Das schnelle Feuer
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Das schnelle Feuer
Das schnelle Feuer HERAUSFORDERUNG FÜR DIE FEUERWEHR Früher waren die Phänomene Backdraft und Flashover vielleicht überzogen Illusionen aus utopischen Katastrophenschutzfilmen. Heute sind sie im Feuerwehralltag schon harte Realität und halten viele unserer Führungskräft in Atem. Und immer wieder hören wir, da und dort wäre es zu einem schlagartigen Ausbreitungsphänomen im Zuge eines Brandgeschehens gekommen. Doch nur die wenigsten dieser gefährlichen Ereignisse werden auch fachlich sauber dokumentiert. Außerdem herrschen über diesen Problemkreis viele Missverständnisse und Fehlmeinungen vor. BLAULICHT will Licht ins Dunkel dieses Meinungswirrwarrs bringen. Von LFR Univ.-Lektor Dr. Otto Widetschek, Graz Wollen sie mitreden? Dann lesen sie diese Dokumentation, in welcher wir die Phänomene Backdraft & Flashover erstmals unter Beachtung aller naturwissenschaftlich bekannten Fakte genauer unter die Lupe nehmen! TEIL 4: DAS SCHNELLE FEUER - SPIELARTEN DES FLASHOVER? Wir haben schon die grundsätzlichen Voraussetzungen für einen Feuersprung (Flashover) kennen gelern Eigentlich sind es dem Grunde nach dieselben Bedingungen, wie für ein herkömmliches Feuer, welche w vom alt bekannten Feuerdreieck bereits kennen. Es sind dies Brennstoff, Sauerstoff und Zündquelle. SCHNELLES FEUER Bei einem Feuersprung liegt der Brennstoff in Form von Brandrauch vor, dessen Mischung mit Luft (Sauerstoff) eine große Bedeutung besitzt. Die Zündung eines Gas-Luft-Gemisches kann nur innerhalb de unteren und oberen Zündgrenze (UEG und OEG) erfolgen. Die Reaktionsgeschwindigkeit der Verbrennun hängt dabei stark vom Mischungsverhältnis (siehe Abbildung) ab. Im Bereich der unteren und oberen Zündgrenze sind intensive Flammen bzw. Verpuffungen möglich. Dazwischen steigt die Verbrennungsgeschwindigkeit relativ stark an und es kommt zur Explosion und sogar zur Detonation. Deswegen wird in den USA das Phänomen des Feuersprungs auch als „rapid fire progress“ (rasche Feuerausbreitung) bezeichnet. Ich nenne dies salopp ganz einfach „Schnelles Feuer“ und hoffe, dass sich dieser Begriff durchsetzen möge. Der Feuersprung ist auch unter dem Begriff „Das schnelle Feuer“ bekannt. (Foto: Don Pearman) Wie der „Magere und Fette Feuersprung“ entsteht (schematisch dargestellt). DER „MAGERE FEUERSPRUNG“ Eines ist jedoch klar: Eine Zündung kann erst bei Erreichung der unteren Zündgrenze (bei weiterer Anreicherung des mageren Gemisches mit brennbaren Gasen) erfolgen, vorher nicht! Das ist die erste Variante der Rauchdurchzündung. Wir nennen sie den „Mageren Feuersprung“ (engl.: Lean Flashover), w die Durchzündung beim Überschreiten des Gas-Luftgemisches von der „mageren“ Seite her erfolgt. Der Magere Feuersprung tritt typischer Weise in Räumen mit ausreichender Sauerstoffzufuhr (z. B. durch gekipptes Fenster) auf. Anfangs sind noch zu wenig brennbare Gase im Rauch, die UZG ist noch nicht erreicht. Wenn nun die brennbaren Stoffe (Holzmöbel, Kunststoffpolsterungen etc.) weiter ausgasen wird d UZG überschritten und es kommt zu einer Durchzündung (Auftreten von Flammenzungen) ohne nennenswerten Druckanstieg. Da sich dieses Phänomen in der Regel in der Deckennähe abspielt, wird e Seite 1 Das schnelle Feuer auch als „Rollover“ bezeichnet. Diese „leichte“ Form des Flashovers kann während eines Brandes öfters vorkommen und ist möglicherweise nur die Vorstufe zu einem „richtigen“ Flashover. DER „FETTE FEUERSPRUNG“ Die zweite Möglichkeit der Rauchdurchzündung: Ein zu fettes Gemisch wird mit Sauerstoff vermengt und kommt in den Zündbereich. Die Annäherung erfolgt also von der „fetten“ Seite, weshalb wir vom „Fetten Feuersprung“ (engl.: Rich Flashover) sprechen. Dabei kann die OZG durch Strömungseffekte auch mehr o weniger unterschritten werden, was zu einem starken Anstieg der Verbrennungsgeschwindigkeit beim Flashover führt (Druckwirkung!). Das Szenarium für den Fetten Feuersprung: In einem relativ dichten Raum (Sauerstoffzufuhr stark eingeschränkt) entstehen brennbare, aber unverbrannte Gase und die OZG ist bereits deutlich überschritte Begünstigt durch den heißen Rauch gasen durch die intensive thermische Strahlung feste brennbare Stof aus und beginnen nach Erreichung des Zündpunktes zu brennen. Bei Sauerstoffzufuhr (geöffnete Türe, zerbrochenes Fenster etc.) zünden nun die brennbaren Gase, meist mit einem mehr oder weniger großen Druckanstieg durch. Der gesamte Raum steht schlagartig in Flammen. THERMISCHE STRAHLUNG Ein wesentlicher Faktor, welcher für ein schlagartiges Entflammen des gesamten Rauminventars verantwortlich ist, sind die heißen Brandgase. Sie können im Deckenbereich Temperaturen bis zu 1.000 ° besitzen. Die von ihnen ausgehende thermische Strahlung spielt nun eine wichtige Rolle. Wenn eine Strahlungsintensität von 1,0 Watt/cm² oder mehr vorhanden ist, besteht Flashover-Gefahr. Zum Vergleich: Eine Strahlungsintensität von 0,5 W/cm² erzeugt auf der nackten Haut bereits nach 30 Sekunden Brandblasen, 0,15 W/cm² werden als kritische Intensität für das ungeschützte Einsatzpersonal angegeben DER LOKOMOTIVEN-EFFEKT Der in einem Raum durch ein Feuer produzierte Brandrauch dehnt sich aus und erzeugt einen Überdruck Die Folge ist: Der Rauch wird durch alle Ritzen und Undichtheiten nach außen gedrückt. Durch Sauerstoffmangel wird in der Folge die Verbrennung gebremst und die Brandgase kühlen ab. Jetzt wird e Unterdruck erzeugt und Luft strömt durch die undichten Stellen in den Brandraum. Dieser Vorgang kann s nun wiederholen und führt zu einem stoßartigen Ausströmen, einem Pulsieren des Brandrauches, was au fallweise als Lokomotiven-Effekt bezeichnet wird. Was bedenklich ist: Dadurch wird ein thermodynamisch gefährlicher Zustand angezeigt, der in allernächster Zeit zur Rauchdurchzündung führen kann. UMGEKEHRTER; VERLAGERTER UND VERZÖGERTER FEUERSPRUNG Die beiden Spielarten des Mageren und Fetten Feuersprungs können nun in örtlicher und zeitlicher Hinsic zu speziellen Formen des Flashovers führen. Man unterscheidet im Wesentlichen den UMGEKEHRTEN FEUERSPRUNG die fetten Brandgase strömen aus dem Brandraum, verdünnen sich und werden an einer weiter weg liegenden Zündquelle gezündet. Die Flammen kommen dabei quasi „von hinten“), VERLAGERTEN FEUERSPRUNG (die Zündung erfolgt auf Grund der Verlagerung der Brandgase, z. B. durch Verwendung eines Hochdrucklüfters, in einem anderen Raum) und VERZÖGERTEN FEUERSPRUNG (z. B. bei Aufräumarbeiten durch Öffnung eines Glutnestes). Anmerkung: Sehr gute Animationen der einzelnen Spielarten des Feuersprungs sind im Internet über www.atemschutz.org dargestellt worden. Ein virtueller Ausflug lohnt sich! Seite 2 Das schnelle Feuer Zu fette Brand- und Pyrolysegase strömen aus dem Brandraum und verdünnen sich mit Luft. Durch den Sauerstoffzutritt kommen die Brandgase in den Zündbereich und werden durch eventuell vorhandene Zündquellen in Brand gesetzt: Ein Flashover tritt auf, der in den Raum zurückschlägt, also die Einsatzkräfte von hinten treffen kann. Das ist der „Umgekehrte Feuersprung“, der unter Umständen erst nach einigen Minuten auftreten kann. Das Feuer im Brandraum ist bereits aus und der Brandraum wird belüftet: Das ist das typische Szenarium für den so genannten „Verlagerten Feuersprung“. Dabei wurde der brennbare Brandrauch über abgehängte Decken, verborgene Hohlräume und Kanäle sowie Trapezblechdächer in einen anderen Raum des Bauwerks verdrängt. Wenn sie eine Zündquelle antreffen, erfolgt die Durchzündung. Das Szenarium für den so genannten „Verzögerten Feuersprung“: Viele brennbare aber unverbrannte Gase sind im Brandrauch, die OZG ist weit überschritten und das Feuer ist bereits ausgegangen. Nun sinkt das Rauchgasgemisch zu Boden, mischt sich mit Sauerstoff und wird zu einem brennbaren Gemisch. Nur die Zündquelle fehlt. Wird beispielsweise bei Aufräumarbeiten ein Glutnest aufgewirbelt, kann es zur Durchzündung kommen. Die Einsatzkräfte stehen jetzt voll in den Flammen! Stand 2005 LITERATURHINWEISE CIMOLINO U. u. a.: Atemschutz – Sicheres und effizientes Vorgehen, Suchverfahren, Notfalltraining, Kapitel 1.5 Brandbekämpfu im Innenangriff von SÜDMERSEN J.; Ecomed-Verlag, 4. Auflage, Landsberg, 2004. GRIMWOOD P.: Tactical fire fighting operations; Fire Times, June/July 2002. NIEDERBAUER W.: DIE Atemschutzpage im Netz (www.atemschutz.org). Animationen und Kurzbeschreibungen des Feuerspru WIDETSCHEK O.: Flashover – Herausforderung für die Feuerwehr; BLAULICHT, Heft 10/1996, Graz. TÜGEL A.: Titelfoto; Rauchdurchzündung ohne größere Druckwirkung (Magerer Feuersprung). Seite 3