des Studienerfolgs wären hier allerdings Quoten, welche die Absolventenzahlen in Relation zu den →Studienanfängerzahlen setzen. Diese liegen bisher jedoch nicht für Bildungsinländer/innen bzw. Studierende mit Migrationshintergrund vor. 122 Abbildung 65: Anteil der Bildungsinländer/innen an Absolventinnen/Absolventen im jeweiligen Bundesland1 im Prüfungsjahr 2009 (in %) Hessen Berlin Nordrhein-Westfalen Bremen Hamburg Saarland Länder Insgesamt (D) Baden-Württemberg Bayern Rheinland-Pfalz Schleswig-Holstein Niedersachsen Brandenburg Sachsen-Anhalt Thüringen Sachsen Mecklenburg-Vorpommern 1 3,16 2,61 2,52 2,51 2,48 2,05 1,95 1,90 1,75 1,61 1,53 1,43 1,35 0,68 0,62 0,55 0,46 Land der abgelegten Prüfung Quelle: Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010); eigene Berechnungen und Darstellung 3.3.3.4 Herkunftsländer Die häufigsten Staatsangehörigkeiten der Bildungsinländer-Absolventinnen/Absolventen sind mit der nationalen Verteilung der Studierenden nahezu identisch: Mit Abstand die größte Gruppe waren im Prüfungsjahr 2009 Absolventinnen/Absolventen mit türkischer Staatsangehörigkeit, gefolgt von jenen aus den klassischen Anwerbestaaten wie Kroatien, Italien und Griechenland (vgl. Abbildung 66). Auffallend ist noch der im Vergleich zu den Studierendenzahlen (vgl. Abbildung A-3.4) erhöhte Anteil österreichischer Absolventinnen/Absolventen. Abbildung 66: Anteil der Bildungsinländer-Absolventen/-Absolventinnen im Prüfungsjahr 2009 nach den 10 am stärksten vertretenen Herkunftsländern (in %) Türkei Kroatien Italien Polen Griechenland Russische Föderation Ukraine Österreich China Bosnien und Herzegowina 21,4 6,9 6,4 5,4 5,4 4,2 3,5 3,4 3,2 3,1 Quelle: Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010); eigene Berechnungen und Darstellung 123 3.3.3.5 Einflüsse auf die Chance für einen Hochschulabschluss Eine Sonderauswertung auf Grundlage der Daten des →Mikrozensus 2009 zum Hochschulabschluss von jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund, die die Hochschulreife in Deutschland erworben haben (vgl. Engels u.a. 2012, S. 178ff.), bestätigt den Vorsprung der Frauen mit Migrationshintergrund gegenüber den Männern mit Migrationshintergrund. Einwanderinnen aus Drittstaaten76 haben geringere Chancen auf einen Hochschulabschluss als Frauen aus EU-27-Ländern. Hierfür sowie für die Geschlechterdifferenzen liefern weder der Familienstand noch das Einreisealter ausreichende Erklärungen – weitere Einflussfaktoren lassen sich aus dem Mikrozensus nicht ableiten. 3.3.4 Berufseinmündung (Monika Stürzer) Trotz konjunktureller Schwankungen ist die Arbeitsmarktlage für Hochschulabsolventinnen und -absolventen insgesamt überwiegend gut (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008; Bonin u.a. 2007). Mittlerweile wird sogar davon ausgegangen, dass vor allem in den MINT-Fächern (vgl. Abschnitt 3.3.3.2) der zunehmende Arbeitskräftebedarf nur gedeckt werden kann, „wenn das Angebot an Hochschulabsolventen technischer Studiengänge erhöht werden kann“ (Erdmann/Koppel 2010, S. 11). Dabei wird von einem „demografiebedingten Ersatzbedarf“77 und einem darüber hinausgehenden Zusatzbedarf ausgegangen, „der unter anderem aus dem langfristigen volkswirtschaftlichen Wachstum sowie dem Strukturwandel hin zu einer wissensintensiven Wirtschaft herrührt“ (ebd., S. 5). Somit sollte sich die Ausgangsposition am Arbeitsmarkt sowohl für Absolventinnen/Absolventen mit als auch für solche ohne Migrationshintergrund in den technischen Fächern und den Naturwissenschaften positiv darstellen. In diesem Zusammenhang wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass zwei Drittel der →Bildungsausländer/innen, die in Deutschland studiert haben, nach dem Studium das Land wieder verlassen (vgl. auch OECD 2010 für das Jahr 2007) – nicht zuletzt auf Grund von Restriktionen, „denen sich Absolventen aus Nicht-EU-Staaten beim Arbeitsmarktzutritt gegenübersehen“ (Erdmann/Koppel 2010, S. 12). Erst seit dem Jahr 2005 haben ausländische Studienabsolventinnen und -absolventen nach einem erfolgreichen Studienabschluss ein Jahr lang die Möglichkeit, „einen ihrer Ausbildung angemessenen Arbeitsplatz zu finden, und können nach erfolgreicher Arbeitsplatzsuche eine Aufenthaltserlaubnis (§ 18 AufenthG) oder 76 Der Begriff „Drittstaatangehörige“ dient der Abgrenzung zum Begriff EU-Ausländer. Staatsbürger eines Drittstaates sind weder EU-, EWR-Bürger noch Schweizer. 77 Mit „demografiebedingtem Ersatzbedarf“ meinen Erdmann und Koppel (2010), dass Personen, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden, durch eine entsprechende Anzahl an Arbeitnehmer/inne/n der entsprechenden Qualifikationen ersetzt werden müssen. 124 sogar eine Niederlassungserlaubnis (§ 19 AufenthG) erhalten“78 (Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2011, S. 41). Seit Oktober 2007 müssen sie sich nun auch keiner „individuellen Vorrangprüfung“79 mehr unterziehen. Betrachtet man diese Hürden, so ist es nicht verwunderlich, dass viele Bildungsausländer/innen aus Nicht-EULändern nach dem Studium Deutschland wieder verlassen bzw. verlassen haben. Am 31.12.2009 waren 3.440 Personen im Ausländerzentralregister registriert, die eine Aufenthaltserlaubnis hatten, „die ihnen die Arbeitsplatzsuche nach dem Abschluss ihres Studiums in Deutschland ermöglicht“ (Bundesministerium des Innern 2011, S. 65). Im Vergleich zum Vorjahr war diese Zahl um ein Viertel angestiegen. Der Männer- und Frauenanteil lag gleich hoch. Die meisten Aufenthaltserlaubnisse wurden an chinesische Staatsangehörige (1.169) erteilt, gefolgt von russischen (222), indischen (195) und türkischen (165) Absolventinnen/Absolventen (ebd.). Die einzige Studie, die derzeit Aussagen über Erfolge und Orientierungen im Übergang in den Beruf für junge Erwachsene mit Migrationshintergrund trifft, ist das Kooperationsprojekt Absolventenstudien (KOAB).80 Die Unterschiede im Einmündungsverhalten sind KOAB zufolge zu wesentlich größeren Teilen von der Art der besuchten Hochschule (Fachhochschule oder Universität) abhängig, als davon, ob die befragten Personen über eigene Migrationserfahrungen81 verfügen oder nicht (vgl. Abbildung 67). Von den ehemaligen Fachhochschul-Studierenden waren sowohl die deutschen als auch die Personen mit Migrationserfahrung zu mehr als 80% eineinhalb Jahre nach Studienende regulär erwerbstätig. Bei den Universitätsabsolventinnen/-absolventen war dieser Anteil nur etwa halb so groß. Sie setzten zu wesentlich größeren Teilen ihre akademische Ausbildung fort: In beruflicher Ausbildung oder in einem Referendariat befand sich ein etwas höherer Anteil der Deutschen als der Personen mit Migrationserfah- 78 Vor Inkrafttreten dieses Zuwanderungsgesetzes konnten ausländische IT-Kräfte – vor allem, wenn sie in Deutschland studiert hatten – in geringerer Anzahl über eine Green-Card-Regelung eine Arbeitserlaubnis erhalten (Bundesministerium des Innern 2011, S. 64). 79 „In einer Vorrangprüfung wird durch die Bundesagentur für Arbeit geprüft, ob ein konkreter Arbeitsplatz, den der Antragsteller angibt, nicht auch mit deutschen Arbeitssuchenden besetzt werden könnte oder mit ausländischen, die hinsichtlich der Arbeitsaufnahme Deutschen rechtlich gleichgestellt sind oder einen unionsrechtlichen Vorrang haben. Findet sich ein passender Bewerber, wird dem Antragsteller kein Aufenthaltstitel erteilt“ (Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2011, S. 41). 80 In der Studie wurden die Hochschulabsolventinnen/-absolventen des Jahrgangs 2007 1,5 Jahre nach dem Abschluss zu ihrem Verbleib, zu ihrem beruflichen Erfolg und zu ihrer beruflichen Orientierung befragt. 81 „Migrationserfahrung“ wird orientiert am Land des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung, an der Zusammensetzung der Nationalität der Eltern und an der Staatsbürgerschaft der Studierenden zugeschrieben. Migrationserfahrungen haben Deutsche mit Migrationserfahrung in der Familie, wobei sie ebenso eine deutsche wie eine ausländische Staatsbürgerschaft haben können. Neben dieser Kategorie gibt es noch Deutsche und Ausländer/innen. 125 rung. Fast ein Viertel der Universitätsabsolventinnen und -absolventen – egal ob mit oder ohne Migrationserfahrung – studierte weiterhin und war außerdem erwerbstätig. Arbeitssuchend waren in allen vier untersuchten Gruppen eineinhalb Jahre nach Studienende jeweils nur 2 bis 3% der Befragten. Absolv. mit ME Deutsche 43 16 44 Absolv. mit ME 82 Deutsche 83 24 19 11 3 3 23 10 1 6 6 22 3 3 FH Universität Abbildung 67: Verbleib von Hochschulabsolventen/-absolventinnen mit und ohne Migrationserfahrung ca. 1,5 Jahre nach dem Abschluss (in %) 0% 2 6 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 5 22 90% 100% Reguläre Erwerbstätigkeit Beruf l. Ausbildung/Ref erendariat Studium + Erwerbstätigkeit Nur Studium Arbeitssuche Sonstiges Absolv. = Absolventinnen und Absolventen; ME = Migrationserfahrung; FH = Fachhochschule Quelle: Kooperationsprojekt Absolventenstudien (KOAB) (Heidemann 2010), Tab. 37, N = 27.744; eigene Darstellung Anhand von sieben Indikatoren wurde der berufliche Erfolg der Absolventinnen/Absolventen untersucht. Die Gruppe der mittlerweile regulär Erwerbstätigen wurde zur Dauer der Beschäftigungssuche, zu ihrem Einkommen, zur Art der Beschäftigung sowie zu ihrer beruflichen Zufriedenheit befragt (vgl. Tabelle 9 und Abbildung 68). Fachhochschulabsolventinnen/-absolventen und Deutsche fanden nach ihrem Abschluss etwas schneller eine Beschäftigung als Universitätsabsolventinnen/-absolventen und Personen mit Migrationserfahrung. Zum etwas höheren Bruttomonatseinkommen der Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen dürfte beitragen, dass sie häufiger als die Absolventinnen/Absolventen der Universität Vollzeit beschäftigt sind (vgl. Abbildung 68). Das höchste durchschnittliche Bruttomonatseinkommen haben die Fachhochschulabsolventinnen/-absolventen mit Migrationserfahrung. 126 Tabelle 9: Beschäftigungssuche und Einkommen von Studienabsolventinnen/-absolventen mit und ohne Migrationserfahrung ca. 1,5 Jahre nach dem Abschluss (arithmet. Mittelwert) Deutsche FH Migrationserfahrung Universität Deutsche Migrationserfahrung Dauer der Beschäftigungssuche (in Monaten) 2,7 3 3,1 3,4 Bruttomonatseinkommen (absolut) 2.830 2.934 2.784 2.770 Quelle: Kooperationsprojekt Absolventenstudien (KOAB) (Heidemann 2010), Tab. 38, N = 13.498; eigene Darstellung Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen sind eineinhalb Jahre nach dem Hochschulabschluss durchschnittlich erfolgreicher als Universitätsabsolventinnen/-absolventen (vgl. Abbildung 68). Unabhängig von Migrationserfahrungen sind sie zu diesem Zeitpunkt schon häufiger vollzeiterwerbstätig und gehen öfter einer unbefristeten Beschäftigung nach. Sie äußern häufiger, dass ihre Beschäftigung niveauadäquat ist, dass eine hohe Qualifikationsverwendung vorliegt und dass sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind. Geringe Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationserfahrung zeigen sich nur darin, dass die Fachhochschulabsolventinnen/ Fachhochschulabsolventen mit Migrationserfahrung am häufigsten von allen Gruppen unbefristet beschäftigt sind und dass die deutschen Universitätsabsolventinnen/-absolventen ihre Beschäftigung niveauadäquater einschätzen als ihre Ex-Kommilitoninnen und –Kommilitonen mit Migrationserfahrung. Abbildung 68: Beruflicher Erfolg von Hochschulabsolventinnen/ -absolventen mit und ohne Migrationserfahrung ca. 1,5 Jahre nach dem Abschluss (in %) 87 89 89 91 Beruf szuf riedenheit Hohe Qualif ikationsverwendung 81 84 85 85 Niveauadäquat beschäf tigt 78 81 83 85 63 63 Unbef ristet beschäf tigt 79 76 85 86 Vollzeit beschäf tigt Universität Migrationserfahrung Universität Deutsche FH Migrationserfahrung FH Deutsche 93 93 FH = Fachhochschule Quelle: Heidemann (2010). Kooperationsprojekt Absolventenstudien (KOAB), Tab. 38, N = 13.498; eigene Darstellung 127 Auch bezüglich der beruflichen Orientierungen ließen sich keine großen Unterschiede feststellen. Personen mit Migrationserfahrung wirken etwas karriereorientierter – Aspekte wie Aufstiegsmöglichkeiten, Einkommen sowie die Übernahme von Koordinations- und Lenkungsaufgaben sind für sie von größerer Bedeutung. Gleichzeitig ist ihnen aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf etwas wichtiger als Personen ohne Migrationserfahrung. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich Absolventinnen/Absolventen mit Migrationserfahrung bezogen auf ihren Verbleib sowie ihren beruflichen Erfolg kaum von deutschen Absolventinnen/Absolventen unterscheiden. Die Art der besuchten Hochschule (Universität oder Fachhochschule) hat größeren Einfluss auf Verbleib und Erfolg der Absolventinnen/Absolventen als ihre Migrationserfahrung. 3.4 Ausblick 3.4.1 Zusammenfassung der Befunde 1. Junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund sind gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil bei den Studierenden unterrepräsentiert. Hierauf wirkt vor allem die Selektion in den vorangehenden Bildungsstufen ein. Die Bedeutung schulischer Selektionsprozesse zeigt sich u.a. in der geringeren Studienberechtigtenquote bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Hier zeichnet sich in den letzten Jahren aber ein positiver Trend ab. Verfügen Jugendliche mit Migrationshintergrund über die notwendigen Bildungsvoraussetzungen für ein Hochschulstudium, dann lassen die Befunde sogar auf eine vergleichsweise höhere Studierneigung und Studierbereitschaft schließen (vgl. auch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2010b, S. 56). 2. Studierende mit Migrationshintergrund müssen ihr Studium unter ungünstigeren Rahmenbedingungen absolvieren als Studierende ohne Migrationshintergrund. Ihre Abbruchquoten sind höher. Studierende mit Migrationshintergrund gehören vergleichsweise häufig einer niedrigen sozialen Herkunftsgruppe an. Entsprechend werden sie seltener von ihren Eltern finanziell unterstützt und sind daher häufiger auf eine BAföG-Förderung oder eigenen Verdienst zur Finanzierung ihres Studiums angewiesen. Diese ungünstigeren Rahmenbedingungen könnten auch zu den erhöhten Abbruchquoten von studierenden Bildungsinländerinnen und -inländern beitragen. Anhand der amtlichen Statistik lässt sich jedoch auch ein positiver Trend zeigen: Immer mehr Bildungsinländer und vor allem Bildungsinländerinnen schließen ihr Studium erfolgreich ab. 128 Hinsichtlich des Studienverlaufs lassen sich bezüglich objektiver Kriterien wie gewählte Hochschul- oder Abschlussart kaum Unterschiede zwischen Studierenden mit und ohne Migrationshintergrund ausmachen. 3. Berufseinmündungsprozesse unterscheiden sich zwischen Absolventinnen/Absolventen eines Studiums mit und ohne Migrationserfahrung nur geringfügig. Beide Gruppen finden relativ bald eine Stelle mit ähnlich hohem Einkommen. Absolventinnen/Absolventen mit Migrationserfahrung wirken etwas karriereorientierter, legen gleichzeitig aber auch etwas mehr Wert auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 4. Immer wiederkehrende Ergebnismuster zeigen sich aufgrund der differenten Anwendung des „Ausländer-“ und des „Migrationskonzepts“ sowie im Kontext geschlechtsspezifischer und sozialer Konkretisierungen. Zum einen fallen bei einer Gegenüberstellung von Bildungsinländerinnen/ Bildungsinländern und deutschen jungen Erwachsenen die Unterschiede deutlicher aus als bei einer Gegenüberstellung der jeweils gesamten Gruppen mit bzw. ohne Migrationshintergrund. Das heißt, die Situation an deutschen Hochschulen stellt sich für spezifische Gruppen von Personen mit Migrationshintergrund oftmals positiver dar als es die amtliche Statistik mit ihrer Beschränkung auf Bildungsinländerinnen und -inländern widerspiegelt. Zum anderen finden sich häufig bedeutsame Geschlechterunterschiede, die vor allem einen Bildungsaufstieg der Frauen belegen. Des Weiteren ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Migrantengruppen hinsichtlich der sozialen Herkunft, was die Bedeutsamkeit der Differenzierungskriterien Geschlecht und soziale Lage unterstreicht. 3.4.2 Bewertung der Datenlage 1. Die amtliche Hochschulstatistik erfasst nur einen Bruchteil der Studierenden mit Migrationshintergrund. Die Datenlage zu Studierenden mit Migrationshintergrund ist insgesamt als verbesserungswürdig zu bezeichnen. Zwar liegt mit der amtlichen Hochschulstatistik eine Vollerhebung mit präzisen objektiven Daten zum Hochschulstudium vor, jedoch erfasst diese lediglich das Merkmal Staatsangehörigkeit und kann somit nur Auskunft über eine Teilgruppe der hier betrachteten Studierenden mit Migrationshintergrund geben: die sog. Bildungsinländer/innen. Laut der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks machen Bildungsinländer/innen lediglich einen Anteil von 27% an den Studierenden mit Migrationshintergrund aus, d.h. 73% besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Deren erfolgreiche Bildungskarrieren hin zum und im Hochschulstudium bleiben jedoch in der Hochschulstatistik „unsichtbar“. 129 2. Daten, die sich am Zuwanderungs- bzw. Migrationskonzept orientieren, bieten differenzierte Resultate und erfassen viele Themenfelder. Variierende Definitionen von „Migrationshintergrund“ erschweren jedoch die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Um verlässlichere Aussagen über alle Studierenden mit Migrationshintergrund zu treffen, sind demnach weitere empirische Erhebungen notwendig, welche die entsprechenden Merkmale abfragen. Die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010c) leistet dies, deckt eine Vielzahl von Themenbereichen ab und ermöglicht so neue Einblicke in die Situation von Studierenden mit Migrationshintergrund an deutschen Hochschulen und deren Lebensbedingungen. Auch in einigen Erhebungen der HIS-Studierendenforschung werden Variablen zur Konstruktion des Migrationshintergrundes abgefragt. Hier erschweren jedoch unterschiedliche Definitionen bzw. Operationalisierungen von Migrationshintergrund einen Vergleich der Befunde bzw. die Ergebnisse werden nicht konsequent nach diesem Differenzierungskriterium ausgewiesen. Ein generelles Problem solcher Erhebungen ist die Erreichbarkeit von Migrantinnen/Migranten, so dass die Repräsentativität der Daten hinsichtlich des Merkmals Migrationshintergrund meist nicht gewährleistet ist und die Befunde nur eingeschränkt Gültigkeit besitzen. 3. Es fehlt an Aussagen zur Situation von Studierenden mit Migrationshintergrund im Studium sowie an differenzierten Analysen, die auch Wechselwirkungen unterschiedlicher Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit dem Hochschulzugang sowie für Studienverläufe und Studienabschlüsse erfassen. Für viele Themenfelder im Bereich Studium, wie z.B. Wahrnehmung der Studienanforderungen und -qualität oder spezielle Unterstützungsbedarfe, liegen bisher kaum belastbare Daten für Studierende mit Migrationshintergrund vor. Hier könnte leicht Abhilfe geschaffen werden, indem bestehende Untersuchungsreihen auch den Migrationshintergrund mit erhoben würden. Hinsichtlich der Berücksichtigung weiterer Differenzierungskriterien (z.B. Region, sozioökonomischer Status) ist festzuhalten, dass aufgrund der Datenlage eine Kombination mehrerer Merkmale kaum möglich ist. Daher bleibt auch die Erklärungskraft einzelner Variablen für herausgearbeitete Unterschiede unklar. Die 19. Sozialerhebung (ebd.) zeigt, dass die soziale Herkunft eine entscheidende Rolle spielt und deshalb bei weiteren Studien und Analysen unbedingt berücksichtigt werden sollte. 130 3.4.3 Forschungsbedarf 1. Verbesserung der Datenbasis der amtlichen Hochschulstatistik auf der Grundlage des Zuwanderungs- bzw. Migrationskonzepts. Um einen umfassenderen Einblick über die Studienbeteiligung, -verläufe und -erfolge von jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund zu gewinnen, wäre eine Ausweitung der Hochschulstatistik auf weitere Variablen zur Bestimmung des Migrationshintergrundes (z.B. Geburtsland der Eltern) wünschenswert. Vor dem Hintergrund, dass die Datenerhebung im Zuge der Einschreibung an der Hochschule bzw. der Anmeldung zu den Prüfungen erfolgt, stellt sich jedoch die Frage, inwieweit eine solche Erweiterung umsetzbar und inwieweit mit validen Angaben zu rechnen ist. Von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen wird darauf hingewiesen, dass eine solche Abfrage auch als stigmatisierend empfunden werden könnte (vgl. Settelmeyer/Erbe 2010). 2. Erforschung von Studienbedingungen und -orientierungen. Werden neben strukturellen Bedingungen auch subjektive Erfahrungen und Wahrnehmungen der Studierenden erhoben, so werden Gestaltungsmöglichkeiten erfolgsversprechender Studienbedingungen erweitert. Befunde aus detaillierten Erhebungen zu diesem Themenfeld könnten so zur Erhöhung des Studienerfolgs von Studierenden mit Migrationshintergrund beitragen. Dies ist gerade auch im Hinblick auf Studierende mit Migrationshintergrund von besonderem Interesse: Studienberechtigte mit Migrationshintergrund haben die Selektion der vorangegangenen Bildungsstufen erfolgreich durchlaufen und sind, wie die Ergebnisse zur Studierbereitschaft zeigen, motiviert ein Studium aufzunehmen. Während des Studiums scheinen sie aber mit speziellen Problemen konfrontiert zu sein, zumindest deuten darauf die höheren Abbruchquoten von Bildungsinländerinnen und -inländern hin. In diesem Themenfeld besteht nach Migrationshintergrund differenzierter Forschungsbedarf sowohl hinsichtlich verlässlicher Daten zu den Abbruchraten als auch zu den Gründen für Studienabbrüche. 3. Berücksichtigung der Studienreform und der besonderen Bildungswege von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zur (Fach-)Hochschulreife. Im Hinblick auf den derzeitigen Reformprozess an deutschen Hochschulen wäre eine weitere dringende Forschungsfrage, inwieweit die im Leuvener Kommuniqué (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2009b) propagierte höhere Zugangs- und Ergebnisgerechtigkeit durch die Studienreform erreicht werden kann. Werden die Studierenden mit Migrationshintergrund auch in den Bachelor- und Masterstudiengängen unterrepräsentiert sein? Da zudem bekannt ist, dass Personen mit Migrationshintergrund Bildungsabschlüsse häufig nachholen (vgl. Beicht/Granato 2011, S. 26f.), sollte zudem untersucht werden, inwiefern die Angebote der Hochschulen für beruflich qualifizierte Bewerber auch diese Zielgruppe ansprechen. 131 4 Jugendarbeit (Vicki Täubig) Dass diese auf Bildungssituationen und -chancen fokussierende Veröffentlichung ein Kapitel zu Jugendarbeit enthält, ist Resultat einer Kontroverse der letzten Jahre, die – mittlerweile entschieden – Jugendarbeit als „Bildung“ bezeichnet (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2005; Müller u.a. 2005; Rauschenbach 2009). Formale Bildung wird im aktuellen Diskurs als grundlegende, aber nicht hinreichende Bedingung für gesellschaftliche Teilhabe und gelingende Lebensführung betrachtet. In diesem Kontext erhält die Jugendarbeit als Ort non-formaler Bildung eine Aufwertung. Kinder- und Jugendarbeit ist eine Leistung nach dem →Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG, Achtes Sozialgesetzbuch: SGB VIII), das alle sich „gewöhnlich“ in der BRD aufhaltenden oder „geduldeten“ jungen Menschen sowie deren Personensorgeberechtigten (meist die Eltern) und auch im Ausland lebende Deutsche als Anspruchsberechtigte benennt (vgl. KJHG § 6).82 Angebote der Jugendarbeit müssen von den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe gewährleistet werden; ein individuell einklagbarer Rechtsanspruch besteht nicht. Jugendarbeit umfasst die Schwerpunkte außerschulische Jugendbildung, Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit, arbeitswelt-, schul- und familienbezogene Jugendarbeit, internationale Jugendarbeit, Jugenderholung und Jugendberatung (vgl. KJHG § 11). In diesem Kapitel wird die Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an Jugendarbeit in den Mittelpunkt gestellt. Nach den wichtigsten Ergebnissen im Überblick (Abschnitt 4.1) behandelt der folgende Punkt 4.2 die Auswahl und Darstellung der Forschungsarbeiten, die diesen Ergebnissen zugrundeliegen. Daran schließen – nach Handlungsfeldern der Jugendarbeit differenziert – die detaillierten Befunde an (Abschnitt 4.3), wobei Jugendverbandsarbeit und freiwilliges Engagement (4.3.1) gemeinsam betrachtet werden. Im Ausblick des Kapitels (Abschnitt 4.4) werden die Ergebnisse zusammenfassend reflektiert, die Datenlage zur Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Jugendarbeit bewertet sowie der Forschungsbedarf benannt. 82 „Junge Menschen“ sind nach dem KJHG § 7 Personen unter 27 Jahre. Im Folgenden wird aufgrund der hier interessierenden Altersgruppe von „Jugendarbeit“ (nicht von Kinder- und Jugendarbeit) gesprochen. 132 4.1 Die wichtigsten Ergebnisse 1. Aussagekräftige Daten zum Thema Jugendliche mit Migrationshintergrund in der Jugendarbeit sind rar. Die meisten Daten liegen für die Jugendverbandsarbeit und das ehrenamtliche Engagment vor. 2. Jugendliche mit Migrationshintergrund sind in der Jugendverbandsarbeit, der Jugenderholung, der internationalen Jugendarbeit und der außerschulischen Bildungsarbeit unterrepräsentiert. 3. In der offenen und mobilen Jugendarbeit/ Streetwork sind Jugendliche mit Migrationshintergrund überproportional vertreten. 4. Der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist unter den Aktiven in Verbänden, Vereinen oder anderen Organisationen höher als unter deren Mitgliedern und den ehrenamtlich Engagierten. 5. Jugendliche mit Migrationshintergrund sind seltener aktiv oder ehrenamtlich engagiert als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Sie sind auch nicht so häufig Mitglied in einem Jugendverband. 133 6. 14- bis 17-Jährige mit Migrationshintergrund übernehmen in Organisationen und Verbänden ebenso häufig Leitungsfunktionen wie Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. 7. Es besteht auch bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund ein deutlicher Zusammenhang zwischen höheren Bildungsgängen bzw. -abschlüssen und der Einbindung in die Jugendverbandsarbeit, die Jugenderholung und die internationale Jugendarbeit. 8. Selbst wenn Jugendliche mit Migrations- hintergrund über eine hohe formale Bildung verfügen, sind sie seltener als jene ohne Migrationshintergrund gleichen Bildungsniveaus ehrenamtlich engagiert oder üben Funktionen in Verbänden und Organisationen aus. 9. In der Jugendarbeit weist nur ein sehr geringer Anteil des Personals einen Migrationshintergrund auf. 134 4.2 Datenquellen Da Forschungsarbeiten zur Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Jugendarbeit sich häufig auf kleinräumige Bereiche beziehen, so dass ihnen eine nur eingeschränkte Aussagekraft zukommt, wurde eine Auswahl vorgenommen. Welche Kriterien auswahlrelevant waren und welche Untersuchungen berücksichtigt wurden, wird im Abschnitt 4.2.1 vorgestellt. Die Benennung der verwendeten Datenquellen nach zentralen Merkmalen erfolgt im Abschnitt 4.2.2. 4.2.1 Datenauswahl Der Abschnitt 4.2.2 bietet in tabellarischer Form einen Überblick über alle für das Kapitel „Jugendarbeit“ herangezogenen Datenquellen. Diese Quellen erfüllen zwei Kriterien: Sie treffen Aussagen über die Teilhabe an Jugendarbeit von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Es handelt sich um quantitative Erhebungen. Diese Kriterien sind an der Forschungsrealität orientiert: Die unzulängliche Datenlage erlaubt nicht, strenge Maßstäbe anzulegen, wie etwa eine klare Definition von Migrationshintergrund oder eine bundesweite Aussagekraft der Erhebung. Als Grundstock bei der Datenauswahl diente der Forschungsüberblick „Das Wissen zur Kinder- und Jugendarbeit“ (Buschmann 2009), der die empirische Forschung von 1998 bis 2008 zur Kinder- und Jugendarbeit systematisch erfasst. Von den dort referierten 90 Studien beziehen sich elf auf das Querschnittthema „Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“, zwei weitere beinhalten kleinere Verweise auf die Erhebung des Merkmals Migrationshintergrund (oder zumindest der Staatsangehörigkeit) (vgl. Abbildung A-4.1). Für den vorliegenden Bericht werden aus diesem Fundus die elf Untersuchungen berücksichtigt, die (auch) quantitativ angelegt waren. Selbst recherchierte Erhebungen sowie die großen Datensätze „Freiwilligensurvey“ und der Survey des Deutschen Jugendinstituts (DJI) „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A) ergänzen die letztendlich 17 Datenquellen dieses Kapitels (vgl. Abbildung 69). Die meisten Studien finden sich im Bereich der Jugendverbandsarbeit und dem freiwilligen Engagement. Über die weiteren Handlungsfelder geben lediglich jeweils zwei, über die außerschulische Jugendarbeit eine Studie Auskunft. Die in Abbildung 69 nicht berücksichtigte Untersuchung „AID:A – DJISurvey“ wird sowohl für die offene Jugendarbeit als auch für das Engagement in Vereinen und Verbänden herangezogen. 135 Abbildung 69: Die im Jugend-Migrationsreport verwendeten Studien zur Jugendarbeit nach Handlungsfeldern (abs.) 1 2 7 2 2 2 JVA + Freiwilliges Engagement Of f ene Jugendarbeit Mobile Jugendarbeit/Streetwork Jugenderholung Internationale Jugendbegegnung Außerschulische Jugendarbeit JVA= Jugendverbandsarbeit 4.2.2 Die Studien auf einen Blick In der folgenden Übersicht (Tabelle 10) werden neben Angaben zum Erhebungsjahr, zur Stichprobe und zur Reichweite der Untersuchung sowie zur Definition des Migrationshintergrundes auch inhaltliche Kategorien aufgegriffen. Die Markierung der Kategorie „Strukturelle Ebene“ (X) gibt wieder, dass Studien die Ausrichtung von Strukturen der Jugendarbeit auf Jugendliche mit Migrationshintergrund untersuchten. In den Kategorien Teilnehmende, Engagierte und Personal wird angegeben, ob zu diesen Gruppen in den Untersuchungen Aussagen vorliegen. 136 2009 X X X X Jugendliche ohne deutsche Staatsangehörigkeit oder Jugendliche, die selbst oder deren Eltern nicht in Deutschland geboren sind X X X Jugendliche, von denen mindestens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren wurde X X Es wird keine Definition erwähnt; wahrscheinlich erfolgt die Zuordnung durch die Befragten X X 84 6.958 14- bis 25-Jährige Reichweite N B Jugendverbandsarbeit und freiwilliges Engagement 215 JugendDJI-Jugendring2004 ringe erhebung (Gragert B 223 Jugendu.a. 2006; Seckin2010 ringe ger u.a. 2012) Jugendverbandsarbeit in der Groß650 Mitglieder stadt – Perspekti248 ehemalige ven für MitgliedL/ 2004/ Mitglieder schaft und EhrenR 2005 247 Mitarbeiamt am Beispiel tende der Jugendfeuerwehr Hamburg (Richter u.a. 2007) Jugendverbandsarbeit auf dem Lande. Perspektiven 1.116 Jugendli2006/ für Mitgliedschaft che L 2007 und Ehrenamt am Beispiel SchleswigHolstein (Richter u.a. 2008) Studie zu Jugendlichen mit Migrationshintergrund in 2009/ 23 JugendverL/ Berliner Jugend2010 bände R verbänden (Assmann u.a. 2011) Migrationshintergrund-Definition In den auf AID:A-Daten basierenden Analysen wird einer Person dann Migrationshintergrund zugeschrieben, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren ist; es wird unterschieden nach erster Migrationsgeneration (Geburt der Zielperson im Ausland, die mit eigener Einwanderung gleichgesetzt wird) und zweiter Migrationsgeneration (Geburt mindestens eines Elternteils im Ausland, was mit dessen Einwanderung gleichgesetzt wird) Die Klassifizierung „Migrationshintergrund“ erfolgt durch die Befragten 83 Bei längsschnittlichen Erhebungen sind hier nur die für den Jugendmigrations-Report re- 84 B = Bund, L = Bundesland, R = Region. levanten Wellen aufgeführt. 137 X Personal/Hauptamtliche Engagierte/Ehrenamtliche AID:A – DJI-Survey 2009 (Deutsches Jugendinstitut) (Rauschenbach/Bien 2012) Erhebungsjahr(e) Studie Strukturelle Ebene X 83 Teilnehmende/Mitglieder Tabelle 10: Verwendete Datenquellen im Kapitel Jugendarbeit nach zentralen Merkmalen Jugendverbandsarbeit und freiwilliges Engagement DJI-Jugendverbandserhebung. Befunde zu Struk2007/ 352 JugendB turmerkmalen und 2008 verbände Herausforderungen (Seckinger u.a. 2009) 1999 15.000 2004 15.000 Freiwilligensurvey 2009 20.000 (davon B 2.815 14- bis 24-Jährige) Seit Juleica-Report 1999 2011 zur Daten86 B bank des DBJR (Pothmann/Sass 2011) Die Klassifizierung „Migrationshintergrund“ erfolgt durch die Befragten X 2004 und 2009: ausländische Staatsangehörigkeit, Geburt im Ausland und mindestens ein ebenfalls im Ausland geborener Elternteil oder Geburt beider 85 Elternteile im Ausland X X X X Geburt im Ausland; erhoben wird auch die Familiensprache X X Offene Angebote der Jugendarbeit (in Einrichtungen) Strukturdatenerhebung offene Kinderund Jugendarbeit in Nordrhein-Westfalen (MSJK 2004, MGFFI 2006, 87 LVR/LWL 2010) 2003 Wie attraktiv und partizipativ sind Münchens Freizeitstätten? (Klöver/Straus 2005) 85 119 Jugendämter 2005 138 Jugendämter 2009 140 Jugendämter 2002/ 2004 2.092 Jugendliche L R Jugendliche, „die aus Zuwandererfamilien sowohl nicht-deutscher Herkunft (Arbeitsemigranten/Flüchtlinge) als auch deutscher Herkunft (Aussiedler) stammen. Entscheidend ist hier, dass die Elterngeneration zugewandert ist“ (MSJK 2004, S. 131); „Zuwanderungshintergrund“ (vgl. LVR/LWL 2010): für Stammbesucher/ innen qua Einschätzung der Befragten; für Mitarbeiter/innen Geburt außerhalb Deutschlands Keine Definition. Parallel und anscheinend synonym wird von „Jugendlichen mit Migrationshintergrund“, „jungen MigrantInnen“ und „nicht-deutschen Jugendlichen“ gesprochen. Gegenübergestellt werden „deutsche Jugendliche“; ebenso wird nach „Nationalität“ klassifiziert und der (nicht-)deutsche Pass angeführt X X X X X X X X Diese Definition von Migrationshintergrund wurde mit dem Freiwilligensurvey 2004 eingeführt (vgl. Gensicke u.a. 2006). Damit wurde eine Verengung vom „weitestgehenden Migrationshintergrund“ (ebd., S. 308) vorgenommen, der auch in Deutschland geborene deutsche Staatsangehörige mit einem im Ausland geborenen Elternteil einschloss. 86 87 DBJR = Deutscher Bundesjugendring. MSJK = Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen; MGFFI = Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes NordrheinWestfalen; LVR/LWL = Landschaftsverband Rheinland Landesjugendamt/Landschaftsverband Westfalen-Lippe Landesjugendamt 138 Mobile Jugendarbeit/Streetwork Was machen Streetwork und 2001/ 139 Projekte Mobile Jugendar2002 beit? (Krebs 2004) Evaluation der Streetwork und der 135 jugendliche mobilen Jugendar2006 Klientinnen/ beit in Berlin Klienten (Tossmann u.a. 2007) B Laut Fragebogen in Deutschland geboren oder zugewandert; erhoben wird auch das Herkunftsland X L/ R Mindestens ein Elternteil stammt nicht aus Deutschland X Jugenderholung Freizeitenevaluation 2001 (Ilg 2002) Freizeitenevaluation 2005 (Ilg 2008) 2001 1.336 Teilnehmende und 330 Mitarbeitende in 41 Freizeiten L 2005 806 Teilnehmende und 102 Mitarbeitende in 24 Freizeiten B Keine Verwendung des Begriffs „Migrationshintergrund“. Staatsangehörigkeit und Religionszugehörigkeit von Teilnehmenden und Mitarbeitenden wurden erfasst Unter der Überschrift „Migrationshintergrund“ wurden die Staatsangehörigkeit, Deutschland als Geburtsland der Eltern, die Alltagssprache außer Deutsch sowie die Religionszugehörigkeit erfasst; für die Mitarbeiter/innen wurden nur Staatsangehörigkeit und Religionszugehörigkeit erhoben X X X X B Erhoben wurden die Staatsangehörigkeit, das Geburtsland und die Religionszugehörigkeit der Teilnehmenden und Mitarbeiter/innen; die Teilnehmenden wurden außerdem nach der Sprache gefragt, die sie im Familien- oder Freundeskreis sprechen X X X X Internationale Jugendbegegnung Evaluation internationaler Jugendbegegnungen (Dubiski/Ilg 2008) 2005/ 2006 671 Teilnehmende und 135 Mitarbeitende in 4 Begegnungen 2004 532 ehemalige Teilnehmer/innen B Keine Verwendung des Begriffs „Migrationshintergrund“; erhoben wurden Geburt und Aufwachsen in Deutschland sowie die (nicht-)deutsche Herkunft der Eltern Außerschulische Jugendbildung 1999 7.908 Teilnehmende, 2.267 Mitarbeitende, 2.058 MaßSind wir gut? Junahmen gendkulturarbeit 7.043 Teilneh2000 auf dem Prüfstand mende, 2.267 (LandesvereiniMitarbeitende, gung Kulturelle 2.688 MaßJugendarbeit e.V. nahmen NRW 2000; 2001; 2006) 5.394 Teilneh2004 mende, 2.028 Mitarbeitende, 3.214 Maßnahmen L Die Klassifizierung „Teilnehmende mit Migrationshintergrund“ erfolgt durch die befragten Seminarleiter/innen Langzeitwirkungen der Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen (Thomas u.a. 2007) 139 4.3 Befunde Die folgende Darstellung der Befundlage zur Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Jugendarbeit orientiert sich an deren Organisationsformen bzw. Handlungsfeldern und gliedert sich in Jugendverbandsarbeit und freiwilliges Engagement Offene Angebote (in Einrichtungen) Mobile Jugendarbeit/Streetwork Jugenderholung Internationale Jugendbegegnung Außerschulische Jugendbildung 4.3.1 Jugendverbandsarbeit und freiwilliges Engagement Jugendverbandsarbeit ist eine Organisationsform von Jugendarbeit und liegt zum Teil zu den Handlungsfeldern der Jugendarbeit quer. Angebote der Jugendverbandsarbeit werden überwiegend ehrenamtlich von Jugendlichen, die Mitglied in einem →Jugendverband sind, organisiert und richten sich an die eigenen Mitglieder, aber auch an andere Jugendliche (vgl. →KJHG § 12; Rätz-Heinisch u.a. 2009; Thole 2000). Jugendverbandsarbeit, Mitgliedschaft, Ehrenamt und freiwilliges Engagement überschneiden sich praktisch und begrifflich sehr stark. Als Freiwilliges Engagement werden „freiwillig übernommene Aufgaben und Arbeiten verstanden, die über einen längeren Zeitraum mit einer gewissen Regelmäßigkeit unbezahlt oder gegen geringe Aufwandsentschädigung im Kontext einer Organisation ausgeübt werden“ (Düx u.a. 2008, S. 28). Freiwilliges Engagement findet auch in Organisationen statt, die nicht der Jugendverbandsarbeit zuzurechnen sind, wie z.B. Gewerkschaften. Die Teilnahme an Angeboten gilt – als eine Art Vorstufe zu „echtem“ freiwilligen Engagement – als bildungsrelevant (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008). Es wird nach einer „2-Stufen-Methode“ (Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend 2010, S. 63) zwischen Gemeinschaftsaktivität und freiwilligem Engagement unterschieden (vgl. auch Gensicke u.a. 2006). Beispielsweise wäre das Fußballspielen als Mitglied eines Sportvereins eine Gemeinschaftsaktivität; das Trainieren dieser Mannschaft freiwilliges Engagement. Die Befunde zur Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an Jugendverbandsarbeit und freiwilligem Engagement88 werden in folgender Gliederung präsentiert: 88 Das zeitlich begrenzte Engagement in Freiwilligendiensten wird hier nicht betrachtet. Es werden im Jugend-Migrationsreport dauerhafte, neben formaler Ausbildung bzw. Erwerbstätigkeit stattfindende Formen von Engagement fokussiert. Anzumerken ist, dass Jugendliche „nichtdeutscher Herkunft“ (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 83) in den Freiwilligendiensten (FSJ, FÖJ oder „Weltwärts“) unterrepräsentiert sind. 140 Strukturelle Ebene – interkulturelle Öffnung von Verbänden und Jugendringen Jugendliche mit Migrationshintergrund als Teilnehmende/Aktive Jugendliche mit Migrationshintergrund als Mitglieder Jugendliche mit Migrationshintergrund als ehrenamtlich Engagierte Engagementbereitschaft von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Umsetzung demokratischer Prinzipien und Mitbestimmung. 4.3.1.1 Strukturelle Ebene – interkulturelle Öffnung von Verbänden und Jugendringen Jugendringe sind Zusammenschlüsse von →Jugendverbänden auf Bundes-, Landes-, Gebietskörperschafts- und Ortsebene. Sie vertreten die Interessen von Verbänden und erleichtern ihnen den Zugang zur Jugendhilfeverwaltung (vgl. Gragert u.a. 2006). Nach der 2010 durchgeführten Jugendringerhebung des Deutschen Jugendinstituts (DJI; vgl. Seckinger u.a. 2012) verfügen 32% aller Jugendringe in Deutschland – wie bereits 2004 (vgl. Gragert u.a. 2006) – über einen Mitgliedsverband89, der überwiegend Jugendliche mit Migrationshintergrund organisiert. Das sind durchschnittlich 2,4% der Jugendverbände. In kreisfreien Städten und kreisangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt (Stadtjugendringe) findet sich häufiger mindestens ein überwiegend mit bzw. für Migrantinnen/Migranten organisierter Mitgliedsverband als in Kreisjugendringen (vgl. Abbildung 70)90. Verbände, die überwiegend Migrantinnen/Migranten organisieren, werden aufgrund „formaler Aufnahmekriterien“ und einer „nicht immer offensiv signalisierten Offenheit der Jugendringe“ (Gragert u.a. 2006, S. 68) kaum von Jugendringen repräsentiert. In den vergangenen Jahren zeichnen sich hier jedoch Veränderungen ab, die mit Initiativen auf lokaler, Landesund Bundesebene zur Vereinfachung des Zugangs von Vereinen für Jugendliche mit Migrationshintergrund einhergehen. So hat beispielsweise der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) im Oktober 2011 den „Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland“ (DBAJ) als Vollmitglied aufgenommen.91 Migrantenjugendselbstorganisationen (MJSO) bzw. Vereine Jugendlicher mit Migrationshintergrund (VJM), die sich neben den „anerkannten“ Jugendverbänden entwickeln, sind bisher kaum Forschungsgegenstand (vgl. Jagusch 2011), was auch auf Feldzugänge innerhalb der etablierten Strukturen der Jugendverbände, z.B. über die Jugendringe, zurückzuführen ist. 89 90 Die 223 befragten Jugendringe organisieren durchschnittlich jeweils 29 Mitgliedsverbände. Zur besseren Lesbarkeit werden Datenangaben im Text auf- oder abgerundet. Beim Vergleich kleiner Werte werden Zahlen mit einer Stelle nach dem Komma zitiert. 91 Damit fand ein Statuswechsel von der Anschluss- zur Vollmitgliedschaft im DBJR statt. Mehrere Migrantenjugendselbstorganisationen sind indirekt über die „djo-Deutsche Jugend in Europa“ im DBJR vertreten (vgl. Jagusch 2011). 141 Abbildung 70: Durchschnittlicher Anteil der Jugendverbände, die sich überwiegend an Jugendliche mit Migrationshintergrund richten (in %) Gesamt 2,4 Stadtjugendringe Kreisjugendringe 7,2 1,3 N = 223 Quelle: DJI-Jugendringbefragung 2010; Seckinger u.a. 2012; eigene Darstellung Die DJI-Jugendverbandserhebung 2007/200892 (vgl. Seckinger u.a. 2009) ergänzt die Jugendringbefragung u.a. um genauere Informationen über den Tätigkeitsstatus von Personen mit Migrationshintergrund in den Jugendverbänden vor Ort (vgl. Tabelle 11).93 Danach ist der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund desto geringer, je intensiver bzw. verantwortungsvoller die Aufgaben und Funktionen im Verband werden: Während noch 71% der Jugendverbände angeben, Teilnehmer/innen oder Mitglieder hätten einen Migrationshintergrund, wird diese Aussage nur noch von 40% der Jugendverbände für ihre Ehrenamtlichen getroffen. Im Vorstand und unter den Hauptamtlichen finden sie sich zu noch geringeren Anteilen. Die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland können auf die sehr unterschiedlichen Bevölkerungsanteile von jungen Menschen mit Migrationshintergrund in diesen Regionen zurückgeführt werden. 92 Bundesweit wurden 352 Verbände – u.a. zur interkulturellen Öffnung – befragt. Die Erhebung ist repräsentativ für in Kreis- und Stadtjugendringen organsierte Jugendverbände. 93 Die Hälfte der Verbände hat hierzu keine Auskunft gegeben. Dies wird u.a. auf Verständnisprobleme mit dem Begriff „Migrationshintergrund“ bzw. die mangelnde Dokumentation dieses Mitgliedermerkmals bei den Jugendverbänden zurückgeführt. 142 Tabelle 11: Anteil der Jugendverbände mit Mitgliedern/Teilnehmern, Ehrenamtlichen, Vorständen und Hauptamtlichen mit Migrationshintergrund in Ost- und Westdeutschland (in %) MigrantInnen… Ost West Insgesamt ... bei den Mitgliedern/Teilnehmern* 51 80 71 ... bei den Ehrenamtlichen* 26 45 40 ... im Vorstand* 3 19 14 ... bei den Hauptamtlichen 3 7 6 *Ost-West-Unterschied signifikant Quelle: DJI-Jugendverbandserhebung 2008, Seckinger u.a. 2009, S. 88 Relativ gering ist nach Einschätzung der befragten Jugendverbände auch der Anteil ihrer Mitglieder mit Migrationshintergrund: Bei fast der Hälfte lag er unter 5%, knapp ein Drittel hatte gar keine Mitglieder mit Migrationshintergrund. Lediglich in einem Fünftel der Jugendverbände waren es zwischen 5% und 25% (vgl. Tabelle 12). Tabelle 12: Jugendverbände nach dem Anteil von Migranten unter den Mitgliedern in Ost- und Westdeutschland (in %) Ost West Insgesamt 0% (keine Migranten) 53 21 30 Mehr als 0% bis unter 5% 37 49 46 9 23 19 5% bis unter 25% 25% bis unter 50% 1 3 2 50% bis unter 100% 0 4 3 100% (ausschließlich Migranten) Gesamt Absolute Zahl der Verbände (N) 0 0 0 100 100 100 87 213 300 Ost-West-Unterschied signifikant (0.01) Quelle: DJI-Jugendverbandserhebung 2008, Seckinger u.a. 2009, S. 87 Eine auf den Raum Berlin begrenzte explorative Studie bestätigt, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund in den Verbänden hauptsächlich als Teilnehmer/innen oder Besucher/innen vorkommen. Allerdings übernehmen sie Verbandsfunktionen in einem Drittel der Verbände, also in deutlich mehr Fällen als in der bundesweiten DJI-Erhebung (vgl. Assmann u.a. 2011). 143 4.3.1.2 Jugendliche mit Migrationshintergrund als Teilnehmende/Aktive Nach dem Freiwilligensurvey 2009 (vgl. Picot/Sozialwissenschaftliche Projekte 2011) sind zwei Drittel der befragten 14- bis 24-Jährigen mit Migrationshintergrund in öffentliche Aktivitäten als Engagierte und Aktive eingebunden.94 Wie im Jahr 2004 gaben auch fünf Jahre später 41% an, ausschließlich aktiv zu sein. Dabei war der Anteil der Aktiven bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund lediglich 3% niedriger als bei den Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. Demgegenüber beschrieben sich in dem DJI-Survey AID:A aus dem Jahr 2009 57% der 14- bis 25-Jährigen mit Migrationshintergrund als aktiv, bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne Migrationshintergrund waren es 70%.95 Dabei nannten Jugendliche mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren wurden (zweite Generation), etwas häufiger Aktivitäten als Jugendliche der ersten Generation (vgl. Abbildung 71). Abbildung 71: Aktivität in Gruppen, Vereinen, Verbänden oder Organisationen nach Migrationshintergrund (in %) Gesamt 67 Ohne MH 70 Mit MH Mit MH 1. Generation Mit MH 2. Generation 57 53 59 MH = Migrationshintergrund Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009; N = 6.906 94 Bislang fanden drei Erhebungen des Freiwilligensurvey statt: 1999, 2004 und 2009. Der Datensatz ist für die Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund nicht repräsentativ. Dies wird auf die ausschließliche Befragung in deutscher Sprache zurückgeführt, was mit einer Teilnahme von besser integrierten Menschen mit Migrationshintergrund gleichgesetzt wird (vgl. Gensicke u.a. 2006; Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend 2010). 95 Ausgewertet wurde die Frage: „Sagen Sie mir bitte, ob Sie in den folgenden Vereinen oder Verbänden aktiv sind. Sind Sie aktiv in...“ (ab 18 Jahre) bzw. „Ich lese Dir nun eine Reihe von Vereinen und Gruppen vor. Sage mir bitte jeweils, ob Du dort aktiv bist oder nicht. Bist Du aktiv in ...“ (14-17 Jahre). Jugendliche unter 18 Jahren wurden nicht nach politischen Organisationen, Parteien, Berufsverbänden und Gewerkschaften gefragt. Diese Ungleichheit der Antwortoptionen bleibt in allen Gesamtauswertungen unberücksichtigt. 144 Am häufigsten waren 14- bis 25-Jährige mit Migrationshintergrund in Sportvereinen aktiv, ihr Anteil lag allerdings um 10 Prozentpunkte niedriger als bei den Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund (vgl. Abbildung 72). Auch in anderen Bereichen blieb die Aktivität der Jugendlichen mit Migrationshintergrund hinter der der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund zurück; in Gesangs- und Musikvereinen sowie Theatergruppen um 8 Prozentpunkte. Abbildung 72: Aktivität in Gruppen, Vereinen, Verbänden oder Organisationen nach Bereich und Migrationshintergrund (in %) 8 Anderer Verein/Verband Bürgerinitiative 1 1 1 4 4 4 Politische Organisation/Partei* Heimat-/Bürger/Schützenverein 2 5 6 5 Gewerkschaft/ Berufsverband* Freiwillige Feuerwehr/ THW/DLRG 13 12 6 4 7 10 9 14 14 14 Kirchliche/religiöse Gruppe Gesangsverein/ Musikverein/Theatergruppe 11 17 19 42 Sportverein 50 Mit MH Ohne MH 52 Gesamt * nur 18- bis 25-Jährige (N = 4.312) THW = Technisches Hilfswerk; DLRG = Deutsche Lebensrettungsgesellschaft; MH = Migrationshintergrund Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009; N = 6.574 Die zusätzliche Differenzierung nach dem Geschlecht der Aktiven zeigt den stärksten Kontrast zwischen männlichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund (73%) und weiblichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund (48%). Der Anteil der weiblichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist jedoch auch gegenüber den weiblichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund um fast 20 Prozentpunkte geringer (vgl. Abbildung 73). Männliche Jugendliche finden sich deutlich häufiger als weibliche in der Freiwilligen Feuerwehr, der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft und dem Technischen Hilfswerk. Eine weibliche Domäne scheinen Gesangs- und Musikvereine sowie Theatergruppen zu sein. Diese Geschlechterunterschiede zeigen sich unabhängig vom Migrationshintergrund der Jugendlichen. 145 Abbildung 73: Aktivität in Gruppen, Vereinen, Verbänden oder Organisationen nach Geschlecht und Migrationshintergrund (in %) Gesangsverein/ Musikverein/ Theatergruppe Freiwillige Feuerwehr/ DLRG/THW 2 Weiblich 6 6 5 Männlich 13 11 14 Weiblich 24 22 9 Männlich 14 13 Alle Engagementbereiche Sportverein 32 Weiblich 47 44 50 Männlich 56 55 48 Weiblich 67 63 64 Männlich 73 71 Mit MH Ohne MH Gesamt THW = Technisches Hilfswerk; DLRG = Deutsche Lebensrettungsgesellschaft; MH = Migrationshintergrund Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009; N = 6.906 Jugendliche mit einem höheren erreichten oder angestrebten Schulabschluss zählen nach dem DJI-Survey AID:A häufiger zu den Aktiven als Jugendliche mit niedrigerem Schulabschluss: Jugendliche mit Migrationshintergrund blieben innerhalb der Schulformen immer hinter der Aktivität ihrer (ehemaligen) Mitschüler/innen zurück. Die aktiven 14- bis 17-Jährigen mit und ohne Migrationshintergrund gehörten häufiger Haushalten mit einem höheren sozioökonomischen Status an als nicht aktive Jugendliche. Der Mittelwert des →HISEI beträgt für die Gruppe der aktiven Jugendlichen ohne Migrationshintergrund 55,9, der nicht-aktiven Jugendlichen ohne Migrationshintergrund 49,2, der aktiven Jugendlichen mit Migrationshintergrund 50,8 und der nicht-aktiven Jugendlichen mit Migrationshintergrund 40,9. Demnach verfügen die Aktiven mit Migrationshintergrund über den durchschnittlich fast gleichen höchsten sozioökonomischen Status in ihrem Haushalt wie die nicht-aktiven Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. 146 4.3.1.3 Jugendliche mit Migrationshintergrund als Mitglieder Vereinsmitgliedschaften – als eine Form der Aktivität und mögliche „Vorstufe“ von freiwilligem Engagement – kommen bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund seltener vor als bei jungen Menschen ohne Migrationshintergrund (vgl. Picot/Sozialwissenschaftliche Projekte 2011): Während 31% der 14- bis 24-Jährigen ohne Migrationshintergrund im Freiwilligensurvey 2009 eine Vereinsmitgliedschaft angaben, bejahten dies nur 16% der jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Sportvereine stellten für drei Viertel der jungen Vereinsmitglieder mit Migrationshintergrund ihren Verein dar. Bei jungen Vereinsmitgliedern ohne Migrationshintergrund zeigt sich eine geringere Dominanz der Sportvereine – und damit eine buntere Vereinslandschaft: Nur 63% der Mitgliedschaften entfallen für Jugendliche ohne Migrationshintergrund auf Sportvereine.96 Zwischen dem Anteil von Vereinsmitgliedschaften in der ersten und zweiten Generation 14- bis 17-Jähriger mit Migrationshintergrund gibt es, dem Freiwilligensurvey 2009 folgend, kaum Unterschiede (21% gegenüber 22%).97 Einen signifikanten Unterschied zwischen Stadt und Land bei der Vereinsmitgliedschaft stellt die Untersuchung „Jugendverbandsarbeit auf dem Lande“ (vgl. Richter u.a. 2008) heraus, die in Schleswig-Holstein durchgeführt wurde (vgl. Tabelle 13). Von den Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die in Städten mit über 10.000 Einwohnerinnen/Einwohnern lebten, war die Hälfte, von den Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf dem Land waren zwei Drittel Vereinsmitglieder. Auf dem Land bestand bezüglich der Vereinsmitgliedschaft nur ein geringer Unterschied zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund.98 Daten einer Hamburger Untersuchung belegen eine Unterrepräsentanz junger ausländischer Menschen in der Jugendfeuerwehr Hamburg. Bei einem gleichaltrigen Ausländeranteil von 17% in Hamburg hatten lediglich 4% der Mitglieder 2005 nicht die deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Richter u.a. 2007). 96 Dies soll nicht den Blick dafür verstellen, dass insgesamt Jugendliche mit Migrationshintergrund seltener in Sportvereinen Mitglieder sind als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund (vgl. auch Schmidt u.a. 2009). 97 Berechnungen des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmBH im Zweiten Integrationsindikatorenbericht (Engels u.a. 2012, S. 106, Tab. 39). Zur ersten Generation zählen Jugendliche mit eigener Migrationserfahrung, zur zweiten Generation Jugendliche ohne Migrationserfahrung (mindestens ein Elternteil im Ausland geboren) (vgl. ebd., S. 103). 98 Sportvereine sind auch in dieser Untersuchung die am stärksten frequentierten Vereine: Insgesamt entfallen knapp 44% der Mitgliedschaften auf Sportvereine. 147 Tabelle 13: Vereinsmitgliedschaft von Jugendlichen in der Stadt und auf dem Land nach Migrationshintergrund (in %) Stadt (über 10.000 Ew.) Ohne MH Land (bis 10.000 Ew.) Mit MH Ohne MH Mit MH Vereinsmitglieder 68 51 69 67 Nicht-Mitglieder 32 49 31 33 Ew. = Einwohner; MH = Migrationshintergrund Quelle: Richter u.a. 2008, S. 32; N = 1.116; eigene Darstellung a) Zugang zu Jugendverbänden Am Beispiel der Hamburger Jugendfeuerwehr lassen sich Unterschiede zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund im Zugang zu einem →Jugendverband darstellen (ebd.): Während 55% der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund über Eltern, Geschwister und weitere Verwandte zur Jugendfeuerwehr kamen, war dies für lediglich 41% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund der Weg in den Jugendverband. Der elterliche Einfluss allein differierte noch stärker: 39% der Jugendlichen ohne und 24% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund wurden von ihren Eltern angeregt, in die Jugendfeuerwehr einzutreten. Der Zugang wurde bei ihnen auch weniger durch die Vorbildfunktion von anderen Verwandten motiviert. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund lag der Anteil derer, die Verwandte in einer Feuerwehr hatten, bei einem Drittel, bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund bei der Hälfte. Der Einfluss von Verwandten zeigt sich auch darin, dass der mit 18 Jahren zukünftige Übertritt in die Erwachsenenorganisation für 62% der jugendlichen Mitglieder mit Verwandten in der Feuerwehr und für 47% der jugendlichen Mitglieder ohne Verwandte in der Feuerwehr selbstverständlich war. So wollten 42% der Jugendlichen mit und 66% der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund selbstverständlich übertreten. b) Gründe für die Mitgliedschaft im Jugendverband Als Gründe für eine Mitgliedschaft im Jugendverband gelten die inhaltliche Arbeit („Sachorientierung“ – ebd., S. 43), Geselligkeit sowie eine soziale Orientierung. Nach der Studie „Jugendverbandsarbeit in der Großstadt“ (vgl. ebd.) unterscheiden sich die Mitgliedschaftsgründe zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund nicht. Allein die Vorbereitung auf die Erwachsenenorganisation war Jugendlichen ohne Migrationshintergrund wichtiger als Jugendlichen mit Migrationshintergrund (53% zu 39%). 148 Auch in der Studie „Jugendverbandsarbeit auf dem Lande“ werden „kaum“ Unterschiede zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund in ihren Beitrittsgründen festgestellt (Richter u.a. 2008, S. 38).99 Ohne dass Vergleiche zwischen den Studien und damit zu Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund möglich wären, soll auf Ergebnisse hingewiesen werden, die für Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund die Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls und adoleszenzspezifische Anerkennungserfahrungen sowie für Jugendliche mit Migrationshintergrund darüber hinaus die Stärkung im Umgang mit Ausgrenzungserfahrungen in Jugendverbänden hervorheben (vgl. Fauser 2008; Hafenegger 2010; Jagusch 2011). 4.3.1.4 Jugendliche mit Migrationshintergrund als ehrenamtlich Engagierte Für junge Menschen mit Migrationshintergrund scheint sich eine Aktivität in Vereinen oder Organisationen weniger häufig mit einem Engagement zu verbinden als für jene ohne Migrationshintergrund: Von den gut 60% der aktiven 14- bis 24-Jährigen mit Migrationshintergrund engagierten sich laut Freiwilligensurvey 2009 22%, von den knapp 80% Aktiven ohne Migrationshintergrund waren es 38% (Picot/Sozialwissenschaftliche Projekte 2011, S. 21). Wie bereits 2004 lag demnach der Anteil der Engagierten mit Migrationshintergrund auch 2009 um mehr als 15 Prozentpunkte unter dem der Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. Im DJI-Survey AID:A fanden sich 2009 unter den befragten 14- bis 25Jährigen mit Migrationshintergrund 19%, die in einem Verein, Verband, einer Gruppe oder Organisation ein Amt, eine Funktion oder eine Aufgabe ausübten. Bei jenen ohne Migrationshintergrund waren es 27%. Auch hier unterschieden sich die Jugendlichen der ersten und zweiten Migrantengeneration nicht nennenswert. Geringere Differenzen als in der Gruppe der 14- bis 24-Jährigen ergeben sich nach dem Freiwilligensurvey 2009 in der Engagementquote der 14- bis 17-Jährigen: 2009 beteiligten sich 26% mit und 36% ohne Migrationshintergrund am freiwilligen Engagement. Jugendliche mit Migrationshintergrund der ersten und zweiten Generation unterschieden sich hier nicht nennenswert (Engels u.a. 2012, S. 106f., Tabelle 41). Als intensive Form gesellschaftlicher Beteiligung kann die Übernahme von Leitungsfunktionen in der Freiwilligenarbeit gewertet werden. Im Freiwilligensurvey 2009 unterschieden sich die 14- bis 17-jährigen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund in diesem Bereich nicht voneinander (jeweils 8%). Unter den Jugendlichen mit Migrationshintergrund erwies sich die Gruppe der selbst zugewanderten Jugendlichen (erste Generation; 11%) als etwas aktiver als die Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die in 99 Die Jugendlichen beschreiben sogenannte „Ich-bezogene Motive“, z.B. Freunde treffen oder Spaßhaben und zusammen feiern, als wichtiger als gesellschaftliches Engagement, wozu z.B. „mit Gleichgesinnten zusammen sein“, „berufliche Kontakte knüpfen“ oder „Zielidentifikation“ gezählt wurden. 149 Deutschland geboren waren (zweite Generation; 7%) (ebd., S. 108f., Tabelle 43).100 Dass sich je nach Engagementbereich Unterschiede im Ehrenamt ergeben, legt die Untersuchung „Jugendarbeit in der Großstadt“ (vgl. Richter u.a. 2007) nahe. Danach zeigen sich bei den knapp ein Drittel ehrenamtlich tätigen Jugendlichen der Hamburger Jugendfeuerwehr keine Unterschiede im Ehrenamtlichenanteil nach Migrationshintergrund. Auch der Freiwilligensurvey 2009 stellt in bestimmten Bereichen – Schule und Kindergarten sowie Kirche und Religion – keine oder nur geringe Differenzen im Engagement Jugendlicher mit und ohne Migrationshintergrund fest (vgl. Picot/Sozialwissenschaftliche Projekte 2011, S. 22). Weibliche Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund üben nach dem AID:A – DJI-Survey 2009 seltener Funktionen aus als männliche. Dabei ist die Differenz zwischen den weiblichen Jugendlichen mit oder ohne Migrationshintergrund (15% zu 24%) größer als zwischen den männlichen (24% zu 29%). Weibliche Jugendliche mit Migrationshintergrund stellen demnach mit 15% nur gut halb so viele Funktionsträgerinnen wie männliche Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Auf den Zusammenhang von Geschlechterdifferenzen mit dem Alter bei der Engagementquote weisen die Ergebnisse des Freiwilligensurveys hin (vgl. Abbildung 74): Während bei den 14- bis 19-jährigen Jugendlichen die Quote zwischen den Geschlechtern fast ausgewogen ist, liegt der Frauenanteil bei den 20- bis 24-Jährigen deutlich unter dem der Männer (28% zu 40%). Kreuzt man die Daten zur Engagementquote zusätzlich zu Alter und Geschlecht mit dem Migrationshintergrund, so bestätigen diese Ergebnisse in der Tendenz die oben beschriebenen Geschlechtseffekte auch für junge Menschen mit Migrationshintergrund.101 Des Weiteren zeigt sich – für die einzelnen Betrachtungsgruppen statistisch unterschiedlich sicher – eine Differenz im Engagement nach Migrationshintergrund, die bis zur Halbierung der Engagementquote etwa bei den 14- bis 19-jährigen männlichen Jugendlichen und den 20- bis 24-jährigen jungen Frauen mit Migrationshintergrund gegenüber den gleichgeschlechtlichen Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund führt. 100 Berechnungen des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmBH im Zweiten Integrationsindikatorenbericht (Engels u.a. 2012, S. 108f., Tab. 43). 101 Die Ergebnisse sind aufgrund der geringen Zellenbesetzungen vorsichtig zu bewerten. 150 20-24 Jahre 14-19 Jahre Abbildung 74: Engagementquote nach Alter, Geschlecht und Migrationshintergrund (in %) 25 w 40 20 m 39 14 w 31 29 m 42 Mit MH Ohne MH w = weiblich, m = männlich; MH = Migrationshintergrund Quelle: Freiwilligensurvey 2009; eigene Berechnungen und Darstellung 102 Der formale Bildungsstatus hat großen Einfluss auf das freiwillige Engagement (vgl. Engels u.a. 2012; Picot/Sozialwissenschaftliche Projekte 2011; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010). Je höher der erreichte oder angestrebte Schulabschluss, desto größer der Anteil der Engagierten. Von den jungen Menschen mit maximal (zukünftigem) Hauptschulabschluss ist es im Zeitverlauf betrachtet immer wenigeren möglich, sich in die Strukturen der Zivilgesellschaft zu integrieren (1999 noch 35%; im Jahr 2009 nur 19%). Nach dem Freiwilligensurvey 2009 bleiben junge Menschen mit Migrationshintergrund auch bei hoher formaler Bildung103 hinter dem Engagement der Vergleichsgruppe zurück (vgl. Abbildung 75). Verfügen sie nicht über eine hohe formale Bildung, so findet nur ein geringer Anteil Zugang zum freiwilligen Engagement. Abbildung 75: Freiwillig Engagierte nach formaler Bildung und Migrationshintergrund (in %) 31 18 34 Mit MH Hohe formale Bildung 46 Ohne MH Keine hohe formale Bildung MH = Migrationshintergrund Quelle: Freiwilligensurvey 2009; N = 2.619; eigene Berechnungen und Darstellung 102 In den eigenen Berechnungen wurde, wenn nicht anders angegeben, die Migrationshintergrund-Definition des Freiwilligensurveys (vgl. Gensicke u.a. 2006; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2010) verwendet. 103 „Hohe formale Bildung“ fasst in einer altersdynamischen Operationalisierung des formalen Bildungsstatus die Befragten zusammen, die ein Gymnasium besuchen, Abitur oder Hochschulabschluss haben. 151 Diese Tendenz wird durch den DJI-Survey AID:A aus dem Jahr 2009 im Hinblick auf den erreichten oder angestrebten Schulabschluss bestätigt (vgl. Abbildung 76). Abbildung 76: Übernahme von Funktionen in Vereinen, Verbänden, Gruppen oder Organisationen nach Migrationshintergrund und erreichtem oder angestrebtem Schulbesuch (in %) Mit MH 15 Ohne MH 22 Keinen oder HS-Abschluss 17 23 27 Mittlerer Abschluss 29 FH-Reife/Abitur MH = Migrationshintergrund; HS-Abschluss = Hauptschulabschluss; FH-Reife = Fachhochschulreife Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009; N = 6.502 Ehrenamtlichenfortbildung Juleica Ehrenamtliche Mitarbeiter/innen in der Jugend(verbands)arbeit104 erhalten mit der →Juleica (Jugendleiter/in-Card) den Nachweis der Teilnahme an einer Ausbildung nach festgeschriebenen Standards. Die Auswertung der Juleica-Meldebögen (vgl. Pothmann/Sass 2011) ergab, dass lediglich 3% der Jugendleiter/innen nicht in Deutschland geboren wurden und 2% in der Familie nicht überwiegend Deutsch sprechen (vgl. Abbildung 77).105 Bundesländerdifferenzen zeigen sich nicht nur hinsichtlich der Institutionalisierung der Juleica, die sich an sehr unterschiedlich hohen Antragszahlen ablesen lässt (vgl. ebd.; Tabelle A-4.1), sondern auch bezüglich des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund106 an Juleica-Antragstellerinnen und -antragstellern. So beträgt deren Anteil in Hamburg rund 8%, in Berlin 5%, in Bremen 3% und in Brandenburg knapp 4%, in NordrheinWestfalen etwas unter 2%. 104 Jugendleiter/innen werden nicht nur, aber zu einem sehr wesentlichen Teil über Jugendverbände rekrutiert. 105 Der geringe Anteil von Juleica-Inhaber/inne/n mit Migrationshintergrund und/oder zu kleine Fallzahlen lassen häufig keine sicheren Aussagen zu Jugendleiter/inne/n mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Jugendleiter/inne/n ohne Migrationshintergrund zu. 106 Migrationshintergrund bedeutet hier: nicht in Deutschland geboren und in der Familie wird nicht deutsch gesprochen. 152 Abbildung 77: Personen mit einer Juleica nach Familiensprache (N = 24.400) und Geburtsland (N = 24.404), Januar 2010 – Dezember 2010 (in %) Geburtsland (%) Familiensprache (%) 1,9 % 2,7 % 97,3 % 98,1 % Familiensprache Deutsch In Deutschland geboren Familiensprache nicht Deutsch Nicht in Deutschland geboren Quelle: Datenbank des Deutschen Bundesjugendringes zu den Jugendleitern/Jugenleiterinnen mit einer Juleica (Stand 31.12.2010); Zusammenstellung und Berechnung Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (Pothmann/Sass 2011, S. 22); eigene Darstellung Das Durchschnittsalter bei der Beantragung einer Juleica lag 2010 bei Menschen mit Migrationshintergrund höher (25,1 Jahre) als bei Menschen ohne Migrationshintergrund (22,9 Jahre).107 Entgegen der Daten zu den Aktiven und ehrenamtlich Engagierten erweist sich der Frauenanteil an den Jugendleiterinnen/Jugendleitern größer als der der Männer, wobei die Geschlechterdifferenz bei jenen mit Migrationshintergrund noch etwas größer ist (vgl. Tabelle A-4.2). Dass sich Menschen mit hoher formaler Bildung häufiger engagieren, bestätigt auch der Juleica-Report (vgl. Pothmann/Sass 2011). Knapp ein Drittel der Jugendleiter/innen mit Migrationshintergrund hat Abitur – genau wie jene ohne Migrationshintergrund. Hauptschulabsolventinnen und -absolventen mit Migrationshintergrund beantragen noch seltener als jene ohne Migrationshintergrund eine Juleica (vgl. Tabelle A-4.3). 4.3.1.5 Engagementbereitschaft von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Der Freiwilligensurvey 2009 stellt zwar einen deutlich geringeren Anteil der Engagierten mit gegenüber denen ohne Migrationshintergrund fest (vgl. Abbildung 78), bei der Engagementbereitschaft äußern sich jedoch die 14bis 24-Jährigen mit Migrationshintergrund positiver. Sie waren etwas häufi- 107 Befunde, die über die Ergebnisse im Juleica-Report 2011 hinausgehen (Pothmann/Sass 2011), basieren auf Sonderauswertungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik des Forschungsverbunds TU Dortmund/DJI e.V. Das Durchschnittsalter wurde für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 (N =7.214) berechnet. 153 ger als die Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund „bestimmt“ und „eventuell“ bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren (54% gegenüber 48%). Junge nicht engagierte Menschen mit Migrationshintergrund waren 2009 zu einem höheren Anteil als 2004 „eventuell bereit“ sich freiwillig zu engagieren, was auch – in einem höheren Wertebereich – für die Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund gilt. Hingegen ging der Anteil derer, die „bestimmt bereit“ für freiwilliges Engagement waren, in beiden Gruppen leicht zurück. Ein Viertel der jungen Menschen mit Migrationshintergrund – und damit deutlich mehr als die 14% der jungen Menschen ohne Migrationshintergrund – fand sich „nicht bereit“ für Engagement. Abbildung 78: Engagement und Engagementbereitschaft 14- bis 24Jähriger 2004 und 2009 nach Migrationshintergrund (in %) 24 31 14 20 24 32 18 16 39 29 18 15 22 22 38 38 2004 2009 2004 2009 Mit MH Engagiert Ohne MH Bestimmt bereit Eventuell bereit Nicht bereit MH = Migrationshintergrund Quelle: Freiwilligensurvey 2009, vgl. Picot/Sozialwissenschaftliche Projekte 2011; eigene Darstellung 4.3.1.6 Umsetzung demokratischer Prinzipien und Mitbestimmung Formale Strukturprinzipien demokratischen Entscheidens, z.B. Mehrheitsund Konsensprinzip oder Meinungsfreiheit, werden in ihrer Verwirklichung von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund in der Hamburger Jugendfeuerwehr nach der Untersuchung von Richter und seinen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern sehr ähnlich wahrgenommen (vgl. Richter u.a. 2007). Lediglich der Aussage, Minderheiten würde eine besondere Aufmerksamkeit in ihrem Jugendverband geschenkt, stimmte ein höherer Anteil an Jugendlichen mit Migrationshintergrund (48%) „weniger“ oder „überhaupt nicht“ zu als dies bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund (39%) der Fall war. Bei der Bewertung von Mitbestimmungsmöglichkeiten für jugendliche Mitglieder in der Hamburger Feuerwehr (vgl. Tabelle A-4.4) gibt es Unterschiede zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund von 154 „jeweils zehn bis zwanzig Prozentpunkten Differenz“ (ebd., S. 63). Mehr Jugendliche mit als Jugendliche ohne Migrationshintergrund sehen einen großen Einfluss hinsichtlich der Kategorien Ausschluss von Mitgliedern, Gruppenraumgestaltung, Anschaffung von Geräten sowie der Veranstaltungsdurchführung auf Direktions- oder Landesebene. 4.3.2 Offene Angebote (in Einrichtungen) Jugendzentrum, Jugendhaus und Jugendclub heißen die großen Einrichtungen der offenen Jugendarbeit. Auch Abenteuer- und Bauspielplätze oder Treffs für spezielle Zielgruppen, wie z.B. Mädchentreffs, sind Orte der offenen Jugendarbeit. „Offen“ heißt zunächst einmal, dass jede/r kommen (und wieder gehen) kann, was sich letztlich in variablen Öffnungszeiten und Inhalten niederschlägt (vgl. Sturzenhecker 2005). Die Befunde sind wie folgt geordnet: Strukturelle Ebene: Angebote Teilnehmende Personal 4.3.2.1 Strukturelle Ebene: Angebote In der zweiten Strukturdatenerhebung der →offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) für Nordrhein-Westfalen (NRW) wird von den befragten Jugendämtern für 34% der Jugendhäuser ein „besonderer Arbeitsansatz“ hinsichtlich der „BesucherInnen mit Migrationshintergrund“ genannt. Des Weiteren werden „besondere pädagogische Maßnahmen“ erhoben, die auf eine gemeinsame Nutzung der OKJA durch Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund abzielen: „Spezielle Schulaufgabenhilfen mit Sprachförderung, Bewerbungshilfen im Übergang Schule und Beruf, Sprachförderung mit jugendlichen MigrantInnen, ‚Gesicherte‘ Ganztagsbetreuung an einer Hauptschule, Förderung von ausländischen Kindern, die nicht den Kindergarten besuchen, Internationales Kinder- und Familienfest, Interkultureller Mädchentreff, ‚Aussiedlersport‘, Mobile Jugendarbeit mit Schwerpunkt russlanddeutsche Jugendliche, Erstellung eines Films mit Interviews durch russische Migrantenjugendliche, Internetcafe mit türkischen, kurdischen Jugendlichen und Jugendlichen aus der ehemaligen Sowjetunion oder Deeskalationstraining in Kooperation mit Schulen“ (Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen 2004, S. 38f.). Im breiten Spektrum fällt die Dominanz der die formale Bildung unterstützenden und ergänzenden Maßnahmen auf. Die Münchner Evaluationsstudie (Klöver/Straus 2005) arbeitet heraus, dass sich die Vorlieben für Angebote signifikant nach Geschlecht und Nati155 onalität unterscheiden. Die unterschiedlichen Präferenzen von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund bzw. nach Geschlecht für die Angebote werden für die Bereiche „Bewegung/Sport“ und „Entspannen/Abhängen“ durch eine Rangordnung herausgestellt. Beispielsweise erreicht Hip-Hop bei nicht-deutschen Mädchen Rangplatz 5, bei nichtdeutschen Jungen Rangplatz 10 und bei deutschen Mädchen und Jungen die Rangplätze 10 und 13; ist bei Fuß- und Basketball die Beliebtheit klar geschlechtsspezifisch: Deutsche und nicht-deutsche Jungen geben die Rangplätze 4 und 2 an; deutsche und nicht-deutsche Mädchen die Rangplätze 16 und 15; erhält Tanzen die Rangplätze 4 (deutsche Mädchen), 5 (nicht-deutsche Mädchen), 15 (deutsche Jungen) und 13 (nicht-deutsche Jungen); belegt Nichts-tun bei den weiblichen deutschen Jugendlichen einen der ersten fünf Rangplätze und bei den nicht-deutschen männlichen Jugendlichen Platz 13. Nicht-deutsche Jugendliche erwiesen sich in München als mobiler als deutsche: Freizeitstätten außerhalb des eigenen Stadtteils wurden von ihnen zu 69% genutzt, bei den deutschen Jugendlichen zu 53%. Die Studie ermittelte insgesamt ein schlechtes Image von Jugendfreizeitstätten unter den Jugendlichen, das auf Hörensagen beruhe. Bei Mädchen mit Migrationshintergrund waren diese Pauschalurteile am wenigsten ausgeprägt. 4.3.2.2 Teilnehmende Bestimmte Jugendcliquen können Jugendzentren dominieren. Dies wurde von 54% der in der DJI-Jugendringerhebung 2004 befragten Jugendringe als Schwierigkeit für die Arbeit in ihren offenen Einrichtungen dargestellt (vgl. Gragert u.a. 2006). Davon gaben 90% an, dass es sich bei diesen Gruppen um Aussiedlerjugendliche handle. Ein gemessen an ihrem Bevölkerungsteil überproportionales Auftreten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in offenen Einrichtungen bescheinigen auch die Strukturdatenerhebungen der OKJA für NRW (vgl. Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen 2004; Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen 2006; Landschaftsverband Rheinland Landesjugendamt/Landschaftsverband Westfalen-Lippe Landesjugendamt 2010). In NRW betrug im Jahr 2008 der Anteil der jungen Menschen mit „Zuwanderungshintergrund“ an den Stammbesuchern und -besucherinnen108 42%.109 2002 wurden durch- 108 Als Stammbesucher/innen werden regelmäßig an Angeboten der OKJA teilnehmende und den Mitarbeiter/inne/n in den Einrichtungen auch in ihren persönlichen Bezügen bekannte Kinder und Jugendliche bezeichnet. Über die Hälfte der 207.900 Stammbesucher/innen (entspricht 5% der 6- bis 26-jährigen Bevölkerung) war zwischen 6 und 14 Jahren alt und das Verhältnis von weiblichen zu männlichen Jugendlichen betrug 1:2 (vgl. Landschaftsverband Rheinland Landesjugendamt/Landschaftsverband Westfalen-Lippe Landesjugendamt 2010). 109 2004 41%. Als Vergleichsangabe wird auf den Befund der PISA-Studie 2000 zurückgegriffen, die für NRW ermittelte, dass rund 32% der 15-jährigen Schüler/innen einen Migrationshintergrund haben. 156 schnittlich 37% angegeben, das waren je nach Einrichtung zwischen rund 88% und 8%. Diese große Streuung wird mit dem regional – vor allem zwischen Großstädten und Landkreisen – unterschiedlichen Bevölkerungsanteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund erklärt. In den Landkreisen hatte 2008 gut ein Drittel der Stammbesucher/innen der offenen Kinderund Jugendarbeit einen Migrationshintergrund (35%), in den Mittelstädten waren es rund 42% und in den Großstädten 47%. Die Evaluationsstudie für die Münchner Freizeitstätten kommt anhand der Mitarbeiterangaben zu dem Schluss, dass zwei Drittel der insgesamt 11% Stammbesucher/innen unter den befragten 14- bis 19-Jährigen110 Jugendliche mit Migrationshintergrund sind, so dass der Stammbesucher die Merkmale „männlich, aus der Hauptschule und mit Migrationshintergrund“ (ebd., S. 8) aufweise. Da Stammbesucher/innen von Freizeitstätten weniger häuslich orientiert seien und weniger Zeit vor PC und Fernseher als Nicht-Nutzer/innen von Freizeitstätten verbrächten, wird von sich verstärkenden Unterschieden zwischen „deutschen“ und „nicht-deutschen“ Jugendlichen gesprochen. Jugendliche mit Migrationshintergrund und „junge bildungsferne Deutsche“111 – beides Gruppen, „die wenig zu Hause hält“ (ebd., S. 11) – träfen somit in Freizeitstätten zusammen. Im DJI-Survey AID:A von 2009 bejahten 24% der Jugendlichen die Frage, ob sie im letzten Jahr Einrichtungen der →offenen Kinder- und Jugendarbeit nutzten.112 Die Teilnahmequoten von 34% bei den 14-Jährigen gehen mit steigendem Alter auf 10% bei den 24-Jährigen zurück. Ebenso bestätigt sich der Befund, dass offene Jugendarbeit stärker männliche Jugendliche erreicht: Rund 28% der männlichen Jugendlichen stehen hier fast 19% der weiblichen gegenüber (vgl. Abbildung 79).113 110 Das Geschlechterverhältnis unterscheidet sich nicht von dem in der NRW-Erhebung. Zu bedenken ist, dass lediglich Haupt- und Realschulbesucher/innen in die Erhebung einbezogen waren. 111 67% der Stammbesucher/innen waren Hauptschüler/innen; die auch befragten Real-, Berufsund Gymnasialschüler/innen verteilten sich auf 33%. 112 Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die Frage „Welche Einrichtungen hast Du in den letzten 12 Monaten genutzt?“ (14- bis 17-Jährige) bzw. „Sagen Sie mir bitte, ob Sie einige der folgenden Angebote in den letzten 12 Monaten genutzt haben?“ (18- bis 25-Jährige). Eine der Auswahloptionen lautete „Jugendzentrum, Jugendclub, Jugendtreff“. 113 Hinsichtlich des →HISEI, der ausschließlich für 14- bis 17-Jährige ermittelt wurde, ergibt sich kein signifikanter Unterschied zwischen Teilnehmenden und Nicht-Teilnehmenden. 157 Abbildung 79: Teilnahme an offener Jugendarbeit nach Migrationshintergrund und Geschlecht (in %) 28 28 19 17 Ohne MH Mit MH Weiblich Männlich MH = Migrationshintergrund Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009; N = 6.624 Eine Überrepräsentanz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit lässt sich anhand der Daten des DJI-Survey AID:A jedoch nicht bestätigen. Der Bildungsbias der Stichprobe scheint hier „durchzuschlagen“: Jugendliche, die (Fach-)Abitur besitzen oder anstreben, stellen in der Stichprobe einen Anteil von fast zwei Dritteln. Die Differenzierung nach erreichtem oder angestrebtem Schulabschluss zeigt allerdings in der Gruppe „keinen oder Hauptschulabschluss“ fast doppelt so häufig Jugendliche mit Migrationshintergrund als Nutzer/innen der offenen Jugendarbeit wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund. In den anderen Schularten sind die Unterschiede deutlich geringer (vgl. Abbildung 80).114 Abbildung 80: Nutzer/innen von Einrichtungen offener Jugendarbeit nach Migrationshintergrund und nach erreichtem bzw. angestrebtem Schulabschluss (in %) Nutzer/innen mit MH Nutzer/innen ohne MH 14 8 27 29 Kein/HS-Abschluss 59 63 Mittlerer Abschluss FH-Reife/Abitur MH = Migrationshintergrund; HS-Abschluss = Hauptschulabschluss ; FH-Reife = Fachhochschulreife Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009; N = 1.537 (Nutzer/innen) 114 Auch hier ergibt sich kein signifikanter Unterschied zwischen Teilnehmenden und NichtTeilnehmenden hinsichtlich des HISEI. 158 4.3.2.3 Personal Den Anteil von Personal mit Migrationshintergrund erhoben die zweite und vierte Strukturdatenerhebung der offenen Kinder- und Jugendarbeit für NRW: Im Jahr 2004 waren 5% und im Jahr 2008 7% der Mitarbeiter/innen nicht in Deutschland geboren (vgl. Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen 2004; Landschaftsverband Rheinland Landesjugendamt/Landschaftsverband Westfalen-Lippe Landesjugendamt 2010). 4.3.3 Mobile Jugendarbeit/Streetwork Mobile Jugendarbeit und Streetwork115 richten sich an (zumeist) junge Menschen, für deren Alltag der „öffentliche Raum“ ein zentraler Ort ist und die von anderen sozialen Leistungen bzw. Leistungen der Jugendhilfe kaum erreicht werden. Die Jugendlichen werden auf der Straße, an ihren Treffpunkten mit dem Angebot „konfrontiert“. Die hier berücksichtigten Studien geben Auskunft über die Adressatinnen/Adressaten und das Klientel der aufsuchenden Arbeit. Migrantinnen und Migranten sind nach der Untersuchung „Was machen Streetwork und Mobile Jugendarbeit?“ (vgl. Krebs 2004) die am häufigsten genannte Zielgruppe der →mobilen Jugendarbeit. Genannt werden unter anderem Türken/Türkinnen, Asylbewerber/innen, Spätaussiedler/innen. Für die Streetwork hingegen kommen die Zielgruppen Drogenkonsumentinnen/-konsumenten und Skater/innen bzw. Punks vor den Migrantinnen/ Migranten. Die Abfrage, mit wem die Kontakte in der mobilen Jugendarbeit oder Streetwork (tatsächlich) stattfinden, zeigt einen weniger stark ausgeprägten Anteil der aufsuchenden Jugendarbeit mit Migrantinnen und Migranten. In Ostdeutschland waren 18% und in Westdeutschland 54% der „erreichten“ Adressatinnen/Adressaten Jugendliche mit Migrationshintergrund. Als Herkunftsländer wurden für die westdeutschen Bundesländer am häufigsten die Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS), Türkei und ExJugoslawien genannt. Die erreichten Adressaten und Adressatinnen waren überwiegend männlichen Geschlechts.116 Nach Angaben der Berliner Evaluationsstudie zu mobiler Jugendarbeit und Streetwork (vgl. Tossmann u.a. 2007) ist das Herkunftsland mindestens eines Elternteils von 53% der Klientel nicht Deutschland und 25% der Befragten besitzen eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Ab- 115 Mobile Jugendarbeit und Streetwork haben unterschiedliche Wurzeln, sind heute aber nicht mehr voneinander abgrenzbar (vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Streetwork/Mobile Jugendarbeit e.V. 2011; Krebs 2004). 116 Widersprüchliche Angaben zum Geschlecht führen zu dieser Pauschalaussage ohne Prozentangabe. Die Aussagekraft der Untersuchung insgesamt scheint begrenzt; es werden diverse methodische Fehler reflektiert, z.B. in der Fragestellung zur Herkunft der Migrantinnen/Migranten. Die Ergebnisse werden in Ermangelung anderer Untersuchungen dennoch präsentiert. 159 bildung 81). Die Stichprobe entspricht damit dem allgemein angenommen Verhältnis von Staatsangehörigkeit zu Migrationshintergrund (1:2), wobei die Prozentzahlen der Klientel mobiler Jugendarbeit bzw. Streetwork mit Migrationshintergrund wesentlich höher liegen als in der Bevölkerung.117 Auf Deutschland als häufigstem Herkunftsland der Eltern (47%) folgen die Türkei (21%) und die Staaten des ehemaligen Jugoslawien (9%). Die gleiche Reihenfolge ergibt sich auch bei der Staatsangehörigkeit: Einen deutschen Pass hatten 75%, einen türkischen Pass 10% und einen Pass der Staaten des ehemaligen Jugoslawiens 7% der Befragten. Neben deutscher Staatsangehörigkeit (53%) verfügten 40% der Befragten mit „ausländischer Herkunft“ über eine Aufenthaltserlaubnis, 4% hatten keine Aufenthaltserlaubnis (z.B. eine „Duldung“) und 3% konnten ihren rechtlichen Status nicht benennen. Die meisten Jugendlichen mit Aufenthaltserlaubnis besaßen auch eine Arbeitserlaubnis. So kommt die Studie bezüglich des Rechtsstatus zu dem Schluss, dass von den befragten Klientinnen und Klienten mit Migrationshintergrund „eine deutliche Mehrheit somit über dieselben formalen Verwirklichungschancen im Bildungs- und Erwerbssystem wie Altersgenossen heimischer Herkunft“ verfügt (ebd., S. 48). Abbildung 81: Klientel von mobiler Jugendarbeit und Streetwork nach Herkunftsland der Eltern und Staatsangehörigkeit (in %) Herkunftsland der Eltern Ehem. Jugoslawien 9% Türkei 21% Libanon 6% EU-Land 6% Staatsangehörigkeit Türkei 10% Anderes Land 12% Deutschland 46% Ehem. Anderes Jugoslawien Land 7% 4% Weiß nicht 4% Deutschland 75% Quelle: Tossmann u.a. 2007, S. 47; eigene Darstellung Bezogen auf Geschlechterunterschiede wird dargestellt, dass die Klientel von mobiler Jugendarbeit und Streetwork mit Migrationshintergrund einen deutlich höheren Anteil an männlichen Jugendlichen (78%) hat als die Gruppe ohne Migrationshintergrund (67%).118 Bezüglich der aktuell besuchten Schulform und der Teilhabe an Ausbildung zeigte sich kein Unterschied zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Bei der Höhe des erreichten Schulabschlusses blieben die Jugendlichen mit Migrationshintergrund jedoch signifikant hinter denen ohne Migrationshintergrund zurück. Zur Bedeutung der deutschen Sprache im familiären Alltag gaben 49% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund 117 Zum Bevölkerungsanteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund vgl. Einleitung. 118 Es wird von „ausländischer Herkunft“ und „deutschem Hintergrund“ gesprochen, aber wahrscheinlich ist Migrationshintergrund gemeint (ebd., S. 23). 160 an, dass Deutsch in der Familie als Zweitsprache fungiere. Waren beide Eltern „nicht deutscher Herkunft“ 119 (ebd., S. 48), galt dies für 61%. Hinsichtlich der Delinquenzrate, die in der Studie als ausgeübte Körperverletzung in den letzten zwölf Monaten oder als Gerichtsverhandlung operationalisiert und für 41% der 10- bis 25-jährigen Klientel von mobiler Jugendarbeit und Streetwork konstatiert wurde, zeigen sich keine Unterschiede nach deutscher oder nicht-deutscher Staatsangehörigkeit oder Migrationshintergrund. Als weiteres Problemfeld wird für 37% riskanter Alkoholkonsum ermittelt. Der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund lag in diesem Kontext bei etwa der Hälfte (24%) der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund (52%). Das Zusammensein mit der Familie wurde von den Jugendlichen mit Migrationshintergrund positiver gesehen: Jugendliche ohne Migrationshintergrund sind weniger gern mit ihrer Familie zusammen als Jugendliche mit Migrationshintergrund.120 4.3.4 Jugenderholung Die →Kinder- und Jugendhilfestatistik (vgl. Statistisches Bundesamt 2009b) umschreibt das Handlungsfeld der Jugenderholung mit den Beispielen Stadtranderholungen, Wanderungen, Ferienlager und (in Jugendherbergen) durchgeführte Freizeiten.121 Befunde können zu Teilnehmenden und Personal von Jugenderholung präsentiert werden. a) Teilnehmende Die mit der Freizeitenevaluation 2005 untersuchten Freizeiten (Ilg 2008) führten die Jugendlichen an Ziele in Deutschland und Europa. Die befragten Jugendlichen wiesen ein Durchschnittsalter von 15 Jahren auf, wobei drei Viertel der Teilnehmenden zwischen 14 und 17 Jahre alt waren. Die Hälfte der Teilnehmenden war weiblich. In 40% der Freizeiten stellten die Angehörigen eines Geschlechts mehr als zwei Drittel der Teilnehmenden. Die Teilnehmenden der Freizeitenevaluation 2005 (ebd.) hatten 14 verschiedene Staatsangehörigkeiten; bei 97% der Teilnehmenden war dies die deutsche. Der Aussage „Meine Eltern sind beide in Deutschland geboren“ stimmten 12% der Teilnehmenden nicht zu. 9% gaben eine andere Alltagssprache als Deutsch an. Die häufigsten nicht deutschen Alltagssprachen waren Russisch (1,7%) und Polnisch (1,4%), wobei davon ausgegangen wird, dass hinter den Russischsprachigen Aussiedlerjugendliche stehen. Auffallend ist, dass sich unter den Befragten lediglich eine Person mit türkischer Staatsangehörigkeit befand und dass nur vier Personen aus der Stich- 119 Die Bezeichnung „nicht deutsche Herkunft“ ist hier verwirrend. Wahrscheinlich sind Jugendliche mit Migrationshintergrund gemeint, deren beide Eltern nicht aus Deutschland stammen (vgl. Tabelle 9). 120 In der Wiedergabe wird wiederum vom „gemeinten“ Migrationshintergrund ausgegangen. 121 Freizeiten meint „mit Gruppen durchgeführte, nicht am Heimatort stattfindende Aktivitäten, die mehr als zwei Tage dauern und deren Zielsetzung über die bloße Organisation eines gemeinsamen Urlaubs hinaus pädagogisch begründet ist“ (Ilg 2007, S. 272; zit. nach Ilg 2008, S. 15). 161 probe in der Familie Türkisch sprechen. Damit sind Jugendliche türkischer Herkunft stark unterrepräsentiert. Der geringe Anteil von Teilnehmenden mit Migrationshintergrund korrespondiert mit der Tatsache, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund an Gymnasien unter- und an Haupt- und Förderschulen überrepräsentiert sind, denn unter den 16-jährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Freizeiten besuchte ein relativ hoher Anteil das Gymnasium (44%), während es kaum Haupt- (10%) und Sonderschüler/innen (3%) gab. Die Religions- bzw. Konfessionszugehörigkeit der Teilnehmenden bemaß sich in folgenden Anteilen: 46% evangelisch, 31% katholisch, 20% ohne und 0,6% mit islamischer Religionszugehörigkeit. Bei der Freizeitenevaluation 2001 (vgl. Ilg 2002), die sich ausschließlich auf das evangelische Jugendwerk Baden-Württemberg bezog, waren 76% evangelische, 17% katholische sowie 5% nicht-religiöse Teilnehmende zu verzeichnen.122 b) Personal Von den 102 befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hatte in der Freizeitenevaluation 2005 (vgl. Ilg 2008) ein Mitarbeiter keine deutsche Staatsangehörigkeit und gab zugleich muslimische Religionszugehörigkeit an. Bei der Freizeitenevaluation 2001 (vgl. Ilg 2002) hatten von 330 Mitarbeitern/ Mitarbeiterinnen 2% eine ausländische Staatsangehörigkeit. Auf 4% entfiel keine oder eine andere Religionszugehörigkeit als die zur evangelischen oder katholischen Konfession. 4.3.5 Internationale Jugendbegegnung Internationale Jugendbegegnungen werden in der →Kinder- und Jugendhilfestatistik (vgl. Statistisches Bundesamt 2009b) als „Maßnahmen im Inund Ausland, an denen Deutsche und Ausländer teilnehmen“ definiert. Es ist anzunehmen, dass in beiden Gruppen jeweils Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund aus den jeweiligen Teilnahmeländern vertreten sind. Vorliegende Daten beschreiben die Teilnehmenden und das Personal der internationalen Begegnungen. a) Teilnehmende Daten zu Teilnehmenden mit Migrationshintergrund an internationalen Jugendbegegnungen liegen aus empirischen Erhebungen nur sehr eingeschränkt vor. So finden sich zu der Evaluation internationaler Jugendbegegnungen (vgl. Dubiski/Ilg 2008) lediglich in einer Veröffentlichung die Aussagen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund „in hohem Maße unterrepräsentiert“ sind und „Jugendliche aus ‚klassischen Anwerbeländern‘ bei internationalen Jugendbegegnungen kaum vorkommen“ (Thimmel/Ilg 122 Aufgrund ihrer Ähnlichkeit zur Freizeitenevaluation 2005 werden die weiteren Ergebnisse der Freizeitenevaluation 2001 nicht im Detail wiedergegeben. Der Prozentsatz der ausländischen Staatsangehörigen betrug unter den Teilnehmenden weniger als 2%. 162 2008, S. 115 und 111). Die Untersuchung zu den Langzeitwirkungen der Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen (vgl. Thomas u.a. 2007) macht genauere Angaben zu einem eventuellen „Migrationshintergrund“ der Teilnehmer/innen. In Anbetracht einer Überzahl von in Deutschland geborenen (97%) und aufgewachsenen (96%) Jugendlichen bzw. 93% Jugendlichen, deren beide Elternteile in Deutschland geboren sind, wird eine „deutsch-sozialisierte Stichprobe“ bilanziert (ebd., S. 93). b) Personal Die 135 Mitarbeiter/innen, die in der Evaluation internationaler Jugendbegegnungen befragt wurden, hatten zu fast 4% nicht die Staatsangehörigkeit der „Stammländer“ Frankreich, Polen oder Deutschland (vgl. Dubiski/Ilg 2008). 4.3.6 Außerschulische Jugendbildung Lässt sich außerschulische Jugendbildung (vgl. Lüders/Behr-Heintze 2009) als Querschnittsaufgabe nur schwer von anderen Formen und Orten der Jugendhilfe resp. der Jugendarbeit abgrenzen, so wird themenbezogen aus der im →KJHG genannten Reihe „allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung“ die größte Bedeutung der politischen und der kulturellen Jugendbildung beigemessen. Angesichts ansonsten fehlender Daten kann für die außerschulische Bildungsarbeit nur zu Teilnehmenden an kultureller Jugendbildung berichtet werden. Der Anteil der Teilnehmenden mit Migrationshintergrund an Jugendkulturarbeit stieg in NRW von rund 11% im Jahr 1999 auf 17% im Jahr 2000 und knapp 18% im Jahr 2004 an (vgl. Landesvereinigung Kulturelle Jugendarbeit e.V. NRW 2006).123 Nach Daten des →Mikrozensus 2005 hatten in diesem Bundesland rund 33% der Kinder und Jugendlichen von 6 bis 24 Jahren einen Migrationshintergrund (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2009), so dass – auch wenn die Daten nicht direkt aufeinander bezogen werden können – von einer Unterrepräsentanz der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Jugendkulturarbeit auszugehen ist. 123 Im Jahr 2004 nahmen an der Jugendkulturarbeit in NRW Kinder und Jugendliche gleichermaßen teil (vgl. ebd.): 47% der befragten Teilnehmer/innen waren zwischen 6 und 13 Jahre, 25% zwischen 14 und 17 Jahre sowie 25% zwischen 17 und 26 Jahre alt. 163 4.4 Ausblick 4.4.1 Zusammenfassung der Befunde 1. Die Forschung zur Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Jugendverbandsarbeit und am freiwilligen Engagement weist tendenziell auf Divergenzen in der regionalen Verteilung hin.124 Jugendverbände organisieren in kreisfreien Städten unter ihren Mitgliedern prozentual mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund als Jugendverbände in Landkreisen (vgl. Seckinger u.a. 2012). Jugendliche mit Migrationshintergrund, die auf dem Land leben, gehören häufiger als Mitglied einem Verein an als Jugendliche mit Migrationshintergrund, die in der Stadt leben (vgl. Richter u.a. 2007). Auch zeigt sich nach dieser Untersuchung nur ein geringer Unterschied zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund in der Vereinsmitgliederquote; wohl aber ein deutlicher zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund in größeren Städten. Nach Bundesländern sehr unterschiedliche Anteile von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ergeben sich für Antragsteller/innen der Juleica. 2. Das Geschlecht und die besuchte Schulform bzw. der Schulabschluss erweisen sich als wichtige Indikatoren für die Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an Jugendarbeit. Offene und mobile Angebote der Jugendarbeit werden häufiger von männlichen Jugendlichen und von Jugendlichen mit niedriger Schulbildung in Anspruch genommen. In den Handlungsfeldern der Jugenderholung und der internationalen Jugendbegegnung stellen Gymnasiasten und Gymnasiastinnen das Gros der Teilnehmenden. Für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die an Gymnasien stark unterrepräsentiert sind (vgl. Kapitel 1 Schule), ergeben sich dadurch Hürden für einen Zugang zu diesen JugendhilfeAngeboten. Es gibt Hinweise darauf, dass auch dort, wo einen Angleichung im schulischen Bildungsniveau stattfindet, Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund unterschiedliche Teilnahmequoten in der Jugendarbeit erreichen. Im freiwilligen Engagement oder bei Funktionsübernahmen in Organisationen bleiben auch die jungen Menschen mit Migrationshintergrund mit hoher formaler Bildung hinter der Vergleichsgruppe zurück. Die schulische Bildung als alleiniger Integrationsmotor scheint hier zu scheitern. 124 Die Befunde können keinesfalls direkt aufeinander bezogen werden. Dazu sind die Untersuchungen (des gesamten Kapitels) zu heterogen. 164 3. Der Zugang zur Jugendarbeit findet wesentlich über soziale Netzwerke statt, wobei der Familie und der Peergroup eine Schlüsselrolle zukommt. Er ist außerdem abhängig vom familialen gesellschaftlichen Status. Der Zugang zur traditionell verankerten Jugendverbandsarbeit erfolgt häufig über Verwandtschaftsbeziehungen. Die Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen regen vor allem Lehrer/innen an oder sie wird durch Freunde und Freundinnen motiviert. Die an der Differenzlinie Migrationshintergrund nach Handlungsfeldern der Jugendarbeit entmischten Zielgruppen stehen demnach neben der formalen Bildungssituation auch in Zusammenhang mit der Familie. Geben Eltern ihre Mitgliedschaft beispielsweise in der Freiwilligen Feuerwehr an ihre Kinder weiter, ist im engen Sinne von einer „Vererbung“ von Bildung zu sprechen. Desgleichen ist in einem weiteren Sinne für den non-formalen Bildungsbereich der Jugendarbeit von „Bildungsvererbung“ zu sprechen, wenn der Zugang zur Jugendarbeit an die gesellschaftliche Position der Familie (Sozialraum, besuchte Schulform) geknüpft ist. So werden Formen der Jugendarbeit, die vor allem von Jugendlichen mit einem höheren gesellschaftlichen Status genutzt werden, für Jugendliche mit Migrationshintergrund zum hochschwelligen Angebot. 4. Die Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zur Partizipation an den Bildungspotenzialen der Jugendarbeit sind unzureichend. Die Forschung zur Jugendverbandsarbeit belegt die „biografische Nachhaltigkeit“ (Kreher 2008) von Jugendarbeit auch im Hinblick auf eine erfolgreiche Berufsbiografie. Rahmungen der Jugendverbandsarbeit als „biografisch bedeutsame Lebensorte“ (Lehmann/Mecklenburg 2006), in denen „adoleszenzspezifische Anerkennungspraxen“ (Jagusch 2011) wirken, weisen nicht nur auf horizontale Übergänge im Bildungssystem (von der Schule zur Jugendarbeit) hin, sondern auch auf vertikale Übergänge (nach Schule und Jugendverbandsarbeit in die Berufsausbildung). Anhand der zur Verfügung stehenden Daten zum freiwilligen Engagement, zur Teilnahme an Jugendverbandsarbeit, Jugenderholung, internationalen Jugendbegegnungen und an der außerschulischen Jugendbildung ist im Hinblick auf Jugendliche mit Migrationshintergrund zu resümieren, „dass die darin liegenden Bildungspotenziale ebenso ungenutzt bleiben wie die damit verbundenen Möglichkeiten sozialer Integration“ (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 80). Der Elfte Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung rügt pauschal die „mangelnde Partizipation von Zugewanderten an der Jugendarbeit“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002, S. 215). Es zeigen sich jedoch auch handlungsfeldspezifische Unterschiede innerhalb der Jugendarbeit entlang der Differenzlinie Migrationshintergrund. 165 4.4.2 Bewertung der Datenlage 1. Es liegen nur wenige Untersuchungen vor, die die Beteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Jugendarbeit berücksichtigen. Der Anspruch dieser Veröffentlichung, die Bildungssituation von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund vergleichend und nach weiteren Kriterien (Geschlecht, Alter, sozioökonomischem Status, sogenanntem Herkunftsland und Region) differenzierend darzustellen, ist für die Jugendarbeit nur sehr begrenzt zu erfüllen. Die unzureichende Datenlage für die Jugendarbeit generell potenziert sich für die hier verfolgte spezifische Fragestellung und kann nach wie vor als „äußerst unbefriedigend“ (ebd., S. 214) bezeichnet werden. 2. Die Reichweite der Erhebungen ist unzureichend, die Vergleichbarkeit der Daten ist eingeschränkt. Die vorliegenden Untersuchungen zur Jugendarbeit haben häufig nur eine regional begrenzte Reichweite. Die wenigen bundesweit gültigen Studien wählen vor allem Zugänge über die etablierten Strukturen der Jugend(verbands)arbeit und erreichen so beispielsweise kaum die Vereine Jugendlicher mit Migrationshintergrund. Die oftmals auf ein spezifisches Handlungsfeld begrenzten Studien spiegeln zudem eher die Heterogenität der Praxis der Jugendarbeit wider, als dass sie einen umfassenden Einblick ermöglichen würden. Die Kategorie „Migrationshintergrund“ wird in einigen Studien unreflektiert und ungenau verwendet, häufig wird befragten Jugendlichen oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern eine Definition überlassen. Dies steht im engen Zusammenhang mit Paradigmen der Jugendarbeit wie Offenheit und damit einhergehende Niedrigschwelligkeit, die einer Forschung Grenzen setzen, die Merkmale wie Migrationshintergrund möglichst präzise erheben will. Eine Folge dieser Besonderheiten des Feldes und Mängel der Erhebungen ist die fehlende Vergleichbarkeit der Daten. Selten werden diese zudem – auch aufgrund zu kleiner Stichproben – nach Differenzierungskriterien aufgeschlüsselt, wie z.B. nach dem (familiären) Herkunftsland der Jugendlichen mit Migrationshintergrund (vgl. auch Bruhns 2012). 4.4.3 Forschungsbedarf 1. Durchführung von Sekundäranalysen zum Wissen über die Teilhabe von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Um das Wissen über die Teilhabe von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund im Vergleich zu fundieren, ist es zunächst einmal sinnvoll, über Sekundäranalysen erhobene, aber bezüglich dieser Fragestellung bisher brachliegende Daten zu nutzen. 166 2. Reflexion der gesellschaftlichen Einbettung der Jugendarbeit. Während der Angebotsstruktur der Jugendarbeit bereits Erklärungsgehalt beigemessen wird (vgl. BMFSFJ 2002), wird die gesellschaftliche Einbettung der Jugendarbeit bisher kaum reflektiert. Forschungsansätze, wie den der „institutionellen Diskriminierung“, auf die Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an Jugendarbeit zu übertragen, scheint eine lohnende Herausforderung zu sein, wie Dubiski (2010) ansatzweise für die internationale Jugendarbeit darlegen kann. 3. Forschung interkulturell öffnen. Vor allem die Forschung zur Jugendverbandsarbeit erfährt Beschränkungen durch einen Zugang, der über die „etablierten“ Strukturen der Jugendarbeit hergestellt wird. Die anscheinend wachsende Bedeutung von Vereinen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund – gesicherte Befunde dazu gibt es nicht – spricht dafür, auch Jugend(verbands)arbeitsforschung inhaltlich und thematisch „interkulturell zu öffnen“, d.h. über die etablierten Strukturen hinaus zu verbreitern. 167 5 Resümee (Kirsten Bruhns) 5.1 Bildung und Ausbildung in Deutschland: Einbahnstraße, Kreisverkehr oder Startrampe für Jugendliche mit Migrationshintergrund? Der Besuch weiterführender Schulen, der Zugang in eine vollqualifizierende berufliche Ausbildung sowie zur Hochschulbildung ist in Deutschland wesentlich an den vorherigen Schulerfolg geknüpft. In den Bildungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund spiegelt sich demnach die in den vorgängigen Bildungsstufen erfolgte Selektion wider. So beeinflusst der Wechsel in eine weiterführende Schulart das Niveau des Schulabschlusses, das bedeutsam für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung oder eines Studiums ist (vgl. Diefenbach 2010; Ditton 1992). Die Möglichkeiten zum späteren Bildungsaufstieg innerhalb des Schulsystems und zur dementsprechenden Korrektur eines Bildungsweges sind für Haupt- und Realschülerinnen und -schüler zwar theoretisch gegeben, können aber in der Praxis nur selten umgesetzt werden. Nur wenige Schüler/innen wechseln im Verlauf des Sekundarbereichs I die Schulform und die Wechsel erfolgen häufiger in eine niedrigere als in eine höhere Schulform (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006). Für Jugendliche mit Migrationshintergrund in Deutschland scheinen sich vor diesem Hintergrund ungünstige Zukunftschancen abzuzeichnen. Ihre schulische Bildungssituation zeigt sich als eine deutliche Unterrepräsentanz in gymnasialen Bildungsgängen, einen überproportionalen Anteil an Hauptschulen und an Förderschulen, insbesondere in solchen mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Jugendliche mit Migrationshintergrund verlassen die Schule, verglichen mit ihrem Anteil an allen Schulabgängerinnen und Schulabgängern, unverhältnismäßig selten mit einem Abitur und häufig ohne Schulabschluss oder mit einem Hauptschulabschluss. Im Anschluss an die allgemeinbildende Schule bestehen vielfältige berufliche Lern- und Ausbildungsmöglichkeiten. Dieser Übergang von der allgemeinbildenden Schule in die berufliche Erstausbildung, die sog. „erste Schwelle“, ist für die Betrachtung von Bildungschancen und -prozessen von besonderer Bedeutung, steht er „doch am vorläufigen ‚Ende‘ einer Reihe nacheinander durchlaufener Bildungsinstitutionen und ist gleichzeitig ‚Bindeglied‘ und zentrale Voraussetzung für eine berufliche Integration“ (Beicht/Granato 2009, S. 7). Aufgrund sowohl qualitativer als auch quantitativer Passungsprobleme zwischen Bildungsangebot und -nachfrage (vgl. Ulrich 2008, S. 1) vollziehen weniger Jugendliche den direkten Übergang in eine vollqualifizierende berufliche Erstausbildung, sondern durchlaufen verschiedene „Zwischenschritte“ (Beicht/Granato 2009, S. 8). Die Übergangswege werden dadurch länger und weniger absehbar bzw. komplexer, was für die Jugendlichen mit Unsicherheit verbunden ist (vgl. Granato 2010). Hiervon sind Jugendliche mit Migrationshintergrund deutlich häufi168 ger als Jugendliche ohne Migrationshintergrund betroffen: Sie münden zu einem geringeren Anteil direkt nach der Schule in eine vollqualifizierende Ausbildung ein. Im deutschen dualen Ausbildungssystem sind ausländische Jugendliche nicht allein gegenüber deutschen Auszubildenden, sondern auch im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Bevölkerung gleichen Alters unterrepräsentiert. Hochschulen stehen nur einem Teil der Bevölkerung offen, nämlich denjenigen, welche die vorherigen Stufen des Bildungssystems bereits erfolgreich durchlaufen haben und somit die notwendigen Voraussetzungen für ein Hochschulstudium nachweisen können. Studienberechtigte mit Migrationshintergrund stellen demnach eine bereits stark selektierte Gruppe dar (vgl. Reimer/Schindler 2010, S. 251): Sie haben sich trotz oftmals ungleicher Bildungschancen in der Schule durchgesetzt und zeichnen sich dadurch durch spezielle Eigenschaften und Fähigkeiten aus (vgl. KarakaşoğluAydın/Neumann 2001, S. 8). Zum anderen bedeutet dies aber auch, dass „die bis zum Erwerb der Hochschulreife akkumulierte Ungleichheit (…) somit Ausgangspunkt für das weitere Bildungsgeschehen“ ist (Reimer/ Schindler 2010, S. 251). Der Erwerb eines Hochschulabschlusses ist in Deutschland noch immer „die wichtigste Voraussetzung für die Ausübung einer Profession“ (Leuze 2010, S. 28) und mit „erhöhten Berufs- und Lebenschancen“ verbunden (Leichsenring u.a. 2010, S. 5). Ein Hochschulstudium stellt damit eine entscheidende Weiche für den weiteren Lebensverlauf dar. Neben dieser individuellen Komponente sind Hochschulen, als Orte der Wissensproduktion und Wissensdistribution (vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 101), aber auch von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung (vgl. Statistisches Bundesamt u.a. 2008, S. 59). Angesichts des drohenden Fachkräftemangels aufgrund des demografischen Wandels und des steigenden Bedarfs an hochqualifizierten Arbeitskräften stellt die dringlichste Aufgabe wohl eine Erhöhung der Absolventenzahlen dar (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 117). Gerade Jugendliche aus bisher „bildungsfernen“ Schichten sollen für ein Hochschulstudium gewonnen und damit deren Potenziale besser ausgeschöpft werden. In diesem Kontext sind verstärkt auch junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund in der Hochschulbildung in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2006b, S. 39f.; The Boston Consulting Group 2009). Junge Erwachsene mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben („Bildungsinländer/innen“), sind unter den Hochschulberechtigten, den Studienanfängerinnen und -anfängern, den Studierenden sowie den Studienabsolventinnen und -absolventen jedoch unterrepräsentiert. Nach dem Studium ergeben sich bezüglich des Verbleibs und des beruflichen Erfolgs hingegen kaum Unterschiede zwischen Absolventinnen und Absolventen mit und ohne Migrationserfahrung. Berufliche Bildungsabschlüsse die zentrale Grundlage für ein existenzsicherndes Dasein. Wie die Erwerbslosenstatistik zeigt, geht ein höheres Risiko, arbeitslos zu werden, vor allem mit einer fehlenden beruflichen Qualifi169 kation ein. Junge Menschen mit Migrationshintergrund sind diesem Risiko besonders ausgesetzt, denn sie haben deutlich häufiger keinen beruflichen Bildungsabschluss als junge Erwachsene ohne Migrationshintergrund. In der Gruppe jener, die einen beruflichen Bildungsabschluss erlangen, überrunden 25- bis unter 35-Jährige mit Migrationshintergrund jedoch bei den Fachhochschul- und Hochschulabschlüssen die Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund und auch in Berufen, die eine abgeschlossene Lehre voraussetzten sind sie ähnlich gut repräsentiert. Formale Bildung gilt als die grundlegende, aber nicht hinreichende Bedingung für eine gesellschaftliche Teilhabe und gelingende Lebensführung. Anknüpfend an den Leitspruch „Bildung ist mehr als Schule“ (Bundesjugendkuratorium u.a. 2002) wurden Formen der non-formalen und informellen Bildung aufgewertet. In den Fokus geriet auch der „Bildungsort Jugendarbeit“, dem eigene und unterstützende Bildungsfunktionen zugeschrieben werden (vgl. Rauschenbach 2009; Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend 2005; Müller u.a. 2005). Empirische Untersuchungen belegen insbesondere Bildungseffekte des ehrenamtlichen bzw. freiwilligen Engagements in Gruppen, Vereinen und anderen Organisationen (Düx u.a. 2008; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010). Jugendliche mit Migrationshintergrund sind in die unterschiedlichen Angebote der Jugendarbeit nicht gleichermaßen eingebunden. Außerschulische Bildungschancen durch Beteiligung und Engagement in der verbandlichen Jugendarbeit, in Jugendfreizeiten und Jugendbildung realisieren sie, den raren empirischen Befunden folgend, im Verhältnis zur Gruppe der Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund seltener. Demgegenüber sind sie in der offenen Jugendarbeit sowie als Adressatinnen und Adressaten der mobilen Jugendarbeit relativ stark vertreten. Die skizzierten Befunde zur Bildungssituation und den Bildungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund bzw. zu ausländischen Jugendlichen werden in der Tendenz sowohl durch die Daten der amtlichen Statistik als auch durch repräsentative Erhebungen bestätigt. Die Bildungssituation der Jugendlichen mit Migrationshintergrund erweist sich jedoch auf der Grundlage von repräsentativen Erhebungen nach einem Zuwanderungsbzw. Migrationskonzept, in dem auch deutsche Jugendliche mit Migrationshintergrund berücksichtigt werden, in der Regel als günstiger als bei einer Beschränkung auf das immer noch überwiegend von der amtlichen Statistik verwendete Staatsbürgerschaftskonzept. Vor dem Hintergrund der ineinandergreifenden Stufen von Bildungsund Ausbildungs-„Karrieren“ erscheinen die Bildungsverläufe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf den ersten Blick als prekär – insbesondere unter der Annahme irreversibler Kanalisierungen durch Schule und Ausbildung. Im öffentlichen, fachlichen und politischen Bildungs- und Integrationsdiskurs werden Jugendliche mit Migrationshintergrund deswegen teilweise dramatisierend als „Problemgruppe“ des deutschen Bildungs- und Ausbildungssystems etikettiert und Fördermaßnahmen werden zum Abbau von Defiziten gefordert und konzipiert. Zu wenig reflektiert wird dabei oft, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund keine homogene Gruppe bilden und dass die Konstruktion einer 170 einheitlichen (Aus-)Bildungssituation Widersprüchliches und Ungleichzeitigkeiten bis zur Unkenntlichkeit vermengt. Dies belegen Analysen, die Details aus den jeweiligen Bildungsbereichen, regionale, herkunfts- und migrationsbezogene sowie geschlechtsspezifische Unterschiede darstellen. Die Rekonstruktion zeitlicher Entwicklungen deckt zusätzlich Potenziale und Trends auf, die unter einer Problemperspektive unsichtbar bleiben. Derartige Differenzierungen sind die Grundlage für eine zielgruppenspezifische Unterstützung individueller Potenziale von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und für eine bildungsförderliche Gestaltung struktureller Rahmenbedingungen. Ziel der Zusammenstellung von Befunden zur Situation und zu den Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Bildungs- und Ausbildungssystem wäre es, ein hinreichend differenziertes und dennoch ganzheitliches Bild zu schaffen. Angesichts der unzureichenden Datenlage und nur schwer vergleichbarer Resultate kann jedoch lediglich von einem unvollständigen Puzzle gesprochen werden, in dem manche der eingefügten Teile sich zudem nicht lückenlos zusammenfügen. 5.2 Bildungs- und Ausbildungschancen – wohnortgebunden? Die Bildungs- und Ausbildungssituation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft ist innerhalb Deutschlands nicht einheitlich. Dazu trägt im schulischen Bildungswesen das föderale System der Bundesrepublik bei, das die Hoheit über diesen Bereich den Bundesländern überträgt – mit dem Effekt teilweise erheblicher Unterschiede in der Schulstruktur. In Bundesländern, in denen es keine Hauptschule gibt125, wie etwa in den östlichen Bundesländern, besuchen in der Sekundarstufe I deutlich mehr der ausländischen Schülerinnen und Schüler ein Gymnasium als in Bundesländern, in denen noch Hauptschulen als eigener Schulzweig bedeutsam sind.126 Gleichwohl differieren auch in den östlichen Bundesländern die Anteile der ausländischen Schüler/innen in den Schularten teilweise erheblich. Große Unterschiede gibt es ebenfalls beim jeweils landesspezifisch ausgewiesenen sonderpädagogischen Förderbedarf für ausländische Kinder und Jugendliche. Hier besteht Klärungsbedarf, „will man nicht einer naturalistischen Fehlinterpretation aufsitzen, dass Kinder aus den verschiedenen Bundesländern eben verschieden begabt seien und deshalb die ermittelten Landesunterschiede naturgegeben seien“ (Wocken 2005, S.7). 125 An ihre Stelle treten die schulartunabhängige Orientierungsstufe, Integrierte Gesamtschulen oder Schularten mit mehreren Bildungsgängen. 126 Möglicherweise spielt in den östlichen Bundesländern auch die gegenüber den westlichen Bundesländern andere nationale Zusammensetzung der Schülerschaft eine Rolle. 171 Weitgehend unabhängig von den Länderunterschieden im Gymnasialbesuch fallen die bundeslandspezifischen Studienberechtigtenquoten ausländischer Schulabgänger/innen aus. Sie sind in den Ländern mit einem drei- und mehrgliedrigen Schulsystem am höchsten: Über dem Bundesdurchschnitt liegen die Quoten in Hessen, dem Saarland, NordrheinWestfalen, Sachsen127, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg. Einen Beitrag zur Aufklärung der Unterschiede in der schulischen Bildung von ausländischen Schülern und Schülerinnen zwischen den Bundesländern könnten empirische Erhebungen leisten, die den Einfluss der landesspezifischen Schulstrukturen, unterschiedlicher Übergangsregelungen für den Übertritt von der Primar- in die Sekundarstufe oder von Leistungs- und Verhaltensansprüchen auf die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund analysieren. Auch die Zusammensetzung der Schülerschaft mit und ohne Migrationshintergrund, migrationsspezifische Erfahrungen von Schülern und Schülerinnen unterschiedlicher (familiärer) Herkunft sowie mit verschiedenem Migrationsstatus könnten eine Rolle für regionale Differenzen zwischen den Bildungschancen von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund spielen. Ungeklärt ist zudem die Frage, inwieweit Migrationserfahrungen der – landesspezifisch ebenfalls sehr ungleich verteilten – Lehrkräfte, aber auch bislang nicht erfasste interkulturelle Kompetenzen des pädagogischen Personals die Bildungsverläufe von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund beeinflussen. Für den Ausbildungsbereich liegen bundeslandbezogene Daten zum Anteil der Auszubildenden, zu vorzeitigen Vertragsauflösungen des Ausbildungsverhältnisses und zum Prüfungserfolg Auszubildender vor. Die Ausbildungsbeteiligungsquoten zeigen, dass in Ostdeutschland noch sehr viel stärker als in Westdeutschland ein eklatantes Ungleichgewicht in den Teilhabechancen ausländischer Jugendlicher in der dualen Berufsausbildung vorliegt. Zur Erhellung der Ursachen für derartige Diskrepanzen mangelt es an empirischen Untersuchungen, die neben strukturellen Rahmenbedingungen auch betriebliche und individuelle Verläufe in den Blick nehmen und dadurch Benachteiligungsbedingungen und Fördermöglichkeiten aufdecken könnten. Dies gilt auch für Befunde, nach denen der Ausländeranteil bei vorzeitigen Auflösungen von Ausbildungsverträgen in Hamburg, BadenWürttemberg und Bayern am höchsten ist und nach denen ausländische Teilnehmer/innen an Ausbildungsabschlussprüfungen höhere Erfolgsquoten in Brandenburg, Thüringen sowie Mecklenburg-Vorpommern und deutlich niedrigere in Sachsen und Berlin erzielten. Bundeslandspezifische Daten zur Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Jugendarbeit liegen in Ermangelung entsprechender Differenzierungskategorien der amtlichen Statistik nicht vor. Einen Anhaltspunkt für Unterschiede im ehrenamtlichen Engagement von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zwischen den Ländern bieten Befunde zum 127 Sachsen kommt im Ländervergleich ein Sonderstatus zu. Hier werden nicht Schüler/innen und Studienberechtigte mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit, sondern mit Migrationshintergrund erfasst. 172 Anteil der im Ausland geborenen Jugendlichen, die 2010 nach einer Qualifizierung zur Jugendgruppenleitung eine Jugendleitercard (Juleica) erhalten haben. Die sich hier zeigenden Differenzen zwischen den Bundesländern korrespondieren nicht mit dem unterschiedlichen Anteil der Jugendlichen an der Bevölkerung. Inwieweit sich in den Unterschieden möglicherweise Diskrepanzen in jugendpolitisch motivierten Initiativen von Jugendverbänden und ihren Vertretungsorganisationen (Bundes-, Landes- und kommunale Jugendringe) ausdrücken, ist empirisch bislang nicht geprüft. Auf einer kleinräumigeren Ebene zeichnen sich regionale Disparitäten darin ab, dass Jugendverbände in Deutschland unter ihren Mitgliedern in kreisfreien Städten prozentual mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund organisieren als Jugendverbände in Landkreisen. Dass dies möglicherweise nicht überall gilt, legen Ergebnisse für Schleswig-Holstein nahe, wo Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger Vereinsmitglied in einem Jugendverband sind, wenn sie auf dem Land als wenn sie in der Stadt leben. Für die Interpretation derartiger Differenzen mangelt es derzeit noch an Analysen, die politische, institutionelle, verbandsorganisatorische sowie sozialräumliche und adressatenbezogene Rahmenbedingungen berücksichtigen. In den Bundesländer-Daten zeichnen sich über die Bereiche hinaus keine Konsistenzen ab i.S. durchgängig günstiger oder ungünstiger Bedingungen für Bildung und Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Dies weist auf die Bedeutung institutioneller und struktureller Faktoren in der schulischen Bildung, im außerschulischen Bildungsbereich Jugendarbeit und in der dualen Berufsausbildung hin, die Entwicklungen bereichsspezifisch unterschiedlich und unabhängig von individuellen Voraussetzungen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund beeinflussen. 5.3 „Migrationshintergrund“ – eine komplexe Kategorie Hinter dem Begriff „Migrationshintergrund“ verbergen sich sehr unterschiedliche Gruppen. Je nach Definition wird rekurriert auf die eigene Zuwanderung oder die von Eltern und Großeltern aus dem Ausland bzw. aus spezifischen Herkunftsländern. Die Sozialisation in einer anderen als der deutschen Sprache bzw. deren überwiegender Gebrauch im Alltag ist ein weiteres Bestimmungsmerkmal von „Migrationshintergrund“. Schließlich werden auch mit rechtlichen Regelungen verbundene Merkmale zur Differenzierung herangezogen, z.B. die Einbürgerung oder der (Spät-)Aussiedlerstatus. In der amtlichen Statistik werden Personen zudem nach der nicht deutschen und nach Herkunftsländern differenzierte Staatsangehörigkeit unterschieden. Mit derartigen Zuschreibungen sind Implikationen verbunden, die nicht allein für die Anlage von Untersuchungen oder die Vergleichbarkeit von Daten Bedeutung haben. Je weiter sie differenziert werden, desto eher wird der Heterogenität der ausländischen bzw. der Bevölkerung „mit Migrationshintergrund“ entsprochen und irreführende Verallgemeinerungen können vermieden werden. Eine entsprechende Differenzierung ist deswegen ein notwendiger erster Schritt bei der Analyse der Situa173 tion und der Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Bildungs- und Ausbildungssystem. Auch wenn die Datenlage unbefriedigend ist, ergeben sich aus Einzelbefunden doch Hinweise auf Unterschiede nach herkunftsbezogenem Migrationshintergrund bzw. Staatsangehörigkeit sowie nach unterschiedlichem Migrationsstatus. 5.3.1 Differenzierung nach Herkunftsländern – kulturelle Konstruktionen? Mit einer nach Herkunftsgruppen detaillierten Analyse ist – evtl. noch stärker als mit Bezug auf einen doch mehr oder weniger diffusen Migrationshintergrund – die Gefahr der Kulturalisierung verbunden, insbesondere von Problemen und negativen Entwicklungen. Im schlimmsten Fall werden dadurch abwertende Stereotype bestätigt und Vorurteile verstärkt. Deswegen ist es notwendig, daran zu erinnern, dass auch nationale, ethnische oder kulturelle Gruppen keine Einheit bilden und Pauschalurteile nicht rechtfertigen. Mit dem Hinweis auf Aussagen zu „den Deutschen“ dürfte dies nachvollziehbar sein. Wird die Gruppe der Jugendlichen mit Migrationshintergrund hier dennoch nach (familialen) Herkunftsländern differenziert, so ist dies als Versuch zu verstehen, grobe Verallgemeinerungen aufzubrechen und die Heterogenität dieser Gruppe zu belegen. Letztlich kann der Gefahr einer Kulturalisierung der Ergebnisse jedoch nur begegnet werden, wenn weitere Faktoren für die jeweiligen Bildungssituationen und -chancen analysiert werden. Dies beinhaltet eine Überprüfung von strukturellen Rahmungen von Bildungsverläufen, den kulturellen, sozialen und ökonomischen Ressourcen der Jugendlichen sowie von individuellen und kollektiven Erfahrungen im Migrationsprozess wie auch beim Aufwachsen in Deutschland. Ein solches Vorhaben ist ein Zukunftsprojekt, das hohe Erträge verspricht: Seine Ergebnisse könnten dazu beitragen, Potenziale effektiv und zielgenau zu unterstützen bzw. Förderbedarfe detailliert zu identifizieren. Als richtungsweisend können auch Ansätze gewertet werden, die die Herkunft von Migrantengruppen statt nach Nationalitäten nach dem Bruttosozialprodukt der jeweiligen Herkunftsländer sortieren (vgl. Berngruber u.a. 2012). Sie verknüpfen die Herkunft von vornherein mit einem wesentlichen strukturellen Merkmal – der wirtschaftlichen Prosperität des Herkunftslandes – und könnten so dazu beitragen, Kulturalisierungen vorzubeugen. Ergebnisse der amtlichen Statistik bestätigen Unterschiede in den Bildungschancen von ausländischen Jugendlichen mit verschiedenen Staatsangehörigkeiten. So besucht von den vietnamesischen Schüler/innen ein höherer Prozentanteil das Gymnasium, als dies bei den deutschen der Fall ist, und die Distanz der Jugendlichen mit einem Pass der Russischen Föderation zu den deutschen ist nicht sehr hoch. In beiden Gruppen gehen – ebenso wie Schüler/innen aus der Ukraine, aus Polen und dem Iran – Kinder und Jugendliche zudem seltener als deutsche Schüler/innen auf Förderschulen. Auf der anderen Seite ist an Hauptschulen der Anteil von Jugendlichen mit serbischer, italienischer und türkischer Staatsangehörigkeit am größten. Auch von den griechischen Jugendlichen besucht ein relativ hoher 174 Anteil eine Hauptschule. Sie sind allerdings am Gymnasium stärker als die letztgenannten Gruppen vertreten. Unter den Schülerinnen und Schülern an Förderschulen ist der Anteil der albanischen und italienischen sowie der Schüler/innen aus dem ehemaligen Jugoslawien mehr als doppelt so hoch wie bei den deutschen Jugendlichen. Von den italienischen, türkischen und griechischen Schüler/innen werden gleichzeitig häufiger als von den deutschen mittlere Bildungswege (Realschule) eingeschlagen. Repräsentative Untersuchungen berücksichtigen auch die in der amtlichen Statistik nicht erscheinenden Deutschen mit Migrationshintergrund und können die Bildungs- und Ausbildungslage von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund genauer analysieren. Dies kann dazu beitragen, Etikettierungen bestimmter Herkunftsgruppen als „Problemgruppen“ in Frage zu stellen. Als solche wird vor allem die Gruppe der jungen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund wahrgenommen: Sie haben am häufigsten von allen Jugendlichen mit Migrationshintergrund keinen Schulabschluss oder verfügen nur über einen für den späteren Ausbildungs- und Arbeitsmarkt weniger gut zu vermarktenden Hauptschulabschluss. Unter den Adressatinnen und Adressaten mit Migrationshintergrund in der auf „Problemgruppen“ spezialisierten mobilen Jugendarbeit bzw. Streetwork sind sie ebenfalls am häufigsten vertreten. Dies ist jedoch auch nicht anders zu erwarten, bilden Jugendliche mit (familialer) türkischer Herkunft doch die größte Gruppe unter allen Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Erst durch den Bezug auf eine Referenzgruppe – die gleichaltrige Bevölkerung oder die Schülerschaft gleicher sozialer Herkunft – lässt sich ihre Position realistisch einschätzen. Dadurch relativiert sich das Bild der „Problemgruppe“ – selbst wenn lediglich „Ausländerdaten“ zur Verfügung stehen. Dazu tragen auch vertiefende Analysen bei, die zeigen, dass junge Menschen mit türkischem Migrationshintergrund viel Initiative zeigen, um Hürden in ihrer Bildungs- und Ausbildungslaufbahn zu überwinden: Obwohl Schülerinnen und Schüler mit türkischem Migrationshintergrund im Vergleich zur Gruppe der Aussiedler/innen und Schüler/innen ohne Migrationshintergrund am seltensten eine Empfehlung für den Übertritt von der Grundschule in das Gymnasium erhalten, entscheidet sich von ihnen bzw. ihren Eltern ein höherer Anteil dennoch dafür, auf das Gymnasium zu gehen, als Schüler/innen der Vergleichsgruppen mit gleichen Voraussetzung. Im Übergangssystem zwischen Schule und Ausbildung realisieren Hauptschülerinnen und -schüler mit türkischem Migrationshintergrund, die am Ende der Schulzeit planen, eine berufliche Ausbildung zu beginnen, ebenso erfolgreich ihre Pläne wie Hauptschüler/innen ohne Migrationshintergrund und erfolgreicher als italienische Jugendliche, Aussiedler/innen und Jugendliche aus dem ehemaligen Jugoslawien. Im Vergleich zu Studienberechtigten ohne Migrationshintergrund nehmen junge türkische Studienberechtigte häufiger auch dann ein Studium auf, wenn sie schlechtere Schulnoten als diese aufweisen und aus schwierigeren sozioökonomischen Verhältnissen kommen. 175 5.3.2 Generationenfolgen – Garanten für Annäherungsprozesse? Nach Migrationsstatus differenzierende Analysen zu Schulabschlüssen 25bis 35-Jähriger legen die Schlussfolgerung nahe, dass der höchste Schulabschluss (Abitur) in der ersten Migrantengeneration (mit Migrationserfahrung) häufiger erworben wird, als dies bei den in Deutschland geborenen jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund der Fall ist (ohne eigene Migrationserfahrung, zweite, teilweise dritte Migrantengeneration). Auch der geringe Anteil der Studierenden unter den in Deutschland geborenen 20- bis 30-Jährigen gegenüber dem der (Spät-)Aussiedler/innen und der Eingebürgerten – Parallelen hierzu gibt es beim Abitur – weist auf geringere Bildungschancen von jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund hin, die in Deutschland geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen sind. Dass von den im Ausland geborenen Ausländern/Ausländerinnen allerdings noch deutlich weniger studieren, stellt diese These in Frage. Außerdem finden sich in den Migrantengruppen mit den meisten Abiturienten und Abiturientinnen – das sind selbst Zugewanderte und aus dieser Gruppe jene ausländischer Staatsangehörigkeit sowie Eingebürgerte – zugleich die meisten Schulabgängerinnen und Schulabgängern ohne Abschluss. Für eine befriedigende Erklärung derartiger Bildungsunterschiede sind zusätzliche Informationen erforderlich, z.B. zur Aufenthaltsdauer in Deutschland, zum Alter bei der Zuwanderung, zu differierenden familialen Ressourcen (u.a. Bildungsniveau, Einkommen, Beruf), zu regionalen Herkunftsdifferenzen und sozialisationsrelevanten kollektiven bzw. familiären Traditionen. Auf Basis einer an der familiären Zuwanderung orientierten Unterscheidung nach Generationen zeigen sich bei den in Deutschland geborenen Jugendlichen (zweite und dritte Generation) Annäherungen an jene ohne Migrationshintergrund. Beispielsweise sind in der zweiten Migrantengeneration mehr 14- bis 24-Jährige in Gruppen, Vereinen, Verbänden oder Organisationen aktiv als in der ersten Migrantengeneration. Auch unterscheiden sich Jugendliche der dritten Generation in der Beteiligung an einer auf das Abitur ausgerichteten Bildungslaufbahn kaum mehr von den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Wenn nur ein Elternteil von Seiten der zugewanderten Großeltern im Ausland geboren ist, besuchen sie sogar häufiger das Gymnasium als diese. Jugendliche der zweiten Generation mit lediglich einem außerhalb Deutschlands geborenen Elternteil gehen ebenso häufig auf ein Gymnasium wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Klassenwiederholungen verringern sich ebenfalls von der ersten bis zur dritten Generation. Derartige Ergebnisse erfordern weitere Klärung, und zwar im größeren Kontext des Wandels von Lebenslagen und Lebensführungsmustern von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. 176 5.4 Migrationshintergrund und sozialer Hintergrund – alternative oder komplementäre Einflussfaktoren? Auf der Suche nach Erklärungen für die gegenüber Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund schwierigere Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Bildung und Ausbildung sowie für ihre geringeren Bildungs- und Ausbildungschancen hat sich der Blick vor allem auf den Beitrag von Leistungen und Leistungsbewertungen sowie – unterschiedlich weitreichend und differenziert – auf soziale, kulturelle und ökonomische Ressourcen der jungen Menschen und ihrer Familien gerichtet. Die Befunde repräsentativer Studien belegen Zusammenhänge zwischen vorgängigen Leistungen sowie den vorhandenen Ressourcen einerseits und dem Zugang zum schulischen Sekundarbereich, zur vollqualifizierenden Ausbildung sowie zum Studium andererseits. Nicht immer aber lassen sich ungünstigere Bildungs- und Ausbildungsverläufe der jungen Menschen mit Migrationshintergrund durch solche Analysen vollständig aufklären. Für Kinder mit türkischem Migrationshintergrund und aus Familien von (Spät-)Aussiedlern ist die Chance, dass sie von der Grundschule ins Gymnasium übertreten, fast ebenso hoch wie für Kinder ohne Migrationshintergrund, wenn sie den gleichen sozioökonomischen Status wie diese haben. Verfügen die Kinder in Tests und Schulnoten zusätzlich über gleich gute Leistungen, so wächst die Chance, dass Kinder mit Migrationshintergrund häufiger als jene ohne Migrationshintergrund ins Gymnasium übertreten. In der gymnasialen Oberstufe verliert der Migrationshintergrund an Bedeutung, wenn der Einfluss des Geschlechts, des Wohnorts und der sozialen Herkunft berücksichtigt wird. Mädchen aus Großstädten mit erwerbstätigen Eltern eines höheren Bildungsniveaus haben eine höhere Chance zu deren Besuch als andere. Bei Jugendlichen aus Familien, die aus Drittstaaten zugereist sind, behält der Migrationshintergrund allerdings seine Bedeutung für den Besuch der gymnasialen Oberstufe. Deutliche Anzeichen gibt es auch für einen Zusammenhang zwischen schulischen Bildungsabschlüssen und dem sozioökonomischen Status. Je höher der sozioökonomische Status ist, desto höher ist auch der Anteil der Schüler/innen mit Migrationshintergrund, die ein Abitur haben oder das Gymnasium besuchen. Bei einem hohen sozioökonomischen Status der Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund hängt das Erreichen dieser Bildungsabschlüsse bzw. Bildungsgänge nicht mehr vom Migrationshintergrund ab. In den darunter liegenden Bildungsgängen sind die Schulabschlüsse von Jugendlichen mit Migrationshintergrund jedoch trotz eines gleichen sozioökonomischen Status niedriger als die der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Mit anderen Worten: Hier erklärt der sozioökonomische Status Unterschiede nicht, die Variable „Migrationshintergrund“ behält zunächst ihre Bedeutung. Im Ausbildungsbereich wurden Unterschiede in den Chancen von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund, in eine vollqualifizierende 177 Ausbildung einzumünden, mit einem sehr differenzierten ressourcenorientierten Ansatz untersucht (vgl. Beicht/Granato 2009; Beicht u.a. 2008). Zunächst stellten die Wissenschaftler/innen fest, dass individuelle Ausbildungspläne und Strategien bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz sich nicht nach Migrationshintergrund unterscheiden. Dass das Ziel einer vollqualifizierenden Ausbildung erreicht wird, konnte wesentlich auf eine gute schulische Vorbildung, einen höheren Sozialstatus der Familie und eine gute soziale Einbindung zurückgeführt werden. Jugendliche mit Migrationshintergrund, die einen Ausbildungsplatz suchen, erfüllen diese Bedingungen jedoch seltener als jene ohne Migrationshintergrund, was ihre Chancen mindert. Sie münden aber auch dann seltener in eine vollqualifizierende Berufsausbildung ein, wenn sie über die gleichen Ressourcen und schulischen Qualifikationen wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund verfügen und sich zusätzlich nicht in weiteren, die Lebensführung und Lebenslage bestimmende Faktoren von diesen unterscheiden, wie z.B. Wohnregion, Siedlungsdichte und Zeitpunkt des Schulabschlusses. Dem Migrationshintergrund kommt demnach immer noch ein eigener, wenn auch geringerer Erklärungswert zu, solange nicht weitere Einflüsse auf die Einmündung in Ausbildung identifiziert werden können. Die Relevanz schulischer Leistungen für den Hochschulzugang bestätigen Untersuchungsergebnisse, nach denen türkische Jugendliche deutlich höhere Chancen haben, ein Studium aufzunehmen als deutsche Jugendliche, wenn sie gleiche Schulabschlüsse und Abschlussnoten wie diese vorweisen können. Gleichzeitig weisen empirische Befunde darauf hin, dass die Studierneigung und -bereitschaft von Studienberechtigten mit einem türkischen Migrationshintergrund nicht beeinträchtigt wird, wenn sie schlechtere Schulnoten haben und unter schwierigeren sozialen Bedingungen leben als jene ohne Migrationshintergrund. Sie beginnen vielmehr häufiger als diese ein Studium. Auf höhere sozioökonomische Belastungen von Studierenden mit Migrationshintergrund gegenüber ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen ohne Migrationshintergrund weist hin, dass ihre Eltern sie seltener finanziell unterstützen und dass sie häufiger auf eine BAföG-Förderung sowie einen eigenen Verdienst zur Finanzierung ihres Studiums angewiesen sind. Möglicherweise liegen in diesen ungünstigeren Studienbedingungen Gründe für erhöhte Abbruchquoten von Studierenden mit Migrationshintergrund, auf die es – empirisch allerdings noch nicht ausreichend erhärtete – Hinweise gibt. In den Handlungsfeldern der Jugendverbandsarbeit, der Jugenderholung und internationalen Jugendbegegnung stellen Gymnasiasten und Gymnasiastinnen das Gros der Teilnehmenden. Die Unterrepräsentanz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund dieses Bildungsniveaus scheint hier zum Ausschluss dieser Gruppe beizutragen. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund selbst dann geringere Teilnahmequoten in der Jugendarbeit erreichen, wenn sie über den gleichen Bildungshintergrund verfügen wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Dies zeigt sich im freiwilligen Engagement oder bei Funktionsübernahmen in Organisationen. Lediglich in den offenen Angeboten von Jugendhäusern 178 und ähnlichen Einrichtungen sowie in der mobilen Jugendarbeit/Streetwork sind Jugendliche mit Migrationshintergrund überproportional zu ihrem Bevölkerungsanteil vertreten. Dies sind zugleich die Angebote, die häufiger von Jugendlichen mit niedrigerer Schulbildung in Anspruch genommen werden. Diese Ergebnisse verdeutlichen, wie bedeutend (familiale) soziale, kulturelle und ökonomische Ressourcen für die Bildungs- und Ausbildungschancen von Jugendlichen unabhängig von ihrem Migrationsstatus sind. In einer Gesellschaft, in der Zugewanderte und ihre Nachkommen häufiger als Personen ohne Migrationshintergrund nur einen eingeschränkten Zugang zu derartigen Ressourcen haben, ist es deswegen nicht erstaunlich, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund ihre Bildungspotenziale weder gleichermaßen entwickeln noch nutzen können wie Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. Dennoch behält der Migrationshintergrund teilweise einen – wenn auch angesichts anderer Faktoren verringerten – Erklärungswert für Ungleichheiten im Bildungs- bzw. Ausbildungsbereich. Dahinter werden strukturelle, kollektive und individuelle Diskriminierungen vermutet, die eine NegativSelektion im Bildungsverlauf bedingen. An empirischen Überprüfungen derartiger Thesen mangelt es bislang jedoch, z.B. durch die wissenschaftliche Analyse der Bewerberauswahl an Berufsfachschulen und in Betrieben (vgl. Beicht/Granato 2011). Viele Forschungsthemen, die Selektionsprozesse aufdecken könnten, sind bislang noch gar nicht oder nicht ausreichend analysiert. Hierzu gehören u.a. Klassenwiederholungen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, das eklatante Ungleichgewicht zwischen ausländischen und deutschen Schüler/innen bei der Zuweisung in Förderschulen, vor allem des Schwerpunkts Lernen, die gegenüber der deutschen Vergleichsgruppe häufigeren vorzeitigen Auflösungen von Ausbildungsverträgen durch ausländische Auszubildende oder Studienabbrüche bei ausländischen Studierenden. Gleichzeitig mangelt es an Studien, die im Zusammenhang mit ungleichen Ressourcen, Selektionsmechanismen bzw. strukturellen Hürden die vermeintliche Homogenität der Gruppe mit Migrationszugehörigkeit durch differenzierte Analysen in Frage stellen bzw. auflösen, indem sie den Migrationsstatus, das Herkunftsland bzw. die Herkunftskultur sowie das Geschlecht berücksichtigen. 5.5 Geschlechterdifferenzen – nicht nur Gewinnerinnen und Verlierer Unter einer geschlechterdifferenzierten Perspektive zeigen sich im Vergleich der unterschiedlichen Bildungs- und Ausbildungsbereiche gegenläufige Tendenzen. Während unter den jungen Menschen mit Migrationshintergrund bzw. mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit Mädchen und junge Frauen gegenüber Jungen und jungen Männern in der Schule und im Studium als Gewinnerinnen des Bildungswettlaufs erscheinen, trifft dies für die duale Berufsausbildung nicht zu. In der Jugendarbeit divergieren die Ergeb179 nisse je nach Handlungsfeld, ohne dass – aufgrund mangelnder Analysen zu deren Bildungseffekten – entschieden werden könnte, ob und welche Gruppe hier bildungsbezogen mehr profitiert. Soweit detaillierte Daten zum allgemeinbildenden Schulsystem, zur beruflichen Ausbildung und zum Studium vorliegen, deuten sich jedoch vereinzelt auch für die o.g. Tendenzen differenzierte Ergebnisse an. Vorsprünge in den jeweiligen Bereichen müssen jedoch nicht einhergehen mit besseren Bildungschancen junger Frauen oder Männer mit Migrationshintergrund bzw. ausländischer Staatsangehörigkeit gegenüber weiblichen und männlichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund bzw. mit deutscher Staatsangehörigkeit. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine einfache Unterscheidung nach Migrationshintergrund oder Staatsangehörigkeit die Bildungssituation und die Bildungschancen von weiblichen und männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund allenfalls oberflächlich erfasst. Werden Geschlechterunterschiede vernachlässigt, so besteht deswegen die Gefahr, dass Bildungspotenziale falsch eingeschätzt und Unterstützungsangebote nicht ausreichend spezifiziert werden. Im allgemeinbildenden Schulsystem besuchen von den ausländischen Mädchen und jungen Frauen anteilig mehr das Gymnasium und legen öfter die (Fach-)Hochschulreife ab, als dies bei den ausländischen Jungen und jungen Männern der Fall ist. Diese Tendenz findet sich auch bei einer weitergehenden Differenzierung nach Staatsangehörigkeit bei den Angehörigen aller anderen erfassten Länder. Der Vergleich mit deutschen Schulabgängerinnen und Schulabgängern zeigt allerdings, dass deutsche weibliche Jugendliche gegenüber der männlichen deutschen Vergleichsgruppe einen noch höheren Bildungsvorsprung haben als dies bei den ausländischen Schulabsolventinnen der Fall ist. Beim mittleren Bildungsabschluss (Realschule) und bei jenen ohne Hauptschulabschluss sind die Differenzen gegenüber den männlichen Jugendlichen in der Gruppe der deutschen Schulabgängerinnen jedoch geringer als bei den ausländischen. Die schulischen Voraussetzungen beeinflussen sowohl Berufswünsche als auch Chancen, in unterschiedliche Ausbildungsgänge einzumünden. Gleichwohl determiniert der Schulabschluss nicht den weiteren Bildungsbzw. Ausbildungsweg. Darauf weisen Daten hin, nach denen Jugendliche mit Migrationshintergrund unabhängig von ihrem Schulabschluss geringere Chancen haben, in eine vollqualifizierende Berufsausbildung einzumünden (Bundesinstitut für Berufsbildung 2010a). So ist für junge Frauen mit Migrationshintergrund trotz ihrer höheren Schulabschlüsse die Hürde der sog. ersten Schwelle höher als für junge Männer mit Migrationshintergrund. Wird ausschließlich der Übergang in eine betriebliche Berufsausbildung betrachtet, d.h. außerbetriebliche oder schulische Formen werden ausgeklammert, so verringert sich die Aussicht der jungen Frauen auf Einmündung in Ausbildung nochmals erheblich. Nach einer die Bildungs- und Ausbildungsverläufe von Hauptschülerinnen und Hauptschülern begleitenden Paneluntersuchung sind hingegen die weiblichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die eine berufliche Ausbildung im dualen System planen – dies ist seltener als bei den männli180 chen Jugendlichen der Fall –, direkt nach Schulabschluss erfolgreicher bei der Realisierung dieses Wunsches als die männlichen Schulabgänger mit Migrationshintergrund (vgl. Kuhnke/Müller 2009). Beide Gruppen sind jedoch weniger erfolgreich als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Die Chancen für den Übergang in Ausbildung unterscheiden sich dieser Studie zufolge nicht nur nach Geschlecht, sondern zusätzlich nach (familiärem) Herkunftsland. So gelang es z.B. jungen Frauen mit osteuropäischem Migrationshintergrund ähnlich häufig wie Frauen ohne Migrationshintergrund, ihre Ausbildungspläne zu verwirklichen. Unter den Gruppen, die den Sprung in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis geschafft haben, erreichen die weiblichen ausländischen Jugendlichen geringere Ausbildungsbeteiligungsquoten als männliche ausländische Jugendliche. Dabei ist die prozentuale Differenz zwischen den jungen Frauen und Männern größer als bei den deutschen Jugendlichen. Aus den Geschlechterdifferenzen bei den Schulabschlüssen ergeben sich hierfür keine plausiblen Erklärungen und dass ausländische Frauen mit einer Hochschulzugangsberechtigung seltener ein Studium als deutsche Frauen aufnehmen, würde eher die Annahme nahelegen, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den ausländischen Auszubildenden geringer als bei den deutschen ist. Gründe für den gegenüber der deutschen Vergleichsgruppe deutlich geringeren Anteil weiblicher als männlicher Jugendlicher in der dualen Berufsausbildung könnten vertiefende empirische Untersuchungen liefern, die sich auf die Geschlechterperspektive konzentrieren. Geschlechtsspezifische Unterschiede finden sich auch in den Zuständigkeitsbereichen, in den Berufsgruppen und in den einzelnen Berufen der dualen Ausbildung. Die Platzierung sowohl männlicher als auch weiblicher Auszubildender mit ausländischer Staatsangehörigkeit entspricht der geschlechtsspezifischen Segregation der Ausbildungsbereiche. Unterschieden werden von einem Geschlecht dominierte, überwiegend von einem Geschlecht ausgeübte und gemischtgeschlechtliche Ausbildungsbereiche. Im Zuständigkeitsbereich mit dem größten Anteil Auszubildender, in Industrie und Handel, waren – in Relation zur Gesamtgruppe der weiblichen Auszubildenden – ausländische Frauen anders als die deutschen seltener als Männer vertreten. Männliche Auszubildende absolvierten – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – fast ausschließlich in den Bereichen Industrie und Handel sowie Handwerk eine Ausbildung. In welchem Umfang weibliche und männliche Jugendliche zum hohen Anteil von ausländischen Auszubildenden in den (theoriegeminderten) zweijährigen Ausbildungsberufen gehören, die speziell für benachteiligte Jugendliche entwickelt wurden (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011), ist nicht ausgewiesen. In ihrer Ausbildung konzentrieren sich ausländische weibliche Auszubildende stärker noch als männliche auf einige wenige Berufe. Die fünf von ausländischen Frauen am häufigsten ausgeübten Ausbildungsberufe werden als Berufe charakterisiert, die „zumindest teilweise (…) nur wenige Aufstiegsmöglichkeiten bieten“ (Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2010, S. 163). Interpretiert werden solche Konzentrationen zum einen als Folge einer niedrigen schulischen Vorbildung, denn diese Berufe setzten „tendenziell eher geringe formale Qualifikatio181 nen“ voraus (Siegert 2009, S. 36). Zum anderen werden Verdrängungstendenzen vermutet, die ausländischen Jugendlichen nur in jenen Ausbildungsberufen eine Chance auf einen Ausbildungsplatz eröffnen, die von deutschen Jugendlichen wenig nachgefragt werden. Auch ein Mangel an Informationen über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten könnte ein möglicher Grund sein. Im Geschlechtervergleich lässt sich der fehlende zwingende Zusammenhang zwischen Schulabschluss und weiterer Ausbildung auch dadurch verdeutlichen, dass 18- bis 25-jährige junge Frauen mit Migrationshintergrund, die über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügen, in Relation zur männlichen Vergleichsgruppe seltener ein Studium aufnehmen. Die weiblichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund dieses Bildungsniveaus münden häufiger in eine schulische oder betriebliche Berufsausbildung ein. Unter den ausländischen Studierenden (Bildungsinländer/innen) bzw. den Studierenden mit Migrationshintergrund, die in Deutschland ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben, liegt der Frauenanteil knapp unter der Hälfte. Wird nach Migrationshintergrund differenziert, so zeigt sich die Situation an deutschen Hochschulen für spezifische Gruppen junger Frauen mit Migrationshintergrund positiver als es die Hochschulstatistik widerspiegelt. Beispielsweise lag der Frauenanteil in der Gruppe der deutschen Studierenden mit mindestens einem ausländischen Elternteil über dem Durchschnitt aller weiblichen Studierenden mit Migrationshintergrund. Von den Fächergruppen wählen Bildungsinländerinnen am häufigsten Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften – häufiger als deutsche Studentinnen und auch als ihre männlichen Kommilitonen mit und ohne Migrationshintergrund. Auffallend ist der gegenüber den deutschen Studierenden höhere Anteil der Bildungsinländerinnen und Bildungsinländer, die den Studiengang der Ingenieurswissenschaften absolvieren, wobei hier der Anteil der Männer über dem der Frauen liegt. Der gegenüber deutschen Frauen/Frauen ohne Migrationshintergrund höhere Anteil von Bildungsinländerinnen in diesem Fach wird damit erklärt, dass möglicherweise in den jeweiligen Herkunftskulturen Berufe dieser Fächergruppe nicht als männlich konnotiert verstanden und daher eher auch von Frauen gewählt werden (Karakaşoğlu-Aydın/Neumann 2001). Eine Überprüfung dieser Interpretation erfordert eine weitere Differenzierung nach Staatsangehörigkeit und eine darauf bezogene Analyse von geschlechterbezogenen Berufsbildern und -praxen. Zwischen den Studienabbruchquoten weiblicher und männlicher Bildungsinländer/innen gibt es auf den ersten Blick keine Unterschiede. Eine Differenzierung nach Herkunftsländern zeigt aber, dass weibliche Studierende mit chinesischer, polnischer oder einer Staatsbürgerschaft aus Bosnien-Herzegowina erheblich seltener als ihre männlichen Kommilitonen gleicher Staatsangehörigkeit ihr Studium abbrechen, während die Studienabbruchquoten bei den Frauen mit italienischem und türkischem Pass über denen der jungen Männer liegen. Entsprechend der stark am Fächerangebot orientierten Wahl der Hochschulart schließen ausländische Frauen – wie auch deutsche – im Vergleich zu ihren männlichen Kommilitonen das Studium deutlich häufiger an einer 182 Universität und seltener an einer Fachhochschule ab. Dabei fällt die prozentuale Differenz zwischen den Absolventinnen und Absolventen ausländischer Staatsangehörigkeit bei den Fachhochschulabschlüssen etwas größer aus als bei den Deutschen. Diese Daten korrespondieren mit den Ergebnissen aus der Analyse der Schulabschlüsse. Vor dem Hintergrund, dass Fachhochschul- gegenüber Universitätsabsolventinnen und -absolventen schneller und erfolgreicher in den Beruf einmünden, kann angenommen werden, dass sich weibliche Studierende mit ausländischer Staatsangehörigkeit höheren Hürden bei der Verwertung ihrer akademischen Abschlüsse nach dem Studium gegenübersehen als die männlichen Absolventen. Die Datenlage zur Jugendarbeit erlaubt zum einen nur einen eingeschränkten und in bestimmten Feldern lediglich punktuellen Einblick in geschlechtsspezifische Unterschiede. Zum anderen sind die Ergebnisse in ihrer Tendenz z.T. uneinheitlich, was auf weiteren Forschungsbedarf hinweist. Zunächst deuten die Daten zur Beteiligung und zum freiwilligen Engagement in Vereinen, Verbänden, Gruppen sowie Organisationen darauf hin, dass weibliche Jugendliche mit Migrationshintergrund sowohl seltener aktiv als auch engagiert sind. Die altersspezifische Differenzierung ehrenamtlichen Engagements schränkt dieses Ergebnis jedoch auf die „Älteren“ ein, auf junge Frauen zwischen 20 und 24 Jahren, möglicherweise aufgrund einer stärkeren Orientierung auf Partnerschaft, Mutterschaft und beruflicher Qualifizierung als bei den jungen Männern (vgl. Picot/Sozialwissenschaftliche Projekte 2011). Zudem variiert die allgemeine Aussage interessenbezogen – sie gilt nicht für Gesangs- und Musikvereine sowie Theatergruppen, in denen weibliche Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger als die männlichen aktiv sind. Schließlich erwerben junge Frauen häufiger als junge Männer mit Migrationshintergrund Jugendleitercards. Übereinstimmend für beide Geschlechter zeichnet sich hingegen ab, dass der Zugang der Jugendlichen mit Migrationshintergrund sowohl zu Aktivitäten als auch zu ehrenamtlichen Aufgaben und Funktionen und zur JugendleiterAusbildung gegenüber den jungen Menschen ohne Migrationshintergrund eingeschränkt ist. Die geschlechtsspezifischen Differenzen sind bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund in diesen Beteiligungsformen ausgeprägter als bei jenen ohne Migrationshintergrund. Wie in der offenen Jugendarbeit sind auch in der mobilen Jugendarbeit Jugendliche mit Migrationshintergrund relativ gut vertreten. Mädchen und junge Frauen werden hier generell seltener erreicht als Jungen und junge Männer. Für Jugendliche mit Migrationshintergrund ist diese Tendenz in der offenen Jugendarbeit belegt. Erklärungsansätze hierfür weisen auf das von weiblichen Jugendlichen abgelehnte Milieu in den Einrichtungen und auf deren Präferenzen für die Freizeitgestaltung in privaten Kontexten hin (Boos-Nünning/Karakaşoğlu 2004). Die Erklärung geschlechtsspezifischer Differenzen in der Jugendarbeit ist nicht nur hinsichtlich der Gruppe der Jugendlichen ohne, sondern auch mit Migrationshintergrund unzureichend. Allgemein mangelt es an aussagekräftigen Studien zum Handlungsfeld der Jugendarbeit, die derartige Unterschiede ausreichend vertiefen. 183 5.6 Die zeitliche Entwicklung von Potenzialen und Chancen in Bildung und Ausbildung Gegenüber früheren Jahren hat sich die schulische Situation von Jugendlichen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit verbessert. Bei den Schulabschlüssen holten die ausländischen Schülerinnen und Schüler in Deutschland seit 1992 deutlich auf: Der Anteil jener, die die Schule ohne Abschluss oder mit Hauptschulabschluss verlassen, verringerte sich, der Anteil der Realschulabsolventinnen und -absolventen nahm zu und auch bei den Schulabgängerinnen/Schulabgängern mit Fachhochschul- und Hochschulreife war ein Anstieg zu beobachten. Insbesondere ausländische weibliche Jugendliche haben in der Schulbildung und beim Hochschulzugang bemerkenswerte Zuwächse zu verzeichnen. Im Vergleich mit den jungen Männern mit Migrationshintergrund verringerte sich ihr Anteil bei den Hauptschulabschlüssen deutlicher und stieg bei der (Fach-)Hochschulreife stärker an. Diese positiven Entwicklungen sind Teil eines allgemeinen Trends, der auch deutsche Jugendliche betrifft. Deswegen bleiben die Bildungschancen der Jugendlichen mit ausländischer Staatsangehörigkeit trotz der positiven zeitlichen Entwicklung teilweise weiterhin hinter denen der Jugendlichen mit deutscher Staatsangehörigkeit zurück. Der Abstand zwischen den beiden Gruppen verringerte sich bei Abschlüssen ohne und mit Hauptschulabschluss, die Differenzen sind jedoch noch deutlich ausgeprägt. Bei Realschulabschlüssen hat sich die Distanz demgegenüber erheblich vermindert und bei der Fachhochschulreife liegen beide Gruppen gleichauf. Nicht aufgeholt haben die ausländischen Schüler/innen aber beim höchsten Schulabschluss, dem Abitur. Hier hat sich der Vorsprung der deutschen Schulabgängerinnen und -abgänger über die Zeit sogar noch vergrößert. Im Ausbildungsbereich entwickelte sich die Situation der Jugendlichen mit Migrationshintergrund vor dem Hintergrund einer generellen Abnahme von Ausbildungsverhältnissen weniger günstig. Seit 2006 nahm die Ausbildungsbeteiligungsquote jedoch nach einer längeren Talfahrt wieder zu. Vor allem in den letzten zwei Jahren vor 2009 fanden mehr ausländische Jugendliche Zugang zur dualen Ausbildung. Die Geschlechterdifferenzen haben sich bei den ausländischen Jugendlichen im Zeitverlauf verringert. Bis 2004 sanken die Anteile der männlichen Jugendlichen deutlich stärker als die der weiblichen Jugendlichen, seitdem verläuft die Entwicklung in etwa parallel. Trotzdem liegen die Ausbildungsbeteiligungsquoten der ausländischen Jugendlichen noch erheblich unter denen der deutschen. Der prozentuale Abstand zwischen den ausländischen und deutschen Frauen hat sich zwischen 1992 und 2009 jedoch verringert, bei den Männern blieb er unverändert. Für einen sich fortsetzenden positiven Trend spricht, dass angesichts der demografischen Entwicklung mit einem weiteren Bewerberrückgang gerechnet werden kann, der Jugendlichen mit Migrationshintergrund mehr Chancen eröffnet, vor allem auch vor dem Hintergrund der Tendenz zu höheren Schulabschlüssen und zur Hochschulausbildung dieser Gruppe (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 149). 184 Zwischen 2000 und 2010 erhöhte sich auch die Zahl der Studierenden mit deutscher Hochschulberechtigung, ihr Anteil an allen Studierenden wuchs hingegen kaum. Gegenüber dem Vorjahr war im Wintersemester 2008/2009 ihr Zulauf zu den Fachhochschulen stärker als zu den Universitäten gestiegen. Der Anteil der ausländischen Studien-Absolventinnen und -Absolventen unter den Bildungsinländer/innen erhöhte sich – von einer niedrigen Ausgangsbasis – stärker als bei den Abgängerinnen und Abgängern insgesamt. Vor allem in den MINT128-Fächern, in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie in den Sprach- und Kulturwissenschaften waren kräftige Steigerungen zu beobachten. Sowohl bei den deutschen als auch bei den ausländischen Absolventinnen und Absolventen fallen die Zuwächse über die Zeit hinweg für die Frauen wesentlich höher aus als für die Männer. Während jedoch bei den deutschen Studierenden sowohl die Anzahl der männlichen als auch der weiblichen Studierenden im Vergleich zum Jahr 2000 gestiegen ist, erhöhten sich die Werte bei den Bildungsinländerinnen und -inländer nur in der Gruppe der jungen Frauen, während sie bei den jungen Männern sanken. 5.7 Datenlage – Datenbedarf Eine Beschreibung und Erklärung der (Aus-)Bildungssituation und der (Aus-)Bildungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund kann derzeit nicht auf einer Datenlage aufbauen, die umfassende und gut vergleichbare Befunde zur Verfügung stellt. Zwar legt die amtliche Statistik Vollerhebungen mit präzisen Daten zum Besuch und zu Abschlüssen im allgemeinbildenden Schulsystem, zur Beteiligung an der Berufsausbildung und zum Hochschulstudium vor, sie erfasst überwiegend jedoch lediglich das Merkmal Staatsangehörigkeit und kann somit nur Auskunft über eine Teilgruppe der jungen Menschen mit Migrationshintergrund geben, über ausländische Jugendliche und junge Erwachsene. Wie Vergleiche mit repräsentativen Untersuchungen nahelegen, ist diese Teilgruppe in den einzelnen Bildungsbereichen weniger erfolgreich als die Gesamtgruppe der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, zu der auch deutsche Jugendliche aus zugewanderten Familien gehören. Die amtliche Statistik dürfte deswegen die Bildungspotenziale der Jugendlichen mit Migrationshintergrund nur unzureichend abbilden. Für die Zukunft sind Korrekturen der amtlichen Statistik zu erwarten, denn sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene gibt es Initiativen zur Erweiterung und Vereinheitlichung der Daten, die sich an der Erfassung von Personen mit Migrationshintergrund nach dem Vorbild des Mikrozensus orientieren (vgl. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2010, S. 57). 128 „MINT“ steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. 185 Der Mikrozensus sowie weitere repräsentative Erhebungen geben einen genaueren Eindruck von der Bildungslage von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Kritsch anzumerken ist jedoch, dass unterschiedliche Definitionen bzw. Operationalisierungen von „Migrationshintergrund“ einen Vergleich der Befunde erschweren. Zudem wird in Veröffentlichungen das Merkmal „mit“ oder „ohne Migrationshintergrund“ – wesentlich aufgrund geringer Fallzahlen – oft nicht weiter differenziert, so dass Aussagen zum Migrationsstatus, zur nationalen Herkunft, zu Geschlechterdifferenzen und zum sozioökonomischen Hintergrund nur teilweise möglich sind. Der weitergehende Anspruch, diese Variablen – gegebenenfalls auch noch regional differenziert – miteinander in Beziehung zu setzen, stößt auf noch größere Hindernisse. So entsteht ein lückenhaftes und nicht immer passgenaues Puzzle mit Daten zu unterschiedlich definierten und spezifizierten Bevölkerungsgruppen. Sowohl die verallgemeinernde als auch differenzierende Darstellung zum Stand und zur Entwicklung der Bildungssituation und von Bildungschancen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund stößt deswegen an Grenzen. Sie kann die Bildungs- und Ausbildungswirklichkeit lediglich annähernd beschreiben. Zudem mangelt es an vertiefenden Analysen zu Einflussfaktoren. Erst vor ihrem Hintergrund zeigt sich, inwieweit der Migrationshintergrund oder auch weitere Kategorisierungen, etwa nach Herkunftsland, Aufenthaltsdauer oder Migrantengeneration, Bildungs- und Ausbildungschancen erklären oder inwieweit hier andere Faktoren Einfluss nehmen, wie z.B. sozioökonomischer Status oder institutionelle Rahmenbedingungen. Die vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass die Tatsache des Migrationshintergrundes als solche Unterschiede in den Bildungschancen nicht ausreichend erklären kann. Auch was sich hinter einem weiterhin wirksamen Einfluss von „Migrationshintergrund“ auf (Aus-)Bildungschancen und -risiken verbirgt, ist noch nicht genügend geklärt. 186 Literaturverzeichnis Alesi, Bettina/Merkator Nadine (Hrsg.) (2010): Aktuelle hochschulpolitische Trends im Spiegel von Expertisen. Internationalisierung, Strukturwandel, veränderter Arbeitsmarkt für Absolventen. Werkstattbericht 72. Internationales Zentrum für Hochschulforschung. Kassel Anger, Christina/Tröger, Michael/Voß, Hendrik/Werner, Dirk (2007): Machbarkeitsstudie zur Entwicklung einer Integrierten Ausbildungsstatistik am Beispiel Hessen. Projekt-Endbericht an das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung. Köln Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ) (2005): Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaf für Jugendhilfe zu Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Berlin. http://www.agj.de/fileadmin/ files/positionen/2005/Stellungnahme_Offene_Kinder_Jugendarbeit.pdf (19.08.2010) Arbeitsstelle KJH-Statistik (2011): KJH-Statistik. www.akjstat.uni-dortmund.de/projekte/output. php?projekt=2 (30.03.2011) Assmann, Peter/Schwarze, Kathrin/Sterzenbach, Anna-Hendrikje/Voigts, Gunda (2011): „Weil sie davon ausgehen, dass sie nicht willkommen wären.“ Zugangsbarrieren und Teilnahmehemmnisse von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Berliner Jugendverbänden. In: Deutsche Jugend. 59. Jg., H. 2, S. 76–83 Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2008): Bildung in Deutschland 2008. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Übergängen im Anschluss an den Sekundarbereich I. Bielefeld Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010): Bildung in Deutschland 2010. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel. Bielefeld Baethge, Martin (2008): Das berufliche Bildungswesen in Deutschland am Beginn des 21. Jahrhunderts. In Cortina, Kai S./Baumert, Jürgen/Leschinsky, Achim/Mayer, Karl Ulrich/Trommer, Luitgard (Hrsg.): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Reinbek, S. 541–598 Baethge, Martin/Solga, Heike/Wieck, Markus (2007): Berufsbildung im Umbruch. Signale eines überfälligen Aufbruchs. Friedrich-Ebert-Stiftung- Bonn Barthels, Katja (2007): Sind Privatschulen besser? Sieben Antworten auf häufig gestellte Fragen. In: DIE ZEIT, 18.10.2007, Nr. 43 Baumert, Jürgen/Schümer, Gundel (2001): Familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb. In: Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen, S. 323–407 Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.) (2010): Die beruflichen Schulen in Bayern. München. www.verwaltung.bayern.de/Anlage4010581/DieberuflichenSchuleninBayern.pdf (14.06.2011) Beicht, Ursula (2010): Bedeutung und Wirksamkeit von Bildungsgängen des Übergangssystems. In: BIBB (Hrsg.) Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2010, S. 90–96 Beicht, Ursula/Granato, Mona (2009): Übergänge in eine berufliche Ausbildung. Geringere Chancen und schwierige Wege für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Friedrich-EbertStiftung: WIS0 Diskurs. Bonn. www.bibb.de/de/52287.htm (24.11.2010) Beicht, Ursula/Granato, Mona (2011): Prekäre Übergänge vermeiden – Potenziale nutzen. Junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund an der Schwelle von der Schule zur Ausbildung. Expertise im Auftrag des Gesprächskreises Migration und Integration der Friedrich-EbertStiftung. WISO Diskurs, Juli 2011 Beicht, Ursula/Ulrich, Joachim Gerd (2008): Ausbildungsverlauf und Übergang in Beschäftigung: Teilnehmer/-innen an betrieblicher und schulischer Berufsausbildung im Vergleich. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis: BWP, 37. Jg., H. 3, S. 19–23 Beicht, Ursula/Friedrich, Michael/Ulrich, Joachim Gerd (Hrsg.) (2008): Ausbildungschancen und Verbleib von Schulabsolventen. Bielefeld Beicht, Ursula/Krewerth, Andreas/Eberhard, Verena/Granato, Mona (2009): Viel Licht – aber auch Schatten – Qualität dualer Berufsausbildung in Deutschland aus Sicht der Auszubildenden. BIBB Report. 9/09 Berngruber, Anne/Pötter, Uli/Prein, Gerald (2012): Bildungsaufstieg oder Bildungsvererbung? Analysen zum Migrationshintergrund. In: Rauschenbach, Thomas/Bien, Walter (Hrsg.): Aufwachsen in Deutschland. AID:A – der neue DJI-Survey. Weinheim/Basel, S. 54–67 Bonin, Holger/Schneider, Marc/Quinke, Hermann/Arens, Tobias (2007): Zukunft von Bildung und Arbeit. Perspektiven von Arbeitskräftebedarf und -angebot bis 2020. IZA Research Report Nr. 9 Boos-Nünning, Ursula/Karakaşoğlu, Yasemin (2004): Viele Welten leben. Lebenslagen von Mädchen und jungen Frauen mit griechischem, italienischem, jugoslawischem, türkischem und Aussiedlerhintergrund. Berlin 187 Bos, Wilfried/Lankes, Eva-Maria/Prenzel, Manfred/Schwippert, Knut/Valtin, Renate/Walther, Gerd (Hrsg.) (2004). IGLU. Einige Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und internationalen Vergleich. Münster/New York/München/Berlin Bos, Wilfried/Hornberg, Sabine/Arnold, Karl-Heinz/Faust, Gabriele/Fried, Lilian/Lankes, Eva-Maria/ Schwippert, Knut/Valtin, Renate (Hrsg.) (2008): IGLU-E 2006. Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und internationalen Vergleich – Zusammenfassung – Handout zur Pressekonferenz in Berlin Böttcher, Wolfgang/Dicke, Jan Nikolas/Ziegler, Holger (Hrsg.) (2009): Evidenzbasierte Bildung. Wirkungsevaluation in Bildungspolitik und pädagogischer Praxis. Münster Briedis, Kolja (2007): Übergänge und Erfahrungen nach dem Hochschulabschluss. Ergebnisse der HIS-Absolventenbefragung des Jahrgangs 2005. HIS: Forum Hochschule BR-online: Privatschulen. Internationale und bilinguale Schulen. Stand: 13.08.2008. www. br-online.de/wissen/bildung/privatschulen (16.09.2010) Bruhns, Kirsten (2012): Jugendliche mit Migrationshintergrund in der Jugendarbeit. In: Rauschenbach, Thomas/Borrmann, Stefan (Hrsg.): Enzyklopädie Erziehungswissenschaft Online. Fachgebiet: Jugend und Jugendarbeit; http://www.erzwissonline.de/?juj Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.) (2006): Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland. Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2008): Schulische Bildung von Migranten in Deutschland. Working Paper 13 der Forschungsgruppe des Bundesamtes. Nürnberg Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2010a): Minas. Atlas über Migration, Integration und Asyl. 3. Aufl. Nürnberg Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (Hrsg.) (2010b): Fortschritte der Integration. Zur Situation der fünf größten in Deutschland lebenden Ausländergruppen; Forschungsbericht 8 Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Streetwork/Mobile Jugendarbeit e.V . (2011): Fachliche Standards. www.bundesarbeitsgemeinschaft-streetwork-mobile-jugendarbeit.de/bag-material/ bagstandards 2007.pdf (04.03.2011) Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (Hrsg.) (2009): Datensystem Auszubildende (DAZUBI) – Erläuterungen zu den Auszubildenden-Daten der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.), den Berufsmerkmalen und den Berechnungen des BIBB. www.bibb.de/dokumente/pdf/a21_dazubi_daten.pdf (16.04.2011) Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (Hrsg.) (2010): Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2011. Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Vorbericht April 2011. Bonn Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (Hrsg.) (2010a): Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2010. Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (Hrsg.) (2010b): Schaubilder zur Berufsausbildung. Strukturen und Entwicklungen in der dualen Berufsausbildung Deutschlands. www.bibb.de/dokumente/pdf/schaubilder_gesamtausgabe_2010.pdf (14.03.2011) Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (Hrsg.) (2010c):Modernisierte Ausbildungsberufe 2010. Kurzbeschreibungen. Bonn Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (Hrsg.) (2011): Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2011. Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn Bundesjugendkuratorium (BJK)/Sachverständigenkommission für den elften Kinder- und Jugendbericht/Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (2002): Bildung ist mehr als Schule. Leipziger Thesen zur aktuellen bildungspolitischen Debatte. www.bundesjugendkuratorium.de/pdf/19992002/bjk_2002_bildung_ist_mehr_als_schule_2002.pdf (10.03.2011) Bundesministerium des Innern. Referat Öffentlichkeitsarbeit (2011): Migrationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Migrationsbericht 2009. Berlin Bundesministerium des Innern (Hrsg.) (o.J.): Zuwanderungsrecht und Zuwanderungspolitik. Berlin Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2003): Berufsbildungsbericht 2003. Bonn Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2004): Bildung in Deutschland Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2006a): Schulerfolg von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im internationalen Vergleich. Bildungsforschung Band 19. Bonn/Berlin Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2006b): Indikatoren zur Ausbildung im Hochschulbereich. Studien zum Innovationssystem Deutschlands. www.bmbf.de/pubRD/sdi-06-07.pdf (30.03.2011) Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2008a): Von der Hauptschule in Ausbildung und Erwerbsarbeit: Ergebnisse des DJI-Übergangspanels. Bonn/Berlin 188 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2008b): Grund- und Strukturdaten 2007/2008: Daten zur Bildung in Deutschland. Bonn/Berlin Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2008c): Nationale Strategien zur sozialen Dimension des Bologna-Prozesses. www.bmbf.de/pub/nationale_strategien_soziale_dimension.pdf (30.03.2011) Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2009a): Ausbildungsabbrüche vermeiden – neue Ansätze und Lösungsstrategien, Band 6 der Reihe Berufsbildungsforschung. Bonn Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2009b): Bericht zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland 2007-2009. www.bmbf.de/pubRD/umsetzung_bologna_prozess_ 2007 _ 09.pdf (30.03.2011) Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2009c). www.bmbf.de/pubRD/leuvener_ communique.pdf (30.03.2011) Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2010b): Ausbildung & Beruf. Rechte und Pflichten während der Berufsausbildung. Bonn/Berlin Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2010c): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009. 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks durchgeführt durch HIS Hochschul-Informations-System. Bonn/Berlin Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2010d). Internationalisierung des Studiums – Ausländische Studierende in Deutschland – Deutsche Studierende im Ausland. Ergebnisse der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks durchgeführt durch HIS Hochschul-Informations-System. Bonn/Berlin Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2011): Trends in International Mathematics and Science Study. www.bmbf.de/de/6628.php (24.07.2011) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2002): Elfter Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Berlin Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2005): Zwölfter Kinderund Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Berlin Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.) (2010): Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009 – Zivilgesellschaft, soziales Kapital und freiwilliges Engagement in Deutschland 1999-2004-2009. Berlin Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)/Statistisches Bundesamt (Destatis)/Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) in Zusammenarbeit mit Das soziooekonomische Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) (Hrsg.) (2011): Datenreport 2011. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland. Band I. Bonn Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (Hrsg.) (2003): Perspektiven für die duale Bildung im tertiären Bereich. Bericht der Bund-Länder-Kommission, H. 110. Bonn Buschmann, Mirja (2009): Das Wissen zur Kinder- und Jugendarbeit. Die empirische Forschung 1998-2008. Ein kommentierter Überblick für die Praxis. Neuss Bylinski, Ursula/Lippegaus-Grünau, Petra/Materna, Thomas (2010): Regelangebote und Programme der Benachteiligtenförderung. In: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2010: Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn, S. 251–261 Cortina, Kai S./Trommer, Luitgard (2003): Bildungswege und Bildungsbiographien in der Sekundarschule. In: Cortina, Kai S. u.a. (Hrsg.): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Hamburg, S. 342–391 Deutscher Akademischer Austausch Dienst (DAAD) (Hrsg.) (2010): Wissenschaft weltoffen 2010. Daten und Fakten zur Internationalität von Studium und Forschung in Deutschland. Bielefeld Deutscher Akademischer Austausch Dienst (DAAD) (Hrsg.) (2011): Bildungsinländer 2011. Daten und Fakten zur Situation von ausländischen Studierenden mit deutscher Hochschulzugangsberechtigung. Bonn Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (2009): Integration in Deutschland. Erster Integrationsindikatorenbericht: Erprobung des Indikatorensets und Bericht zum bundesweiten Integrationsmonitoring. Berlin Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (2010): 8. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Berlin Diefenbach, Heike (2010): Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien im deutschen Bildungssystem. Erklärungen und empirische Befunde. 3. Auflage. Wiesbaden Ditton, Hartmut (1992): Ungleichheit und Mobilität durch Bildung. Theorie und empirische Untersuchung über sozialräumliche Aspekte von Bildungsentscheidungen. Weinheim/München 189 Dubiski, Judith (2010): Institutionelle Diskriminierung in der Internationalen Jugendarbeit? In: IJAB (Hrsg.): Forum Jugendarbeit International 2008-2010. Internationale Jugendarbeit und Chancengleichheit. Bonn, S. 385–397 Dubiski, Judith/Ilg, Wolfgang (Hrsg.) (2008): Evaluation Internationaler Jugendbegegnungen. Ein Verfahren zur Auswertung von Begegnungen. Eine Publikation des DFJW und DPJW. Berlin Düx, Wiebken/Prein, Gerald/Sass, Erich/Tully, Claus J. (2008): Kompetenzerwerb im freiwilligen Engagement. Eine empirische Studie zum informellen Lernen im Jugendalter. Wiesbaden Engels, Dietrich/Höhne, Jutta/Köller/, Regine/Koopmans, Ruud (2012): Zweiter Integrationsindikatorenbericht. Erstellt für die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Köln/Berlin Erdmann, Vera/Koppel, Oliver (2010): Demografische Herausforderung: MINT-Akademiker. In: IWTrends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 37. Jg., Heft 4/2010, S. 1–16 Europäisches Forum für Migrationsstudien (efm) (2009): Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Evaluation des Projekts der Stiftung Mercator. Kurzfassung. Bamberg. www.mercator-foerderunterricht.de/projekt/evaluation.html Europäische Kommission (Hrsg.) (2009): Strukturen der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa. Deutschland. Ausgabe 2009/10. eacea.ec.europa.eu/education/eurydice/documents/eurybase/structures/041_DE_DE.pdf (30.03.2011) Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) (Hrsg.) (2010): Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2010. Berlin. Fakultätentage der Ingenieurwissenschaften und der Informatik an Universitäten e.V. (4ing) (Hrsg.) (2010). Ingenieurwissenschaften. Attraktive Studiengänge und Berufe auch für Menschen mit Migrationshintergrund? München Fauser, Katrin (2008): Gemeinschaft aus Sicht von Jugendlichen. Eine empirische Untersuchung über die Rolle von Gemeinschaft für das Nutzungsverhalten von Jugendlichen in einem Jugendverband. Leverkusen-Opladen Fest, Manfred/Freitag, Hans-Werner/Fritzsch, Birgit/Skripski, Barbara (2010): Zuordnung der beruflichen Bildungsgänge nach der ISCED auf Länderebene – Anschlussfähigkeit an die nationale und internationale Bildungsberichterstattung. In: BMBF (Hrsg.): Indikatorenentwicklung für die Bildungsberichterstattung in Deutschland. Grundlagen, Ergebnisse, Perspektiven. Bonn/Berlin Friedrich, Michael (2006): Jugendliche in Ausbildung. Wunsch und Wirklichkeit. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 35. Jg., H. 3, S.7–11 Friedrich, Michael (2009): Berufliche Pläne und realisierte Bildungs- und Berufswege nach Verlassen der Schule: Ergebnisse der BIBB-Schulabgängerbefragung 2004 bis 2006. Bielefeld Gensicke, Thomas/Picot, Sibylle/Geiss, Sabine (2006): Freiwilliges Engagement in Deutschland 1999 – 2004. Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichem Engagement. Wiesbaden Gerlach, Julia (2007): Die Traumschule. Deutsch-türkische Bildungsbürger gründen Privatgymnasien und Internate für ihre Kinder. Vom deutschen Schulsystem sind sie enttäuscht. In: DIE ZEIT, 12.08.2007, Nr. 33 Gragert, Nicola/Pluto, Liane/Santen, Eric van/Seckinger, Mike (2006): Jugendringe im Visier. Befragung zu Strukturen, Funktionen und Handlungsmöglichkeiten. München Granato, Mona (2010): Einwanderungsland Deutschland: Potenziale der Vielfalt statt Bildungsarmut. In: Deutsches Jugendinstitut: Aufwachsen in Deutschland mit fremden Wurzeln – Alltagswelten von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. DJI Online Thema 2010/08. Blick von außen Granato, Mona/Ulrich, Joachim Gerd (2009): Junge Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Weg in eine berufliche Ausbildung – Integrationspotenzial des Ausbildungssystems? In: Lassnigg, Lorenz/Babel, Helene/Gruber, Elke/Markowitsch, Jörg (Hrsg.): Öffnung von Arbeitsmärkten und Bildungssystemen. Beiträge zur Berufsbildungsforschung. Innsbruck, S. 40–56 Gresch, Cornelia/Becker, Michael (2010): Kapitel 8. Sozial- und leistungsbedingte Disparitäten im Übergangsverhalten bei türkischstämmigen Kindern und Kindern aus (Spät-)Aussiedlerfamilien. In: BMBF (Hrsg.): Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule. Leistungsgerechtigkeit und regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten. Bonn/ Berlin Gresch, Cornelia/Baumert, Jürgen/Maaz, Kai (2010): Empfehlungsstatus, Übergangsempfehlung und der Wechsel in die Sekundarstufe I: Bildungsentscheidungen und soziale Ungleichheit. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (ZfE), Sonderheft „Bildungsentscheidungen“ Hafeneger, Benno (2010): Jugendverbände. Anmerkungen zur Standortbestimmung. In: deutsche jugend, 58. Jg., Heft 12, S. 515–521 190 Heidemann, Lutz (2010): Studienbedingungen und Berufserfolg – Das Kooperationsprojekt Absolventenstudien (KOAB). Ergebnisse der Befragung des Jg. 2007 zu Geschlecht, familiärer Situation und Migration. Vortrag auf der 11. Jahrestagung des „Arbeitskreises Evaluation und Qualitätssicherung Berliner und Brandenburger Hochschulen“ Heine, Christoph/Quast, Heiko (2009): Studierneigung und Berufsausbildungspläne: Studienberechtigte 2008 ein halbes Jahr vor Schulabgang. HIS: Forum Hochschule Heine, Christoph/Quast, Heiko/Beuße, Mareike (2010): Studienberechtigte 2008 ein halbes Jahr nach Schulabschluss: Übergang in Studium, Beruf und Ausbildung. HIS: Forum Hochschule Heublein, Ulrich/Schmelzer, Robert/Sommer, Dieter/Wank, Johanna (2008): Die Entwicklung der Schwund- und Studienabbruchquoten an den deutschen Hochschulen. Statistische Berechnungen auf der Basis des Absolventenjahrgangs 2006. HIS Projektbericht Heublein, Ulrich/Hutzsch, Christopher/Schreiber, Jochen/Sommer, Dieter/Besuch, Georg (2010b): Ursachen des Studienabbruchs in Bachelor- und in herkömmlichen Studiengängen. Ergebnisse einer bundesweiten Befragung von Exmatrikulierten des Studienjahres 2007/08. HIS Projektbericht Hinz, Andreas (o.J.): Inklusion – mehr als nur ein neues Wort? In: Deutscher Bildungsserver. www.bildungsserver.de unter „Inklusion“ oder direkt über: www.gemeinsamleben.rheinlandpfalz.de/Hinz_Inklusion_pdf (14.02.2011) Hippach-Schneider, Ute/Krause, Martina/Woll, Christian. (2007): Berufsbildung in Deutschland. Kurzbeschreibung. Cedefop Panorame series 136 Hochschulrektorenkonferenz (2009). Zum Bologna-Prozess nach 2010. Entschließung der 5. (a.o.) Mitgliederversammlung am 27.01.2009. www.hrk.de/de/download/dateien/Entschliessung_Bologna.pdf (30.03.2011) Ilg, Wolfgang (2002): Freizeiten auswerten – Perspektiven gewinnen. Grundlagen, Ergebnisse und Anleitung zur Evaluation von Jugendreisen im Evangelischen Jugendwerk in Württemberg. Bielefeld Ilg, Wolfgang (2008): Evaluation von Freizeiten und Jugendreisen. Einführung und Ergebnisse zum bundesweiten Standard-Verfahren. Hannover Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik/Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung GmbH (2009): Integration in Deutschland. Erster Integrationsindikatorenbericht: Erprobung des Indikatorensets und Bericht zum bundesweiten Integrationsmonitoring. Erstellt für die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Jagusch, Birgit (2011): Praxen der Anerkennung. „Das ist unser Geschenk an die Gesellschaft“. Vereine von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zwischen Anerkennung und Exklusion. Schwalbach/Ts. Karakaşoğlu-Aydın, Yasemin/Neumann, Ursula (2001). Bildungsinländerinnen und Bildungsinländer. Situation, Datenlage und bildungspolitische Anregungen. In: Forum Bildung (Hrsg.): Materialien des Forum Bildung: Bildung und Qualifizierung von Migrantinnen und Migranten. Anhörung des Forum Bildung am 21. Juni 2001. Berlin, S. 61–74 Klemm, Klaus (2010): Gemeinsam lernen. Inklusion leben. Status Quo und Herausforderungen inklusiver Bildung in Deutschland Klöver, Barbara/Straus, Florian (2005): Wie attraktiv und partizipativ sind Münchens Freizeitstätten? Zusammenfassende Ergebnisse einer (etwas anderen) Evaluationsstudie. München Konsortium Bildungsberichterstattung (2006): Bildung in Deutschland. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration. Bielefeld Krebs, Wolfgang (2004): Was machen Streetwork und Mobile Jugendarbeit – eine empirische Untersuchung im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork/Mobile Jugendarbeit e.V. Gelnhausen Kreher, Thomas (2008): Jugendverbände, Kompetenzentwicklung und biografische Nachhaltigkeit. In: Lindner, Werner (Hrsg.): Kinder- und Jugendarbeit wirkt. Aktuelle und ausgewählte Evaluationsergebnisse der Kinder- und Jugendarbeit. Wiesbaden, S.109–123 Kristen, Cornelia/Reimer, David/Kogan, Irena (2008): Higher Education Entry of Turkish Immigrant Youth in Germany. In: International Journal of Comparative Sociology, H. 49, S. 127–151 Krüger, Helga (2004): Zur Datenlage vollzeitschulischer Berufsausbildung. In: Baethge, Martin/ Buss, Klaus-Peter/Lanfer, Carmen (Hrsg.): Expertisen zu den konzeptionellen Grundlagen für einen nationalen Bildungsbericht – Berufliche Bildung und Weiterbildung/Lebenslanges Lernen. Bildungsreform Band 8. Bonn, S. 141–164 Kuhnke, Ralf (2006): Indikatoren zur Erfassung des Migrationshintergrundes. München Kuhnke, Ralf/Müller, Matthias (2009): Lebenslagen und Wege von Migrantenjugendlichen im Übergang Schule-Beruf: Ergebnisse aus dem DJI-Übergangspanel. DJI Wissenschaftliche Texte 3/2009. München Kutscha, Günter (2004): Berufsvorbereitung und Förderung benachteiligter Jugendlicher (2004). In: Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Expertisen zu den konzeptionellen Grundlagen für einen Nationalen Bildungsbericht – Berufliche Bildung und Weiterbildung/ Lebenslanges Lernen. Reihe Bildungsreform, Band 8. Bonn, S. 165–-195 191 Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg (2005): Was leistet Mobile Jugendarbeit? Ein Portrait Mobiler Jugendarbeit in Baden-Württemberg, www.lag-mobil.de (21.08.2010) Landesjugendring (LJR) Niedersachsen e.V. (2011): Juleica.de – das Online-Portal rund um die Jugendleiter/in Card. www.juleica.de (30.03.2011) Landesvereinigung Kulturelle Jugendarbeit (LKJ) e.V. NRW (2000): Jugendkulturarbeit auf dem Prüfstand. Sind wir gut? Bericht zum Wirksamkeitsdialog in der kulturellen Jugendarbeit. Dortmund Landesvereinigung Kulturelle Jugendarbeit (LKJ) e.V. NRW (2001): Jugendkulturarbeit auf dem Prüfstand. Sind wir gut? Bericht zum Wirksamkeitsdialog in der kulturellen Jugendarbeit/Teil II. Fortschreibung 2000. Dortmund Landesvereinigung Kulturelle Jugendarbeit (LKJ) e.V. NRW (2006): Jugendkulturarbeit auf dem Prüfstand. Sind wir gut? Bericht zum Wirksamkeitsdialog in der kulturellen Jugendarbeit/Teil III. Dortmund Landschaftsverband Rheinland Landesjugendamt (LVR)/Landschaftsverband Westfalen-Lippe Landesjugendamt (LWL) (Hrsg.) (2010): Entwicklungslinien der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Befunde der 4. Strukturdatenerhebung zum Berichtsjahr 2008 für Nordrhein-Westfalen. Münster/Köln Lehmann, Rainer H./Peek, Rainer (1997): Aspekte der Lernausgangslage von Schülerinnen und Schülern der fünften Klassen an Hamburger Schulen. Bericht über die Untersuchung im September 1996 (unveröffentlichter Forschungsbericht). Hamburg Lehmann, Tobias/Mecklenburg, Katharina (2006): Jugendverbände als biografisch bedeutsame Lebensorte. Baltmannsweiler Leichsenring, Hannah/Sippel, Sonia/Hachmeister, Cort-Denis (2010): CHE QUEST – Ein Fragebogen zum Adaptionsprozess zwischen Studierenden und Hochschule. Version 3.0. Konstruktion und Validierung. www.che.de/downloads/QUEST_Beschreibung_Vers_3_0.pdf (21.02.2011) Leuze, Katrin (2010): Interne Arbeitsmärkte und die Karrieremobilität von Akademikerinnen und Akademikern in Deutschland und Großbritannien. Beiträge zur Hochschulforschung, H. 4, S. 24–48 Lex, Tilly/Geier, Boris (2010): Übergangssystem in der beruflichen Bildung: Wahrnehmung einer zweiten Chance oder Risiken des Ausstiegs? In: Bosch, Gerhard/Krone, Sirikit/Langer, Dirk (Hrsg): Das Berufsbildungssystem in Deutschland. Aktuelle Entwicklungen und Standpunkte. Wiesbaden, S. 165–187 Schier, Friedel (2011): Bessere Chancen für volle berufliche Qualifizierung – Junge Leute profitieren vom demografischen Wandel. Pressemitteilung BIBB, 11.11.2010 Lindner, Werner (Hrsg.) (2008): Kinder- und Jugendarbeit wirkt. Aktuelle und ausgewählte Evaluationsergebnisse der Kinder- und Jugendarbeit. Wiesbaden Lüders, Christian/Behr-Heintze, Andrea (2009): Außerschulische Jugendbildung. In: Tippelt, Rudolf/Schmidt, Bernhard (Hrsg.): Handbuch Bildungsforschung. 2. Aufl. Wiesbaden, S. 445–466 Meinhardt, Rolf (2010): Studienprobleme von BildungsinländerInnen und Unterstützungsangebote durch HochschullotsInnen. Ergebnisse einer empirischen Pilotstudie. In: Migration und Soziale Arbeit, H. 1, S. 19-25 Meinhardt, Rolf/Zittlau, Birgit (2009): BildungsinländerInnen an deutschen Hochschulen am Beispiel der Universität Oldenburg. Eine empirische Studie zu den erfolgshemmenden Faktoren im Studienverlauf und Empfehlungen zur Verbesserung der Studienleistungen durch HochschullotsInnen. Oldenburg Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MGFFI) (Hrsg.) (2006): Entwicklungslinien der Offenen Kinder- und Jugendarbeit – Befunde zur dritten Strukturdatenerhebung zum Berichtsjahr 2004 für Nordrhein-Westfalen. Dortmund Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (MSJK) (Hrsg.) (2004): Die Offene Kinder- und Jugendarbeit in Nordrhein-Westfalen – Befunde der zweiten Strukturdatenerhebung zum Berichtsjahr 2002. Düsseldorf Müller, Burkhard (2007): Der pädagogische Auftrag der Jugendarbeit und die sozialpädagogische Verantwortung der Schule. In: Zeller, Maren (Hrsg.): Die sozialpädagogische Verantwortung der Schule. Baltmannsweiler, S. 99–118 Müller, Burkhard/Schmidt, Susanne/Schulz, Marc (2005): Wahrnehmen können. Jugendarbeit und informelle Bildung. Freiburg Nold, Daniela (2010): Sozioökonomischer Status von Schülerinnen und Schülern 2008. Ergebnisse des Mikrozensus. In: Wirtschaft und Statistik, H. 2, S. 138–149 OECD (2010): International Migration Outlook: SOPEMI 2010. OECD Publishing. Paris Otyakmaz, Berrin Özlem (2003): Lebenswelten jugendlicher Migrantinnen – Konsequenzen für die interkulturelle Mädchenarbeit. In LAG Mädchenpolitik Baden-Württemberg (Hrsg.): Reader zur Arbeit mit Mädchen mit Migrationshintergrund. Stuttgart, S. 8–17 Peucker, Christian (2010): Mut zur interkulturellen Öffnung!? Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung bei Jugendverbänden. In: deutsche jugend, 58. Jg., H. 12, S. 531–539 192 Picot, Sibylle/Sozialwissenschaftliche Projekte (2011): Jugend in der Zivilgesellschaft. Freiwilliges Engagement Jugendlicher von 1999 bis 2009. Gütersloh Pothmann, Jens/Sass, Erich (2011): Juleica-Report 2011. Lebenslagen und Engagement von Jugendleiterinnen und Jugendleitern. Berlin Powell, Justin J.W/Wagner, Sandra J. (2002): Zur Entwicklung der Überrepräsentanz von Migrantenjugendlichen an Sonderschulen in der BRD seit 1991. In: Gemeinsam Leben 10. Jg., H. 2, S. 66–71 Pressemitteilung des Deutschen Studentenwerks vom 03.11.2010. www.studentenwerke.de/ presse/2010/031110a.pdf (30.03.2011) Rätzsch-Heinisch, Regina/Schröer, Wolfgang/Wolff, Mechthild (Hrsg.) (2009): Lehrbuch Kinderund Jugendhilfe – Grundlagen, Handlungsfelder, Strukturen. Weinheim/München Rauschenbach, Thomas (2009): Zukunftschance Bildung. Familie, Jugendhilfe und Schule in neuer Allianz. Weinheim/München Rauschenbach, Thomas/Bien, Walter (Hrsg.) (2012): Aufwachsen in Deutschland. AID:A – Der neue DJI-Survey. Weinheim/Basel Reimer, David/Steffen Schindler (2010): Soziale Ungleichheit und differenzierte Ausbildungsentscheidungen beim Übergang zur Hochschule. In: Becker, Birgit/Reimer, David (Hrsg.): Vom Kindergarten bis zur Hochschule. Die Generierung von ethnischen und sozialen Disparitäten in der Bildungsbiographie. Wiesbaden, S. 251–283 Richter, Helmut/Jung, Michael/Riekmann, Wibke (2007): Jugendverbandsarbeit in der Großstadt. Perspektiven von Mitgliedschaft und Ehrenamt am Beispiel der Jugendfeuerwehr Hamburg. Hamburg Richter, Helmut/Buddeberg, Klaus/Richter, Elisabeth/Riekmann, Wibke (2008): Jugendverbandsarbeit auf dem Lande. Perspektiven für Mitgliedschaft und Ehrenamt am Beispiel SchleswigHolstein. Langfassung. Kiel Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) (2010): Einwanderungsgesellschaft 2010. Jahresgutachten 2010 mit Migrationsbarometer. Berlin Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) (2011): Migrationsland 2011. Jahresgutachten 2011 mit Migrationsbarometer. Berlin Santen, Eric van (2010): Weniger Jugendliche, weniger Jugendarbeit? Demografische Veränderung als Herausforderung für die Jugendarbeit. In: deutsche Jugend. 58. Jg., H. 4, S. 167–177 Schauenberg, Magdalena/Ditton, Hartmut (2005): Zur Reproduktion von Bildungsungleichheit beim Übertritt auf weiterführende Schulen. In: Rehberg, Karl-Siegbert (Hrsg.): Soziale Ungleichheit – Kulturelle Unterschiede. Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München 2004. Frankfurt Schmidt, Daniel (2008): Die neue Berufsbildungsstatistik ab 2007: Erweiterte Möglichkeiten für eine Analyse der dualen Berufsausbildung. In: Wirtschaft und Statistik 60/11, S. 982–992 Schmidt, Werner/Hartmann-Tews, Ilse/Brettschneider, Wolf-Dietrich (2009): Erster Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. 3. Aufl., Schorndorf Schöngen, Klaus (2003): Ausbildungsvertrag gelöst = Ausbildung abgebrochen? Ergebnisse einer Befragung. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 32/5, S. 35–39 Seckinger, Mike/Pluto, Liane/Peucker, Christian/Gadow, Tina (2009): DJI-Jugendverbandserhebung. Befunde zu Strukturmerkmalen und Herausforderungen. München Seckinger, Mike/Pluto, Liane/Peucker, Christian/Gadow, Tina (2012): Jugendringe – Kristallisationskerne der örtlichen Jugendarbeit. München (im Erscheinen) Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Dokumentations- und Bildungsinformationsdienst (Hrsg.) (2009): Grundstruktur des Bildungswesens in der Bundesrepublik Deutschland Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, IVC/Statistik (2010a): Sonderpädagogische Förderung in allgemeinen Schulen (ohne Förderschulen) 2009/2010. Berlin, 22.12.2010 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, IVC/Statistik (2010b): Sonderpädagogische Förderung in Förderschulen (Sonderschulen) 2009/2010. Berlin, 22.12.2010 Settelmeyer, Anke/Erbe, Jessica (2010): Migrationshintergrund. Zur Operationalisierung des Begriffs in der Berufsbildungsforschung. Wissenschaftliches Diskussionspapier 112, Bundesinstitut für Berufsbildung. Bonn Siegert, Manuel (2009): Berufliche und akademische Ausbildung von Migranten in Deutschland. In: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.): Working Paper 22 der Forschungsgruppe des Bundesamtes aus der Reihe „Integrationsreport“, Teil 5 Spiewak, Martin (2007): Die klugen Migranten. Artikel in „Zeit online“ vom 05. Juli 2007. www.zeit.de/2007/28/Migrantenstudenten (30.03.2011) 193 Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) (Hrsg.) (2009a): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland 2008: Darstellung der Kompetenzen, Strukturen und bildungspolitischen Entwicklungen für den Informationsaustausch in Europa. Bonn Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) (Hrsg.) (2009b): Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses. Beschluss der 327. Kultusministerkonferenz am 15.10.2009 www.kmk.org/presse-und-aktuelles/meldung/weiterentwicklung-des-bologna-prozesses.html (22.02.2011) Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) (2010a): Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003 i.d.F. vom 04.02.2010 www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/2003_10_10Laendergemeinsame-Strukturvorgaben.pdf (30.03.2011) Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) (2010b): Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.09.200 i.d.F. vom 22.10.2010 www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/Dokumente/kmk/KMK_041022_Leistungspunktsysteme.pdf (30.03.2011) Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2009): Bevölkerung nach Migrationsstatus regional. Ergebnisse des Mikrozensus 2005. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2007): Bildung und Kultur. Berufliche Bildung. Fachserie 11, Reihe 2, Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2009a): Bildung und Kultur. Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), Fachserie 11 Reihe 7, Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2009b): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Maßnahmen der Jugendarbeit 2008. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2009c): Hochschulstandort Deutschland. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2009d): Bildung und Kultur. Nichtmonetäre hochschulstatistische Kennzahlen 1980-2008. Fachserie 11, Reihe 4.3.1. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2010): Übersicht über die Schulartengliederung und institutionelle Zuordnung in den Statistiken der allgemeinen Schulen, Schuljahr 2009/10. In: Fachserie 11, Reihe 1, 2009/10. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2010a): Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2009. Fachserie 1, Reihe 2.2. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2010b): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Schuljahr 2009/10. Fachserie 11, Reihe 1. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2010c): Bildung und Kultur. Prüfungen an Hochschulen 2009. Fachserie 11, Reihe 4.2. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2010d): Bildung und Kultur. Studierende an Hochschulen Wintersemester 2009/2010. Fachserie, 11 Reihe 4.1. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2010e): Bildung und Kultur: Berufliche Schulen Schuljahr 2009/2010. Fachserie 11, Reihe 2. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2010f): Bildung und Kultur: Berufliche Bildung 2009. Fachserie 11, Reihe 3. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (2010g): Hochschulen auf einen Blick. Wiesbaden Statistisches Bundesamt (destatis)/Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen (GESIS)/Zentrum für Sozialindikatorenforschung/Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) (Hrsg.) (2008): Datenreport 2008. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn Statistisches Landesamt des Freistaats Sachsen (2011): Allgemeinbildende Schulen im Freistaat Sachsen Schuljahr 2010/11. Statistischer Bericht Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.) (2009): Ländercheck. Lehre und Forschung im Föderalen Wettbewerb. Der lange Weg nach Bologna. Essen. www.stifterverband.org/publikationen_und_podcasts/positionen_dokumentationen/laenderchec k_bologna/laendercheck_bologna.pdf (30.03.2011) Sturzenhecker, Benedikt (2005): Institutionelle Charakteristika der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. In: Deinet, Ulrich/Sturzenhecker, Benedikt (Hrsg.): Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit. Wiesbaden, S. 338–344 The Boston Consulting Group (Hrsg.) (2009): Standortfaktor Bildungsintegration. Bildungschancen von Schülern mit Migrationshintergrund entscheidend für Standort Deutschland. München 194 Thimmel, Andreas/Ilg, Wolfgang (2008): Was leisten internationale Jugendbegegnungen? Empirische Ergebnisse einer deutsch-französisch-polnischen Studie. In: deutsche jugend, 56. Jg., H. 3, S. 107–117 Thole, Werner (2000): Kinder- und Jugendarbeit. Eine Einführung. Weinheim/München Thomas, Alexander/Chang, Celine/Abt, Heike (2007): Erlebnisse, die verändern. Langzeitwirkungen der Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen. Göttingen Tillmann, Klaus-Jürgen (2007): Kann man in heterogenen Lerngruppen alle Schülerinnen und Schüler fördern? Der Blick der Bildungsforschung in das Regelschulsystem. Vortrag auf dem Symposium des VdS auf der DIDACTA am 1.3.2007 in Köln Tinto, Vincent (1993): Leaving College: Rethinking the Causes and Cures of Student Attrition. Second Edition. Chicago Tossmann, Peter/Tensil, Marc-Dennan/Jonas, Benjamin (2007): Evaluation der Streetwork und der mobilen Jugendarbeit in Berlin – Ergebnisbericht. Berlin Uhly, Alexandra (2006): Neue Berechnungsweise der Ausbildungsbeteiligungsquote ausländischer Jugendlicher. BWP 3/2006 Uhly, Alexandra/Gericke, Naomi (2010): Neuberechnung der Ausbildungsbeteiligungsquoten – Neuerungen der Berufsbildungsstatistik aus 2007 ermöglichen erstmals genauere Berechnung differenzierter Quoten für Personengruppen. Bonn www.bibb.de/dokumente/pdf/a21_ausweitstat_informationsbeitrag-uhlygericke_neuberechnung -ausbildungsbeteiligungsquote-2010.pdf (13.03.2011) Uhly, Alexandra/Granato, Mona (2006): Werden ausländische Jugendliche aus dem dualen System der Berufsausbildung verdrängt? BWP 35, S. 51–55 Uhly, Alexandra/Gericke, Naomi/Lohmüller, Lydia/ Arenz, Ute M. (2010): Schaubilder zur Berufsausbildung Strukturen und Entwicklungen in der dualen Berufsausbildung Deutschlands. Ausgabe 2010, BIBB www.bibb.de/dokumente/pdf/schaubilder_gesamtausgabe _2010.pdf (17.03.2011) Ulrich, Joachim Gerd (2008): Jugendliche im Übergangssystem – eine Bestandsaufnahme. In: BWPSpezial Ulrich, Joachim Gerd/Granato, Mona (2006): “Also, was soll ich noch machen, damit die mich nehmen?“ Jugendliche mit Migrationshintergrund und ihre Ausbildungschancen. In: FriedrichEbert-Stiftung/Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Kompetenzen stärken, Qualifikationen verbessern, Potenziale nutzen. Berufliche Bildung von Jugendlichen und Erwachsenen mit Migrationshintergrund. Dokumentation einer Fachkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Bundesinstituts für Berufsbildung/Günther Schulze u.a. Bonn, S. 30–50 www.bibb.de/de/22093. htm (30.10.2010) Ulrich, Joachim Gerd/Krekel, Elisabeth M. (2007): Zur Situation der Altbewerber in Deutschland. Ergebnisse der BA/BIBB-Bewerberbefragung 2006. BIBB/TREPORT I/07. Bonn www.bibb.de/dokumente/pdf/a12_bibbreport_2007_01.pdf (30.102010) Wendt, Peter-Ulrich (2010): „Es muss erstens den Problemlagen der Jugendlichen angepasst sein und zweitens von Ihnen angenommen werden“. Ergebnisse eines Projektes zur Erforschung von Wirkungen der Kinder- und Jugendarbeit. In: deutsche Jugend, 58. Jg., H. 11, S. 475-484 Wirringa, Mareke (2010): Schulischer Abstieg: Wie Jugendliche die Ursachen sehen (Bildung und soziale Ungleichheit, Teil II). In: GEW Sachsen-Anhalt 10/2010, S. 12 Wocken, Hans (2005): Andere Länder andere Schüler? Vergleichende Untersuchung von Förderschülern in den Bundesländern Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen (Forschungsbericht) Mai 2005 Wolf, Christof (1995): Sozio-ökonomischer Status und berufliches Prestige: Ein kleines Kompendium so-zialwissenschaftlicher Skalen auf Basis der beruflichen Stellung und Tätigkeit. Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen. Zuma-Nachrichten 19/37, S. 102–136 195 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen Verzeichnis der Tabellen im Text Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Verwendete Datenquellen im Kapitel Schule nach zentralen Merkmalen Verwendete Datenquellen im Kapitel Berufliche Ausbildung nach zentralen Merkmalen Teilnahmen an Abschlussprüfungen in der beruflichen Ausbildung und Prüfungserfolg nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, 2009 Verwendete Datenquellen im Kapitel Studium nach zentralen Merkmalen Studierende nach Art der Hochschulzugangsberechtigung in Abhängigkeit vom Migrationsstatus im Sommersemester 2009 (in %) Die am stärksten vertretenen Herkunftsländer der Studierenden nach Migrationsstatus (in %) Studienabbruchquote1 der Bildungsinländer/innen an deutschen Hochschulen nach Geschlecht und den wichtigsten Herkunftsländern, Bezugsgruppe Absolventen 2008 (in %) Studierende nach Migrationshintergrund und Inanspruchnahme der hauptsächlichen Finanzierungsquellen 2009 Beschäftigungssuche und Einkommen von Studienabsolventinnen/-absolventen mit und ohne Migrationserfahrung ca. 1,5 Jahre nach dem Abschluss (arithmet. Mittelwert) Verwendete Datenquellen im Kapitel Jugendarbeit nach zentralen Merkmalen Anteil der Jugendverbände mit Mitgliedern/Teilnehmern, Ehrenamtlichen, Vorständen und Hauptamtlichen mit Migrationshintergrund in Ost- und Westdeutschland (in %) Jugendverbände nach dem Anteil von Migranten unter den Mitgliedern in Ost- und Westdeutschland (in %) Vereinsmitgliedschaft von Jugendlichen in der Stadt und auf dem Land nach Migrationshintergrund (in %) 17 62 81 94 100 112 114 117 127 137 143 143 148 Verzeichnis der Abbildungen im Text Abbildung 1: Jugendliche im Alter von 15 bis unter 25 Jahren nach Migrationshintergrund, Migrationserfahrung und Staatsangehörigkeit im Jahr 2009 (in %) Abbildung 2: Schüler/innen an allgemeinbildenden Schulen nach Schularten und Staatsangehörigkeit, Schuljahr 2009/10 (in %) 196 12 20 Abbildung 3: Schüler/innen nach besuchter Schulart1 und Migrationshintergrund, 2009 (in %) Abbildung 4: Anteile ausländischer Schüler/innen an allen Schülern/ Schülerinnen nach Bundesländern im Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 5: Ausländische Schüler/innen nach Herkunftsregionen 2003 bis 2009 (abs.) Abbildung 6: Anteile der Schüler/innen mit Gymnasialempfehlung und tatsächlichem Übergang auf das Gymnasium nach Migrationsstatus (in %) Abbildung 7: Ausländische und deutsche Schüler/innen im Sekundarbereich nach Schularten im Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 8: Schüler/innen im Sekundarbereich nach Staatsangehörigkeit und Schularten im Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 9: Prozentuale Veränderung des Schulbesuchs von deutschen und ausländischen Schülern/Schülerinnen an allgemeinbildenden Schulen zwischen 1992 und 2008 Abbildung 10:Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I im gesamten Bundesgebiet nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 11:Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I in Berlin, Hamburg und Bremen nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 12:Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I in den westlichen Bundesländern (ohne Stadtstaaten) nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 13:Deutsche und ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I in den östlichen Bundesländern nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 14:Anteil der Ausländer/innen an allen Absolventinnen/Absolventen im Schuljahr 2009/10 nach Abschlussarten (in %) Abbildung 15:Schulabgänger/innen1 des Abgangsjahres 2009 nach Staatsangehörigkeit und Abschlussarten (in % der ausländischen bzw. deutschen Schulabgänger/innen) Abbildung 16:Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen ohne Hauptschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) Abbildung 17:Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Hauptschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) Abbildung 18:Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Realschulabschluss in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) Abbildung 19:Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Fachhochschulreife in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) 21 22 23 24 26 27 28 29 30 31 32 34 35 36 37 38 39 197 Abbildung 20:Anteile und Veränderung der Anteile ausländischer und deutscher Schulabgänger/innen mit Allgemeiner Hochschulreife in den Jahren 1992, 1999, 2009 nach Geschlecht (in %) Abbildung 21:Schulabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrationshintergrund1, Migrationsstatus und Geschlecht, 2009 (in %) Abbildung 22:Abitur/Gymnasiumsbesuch 11- bis 17-Jähriger nach Bildung der Eltern, Migrationshintergrund und Migrantengeneration (in %) Abbildung 23:Ausländische und deutsche Schüler/innen an Förderschulen nach Förderschwerpunkten im Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 24:Förderschulbesuchsquoten nach ausgewählten Nationalitäten, 2008 (in %) Abbildung 25:Ausländische und deutsche Integrationsschüler/innen an allgemeinbildenden Schulen nach Förderschwerpunkten im Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 26:Ausländische und deutsche Integrationsschüler/innen an allgemeinbildenden Schulen nach Schularten im Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung 27:Zustimmung zur Aussage „Das Wichtigste in der Schule sind für mich die Noten und Zeugnisse“ (in %) Abbildung 28:Häufigkeit, mit der schon einmal eine Klasse wiederholt wurde (in %) Abbildung 29:Ausländische voll- und teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte und ausländische Schüler/innen nach Bundesländern, Schuljahr 2009/2010 (in %) Abbildung 30:Lehrkräfte an deutschen Schulen nach Staatsangehörigkeit 1 im Schuljahr 2009/10 (absolut) Abbildung 31:Deutsche und ausländische Anfänger/innen1 nach Sektoren, 2009 (in %) Abbildung 32:Verteilung der Anfänger/innen auf die Sektoren* des beruflichen Ausbildungssystems nach Staatsangehörigkeit, 2009 (in %) Abbildung 33:Anteil der nicht studienberechtigten Jugendlichen in vollqualifizierender beruflicher Ausbildung bzw. im Übergangssystem nach Migrationshintergrund bis zu 3 Jahre nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schule (in %) Abbildung 34:Anteil der Hauptschüler/innen, die eine berufliche Ausbildung anstrebten bzw. erreichten, nach Geschlecht und Migrationsteilgruppen (in %) Abbildung 35:Zahl der ausländischen Auszubildenden und Ausländeranteil an allen Auszubildenden, Deutschland, 1999–2009 Abbildung 36:Anteile ausländischer Auszubildender an allen Auszubildenden der verschiedenen Bundesländer nach Geschlecht, 2009 (in %) Abbildung 37:Ausländeranteil an allen Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereichen1, 1999–2000 (in %) Abbildung 38:Deutsche und ausländische Auszubildende nach Zuständigkeitsbereichen, 2009 (in %) 198 40 43 45 46 47 48 49 50 51 52 53 65 66 67 69 71 72 73 74 Abbildung 39:Ausländeranteil nach Berufsgruppen, 2006 und 2009 (in % aller Auszubildenden) Abbildung 40:Ausbildungsbeteiligungsquoten (Berechnungsweise 2) nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, 1993–2008 (in %) Abbildung 41:Ausbildungsbeteiligungsquoten (Berechnungsweise 1) nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, 2007–2009 (in %) Abbildung 42:Vorzeitige Vertragslösungen nach Staatsangehörigkeit und Zeitpunkt der Lösung, 2009 (in %) Abbildung 43:Ausländeranteil an bestehenden Ausbildungsverträgen und vorzeitigen Vertragslösungen nach Bundesländern, 2009 (in %) Abbildung 44:Erfolgsquoten1 nach Staatsangehörigkeit und Bundesland, 2009 (in %) Abbildung 45:Erfolgsquoten nach Staatsangehörigkeit und Bundesland, 2009 (in %) Abbildung 46:Berufliche Bildungsabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrationshintergrund und Art des Bildungsabschlusses, 2009 (in % der altersentsprechenden Bevölkerung1 und der Personen gleichen Alters und Migrationsstatus mit beruflichem Bildungsabschluss) Abbildung 47:Studienberechtigtenquoten für ausländische und deutsche Schulabsolventen/-absolventinnen, 2000–2009 (in %) Abbildung 48:Studienberechtigtenquoten für ausländische Schulabsolventen/-absolventinnen, 2000–2009 (Index: 2000 = 0; in %) Abbildung 49:Art der Hochschulzugangsberechtigung für ausländische und deutsche Studienberechtigte, 2009 (in %) Abbildung 50:Studienberechtigtenquote 2009 für ausländische Schulabgänger/innen nach Bundesländern (in %) Abbildung 51:Ausbildungsgänge von 18- bis 25-jährigen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund nach Geschlecht, 2009 (in %) Abbildung 52:Ausbildungsgänge von 18- bis 25-jährigen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund nach Migrantengeneration, 2009 (in %) Abbildung 53:Anzahl Studierender mit ausländischer Staatsangehörigkeit, Wintersemester 2000–2010 (abs.) Abbildung 54:Prozentuale Veränderung der bundesweiten Studierendenzahlen, 2000–2010 Abbildung 55:Studierende im Erststudium nach Migrationsstatus, 2009 (in %) Abbildung 56:Studierende nach Migrationsstatus und sozialer Herkunft, Erststudium (in %) Abbildung 57:Anteil der Bildungsinländer/innen an allen Studierenden nach Bundesländern, Wintersemester 2008/2009 (in %) Abbildung 58:Studienabbruchquoten1 der Bildungsinländer/innen und deutschen Studierenden an deutschen Hochschulen nach Geschlecht und Absolventenjahrgängen (in %) 74 76 77 79 80 82 83 85 97 98 99 101 103 104 105 106 108 109 111 113 199 Abbildung 59:Studierende nach Migrationshintergrund – Zusammensetzung der monatlichen Einnahmen nach Finanzierungsquellen, 2009 (Anteil je Finanzierungsquelle in %) Abbildung 60:Ausländische BAföG-Geförderte nach den 10 am stärksten vertretenen Herkunftsregionen, 2009 (abs.) Abbildung 61:Veränderung der bundesweiten Absolventenzahlen (Index: 2000 = 0) und Anteil der Bildungsinländer/innen an allen Absolventen (in %), 2000–2009 Abbildung 62:Absolventen/Absolventinnen im Prüfungsjahr 2009 nach Hochschularten und Geschlecht (in %) Abbildung 63:Bestandene Prüfungen nach Staatsangehörigkeit und Fächergruppen, Prüfungsjahr 2009 Abbildung 64:Entwicklung der Bildungsinländer-Absolventenzahlen nach Fächergruppen, 2000 bis 2009 (abs.) Abbildung 65:Anteil der Bildungsinländer/innen an Absolventinnen/ Absolventen im jeweiligen Bundesland1 im Prüfungsjahr 2009 (in %) Abbildung 66:Anteil der Bildungsinländer-Absolventen/-Absolventinnen im Prüfungsjahr 2009 nach den 10 am stärksten vertretenen Herkunftsländern (in %) Abbildung 67:Verbleib von Hochschulabsolventen/-absolventinnen mit und ohne Migrationserfahrung ca. 1,5 Jahre nach dem Abschluss (in %) Abbildung 68:Beruflicher Erfolg von Hochschulabsolventinnen/-absolventen mit und ohne Migrationserfahrung ca. 1,5 Jahre nach dem Abschluss (in %) Abbildung 69:Die im Jugend-Migrationsreport verwendeten Studien zur Jugendarbeit nach Handlungsfeldern (abs.) Abbildung 70:Durchschnittlicher Anteil der Jugendverbände, die sich überwiegend an Jugendliche mit Migrationshintergrund richten (in %) Abbildung 71:Aktivität in Gruppen, Vereinen, Verbänden oder Organisationen nach Migrationshintergrund (in %) Abbildung 72:Aktivität in Gruppen, Vereinen, Verbänden oder Organisationen nach Bereich und Migrationshintergrund (in %) Abbildung 73:Aktivität in Gruppen, Vereinen, Verbänden oder Organisationen nach Geschlecht und Migrationshintergrund (in %) Abbildung 74:Engagementquote nach Alter, Geschlecht und Migrationshintergrund (in %) Abbildung 75:Freiwillig Engagierte nach formaler Bildung und Migrationshintergrund (in %) Abbildung 76:Übernahme von Funktionen in Vereinen, Verbänden, Gruppen oder Organisationen nach Migrationshintergrund und erreichtem oder angestrebtem Schulbesuch (in %) Abbildung 77:Personen mit einer Juleica nach Familiensprache (N = 24.400) und Geburtsland (N = 24.404), Januar 2010 – Dezember 2010 (in %) 200 116 117 118 119 120 122 123 123 126 127 136 142 144 145 146 151 151 152 153 Abbildung 78:Engagement und Engagementbereitschaft 14- bis 24-Jähriger 2004 und 2009 nach Migrationshintergrund (in %) Abbildung 79:Teilnahme an offener Jugendarbeit nach Migrationshintergrund und Geschlecht (in %) Abbildung 80:Nutzer/innen von Einrichtungen offener Jugendarbeit nach Migrationshintergrund und nach erreichtem bzw. angestrebtem Schulabschluss (in %) Abbildung 81:Klientel von mobiler Jugendarbeit und Streetwork nach Herkunftsland der Eltern und Staatsangehörigkeit (in %) 154 158 158 160 201 Anhang I. A. Tabellen- und Abbildungen Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen im Anhang Tabelle A-3.1: Tabelle A-3.2: Tabelle A-3.3: Tabelle A-4.1: Tabelle A-4.2: Tabelle A-4.3: Tabelle A-4.4: Studienberechtigte ein halbes Jahr vor Schulabgang: Bandbreite der Studierneigung nach Migrationshintergrund (in %) Studienberechtigte ein halbes Jahr nach Schulabgang: Bandbreite der Studierquote nach Migrationshintergrund (in % aller Studienberechtigten) Ausländische BAföG-Geförderte 2009 nach dem Herkunftskontinent Zahl der zwischen Oktober und Dezember 2010 ausgestellten Juleicas nach Bundesländern für Personen mit und ohne Migrationshintergrund (Geburt im Ausland) Personen mit einer Juleica nach Geschlecht und Migrationshintergrund, Oktober bis Dezember 2010 (in %) Personen mit einer Juleica im Alter von 20 Jahren und älter nach höchstem erreichten Bildungsabschluss und Migrationshintergrund (Geburt in Deutschland); Oktober bis Dezember 2010 Möglichkeiten der Mitbestimmung aus Sicht von Jugendfeuerwehrmitgliedern in % Abbildung A-1.1: Ausländische und deutsche Schüler/innen an Abendschulen, Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung A-1.2: Schüler/innen an Hauptschulen und Gymnasien nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, Schuljahr 2006/07 (in %) Abbildung A-1.3: Ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I nach Schularten, 1992 bis 2009 (in %) Abbildung A-1.4: Deutsche Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich I nach Schularten, 1992 bis 2009 (in %) Abbildung A-1.5: Ausländische und deutsche Schüler/innen im Sekundarbereich II nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) Abbildung A-1.6: Schulabschlüsse der 18- bis unter 21-jährigen Bevölkerung ohne Migrationshintergrund nach sozioökonomischem Status, 2008 (in %) 206 206 207 207 208 208 209 210 210 211 211 212 213 203 Abbildung A-1.7: Schulabschlüsse der 18- bis unter 21-jährigen Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach sozioökonomischem Status, 2008 (in %) Abbildung A-1.8: Abitur 11- bis 32-Jähriger nach Bildung der Eltern, Migrationshintergrund und Migrantengeneration (in %) Abbildung A-1.9: Zustimmung zur Aussage "Alles in allem gehe ich gerne zur Schule" (in %) Abbildung A-1.10: Zustimmung zur Aussage „Die Anforderungen der Schule sind für mich eine große Belastung“ (in %) Abbildung A-1.11: Zustimmung zur Aussage „Das Lernen für die Schule fällt mir leicht“ (in %) Abbildung A-2.1: Wahrscheinlichkeit der Einmündung in eine vollqualifizierende Berufsausbildung – nichtstudienberechtigte Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund Abbildung A-2.2: Wahrscheinlichkeit der Einmündung in eine betriebliche, außerbetriebliche oder schulische Berufsausbildung nach Verlassen des allgemeinbildenden Schulsystems nach Migrationshintergrund und Geschlecht (in %) Abbildung A-2.3: Wahrscheinlichkeit der Einmündung in eine betriebliche Berufsausbildung nach Verlassen des allgemeinbildenden Schulsystems nach Migrationshintergrund und Geschlecht (in %) Abbildung A-2.4: Übertrittswahrscheinlichkeit in Ausbildung nach Herkunft Abbildung A-2.5: Die zehn Ausbildungsberufe mit der höchsten Anzahl ausländischer Auszubildender im Jahr 2009 (abs.) Abbildung A-2.6: Die zehn Ausbildungsberufe mit der höchsten Anzahl deutscher Auszubildender im Jahr 2009 (abs.) Abbildung A-2.7: Vertragslösungsquoten nach Zuständigkeitsbereichen und Staatsangehörigkeit im Jahr 2009 (in %) Abbildung A-2.8: Berufliche Bildungsabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrationsstatus und Art des Bildungsabschlusses, 2009 (in % der altersentsprechenden Bevölkerung1) Abbildung A-2.9: Berufliche Bildungsabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrationserfahrung und Art des Bildungsabschlusses, 2009 (in % der Personen gleichen Alters und Migrationsstatus mit beruflichem Bildungsabschluss)1 Abbildung A-3.2: Anteil Bildungsausländer/innen und -inländer/innen an Studierenden, Wintersemester 2000–2010 (in %) Abbildung A-3.3: Deutsche und ausländische Studierende nach Hochschularten, Wintersemester 2009/10 (in %) Abbildung A-3.4: Bildungsinländer/innen nach Hochschulart und Geschlecht (abs.) 204 213 214 214 215 215 216 216 217 217 218 218 219 219 220 220 221 221 Abbildung A-3.5: Alle Studierenden, deutsche Studierende und Bildungsinländer/innen nach Fächergruppen, Wintersemester 2009/10 Abbildung A-3.6: Anteil ausländischer Studierender im Wintersemester 2009/10 nach den 10 am stärksten vertretenen Herkunftsländern (in %) Abbildung A-3.7: Absolventinnen/Absolventen im Prüfungsjahr 2009 nach Studienarten (in %) 222 222 223 205 B. Tabellenanhang Tabelle A-3.1: Studienberechtigte ein halbes Jahr vor Schulabgang: Bandbreite der Studierneigung nach Migrationshintergrund (in %) Migrationshintergrund Nicht-Migranten Studierneigung 1) Migranten 2005 2006 2008 2005 2006 2008 62 63 51 68 66 53 71 75 71 76 77 75 Kein Studium 26 16 27 22 13 23 Keine Vorstellung 3 9 2 2 9 1 Minimum Maximum 2) 3) 1) Ohne Studium an Verwaltungsfachhochschulen und Berufsakademien Studienabsicht sicher, wahrscheinlich 3) Einschließlich Studienabsicht unsicher 2) Quelle: HIS-Studienberechtigtenbefragungen (Heine/Quast 2009) Tabelle A-3.2: Studienberechtigte ein halbes Jahr nach Schulabgang: Bandbreite der Studierquote nach Migrationshintergrund (in % aller Studienberechtigten) Migrationshintergrund Bandbreite der 1) Studierquote Ohne MH Jahrgang Mit MH 2004 2005 2006 2008 2004 2005 2006 2008 Kernquote Studienaufnahme bereits erfolgt Studienaufnahme sicher geplant 70 68 67 71 75 79 72 73 37 42 40 43 40 54 46 47 33 26 27 28 35 25 25 26 Maximalquote Studienaufnahme wahrscheinlich Studienaufnahme alternativ geplant 76 75 74 78 82 83 79 81 4 5 4 5 4 3 5 5 2 2 2 1 3 0 2 2 24 25 26 22 18 17 21 19 Keine Studienaufnahme geplant Die Bandbreite der Studierquote erfasst auch den Anteil derjenigen, die sich bezüglich einer Studienaufnahme noch unsicher sind und „wahrscheinlich“ studieren werden bzw. ein Studium „alternativ“ in Erwägung ziehen (Maximalquote) 1) Studienaufnahme ohne Verwaltungsfachhochschulen, Hochschulen der Bundeswehr und Berufsakademien Quelle: HIS-Studienberechtigtenbefragungen (Heine u.a. 2010); eigene Darstellung 206 Tabelle A-3.3: Ausländische BAföG-Geförderte 2009 nach dem Herkunftskontinent Herkunftskontinent Übriges Europa EU Asien Heimatlos/asylberechtigt Afrika Amerika Ohne Angaben Australien und Ozeanien Summe absolut 17.139 6.411 3.932 2.077 1.505 515 212 44 31.623 % 54,2 20,3 12,4 6,6 4,8 1,6 0,7 0,1 100 Quelle: Statistisches Bundesamt 2009c; eigene Berechnungen und Darstellung Tabelle A-4.1: Zahl der zwischen Oktober und Dezember 2010 ausgestellten Juleicas nach Bundesländern für Personen mit und ohne Migrationshintergrund (Geburt im Ausland) Ohne InsOhne MH Mit MH gesamt MH Mit MH Anzahl absolut Verteilung in % Sachsen 215 0 215 100,0 0,0 Rheinland-Pfalz 397 4 401 99,0 1,0 SchleswigHolstein 510 8 518 98,5 1,5 NordrheinWestfalen 297 5 302 98,3 1,7 MecklenburgVorpommern 56 1 57 98,2 1,8 Sachsen-Anhalt 137 3 140 97,9 2,1 Bayern 1126 26 1152 97,7 2,3 Bremen 38 1 39 97,4 2,6 Hessen 614 18 632 97,2 2,8 BadenWürttemberg 990 30 1020 97,1 2,9 Niedersachsen 1835 55 1890 97,1 2,9 Thüringen 136 4 140 97,1 2,9 Saarland 63 2 65 96,9 3,1 Brandenburg 158 6 164 96,3 3,7 Berlin 257 13 270 95,2 4,8 Hamburg 192 17 209 91,9 8,1 Quelle: Datenbank des Deutschen Bundesjugendringes zu den Jugendleiterinnen/Jugendleitern mit einer Juleica (Stand 31.12.2010); Zusammenstellung und Berechnung Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (Pothmann/Sass 2011); eigene Darstellung 207 Tabelle A-4.2: Personen mit einer Juleica nach Geschlecht und Migrationshintergrund, Oktober bis Dezember 2010 (in %) Männlich Weiblich Ohne MH 45,5 54,5 Mit MH 42,0 58 MH = Migrationshintergrund Quelle: Datenbank des Deutschen Bundesjugendringes zu den Jugendleiterinnen/Jugendleitern mit einer Juleica (Stand 31.12.2010); Zusammenstellung und Berechnung Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (Pothmann/Sass 2011); eigene Darstellung Tabelle A-4.3: Personen mit einer Juleica im Alter von 20 Jahren und älter nach höchstem erreichten Bildungsabschluss und Migrationshintergrund (Geburt in Deutschland); Oktober bis Dezember 2010 ohne MH mit MH ohne MH mit MH Anzahl absolut Verteilung in Spalten-% Abitur Realschule Fachhochschulreife Anderer Bildungsabschluss Dipl. Uni/Master Dipl. FH/Bachelor Hauptschule Noch kein Schulabschluss Techniker Meister 1033 783 425 37 19 17 31,6 24,0 13,0 32,7 16,8 15,0 139 203 329 219 15 13 7 2 4,3 6,2 10,1 6,7 13,3 11,5 6,2 1,8 5 46 82 2 1 0 0,2 1,4 2,5 1,8 0,9 0,0 Insgesamt 3264 113 100,0 100,0 MH = Migrationshintergrund Quelle: Datenbank des Deutschen Bundesjugendringes zu den Jugendleiterinnen/Jugendleitern mit einer Juleica (Stand 31.12.2010); Zusammenstellung und Berechnung Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (Pothmann/Sass 2011); eigene Darstellung 208 Tabelle A-4.4: Möglichkeiten der Mitbestimmung aus Sicht von Jugendfeuerwehrmitgliedern in % Mitbestimmung großer Einfluss 68 Aufnahme neuer Mitglieder Lösung von Problemen in der 48 Gruppe 42 Ausschluss von Mitgliedern Festlegung von Themen und 41 Gruppenaktivitäten 35 Verteilung von Aufgaben Festlegung von Regeln für die 33 Gruppe Festlegung des Ablaufs von 25 Einsatzübungen Gestaltung der Website der JF1 Anschaffung von Geräten Gestaltung des Gruppenraumes Veranstaltungen auf Direktions- oder Landesebene wenig Einfluss kein Einfluss 26 6 44 41 8 17 53 53 6 12 51 16 52 23 25 25 35 46 41 30 21 46 33 13 40 48 1 Nur Personen, deren Jugendfeuerwehr (JF) über eine eigene Website verfügt Aufgrund von Rundungen ergeben die Zellensummen nicht in allen Fällen genau 100 Prozent Anordnung in absteigender Reihenfolge der Werte der Kategorie "großer Einfluss" Quelle: Richter u.a. 2007 209 C. Abbildungsanhang Abbildung A-1.1: Ausländische und deutsche Schüler/innen an Abendschulen, Schuljahr 2009/10 (in %) 57,6 77,0 86,7 93,7 42,4 23,0 13,3 6,3 Abendhauptschulen Abendrealschulen Abendgymnasien Kollegs Ausländische Schüler/innen Deutsche Schüler/innen Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11. Reihe 1, Tab. 3.2; eigene Berechnungen und Darstellung Abbildung A-1.2: Schüler/innen an Hauptschulen und Gymnasien nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, Schuljahr 2006/07 (in %) 60 55 50 50 48 47 45 44 42 42 40 42 39 38 37 35 33 30 27 25 27 24 22 20 19 17 16 15 13 10 14 15 12 11 0 J M Deutschland J M Serbien/ Montenegro J M Italien J M Türkei Hauptschulen J M Griechenland J M Polen J M Russ. Föderation Gymnasien Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2008): Schulische Bildung von Migranten in Deutschland, Working Paper 13; eigene Darstellung 210 Abbildung A-1.3: Ausländische Schüler/innen im Sekundarbereich I nach Schularten, 1992 bis 2009 (in %) 60 50 40 30 20 10 0 1992 1995 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Ausländer/innen an Hauptschulen Ausländer/innen an Realschulen Ausländer/innen an Gymnasien Ausländer/innen an sonstigen Schulen 2009 Quelle. Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 4.1.1, Ausländische Schüler/innen 1992 bis 2009 nach Schularten, Bildungsbereichen und Ländern; eigene Berechnungen und Darstellung. Abbildung A-1.4: Deutsche Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich I nach Schularten, 1992 bis 2009 (in %) 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1992 1995 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Deutsche an Hauptschulen Deutsche an Realschulen Deutsche an Gymnasien Deutsche an sonstigen Schulen 2009 Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung 211 Abbildung A-1.5: Ausländische und deutsche Schüler/innen im Sekundarbereich II nach Schularten, Schuljahr 2009/10 (in %) 18,6 18,1 9,2 9,1 81,4 81,9 90,8 90,9 Ausländische Schülerinnen Ausländische Schüler Deutsche Schülerinnen Deutsche Schüler Gymnasien Sonstige Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen, Fachserie 11, Reihe 1, Tab. 3.3; eigene Berechnungen und Darstellung 212 Sozio-ökonomischer Status Abbildung A-1.6: Schulabschlüsse der 18- bis unter 21-jährigen Bevölkerung ohne Migrationshintergrund nach sozioökonomischem Status, 2008 (in %) Hoch 4 5 Mittel 3 Niedrig 4 Insgesamt 4 23 4 27 15 34 38 5 14 31 0% 10% 21 42 3 17 35 20% 30% 40% 50% Ohne Hauptschulabschluss Mit Mittlerem Abschluss Mit allgemeiner Hochschulreif e Noch in sonst. allg.bild. Schulen 3 4 15 60% 70% 6 3 10 21 80% 3 3 90% 100% Mit Hauptschulabschluss Mit Fachhochschulreif e Noch im Gymnasium Sonst. allg.bild. Schulen = sonstige allgemeinbildende Schulen Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010): Bildung in Deutschland 2010; Abb. D7-3; leicht abgeänderte Darstellung Sozio-ökonomischer Status Abbildung A-1.7: Schulabschlüsse der 18- bis unter 21-jährigen Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach sozioökonomischem Status, 2008 (in %) 15 Hoch Mittel 6 Niedrig 7 Insgesamt 7 0% 14 28 21 42 29 4 11 34 29 3 6 28 10% 20% 22 26 30% 40% Ohne Hauptschulabschluss Mit Mittlerem Abschluss Mit allgemeiner Hochschulreif e Noch in sonst. allg.bild. Schulen 50% 4 60% 9 70% 6 13 18 80% 7 7 90% 100% Mit Hauptschulabschluss Mit Fachhochschulreif e Noch im Gymnasium Sonst. allg.bild. Schulen = sonstige allgemeinbildende Schulen Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010): Bildung in Deutschland 2010; Abb. D7-3; leicht abgeänderte Darstellung 213 Abbildung A-1.8: Abitur 11- bis 32-Jähriger nach Bildung der Eltern, Migrationshintergrund und Migrantengeneration (in %) Kein Migrationshintergrund 2. Generation 1 Elternteil 2. Generation beide Eltern 1. Generation 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Anteil Abitur der Kinder Kein Elternteil Abitur Mindestens ein Elternteil Abitur Lesehinweis: 2. Generation 1 Elternteil = das Kind gehört der zweiten Migrantengeneration an und ein Elternteil ist im Ausland geboren, beide Eltern = beide Eltern sind im Ausland geboren Quelle: AID:A – DJI-Survey 2009 (Berngruber u.a. 2012, S. 61, Abb. 3) Abbildung A-1.9: Zustimmung zur Aussage "Alles in allem gehe ich gerne zur Schule" (in %) Kein MH 35 3. Generation 35 2. Generation 38 1. Generation 32 Gesamt 35 0% 47 46 18 2 42 18 2 50 18 1 47 10% 20% 30% 40% 50% 60% 17 2 70% 80% Trifft voll und ganz zu Trifft eher zu Trifft eher nicht zu Trifft überhaupt nicht zu MH= Migrationshintergrund Quelle: DJI-AID:A – Survey 2009; N = 3.216 214 16 2 90% 100% Abbildung A-1.10: Zustimmung zur Aussage „Die Anforderungen der Schule sind für mich eine große Belastung“ (in %) Kein MH 2 19 3. Generation 1 22 2. Generation 2 5 1. Generation 55 22 50 28 48 28 17 Gesamt 2 20 0% 10% 20% 30% 40% 50% Trifft voll und ganz zu Trifft eher nicht zu 60% 24 54 25 53 25 70% 80% 90% 100% Trifft eher zu Trifft überhaupt nicht zu MH= Migrationshintergrund Quelle: DJI-AID:A – Survey 2009; N = 3.213 Abbildung A-1.11: Zustimmung zur Aussage „Das Lernen für die Schule fällt mir leicht“ (in %) 21 2 51 Kein MH 26 3. Generation 30 2. Generation 28 1. Generation 29 46 23 2 Gesamt 27 51 21 1 0% 20 0,3 50 21 1 50 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% Trifft voll und ganz zu Trifft eher zu Trifft eher nicht zu Trifft überhaupt nicht zu 90% 100% MH= Migrationshintergrund Quelle: DJI-AID:A – Survey 2009; N = 3.215 215 Abbildung A-2.1: Wahrscheinlichkeit der Einmündung in eine vollqualifizierende Berufsausbildung – nichtstudienberechtigte Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund Abbildung A-2.2: Wahrscheinlichkeit der Einmündung in eine betriebliche, außerbetriebliche oder schulische Berufsausbildung nach Verlassen des allgemeinbildenden Schulsystems nach Migrationshintergrund und Geschlecht (in %) 100 90,2 85,4 90 80 73,3 70,9 70 60 50 40 30 12 Männer mit MH 24 Monate nach Schulende Frauen mit MH Männer ohne MH 36 Frauen ohne MH Basis: Personen der Geburtsjahrgänge 1982 bis 1988, die die allgemeinbildende Schule vor dem Jahr 2006 verlassen haben und bei Schulende einen betrieblichen, außerbetrieblichen oder schulischen Ausbildungsplatz suchten (n ungewichtet = 3.533) MH= Migrationshintergrund Quelle: Berufsbildungsbericht 2011, S. 190; eigene Darstellung 216 Abbildung A-2.3: Wahrscheinlichkeit der Einmündung in eine betriebliche Berufsausbildung nach Verlassen des allgemeinbildenden Schulsystems nach Migrationshintergrund und Geschlecht (in %) 90 86,4 80 71,8 66,5 59,1 70 60 50 40 30 20 12 Männer mit MH 24 Monate nach Schulende Frauen mit MH Männer ohne MH 36 Frauen ohne MH MH= Migrationshintergrund Quelle: Berufsbildungsbericht 2011, S. 190; eigene Darstellung Basis: Personen der Geburtsjahrgänge 1982 bis 1988, die die allgemeinbildende Schule vor dem Jahr 2006 verlassen haben und bei Schulende einen betrieblichen Ausbildungsplatz suchten (n ungewichtet = 2.935) Abbildung A-2.4: Übertrittswahrscheinlichkeit in Ausbildung nach Herkunft Dargestellt als eins minus die kumulative Überlebensfunktion (Kaplan-Meier) Quelle: Lex/Geier (2010) 217 Abbildung A-2.5: Die zehn Ausbildungsberufe mit der höchsten Anzahl ausländischer Auszubildender im Jahr 2009 (abs.) Friseur/in 877 Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel 2 710 Verkäufer/in 1 960 Medizinische(r) Fachangestellte(r) 23 Zahnmedizinische(r) Fachangestellte(r) 14 Kraftfahrzeugmechatroniker/in Bürokaufmann/-kauffrau 4 612 2 642 2 666 3 588 3 540 2 862 30 739 1 716 Kaufmann/Kauffrau für 559 Bürokommunikation Fachverkäufer/in im 238 Lebensmittelhandwerk Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, 1 759 Heizungs- und Klimatechnik 1 518 1 688 10 Männlich Weiblich Quelle: Statistisches Bundesamt, Berufsbildungsstatistik 2009; eigene Darstellung Abbildung A-2.6: Die zehn Ausbildungsberufe mit der höchsten Anzahl deutscher Auszubildender im Jahr 2009 (abs.) Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel 29 971 39 845 Kraftfahrzeugmechatroniker/in 61 456 1 745 Bürokaufmann/-kauffrau 14 485 Industriekaufmann/-kauffrau 19 111 Industriemechaniker/in 48 300 Verkäufer/in 14 502 Kaufmann/Kauffrau im Groß- und Außenhandel 21 424 Medizinische(r) Fachangestellte(r) 394 Koch/Köchin Bankkaufmann/-kauffrau 39 922 32 483 2 393 28 038 16 753 37 125 27 373 14 361 8 741 20 275 Männlich Quelle: Statistisches Bundesamt, Berufsbildungsstatistik 2009; eigene Darstellung 218 Weiblich Abbildung A-2.7: Vertragslösungsquoten nach Zuständigkeitsbereichen und Staatsangehörigkeit im Jahr 2009 (in %) 27,4 Insgesamt 21,8 32,5 Handwerk 27,4 26,2 Landwirtschaft 18,5 Industrie und Handel 25,4 19,9 23,9 Freie Berufe 21,1 21,5 22,6 Hauswirtschaft 5,3 5,0 Öffentlicher Dienst Ausländer/innen Deutsche Hinweise: Schichtenmodell nach neuer Berechnungsweise; in % der begonnen Ausbildungsverträge; Bzgl. der Daten zur Land/Hauswirtschaft liegen wohl für einige Bundesländer Meldefehler vor (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2009, S. 19) Quelle: BIBB 2011, S. 185; eigene Darstellung Abbildung A-2.8: Berufliche Bildungsabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrationsstatus und Art des Bildungsabschlusses, 2009 (in % der altersentsprechenden Bevölkerung1) 85 69 62 60 31 33 22 9 Mit beruflichem Bildungsabschluss Ohne Migrationshintergrund Eigene Migrationserf ahrung Ohne Abschluss Mit Migrationshintergrund Ohne eigene Migrationserf ahrung 1 Ausschließlich Bevölkerung mit Angabe zu den beruflichen Abschlüssen In der Kategorie „ohne Abschluss“ wurden die noch in Ausbildung befindlichen Personen nicht berücksichtigt Quelle: Statistisches Bundesamt (2010): Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus – Fachserie 1, Reihe. 2.2, 2009, Tab. 9A; eigene Berechnungen und Darstellung 219 Abbildung A-2.9: Berufliche Bildungsabschlüsse 25- bis unter 35-Jähriger nach Migrationserfahrung und Art des Bildungsabschlusses, 2009 (in % der Personen gleichen Alters und Migrationsstatus mit beruflichem Bildungsabschluss)1 10 Universität 24 6 Fachhochschule 8 Meister/Techniker/ Fachschule Beruf squalif izierender Abschluss 5 3 0 2 75 Lehre o.ä. Praktikum/BVJ** 58 0 3 Ohne eigene Migrationserf ahrung Mit eigener Migrationserf ahrung 1 Ausschließlich Bevölkerung mit Angabe zu den beruflichen Abschlüssen ** Praktikum/BVJ = Anlern-/Berufspraktikum/Berufsvorbereitungsjahr Quelle: Statistisches Bundesamt (2010): Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus – Fachserie 1, Reihe. 2.2, 2009, Tab. 9A; eigene Berechnungen und Darstellung Anteil an allen Studierenden Abbildung A-3.1: Anteil Bildungsausländer/innen und -inländer/innen an Studierenden, Wintersemester 2000–2010 (in %) 6,4 7,0 7,6 8,4 8,9 9,5 9,5 9,5 9,2 8,9 8,5 3,5 3,4 3,4 3,3 3,3 3,0 3,0 2,9 2,9 2,9 3,0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2000 Anteil Bildungsinländer/innen Anteil Bildungsausländer/innen Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Hochschulstatistik; Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010) 220 Abbildung A-3.2: Deutsche und ausländische Studierende nach Hochschularten, Wintersemester 2009/10 (in %) Deutsche gesamt Weibliche Deutsche 72 Männliche Deutsche 61 BildungsinländerInnen gesamt 1 66 1 65 Bildungsinländer 53 Gesamt 67 0% 27 1 59 Bildungsinländerinnen 32 37 38 4 31 5 44 3 32 2 10% Universitäten gesamt 20% 30% Kunsthochschule 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Fachhochschulen (mit Verwaltungsfachhochschulen) Fachhochschulen einschließlich Verwaltungsfachhochschulen; Universitäten einschließlich Pädagogische und Theologische Hochschulen Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Hochschulstatistik; eigene Berechnungen und Darstellung Abbildung A-3.3: Bildungsinländer/innen nach Hochschulart und Geschlecht (abs.) 20000 18000 16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 2006 2007 2008 2009 Universitäten Frauen Fachhochschulen Frauen Kunsthochschulen Frauen Universitäten Männer Fachhochschulen Männer Kunsthochschulen Männer Universitäten einschließlich Pädagogische und Theologische Hochschulen Quelle: Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010) 221 Bildungsinländer Abbildung A-3.4: Alle Studierenden, deutsche Studierende und Bildungsinländer/innen nach Fächergruppen, Wintersemester 2009/10 38,1 w Deutsch 33,1 w 30,1 Gesamt m 33,1 w 0% 10% Rechts-, Wirtschaftsund Sozialwiss. 20% Sprachund Kulturwiss. 30% Ingenieurwiss. Mathematik, Naturwiss. 17,7 18,1 40% 50% Humanmedizin/ Gesundheitswiss. 60% Kunst, Kunstwiss. 70% Agrar-, Forstund Ernährungswiss. 5,1 7,5 13,8 7,8 28,6 80% Sport 3,6 3,9 2,7 21,3 27,6 19,4 31,5 i 4,8 5,7 17,8 17,5 11,0 3,8 2,5 7,8 13,8 7,3 28,9 5,6 3,7 21,4 26,8 19,6 31,9 i 7,4 5,0 17,5 22,6 11,2 30,8 m 14,2 11,8 22,2 14,5 34,7 i 2,6 4,1 20,5 32,2 7,6 31,7 m 5,6 90% Veterinärmedizin 3,8 100% Sonstige Fächer Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Hochschulstatistik; eigene Berechnungen und Darstellung Abbildung A-3.5: Anteil ausländischer Studierender im Wintersemester 2009/10 nach den 10 am stärksten vertretenen Herkunftsländern (in %) Türkei 27,6 Kroatien 5,5 Italien 5,5 Griechenland 4,9 Russische Föderation 4,5 Polen 4,5 Ukraine Bosnien und Herzegowina 3,9 3,2 Serbien 2,6 China 2,6 Quelle: Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010); eigene Berechnungen und Darstellung 222 Deutsche Bildungsinländer Abbildung A-3.6: Absolventinnen/Absolventen im Prüfungsjahr 2009 nach Studienarten (in %) Männlich 91,4 7,2 1,4 Weiblich 90,8 8,2 1,0 Insgesamt 91,1 7,7 1,2 Männlich 85,9 Weiblich 88,0 Insgesamt 87,0 6,2 7,9 5,9 6,2 6,0 70% 80% Erststudium 7,0 90% Weiterführendes Studium 100% Promotionsstudium Quelle: Wissenschaft weltoffen 2010 (DAAD 2010); eigene Berechnungen und Darstellung Abbildung A-4.1: Studien zur Jugendarbeit nach berücksichtigtem Migrationshintergrund (in %) 2 77 Zu Jugendlichen mit MH qualitativ 11 Zu Jugendlichen mit MH quantitativ Ohne Berücksichtigung MH MH = Migrationshintergrund Quelle: „Das Wissen zur Kinder- und Jugendarbeit“ (Buschmann 2009); eigene Darstellung 223 II. Grundstrukturen des formalen Bildungsund Ausbildungssystems in Deutschland A. Grundstruktur des allgemeinbildenden Schulsystems Die heute verbreitete Mehrgliedrigkeit des deutschen Schulsystems entstand aus seiner Dreigliedrigkeit. Da sich die westlichen Bundesländer auf Grund ihrer Bildungssouveränität und getrennt von den östlichen Bundesländern unterschiedlich entwickelten, gibt es mittlerweile zwei-, drei-, vier- und fünfgliedrige Schulsysteme in der Bundesrepublik Deutschland.1 Traditionell dreigliedrig sind die Schulen heute in keinem Bundesland mehr organisiert. Sachsen ist das einzige zweigliedrige Schulsystem.2 Hier verteilen sich die Schüler/innen auf →Mittelschulen (als →Schulart mit mehreren Bildungsgängen) und →Gymnasien. Die anderen östlichen Bundesländer außer Berlin sind dreigliedrig in dem Sinne, dass es über Schularten mit mehreren Bildungsgängen und Gymnasien hinaus noch →Gesamtschulen gibt; es handelt sich hier also um keine Dreigliedrigkeit im klassischen Sinne. Hauptschulen sind nur in den westlichen Bundesländern und in Berlin vertreten. Hier ist am häufigsten eine Viergliedrigkeit dergestalt vorhanden, dass über die traditionelle Dreigliedrigkeit hinaus noch Gesamtschulen zur Verfügung stehen. Hamburg, Rheinland-Pfalz und das Saarland sind fünfgliedrig, da sie darüber hinaus Schulen mit mehreren Bildungsgängen nachweisen.3 Aus dem hier Dargestellten resultiert, dass sich die schulische Situation für Kinder und Jugendliche je nach Bundesland völlig unterschiedlich darstellen kann. Für die folgende Grafik wurden die Angaben, die das allgemeinbildende Schulsystem in der Bundesrepublik Deutschland betreffen, aus einer Veröffentlichung des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder zur Grundstruktur des Bildungswesens ausgewählt und separat dargestellt. Die vielen ebenfalls übernommenen Erläuterungspunkte im Anschluss zeigen, wie komplex und erklärungsbedürftig diese Struktur ist. 1 In dieser Zählweise sind Grundschulen, Förderschulen und private Schulen noch nicht enthalten. 2 Vgl. für die folgenden Ausführungen: Übersicht über die Schulartengliederung und institutionelle Zuordnung in den Statistiken der allgemeinen Schulen, Schuljahr 2009/10 in: Fachserie 11, Reihe 1 des Statistischen Bundesamtes. 3 Die einzige Ausnahme bildet Bremen mit Hauptschulen, Schularten mit mehreren Bildungsgängen, Gymnasien und Gesamtschulen. 224 Grundstruktur des allgemeinbildenden Schulsystems in der Bundesrepublik Deutschland Fachhochschulreife 13 12 11 10 Sekundar- Fachoberschule bereich II Allgemeine Hochschulreife 8 Gymnasiale Oberstufe 2) 7 Mittlerer Schulabschluss (Realschulabschluss) nach 10 Jahren, erster allgemeiner Schulabschluss 6 (Hauptschulabschluss) nach 9 Jahren 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 10. Schuljahr Hauptschule Sekundar- 2 schule Primar- Sonder- Jahr- Realschule 4 Gesamt- Sonder- bereich I bereich 4 schule schule Orientierungsstufe Grundschule Gymnasium 5 5 3 1 2 Sonder- gangs- Elementar- kinder- Kindergarten stufe (freiwillig) bereich garten Quelle: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Dokumentations- und Bildungsinformationsdienst 2009 Erläuterungen zu Abbildung 79: Elementarbereich: In einigen Ländern bestehen besondere Formen des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule (Vorklassen, Schulkindergärten). In Berlin und Brandenburg umfasst die Grundschule sechs Jahrgangsstufen. Sonderschule: Beschulung von Behinderten entsprechend den Behinderungsarten in Sonderformen der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, teilweise auch integrativ zusammen mit Nichtbehinderten. Schulbezeichnung nach Landesrecht unterschiedlich (Förderschule / Schule für Behinderte / Sonderschule / Förderzentrum). Die Förderschule mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ (Schule für Lernbehinderte) hat einen schulspezifischen Abschluss. Orientierungsstufe: Nicht in allen Ländern existiert eine Orientierungsstufe. Gleichwohl bilden die Jahrgangsstufen 5 und 6 unabhängig von ihrer organisatorischen Zuordnung eine Phase besonderer Förderung, Beobachtung und Orientierung über den weiteren Bildungsgang mit seinen fachlichen Schwerpunkten. Sekundarbereich: Die Bildungsgänge der Hauptschule und der Realschule werden auch an Schularten mit mehreren Bildungsgängen mit nach Ländern unterschiedlichen Bezeichnungen angeboten. Hierzu zählen die Mittelschule (Sachsen), Regelschule (Thüringen), Sekundarschule (Bremen, Sachsen225 Anhalt), Erweiterte Realschule (Saarland), Integrierte Haupt- und Realschule (Hamburg), Oberschule (Brandenburg), Duale Oberschule (RheinlandPfalz), Verbundene oder Zusammengefasste Haupt- und Realschule (Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen) und Regionale Schule (Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz), Regionalschule (SchleswigHolstein), Gemeinschaftsschule (Schleswig-Holstein) sowie die Gesamtschule. Gesamtschulen: Der Bildungsgang des Gymnasiums wird auch an Gesamtschulen angeboten. In der kooperativen Gesamtschule sind drei Bildungsgänge (der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums) pädagogisch und organisatorisch zusammengefasst, in der integrierten Gesamtschule bilden sie eine pädagogische und organisatorische Einheit. Die Einrichtung von Gesamtschulen ist nach dem Schulrecht der Länder unterschiedlich geregelt. Erster allgemeinbildender Schulabschluss: Die allgemeinbildenden Schulabschlüsse nach Jahrgangsstufe 9 und 10 tragen in einzelnen Ländern besondere Bezeichnungen. Der nachträgliche Erwerb dieser Abschlüsse an Abendschulen und beruflichen Schulen ist möglich. Allgemeine Hochschulreife: Zugangsvoraussetzung ist die formelle Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe, die nach Jahrgangsstufe 9 oder 10 erworben wird. „Die Dauer der Schulzeit bis zur Erlangung der Allgemeinen Hochschulreife beträgt 12 oder 13 Schuljahre. (…) Nahezu alle Länder haben in den vergangenen Jahren begonnen, die Schulzeit am Gymnasium von 9 auf 8 Jahre (G8), in der Regel aufsteigend von Jahrgangsstufe 5 an, zu verkürzen, bzw. dies angekündigt“ (http://www.kmk.org/bildungschule/allgemeine-bildung/sekundarstufe-ii-gymnasiale-oberstufe.html; 14.07.2011). Fachoberschule: Die Fachoberschule ist eine zweijährige Schulart, die aufbauend auf dem Mittleren Schulabschluss mit Jahrgangsstufe 11 und 12 zur Fachhochschulreife führt. Für Absolventen mit Mittlerem Schulabschluss und einer beruflichen Erstausbildung ist der unmittelbare Eintritt in Jahrgangsstufe 12 der Fachoberschule möglich. Die Länder können auch eine Jahrgangsstufe 13 einrichten. Der Besuch der Jahrgangsstufe 13 führt zur Fachgebundenen Hochschulreife und unter bestimmten Voraussetzungen zur Allgemeinen Hochschulreife. B. Das deutsche Berufsbildungssystem Durch die „Sukzessivität und teilweise Parallelität von allgemeinbildenden und berufsbildenden Bildungsgängen und -stufen im nationalen föderalen Bildungssystem“ (Fest u.a. 2010, S. 95) ist es schwierig, einen Überblick über die Vielfalt an beruflichen Ausbildungsgängen zu gewinnen. Deshalb erfolgt hier keine umfassende Darstellung, sondern nur eine Vorstellung wesentlicher Elemente des deutschen Berufsbildungssystems. 226 Vollqualifizierende Ausbildungsgänge in Betrieben und Behörden Zentrales Element der deutschen Berufsausbildung ist das sog. duale Berufsausbildungssystem (kurz: duales System), in dessen Ausbildungsgängen Jugendliche die Befähigung erhalten sollen, als qualifizierte Fachkräfte einen von derzeit 349 anerkannten Ausbildungsberufen (Stand: 01.08.2010; vgl. www2.bibb.de/tools/aab/aabberufeliste.php; 15.02.2011) auszuüben (vgl. Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland [KMK] 2009a, S. 115ff.). Die je nach Beruf zwei- bis dreijährige Ausbildung zeichnet sich durch „die Komplementarität von Lernen in der Schule und Lernen am Arbeitsplatz“ aus (OECD 2010, S. 12). Daher leitet sich der Name „duale Ausbildung“ ab. 3-4 Tage in der Woche verbringen die Auszubildenden im Ausbildungsbetrieb, bis zu zwei Tage in der Woche in der Berufsschule. Im Betrieb erwerben sie nach einem individuellen Ausbildungsplan berufliche Handlungskompetenzen und sammeln praktische Erfahrungen (vgl. Hochschulrektorenkonferenz [HRK] 2009, S. 115). In der Schule werden fachtheoretische als auch allgemeinbildende Inhalte vermittelt (Hippach-Schneider u.a., 2007, S. 28; Baethge 2008 S. 547). Welche Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse in der betrieblichen Ausbildung zu vermitteln sind, wird in verbindlichen Ausbildungsordnungen festgelegt, wodurch ein einheitlicher nationaler Standard geschaffen wird. Auch für den Unterricht in der Berufsschule wird ein mit den Ausbildungsordnungen abgestimmter Rahmenlehrplan erstellt (vgl. Hippach-Schneider u.a. 2007, S. 26f.; HRK 2009, S. 115f.). Die ordnungsgemäße Ausbildung sowie die Eignung der Ausbildungsbetriebe und des betrieblichen Ausbildungspersonals werden von den zuständigen Kammern überwacht (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung [BMBF], 2010b, S. 8). Somit liegt die politische Steuerung und Kontrolle in der gemeinsamen Verantwortung von Staat und Tarifpartnern (Baethge u.a. 2007, S. 14). Falls Unternehmen Schwierigkeiten haben, eine umfassende Ausbildung anzubieten (z.B. Fehlen von Ausbildungspersonal), so gibt es zum einen die Möglichkeit, dass sich mehrere Betriebe zu sog. „Ausbildungsverbünden“ zusammenschließen, zum anderen können Ausbildungsabschnitte an sog. „überbetrieblichen Berufsbildungsstätten“ absolviert werden (vgl. HippachSchneider u.a. 2007, S. 28). Zugangsvoraussetzung für eine Ausbildung im dualen System ist, dass die Vollzeitschulpflicht erfüllt ist (vgl. HRK, 2009, S. 115). Am Ende der Ausbildung erfolgt eine Abschluss- oder Gesellenprüfung vor den für die Berufsbildung zuständigen Stellen (z.B. Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern), die sich aus praktischen, schriftlichen und mündlichen Teilprüfungen zusammensetzen kann (HRK 2009, S. 136). Sie kann zweimal wiederholt werden und ihr Bestehen wird durch ein Prüfungszeugnis dokumentiert. Auch von der Berufsschule wird bei ausreichenden Leistungen ein Abschlusszeugnis ausgestellt, das den Hauptschulabschluss mit einschließt und gegebenenfalls auch einen mittleren Schulabschluss bzw. die Fachhochschulreife einschließen kann (vgl. KMK 2009a, S. 136). Der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung „befähigt zur unmittelbaren Berufsausbildung als qualifizierte Fachkraft“ (HRK 2009, S. 115). 227 Grundlage für die Ausbildung ist ein privatrechtlicher Berufsausbildungsvertrag, der zwischen dem anerkannten Ausbildungsbetrieb und dem Jugendlichen abgeschlossen wird (vgl. Hippach-Schneider u.a. 2007, S. 26f.). Die Betriebe übernehmen die Kosten der „betrieblichen Ausbildung“ und zahlen dem Auszubildenden eine Ausbildungsvergütung. Wird das Ausbildungsverhältnis hingegen (nahezu) vollständig durch staatliche Programme oder auf gesetzlicher Grundlage mit öffentlichen Mitteln bzw. Mitteln der Bundesagentur für Arbeit finanziert, so spricht man von „außerbetrieblichen Ausbildungsverhältnissen"4 (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung [BIBB] 2010a, S. 27/S. 125). Zum dualen System kann auch das →Berufsgrundbildungsjahr in kooperativer Form gezählt werden, wenn dieses auf die Berufsausbildung angerechnet wird (vgl. http://www.good-practice.de/2759.php#glossar2871; 23.03.2011). Auch die Beamtenausbildung für den mittleren Dienst zählt zu den vollqualifizierenden Ausbildungsgängen (vgl. integrierte Ausbildungsberichterstattung) und ist ebenfalls dual organisiert. Die praktische Qualifizierung erfolgt bei Ausbildungsbehörden des Bundes, der Länder oder der Kommunalverwaltungen, die theoretische Unterrichtung an Verwaltungsschulen (vgl. Anger u.a. 2007, S. 10). Zulassungsvoraussetzung (außer für die Ausbildung im technischen Dienst) für den mittleren Dienst ist ein Realschulabschluss oder ein Hauptschulabschluss in Verbindung mit einer abgeschlossenen förderlichen Berufsausbildung oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand. Darüber hinaus müssen bestimmte beamtenrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, wie z.B. der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit bzw. derjenigen eines anderen Staates der Europäischen Union5 (vgl. www.arbeitsagentur.de/nn_26138/Navigation/zentral/Buerger/ Ausbildung/Berufsausbildung/Ausbildung-oeffentlicher-Dienst/Ausbil dung-oeffentlicher-Dienst-Nav.html#d1.3; 23.03.2011). In der Integrierten Ausbildungsberichterstattung wird davon ausgegangen, dass nur deutsche Staatsangehörige für den mittleren Dienst ausgebildet werden.6 Daneben existieren branchen- oder unternehmensspezifische Ausbildungsgänge, die nicht nach BBiG oder HwO geregelt sind, z.B. Berufe der Luftverkehrsbranche (Piloten, Fluglotsen etc.), aber auch solche der Medienbranche (Kameraleute, Mediendesigner etc.) (vgl. Anger u.a. 2007, S. 10). Da für diesen Bereich keine zentrale Datenerfassung erfolgt, er quantitativ eher von geringer Bedeutung ist und auch die Anerkennung der einzelnen Abschlüsse problematisch ist, wird dieser Zweig in den folgenden Ausführungen nicht weiter berücksichtigt (ebd., S. 44). 4 Die Unterscheidung erfolgt also nach der Form der Finanzierung und bezieht sich nicht auf den Lernort. Auch außerbetriebliche Auszubildende absolvieren Ausbildungsphasen in Betrieben. 5 vgl. www.arbeitsagentur.de/nn_26138/Navigation/zentral/Buerger/Ausbildung/Berufsausbildun g/Ausbildung-oeffentlicher-Dienst/Ausbildung-oeffentlicher-Dienst-Nav.html#d1.3 6 vgl. http://www.statistik-hessen.de/themenauswahl/bildung-kultur-rechtspflege/landesdaten/ bildung/iab/integrierte-ausbildungberichterstattung-bund/anfaenger-im-ausbildungsgeschehen -nach-sektoren-konten-fuer-deutsche-und-auslaender/index.html 228 Vollqualifizierende schulische Ausbildungsgänge Eine vollqualifizierende Ausbildung kann ferner im sog. Schulberufssystem erfolgen (vgl. Krüger 2004, S. 145). Das Niveau einer solchen Ausbildung wird als dem einer dualen Berufsausbildung gleichwertig angesehen (Baethge 2008, S. 543). Die schulischen Ausbildungsgänge enthalten auch Praxisanteile, die im Umfang denen im dualen System kaum nachstehen (vgl. Krüger 2004, S. 151f.). Hier ist „der Ausbildungsträger für die gesamte Ausbildung einschließlich der fachpraktischen Phasen allein verantwortlich“ (Beicht/Ulrich 2008, S. 19).7 Dies hat zur Folge, dass die Struktur, die Qualität und die Inhalte der Bildungsgänge sehr heterogen ausfallen und sowohl zwischen den Bundesländern als auch zwischen privaten/öffentlichen Trägern erheblich variieren (vgl. Krüger 2004, S. 152). Die Ausbildung erfolgt an sog. Berufsfachschulen in Vollzeit. Nach Baethge (2008, S. 578) lassen sich drei Typen von vollqualifizierenden Berufsfachschulen unterscheiden: Schulen für anerkannte Ausbildungsberufe gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. Handwerksordnung (HwO), Schulen für Berufe außerhalb des Berufsbildungsgesetzes bzw. der Handwerksordnung und Schulen für Berufe im Gesundheitswesen.8 Zudem zählt die Integrierte Ausbildungsberichterstattung auch Bildungsgänge an Berufsfachschulen und →Fachgymnasien, die sowohl einen Berufsabschluss als auch eine Hochschulzugangsberechtigung vermitteln, zu diesem Sektor. Vollqualifizierende Berufsfachschulen bieten ein breites Spektrum an Bildungsangeboten. Schwerpunktmäßig sind hier Berufe des Sozial- und Gesundheitswesens sowie kaufmännische und technische Assistentenberufe vertreten (vgl. KMK 2009a, S. 113; Beicht/Ulrich 2008, S. 199). Die schulischen Bildungsgänge dauern je nach Fachrichtung zwischen einem und drei Jahren (vgl. KMK 2009a, S. 113). Unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. KMK: Vereinbarung über den Erwerb der Fachhochschulreife in beruflichen Bildungsgängen) kann auch eine Fachhochschulreife erworben werden. Berufsfachschulen können ohne vorherige praktische Berufsausbildung besucht werden, setzen – bis auf wenige Ausnahmen – aber einen Mittleren Schulabschluss voraus (vgl. Krüger 2004, S. 151). Schüler/innen von Berufsfachschulen haben Anspruch auf BAföG und müssen evtl. Schulgeld zahlen, erhalten in der Regel aber keine Ausbildungsvergütung von einem Betrieb (Ausnahme: Krankenpflegeausbildung) (vgl. Baethge 2008, S. 57). Die Berufsfachschulen decken Beschäftigungsbereiche ab, die nicht in das duale System eingebunden sind und stellen somit keinen Ersatz der dualen Ausbildung, sondern „einen eigenständigen Beitrag zum deutschen 7 Zuständig sind entweder die Kultusministerien der Länder oder freigemeinnützige bzw. öffentlich-rechtliche Träger (vgl. Krüger 2004, S. 151). 8 In der Integrierten Ausbildungsberichterstattung werden diese unter dem Konto „Landes- oder bundesrechtlich geregelte Ausbildung in Berufen des Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesens“ geführt. In einigen Ländern findet die Ausbildung in Gesundheitsdienstberufen (unterhalb der akademischen Ebene) nicht in Schulen des Gesundheitswesens, sondern in Berufsfachschulen oder Fachschulen statt (vgl. Statistisches Bundesamt 2010, S. 9). 229 Berufsbildungssystem“ dar (ebd., S. 579), der mit der zunehmenden Tertiarisierung des Arbeitsmarkts immer mehr an Bedeutung gewinnt (vgl. Krüger 2004, S. 160). Im Gegensatz zur dualen Ausbildung sind die Berufsbezeichnungen, nicht aber die Tätigkeitsprofile der schulischen Abschlüsse geschützt, d.h. es können für entsprechende Tätigkeiten auch ungelernte bzw. fachfremd ausgebildete Personen eingestellt werden. Zudem ist die Mindestentlohnung nur zum Teil tariflich festgesetzt. Somit sind die Schulberufsausbildungen gewissen Benachteiligungen ausgesetzt (vgl. ebd., S. 152f.). Integration in Ausbildung Neben vollqualifizierenden Ausbildungsgängen existieren Bildungsangebote, welche zu keinem anerkannten Ausbildungsabschluss führen, sondern dazu dienen, „Jugendliche auf eine berufliche Ausbildung oder berufliche Tätigkeit vorzubereiten und sie in den Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt zu integrieren“ (vgl. Anger u.a. 2007, S. 49). Der Bildungsbericht (vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 79) nennt diesen Sektor des Berufsbildungssystems „Übergangssystem“, in der Integrierten Ausbildungsberichterstattung wird er unter der Bezeichnung „Integration in Ausbildung (Übergangsbereich)“ geführt.9 Unter diesen Bereich wird eine Vielzahl von Maßnahmen verschiedener Bildungsträger, wie Schulen, Betriebe und freie Träger (vgl. Kutscha 2004, S. 165) subsumiert, die sich an Jugendliche mit maximal mittlerem Schulabschluss richten und als Bindeglied zwischen dem allgemeinbildenden Schulsystem und dem vollqualifizierenden Berufsbildungssystem fungieren (vgl. Ulrich 2008, S. 2f.). Nach Beicht (2010, S. 90) lassen sich dabei drei zentrale Funktionen der Bildungsmaßnahmen des Übergangsbereichs unterscheiden: Zum einen sollen sie Jugendlichen die erforderlichen Voraussetzungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung vermitteln, sie also zur →„Ausbildungsreife“ führen. Zum anderen ermöglichen sie über den Erwerb von beruflichen Grundkenntnissen hinaus auch den nachträglichen Erwerb von (höherwertigen) Schulabschlüssen. Drittens dienen sie ausbildungsreifen Jugendlichen als „Überbrückung bis zum Einstieg in eine Berufsausbildung“ (ebd., S. 90). Inwieweit die Bildungsgänge des Übergangssystems tatsächlich die Ausbildungschancen verbessern oder nur als „Warteschleifen“ zu betrachten sind, ist umstritten (vgl. Ulrich 2008; Baethge u.a. 2007). Den größten Anteil am Übergangsbereich stellen ein- bis zweijährige vollzeitschulische Bildungsmaßnahmen an Berufsfachschulen dar, die keinen beruflichen Abschluss, aber eine berufliche Grundbildung vermitteln (teilqualifizierende Berufsfachschule). Sie dienen vor allem der Erfüllung der Berufsschulpflicht oder dem Erwerb eines mittleren Schulabschlusses. Die Ausgestaltung dieser Bildungsgänge unterscheidet sich stark zwischen den einzelnen Bundesländern; so kann der erfolgreiche Besuch bestimmter Bildungsgänge in einigen Ländern auch auf die Ausbildungszeit einer dualen Berufsausbildung angerechnet werden (vgl. Baethge u.a. 2007, S. 22f.). 9 Die Bezeichnung dieses Bereichs ist umstritten (vgl. hierzu Anger u.a. 2007, S. 49). Im Bildungsbericht ist vom Übergangssystem die Rede. 230 Einen großen Stellenwert im Übergangsbereich nehmen auch die von der Bundesagentur für Arbeit initiierten und finanzierten berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB, nach SGB II § 61) ein. Sie richten sich an Jugendliche unter 25 Jahren, die ihre Schulpflicht erfüllt und noch keine Ausbildung abgeschlossen haben (Bylinski u.a. 2010, S. 255). Die Teilnehmer/innen durchlaufen entsprechend ihres jeweils festgestellten individuellen Förderbedarfs die Qualifizierungsebenen Eignungsanalyse, Grundstufe (Kernelement Berufsorientierung/Berufswahl), Förderstufe (Kernelement Berufliche Grundfertigkeiten) und Übergangsqualifizierung (Kernelement Berufs- und betriebsorientierte Qualifizierung), wobei eine sozial-pädagogische Unterstützung erfolgt. Auch kann auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses vorbereitet werden. Die Förderdauer beträgt in der Regel zehn Monate (für den ganzen Abschnitt vgl. ebd., S. 255). Des Weiteren finden sich an Berufsschulen spezielle Bildungsgänge für Schüler/innen ohne Ausbildungsvertrag, die ihre Schulpflicht noch zu erfüllen haben. Sie dienen der Vorbereitung auf die Aufnahme einer Berufstätigkeit oder Berufsausbildung bzw. dem Erwerb eines Hauptschulabschlusses (vgl. Baethge u.a. 2007, S. 23). Ebenfalls den Berufsschulen zugeordnet werden das sog. Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) und das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) (vgl. Statistisches Bundesamt 2010e). Beim Berufsvorbereitungsjahr handelt es sich um einen zumeist einjährigen Bildungsgang in vollzeitschulischer Form, der vor allem für Jugendliche ohne Schulabschluss oder mit Sonderschulabschluss eingerichtet wurde, die die Voraussetzungen für die Berufsfachschule oder das BGJ also nicht erfüllen. Die Jugendlichen sollen auf die Anforderungen einer beruflichen Ausbildung vorbereitet werden und können einen Hauptschulabschluss erwerben (vgl. Hippach-Schneider u.a. 2007, S. 30). Unterrichtet wird Fachpraxis, Fachtheorie und Allgemeinbildung (vgl. GPC Glossar; http://www.good-practice.de/glossar.php; 23.03.2011). Das Berufsgrundbildungsjahr hingegen richtet sich vorwiegend an Jugendliche mit Hauptschulabschluss, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und vermittelt diesen eine berufsfeldbezogene Grundbildung (z.B. Elektrotechnik). Es kann in Form eines Vollzeitschuljahres oder in kooperativer Form im Betrieb und in der Schule absolviert werden (vgl. HippachSchneider u.a. 2007, S. 30). Es kann zudem ein mittlerer Schulabschluss erworben werden. Das BGJ kann auf die Dauer einer Berufsausbildung im dualen System angerechnet werden. Im Jahr 2004 wurde als weitere Maßnahme im Übergangssystem noch die betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz eingeführt. Dabei handelt es sich um ein 6- bis 12-monatiges Praktikum in einem Betrieb, welches auf einen dualen Ausbildungsberuf vorbereiten soll. Die Vergütung der Teilnehmer/innen einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge wird den Betrieben durch die Bundesagentur für Arbeit erstattet (vgl. ebd., S. 30f.). Auf weitere Ausbildungsgänge des Übergangssystem, die quantitativ nur einen sehr geringen Anteil ausmachen (wie Praktikum vor der Erzieherausbildung), sowie auf spezielle Förderprogramme für Menschen mit Beeinträchtigungen wird hier nicht näher eingegangen. 231 Studienqualifizierende berufliche Schulen Ein weiterer Bereich beruflicher Bildung umfasst Ausbildungsgänge an beruflichen Schulen, die studienqualifizierende Abschlüsse vermitteln (vgl. Anger u.a. 2007, S. 48) und im Unterschied zur allgemeinbildenden gymnasialen Oberstufe explizit einen beruflichen Bezug aufweisen.10 Hierzu zählen nach der Integrierten Ausbildungsberichterstattung Fachoberschulen, Fachgymnasien und auch Berufsfachschulen, wenn an Letzteren eine Hochschulzugangsberechtigung vermittelt wird. Nicht in der Integrierten Ausbildungsberichterstattung erfasst, aber dennoch diesem Bereich zuzurechnen, sind Berufsoberschulen/Technische Oberschulen, Fachschulen und Fachakademien, die bereits eine berufliche Erstausbildung voraussetzen. Fachoberschulen vermitteln allgemeine sowie fachtheoretische und fachpraktische Kenntnisse sowie Fähigkeiten und führen zu einer Fachhochschulreife. Sie setzen einen Mittleren Schulabschluss voraus und umfassen in der Regel die Jahrgangsstufen 11 und 12.11 Bei einer einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung bzw. durch hinreichende Berufserfahrung kann direkt in die 12. Jahrgangsstufe eingetreten werden. Bei Fachoberschulen lassen sich die Fachrichtungen Wirtschaft und Verwaltung, Technik, Gesundheit und Soziales, Gestaltung, Ernährung und Hauswirtschaft sowie Agrarwirtschaft unterscheiden. Unterrichtet werden die Fächer Deutsch, Fremdsprache, Mathematik, Naturwissenschaften, Wirtschaft und Gesellschaft und ein fachrichtungsbezogenes Fach. Die praktische Ausbildung findet in der elften Jahrgangsstufe als gelenktes Praktikum in Betrieben oder gleichwertigen Einrichtungen statt (für den ganzen Absatz vgl. KMK 2009a, S. 113f; Hippach-Schneider u.a. 2007, S. 29; Statistisches Bundesamt 2010f, S. 10). Fachgymnasien (in einigen Bundesländern auch als Berufliche Gymnasien bezeichnet) bieten eine gymnasiale Oberstufe (Jahrgangsstufen 11-13), in der neben den Inhalten eines allgemeinbildenden Gymnasiums auch berufsbezogene Fachrichtungen und Schwerpunkte wie Wirtschaft, Technik, Ernährung und Hauswirtschaft, Agrarwirtschaft sowie Gesundheit und Soziales angeboten werden. Aufbauend auf einem Schulabschluss, der zum Eintritt in die gymnasiale Oberstufe berechtigt12, führt das Fachgymnasium in der Regel zu einer Allgemeinen Hochschulreife. Dabei wird aus einer Fachrichtung ein zweites Fach mit erhöhtem Anforderungsniveau gewählt und im Abitur abgeprüft. Zum Teil kann an Fachgymnasien in doppeltqualifizierenden Studiengängen sowohl eine Hochschulzugangsberechtigung als auch ein beruflicher Abschluss nach Landesrecht erworben werden (für den gesamten Absatz vgl. KMK 2009a, S. 114). 10 Zu diesem Sektor der Integrierten Ausbildungsberichterstattung zählt auch die Sekundarstufe II an allgemeinbildenden Schulen (vgl. Punkt II.A.: Grundstruktur des allgemeinbildenden Schulsystems). 11 Es kann auch eine 13. Jahrgangsstufe eingerichtet werden, die zur Fachgebundenen und bei 12 Dabei kann es sich um einen Mittleren Schulabschluss mit besonderem Leistungsprofil oder ausreichenden Fremdsprachenkenntnissen auch zur Allgemeinen Hochschulreife führt. einem gleichwertigen Abschluss handeln. 232 Berufsoberschulen wurden in einigen Ländern eingerichtet, „um den Absolventen einer Berufsausbildung im dualen System den Erwerb der Hochschulreife zu ermöglichen“ (ebd.). In zwei Jahren (Vollzeitunterricht) führen diese Schulen zu einer Fachgebundenen Hochschulreife oder – nach Nachweis einer zweiten Fremdsprache – auch zu einer Allgemeinen Hochschulreife. Zugangsvoraussetzung sind ein Mittlerer Schulabschluss oder ein gleichwertiger Bildungsstand und eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung von mindestens zwei Jahren Dauer bzw. eine mindestens fünfjährige Berufstätigkeit. Folgende Ausbildungsrichtungen werden angeboten: Technik, Wirtschaft, Agrarwirtschaft, Ernährung und Hauswirtschaft, Sozialwesen sowie Gestaltung. Diesen werden die Schüler/innen entsprechend ihrer bereits absolvierten beruflichen Erstausbildung oder Berufstätigkeit zugeordnet (vgl. für den gesamten Absatz KMK 2009a, S. 114f.; HippachSchneider u.a. 2007, S. 30). Fachschulen sind nach der Internationalen Standardklassifikation für das Bildungswesen ISCED dem →tertiären Bildungsbereich zuzuordnen und dienen der beruflichen Weiterbildung. Sie dauern bis zu drei Jahren und setzen grundsätzlich eine abgeschlossene Berufsausbildung und entsprechende Berufserfahrung voraus. Sie vermitteln eine weitergehende fachliche Fortbildung im Beruf (z.B. Meisterschulen, Technikerschulen) und umfassen einen fachrichtungsübergreifenden und fachrichtungsbezogenen Unterricht. Über eine Ergänzungsprüfung ist zusätzlich der Erwerb der Fachhochschulreife möglich (vgl. für den gesamten Abschnitt KMK 2009a, S. 173f.). Die nur in Bayern eingerichteten Fachakademien vertiefen in zwei bis drei Jahren eine vorherige Berufsausbildung, erweitern die Allgemeinbildung und sollen auf eine gehobene berufliche Laufbahn mit staatlich festgelegter Berufsbezeichnung vorbereiten. Zugangsvoraussetzungen sind ein Mittlerer Schulabschluss sowie eine einschlägige berufliche Fortbildung. Auch kann an Fachakademien über eine Ergänzungsprüfung die Fachhochschulreife oder die Fachgebundene Hochschulreife erworben werden (vgl. für den gesamten Abschnitt Statistisches Bundesamt 2010f, S. 10; Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2010, S. 28). C. Grundstruktur des Hochschulsystems Hochschularten und -abschlüsse Im →tertiären Bildungsbereich lassen sich in Deutschland verschiedene Arten von anerkannten Hochschulen unterscheiden.13 Sie befinden sich in unterschiedlicher Trägerschaft (staatlich, privat, kirchlich), führen jedoch stets zu einem landesrechtlich anerkannten Abschluss. Dieser kann sowohl durch ein Präsenzstudium als auch durch ein Fernstudium erworben werden (HRG § 13). Der Zugang zur Hochschule ist jeweils an spezifische Vo- 13 Auf Einrichtungen außerhalb des Hochschulbereichs, die nach der ISCED ebenfalls dem tertiären Bereich zugerechnet werden, wie Fachakademien und Fachschulen, wird hier nicht näher eingegangen. 233 raussetzungen geknüpft. Universitäten bieten ein umfassendes Fächerspektrum an, zeichnen sich traditionsgemäß durch Grundlagenforschung und die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses aus und besitzen das Promotionsrecht. Andere, ihnen gleichgestellte wissenschaftliche Hochschulen setzen einen inhaltlichen Schwerpunkt, wie z.B. die Technischen Universitäten auf die Ingenieurwissenschaften, oder beschränken sich auf bestimmte Fachrichtungen, wie z.B. Humanmedizin, Theologie (vgl. Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland [KMK] 2009a, S. 156). Fachhochschulen bieten ein anwendungsorientiertes Studium, überwiegend in den ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen, in den Wirtschaftswissenschaften, im Sozialwesen sowie im Informations- und Kommunikationswesen. Sowohl die Gestaltung der Studiengänge, z.B. durch die Integration von Praxissemestern außerhalb der Hochschule, als auch der Forschungsund Entwicklungsbereich sind an der beruflichen Praxis ausgerichtet (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung [BMBF] 2008b, S. 29). Eine spezielle Form stellen hierbei die Verwaltungsfachhochschulen dar, an denen Nachwuchskräfte für den gehobenen nichttechnischen Dienst des Bundes und der Länder ausgebildet werden (KMK 2009a, S. 157). Im Zuge der →Bologna-Erklärung ist davon auszugehen, dass die Funktionsüberschneidungen zwischen beiden Hochschularten zunehmen und sich die Unterscheidung zwischen „praxisorientierten“ Fachhochschulen und „forschungsorientierten“ Universitäten nicht mehr aufrechterhalten lässt (vgl. Alesi/Merkator 2010, S. 118ff.). Kunsthochschulen bieten Studiengänge in den bildenden, gestalterischen und darstellenden Künsten sowie in den musikalischen Fächern an, zum Teil auch in den zugehörigen wissenschaftlichen Disziplinen (z.B. Kunstgeschichte, Musikpädagogik). Sie bereiten auf künstlerische und kunstpädagogische Berufe vor (KMK 2009a, S. 155). Bei den Studienabschlüssen ist zwischen Hochschulprüfungen, Staatsprüfungen, kirchlichen und künstlerischen Prüfungen zu unterscheiden, durch welche in der Regel ein berufsqualifizierender Abschluss erworben wird (vgl. Europäische Kommission 2009, S. 48). Nach dem erfolgreichen Abschluss eines grundständigen Studiums besteht anschließend die Möglichkeit zur Promotion an einer Universität. Hochschulprüfungen gehen mit der Verleihung eines akademischen Grades einher. Die bisherigen Abschlüsse wie Diplom bzw. Magister werden gemäß der Bologna-Erklärung der Bildungsminister durch ein zweistufiges Graduierungssystem mit Bachelor- und Master-Abschlüssen abgelöst. Der Bachelor-Abschluss stellt einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss dar und verleiht grundsätzlich dieselben Berechtigungen wie ein Diplomabschluss an einer Fachhochschule, wohingegen der Mastergrad dem Diplombzw. Magisterabschluss im herkömmlichen Graduierungssystem entspricht (vgl. ebd., S. 195). Im Zuge der Strukturreform wurden nicht nur die Studienabschlüsse, sondern auch die Struktur und die Inhalte des Studiums verändert (s.u.). Mit einer Staatsprüfung werden Studiengänge abgeschlossen, die zu Berufen führen, an denen ein besonderes öffentliches Interesse besteht (z.B. 234 Medizin, Pharmazie, Rechtswissenschaften und z.T. Studiengänge für den Lehrerberuf). Hier wirken bei den Prüfungen auch Vertreter von staatlichen Prüfungsämtern auf Landesebene mit. Vor allem für angehende Lehrer/innen und Juristen/Juristinnen ist zusätzlich nach der ersten Staatsprüfung ein Vorbereitungsdienst (Referendariat) vorgesehen, der mit einer weiteren Staatsprüfung abschließt. Die Kirchlichen Prüfungen im theologischen Vollstudium werden auf Grundlage einer von der Kirchenbehörde erlassenen Prüfungsordnung abgenommen. Künstlerischer Abschluss eines grundständigen Studiengangs ist in der Regel das Diplom, allerdings wurde auch hier 2004 die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen beschlossen. Weiterführende Studiengänge schließen mit einer Abschlussprüfung, dem Konzertexamen oder einem weiteren Diplom oder Master ab (vgl. für den gesamten Absatz BMBF 2008b, S. 31f.; KMK 2009b, S. 180). Eine Sonderform stellen die sog. Dualen Studiengänge dar, die insbesondere an Fachhochschulen angeboten werden und sich durch eine Kombination der Lernorte Betrieb und Hochschule auszeichnen (vgl. Bund-LänderKommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung 2003, S. 12ff.).14 Nach strukturellen Gesichtspunkten lassen sich diese in drei Kategorien unterteilen: Bei ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen ist eine berufliche Ausbildung mit einem berufsbildenden Abschluss in das Vollzeit-Studium integriert, d.h. die Absolventen und Absolventinnen erhalten zwei berufsqualifizierende Abschlüsse. In praxisintegrierenden dualen Studiengängen absolvieren die Studierenden über die normalerweise im Fachhochschulstudium vorgesehenen Praxissemester hinaus weitere Praxiszeiten in einem Betrieb, ohne dass damit ein weiterer berufsbildender Abschluss einhergehen muss. Berufsintegrierende duale Studiengänge verbinden ein Studium mit einer beruflichen Teilzeittätigkeit, so dass die Studierenden zugleich berufstätig sind. Zulassungsvoraussetzungen Die Zulassung zum Studium an einer deutschen Hochschule setzt eine Studien- oder Hochschulzugangsberechtigung voraus, wobei sich folgende Arten unterscheiden lassen (vgl. BMBF 2008a, S. 29f.): Mit einem Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) besteht grundsätzlich eine Studienberechtigung für alle Hochschulen ohne Beschränkung auf bestimmte Fächer oder Fachgebiete (Ausnahmen siehe unten). Mit einer Fachgebundenen Hochschulreife hingegen können nur bestimmte Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen besucht werden. Das Zeugnis der Fachhochschulreife (Fachabitur) wiederum ermöglicht den Zugang zu Fachhochschulstudiengängen. Darüber hinaus werden vor allem an Kunsthochschulen Studienberechtigungen ohne formale Hochschulzugangsberechtigung aufgrund von Begabten- bzw. Eignungsprüfungen erteilt. 14 In einigen Bundesländern wird ein solches Konzept an sog. Berufsakademien verfolgt. Die Studierenden stehen hier gleichzeitig in einem Ausbildungsverhältnis mit einem Betrieb oder einer vergleichbaren Einrichtung und absolvieren im Wechsel Studienphasen an der Studienakademie und berufspraktische Phasen in der Ausbildungsstätte (vgl. KMK 2009a, S. 173). 235 Bildungsinländer/innen, also Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben, sind seit 1992 deutschen Staatsangehörigen zulassungsrechtlich gleichgestellt (vgl. Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung, § 2). In allen Bundesländern bestehen zudem für beruflich qualifizierte Bewerber/innen ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung weitere Möglichkeiten, ein Studium aufzunehmen (vgl. KMK 2009a, S. 158f.). So erhalten Absolventinnen und Absolventen der Meisterprüfung und gleichgestellter beruflicher Fortbildungsprüfungen sowie Absolventen/Absolventinnen von Fachschulen bzw. Fachakademien zumindest einen fachgebundenen Zugang zur Fachhochschule. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sind durch ein Aufnahme- oder Prüfungsverfahren an der Hochschule nachzuweisen. Zusätzlich zur Hochschulzugangsberechtigung müssen bisweilen weitere Voraussetzungen für die Studienaufnahme erfüllt sein (vgl. BMBF 2008a, S. 30). So wird an Kunsthochschulen ein Nachweis der künstlerischen Eignung verlangt und in bestimmten Studiengängen werden studiengangsbezogene Eignungsfeststellungen bzw. die Erfüllung weiterer Voraussetzungen, wie z.B. studienspezifische Praktika, gefordert. Für etwa die Hälfte aller Studiengänge wird der Zugang zum Studium durch weitere Zulassungsbeschränkungen erschwert (vgl. KMK 2009a, S. 159f.): durch bundesweite Auswahlverfahren in einigen wenigen Studiengängen (z.B. Medizin), in denen die Bewerberzahl die Anzahl der Studienplätze übersteigt, und durch örtliche Zulassungsbeschränkungen (z.B. Psychologie), in denen die Hochschule eigenständig über die Zulassung der Bewerber/innen entscheidet (z.B. Psychologie). Auswahlkriterien für die verschiedenen Auswahlverfahren sind vor allem die Durchschnittsnote im Abiturzeugnis, die Wartezeit zwischen dem Abitur und der Bewerbung an der Hochschule, das Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstests oder eines Auswahlgesprächs, die Berufsausbildung oder Berufstätigkeit des Bewerbers sowie soziale Kriterien. Ausländische Studienbewerber/innen, die nicht über eine deutsche Hochschulzugangsberechtigung verfügen, müssen einen Sekundarschulabschluss nachweisen, der im Herkunftsland zur Studienaufnahme berechtigt, und ggf. zusätzlich eine Aufnahmeprüfung oder Einschreibung an einer Hochschule des Herkunftslandes. Werden die vorgewiesenen Abschlüsse nicht als der deutschen Hochschulreife gleichwertig anerkannt, müssen die Bewerber/innen zudem ein Teilstudium an einer Hochschule des Herkunftslandes nachweisen oder eine Feststellungsprüfung an einem →Studienkolleg ablegen. Außerdem wird von ausländischen Studienbewerbern und -bewerberinnen eine Bescheinigung ausreichender Deutschkenntnisse verlangt (vgl. KMK 2009a, S. 159). 236 Aktuelle Entwicklungen Im Zuge des sog. Bologna-Prozesses mit dem Ziel, bis 2010 einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu verwirklichen, wurde eine grundlegende Umstrukturierung des Studiensystems und der Studieninhalte vorgenommen (vgl. BMBF 2009b, c). Die bisherigen Studiengänge und Abschlüsse werden dabei von einem gestuften Graduierungssystem mit Bachelorund Masterstudiengängen bzw. -abschlüssen abgelöst. Im Wintersemester 2009/10 waren bereits 79% aller Studiengänge in Deutschland umgestellt (vgl. Europäische Kommission 2009, S. 48). Die Planung und Konzeption der neuen Studiengänge obliegt dabei den einzelnen Hochschulen, jedoch müssen die Studiengänge anschließend akkreditiert werden (vgl. www.bolognanet.hrk.de; 18.11.2010). Die ländergemeinsamen Strukturvorgaben sehen vor, dass ein Bachelorstudium „wissenschaftliche Grundlagen, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogene Qualifikationen entsprechend dem Profil der Hochschule und des Studiengangs“ (KMK 2010a, S. 5) in 6-8 Semestern vermittelt und zu einem ersten vollwertigen berufsqualifizierenden Abschluss führt. Ein solcher berufsqualifizierender Hochschulabschluss stellt wiederum die Voraussetzung für einen Masterstudiengang dar, welcher der „fachlichen und wissenschaftlichen Spezialisierung“ innerhalb von 2-4 Semestern dient (ebd., S. 5). Die neuen Studiengänge sind modularisiert, d. h. sie setzen sich aus thematisch und zeitlich abgerundeten, in sich geschlossenen und mit Leistungspunkten belegten Studieneinheiten zusammen (KMK 2010b, S. 1). Die Module werden mit einer Prüfung abgeschlossen, deren Ergebnis in das Abschlusszeugnis eingeht. Die Prüfungen werden also grundsätzlich studienbegleitend durchgeführt. Zudem sind die gestuften Studiengänge mit einem Leistungspunktesystem (European Credit Transfer System; ECTS) versehen, welches als quantitatives Maß für die Gesamtbelastung der Studierenden gilt. Der Bologna-Prozess verfolgt vielfältige Ziele, die seit 1999 auch stetig ergänzt wurden (vgl. www.bmbf.de/pubRD/leuvener_communique.pdf; 30.03.2011; EFI 2010, S. 53f.): So soll z.B. durch die Einführung der neuen Abschlüsse sowie durch die Modularisierung und das Leistungspunktesystem die Kompatibilität und internationale Vergleichbarkeit der verschiedenen Hochschulsysteme erleichtert und so die internationale Mobilität der Studierenden und des wissenschaftlichen Personals verstärkt werden. Des Weiteren wurde prognostiziert, dass durch die verminderte Studiendauer mehr Personen für ein Studium gewonnen, die Abbruchraten verringert und so dem drohenden Fachkräftemangel entgegengetreten werden könnte. Durch das Schaffen von Studienangeboten, die an beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen anknüpfen, bzw. durch Verfahren für die Anerkennung außerhalb der Hochschule erworbener Kenntnisse soll das lebenslange Lernen und die Durchlässigkeit und Verzahnung von beruflicher Bildung und Hochschulbildung verstärkt werden. Auch soll die Berufsqualifizierung/Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen/Absolventinnen im Studium mehr Raum einnehmen und die Studierenden damit besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Die Studienreform soll zudem zu einer höheren Zugangs- und Ergebnisgerechtigkeit führen, d.h. für bislang unterre237 präsentierte Gruppen sollen soziale Hindernisse beseitigt und eine gleichberechtigte Teilhabe an der Hochschulbildung ermöglicht werden (vgl. www.bmbf.de/ pubRD/leuvener_communique.pdf; 30.03.2011). Eine weitere Neuerung stellte die Einführung von Studiengebühren in einigen Bundesländern dar. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2005 die im Hochschulrahmengesetz festgeschriebene Gebührenfreiheit für das Erststudium für nichtig erklärt hat, liegt es nun im Ermessen der Länder, Studiengebühren zu erheben (vgl. Statistisches Bundesamt 2009c, S. 32). Von dieser Möglichkeit haben seit dem Wintersemester 2006/2007 sieben Bundesländer zumindest zeitweise Gebrauch gemacht und von den Studierenden in der Regel 500 Euro Studiengebühren pro Semester zusätzlich zu den Verwaltungsgebühren verlangt (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 2010, S. 18f.). Mittlerweile sind die Studiengebühren mit Ausnahme von Bayern und Niedersachsen wieder abgeschafft worden. Um die Finanzierung der Ausbildung, unabhängig von der finanziellen Situation der Familie, zu sichern, erfolgten in den Jahren 2008 und 2010 auch umfangreiche Änderungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) (vgl. KMK 2009a, S. 163). Danach können z.B. Studierende mit Migrationshintergrund unabhängig vom Nachweis einer mehrjährigen Erwerbstätigkeit der Eltern die Ausbildungsförderung erhalten, wenn eine längerfristige Bleibeperspektive in Deutschland gegeben ist (vgl. BMBF 2008c, S. 7). 238 III. Glossar Ausbildungsberufe Ausbildungsberufe werden im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen im dualen Ausbildungssystem erlernt. Anerkannte Ausbildungsberufe werden durch Ausbildungsordnungen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) geregelt und staatlich anerkannt. In ihnen werden die Befähigungen festgelegt, die durch die Ausbildung erworben werden. Neue oder modernisierte Ausbildungsordnungen werden in den Rahmenlehrplänen der Länder (Kultusministerkonferenz) in einem mehrstufigen Verfahren abgestimmt. Beteiligt sind die an der beruflichen Bildung Beteiligten, also Arbeitgeber, Gewerkschaften, Bund und Länder. Das Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe wird vom Bundesinstitut für Berufsbildung herausgegeben (Bundesinstitut für Berufsbildung: http:// www.bibb.de/; 23.05.2011). Ausbildungsbeteiligungsquote „Die Ausbildungsbeteiligungsquote dient als Indikator für die Integration der Jugendlichen in die duale Berufsausbildung. Sie gibt den rechnerischen Anteil derjenigen innerhalb der Wohnbevölkerung an, die einen Vertrag im dualen System abschließen. Sie berechnet sich auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik und der Bevölkerungsfortschreibung der statistischen Ämter des Bundes und der Länder, jeweils zum Stichtag 31. Dezember. (...) Die Berechnung der Ausbildungsbeteiligung erfolgt durch Addition der Teilquoten für die einzelnen Ausbildungsgruppen“ (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 149f.). Die herkömmliche Berechnungsweise bezieht die Anzahl der ausländischen Auszubildenden (Bestandszahlen über alle Ausbildungsjahre hinweg) auf die Bevölkerung im ausbildungsrelevanten Alter (Uhly/Gericke 2010). „Durch die Umstellung auf eine Individualdatenerfassung (konnte) die Berechnung der Ausbildungsbeteiligungsquote basierend auf Neuabschlusszahlen auf differenzierte Personengruppen ausgeweitet werden“ (ebd., S. 147). Als Indikator für den Migrationshintergrund wird die ausländische Staatsangehörigkeit erfasst. Ausbildungsgeschehen „Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote (…) werden zum Ausbildungsgeschehen zusammengefasst.“ Sie bilden in formalisierter und quantitativ erfassbarer Form „den sog. Kernbereich (des Ausbildungsgeschehens, d. Verf.). Über die Erfassung aller Qualifizierungswege von jungen Menschen nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule werden zusätzlich jene Personen aus der Altersgruppe nachgewiesen, die sich noch in der Sekundarstufe I oder bereits im Erwerbsleben befinden. Der Verbleib eines Altersjahrgangs soll so vollständig dokumentiert werden. (...) Das Ausbildungsgeschehen wird in vier →Sektoren erfasst“ (BIBB 2011, S. 235f.). 239 Ausbildungsreife „Eine Person kann als ausbildungsreif bezeichnet werden, wenn sie die allgemeinen Merkmale der Bildungs- und Arbeitsfähigkeit erfüllt und die Mindestvoraussetzungen für den Einstieg in die berufliche Ausbildung mitbringt. Dabei wird von den spezifischen Anforderungen einzelner Berufe abgesehen, die zur Beurteilung der Eignung für den jeweiligen Beruf herangezogen werden (Berufseignung). Fehlende Ausbildungsreife zu einem gegebenen Zeitpunkt schließt nicht aus, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt erreicht werden kann“ (Bundesagentur für Arbeit 2006, S. 139). BAföG Mit „BAföG“ wird das Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) abgekürzt. Im BAföG sind die Möglichkeiten und Bedingungen für die finanzielle Förderung von Bildungs- und Ausbildungsgängen festgelegt. Die letzte Änderung im Jahr 2011 erweiterte die Anspruchsberechtigung von ausländischen Studierenden. Für die Gewährleistung von Ausbildungsförderung für ausländische Staatsangehörige sind aufenthaltsrechtliche Bestimmungen (z.B. im Rahmen der EU-Freizügigkeitsregelung, einer Niederlassungserlaubnis oder des Asylrechts) bzw. die „Bleibeperspektive“ der Betreffenden von zentraler Bedeutung (vgl. BAföG § 8 Abs. 1): „Vom Grundsatz förderungsberechtigt sind Ausländer/innen, die eine Bleibeperspektive in Deutschland haben und bereits gesellschaftlich integriert sind. Dies sind beispielsweise Personen mit einem Daueraufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU, einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG oder einer Niederlassungserlaubnis“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung, Dezember 2011; http://www.das-neue-bafoeg.de/de/370.php; 30.03.2011). Berufsberatungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit „Im Rahmen der Berufsberatungsstatistik werden alle Betriebe und Ausbildungsstellenbewerber erfasst, welche die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch nehmen. Die Statistik entsteht auf der Basis von Informationen, die im Rahmen der Geschäftsprozesse der Ausbildungsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit sowie der Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) gewonnen werden. Erfasst werden u.a. folgende Merkmale der Bewerber: Schulabschluss, besuchte Schule, Schulabgangsjahr, Alter, Geschlecht, Behinderung, Vermittlungswunsch, Nationalität. Da auch die Nationalität der Bewerber erhoben wird, sind entsprechend differenzierte Analysen möglich. Doch auch hier stellt sich das beschriebene Problem der eingeschränkten Differenzierbarkeit der jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Hinzu kommt, dass nicht alle Betriebe und Ausbildungsstellenbewerber die Leistungen der BA in Anspruch nehmen, wodurch die Statistik nur einen Teilausschnitt des Lehrstellenmarktes widerspiegelt“ (Siegert 2009, S. 19). Berufsbildungsstatistik Bei der Berufsbildungsstatistik (vgl. Statistisches Bundesamt 2010f, S. 5ff.) handelt es sich um eine jährliche Vollerhebung zum Stichtag 31. Dezember. 240 Diese erfasst Jugendliche mit Ausbildungsvertrag, die zum Stichtag eine Ausbildung im dualen System absolvieren, die im Berichtszeitraum (Kalenderjahr) ein Ausbildungsverhältnis angetreten bzw. vorzeitig gelöst haben oder die an einer →Berufsausbildungsvorbereitung teilgenommen haben. Ebenso erfasst werden Teilnehmende an Prüfungen, Ausbildungspersonal und Ausbildungsberater/innen. Für die zuletzt genannten Gruppen liegen keine Informationen zum Migrationshintergrund bzw. zur Staatsangehörigkeit vor. Auskunftspflichtig sind die für die Berufsausbildung zuständigen Stellen (Kammern), welche die Daten elektronisch an das statistische Bundesamt liefern. Im Jahr 2007 erfolgte eine umfassende Revision der Berufsbildungsstatistik, die u.a. eine Erweiterung des Merkmalskatalogs als auch die Umstellung von einer Aggregat- auf eine Individualdatenerfassung einschloss (vgl. Schmidt 2008; Bundesinstitut für Berufsbildung 2010b, S. 78ff.). Dadurch kommt es zu Einschränkungen in der zeitlichen Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Nachdem die anfänglichen Schwierigkeiten dieser Umstellung nun weitgehend gelöst sind (vgl. Schmidt 2008, S. 988), gelten die aktuellen Daten aus dem Jahr 2009 als relativ vollständig und belastbar (vgl. Statistisches Bundesamt 2010f, S. 7).15 Erfasst werden demografische Merkmale der Auszubildenden sowie u.a. Angaben zur schulischen und beruflichen Vorbildung, zum Ausbildungsberuf, zum Ort und zum Wirtschaftszweig der Ausbildung, zum Ausbildungsjahr, -beginn und zur Ausbildungsdauer, zur vorzeitigen Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses und zur Abschlussprüfung. Die Daten zu den Teilnehmenden an einer Berufsausbildungsvorbereitung umfassen deren Geschlecht, Geburtsjahr, Staatsangehörigkeit und gewählte Berufsrichtung. Die Daten werden in der Fachserie 11 Reihe 3 des statistischen Bundesamtes veröffentlicht. Zudem werden sie an das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) u.a. zum Zwecke der Erstellung des Berufsbildungsberichtes übermittelt und dort in den Schaubildern zur Berufsausbildung und im Datensystem Auszubildender (www.bibb.de/dazubi) aufbereitet und zur Verfügung gestellt. Berufsvorbereitende Maßnahme Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen sind Qualifizierungsmaßnahmen, die Jugendlichen einen besseren Zugang zur Ausbildung oder zur Beschäftigung eröffnen sollen. „Für Jugendliche, die bisher noch ohne Schulabschluss sind, bietet die Maßnahme außerdem die Möglichkeit, sich auf den Erwerb eines Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses vorzubereiten. In den Maßnahmen wird ein breit gefächertes Angebot vorgehalten, das auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Teilnehmer ausgerichtet und flexibel gestaltet wird. (…) Im Regelfall dauert die Teilnahme an einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme bis zu 10 Monate, in Ausnahmefällen bis zu 18 Monate. Während der Teilnahme an einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme haben die Jugendlichen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe.“ 15 Für Einschränkungen siehe Statistisches Bundesamt 2010f, S. 7f. 241 (http://www.arbeitsagentur.de/nn_26268/zentraler-Content/A05-BeruflQualifizierung/A051-Jugendliche/Allgemein/BerufsvorbereitendeBildungsmassnahmen.html; 18.02.2011). Bildungsausländer/innen Als Bildungsausländer/innen werden in der amtlichen Statistik die ausländischen Studienanfänger/innen, Studierenden und Absolventinnen/Absolventen nachgewiesen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland bzw. an einem →Studienkolleg erworben haben (Statistisches Bundesamt 2010d, S. 11). Bildungsinländer/innen Als Bildungsinländer/innen werden in der amtlichen Statistik die ausländischen Studienanfänger/innen, Studierenden und Absolventinnen/Absolventen nachgewiesen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland, aber nicht an einem Studienkolleg, erworben haben (Statistisches Bundesamt 2010d, S. 11). Bologna-Erklärung bzw. Bologna-Prozess Die für das Hochschulwesen zuständigen Ministerinnen und Minister von 29 europäischen Staaten haben in einer gemeinsamen Erklärung am 19. Juni 1999 in Bologna beschlossen, bis zum Jahr 2010 einen Europäischen Hochschulraum zu verwirklichen und zu diesem Zweck auf eine Vereinheitlichung der jeweiligen Hochschulsysteme in Europa hinzuarbeiten (siehe www.bolognanet.hrk.de/glossar/details/bologna-erklaerung bologna-prozess.html; 30.03.2011) (vgl. ausführlich Abschnitt II.C.). Brutto-Studierquote Die Brutto-Studierquote entspricht dem Anteil all jener Hochschulzugangsberechtigten eines Jahrgangs, die ein Studium an einer Hochschule aufnehmen (werden), unabhängig vom erfolgreichen Abschluss dieses Studiums. Sie ergibt sich aus dem Anteil derer, die zum jeweiligen Befragungszeitpunkt bereits ein Studium aufgenommen haben und dem Anteil derer, die feste Studienabsichten für die Folgezeit bekunden (vgl. Heine u.a. 2010). Duale Berufsausbildung / Duales Berufsausbildungssystem Das duale Berufsausbildungssystem ist gekennzeichnet durch die Parallelität der Ausbildung in einem Betrieb und einer Berufsschule bzw. Berufsakademie (→tertiärer Bildungsbereich). Voraussetzung für eine duale Ausbildung ist ein Berufsausbildungsvertrag. „Der Zugang zum dualen System der Berufsausbildung ist formal an keinen Schulabschluss gebunden; grundsätzlich steht die Ausbildung jedem offen. Im dualen System wird zum Facharbeiter/zur Facharbeiterin der Industrie, zum Fachangestellten/zur Fachangestellten in Wirtschaft und Verwaltung, zum Gesellen/zur Gesellin im Handwerk ausgebildet. 242 Für die 349 staatlich anerkannten Ausbildungsberufe, die derzeit zur Wahl stehen, wurden vom jeweils zuständigen Fachministerium (in der Regel das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung) Ausbildungsordnungen erlassen“ (BIBB 2010c, S. 5) (vgl. ausführlich Abschnitt II.B.). Förderschulbesuchsquote Die Förderschulbesuchsquote entspricht dem Anteil der Schüler/innen in Förderschulen an den Schülern/Schülerinnen mit Vollzeitschulpflicht (1. bis 10. Jahrgangsstufe und Förderschulen). G8 G8, das 8-jährige Gymnasium, wurde in den einzelnen Bundesländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingeführt. In einigen östlichen Bundesländern wurde das Abitur nach der 12. Klasse wie vor der Wende beibehalten. Von den westlichen Bundesländern war das Saarland im Jahr 2001 das erste, das diese Reform umsetzte. Bis auf Rheinland-Pfalz, wo das G8 bisher nur an Ganztagsschulen etabliert ist, haben nach und nach auch alle anderen Bundesländer ihre Gymnasien auf 8 Jahre verkürzt. Viele Eltern und Verbände hatten/haben Sorge, dass eine Verkürzung der Gymnasialzeit für die Schüler/innen mehr Stress und weniger Freizeit bringt, und es gab/gibt entsprechende Proteste. Gesamtschule Gesamtschulen sind Schularten des Sekundarbereichs I mit mehreren Bildungsgängen, die zu unterschiedlichen Abschlüssen führen (Hauptschulabschluss, Mittlerer Schulabschluss, Berechtigung zum Übergang in die gymnasiale Oberstufe). Sie sind entweder als kooperative Gesamtschulen oder als integrierte Gesamtschulen eingerichtet. Im kooperativen Typ wird der Unterricht in Jahrgangsklassen erteilt, die auf die unterschiedlichen Abschlüsse bezogen sind. Im integrierten Typ wird in den Kernfächern ein leistungsdifferenzierter Unterricht in Kursen erteilt, während die Schüler/innen eines Jahrgangs im Übrigen gemeinsam unterrichtet werden. Gesamtschulen können auch den Sekundarbereich II in Form der gymnasialen Oberstufe umfassen. Gymnasium Gymnasien sind weiterführende Schulen, die im Normalfall unmittelbar an die Grundschulen, aber auch – ähnlich wie bei den Realschulen – an die →Orientierungsstufe anschließen. Die Schulbesuchsdauer beträgt zwischen sieben und neun Jahren. Das Abschlusszeugnis des Gymnasiums gilt als Befähigungsnachweis für das Studium an Hochschulen. Gymnasialförderschulen sind den Förderschulen zugeordnet. Die 9-jährigen Gymnasien (G9-Gymnasien) umfassen die Klassen 5./7. bis 10. im Sekundarbereich I und die Jahrgangsstufen 11. bis 13. im Sekundarbereich II. In 8-jährigen Gymnasien (G8-Gymnasien) treten an die Stelle der Jahrgangsstufen 11 bis 13 die Einführungsphase E sowie die Qualifizierungs243 phasen Q1 und Q2. Diese werden grundsätzlich in der gymnasialen Oberstufe und damit im Sekundarbereich II nachgewiesen. Damit umfasst der Sekundarbereich I der achtjährigen Gymnasien nur noch die Klassenstufen 5 bis 9. Hauptschule Hauptschulen (5. bzw. 7. bis 9. bzw. 10. Klassenstufe) vermitteln eine allgemeine Bildung als Grundlage für eine praktische Berufsausbildung und bereiten in der Regel auf den Besuch der Berufsschule vor. Der Abschluss der Hauptschule wird häufig auch als Berufsschulreife gewertet. HISEI Abkürzung für Highest International Socio-Economic-Index of occupational status (vgl. Wolf 1995). Die von Ganzeboom, de Graaf, Treimann und de Leeuw entwickelte ISEI-Skala misst den sozioökonomischen Status auf Einkommen, Bildung und Beruf basierend. Dabei geht man „davon aus, dass Schul- und Berufsbildung über Berufe in Einkommen und Chancen zur Teilhabe an Macht umgesetzt werden; da Berufe bestimmte Qualifikationen voraussetzen und zu bestimmten Einkommen führen, sind sie als Vermittler zwischen Bildungsabschlüssen und Einkommenslagen zu betrachten“ (Baumert/Schümer 2001, S. 327). Anhand der ISEI-Skala wird erhobenen Berufen ein bestimmter Wert zwischen 16 und 90 zugewiesen, z.B. für Pflegepersonal 39 oder für Bauingenieure 73. Je höher dieser Wert ist, desto höher ist der sozioökonomische Status. Der HISEI gibt dann den höchsten sozioökonomischen Status in einem Haushalt an. Inklusion Der Begriff Inklusion kommt aus dem anglo-amerikanischen Raum und hat in der Integrationspädagogik im vergangenen Jahrzehnt zunehmend an Bedeutung gewonnen. Im Gegensatz zu Integration wird bei Inklusion „von einer untrennbaren heterogenen Lerngruppe und nicht von zweien ausgegangen, wird nicht nur (Nicht-)Behinderung beachtet, sondern es werden viele Dimensionen vorhandener Heterogenität zusammengedacht – Möglichkeiten und Einschränkungen, Geschlechterrollen, sprachlich-kulturelle und ethnische Hintergründe, soziale Milieus, sexuelle Orientierungen, politisch-religiöse Überzeugungen und was auch immer mehr“ (Hinz o.J., S. 1). Das Konzept Inklusion versteht sich systemisch. Integrierte Ausbildungsberichterstattung Ziel einer integrierten Ausbildungsberichterstattung ist die bundesweite „möglichst aktuell(e), vollständig(e) und transparent(e)“ Abbildung von „Strukturen und Entwicklungen des beruflichen (Aus-)Bildungsgeschehens“ (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 235). Mit dem Berufsbildungsbericht werden vom BIBB erste Ergebnisse der Ausbildungsberichterstattung vorgestellt. Sie beziehen sich auf das gesamte →Ausbildungsgeschehen mit seinen einzelnen →Sektoren. 244 Interkulturelle Öffnung der Jugendverbandsarbeit Die Interkulturelle Öffnung kann vier Dimensionen umfassen: 1. Die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in die „etablierten“ oder auch „anerkannten“ Jugendverbände; 2. Gründung von „Migrantenjugendselbstorganisationen“ (MJSO) bzw. „Vereinen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ (VJM); 3. Zusammenarbeit der etablierten Jugendverbände mit MJSO/VJM sowie 4. Öffnung der MSJO gegenüber den etablierten Verbänden und weiteren Zielgruppen (vgl. Peuker 2010/Jagusch 2011). Ius-Soli-Prinzip Bezieht sich auf den Erwerb der Staatsangehörigkeit aufgrund des Geburtsortes: „Seit dem 1. Januar 2000 erwerben in Deutschland geborene Kinder, deren beide Elternteile noch Ausländer sind, (...) bereits mit der Geburt kraft Gesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit“ (Bundesministerium des Innern o.J., S. 76). In § 4 Abs. 3 StAG wird als Bedingungen formuliert, dass ein Elternteil „seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland“ und ein „unbefristetes Aufenthaltsrecht“ haben muss. Ein unbefristetes Aufenthaltsrecht haben: Ausländer(innen) mit einer Niederlassungserlaubnis, Ausländer(innen) mit einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG, Freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger und ihre Familienangehörigen, Freizügigkeitsberechtigte Staatsangehörige der EWR-Staaten (Island, Norwegen, Liechtenstein) und ihre Familienangehörigen, freizügigkeitsberechtigte Staatsangehörige der Schweiz und ihre Familienangehörigen, Staatenlose, die unter § 1 des Gesetzes über die Rechtstellung heimatloser Ausländer fallen, Türkische Staatsangehörige, die unter Art. 6 und 7 ARB 1/80 fallen, und ihre Familienangehörigen. Juleica Kurzfassung für Jugendleiter/in-Card. „Die Jugendleiter/In-Card (Juleica) ist der bundesweit einheitliche Ausweis für ehrenamtliche Mitarbeiter/innen in der Jugendarbeit. Sie dient zur Legitimation und als Qualifikationsnachweis der Inhaber/innen.“ „JedeR Juleica-InhaberIn hat eine Ausbildung nach festgeschriebenen Standards absolviert: mindestens 40 Stunden haben sich alle mit Gruppenpädagogik, Aufsichtspflicht, Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen, Methoden und vielen anderen Themenbereichen beschäftigt“ (Landesjugendring (LJR) Niedersachsen e.V. 2011). Jugendverband „Ein Jugendverband ist eine eigenständige Organisation von Kindern und Jugendlichen mit einem demokratisch strukturierten Aufbau. Ein Jugendverband verfolgt das Ziel, die Interessen seiner Mitglieder in der Gesellschaft zu vertreten und fördert durch eine vielfältige Bildungsarbeit (d.h. →Jugendverbandsarbeit) die Herausbildung einer persönlichen Identität 245 und Werteorientierung junger Menschen. Wesens- und Strukturmerkmale von Jugendverbandsarbeit sind: Eigenständigkeit Freiwilligkeit Ehrenamtliches Engagement Partizipation (Mit-Verantwortung und Mit-Entscheidung) Interessenvertretung (politisches Mandat/ Jugendpolitik) Selbstbestimmung Orientierung an den Interessen und Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen Bildungsangebote zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung Grundsätzlich offenes Angebot für alle Kinder und Jugendliche.“ http://www.jugendnetz-berlin.de/ger/adressbuch/promix/08jugendver band.php?navanchor=1010052 (16.07.2011). Die gesetzliche Grundlage für die Arbeit der Jugendverbände ist im →KJHG §§ 11 und 12 festgelegt. Jugendverbandsarbeit „In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet. Ihre Arbeit ist auf Dauer angelegt und in der Regel auf die eigenen Mitglieder ausgerichtet, sie kann sich aber auch an junge Menschen wenden, die nicht Mitglieder sind. Durch Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse werden Anliegen und Interessen junger Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten“ (KJHG § 12 Abs. 2). Jugendverbandsarbeit und sonstige Jugendarbeit unterscheiden sich anhand der Merkmale Haupt- vs. Ehrenamtlichkeit sowie Offenheit vs. Mitgliedschaft, wobei hier keine absolute Trennschärfe vorliegt: So sind Angebote der Jugendverbandsarbeit überwiegend ehrenamtlich von Jugendlichen organisiert, die Mitglied in einem Jugendverband sind, und richten sich vordergründig an die eigenen Mitglieder. Die sonstige Jugendarbeit wird eher von professionellen sozialpädagogischen Fachkräften gestaltet und richtet sich an alle Jugendlichen (vgl. RätzHeinisch u.a. 2009; Thole 2000). Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) Unter dem Leitsatz „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§ 1 Abs. 1) regelt das KJHG bzw. das SGB VIII z.B. Tageseinrichtungen für Kinder, die Kinder- und Jugendarbeit, die Hilfen zur Erziehung (z.B. Heimerziehung, Erziehungsberatung), den Kinder- und Jugendschutz. Kinder- und Jugendhilfestatistik (KJH-Statistik) Die KJH-Statistik ist eine amtliche Statistik, die auf dem →KJHG bzw. SGB VIII (§§ 98ff.) basiert. Sie „erfasst wesentliche Leistungen und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe […] Die Erhebungsergebnisse, die von den Statistischen Landesämtern und dem Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden, dienen u.a. der Weiterentwicklung des SGB VIII, der So246 zialberichterstattung auf den Ebenen des Bundes, der Länder und der Gemeinden, der Jugendhilfeplanung und der sekundäranalytischen Forschung“ (Arbeitsstelle KJH-Statistik 2011). Mikrozensus Der Mikrozensus ist die amtliche Repräsentativstatistik des Statistischen Bundesamtes. Er liefert statistische Informationen über die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung, über die Erwerbstätigkeit sowie den Arbeitsmarkt und die Ausbildung. Jährlich sind an der Erhebung 1 % aller Haushalte in Deutschland beteiligt (laufende Haushaltsstichprobe). Insgesamt nehmen rund 390.000 Haushalte mit 830.000 Personen am Mikrozensus teil (Zufallsstichprobe), darunter etwa 160.000 Personen in rund 70.000 Haushalten in den neuen Bundesländern und Berlin-Ost. Ein fester Kern von Fragen im Mikrozensus, die überwiegend mit Auskunftspflicht belegt sind, wird jährlich wiederholt. Zusätzlich werden im vierjährigen Rhythmus Zusatzfragenprogramme eingestellt, die teilweise von der Auskunftspflicht befreit sind. Auf der Grundlage der Erhebungen werden die Ergebnisse der letzten Volkszählung fortgeschrieben. Der Mikrozensus wird seit 1957, in den Neuen Bundesländern seit 1991 durchgeführt. Die Durchführung der Befragung und die Aufbereitung erfolgt durch die Statistischen Ämter der Länder (dezentrale Statistik); Organisation und technische Vorbereitung liegen beim Statistischen Bundesamt. Mittelschule Die Mittelschule ist eine Schulart des Sekundarbereichs I in Sachsen, an der die Bildungsgänge von Hauptschule und Realschule angeboten werden. Mobile Jugendarbeit „Mobile Jugendarbeit (…) findet ihre gesetzliche Grundlage überwiegend in § 11 und § 13 SGB VIII/KJHG. Während sich die Aufgabe gemäß § 11 SGB VIII/KJHG (Jugendarbeit) an alle Jugendlichen richtet, soll Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII/KJHG) zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen von jungen Menschen beitragen, die in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind. (…) Die Mobile Jugendarbeit richtet sich an gesellschaftlich, sozial und familiär benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene beiderlei Geschlechts. Häufig haben junge Menschen, deren subjektive und objektive Lebensperspektiven verstellt und oft aussichtslos sind, der Arbeitswelt, der Schule und teils auch ihren Familien den Rücken gekehrt. Konventionelle Angebote vor Ort erreichen diese Jugendlichen nicht oder nur unzulänglich. Die Verlagerung des Lebensmittelpunktes auf die Straße ist verbunden mit dem Risiko einer biografischen Weichenstellung in Richtung eines gesellschaftlichen und sozialen Abstiegs. Streetwork ermöglicht den Zugang zu diesen Jugendlichen und jungen Erwachsenen und bildet den Ausgangspunkt für vielfältige Unterstützungsleistungen für Einzelne und Gruppen. Gleichzeitig richtet Mobile Jugendarbeit den Blick immer auch auf das Gemeinwesen, um die Lebensbedingungen für junge Menschen in ihrem Lebensumfeld zu 247 verbessern“ (Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg u.a. 2005). Neuabschlüsse bzw. „Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge“ „Neuabschlüsse sind definiert als die in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder Handwerksordnung (HwO) eingetragenen Berufsausbildungsverträge, bei denen das Ausbildungsverhältnis im jeweiligen Kalenderjahr begonnen hat und die am 31.12. noch bestehen (Definition bis 2006) bzw. die bis zum 31.12. nicht gelöst wurden (Definition seit 2007). Es ist zu beachten, dass Neuabschlüsse nicht mit Ausbildungsanfängern gleichzusetzen sind. Ausbildungsverträge werden auch dann neu abgeschlossen, wenn sogenannte Anschlussverträge vorliegen (nach Abschluss einer dualen Berufsausbildung in einem der zweijährigen Berufe wird die Ausbildung in einem weiteren Ausbildungsberuf fortgeführt) oder wenn nach Abschluss einer dualen Berufsausbildung noch eine Zweitausbildung begonnen wird. Schließlich schließt auch ein Teil derjenigen mit vorzeitiger Lösung eines Ausbildungsvertrages erneut einen Ausbildungsvertrag ab (bei Wechsel des Ausbildungsbetriebs und/oder des Ausbildungsberufs)“ (Uhly/Gericke 2010, S. 2). Offene Kinder- und Jugendarbeit „Die Offene Kinder- und Jugendarbeit ist heute unentbehrlicher Bestandteil der sozialen Infrastruktur von Städten und Gemeinden, um den Auftrag des Kinder- und Jugendhilfegesetzes § 11 zu erfüllen, ‚die erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen‘. Als Angebotsform steht es gleichberechtigt neben der verbandlichen Jugendarbeit mit ihrer verbindlichen, wertgebundenen Ausrichtung. Offene Kinder- und Jugendarbeit richtet sich nach dem gesetzlichen Auftrag grundsätzlich an alle Kinder und Jugendlichen. (…) Zu den gemeinsamen Grundlagen und Merkmalen Offener Kinder- und Jugendarbeit zählen öffentliche Innen- und Außenräume für Kinder und Jugendliche schaffen und zugänglich halten aktive Beteiligung ermöglichen die unterschiedlichen Interessen und Lebenslagen von Mädchen und Jungen berücksichtigen und thematisieren demokratisches Handeln zu unterstützen Eigenverantwortung entwickeln und fördern ein niedrigschwelliges Angebot bereithalten sich im Interesse von Kindern und Jugendlichen in die Gestaltung der Gesellschaft einmischen junge Menschen zu Engagement und Partizipation auffordern, durch Eröffnung von Möglichkeiten, Verantwortung und Leitung zu übernehmen, Meinungen zu artikulieren und zu diskutieren, Einfluss zu nehmen und mitzuentscheiden 248 durch außerschulische Bildung, Erwerb von sozialen und kulturellen Schlüsselqualifikationen“ (Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe 2005, S. 1f.). Orientierungsstufe Die schulische Orientierungsstufe ist die Zusammenfassung der Klassenstufen 5 und 6, die entweder den weiterführenden Schulen zugeordnet (schulartabhängige Orientierungsstufe) oder von ihnen getrennt (schulartunabhängige Orientierungsstufe) sind. Sie dient der Förderung und Orientierung der Schüler auf die weitere Schullaufbahn. Prüfungen „Die Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen schließt mit einer Abschluss- oder Gesellenprüfung ab. (…) In der Abschlussprüfung wird durch einen Prüfungsausschuss der zuständigen Stelle festgestellt, ob der Prüfling die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat. Einzelheiten über Prüfungsgegenstand und -verfahren können der jeweiligen Ausbildungsordnung und der Prüfungsordnung der zuständigen Stelle entnommen werden“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010b, S. 24). „‚Zuständige Stelle‘ für die Berufsausbildung sind in den meisten Wirtschafts- und Berufszweigen die jeweiligen Kammern, z.B. die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern, die Landwirtschaftskammern, (…) (sowie die) von den obersten Bundesbehörden und von den Landesbehörden benannten zuständigen Stellen (Behörden) des öffentlichen Dienstes“ (ebd., S. 47). „Zur Abschlussprüfung wird zugelassen, wer die Ausbildungszeit zurückgelegt hat oder wessen Ausbildungszeit spätestens zwei Monate nach dem Prüfungstermin endet. Außerdem müssen die Prüflinge an vorgeschriebenen Zwischenprüfungen teilgenommen sowie vorgeschriebene schriftliche Ausbildungsnachweise (...) geführt haben. (…) Absolventen vollzeitschulischer Berufsausbildungen sind zur Abschlussprüfung zuzulassen, wenn diese Bildungsgänge der Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entsprechen. (…) Berufstätige ohne Berufsausbildung sind ebenfalls zur Abschlussprüfung zuzulassen, wenn sie nachweisen können, dass sie mindestens das Eineinhalbfache der Zeit, die als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf tätig gewesen sind, in dem die Prüfung abgelegt werden soll“ (ebd., S. 25). „Nach bestandener Prüfung erhält der Prüfling von der zuständigen Stelle ein Prüfungszeugnis (…). Vom Ausbildenden wird ebenfalls ein Zeugnis ausgestellt“ (ebd., S. 24). Prüfungsjahr Ein Prüfungsjahr umfasst im Studium das jeweilige Wintersemester sowie das nachfolgende Sommersemester; z.B. Zahl der „Absolventen 2008“ ist die Summe der Zahl der Absolventen des Wintersemesters 2007/2008 und des Sommersemesters 2008 (vgl. Deutscher Akademischer Austauschdienst 2010). 249 Realschule Realschulen (5. bzw. 7. bis 10. Klassenstufe) sind weiterführende Schulen, die unmittelbar im Anschluss an die vierjährige Grundschule oder aber nach Abschluss der Orientierungsstufe besucht werden können. Die Schulbesuchsdauer beträgt zwischen vier und sechs Jahren. Der Realschulabschluss eröffnet u.a. den Zugang zu den Fachoberschulen; er wird deshalb auch als Fachoberschulreife bezeichnet. Außerdem besteht für Absolventen/Absolventinnen und Abgänger/innen mit Realschulabschluss die Möglichkeit des Übergangs auf Gymnasien in Aufbauform. Die in Bayern eingerichteten „drei- und vierstufigen Wirtschaftsschulen“ werden zusammen mit den Realschulen ausgewiesen. Die Realförderschulen sind den Förderschulen zugeordnet. Schularten mit mehreren Bildungsgängen Schularten mit mehreren Bildungsgängen (5. bzw. 7. bis 9. bzw. 10. Klassenstufe) vermitteln eine allgemeine Bildung und schaffen die Voraussetzung für die berufliche Qualifizierung. Ab der 7. Klassenstufe beginnt eine Differenzierung. Die Schüler erwerben mit erfolgreichem Besuch der 9. Klassenstufe den Hauptschulabschluss und mit erfolgreichem Besuch der 10. Klassenstufe und bestandener Prüfung den Realschulabschluss. Schulkindergarten Schulkindergärten sind schulische Einrichtungen der vorschulischen Erziehung, die von schulpflichtigen, aber noch nicht schulreifen Kindern besucht werden. In der Regel sind die Schulkindergärten den Grund- bzw. Sonderschulen angegliedert. In Bayern zählen laut Kindergartengesetz die Schulkindergärten nicht zum Schulbereich. Die statistischen Ergebnisse dieses Landes werden deshalb nicht in der Schul-, sondern in der Kindergartenstatistik nachgewiesen. Sektoren des Ausbildungsgeschehens Strukturelement des →Ausbildungsgeschehens. Die vier Sektoren des Ausbildungsgeschehens sind „Berufsausbildung“, „Integration in Berufsausbildung“ (Übergangsbereich), Erwerb der Hochschulberechtigung und Studiengänge. Ihre Gliederung erfolgt nach ihren unterschiedlichen Zielsetzungen. Jedem Sektor sind unterschiedliche „Konten“ zugeordnet, in denen „Bildungsprogramme mit ähnlichem berufspädagogischen Inhalt in einheitlichen Klassen nach dem International Standard Classification of Education (ISCED)“ zusammengefasst sind (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 236f.). Zu den Konten des Sektors Berufsausbildung gehören u.a. die anerkannten Ausbildungsberufe, vollqualifizierende Berufsabschlüsse an Berufsfachschulen und berufsabschlussvermittelnde Bildungsgänge an Berufsfachschulen und Fachgymnasien (ebd.). Sekundarbereich I Im Sekundarbereich I bauen die allgemeinbildenden Schulen auf der gemeinsamen Grundschule auf. Traditionell handelte es sich dabei um Hauptschule, Realschule und Gymnasium. Erweitert wurde dieses Angebot um 250 neue Schularten, die nach Ländern teils unterschiedliche Bezeichnungen haben. Häufig werden in diesen Bildungsgängen Hauptschule und Realschule pädagogisch und organisatorisch zusammengefasst; dazu gehören die Mittelschule, die Regelschule, die Sekundarschule, die Integrierte Hauptund Realschule, die Verbundene Haupt- und Realschule, die Regionale Schule und die Erweiterte Realschule. Die Gestaltung der Schularten und Bildungsgänge des Sekundarbereichs I geht vom Grundsatz einer allgemeinen Grundbildung, einer individuellen Schwerpunktsetzung und einer leistungsgerechten Förderung aus. Sekundarbereich II Die Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen für die 16- bis 19-Jährigen im Sekundarbereich II umfassen allgemeinbildende und berufliche Schulen in Voll- und Teilzeitform sowie die Ausbildungsbetriebe des dualen Systems. Sozialgruppenspezifische Bildungsbeteiligungsquote „Anteil der Studienanfänger/innen einer sozialen Gruppe (z. B. Akademikerkinder) an der altersgleichen Bevölkerung derselben Gruppe“ (Bundeministerium für Bildung und Forschung 2010c, S. 73). Statistik der beruflichen Schulen „In Deutschland liegt die Zuständigkeit für das Bildungswesen im Wesentlichen bei den Bundesländern, weshalb auch die Bildungsstatistik, zu der die Statistik der beruflichen Schulen gehört, in deren Kompetenzbereich fällt. Bei der bundesweiten Statistik der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen handelt es sich somit um eine koordinierte Länderstatistik, die auf Vereinbarungen mit der Kultusministerkonferenz in Verbindung mit § 3 Absatz 2a Bundesstatistikgesetz (BStatG) basiert (Statistisches Bundesamt 2007, S. 8). Die Daten zu Schülern und Lehrkräften an öffentlichen und nicht öffentlichen Schulen werden in der Regel jährlich im Rahmen einer Totalerhebung zu Beginn eines Schuljahres gewonnen. Für die öffentlichen Schulen und die privaten Ersatzschulen (mit Ausnahme der Schulen des Gesundheitswesens) besteht dabei Auskunftspflicht. Die Informationen zu den beruflichen Schulen werden jährlich vom Statistischen Bundesamt im Rahmen der Fachserie 11 Reihe 2 veröffentlicht. Anhand der Statistik der beruflichen Schulen kann untersucht werden, wie sich die deutschen und ausländischen Berufsschüler auf die einzelnen beruflichen Schulen verteilen. (…) im Rahmen der Statistik der beruflichen Schulen (wird) lediglich das Merkmal ‚Staatsangehörigkeit‘ erhoben (…), wodurch es zu der bereits beschriebenen eingeschränkten Differenzierbarkeit der jungen Menschen mit Migrationshintergrund kommt“ (Siegert 2009, S. 19). Studienabbrecher „Studienabbrecher sind ehemalige Studierende, die zwar durch Immatrikulation ein Erststudium an einer deutschen Hochschule aufgenommen haben, dann aber das Hochschulsystem endgültig ohne (erstes) Abschlussexamen verlassen“ (Heublein u.a. 2008, S. 66). 251 Studienabbruchquote „Die Studienabbruchquote ist der Anteil der Studienanfänger eines Jahrgangs, die ihr Erststudium beenden, ohne es mit einem Examen abzuschließen. Ihre Berechnung erfolgt beim HIS-Verfahren über den Kohortenvergleich eines Absolventenjahrgangs mit den korrespondierenden Studienanfängerjahrgängen. Die Abbruchquote gibt demnach den relativen Umfang nicht erreichter Abschlussprüfungen unter den Studienanfängerinnen und -anfängern dieser Studienjahre wieder. Studierende, die nur einen Studiengang, Fach- oder Hochschulwechsel vollziehen, sind nicht als Studienabbrecher zu verstehen“ (Heublein u.a. 2008, S. 67). Studienanfänger/innen Studienanfänger/innen sind Studierende im ersten Hochschulsemester oder im ersten Semester eines bestimmten Studienganges. In diesem Bericht werden als Studienanfänger/innen Studierende bezeichnet, die im 1. Hochschulsemester an einer Hochschule im Bundesgebiet eingeschrieben sind, sog. Erstimmatrikulierte (vgl. Statistisches Bundesamt 2010d, S. 11). Studienberechtigte „Zu den studienberechtigten Schulabgängern (...) zählen Schulentlassene des allgemeinen und beruflichen Schulwesens mit Allgemeiner Hochschulreife (einschl. der fachgebundenen Hochschulreife) oder mit Fachhochschulreife“ (Statistisches Bundesamt 2009d, S. 8). Studienberechtigtenquote Die Studienberechtigtenquote gibt an, wie hoch der Anteil der Schulabgänger/innen mit Allgemeiner, Fachgebundener oder Fachhochschulreife an der altersspezifischen Bevölkerung ist. Dazu wird die Zahl der altersspezifischen Bevölkerung am 31. Dezember des Jahres, das dem Berichtsjahr voraus geht, anhand der Bevölkerungsstatistik berechnet. Für das Jahr 2009 werden also die Zahlen derjenigen addiert, die zum 31. Dezember 2008 18, 19 oder 20 Jahre alt waren, und daraus ein Durchschnitt gebildet (bis 2006: Durchschnitt der 17- bis unter 20-Jährigen (12 Jahre Schulzeit) bzw. 18- bis unter 21-Jährigen (13 Jahre Schulzeit). Die Zahl der Studienberechtigten kann der Schulstatistik für das Schuljahr, das im jeweiligen Berichtsjahr endet, entnommen werden (www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/ destatis/Internet/DE/Presse/abisz/Hochschulstatistik__Quoten,templateI d=renderPrint.psml; 30.03.2011).. Studienjahr „Ein Studienjahr umfasst das Sommersemester und das folgende Wintersemester, z.B. Studienjahr 2009 = Sommersemester 2009 und Wintersemester 2009/10“ (Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 4.1). Studienkolleg An Studienkollegs können ausländische Studienbewerber/innen, deren Schulabschlusszeugnis nicht zum direkten Fachstudium an einer deutschen Hochschule berechtigt, an einer Art Vorstudium teilnehmen und die „Prü252 fung zur Feststellung der Eignung ausländischer Studienbewerber für die Aufnahme eines Studiums an Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland“ ablegen. Bei erfolgreichem Bestehen erhalten sie ein Zeugnis, welches die Bewerbung um einen Studienplatz erlaubt. Zudem sind die Studienkollegs auch für die Abnahme der „Deutschen Sprachprüfung für den Hochschulzugang“ (DSH) zuständig (www.studienkollegs.de/de/; 24.02.2011) Tertiärer Bildungsbereich Der tertiäre Bereich umfasst die Hochschulen sowie sonstige Einrichtungen, die berufsqualifizierende Studiengänge für Absolventen des Sekundarbereichs II mit Hochschulzugangsberechtigung anbieten. So stehen Hochschulzugangsberechtigten in einigen Ländern als Alternative zum Hochschulstudium die Berufsakademien offen. Die Fachschulen, die Fachakademien in Bayern sowie die zwei- und dreijährigen Schulen des Gesundheitswesens gehören nach der Internationalen Standardklassifikation für das Bildungswesen ISCED (International Standard Classification of Education) ebenfalls zum tertiären Bereich (aus Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2009a, S. 36f.). TIMSS Die TIMSS-Studien (TIMSS = Trends in International Mathematics and Science Study) der IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement) werden seit 1995 alle vier Jahre als international vergleichende Schulleistungsstudien durchgeführt. Übergangsquote „Die Übergangsquote gibt an, wie hoch der Anteil der Schulabsolventen, die im Laufe der Zeit ein Studium an deutschen Hochschulen beginnen, an allen Studienberechtigten eines Jahrgangs ist. Dabei wird auch berücksichtigt, dass der Studienbeginn zeitversetzt erfolgen kann. Entsprechend dient die Übergangsquote als Maß für die Ausschöpfung des Potenzials der Studienberechtigten“ (Statistisches Bundesamt 2010g, S. 6). Übergangssystem Das Übergangssystem bezeichnet ein System von Angeboten zur Verbesserung der Chancen für Ausbildung oder Beschäftigung für Jugendliche, die nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schule in ihrer Ausbildungsplatzsuche nicht erfolgreich waren. Die Bildungsgänge im Übergangssystem bieten berufsvorbereitende und grundbildende Maßnahmen; zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen sie nicht (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 155). Die Erfassung von Ereignissen und Maßnahmen durch die Berufsbildungsstatistik ist eingeschränkt. Hier werden „nur Maßnahmen des Übergangssystems gemeldet, die 6 Monate dauern und von den Auszubildenden tatsächlich abgeschlossen werden“ (ebd.). Tiefergehend sind empirische Analysen, die Verläufe zwischen Schulabgang und Ausbildungseintritt bzw. Erwerbsaufnahme detailliert verfolgen (vgl. Deutsches Jugendinstitut, Veröffentlichungsreihe Übergänge in Arbeit; 253 (http://www.dji.de/cgi-bin/projekte/output.php?projekt=9). Vorklasse Vorklassen werden von schulreifen, aber noch nicht schulpflichtigen Kindern besucht. Organisatorisch sind diese Klassen großenteils mit Grund-, Förder- oder Gesamtschulen verbunden. Hier sind auch die Eingangsstufen in Hessen zugeordnet, in die fünfjährige Kinder ohne Feststellung der Schulfähigkeit aufgenommen werden. Vertragslösungen Als Vertragslösungen gelten „vor Ablauf der im Berufsausbildungsvertrag genannten Ausbildungszeit gelöste Ausbildungsverträge im jeweiligen Berichtsjahr. Hierbei ist zu beachten, dass eine Vertragslösung nicht unbedingt einen Abbruch der Berufsausbildung bedeutet; auch Betriebs- oder Berufswechsel innerhalb des dualen Systems können mit Vertragslösungen einhergehen. Vertragslösungen können unterschiedliche Ursachen haben (z. B. auch Betriebsschließungen) und können sowohl durch den Ausbildungsbetrieb als auch den Auszubildenden erfolgen“ (Bundesinstitut für Berufsbildung 2009, S. 18). Vertragslösungsquote „Die Lösungsquote wird gemäß Schichtenmodell als Summe der Teilquoten folgendermaßen neu berechnet: 2009 2009 2009 Lösungen im aktuellen Berichtsjahr, die Beginn des Ausbildungsvertrages in (1) hatten Lösungen im aktuellen Berichtsjahr, die Beginn des Ausbildungsvertrages in (t-1) hatten Lösungen im aktuellen Berichtsjahr, die Beginn des Ausbildungsvertrages in (t-2) oder früher hatten LQneu = + Anzahl der begonnenen Ausbildungsverträge im aktuellen Berichtsjahr (1) 2009 + Anzahl der begonnenen Ausbildungsverträge im Vorjahr (t-1) 2008 Anzahl der begonnenen Ausbildungsverträge im Vorvorjahr (t-2) oder früher 2007 Aus dem jeweils aktuellen Berichtsjahr stammen die Lösungsdaten. Diese werden nicht nach Ausbildungsjahren differenziert (Ausbildungsjahr, in dem derjenige war, dessen Vertrag gelöst wurde), sondern nach dem Jahr, in dem der Beginn des in z. B. 2009 gelösten Vertrags war. Die Daten zu den begonnenen Ausbildungsverträgen stammen aus den verschiedenen Berichtsjahren. Da Angaben über Beginn und Ende der Ausbildungsverträge erst ab dem Berichtsjahr 2007 vorliegen, können für das Berichtsjahr 2009 nur drei Teilquoten berechnet werden. In der letzten Teilquote werden alle Lösungen, die den Vertragsbeginn in 2007 oder früher hatten, zusammengefasst. Ab dem Berichtsjahr 2010 können vier Teilquoten berechnet werden“ (Bundesinstitut für Berufsbildung 2009, S. 23). 254 Zuständigkeitsbereiche „Maßgeblich für die Zuordnung der Auszubildenden zu den Zuständigkeitsbereichen ist i.d.R. die Art des Ausbildungsberufs und nicht der Ausbildungsbetrieb. So sind z.B. alle Auszubildenden, die im öffentlichen Dienst in Berufen der gewerblichen Wirtschaft ausgebildet werden, in der Berufsbildungsstatistik den Bereichen IH (Industrie und Handel, d. Verf.) und Hw (Handwerk, d. Verf.) (je nach zuständiger Stelle) zugeordnet. Ausnahmen bestehen für Auszubildende, die in einem Handwerksbetrieb in einem Beruf des Bereichs IH ausgebildet werden (Industrieberuf im Handwerk); bei der Aggregierung der Auszubildenden für die Bereiche sind sie dem Handwerk zugeordnet. Gleiches gilt für Handwerksberufe, die in IHBetrieben ausgebildet werden (Handwerksberuf in der Industrie). In der Aggregierung sind diese Auszubildenden dem Bereich IH zugerechnet. Die Rede ist deshalb von ‚Zuständigkeitsbereichen‘ und nicht von Ausbildungsbereichen, weil die tatsächliche Ausbildungsleistung in einzelnen Bereichen nicht mit den Zählergebnissen nach Zuständigkeiten übereinstimmen muss. So sind z.B. in einigen Ländern die Industrie- und Handelskammern auch die zuständige Stelle für den Ausbildungsbereich Hauswirtschaft, und eine klare Aufteilung nach Ausbildungsbereichen ist nicht immer möglich. Zudem fallen Ausbildungsverträge, die der öffentliche Dienst oder die freien Berufe in den Ausbildungsberufen von Industrie, Handel oder Handwerk abschließen, nicht in ihren eigenen Zuständigkeitsbereich, sondern werden Industrie und Handel oder Handwerk zugerechnet. Seit 2007 erfasst die Berufsbildungsstatistik auch das Betriebsmerkmal ‚Zuständigkeit zum öffentlichen Dienst‘; im Jahr 2008 kommen zu den 38.043 Auszubildenden in Berufen des öffentlichen Dienstes mindestens weitere 18.882 Auszubildende, die in Betrieben des öffentlichen Dienstes in Berufen der anderen Zuständigkeitsbereiche ausgebildet werden“ (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 34). 255 IV. Abkürzungsverzeichnis abs. AGJ AID:A absolut Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ – Survey des Deutschen Jugendinstituts ARGEn Bundesagentur für Arbeit sowie der Arbeitsgemeinschaften AufenthG Aufenthaltsgesetz (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet) BA Bundesagentur für Arbeit BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BBIB Bundesinstitut für Berufsbildung BBiG Berufsbildungsgesetz BGJ Berufsgrundbildungsjahr BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend BMI Bundesministerium des Innern BstatG Bundesstatistikgesetz (Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke) BvB Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen BVJ Berufsvorbereitungsjahr CAPI Computer Assisted Personal Interviewing (rechner-unterstützte persönliche Befragung) DAAD Deutscher Akademischer Austausch Dienst DAZUBI Datensystem Auszubildende DBJR Deutscher Bundesjugendring DJI Deutsches Jugendinstitut DL Dienstleistung DSH Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang DSW Deutsches Studentenwerk ECTS European Credit Transfer System EFI Expertenkommission Forschung und Innovation EQ Einstiegsqualifizierung FÖJ Freiwilliges Ökologisches Jahr FSJ Freiwilliges Soziales Jahr GPC Good Practice Center GUS Gemeinschaft unabhängiger Staaten HIS Hochschul-Informations-System GmbH HISEI Highest International Socio-Economic-Index of occupational status HRG Hochschulrahmengesetz HRK Hochschulrektorenkonferenz Hw Handwerk HwO Handwerksordnung 256 HZB IEA IGLU IH ISCED JA Juleica KJHG KMK KOAB LAU LJR LKJ LVR LWL MGFFI MJSO MSJK NRW OECD OKJA PISA RAM SGB StAG TIMSS VJM vs. Hochschulzugangsberechtigung International Association for the Evaluation of Educational Achievement Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung Industrie und Handel International Standard Classification of Education Jugendarbeit Jugendleiter/In-Card Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland Kooperationsprojekt Absolventenstudien (Internationales Zentrum für Hochschulforschung Kassel) Lernausgangslage und der Lernentwicklung Landesjugendring Landesvereinigung Kulturelle Jugendarbeit Landschaftsverband Rheinland Landesjugendamt Landschaftsverband Westfalen-Lippe Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen Migrantenjugendselbstorganisation Ministerium für Schule, Jugend und Kinder Nordrhein-Westfalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Offene Kinder- und Jugendarbeit Programme for International Student Assessment Repräsentativbefragung „Ausgewählte Migrantengruppen in Deutschland“ Sozialgesetzbuch Staatsangehörigkeitsgesetz Trends in International Mathematics and Science Study Vereine Jugendlicher mit Migrationshintergrund versus 257 Deutsches Jugendinstitut Nockherstr.2 81541 München Telefon +49(0)89 62306-0 Fax +49(0)89 62306-162 www.dji.de