Motorsport - SPORTUNION Österreich
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234-239_Motorsport 21.09.2007 13:37 Uhr Seite 234 S P O RTA RT E N | M OTO RS P O RT SAMMLUNG MAYER Lokale Motorsportler forderten Weltklassefahrer heraus Alex Mayer (Jg. 1915) Die Motorrad-Legende Begonnen hat Alex Mayer als 16-Jähriger mit dem Radsport. Bis 1940 zählte er in Niederösterreich zu den Elitefahrern, ehe der Zweite Weltkrieg seine sportlichen Ambitionen jäh unterbrach. Erst 1947 begann seine motorsportliche Karriere. 1950 gab es den ersten großen internationalen Erfolg: Beim „Großen Preis von Österreich“ fuhr er hinter Weltmeister (1953–1959) Fergus Anderson aus England über die Ziellinie. National holte sich der St. Pöltner neun Staatsmeistertitel. Noch während seiner Rennfahrer-Laufbahn erfüllte er sich seinen Traum: Er richtete am Neugebäudeplatz eine Reparaturwerkstätte ein, übersiedelte in die Mariazeller Straße. Danach eröffnete er im ehemaligen Domcafé am Herrenplatz eine Renault-Vertretung. Auch in Traisen hatte „Xadl“, wie ihn seine Freunde nannten, eine Filiale. Das Unternehmen expandierte rasch und erbaute ein Autohaus in der Porschestraße. Einen Namen machte sich Mayer als Förderer von Rupert Hollaus aus Traisen, dem einzigen Motorrad-Weltmeister Österreichs. Heinz Harauer, Dieter Peschl ie Welt hatte zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ein neues Spielzeug: Das Auto! Die Motorisierung der Gesellschaft spiegelte sich in der Folge auch im St. Pöltner Sportgeschehen wider. Neben losen Gruppenausfahrten und Ausflügen zu Rennveranstaltungen wurden vom „Niederösterreichischen Automobil Club, Ortsgruppe St. Pölten (NOE A.C.)“ unter Obmann Hubert Harrand auch zunehmend Motorradrennen auf der Sandbahn veranstaltet. Die D Trabrennbahn an der Rennbahnstraße diente als Rennstrecke. Bereits am 5. Oktober 1924 wurden 10.000 Zuseher – darunter auch Prominenz wie Fürst Auersperg oder die Brüder Rainer und Wilhelm Habsburg – an so einem Renntag begrüßt. Bei den jährlich stattfindenden Wettbewerben kämpften natürlich auch St. Pöltner Fahrer in den verschiedenen Motorradklassen um den Sieg: Josef Praher, Rudolf Polivka, Josef Sommer, Karl Wildburger, Hans Nadlinger, Franz Gaisberg-Sieger Karl Dasch (1932) mit seinem Auto – eine Leihgabe des Industriellen Hans Benker. SAMMLUNG PESCHL 234 S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N 234-239_Motorsport 21.09.2007 13:37 Uhr Seite 235 S P O RTA RT E N | M OTO RS P O RT S E IT E N B L I C K „Vickerl“ und seine Grete Vickerl und Grete Pongratz in Korneuburg 1954 – großen Mut bewies Grete beim Kurvenfahren. Fischer, Hans Hasenauer, Georg Becker, Karl Kickinger und Rudolf Piermayr. Die Sandbahnrennen auf der St. Pöltner Rennbahn wurden innerhalb kurzer Zeit zu einem Fixpunkt im österreichischen Motorradrennsport. Nationale und auch internationale Motorradhelden wie Karl Abarth (wurde nach 1945 als Carlo Abarth mit seinen Autos weltberühmt), Leopold Killmeyer (so nebenbei der Erfinder der „Käs’wurst“), Hans Bohmann, Martin Schneeweiss (Europameister 1937) sowie Michael Gayer waren gefeierte Sieger an der Traisen. 1929 trug sich mit Maria Strunz sogar eine Dame in die Siegerliste der 175erund 250er-Klasse ein. Aber nicht nur auf zwei Rädern waren die St. Pöltner zu dieser Zeit schnell unterwegs. Josef Hansal, Werksfahrer und Mechaniker bei den Steyr Werken S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N Viktor Pongratz (1917–2005) war neben Alex Mayer einer der bekanntesten Motorrad-Rennfahrer St. Pöltens. Die größten sportlichen Erfolge feierte er mit seiner zweiten Gattin Margarete: mit ihr holte er 1954 und 1956 mit einer Seitenwagenmaschine je einen Staatsmeistertitel auf der Straße. Sein erstes Rennen bestritt er 1948 mit einer 250 ccm Moto Guzzi bei einem Straßenrennen in St. Pölten. Seine Karriere beendete er 1961. Courage und Mut bewies die St. Pöltner Legende aber nicht nur am Motorrad. 1956 hatte er deshalb auch sein schlimmstes Erlebnis: Er lieferte während des Ungarn-Aufstandes Medikamente nach Budapest – und wurde prompt von den Russen gefangen genommen und zum Tode verurteilt. Nur sein österreichischer Pass rettete Pongratz das Leben! SAMMLUNG WÖLL AG, nahm an vielen internationalen Rennen teil. Seine größten Erfolge waren Siege beim Klausen Bergrennen 1926 und beim Semmering Bergpreis 1928 – jeweils in der Kategorie Sportwagen. Der Flugzeugmechaniker Karl Dasch feierte am 24. Juli 1932 mit einem vom Industriellen Hans Benker zur Verfügung gestellten Steyr-Rennwagen den Sieg beim Gaisbergrennen in Salzburg in der Klasse über 3000 ccm. Weltmeister am Start Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der Motorradsport eine nie wieder erreichte Blütezeit. Helden wie Rupert Hollaus, Hans Baltisberger, Gerold Klinger oder Lokalmatador Alex Mayer zogen bei den Rennen die Besuchermassen an. Gefahren wurde – heute unvorstellbar – auf einem Straßenkurs mitten durch die Stadt: 235 234-239_Motorsport 21.09.2007 13:37 Uhr Seite 236 S P O RTA RT E N | M OTO RS P O RT S E IT E N B L I C K Die kleinen Meister 20.000 Zuschauer staunten und applaudierten am 14. Mai 1950, als Günther (damals 8) und Peter Huber (6) auf einer Eigenbau-Beiwagenmaschine mit bis zu 47 km/h durch die Kurven der Rennbahn sausten. Vater Friedrich Huber hat in mühevoller Handarbeit eine Beiwagenmaschine für seine beiden Kinder gebaut. Ausgerüstet mit Teleskopgabel und Hinterradfederung, die 1950 noch nicht selbstverständlich waren. „Wie ihr Motorrad gleichen auch sie in jeder ihrer Gesten ihren großen Kollegen“, schrieb die St. Pöltner Zeitung damals. S E IT E N B L I C K Motorradmuseum Leider schon fast vergessen ist das legendäre Motorradmuseum von Walter Brandstetter in der Brunngasse. Über 60 ausgesuchte Rennmotorräder befanden sich in seinem Besitz. Sie sind heute im Motorsportmuseum Hockenheim am Formel-1-Ring zu bewundern. Günther und Peter Huber (1950). SAMMLUNG HUBER Schulring, Mayer-Mühle bis zur Kreuzung Josefstraße, dann bis zur Theodor-KörnerStraße (damals die Schubertstraße) und über die Rennbahnstraße (mit Bau des Landhauses „verschwunden“) wieder zurück zum Schulring. Viktor Pongratz und seine Gattin Grete (beide zweifache Staatsmeister) siegten bei den Motorrädern mit Beiwagen, und sogar Motorradweltmeister H. P. Müller jagte seine NSU Sportmax über den Straßenkurs. 1953 zeigte der spätere MotorradWeltmeister Rupert Hollaus aus Traisen auch in St. Pölten sein unglaubliches Talent. Heute unvorstellbar, mit welchen Sicherheitsstandards damals gefahren wurde: Zuschauerabsperrungen mit Schnürl und Strohballen an den Mauerkanten … Natürlich gab’s auch wieder viele Speedwayrennen auf der Trabrennbahn. Größen wie Pepi Chalupa, die Brüder Leopold und Karl Killmeyer oder Josef Kamper duellierten sich mit dem damaligen 236 Speedway-Ass Fritz Dirtl (1949). SAMMLUNG PESCHL „Superstar“ auf der Sandbahn, Fritz Dirtl. Er dominierte die Klassen und war der Liebling der Massen. Oftmaliger Teilnehmer: der St. Pöltner Sepp Brandstetter. Mit dem Niedergang des Speedwaysports verschwanden aber Mitte der 70er-Jahre auch die Speedwayfahrer von der traditionellen St. Pöltner Rennbahn. Übrigens: Auf dem St. Pöltner Straßenkurs wurden mehrere Jahre hindurch auch Autorennen durchgeführt. Friedrich Huber, Erich Degen, Kurt Koresch oder auch der mit nur einem Arm fahrende Innsbrucker Otto Mathe fuhren in den diversen Klassen um den „Großen Preis von St. Pölten“. In den 60er-Jahren bekam der Autorennsport durch den Formel-1-Helden Jochen Rindt eine neue Dynamik. Etwa zur gleichen Zeit begann auch die MotorsportÄra von Günther Huber. 1963 stieg der St. Pöltner mit einem VW-Käfer in den Rallye-Sport ein. Nach drei Jahren wechselte er in die gerade neu entstandene S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N 234-239_Motorsport 21.09.2007 13:37 Uhr Seite 237 S P O RTA RT E N | M OTO RS P O RT Europameister Günther Huber 1966 in Aspern mit Weltmeister Jochen Rindt. Formel Vau, wo 1966 auf den Bahamas die erste große Herausforderung wartete: Huber hatte hier Jochen Rindt zum Gegner. Beim Rennen gab es einen österreichischen Dreifacherfolg: Rindt siegte vor Huber und Wallecek. 1967 wurde Günther Huber Formel Vau-Europameister. 1968 und 1969 bestritt er auch einige F2-Rennen, darunter auch auf dem legendären Flughafenkurs von Langenlebarn. 1970 gab es noch zwei spektakuläre Ergebnisse: Huber gewann die 24 Stunden von Spa auf einem BMW-Alpina 2800 CS Coupé und holte sich damit auch den dritten Platz bei der Europameisterschaft für Tourenwagen in der Klasse über 1600 ccm. 1971 beendete Huber seine Karriere auf einem Porsche 911 mit dem dritten Platz beim weltweiten Porsche Privatfahrer-Cup. Die „Wilden“ greifen an Im gleichen Jahr, in dem Huber seine Karriere beendete, wird der „Racing S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N SAMMLUNG HUBER Corporation Motorklub“ (RCM St. Pölten) von Jörg T. Selan und Gerhard Kalnay gegründet. Eines der ersten Mitglieder war Franz Wittmann, dessen sportlicher Höhenflug in St. Pölten begann. Wittmann bestritt sein Premierenrennen auf einem VW-Käfer, den ersten seiner insgesamt zwölf Staatsmeistertitel holte er sich noch beim RCM. 1985 schrieb der Ramsauer dann Motorsportgeschichte: Er triumphierte in Neuseeland – bis 2007 der einzige WM-Lauf, den ein Österreicher gewinnen konnte. Auch Gerhard Kalnay trug sich in die Siegerliste ein: 1982 gewann er auf Opel Ascona 400 den Rallye-Staatsmeistertitel. Ein Kunststück, das ihm in späterer Folge noch zwei andere St. Pöltner nachmachten – Christoph Dirtl und Kris Rosenberger. Jörg T. Selan ließ schon 1970 aufhorchen: Den Slalom-Staatsmeistertitel gewann er noch als Mitglied des Rallye Renn Team (RRC) Krems, die Titelvertei- S E IT E N B L I C K Allrounder Rudi Frömel Seit 1958 fährt Rudolf Frömel alles, was sich auf zwei oder vier Rädern bewegt und einen Motor hat. Begonnen hatte er mit Wertungsfahrten auf einer 350 AJS, 1960 wechselte er zu Motocross, „weil es dort Geld für mein Hobby gab“. Startete in der 500er-Klasse bei neun WMLäufen in Sittendorf, wechselte 1973 zu den Slalombewerben und fuhr 1975 gleichzeitig Rallyecross und Autocross. Schon ein Jahr später war er Autocross-Staatsmeister auf BMW und 1977 auf Porsche Carerra OSK-Pokalsieger. 237 234-239_Motorsport 21.09.2007 13:37 Uhr Seite 238 S P O RTA RT E N | M OTO RS P O RT Fühlte sich am LERU-Ring in Melk wie zuhause: Rudolf Frömel. S E IT E N B L I C K Sport & Business-Erfolge Mit Siegen bei Bosch Rallye, Saturnus Rallye, Castrol Krappfeld Rallye und OMV Rallye holte sich Kris Rosenberger (Jg. 1969) 1997 den bisher einzigen Staatsmeistertitel. Nach dem Tod seines Vaters Heinz übernahm er 1999 die Rosenberger Restaurant GmbH. 2007 startet er für das VW-Team Golf IV KitCar bei der Österreichischen Staatsmeisterschaft in der Gruppe A. SAMMLUNG FRÖMEL Spektakuläre Sprünge sieht man beim Seitenwagen-Motocross. digung gelang ihm schon beim St. Pöltner Klub. Ein Jahr später wurde er ÖSKPokalsieger. Aus der St. Pöltner Motorsportszene ist auch Franz Hromas nicht wegzudenken. Der Polizist fuhr von 1973 bis 1975 Autoslaloms, stieg mit einem NSU TT eher glücklos in das Rallyecross-Lager ein. Ein Umstieg auf einen Gruppe-1-BMW 1600 brachte ihm 1977 einen Klassensieg bei der EM auf dem Rundkurs in Melk. Noch 1987 „wedelte“ Hromas auf einem BMW bei Slaloms in Österreich und Ungarn. 1973 stieg Andy Bentza in die Rallyecross-Szene ein. Begonnen hatte alles am LERU-Ring in Melk, wo der heute 55-jährige Unternehmer aus St. Pölten von Anfang an zu den Siegfahrern zählte. 1978 katapultierte er sich mit einem Lancia Stratos an die europäische Spitze und holte sich den EM-Titel. Niederösterreichische Freunde wie Herbert Grünsteidl und Franz Wurz zählten zu den Geschlagenen. 1988 beendete er seine aktive Laufbahn. 238 SAMMLUNG WANGER Schnell auf zwei Rädern Nach der Reihe schießen in den 70er-Jahren auch neue Motorradclubs aus dem Boden. Franz Riesenhuber etwa ist jetzt schon 32 Jahre Obmann des ÖMRC St. Pölten. Erfolgreich: 1978 konnte sich Anton Wanger mit „Schmiermax“ Georg Haumer über einen Staatsmeistertitel bei den Seitenwagen freuen, 2004 gewann Phil Karner die Kids-WM in Deutschland. „Didi“ Prohaska wiederum sammelte 1981 die Jugend um sich und bot Christian Stampfer, Karl Schagerl, Ernst Nowak, Eduard Haumer, Ernst Weilguni und Robert Müller ein kameradschaftlich perfektes Umfeld. Aber kaum Sponsoren. Trotzdem war man (fast) überall dabei. Sauteuer, aber ein unbeschreibliches Erlebnis waren die Starts für die LangstreckenWM 1987 in Spa, Monza, im Circuit Paul Richard und am Österreichring. „Wir waren eine eingeschworene Gruppe“, erinnert sich Stampfer. „Wir“ – das waren Stampfer, Nowak, Weilguni und auch Müller. Das gilt auch 2007 noch! S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N 234-239_Motorsport 21.09.2007 13:37 Uhr Seite 239 S P O RTA RT E N | M OTO RS P O RT S E IT E N B L I C K NÖN Christoph Dirtl Das Multitalent Nachdem Christoph Dirtl auf Fiat Ritmo 1984 auf Anhieb Vize-Staatsmeister im Rallye-Cross wurde, gewann er in Belgien im gleichen Jahr den europaweiten Ford-Talentewettbewerb, der ihm auf einem Escort XR3i den Einstieg in die Rallye-Szene ermöglichte. Seinen ersten Sieg feierte Dirtl 1987 beim ARBÖ-Rallye-Cup auf Renault 5 GT Turbo. Auf Lancia holte er sich 1989 und 1990 den Gruppe-N-Sieg. Ein Jahr später konnte sich das sportliche Allroundtalent über seinen ersten Meistertitel freuen. Nach einem schweren Unfall 1992 war die Motorsportkarriere jäh zu Ende. Einmal kam Dirtl trotzdem noch zurück auf die Rennstrecke: beim 24Stunden-Rennen am Nürburgring. Dort gewann er 2000 gemeinsam mit Hans Geist die Alternativklasse. Und ins Buch der Rekorde schaffte er es auch: Dirtl fuhr Ex-Radprofi Gerhard Schöndorfer zum Weltrekord mit Skiern auf dem Auto – das Duo flog mit 233 km/h um den Österreichring (siehe Bild oben). Schwanenstadt war einer der Lieblingskurse von Robert Müller. Im Bild ist der Harlander mit einer 374 Harris Yamaha unterwegs. G. PAUMANN Bei Bergrennen meistens schneller als auf der Rundstrecke: Christian Stampfer. S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N F. KIESENHOFER 239