Die Untersuchung von Thoraxergüssen

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Die Untersuchung von Thoraxergüssen
Die Untersuchung von Thoraxergüssen
Flüssigkeitsansammlungen im Thorax können
stauungsbedingt oder die Folge traumatischer,
entzündlicher, infektiöser und neoplastischer
Veränderungen der Pleura, der Lunge, des
Herzens und des Mediastinums sein.
Die klinischen Symptome eines Thoraxergusses
sind variabel (Dyspnoe, Thoraxschmerz, Husten).
Die Diagnose eines Thoraxergusses erfolgt in
der Regel röntgenologisch. Die Flüssigkeit befindet sich dann sowohl zwischen Lunge und
Brustwand als auch in den Pleurafissuren
zwischen den Lungenlappen.
Zur Identifikation der Ursache ist in vielen Fällen
die Kombination von makroskopischen, physikalisch / chemischen und zytologischen Untersuchungen eines Punktates hilfreich.
Makroskopische Beurteilung
Die Punktatflüssigkeit kann wässrig klar
(Hydrothorax), eitrig (Pyothorax) oder blutig
(Hämo(hydro)thorax) erscheinen. Ein Rückschluss auf die Ätiologie des Ergusses ist jedoch
meist nicht möglich (Abb. 1).
Abb.1 Makroskopie verschiedener Thoraxergüsse:
1) Chylothorax, 2) traumatischer Erguss, 3) Lymphom,
4) positive Rivaltaprobe, 5) FIP, 6) Lungenkarzinom,
7) ungenkarzinom, 8) traumatischer Erguss
Physikalisch / chemische Untersuchungen
Die physikalisch / chemischen Untersuchungen
des Thoraxergusses dienen v.a. der Differenzierung von Transsudat, modifiziertem Transsudat, Exsudat und Chylus. Häufig ist aber eine
ergänzende zytologische Untersuchung notwendig, um die Ätiologie näher einzugrenzen.
Für die Bestimmung der Zellzahl, des Proteingehaltes und für die zytologische Untersuchung
kann die Flüssigkeit in einem EDTA Röhrchen
eingesandt werden.
Für die chemischen Untersuchungen, wie die
Bestimmung des Proteingehaltes und der
Cholesterin- und Triglyceridkonzentrationen ist
ein neutrales unbeschichtetes Röhrchen oder ein
Serumröhrchen zu empfehlen.
Der LDH Wert im Erguss ist ein Entzündungsparameter, da es sich v.a. um ein Enzym der
Granulozyten handelt. Aber auch der Zerfall
neoplastischer oder mesothelialer Zellen setzt
LDH frei. LDH Werte > 200 IU/l gelten als Marker
für exsudative Prozesse.
Ein pH Wert < 7,4 spricht eher für einen entzündlichen, nicht-neoplastischen Prozess. Liegt der
pH Wert < 7,4 und die Glukosekonzentration
< 30 mg/dl (normal 70-100 mg/dl) und finden sich
> 85% neutrophile Granulozyten, so kann von
einem septischen Erguss ausgegangen werden.
Pleuraergüsse infolge maligner Tumoren sind
häufig auch Exsudate, aber sie haben normale
oder hohe pH Werte (> 7,4), Glukosewerte von
10 bis 80 mg/dl und weniger als 30% neutrophile
Granulozyten.
In der Literatur finden sich teilweise leicht variierende Angaben zu den Grenzwerten. In Tabelle 1
sind die Werte zusammengestellt, die in der
Literatur die größte Übereinstimmung erreichten.
Zytologische Untersuchung
Bei der zytologischen Untersuchung wird zunächst der Zellgehalt beurteilt und anschließend
werden die entsprechenden Zellen identifiziert.
Es ist grundsätzlich zu empfehlen, in Abhängigkeit vom Zellgehalt, die Punktatflüssigkeit
oder ihr Sediment (Zentrifugation 5 min bei 165365 G bzw. 1000-1500 rpm) auf Objektträger
auszustreichen und luftgetrocknet einzusenden.
Es ist dabei wichtig festzustellen, dass es keine
„normale“ Ergusszytologie gibt, da jeder klinisch
/ radiologisch feststellbare Erguss per se als
pathologisch anzusehen ist.
Auf Grund der Zahl und Art der Zellen (Abb. 2) in
einem Erguss ist in vielen Fällen ein
Rückschluss auf die Pathogenese möglich
(Tabelle 2).
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Thrombozyten weisen auf eine frische Blutung
oder eine Kontamination bei der Entnahme hin.
Grundsätzlich können Tumorzellen (Abb.3)
unterschiedlichster Herkunft im Thoraxpunktat
gefunden werden (s.u.).
Abb. 2: Neutrophile Granulozyten (N), ein Makrophage (M), ein eosinophiler Granulozyt (E), ein aktivierter Lymphozyt (L) und multiple
Erythrozyten (e) in einem Thoraxerguss
Mesothelzellen können einen, zwei oder mehrere rundliche Kerne enthalten. Es finden sich
unterschiedliche Mengen an homogenem Zytoplasma. Die häufig zu beobachtende Korona aus
Zellausläufern ist artefiziell bedingt.
Makrophagen kommen in den meisten Ergüssen
vor. Ihr Zytoplasma ist unterschiedlich stark
vakuolisiert und sie enthalten bohnenförmige
Kerne.
Die Unterscheidung von Makrophagen, Mesothelzellen und Karzinomzellen ist nicht immer sicher
möglich.
Neutrophile Granulozyten sind in geringer Zahl in
fast jedem Erguss zu finden. Es lassen sich
degenerierte (Infektion) und nicht-degenerierte
Neutrophile unterscheiden. Ggf. sind auch intrazelluläre Infektionserreger zu erkennen.
Lymphozyten können in geringen Mengen in fast
jedem Erguss beobachtet werden. Sie kommen
in einem Chylus vermehrt vor. Bei Lymphomen
sind lymphatische Zellen mit Malignitätskriterien
zu finden.
Mastzellen sind nur selten in Ergüssen zu finden.
Bei Entzündungen können sie in geringer Zahl
zu beobachten sein. Sie sind zahlreich bei intrathorakalen Mastzelltumoren.
Eosinophile Granulozyten können bei Pneumothorax, Herzwürmern oder Überempfindlichkeitsreaktionen vermehrt vorkommen.
Erythrozyten sind die Folge von Traumata, einer
erhöhten Gefäßpermeabilität und Gerinnungsstörungen oder sie sind entnahmebedingt.
Abb. 3: Tubuläre Epithelformation (T) im Thoraxerguss einer Katze
mit Lungenkarzinom
Der Hämothorax (blutiger Erguss) entsteht
traumatisch, in Folge von rupturierten Tumoren
oder Gerinnungsstörungen (z.B. Rodentizidvergiftung). Makroskopisch handelt es sich um
eine wässrige rote Flüssigkeit. Biochemisch
ähnelt der Erguss den Werten im peripheren
Blut. Zytologisch findet man v.a. Erythrozyten.
Nach 2 Tagen ist Erythrophagozytose durch
Makrophagen und nach 5 Tagen Hämosiderin zu
beobachten.
Bei einem Transsudat / modifiziertem Transsudat handelt es sich um einen Erguss infolge
eines erhöhten hydrostatischen oder onkotischen Druckes. Makroskopisch findet sich eine
klare bis bernsteinfarbene wässrige Flüssigkeit
(Hydrothorax). Die physikalisch / chemische
Untersuchung, speziell die Bestimmung des
Proteingehaltes, dient der Differenzierung von
hydrostatischen (kardialen) und onkotischen
(hypoproteinämischen) Transsudaten.
Zytologisch finden sich nur einzelne Lymphozyten, Mesothelzellen / Makrophagen und neutrophile Granulozyten.
Den Begriff des modifizierten Transsudates gibt
es nur in der Veterinärmedizin und er wurde
geschaffen, um die breiten Überlappungen der
Befunde in Transsudat und Exsudat zu beschreiben.
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Die Ursachen eines Chylothorax sind Rupturen
des Ductus thoracicus oder Permeabilitätsstörungen der Lymphgefäße. Ein Chylothorax ist
bei der Katze häufig bei einer „hypertrophen“
oder einer „restriktiven“ Kardiomyopathie zu
beobachten. Beim Hund sind Tumoren und
Hernien sowie Herzerkrankungen, mögliche
Ursachen eines Chylus. Makroskopisch ist die
Flüssigkeit milchig-trüb oder hellrosa. Ein
Chylothorax gehört formal zu den modifizierten
Transsudaten und ist gekennzeichnet durch eine
stark erhöhte Menge an Triglyceriden (> 100
mg/dl) bei fast normalen Cholesterinwerten.
Zytologisch finden sich multiple Lymphozyten,
Makrophagen, einzelne neutrophile Granulozyten und Mesothelzellen und sehr kleine
Fetttröpfchen.
Exsudate entstehen infolge einer entzündlich
bedingten Permeabilitätssteigerung der Gefäße.
Makroskopisch sind diese Ergüsse oft trüb und
rotbraun (Pyothorax). Zytologisch sind sie durch
nicht-degenerierte oder degenerierte neutrophile
Granulozyten, Makrophagen und aktivierte
Mesothelzellen gekennzeichnet.
Bei septischen Ergüssen (z.B. Nokardiose /
Streptotrichose) sind auch Erregerstrukturen
intra- und / oder extrazellulär nachweisbar.
Eine klassische Form des entzündlich bedingten
Thoraxergusses ist die feuchte Form der FIP der
Katze. Hier findet sich eine blassgelbe bis bernsteinfarbene, teils fadenziehende Flüssigkeit.
Physikalisch/chemisch ist der FIP-Erguss
gekennzeichnet durch ein spezifisches Gewicht
> 1030 und eine positive Rivaltaprobe auf Grund
des hohen Eiweißgehaltes (> 35-45 g/l). Eine
zusätzlich durchgeführte Elektrophorese zeigt
einen Albumin:Globulin Quotienten von < 0,8.
Zytologisch sind die Ausstriche meist zellarm
(1500-2000 Zellen/µl) mit wenigen nicht-degenerierten neutrophilen Granulozyten, einzelnen
Makrophagen, Lymphozyten und Plasmazellen
sowie einzelnen Mesothelzellen vor einem feingranulär erscheinenden eiweißreichen Hintergrund. In seltenen Fällen kann man aber auch
sehr zellreiche Ergüsse (bis 6000 Zellen/µl)
beobachten.
Die Thoraxergüsse bei malignen Tumoren
entstehen durch die Blockade des Lymphabflusses der Serosa und die sekundäre
Entzündung. Makroskopisch lassen sich neoplastische Ergüsse nicht von Ergüssen anderer
Genese unterscheiden. Die Ergüsse können
Charakteristika von Transsudaten bis hin zu
Exsudaten aufweisen, wenn eine sekundäre entzündliche Reaktion vorliegt. Der Proteingehalt
und die Zellzahl können stark variieren.
Die primäre Neoplasie kann im Thorax liegen
oder extrathorakal. Die intrathorakalen Neoplasien sind primäre Lungenkarzinome oder
Metastasen anderer Neoplasien, mediastinale
Karzinome, Lymphome, Thymusleukosen sowie
selten Thymome und Mesotheliome. Mesotheliome kommen extrem selten bei Hund und
Katze vor und eine sichere Diagnose ist i.d.R.
nur histologisch oder immunhistologisch möglich. Liegen die Primärtumoren extrathorakal, so
gelangen die Tumorzellen über Lungenmetastasen oder über Lymphgefäße in die Pleuraflüssigkeit. Zytologisch variiert das Bild in
Abhängigkeit von der zugrunde liegenden
Neoplasie.
Das Fehlen von neoplastischen Zellen in einem
Thoraxerguss schließt das Vorliegen einer
Neoplasie aber nicht aus.
Als zytologische Malignitätskriterien gelten in
erster Linie veränderte Kernstrukturen, wie eine
Entrundung der Zellkerne, granuliert erscheinendes Chromatin, Nukleolenbildung und eine
Verschiebung der Kern-Plasma-Relation. Als
Kriterium 2. Ordnung ist das Auftreten von
Zellverbänden (z.B. Karzinome und Mesotheliome) zu werten. Bei Lymphomen treten
jedoch nie Zellverbände auf. Weder Makrophagen noch reaktive Mesothelproliferate bilden
üblicherweise größere Zellverbände.
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die Zytologie von Thoraxpunktaten
unter der Berücksichtigung der klinischen
Befunde, des makroskopischen Bildes und der
physikalisch/chemischen Parameter bei der
Diagnose hilfreich sein kann.
Eine sinnvolle Interpretation erfordert dabei die
Kenntnis der klinischen und röntgenologischen
Befunde. Nicht in allen Fällen kann eine
abschließende Diagnose hinsichtlich der
Ursache des Thoraxergusses gestellt werden,
dann sind wiederholte Untersuchungen oder
andere diagnostische Verfahren (Thorakoskopie,
Biopsie etc.) notwendig.
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Tab. 1: Einige biochemische Parameter zur Differenzierung von Thoraxergüssen
Spezif.
Gewicht
Protein
g/l
Zellzahl Cholesterin
/µl
: Triglyceride
LDH
IU/l
Transsud < 1018
at
< 25
Rivalta negativ
< 1000
>1
< 200
Exsudat
> 1025
> 30
Rivalta positiv
> 7000
>1
> 200
FIP
> 1030
Mod.
1018Transsud 1025
at
Chylus
> 1018
Tumorös > 1018
er Erguss
Blutiger
Erguss
> 1025
25-75
Rivalta negativ /
schwach positiv
10007000
> 25
variabel
> 35-45
Rivalta positiv
Albumin:Globulin.
< 0,8
15002000
> 30
> 1000
> 25
variabel
>1
<1
Triglyceride
> 100 mg/dl
>1
>1
pH Wert
~ 7,4
~ 7,4
Transsudat
Mod. Transsudat
Exsudat
Infektiös
Nicht infektiös
Chylus
Pseudochylus
FIP
Blutiger Erguss
Neoplastischer
Erguss
(+)
++
Mesothelzellen
+
+
Makrophagen
+
+
Deg.
Neutros
-
70-100
70-100
<7
< 30
> 300
~ 7,4
< 70
200-1600
≥ 7,4
10-80
~ 7,4
~ 7,4
Tab. 2: Übersicht über die zelluläre Zusammensetzung von Thoraxergüssen
Lymphozyten
Glukose
mg/dL
Nicht deg. Erys
Neutros
(+)
-
70-100
-
Tumorzellen
-
+
(+)
-/+
+
+
+
+
+/++
+/++
+++
-
+
++
(+)
(+)
-/+
++
++
++
+
++
(+)
-
(+)
+/++
+
(+)
(+)
+++
+++
+
+
+
-
+
+/++
+
+
-
+
+
+
-
(+)
-
++/-
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