Einfluss von konjugierten Linolsäuren (CLAs)

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Einfluss von konjugierten Linolsäuren (CLAs)
wissenschaft & forschung | Begutachtetes Original
Eingereicht: 3. 11. 2008
Akzeptiert: 8. 12. 2008
Konjugierte Linolsäuren (CLAs) sind biologisch hochaktive Substanzen, die im
Tiermodell die Entwicklung der Atherosklerose – eine degenerative Erkrankung
der Arterienwand – hemmen. Die zugrunde liegenden Wirkmechanismen sind
allerdings nur unzureichend bekannt. In diesem Beitrag werden potenzielle antiatherogene Wirkmechanismen von CLAs vorgestellt, die aus In-vitro-Studien zur
Wirkung von CLAs auf funktionelle Parameter in kultivierten Zellen der Arterienwand bekannt sind.
Einfluss von konjugierten Linolsäuren (CLAs)
auf die Funktion von Blutgefäßzellen
Konjugierte Linolsäuren sind positionelle
und geometrische Isomere der essenziellen
Fettsäure Linolsäure (cis-9,cis-12-Octadecadiensäure) (쏆 Abbildung 1). Im Unterschied zur Linolsäure liegen die Doppelbindungen allerdings nicht in isolierter,
sondern in konjugierter Form vor.
CLAs werden überwiegend über den Verzehr von Wiederkäuerprodukten (Fleisch,
Milch) aufgenommen [1], da sie im Pansen
des Wiederkäuers durch mikrobielle Biohydrogenierung aus Linolsäure und im Gewebe durch Δ9-Desaturierung aus der im
Pansen gebildeten trans-Vaccensäure (trans11-Octadecensäure; trans-11-18:1), einem
Isomer der Ölsäure (cis-9-Octadecensäure),
in größeren Mengen entstehen [2]. Da die
Δ9-Desaturierung von Fettsäuren auch im
Gewebe des Monogasters stattfindet, kommt
es auch beim Menschen bei hoher Zufuhr
an trans-Vaccensäure zu einer signifikanten
Erhöhung der CLA-Konzentration in Zellen
und Geweben [3]. Für die CLA-Aufnahme
beim Menschen spielen auch synthetische,
als Schlankmacher oder Muskelaufbaumittel angepriesene CLA-Präparate eine Rolle.
Im Gegensatz zu natürlichen CLA-Quellen,
deren CLA-Anteil überwiegend aus cis-9,
trans-11-CLA (cis-9,trans-11-Octadecadiensäure) (90 %) und einem Minoranteil weiterer Isomere besteht, sind in den meisten
CLA-Präparaten mit jeweils etwa 45 % des
CLA-Anteils gleich hohe Anteile an cis9,trans-11-CLA und trans-10,cis-12-CLA
(trans-10,cis-12-Octadecadiensäure) und
zahlreiche weitere Isomere in geringen
Konzentrationen enthalten.
PD Dr. Robert
Ringseis1
E-Mail: robert.
ringseis@landw.
uni-halle.de
1
Institut für Agrar-
und Ernährungswissenschaften
Martin-LutherUniversität HalleWittenberg
Von-DanckelmannPlatz 2
06120 Halle (Saale)
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Die Wirkung von CLAs auf
atherosklerotische Prozesse
CLAs haben großes ernährungsmedizinisches Interesse erlangt, da sie zumindest im
Tierexperiment eine Vielzahl an günstigen
biologischen Eigenschaften zeigen, wie beispielsweise antikarzinogene, antidiabetogene, immunmodulierende, antiadipöse,
antiatherogene und antithrombotische Wirkungen [4]. Obwohl für einige der beobachteten Eigenschaften von CLAs bereits
Mechanismen auf molekularer Ebene aufgeklärt werden konnten, sind die Wirkmechanismen anderer Eigenschaften der CLAs
nur sehr unzureichend verstanden. Insbesondere ist die molekulare Grundlage für
die antiatherogenen Effekte der CLAs weitestgehend unbekannt. Deren Aufklärung
ist allerdings von großem Interesse, da die
Atherosklerose und ihre wichtigste Manifestation, die koronare Herzkrankheit
(KHK), die häufigste Todesursache in westlichen Industrienationen darstellen und
damit Strategien zur Prävention der Atherosklerose erforderlich sind.
Studien der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass CLAs als Liganden von Peroxisomenproliferator-aktivierten Rezeptoren
(PPARs) wirken. PPARs sind Transkriptionsfaktoren, die durch Bindung eines Liganden aktiviert werden und im aktivierten
Zustand an definierte DNS-Sequenzen, sog.
Peroxisomenproliferatorresponse elements
(PPREs), im regulatorischen Bereich von
Genen binden. Da sich derartige DNS-Sequenzen vor allem im regulatorischen Be-
Prof. Dr. Klaus Eder1
O
OH
Linolsäure
(cis-9,cis-12-Octadecadiensäure; C18:2c9c12)
OH
cis-9,trans-11-CLA
(cis-9,trans-11-Octadecadiensäure; C18:2c9t11)
OH
trans-10,cis-12-CLA
(trans-10,cis-12-Octadecadiensäure; C18:2t10c12)
O
O
Abb. 1: Strukturen von Linolsäure und konjugierten Linolsäure (CLA)-Isomeren
reich von Genen des Lipid-, Lipoprotein-, Glukose- und Energiestoffwechsels finden, werden diese Stoffwechselwege durch Liganden der PPARs in
besonderem Maße aktiviert. Allerdings können PPARs auch die Genexpression hemmen, indem sie die Bindung bestimmter Transkriptionsfaktoren wie beispielsweise des NF-κB an
die DNS verhindern. Da der NF-κB
vor allem Gene der Entzündungsantwort steuert, üben PPAR-Liganden
über dessen Inhibierung entzündungshemmende Wirkungen aus
(쏆 Abbildung 2).
Aus Studien mit kultivierten Zellen
der Arterienwand wie Endothelzellen,
Gefäßmuskelzellen und Monozyten/
Makrophagen, die maßgeblich in den
Atheroskleroseprozess involviert sind,
ist bekannt, dass synthetische PPAR-Liganden auf zellulärer Ebene eine Vielzahl an atherosklerosefördernden
Prozessen über die Aktivierung von
PPARs hemmen [5]. Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, dass
CLAs als natürlich in der Nahrung
vorkommende PPAR-Liganden ihre
antiatherogenen Effekte zumindest
teilweise über eine PPAR-vermittelte
Hemmung derartiger Prozesse in Zellen der Arterienwand vermitteln. Im
vorliegenden Übersichtsbeitrag werden deshalb Studien zur Modulation
PPAR-regulierter Prozesse durch
CLAs in kultivierten Zellen der Arterienwand vorgestellt. Zu derartigen
Prozessen zählen unter anderem:
■ Leukozyten-EndothelzellInteraktionen
■ endotheliale Freisetzung gefäßaktiver Substanzen
■ Freisetzung von Entzündungsmediatoren aus Gefäßmuskelzellen
■ Kollagenbildung durch Gefäßmuskelzellen
■ Freisetzung von Entzündungsmediatoren aus Makrophagen
■ Cholesterinakkumulierung in
Makrophagen-Schaumzellen
■ enzymatischer Abbau von extrazellulären Matrixproteinen durch
Makrophagen
Einfluss von CLAs auf
die Endothelzellfunktion
Endothelzellen kleiden als einschichtiger Zellverband die Gefäßinnenseite
aus und bilden so eine Barriere zwischen Blutstrom und Gefäßwand, die
als Endothel bezeichnet wird. Zusammen mit dem darunter liegenden
Subendothelialraum, der aus Bindegewebe und eingelagerten netzförmigen elastischen Fasern besteht, bildet
das Endothel die Intima – die innerste
Wandschicht der Blutgefäße. Neben
der Gefäßauskleidung dient das Endothel auch der Regulation wichtiger
Funktionen wie Entzündung, Blutdruck, Blutstillung, Bildung neuer
Blutgefäße und Gefäßpermeabilität.
Entsprechend hat eine Störung der
Endothelfunktion, die sogenannte
Endotheldysfunktion, wie sie durch
Risikofaktoren der KHK ausgelöst
wird, gravierende Auswirkungen auf
die Gefäßwand: Es kommt zur Entstehung der Atherosklerose. Ausschlaggebend hierfür ist die im Rahmen der
Endotheldysfunktion zu beobachtende „Aktivierung“ der Endothelzellen. Aktivierte Endothelzellen expri-
mieren verstärkt Adhäsionsmoleküle
auf ihrer Zelloberfläche und setzen
chemotaktisch wirksame Stoffe (Chemokine) frei. Dadurch werden zirkulierende Leukozyten an das aktivierte
Endothel „angelockt“ und gebunden.
Die Leukozyten wandern nachfolgend
durch die Endothelbarriere in den
Subendothelialraum ein. Immigrierte
Monozyten bzw. Makrophagen, die so
verstärkt in den Subendothelialraum
gelangen, beginnen dort lipidreiche
Lipoproteine zu phagozytieren, was
zu einer Akkumulierung von Lipiden
in der Gefäßwand führt.
Der Leukozyteneinstrom in den Subendothelialraum wird auch dadurch
begünstigt, dass die aktivierten Endothelzellen, ausgehend von den die
äußeren Gefäßwandbereiche versorgenden Vasa vasorum, neue Gefäße
bilden. Diese wachsen in die Intima
ein und sorgen so für eine Gefäßneubildung in den atherosklerotischen
Gefäßabschnitten. Die Endothelzellen
der neuen Gefäße exprimieren ebenfalls Adhäsionsmoleküle, so dass sich
hierdurch ein zusätzlicher Weg des
Einstroms an Immunzellen in das Entzündungsgebiet ergibt und die Plaqueentwicklung beschleunigt.
Einfluss auf LeukozytenEndothelzell-Interaktionen
Aus Studien mit synthetischen PPARαund PPARγ-Agonisten ist bekannt,
dass diese über eine Hemmung des
NF-κB-Systems die endotheliale Freisetzung von Chemokinen und die Expression von Adhäsionsmolekülen
sowie die Leukozytenadhäsion ver-
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diese CLA-Isomere ursächlich ist für
deren fehlenden Einfluss auf die Leukozyten-Endothelzell-Adhäsion. Die
vorliegenden Studien an Aorta-Endothelzellen lassen daher den Schluss
zu, dass die in vivo beobachtete antiatherogene Wirkung von CLA-Isomeren oder CLA-Mischungen vermutlich
nicht über eine Reduzierung der Monozytenadhäsion am Gefäßendothel
erklärt werden kann. Die Beobachtung aus einer Humanstudie, dass
Supplementierung mit zwei unterschiedlichen CLA-Gemischen (50:50und 80:20-Mischung aus cis-9,trans-11CLA und trans-10,cis-12 CLA) keine
Veränderung der Serumkonzentration an zirkulierenden Adhäsionsmolekülen, die sehr gut mit der endothelialen Zelloberflächenexpression
korreliert, zur Folge hat [7], unterstützt diese Vermutung.
Im Unterschied zu Aorta-Endothelzellen hemmen cis-9,trans-11-CLA
und trans-10,cis-12-CLA allerdings die
Monozytenadhäsion an humanen Nabelschnurendothelzellen [8]. Dies
mindern [5]. Dieser Effekt erklärt sich
dadurch, dass der NF-κB als zentraler
Regulator der Expression von Adhäsionsmolekülen und Chemokinen fungiert. Eigenen Untersuchungen zufolge sind cis-9,trans-11-CLA und
trans-10,cis-12-CLA in der Lage den
PPARγ in Aorta-Endothelzellen zu aktivieren [6], was ebenfalls auf ihr Potenzial hindeutet, die Leukozyten-Endothelzell-Adhäsion zu hemmen.
Überraschenderweise üben diese
CLA-Isomere allerdings keinen hemmenden Einfluss auf die Expression
von Adhäsionsmolekülen, die Sekretion von Chemokinen und die Monozytenadhäsion in humanen Aorta-Endothelzellen aus [6]. Ebenso beeinflussen diese CLA-Isomere nicht das
NF-κB-System in Aorta-Endothelzellen
[6]. Da die Aktivierung des PPARγ
durch cis-9,trans-11-CLA und trans10,cis-12-CLA in Aorta-Endothelzellen
im Vergleich zu anderen Zellen weitaus geringer ist, kann vermutet werden, dass die lediglich moderate Aktivierung des PPARγ-Signalweges durch
Stimulierende Wirkung von PPARs auf die Genexpression
PPARLigand
Proteine …
Zytosol
•
•
•
•
Zellkern
PPRE
Zelle
der Fettsäurenaufnahme
des Fettsäurentransports
der Fettsäureoxidation
der Glukoseaufnahme
Hemmende Wirkung von PPARs auf die Genexpression
Entzündungsreize
PPARLigand
NF- B
NF- B
A/B
C
Proteine der
Entzündungsantwort
N
NF- B-RE
= NF- B response element
Abb. 2: PPARs üben sowohl stimulierende als auch hemmende Wirkungen auf die Genexpression
aus. Stimulierende Wirkungen auf die Genexpression werden über die Bindung des aktivierten
PPAR-Komplexes an sog. Peroxisomenproliferator response elements (PPREs) im regulatorischen
Bereich von Genen des Lipid-, Lipoprotein-, Glukose- und Energiestoffwechsels vermittelt. Hemmende Wirkungen der PPARs auf die Genexpression werden über die Blockierung der Bindung
verschiedener Transkriptionsfaktoren wie beispielsweise des NF-κB an die DNS vermittelt. Da
Bindungssequenzen des NF-κB, sog. NF-κB response elements, vor allem im regulatorischen
Bereich von Genen der Entzündungsantwort vorhanden sind, wird die Expression dieser Gene
durch PPARs unterdrückt, in deren Folge Entzündungsprozesse gehemmt werden.
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deutet darauf hin, dass der Effekt dieser CLA-Isomeren auch von der Gefäßprovinz, aus dem die Endothelzellen isoliert wurden, abhängen kann.
Ob diese Beobachtung an Nabelschnurendothelzellen allerdings die
Hemmung der Atheroskleroseentwicklung im Tierexperiment erklären
kann, muss in zukünftigen Studien geprüft werden.
Einfluss auf die endotheliale Freisetzung gefäßaktiver Substanzen
Unabhängig von direkten Einflüssen
auf die Leukozyten-EndothelzellInteraktion könnten CLAs über eine
Beeinflussung der Bildung von Gefäßtonus und Blutdruck regulierenden vasoaktiven Substanzen gefäßprotektiv wirken. Studien verschiedener Arbeitsgruppen zeigen, dass
CLA-Isomere, u. a. cis-9,trans-11-CLA,
trans-10,cis-12-CLA, trans-9,trans-11CLA und cis-9,cis-11-CLA, bzw. CLAIsomerengemische die Freisetzung vasoaktiver, d. h. gefäßerweiternd oder
gefäßverengend wirkender Substanzen wie Eicosanoide, Stickstoffmonoxid und Endothelin-1 (ET-1) aus Endothelzellen modulieren können [9,
10, 11]. Dies ist bedeutsam, da im
Rahmen der Endotheldysfunktion
eine abnorme Verengung der Blutgefäße beobachtet werden kann, die auf
ein Ungleichgewicht in der Bildung
vasoaktiver Substanzen, insbesondere
auf ein Überwiegen von ET-1 zurückgeführt wird.
Die pathogenetische Bedeutung erhöhter ET-1-Spiegel für die Atheroskleroseentstehung ist unter anderem
dadurch ersichtlich, dass bei Personen mit einem erhöhten Atheroskleroserisiko der ET-1-Plasmaspiegel mit
der Intima-Media-Dicke der Karotis
korreliert. Entsprechend ist die Beobachtung, dass ein Gemisch aus cis9,trans-11-CLA und trans-10,cis-12CLA (50:50) die Freisetzung des potenten Vasokonstriktors ET-1 aus
Aorta-Endothelzellen hemmt [11], im
Sinne einer Aufrechterhaltung des
vaskulären Gleichgewichtes und
damit im Hinblick auf die Atheroskleroseprävention als günstig zu betrachten.
Einfluss von CLAs auf die
Gefäßmuskelzellfunktion
Während Endothelzellen insbesondere in der Entstehungsphase der
Atherosklerose in deren Pathogenese
involviert sind, spielen Gefäßmuskelzellen vor allem beim Fortschreiten
der Atherosklerose sowie bei der Restenose nach Angioplastie eine Rolle.
Im gesunden Blutgefäß befinden sich
die Gefäßmuskelzellen fast ausschließlich in der Media, welche die
unter der Intima befindliche Schicht
der Blutgefäßwand darstellt. Dort sind
sie ringförmig angeordnet und untereinander durch direkte Zellkontakte und Bindegewebsfasern verbunden. Dadurch sind sie in der Lage,
durch Kontraktion bzw. Relaxation
Gefäßspannung und damit Blutdruck
und Durchblutung zu regulieren.
Als Folge einer Gefäßschädigung werden die normalerweise ruhenden Gefäßmuskelzellen ähnlich wie die Endothelzellen aktiviert und beginnen
schließlich aus der Media in die Intima einzuwandern und dort zu proliferieren. Die Aktivierung der Gefäßmuskelzellen ist mit einem Wandel
ihres Phänotyps, vom kontraktilen
zum synthetischen Typ, verbunden.
Letzterer Phänotyp zeichnet sich zum
einen durch eine massive Synthese
und Sekretion von Entzündungsmediatoren wie Zytokinen und gefäßaktiven Stoffen aus der Gruppe der Eicosanoide aus. Dadurch sind Gefäßmuskelzellen neben Endothelzellen
und immunkompetenten Zellen
ebenfalls entscheidend an dem für
die Atherosklerose charakteristischen
lokalen Entzündungsprozess in der
Gefäßwand beteiligt. Zum anderen
produziert der synthetische Phänotyp
in hohem Umfang extrazelluläre Matrixproteine, insbesondere Kollagen,
deren extrazelluläre Ablagerung entscheidend zur Intimaverdickung und
damit zum atherosklerotischen Plaquewachstum beiträgt. Da aktivierte
Gefäßmuskelzellen die Hauptproduzenten für Kollagen in der Gefäßwand darstellen, wird die Kollagenbildung durch diese Zellen als kritische Stufe der Atherogenese angesehen.
Einfluss auf die Freisetzung
von Entzündungsmediatoren
aus Gefäßmuskelzellen
Studien zum Einfluss von CLA-Isomeren auf die Bildung und Freisetzung
von Entzündungsmediatoren wie Prostanoiden in Gefäßmuskelzellen zeigen sehr eindrucksvoll, dass cis-9,
trans-11-CLA und trans-10, cis-12-CLA
zu deren Hemmung in der Lage sind
[12, 13].
Als Mechanismus für die Absenkung
der Prostanoidfreisetzung durch
CLA-Isomere aus ruhenden Gefäßmuskelzellen ist vorwiegend eine Reduzierung des zellulären Pools an
Arachidonsäure (AA) – die quantitativ bedeutendste Vorstufe der Prostanoidsynthese – sowie eine verminderte Verfügbarkeit freier AA in Betracht zu ziehen [12, 13]. Die
Reduzierung der AA-Verfügbarkeit
dürfte vor allem Folge einer Hemmung der Desaturierung von Linolsäure zu AA, einer verminderten
Membraninkorporierung von AA und
einer reduzierten enzymatischen AAFreisetzung sein [10, 14, 15].
CLA-Isomere wie cis-9,trans-11-CLA
und trans-10,cis-12-CLA wirken aber
auch als Inhibitoren von Cyclooxygenase (COX)-Enzymen, die die geschwindigkeitsbestimmenden
Enzyme der Prostanoidsynthese darstellen [16]. Dies dürfte die Prostanoidsynthese in Gefäßmuskelzellen
zusätzlich vermindern. Ob eine Hemmung der COX-Enzymaktivität durch
die CLA-Isomere selbst oder deren
Metabolite vermittelt wird, ist allerdings unklar. In vitro-Studien zeigen,
dass Desaturationsprodukte von cis9,trans-11-CLA und trans-10,cis-12CLA ebenfalls Inhibitoren von COXEnzymen sind [16]. Allerdings zeigen
Studien zur Metabolisierung von
CLA-Isomeren (cis-9,trans-11-CLA,
trans-10,cis-12-CLA, trans-9,trans-11CLA) in Gefäßmuskelzellen, dass in
CLA-behandelten Gefäßmuskelzellen
zwar Elongationsprodukte, aber keine Desaturationsprodukte der CLAIsomere nachzuweisen sind [17, 18],
was unterschiedlich zu Befunden in
Leberzellen ist. Diese Diskrepanz zwischen Gefäßmuskelzellen und Leber-
zellen erklärt sich vermutlich aus der
Tatsache, dass Gefäßmuskelzellen,
ähnlich wie Endothelzellen, im Vergleich zu Leberzellen eine äußerst geringe Kapazität zur enzymatischen
Desaturation von Fettsäuren besitzen
[19]. Dagegen weisen Blutgefäßzellen
eine hohe enzymatische Kapazität zur
Elongation mehrfach ungesättigter
Fettsäuren auf [20], was im Falle des
Nachweises CLA-Isomer-spezifischer
Elongationsprodukte in Gefäßwandzellen bestätigt werden konnte [17,
18]. Ob derartige Elongationsprodukte der CLA-Isomeren als COX-Inhibitoren wirken können, müssen zukünftige Studien zeigen.
Für die Absenkung der Prostanoidfreisetzung durch cis-9,trans-11-CLA
und trans-10,cis-12-CLA in aktivierten
Gefäßmuskelzellen dürfte primär die
Hemmung der Expression von induzierbaren Genen verantwortlich sein,
die unter aktivierten Bedingungen
(z. B. Entzündung) in die Prostanoidsynthese involviert sind [12]. Studien an Gefäßmuskelzellen zeigen,
dass für diese Wirkung von cis-9,trans11-CLA und trans-10,cis-12-CLA eine
PPARγ-vermittelte Hemmung des NFκB-Systems ursächlich ist, welches
neben der Leukozytenadhäsion auch
die Prostanoidsynthese reguliert [12].
Der gleiche Wirkmechanismus ist
auch für synthetische PPARγ-Liganden in Gefäßmuskelzellen bekannt.
Einfluss auf die Kollagenbildung
durch Gefäßmuskelzellen
Bezüglich eines Einflusses von CLAIsomeren auf die Kollagenbildung in
Gefäßmuskelzellen konnte gezeigt
werden, dass diese ebenso wie die Prostanoidfreisetzung sowohl durch cis9,trans-11-CLA als auch trans-10,cis12-CLA gehemmt wird [20]. Ferner
konnte nachgewiesen werden, dass
auch dieser Effekt über einen PPARγabhängigen Weg vermittelt wird. Aus
Studien mit synthetischen PPARγAgonisten ist bekannt, dass diese die
Kollagenbildung inhibieren, indem
sie in die Kollagenbiosynthese involvierte Signalwege hemmen [21]. Da
eine Inhibierung des NF-κB ebenfalls
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mit einer Hemmung dieser Signalwege und der zellulären Kollagenbiosynthese einhergeht [22], ist diese
als wahrscheinliche Ursache für diesen CLA-Effekt anzunehmen. Allerdings muss als potenzieller Wirkmechanismus für die Hemmung der Kollagenbiosynthese auch die oben
beschriebene Inhibierung des AAMetabolismus in Betracht gezogen
werden. Es ist nämlich bekannt, dass
von der AA abgeleitete Eicosanoide
die Kollagenbildung im Rahmen pathologisch-fibrotischer Prozesse fördern [23].
Einfluss von CLAs auf die
Monozyten-/Makrophagenfunktion
Neben Endothelzellen und Gefäßmuskelzellen sind Monozyten, die in
den Subendothelialraum der Gefäßwand einwandern und dort zu Makrophagen differenzieren, in bedeutender Weise an der Entwicklung
atherosklerotischer Plaques beteiligt.
Zum einen sezernieren Makrophagen während der Differenzierung
eine Vielzahl chemotaktischer Substanzen und Wachstumsfaktoren, was
die Einwanderung weiterer Leukozyten in die Gefäßwand sowie Migration
und Proliferation der Gefäßmuskelzellen fördert.
Zum anderen nehmen phagozytisch
aktive Makrophagen, die eine hohe
Expressionsdichte von Scavengerrezeptoren aufweisen, chemisch modifizierte LDL auf und lagern die enthaltenen Lipide, allen voran Cholesterin, im Zytoplasma in Vakuolen ab.
Bei übermäßiger intrazellulärer Akkumulierung des Cholesterins nimmt
das Zytoplasma der Makrophagen ein
schaumiges Aussehen an, weshalb
derartige Makrophagen als Schaumzellen bezeichnet werden. Die Umwandlung der phagozytierenden Makrophagen in Schaumzellen wird als
kritische Stufe in der Atheroskleroseentstehung angesehen, da die Konzentrierung von Schaumzellen in der
Gefäßwand zu den ersten sichtbaren
atherosklerotischen Gefäßveränderungen, den so genannten Fettstreifen, führt.
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Einfluss auf die Freisetzung
von Entzündungsmediatoren
aus Makrophagen
Zahlreiche Untersuchungen an kultivierten Makrophagen belegen, dass
verschiedene CLA-Isomere die Expression von inflammatorischen
Genen hemmen und in deren Folge
die Freisetzung inflammatorischer
Mediatoren unterdrücken [15, 24].
Diese antiinflammatorische Wirkung
der CLAs in Makrophagen wird,
ebenso wie in Gefäßmuskelzellen
[12], über eine PPARγ-abhängige
Hemmung des Transkriptionsfaktors
NF-κB vermittelt [24]. In Anbetracht
der Tatsache, dass die Atherosklerose
durch einen fortschreitenden Entzündungsprozess in der Gefäßwand
gekennzeichnet ist, stellt die beobachtete Hemmung inflammatorischer Gene eine im Hinblick auf die
Atheroskleroseprävention günstige
Wirkung dar.
Einfluss auf die Cholesterinakkumulierung in MakrophagenSchaumzellen
Neben Entzündungsprozessen beeinflussen die CLA-Isomere cis-9,trans11-CLA und trans-10,cis-12-CLA auch
die Cholesterinakkumulierung in Makrophagen-Schaumzellen [25]. Als
ursächlich für diese im Hinblick auf
die Atheroskleroseprävention günstige Wirkung der CLAs ist vermutlich
ein durch CLAs erhöhter Cholesterinausstrom aus der MakrophagenSchaumzelle auf extrazelluläre Cholesterinakzeptoren wie das high-density
lipoprotein (HDL) oder dessen Apoproteine anzuführen.
Der sowohl durch cis-9,trans-11-CLA
als auch trans-10,cis-12-CLA erhöhte
Cholesterinausstrom aus der Makrophagen-Schaumzelle dürfte wiederum mit einer gesteigerten Expression des Cholesterintransporters ATPbinding cassette transporter A1 (ABCA1)
zusammenhängen [25]. Dieser Transporter nimmt eine Schlüsselrolle im
Cholesterintransport vom Makrophagen auf HDL-Vorstufen und damit im
Cholesterinabtransport aus der Körperperipherie zur Leber (sog. rever-
ser Cholesterintransport) ein. Patienten mit genetischem Defekt im
ABCA1-Gen (Tangier Erkrankung)
weisen daher einen stark beeinträchtigten reversen Cholesterintransport
auf und fallen laborklinisch durch ein
fast vollständiges Fehlen von HDLPartikeln im Blutplasma auf [26].
Daneben wird der Cholesterinausstrom aus Makrophagen durch CLAIsomere vermutlich auch über die
Hochregulierung eines weiteren für
den Cholesterinexport verantwortlichen Proteins, dem ABCG1, vermittelt [27]. Außerdem dürfte die durch
cis-9,trans-11-CLA und trans-10,cis-12CLA gesteigerte Expression der lysosomalen Transportproteine Niemann-Pick-C (NPC)-1 und -2 zu dem
erhöhten Cholesterinausstrom aus
der Makrophagen-Schaumzelle beitragen, da diese beiden Proteine den
intrazellulären Transport von Cholesterin, das aus den Fettvakuolen auf
enzymatischem Wege freigesetzt wird,
zur Plasmamembran vermitteln. Dadurch wird mehr Cholesterin für den
in der Plasmamembran exprimierten
ABCA1 bereitgestellt. Interessanterweise erhöhen CLAs auch gleichzeitig die Expression des Scavengerrezeptors CD36 in MakrophagenSchaumzellen [25, 28]. Obgleich dieser Effekt als ungünstig erachtet werden muss, da CD36 die Schaumzellbildung fördert, hat dies keinen
negativen Einfluss auf die intrazelluläre Akkumulierung von Cholesterin
[25, 28]. Dies lässt sich vermutlich
damit begründen, dass der stimulierende Effekt der CLA-Isomeren auf
die Expression des ABCA1-Cholesterinexporters offensichtlich stärker ist
als derjenige auf die Expression des
CD36-Scavengerrezeptors.
Da zahlreiche Studien belegen, dass
synthetische Agonisten von PPARα
und PPARγ weitestgehend ähnliche
Effekte in Makrophagen-Schaumzellen ausüben wie CLAs, und dass
PPARs durch CLAs in Makrophagen
aktiviert werden [24], ist zu vermuten, dass CLA-Isomere ihre günstigen
Wirkungen auf die Cholesterinhomöostase in diesen Zellen über die
Aktivierung dieser Transkriptionsfaktoren ausüben.
Einfluss auf den enzymatischen Abbau
von extrazellulären Matrixproteinen
durch Makrophagen
Im Gegensatz zu diesen potenten Effekten
von CLA-Isomeren auf die Cholesterinhomöostase in Makrophagen-Schaumzellen,
zeigen weder cis-9,trans-11-CLA noch
trans-10,cis-12-CLA eine Wirkung auf die
Expression und Aktivität von Matrixmetalloproteinasen (MMPs) in humanen THP1-Makrophagen [29]. Auch die Expression
von zelleigenen Hemmstoffen der MMPs,
sog. tissue inhibitors of metalloproteinases
(TIMP), die entscheidend für die Regulation der MMP-Aktivität in Makrophagen
sind, wird durch Behandlung mit diesen
CLA-Isomeren nicht beeinflusst [29].
MMPs sind proteolytische Enzyme, die zu
einem Abbau extrazellulärer Matrixproteine führen und damit den vaskulären
und inflammatorischen Zellen eine Invasion und Gewebsdurchquerung erlauben.
Innerhalb der atherosklerotischen Plaque
gilt die MMP-Freisetzung als zentraler
Schritt, der zur Ausdünnung der schützenden fibrösen Kappe der Plaque beiträgt
und somit die Plaqueruptur fördert. Die
vollständige Plaqueruptur oder die Ablösung einzelner Plaqueteile kann zur Embolisierung von Gefäßen oder über die Aktivierung des Gerinnungssystems zur
Thrombosierung mit nachfolgendem Verschluss des Gefäßes führen. Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass Behandlung von Makrophagen mit pharmakologischen PPARγ-Agonisten die Freisetzung
und Aktivität von MMP-9 hemmt [29, 30].
Da PPARγ vor allem im Schulterbereich
atherosklerotischer Plaques durch Monozyten und Makrophagen exprimiert wird,
einer Lokalisation, an der die Plaque häufig rupturiert, gelten PPARγ-Agonisten
auch als vielversprechende Substanzen zur
Stabilisierung atherosklerotischer Plaques.
Molekulare Grundlage für diesen Effekt
der PPARγ-Agonisten ist eine PPARγ-abhängige Hemmung des NF-κB-Signalweges, wodurch die Expression verschiedener
inflammatorischer Gene einschließlich
MMP-9 vermindert wird [30]. In Studien
an THP-1-Makrophagen bewirkten cis9,trans-11-CLA und trans-10,cis-12-CLA, im
Gegensatz zu synthetischen PPARγ-Agonisten, weder eine Aktivierung des PPARγ
noch eine Hemmung des NF-κB, sodass
dies als wesentliche Ursache für den feh-
Glossar
Adhäsionsmoleküle = Proteine auf der Oberfläche von Zellen, die die Bindung einer Zelle an eine andere Zelle oder an die extrazelluläre Matrix vermitteln
Angioplastie = Verfahren zur Erweiterung oder Wiederöffnung von verengten oder verschlossenen Blutgefäßen (meistens Arterien, selten Venen)
Apoproteine = derjenige Teil eines Proteins, welcher nur aus Aminosäuren
besteht; Apoproteine sind wichtige strukturgebende und funktionelle (Rezeptorligand, Enzymaktivator) Bestandteile von Lipoproteinen
Atherosklerose = Systemerkrankung der Schlagadern (Arterien), die zu
Ablagerungen von Blutfetten, Thromben, Bindegewebe und in geringeren
Mengen auch Kalk in den Gefäßwänden führt (degenerative Erkrankung der
Arterienwand)
Atherosklerotische Plaque = im Rahmen der Atherosklerose entstehende,
herdförmige Veränderung der Gefäßwand
Biohydrogenierung = enzymatische Umwandlung von ungesättigten Fettsäuren in gesättigte (Hydrierung) durch Bakterien im Pansen von Wiederkäuern (Kühe, Schafe)
Chemokine = Gruppe von Signalproteinen, die bei Zellen eine Wanderungsbewegung (Chemotaxis) auslösen
Desaturation = Einführen von Doppelbindungen in Fettsäuren
Elongation = Verlängerung der Kohlenstoffkette von Fettsäuren
Embolisierung = teilweises oder vollständiges Verschließen eines Blutgefäßes durch mit dem Blut eingeschwemmtes Material
Fibrose = krankhafte Vermehrung des Bindegewebes
Gefäßtonus = Gefäßspannung, die von der Gefäßmuskulatur entwickelt wird
Genexpression = Biosynthese von Proteinen aus der genetischen Information
Inflammation = Entzündung
Intima (Tunica intima) = innerste Schicht der Arterien und Venen
Invasion = in der Zellbiologie: Eindringen von Zellen in Gewebe
Media (Tunica media) = mittlere Schicht der Arterien und Venen
Migration = in der Zellbiologie: aktive Ortsveränderung von Zellen oder
Zellverbänden
Monogaster = Lebewesen, die nur einen Magen besitzen oder deren Magen
einteilig ist
Phagozytose = zelluläre Aufnahme von Partikeln (z. B. Lipoproteinen) oder
kleineren Zellen
Plaqueruptur = Einreißung einer atherosklerotischen Plaque
Proliferation = in der Zellbiologie: Vermehrung von Zellen
Restenose = erneute Verengung von Blutgefäßen nach erfolgter Angioplastie
Scavengerrezeptoren = membranständige Rezeptoren (z. B. CD36, SR-A,
SR-BI), die eine nicht-regulierte Cholesterinaufnahme in Makrophagen vermitteln
Thrombosierung = Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) in einem Gefäß
Transkriptionsfaktoren = Proteine, die die Gentranskription regulieren
Vasa vasorum = „Gefäße der Gefäße“, eigene Blutgefäße zur Versorgung
der äußeren Gefäßwandbereiche großer Blutgefäße (z. B. Aorta)
Vasokonstriktor = Substanz, die eine Gefäßverengung (Vasokonstriktion)
bewirkt
Zytokine = Proteine, die regulierende Funktionen für das Wachstum und die
Differenzierung von Körperzellen ausüben
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쑺
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CLA
1
Lumen
?
Mo
T-L
VCAM-1
ICAM-1
Mo
E-Selektin
„aktivierte“ Endothelzellen
oxLDL
Intima
ET-1 PGE2
Mo
2
3
Mak
Thro
LDL
en
PGI2
ag
oll
K
Schaumzellen
mbus
PGE2
„aktivierte“
Gefäßmuskelzellen
TNF
PDGF
MMP-2 Intima
Mak
MMP-9
Media
Kontraktile Gefäßmuskelzellen
ICAM-1 = intercellular adhesion molecule-1
LDL = low-density lipoprotein
Mak = Makrophagen
MMP = Matrix-Metalloproteinasen
Mo = Monozyten
oxLDL = oxidativ modifiziertes
LDL
PDGF = platelet-derived growth
factor
PGI2/E2 = Prostaglandin I2/E2
T-L = T-Lymphozyten
TNF = Tumornekrosefaktor
VCAM-1 = vascular cell adhesion
molecule-1
Atheroskleroseverlauf
Abb. 3: Potenziell antiatherogene Effekte von CLAs in Zellen der Blutgefäßwand:
1. Endothelzellen: CLAs üben hemmende Effekte auf die Freisetzung des potenten Vasokonstriktors ET-1 und inflammatorischer Mediatoren
(PGE2) aus. Diese CLA-Effekte sind als günstig zu betrachten, da im Rahmen der Atheroskleroseentwicklung eine lokale Entzündung in der
Gefäßwand und eine abnorme Verengung der Blutgefäße beobachtet werden kann, die auf ein Ungleichgewicht in der Bildung vasoaktiver
Substanzen, insbesondere auf ein Überwiegen von ET-1 zurückgeführt wird. Studien an Nabelschnurendothelzellen, allerdings nicht an
Aorta-Endothelzellen, zeigen ferner, dass CLAs die Expression der Adhäsionsmoleküle E-Selektin, ICAM-1 und VCAM-1 und die Monozytenadhäsion hemmen. Dieser Effekt ist ebenfalls als atheroprotektiv zu werten, da eine gesteigerte Adhäsion von Monozyten und nachfolgende
Infiltrierung des Subendothelialraums durch Monozyten die Bildung von Schaumzellen und früher atherosklerotischer Plaques fördert.
2. Gefäßmuskelzellen: CLAs hemmen die Expression proinflammatorischer Gene und in der Folge die exzessive Freisetzung gefäßaktiver, inflammatorischer Mediatoren (PGI2, PGE2) aus aktivierten Gefäßmuskelzellen. Da eine exzessive Freisetzung dieser Mediatoren die Gefäßhomöostase beeinträchtigt und daher die atherosklerotische Plaqueentwicklung fördert, stellt diese Wirkung der CLAs einen günstigen
Effekt dar, der zumindest partiell die inhibitorische Wirkung von CLAs auf die atherosklerotische Plaqueentwicklung erklären kann. Ferner
vermindern CLAs in aktivierten Gefäßmuskelzellen die Bildung extrazellulärer Matrixproteine wie Kollagen, dessen Ablagerung in der Gefäßwand das Plaquewachstum fördert. Auch die Hemmung der Kollagenbildung durch CLAs stellt einen günstigen, potenziell antiatherogenen Wirkmechanismus dar.
3. Monozyten-Makrophagen: CLAs vermindern die Cholesterinakkumulierung in Makrophagen über einen gesteigerten Cholesterinausstrom
auf extrazelluläre Cholesterinakzeptoren wie HDL-Partikel und hemmen damit die Umwandlung von Makrophagen in Schaumzellen. Dieser
CLA-Effekt ist im Hinblick auf die Atheroskleroseprävention als günstig anzusehen, da ein erhöhter Cholesterinrücktransport aus der Peripherie zur Leber über HDL-Partikel der Schaumzellbildung und der damit verbundenen Cholesterinakkumulierung in der Gefäßwand entgegenwirkt. Dagegen sind CLAs offensichtlich nicht in der Lage, die MMP-vermittelte Degradation extrazellulärer Matrixproteine in der
Gefäßwand, welche die vollständige Ruptur oder die teilweise Ablösung fortgeschrittener atherosklerotischer Plaques und die Migration
glatter Muskelzellen in der Gefäßwand begünstigt, zu hemmen.
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lenden Effekt der CLAs auf die Expression und Aktivität der MMPs in
Betracht kommen dürfte. Warum die
CLAs in dem verwendeten Makrophagenmodell den PPARγ trotz ausreichender Aufnahme in die Zelle
nicht aktivieren, kann durch diese
Studie nicht vollständig beantwortet
werden. Es ist allerdings zu bedenken, dass die transkriptionelle Aktivität der PPARs nicht nur von der Ligandenverfügbarkeit, sondern auch
von für die Transkription essenziellen
Coaktivatoren bzw. Corepressoren abhängig ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass cis-9,trans-11-CLA und
trans-10,cis-12-CLA im THP-1-Makrophagenmodell über eine Aktivierung
alternativer Signalwege und Transkriptionsfaktoren eine Kompetition
um transkriptionelle Cofaktoren bewirken, wodurch die Signalübertragung über PPARs inhibiert wird.
Deshalb müssen zukünftige Studien
klären, ob diese CLA-Isomere nicht
möglicherweise die MMP-Freisetzung
in anderen Makrophagenmodellen
oder auch in Gefäßmuskelzellen beeinflussen. In Gefäßmuskelzellen
wird die MMP-Expression und -Aktivität ebenfalls durch pharmakologische PPARγ-Agonisten gehemmt
[30]. Diese Wirkung hemmt auch die
Gefäßmuskelzellmigration [30], da
die Gefäßmuskelzellen aufgrund der
verminderten MMP-Aktivität das sie
umgebende Matrixgeflecht nicht
durchbrechen können. Daher verhindert eine MMP-Hemmung in vivo
die Durchquerung der Gefäßwand
und Invasion der Intima durch die
Gefäßmuskelzellen und inhibiert
somit das Fortschreiten der atherosklerotischen Plaqueentwicklung.
Schlussfolgerungen
Studien an kultivierten Zellen der Arterienwand zeigen, dass CLA-Isomere
oder Mischungen aus verschiedenen
CLA-Isomeren zelluläre Wirkungen
hervorrufen, die zumindest teilweise
die in vivo beobachtete Hemmung
der Atherogenese durch CLAs erklären können. Zu diesen Wirkungen
zählen die Modulation der Freiset-
zung gefäßaktiver Substanzen aus Endothelzellen, die Abschwächung inflammatorischer und fibrotischer
Prozesse in Gefäßmuskelzellen und
die Reduzierung der Cholesterinakkumulierung in MakrophagenSchaumzellen (쏆 Abbildung 3). Die
weitestgehend Isomer-unspezifischen
Wirkungen der CLAs in Zellen der
Gefäßwand, die im Kontrast zu anderen, deutlich Isomer-spezifischen
CLA-Effekten stehen [31], deuten daraufhin, dass die Wirkungen von
CLAs auf atheroskleroserelevante
Prozesse in Zellen der Gefäßwand unabhängig von strukturellen Unterschieden zwischen den individuellen
CLA-Isomeren hervorgerufen werden. Dies deckt sich auch mit der in
vivo-Beobachtung, dass atherosklerosehemmende Effekte sowohl für unterschiedliche CLA-Isomere (cis-9,
trans-11-CLA [32], trans-10, cis-12CLA [33]) als auch für CLA-Gemische [34] in tierexperimentellen Studien gezeigt wurden.
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Zusammenfassung
Konjugierte Linolsäuren (CLAs) bewirken im
Tiermodell eine eindrucksvolle Hemmung
der Atherogenese. Die zugrunde liegenden
Wirkmechanismen werden derzeit noch nicht
verstanden. Studien an kultivierten Zellen der
Arterienwand, die einen detaillierten Einblick
in die zellulären Wirkmechanismen der CLAs
erlauben, zeigen jedoch, dass CLAs über die
Aktivierung von im Zellkern lokalisierten Peroxisomenproliferator-aktivierten Rezeptoren
(PPARs) eine Vielzahl an günstigen Wirkungen ausüben. Zu diesen günstigen Wirkungen
der CLAs, die zumindest teilweise die in vivo
beobachtete Hemmung der Atherogenese
durch CLAs erklären, zählen die Modulation
der Freisetzung gefäßaktiver Substanzen aus
Endothelzellen, die Abschwächung inflammatorischer und fibrotischer Prozesse in Gefäßmuskelzellen und die Reduzierung der
Cholesterinakkumulierung in MakrophagenSchaumzellen.
Summary
Influence of conjugated linoleic acids (CLA)
on the function of blood vessel cells
Robert Ringseis, Klaus Eder, Halle
Conjugated linoleic acids (CLAs) effectively inhibit atherogenesis in animal models. The underlying mechanisms of action are currently
not fully understood. However, studies on cultures of arterial cell walls permit detailed insight into the cellular mechanisms of action
of CLAs and show that CLAs activate peroxisome activated receptors(PPARs) localised in
the cell nucleus, leading to a variety of
favourable effects, including modulation of
the release of vascularly active substances
from endothelial cells, attenuation of inflammatory and fibrotic processes in vascular
cells and reduction of cholesterol accumulation in macrophage foam cells. These effects
could provide at least a partial explanation of
the in vivo inhibition of atherogenesis by
CLAs.
Key words: conjugated linoleic acids, CLA,
atherosclerosis, atherogenesis, PPAR, foam
cells
Ernährungs Umschau 56 (2009)
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Ernährungs Umschau | 3/09
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