2008-02+03 AAA Anlegerschutzbrief
Transcrição
2008-02+03 AAA Anlegerschutzbrief
Anlegerschutzbrief Ausgabe 2–3/2008 Vorwort und Überblick zu den aktuellen Entwicklungen von Thomas Lippert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neues zu den Medienfonds – insbesondere Cinerenta und Vip von Dr. Sigmund P. Martin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Medienfonds - wie viel verdienen die Initiatoren? von Kerstin Kondert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorsitzender des „Bankensenates“ des BGH verhöhnt Anleger von Dr. Wolfgang Schirp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . NAV Virchow-Bund Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V. von Thomas Lippert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5 7 12 14 Drohende Bankenvollstreckungen gegen GbR-Anleger Unterwerfungserklärungen der Anleger sind größtenteils wertlos von Dr. Marc H. Lampe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Schnee-Rente bzw. Sicherheits-Kompakt-Rente: Der britische Versicherer Clerical Medical steht im Zentrum der Kritik von Dr. Wolfgang Schirp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Schiffsbeteiligungen Die nächste Krise bei geschlossenen Beteiligungsprodukten!? Was ist eigentlich der Unterschiedsbetrag? von Kai Drabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Fonds der Bankgesellschaft Vergleichsverhandlungen auf Fondsebene von Kerstin Kondert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Erläuterungen zur Berechnung des Schadens bei Prospekthaftungsklagen und wirtschaftliche Ergebnisse der Kläger von Kerstin Kondert und Dr. Wolfgang Schirp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebensversicherungsfonds – die neuen Problemkinder? von Betina Mainka. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 37 Erb- und Familiensachen Angebot der interdisziplinären Zusammenarbeit von Kerstin Kondert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das letzte Hemd hat keine Taschen, in denen man die kalten Hände wärmen könnte von Tibet Neusel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 41 Unterbeteiligung und Treuhandvereinbarung bei geschlossenen Immobilienfonds von Peter Apel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Private-Equity-Publikumsfonds Initiatoren reagieren auf Vorwürfe der Intransparenz von Dr. Marc H. Lampe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Laufende finanzwirtschaftliche Sanierung von GbR-Fonds Neu: Vorgehen der Bank gegen Nichtzahler bei laufender finanzwirtschaftlicher Sanierung von Lutz Neumann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Letzte 47 von Tibet Neusel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Tüßling, 15. Juli 2008 Liebes Vereinsmitglied, liebe Leserin, lieber Leser, ich freue mich, Ihnen die Ausgabe 2–3/2008 des Anlegerschutzbriefes übermitteln zu dürfen. Es handelt sich um die dickste Ausgabe, die wir jemals produziert haben. In den vergangenen Monaten wurde weiterhin mit Hochdruck an den bekannten Themenbereichen gearbeitet. Ich möchte Sie nachfolgend über die Sachstände und die von uns beabsichtigte weitere Vorgehensweise informieren: I. Fonds der Bankgesellschaft Lesen Sie hierzu bitte die ausführlichen Berichte von Kerstin Kondert und Dr. Wolfgang Schirp in dieser Ausgabe. Voraussichtlich werden im Herbst 2008 die nächsten Gesellschafterversammlungen für viele Fonds der Bankgesellschaft stattfinden. Ich darf Ihnen schon heute versichern, dass die Mitglieder des Aktionsbundes auf den Versammlungen kostenfrei vertreten werden. Als Bevollmächtigte können Sie bei allen Versammlungen Kerstin Kondert angeben und die Vollmacht im Original an die IBV senden sowie eine Kopie per Fax an die Geschäftsstelle des Aktionsbundes in Berlin unter 0 30/31 51 934 20. Im LBB Fonds 2 konnte der Aktionsbund die Interessen von rund 100 Zeichnern bündeln und ein gemeinsames Vorgehen gegen die LBB organisieren. Auch bei diesem Fonds liegen schwerwiegende Prospektfehler vor, die durch Kerstin Kondert festgestellt wurden. Die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel ist mandatiert worden, die Ansprüche erst einmal außergerichtlich geltend zu machen. Über die Ergebnisse werden Sie selbstverständlich informiert. gung zu trennen. Klageverfahren werden durch die Kanzleien Neusel und Schirp SchmidtMorsbach Apel zum Beispiel bei der GEWOBAG 1 GbR und GEWOBAG 3 GbR, der DII Fonds B 100 GbR und der Grundreal 13 GbR geführt. Teilweise liegen schon positive erst instanzliche Urteile vor. Die Berufungen sind beim Kammergericht in Berlin anhängig. Bereits in der vergangenen Ausgabe habe ich darauf hingewiesen, dass die Mitglieder des Aktionsbundes auf den Gesellschafterversammlungen dieser Fonds zu einem Pauschalhonorar in Höhe von 150 € zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer vertreten werden. Es gibt jedoch nach wie vor Geschäftsbesorger, die gar nicht zu einer Versammlung laden. Hier setzt sich der AAA für die Einberufung einer Gesellschafterversammlung ein. Ein Einberufungsverlangen wird derzeit für DII Fonds und BbK Fonds durchgeführt. Sollten auch Sie an einem Immobilienfonds beteiligt sein und schon seit längerer Zeit keine detaillierten Informationen mehr erhalten haben, so teilen Sie uns dies bitte mit. Wir werden versuchen, auch bei Ihrem Fonds die Interessen der Zeichner durchzusetzen. Bitte melden Sie sich jedoch rechtzeitig, da eine solche Aktion einen gewissen Vorlauf benötigt. III. Medienfonds Mittlerweile sind über 100 verschiedene Medienfonds in der Datenbank des Aktionsbundes gelistet. Zahlreiche Anleger sind auf der „watchlist“ registriert und werden bei neuen Ereignissen informiert. Viele Anleger sind verunsichert und wissen nicht, ob ihre Steuervorteile erhalten bleiben oder aberkannt werden. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. hat über den Bereich der Medienfonds ein Buch geschrieben. II. Immobilienfonds des sozialen und geförderten Wohnungsbaus Medienfonds – Das Anlegerhandbuch Hilfestellung für Investoren (ISBN-13: 9783000250187) Die häufigste Frage bei diesen Fonds lautet: „Soll der Sanierungsbeitrag geleistet werden oder kommt man irgendwie anders aus diesem Fonds raus?“ Dieses Buch kann für einen Betrag in Höhe von 39,90 € über www.amazon.de bestellt werden. Mitglieder des AAA erhalten dieses Buch für einen Kostenbeitrag von 19,95 € zzgl. 3 € Versand und können über die Verwaltung in Tüßling (Tel.: 0 86 33/50 6714; E-Mail: verwaltung@ aktionsbund.de) ihre Bestellung aufgeben. Leider gibt es nur bei sehr wenigen Fonds juristische Möglichkeiten, sich von der Beteili- Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Thomas Lippert Vorstandsvorsitzender des Aktions bundes Aktiver Anlegerschutz e. V. und geschäftsführender Gesell schafter der Aktionsbund Service GmbH Ausbildung: Berufsausbildung zum Bankkaufmann; berufsbegleitendes Studium BWL Schwerpunkt Banken mit Spezialisierung Immobilienmanagement Berufliches: Seit 2001 in der Banken- und Immobilienbrache tätig; Schwerpunkte in der Durchführung von Risikoanalysen, Engagementführung im Kreditgeschäft und ganzheitliche Beratung für Geschäfts- und Firmenkunden; Vertretung auf Gesellschafterversammlungen und Übernahme zahlreicher Beiratsmandate geschlossener Fonds. Kontakt: Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Knesebeckstraße 83 10623 Berlin Tel.: 0 30/315 193 4-0 Fax: 0 30/315 193 4-20 E-Mail: [email protected] www.aktionsbund.de Wir werden in den nächsten Monaten zu weiteren Informationsveranstaltungen über Medienfonds einladen. Lebensversicherungsfonds werden nach wie vor aufgelegt und über Vermittler und Banken vertrieben. Der AAA ruft zur Vorsicht auf. Sollten Sie zwischenzeitlich Unterlagen von Ihrer Geschäftsführung erhalten, so leiten Sie diese bitte an die Geschäftsstelle in Berlin weiter. Sollten Sie Fragen zu Ihren Fondsbeteiligungen haben, so können Sie sich jederzeit an die Geschäftsstelle in Berlin wenden. Wir werden Sie weiterhin tatkräftig unterstützen und Ihre Interessen bestmöglich vertreten. IV. Lebensversicherungsfonds Beste Grüße aus Berlin! Hierzu habe ich in der letzten Ausgabe 1/2008 einen Artikel über die König & Cie. Deutsche Leben GmbH & Co. KG geschrieben. Mittlerweile hat der Aktionsbund auch für die Lebensversicherungsfonds eine interne Arbeitsgruppe gebildet, die derzeit Unterlagen sammelt und erste Auswertungen vornimmt. Bitte lesen Sie hierzu den Beitrag von Betina Mainka, der geschäftsführenden Gesellschafterin der Kondert & Mainka GmbH. Ihr Thomas Lippert Vorstandsvorsitzender Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. § Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Neues zu den Medienfonds – insbesondere Cinerenta und Vip von Dr. Sigmund P. Martin Die meisten Medienfonds sind problematisch und unsere Empfehlung geht nach wie vor dahin, Kontakt mit der Geschäftsstelle des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. in Berlin aufzunehmen und sich als Betroffener in dessen „watchlist“ der Fonds, die einer verstärkten Beobachtung unterliegen, erfassen zu lassen. Konkreter Handlungsbedarf im Sinn einer Klage besteht in den meisten Fonds allerdings momentan noch nicht. Wer sich allgemein über die Grundstrukturen dieser Fonds, Initiatoren und die rechtlichen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Fondsgeschäftsführung oder einer Klage sowie über die Ausgestaltung einzelner Fonds informieren will, kann dies anhand des vom Aktionsbund herausgegebenen Handbuchs „Medienfonds – Das Anlegerhandbuch“1 tun. Cinerenta: Neues Urteil des BGH zu Innenprovisionen und Erfolg gegen Investor Treuhand in einem Einzelfall Wie bereits in der letzten Ausgabe des Anlegerschutzbriefes berichtet, hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München in drei Urteilen vom 07. Februar 2008 im Falle der Fonds Cinerenta II und III die Contor Treuhand und die Cinerenta GmbH wegen des Prospektfehlers der „verdeckten Innen provisionen“ zum Schadenersatz verurteilt (Urt. v. 07. Februar 2008, 19 U 3592/07; 19 U 3041/07 und 19 U 5453/06). Der III. Zivilsenat des BGH hat nunmehr in seinem Urteil vom 29. Mai 2008, Geschäftszeichen III ZR 59/07, diese Rechtsprechung des OLG München der Sache nach im Grundsatz bestätigt, d.h. eine Aufklärungspflicht über die besonderen Konditionen für die Investor- und Treuhand Beratungsgesellschaft GmbH bejaht, die Sache jedoch wegen des Erfordernisses weiterer tatsächlicher Feststellungen an das OLG zurückverwiesen. Der einzige Grund dafür, dass keine abschließende Entscheidung in der Sache gefällt werden konnte, war der, dass der BGH noch nicht mit der Entschei- dung des 19. Senats vom 07. Februar 2008 befasst war, sondern mit einer früheren Entscheidung eines anderen Senats des OLG München, bei der zu der Innenprovision keine tatsächlichen Feststellungen getroffen worden waren. Da aber der 19. Senat des OLG München auch tatsächliche Feststellungen getroffen hatte, dass hier konkret ein Fall der versteckten Innenprovision vorlag und die rechtliche Einordnung als Prospektfehler vom BGH bestätigt wurde, lässt sich die bisherige Rechtsprechung einiger Kammern des Landgerichts München I, die in einer Reihe von Cinerenta-Fällen Prospektfehler fehlerhaft verneint hatten, nicht mehr halten. In dem Fall einer abgetrennten Klage hat das LG München (Urt. vom 04. Juli 2008, Geschäftszeichen: 27 O 23600/07) einem Mandanten der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel Schadenersatz gegen die BERINTERG (vormals firmierend als Investor und Treuhand Beratungsgesellschaft mbH) zugesprochen, weil bei einem Anschreiben mit einem Berechnungsbeispiel der Vermittler von einer Mindest ertragsgarantie gesprochen hatte, die dem „worst case“ entspreche. Ähnliche Zusicherungen sind aber praktisch an alle Anleger erfolgt. So erhielten z. B. die Anleger im Fonds Cinerenta III ein Schreiben der Cinerenta GmbH, das mit „Bestätigung“ überschrieben ist und vom Oktober 1999 datiert. In diesem Schreiben wird von Mindestrückflussgarantien in Höhe von 100 % der jeweiligen Filmherstellungskosten gesprochen. Vielfach wurden auch Übersichten zu den einzelnen Filmen vorgelegt, in denen jeweils ausgeführt wird, dass 78,36 % Mindestrückfluss bezogen auf die Beteiligungssumme im ungünstigsten Fall gesichert seien. Das Urteil aus dem Einzelfall dürfte sich daher auch auf die sonstigen Fälle übertragen lassen. 1 Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz (Hrsg.): Medienfonds – Das Anlegerhandbuch, mit Beiträgen von Thomas Lippert, Kerstin Kondert, Jan-Henning Ahrens, Tibet Neusel, Dr. Sigmund P. Martin, Jens-Peter Gieschen und Dr. Wolfgang Schirp, ISBN 978-3000250187. Siehe Anzeige auf Seite 15. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Dr. Sigmund P. Martin LL.M. (Yale), geb. 1962, verheiratet, drei Kinder Ausbildung: Studium in Marburg und Gießen sowie einjähriger Studienaufenthalt an der Yale Law School, New Haven, USA, mit Abschluss des magister legum (LL.M.) Beruflicher Werdegang: seit der Promotion 1993 in Gießen mit der Doktorarbeit „Criminal Securities and Commodities Fraud – Kapitalanlagebetrug im US-amerikanischen und deutschen Recht“ besonderes Interesse am Kapitalanlagerecht; nach Tätigkeiten als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Marburg und in der hessischen und brandenburgischen Justiz als Staatsanwalt und Richter seit 2003 Rechtsanwalt und seit 2004 Mitarbeiter in der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel. Kontakt: RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin Tel.: 0 30/32 76 17-0 Fax: 0 30/32 76 17-17 E-Mail: [email protected] www.ssma.de VIP Medienfonds 3 und 4: im Moment keine Chancen für eine außergerichtliche Regelung – Einreichung von Klagen durch die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel In letzter Zeit sind – wie schon im letzten Anlegerschutzbrief berichtet – erfolgreich Klagen gegen die Commerzbank und die HypoVereinsbank geführt worden, in denen u. a. die bei VIP 4 schuldübernehmende HypoVereinsbank wegen der Verletzung einer bei dem obligatorischen Darlehensvertrag bestehenden vorvertraglichen Aufklärungspflicht verurteilt wurde und die Commerzbank vielfach wegen Falschberatung zu Schadenersatz herangezogen wurde (vgl. insbesondere die Entscheidungen des LG München I vom 12.02.2008, Geschäftszeichen 28 O 15666/07, und vom 15.01.2008, Geschäftszeichen 4 O 1908/07). Dennoch haben sich die Banken bislang unter Hinweis darauf, dass die Verurteilungen noch nicht rechtskräftig seien, nicht auf eine außergerichtliche Lösung eingelassen. Diejenigen, die nicht über die Commerzbank gezeichnet haben, sollten grundsätzlich im Fall des VIP 4 die HypoVereinsbank (HVB) bzw. im Fall des VIP 3 die Dresdner Bank verklagen. Eine Klage gegen den Vermittler ist dann, wenn der Vermittler nicht selber eine Bank ist, meist weder wirtschaftlich noch rechtlich Erfolg versprechend. Anders ist der Fall, wenn eine sonstige Bank vermittelt hat. Im Falle der Volksbank Berlin und des Bankhauses Löbbecke vertritt die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel jeweils mehrere Mandanten, sodass eine Sammelklage möglich ist. Wenn andere Banken oder Sparkassen vermittelt haben, sind dies Einzelfälle, sodass insoweit nur eine Einzelklage in Betracht kommt. Ob in diesen Sonderfällen (d. h. bei Vermittlung durch die Volksbank Berlin, das Bankhaus Löbbecke oder eine sonstige Bank oder Sparkasse) die Klage gegen die vermittelnde Bank oder gegen die HVB oder gegen beide eingereicht werden soll, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Beratungssituation zu klären. Die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel, die bislang das außergerichtliche Vorgehen gegen die Banken favorisiert hatte, rät daher nunmehr auch zur Erhebung von Klagen. Für die meisten Anleger, die über die Vermittlung der Commerzbank gezeichnet haben, gilt Folgendes: Um Kosten zu sparen, empfehlen wir insoweit die Erhebung von Sammelklagen, wobei sich im Fall des VIP 3 eine gemeinsame Sammelklage gegen die Commerzbank und die Dresdner Bank in Frankfurt a. M. anbietet. Ein entsprechendes Vorgehen im Falle des VIP 4, d. h. eine gemeinsame Sammelklage gegen die Commerzbank und die HypoVereinsbank ist nicht anzuraten, da die Münchener Gerichte dazu übergegangen sind, diese Klagen zu trennen. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Medienfonds – wie viel verdienen die Initiatoren? von Kerstin Kondert Medienfonds schienen eine feine Sache zu sein: ein Stück Hollywood-Glamour mit hohen Steuervorteilen und hohen Erträgen. Inzwischen wissen wir, dass die Erlösrechnungen in vielen Prospekten hoffnungslos überzogen waren, auch das steuerliche Konzept wackelt in zahlreichen Fällen. Was unter dem Strich für die Anleger herauskommt, ist noch nicht absehbar, nur dass es überwiegend deutlich weniger sein dürfte, als prognostiziert wurde. I. Neuerscheinung: Medienfonds – Das Anlegerhandbuch Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. hat aufgrund der vielfachen Nachfrage einige Experten gebeten, den Medienfonds-Markt unter wirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Aspekten zu beleuchten. Das umfangreiche Werk „Medienfonds - Das Anlegerhandbuch“ ist soeben erschienen und kann sowohl über den Aktionsbund als auch über www.amazon.de bezogen werden. Das „Anlegerhandbuch“ beginnt mit einer Übersicht über die größten Initiatoren, deren Hintergründe und Verflechtungen sowie die von diesen aufgelegten Fonds. Ein weiterer Beitrag, den ich geschrieben habe, ist insbesondere den Fonds mit sog. „Defeasance-Struktur“ gewidmet, bei denen die Rückflüsse an die Anleger durch eine Schuldübernahme einer Großbank gesichert werden. Hier erkläre ich zunächst die Struktur dieser Fonds und vergleiche verschiedene Fonds hinsichtlich ihrer prospektierten Wirtschaftlichkeit und weiterer Prospektaussagen. Der nachstehende Beitrag enthält Auszüge aus diesem Abschnitt. Meine Kollegen aus dem anwaltlichen Bereich gehen im „Anlegerhandbuch“ ferner auf die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen, die steuerlichen Problemfelder sowie die Anspruchsgrundlagen der Anleger gegenüber möglichen Anspruchsgegnern ein. Der letzte Beitrag erläutert die Handlungsmöglichkeiten, die Anlegern, die selbst aktiv werden wollen, auf Fondsebene gegeben sind. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. II. Wie viel verdienen Initiatoren an den Fonds? Bei den Recherchen und Untersuchungen hinsichtlich der Medienfonds ist uns vor allem eines sehr deutlich geworden: Die Anleger sind, wenn auch von Fonds zu Fonds in sehr unterschiedlichem Maße, erheblichen Risiken ausgesetzt. Die Initiatoren verdienen jedoch ohne nennenswertes Risiko nicht nur an bei Fondsauflage und -vermarktung entstehenden Gebühren, sondern auch an der Fondsverwaltung – und zwar unabhängig davon, ob der Fonds sich für die Anleger rechnet oder nicht. Ich habe nachstehend für verschiedene Fonds bzw. Initiatoren gegenübergestellt, in welcher Höhe in der Investitionsphase diese sog. „weichen Kosten“ angesetzt wurden, wie viel die Anleger jeweils an Eigenkapitalvermittlungsprovisionen bezahlen mussten und was die Fondsverwaltung während der laufenden Fondsbetreuung Jahr für Jahr noch verdienen will. 2.1 Allgemeine Anmerkungen Für meine Betrachtungen habe ich die auf der nächsten Seite aufgeführten Fonds untersucht und miteinander verglichen. 2.2 Anmerkungen zu den Berechnungen Die Fondsprospekte unterscheiden sich in ihren Darstellungen insbesondere bei den Investitionskosten in einigen Aspekten. So wird teilweise die Eigenkapitalbeschaffungsprovision als Bestandteil der Investitionskosten, also innerhalb des Investitionsplans, ausgewiesen, während außerhalb des Investitionsplans noch ein Agio, das ebenfalls für die Eigenkapitalbeschaffung aufgewendet wird, angesetzt wird. Der Gesamtaufwand beläuft sich dann z. B. auf 105 % des Kommanditkapitals, nicht auf 100 %. In anderen Fällen wird kein Agio berechnet, sondern die Eigenkapitalbeschaffungsprovision in einer Summe innerhalb des Investitionsplans kal- Kerstin Kondert Dipl.-Betriebsökonomin (BI), geschäftsführende Gesellschafterin der Kondert & Mainka GmbH Ausbildung: Studium Englisch und Geografie, Ausbildung zur Köchin, berufsbegleitendes Studium BWL und Ausbildung zur Mediatorin Berufliches: Seit 1988 in der Immobilienbranche tätig, Schwerpunkte zunächst Konzeption, Finanzierung und Prospektierung geschlossener Immobilienfonds, Entwicklung von Sanierungskonzepten für Not leidende Fonds, Handelsrichterin am Landgericht Berlin, Referentin, diverse Fachveröffentlichungen. Kontakt: Kondert & Mainka GmbH Knesebeckstr. 83 10623 Berlin Tel.: 0 30/88 71 51-0 Fax: 0 30/88 71 51-10 E-Mail: [email protected] www.kondert-mainka.de kuliert. In diesen Fällen entspricht der angegebene Gesamtaufwand daher dem Kommanditkapital und enthält die Eigenkapitalvermittlungsprovision vollständig. Aus diesem Grund habe ich als Bezugsgröße in meinen Vergleichsrechnungen grundsätzlich den Gesamtaufwand einschließlich Agio (Brutto-Gesamtaufwand) in Ansatz gebracht. Sofern als Bezugsgröße nicht der Gesamtaufwand, sondern das von den Anlegern in bar zu erbringende Kapital anzusetzen ist, habe ich jeweils das Barkapital zuzüglich Agio zugrunde gelegt, um die Zahlen vergleichbar zu machen. Auch die Begriffe „Herstellungskosten“ und „Produktionskosten“ werden in den Prospekten unterschiedlich verwendet. In unseren Übersichten haben wir unter dem Begriff „Herstellungskosten“ (abgekürzt „HK“ ) alle Positionen zusammengefasst, die mit der Filmherstellung direkt in Verbindung stehen. Außerhalb der Herstellungskosten, also in den sonstigen Kosten, haben wir die Gebühren für Eigenkapitalbeschaffung, Haftungs übernahme, Geschäftsführung, Steuerberatung usw., also die sog. „Weichkosten“, zusammengefasst. Die dort enthaltenen Kosten fließen im Wesentlichen den Initiatoren und mit diesen verbundenen Unternehmen zu. Fondsname Fondsname Langfassung Jahr der Prospektherausgabe Initiator Schuldübernahme durch Refinanzierung durch Laufzeit Mediastream I Mediastream Film GmbH & Co. Beteiligungs KG 2000 Ideenkapital Sparkasse Köln UNLS MP Film Management UNLS Productions GmbH & Co. KG 2000 LHI Nord LB Academy I MHF Erste Academy Film GmbH & Co. Beteiligungs KG 2001 Commerzbank Commerzbank AG Linovo LINOVO Productions GmbH & Co. KG 2001 LHI HeLaBa Dublin Mat I KG Mat Movies & Television Productions GmbH & Co. Project I KG (126) 2001 Alcas/KGAL Dresdner Bank 9,0 Jahre Mat II KG Mat Movies & Television Productions GmbH & Co. Project II KG (134) 2001 Alcas/KGAL Dresdner Bank 8,0 Jahre Mediastream II Mediastream Zweite Film GmbH & Co. Beteiligungs KG 2001 Ideenkapital Sparkasse Köln Academy II MHF Zweite Academy Film GmbH & Co. Beteiligungs KG 2002 Commerzbank Commerzbank AG Mat IV KG Mat Movies & Television Productions GmbH & Co. Project IV KG (139) 2002 Alcas/KGAL Hamburgische LB Hamburgische LB 10,0 Jahre Mediastream III Mediastream Dritte Film GmbH & Co. Beteiligungs KG 2002 Ideenkapital Sparkasse Köln Stadtsparkasse Köln 10,0 Jahre VIP 3 Film & Entertainment VIP Medienfonds 3 GmbH & Co. KG 2002 VIP Dresdner Bank Kaledo I Kaledo Productions GmbH & Co. KG 2003 LHI Nord LB, HVB Nord LB 13,0 Jahre Mediastream IV Mediastream Vierte Film GmbH & Co. Beteiligungs KG 2003 Ideenkapital Sparkasse Köln Stadtsparkasse Köln 10,0 Jahre MMDP 1 KG MMDP Munich Movie Development & Production GmbH & Co. Project 1 KG (152) 2003 Alcas/KGAL HSH Nordbank HSH Nordbank 16,5 Jahre Montranus I MONTRANUS Beteiligungs GmbH & Co. Verwaltungs KG (143) 2003 Hannover Leasing HeLaBa Dublin HeLaBa Dublin 10,0 Jahre Kaledo II KALEDO Zweite Productions GmbH & Co. KG 2004 LHI Nord LB Nord LB 17,0 Jahre Montranus II Montranus Zweite Beteiligungs GmbH & Co. Verwaltungs KG (158) 2004 Hannover Leasing HeLaBa Dublin HeLaBa Dublin 10,0 Jahre Montranus III Montranus Dritte Beteiligungs GmbH & Co. Verwaltungs KG (166) 2004 Hannover Leasing HeLaBa Dublin HeLaBa Dublin 10,0 Jahre VIP 4 Film & Entertainment VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG 2004 VIP Bayerische HVB HVB 10,0 Jahre Kaledo III Kaledo Dritte Productions GmbH & Co. KG 2005 LHI Dresdner Bank DSL Bank 13,0 Jahre 8,3 Jahre Nord LB 19,0 Jahre 6,0 Jahre HeLaBa Dublin Stadtsparkasse Köln 20,0 Jahre 9,0 Jahre 7,0 Jahre 9,0 Jahre Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 2.3 Anteil der Herstellungskosten Die VIP-Gruppe verdient mit einem Weichkostenanteil von 16,95 % des Gesamtaufwandes (inkl. Agio) von allen Initiatoren am meisten, während die LHI mit einem durchschnittlichen Weichkostenanteil von 8,36 % eher bescheiden zu nennen ist. Wie hoch ist der Prozentsatz der Anlegergelder, der nicht für die eigentliche Produktion verwendet wird, sondern dazu dient, dass in erster Linie die Initiatoren verdienen? Ich habe bei den 20 von mir untersuchten Fonds diese Zahlen zusammengestellt und je Initiator die Durchschnittswerte ermittelt: ,() #OMMERZBANK !LCAS+'!, (ANNOVER ,EASING 6)0 )DEENKAPITAL !NTEILôDERô(ERSTELLUNGSKOSTENôAMô'!ôINKLô!GIO !NTEILôDERôSONSTô+OSTENôAMô'!ôINKLô!GIO 2.4 Anteil der Eigenkapitalvermittlungsprovision Fonds von den Anlegern zu zahlen sind, im Vergleich zueinander ausfallen. Ich habe daher aus allen Investitionsplänen alle Kosten zusammengestellt, die für die Eigenkapitalbeschaffung aufgewendet werden sollen. Für die einzelnen Fonds ergibt sich folgendes Bild: Aufgrund der unterschiedlichen Darstellungen in den Prospekten (vgl. Erläuterungen oben) ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, wie hoch die Gebühren, die für die Platzierung der %+ 6ERMITTLUNGôBEZôAUFô'!ôINKLô!GIO Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. +ALEDOô))) 5.,3 --$0ôô+' +ALEDOô)) -ONTRANUSô))) -ONTRANUSô)) +ALEDOô) -ATô)6ô+' -ONTRANUSô) -EDIASTREAMô)) !CADEMYô)) ,INOVO -ATô)ô+' -ATô))ô+' -EDIASTREAMô))) !CADEMYô) 6)0ô -EDIASTREAMô)6 -EDIASTREAMô) 6)0ô 10 Diesen Reigen führt der VIP 3 mit stattlichen 13,24 % des Gesamtaufwandes zzgl. Agio an, der Kaledo III von der LHI bildet mit 4,8 % das Schlusslicht. Da die Refinanzierung jedoch praktisch mit dem Fondsanteil verkauft wird, wird der Vergleich der Eigenkapitalvermittlungsprovisionen aus unserer Sicht fairer, wenn sie nicht auf das – in einigen Fällen refinanzierte – Kommanditkapital bezogen wird, sondern lediglich auf die in bar von den Anlegern zu erbringenden Zahlungen. Hieraus wird auch deutlich, dass ein ganz erheblicher Teil der Anlegergelder nicht in die Filme, sondern in den Vertrieb der Fonds fließt: %+ "ESCHAFFUNGôINôôDESô"ARKAPITALSôINKLô!GIO Die den Initiatoren durchschnittlich zufließenden Eigenkapitalvermittlungsprovisionen in den von uns untersuchten Fonds im Vergleich: Der Vergleich verdeutlicht, zu welch unter- --$0ôô+' !CADEMYô)) +ALEDOô) +ALEDOô)) -ATô))ô+' -ATô)ô+' +ALEDOô))) !CADEMYô) 5.,3 -ONTRANUSô))) -ONTRANUSô)) -ONTRANUSô) ,INOVO -ATô)6ô+' -EDIASTREAMô) 6)0ô -EDIASTREAMô)) -EDIASTREAMô)6 -EDIASTREAMô))) 6)0ô schiedlichen Provisionssätzen sich Medienfonds vertreiben lassen. %+ "ESCHAFFUNGôINôôDESô"ARKAPITALSôINKLô!GIO ôDURCHSCHNITTLICH #OMMERZBANK )DEENKAPITAL 6)0 (ANNOVER ,EASING ,() !LCAS+'!, Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 11 Im Übrigen haben Ideenkapital, LHI und KGAL/Alcas (diese nur in den zuletzt aufgelegten Fonds) die Prospektklarheit dadurch verbessert, dass sie kein Agio außerhalb des Investitionsplans aufweisen, sondern die Eigenkapitalvermittlungsprovision in voller Höhe als Bestandteil des Investitionsplans berücksichtigen und damit auch allen Berechnungen als Bezugsgröße das Eigenkapital einschließlich Vertriebsgebühr zugrunde legen. In den übrigen Fällen steht das Agio außerhalb des Investitionsplans. Alle im Prospekt enthaltenen Angaben zur Wirtschaftlichkeit lassen das Agio in diesen Fällen unberücksichtigt, sodass die tatsächlichen Werte grundsätzlich ungünstiger ausfallen als prospektiert. 2.5 Laufende Ausgaben Der Fondsinitiator verdient aber nicht nur an der Konzeption des Fonds, sondern auch an dessen laufender Verwaltung. Die laufenden Kosten schmälern den Ertrag, der bei den Anlegern ankommt. Auch hier beteiligt sich die VIP-Gruppe stärker an den Erträgen des Fonds als andere Initiatoren: ,AUFENDEô!USGABENôINôôDESô'!ôINKLô!GIO Mit laufenden Kosten von 8,8 % bzw. 7,4 % des Bruttogesamtaufwandes pro Jahr par tizipiert die VIP-Gruppe erheblich an den Erträgen der Fonds. Der danach teuerste Initiator, die Commerzbank AG, liegt bereits deutlich unter 5 % und hat vom Academy I zum Academy II die Gebühren nochmals deutlich gesenkt. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. -ONTRANUSô) -EDIASTREAMô))) +ALEDOô))) -EDIASTREAMô) -EDIASTREAMô)) -ONTRANUSô))) -ONTRANUSô)) 5.,3 -ATô)ô+' !CADEMYô) --$0ôô+' +ALEDOô)) -EDIASTREAMô)6 ,INOVO -ATô))ô+' -ATô)6ô+' +ALEDOô) !CADEMYô)) 6)0ô 6)0ô Weitere Informationen zu den Initiatoren und zu den Prospektaussagen im Vergleich finden Sie in unserem „Anlegerhandbuch“. 12 Vorsitzender des „Bankensenates“ des BGH verhöhnt Anleger Dr. Wolfgang Schirp Rechtsanwalt Ausbildung: juristische Ausbildung in Kiel, Göttingen, Freiburg und Brüssel Berufserfahrung: seit 1994 Anwalt, zunächst in Freiburg mit den Schwerpunkten Kapitalanlagerecht und Baurecht, seit 1996 in Berlin, 2000 Gründung der Kanzlei Schirp&Apel mit nahezu ausschließlicher Tätigkeit im Kapitalanlagerecht, 2002 Fusion zur heutigen Kanzlei Schirp SchmidtMorsbach Apel Nebentätigkeiten: zahlreiche Veröffentlichungen zum Kapitalanlagerecht, zum Bau recht und zum deutsch-polnischen Rechtsverkehr Kontakt: RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin Tel.: 0 30/32 76 17-0 Fax: 0 30/32 76 17-17 E-Mail: [email protected] www.ssma.de von Dr. Wolfgang Schirp Beim Bundesgerichtshof ist der XI. Senat für Bankensachen zuständig. Er wird demgemäß auch als „Bankensenat“ bezeichnet. Seine wenig anlegerfreundliche Entscheidungspraxis ist bekannt. Insbesondere die Zeichner von GbR-Fonds, darunter auch die Zeichner von Fonds, die im sozialen Wohnungsbau investiert haben, haben Anlass, dem XI. Senat gram zu sein. Das rigide Haftungsregime, dem diese Anleger unter worfen werden, ist ganz wesentlich auf die Entscheidungspraxis des XI. Senates zurück zuführen. Vorsitzender dieses XI. Senates ist Gerd Nobbe. Herr Nobbe ist mithin für viele der anlegerfeindlichen Entscheidungen der letzten Jahre mitverantwortlich. Ein aktuelles Zitat liefert Einblicke in die Richterseele – wahrscheinlich nicht nur in seine eigene, sondern auch in die von vielen seiner Fachkollegen: „Nun soll durchaus nicht geleugnet werden, dass es dumme, uninformierte und leichtsinnige, der kreditgebenden Bank nicht gewachsene Verbraucher in großer Zahl gibt. Das hinter dem BGB und seinen grundlegenden Wertungen stehende Leitbild des „vernünftigen, selbstverantwortlichen und urteilsfähigen Rechtsgenossen“ aus Franz Wieackers „Privatgeschichte der Neuzeit“ (Anmerkung des Verfassers: 2. Auflage 1967) ist zu optimistisch. Dies gilt gerade nach Herabsetzung der Volljährigkeitsgrenze auf 18 Jahre. Nicht wenige junge Erwachsene müssten zur Geschäftsfähigkeit eigentlich erst erzogen werden ....“ Dieses Zitat ist bemerkenswert und verdient, von verschiedenen Seiten beleuchtet zu werden. Zum einen ist der Tonfall ungewöhnlich. „Dumm“, „uninformiert“, „leichtsinnig“ – steht es einem Richter wirklich zu, Menschen, die typischerweise auf einer Prozessseite vor ihm auftauchen, in dieser Weise abzuqualifizieren? Ist das noch die Denk- und Sprechweise eines unbefangenen Richters? Man fragt sich aber auch: Wieso blendet der Richter in seinem Zitat das massive Verschulden der Bankenseite so vollständig aus? Denn dass die „dummen, uninformierten und leichtsinnigen“ Menschen, die Herr Nobbe aufs Korn nimmt, sich heillos in schlechten Verträgen verstri- cken, liegt doch daran, dass ihnen diese Verträge von bösartigen und berechnenden Menschen vorgelegt werden! Von Menschen, die keine Hemmungen haben, den Vertrauensvorschuss auszunutzen, der Banken entgegengebracht wird. Von Menschen, die kein Problem damit haben, jemanden zu übervorteilen, der ihnen intellektuell nicht gewachsen ist oder der zumindest aktuell keine vergleichbaren Kenntnisse über den Gegenstand seiner Kapitalanlage haben kann. Von Menschen, die erheblich gieriger sind als die Anleger, bei denen diese Eigenschaft ständig angeprangert wird. All diese Elemente kommen in Gerd Nobbes Schilderung nicht vor. Interessant ist aber auch, in welcher Form mit dem Menschenbild des BGB argumentiert wird: Die Väter des BGB hatten in der Tat ein bestimmtes Menschenbild vor Augen, nämlich einen intelligenten, vorsichtigen, selbstbestimmten Menschen, der seine Interessen kennt und klug wahrnimmt. Es trifft sicherlich zu, dass die Marktakteure auf Anlegerseite häufig hinter diesem Bild zurückbleiben. Oftmals lassen auch die Umstände das überlegte, hochrationale Agieren nicht zu, von dem das BGB ausgeht. Das Menschenbild der Väter des BGB hatte aber noch weitere wesentliche Elemente: Die Väter des BGB gingen nämlich von einem ehrlichen, verlässlichen Menschen aus, der seine Vertragspartner nicht hinters Licht führt, sondern auf dessen Wort Verlass ist und der seine zugesagten Leistungen auch tatsächlich erbringt. Und dieses weitere Element des Menschenbildes wird auf Bankenseite vielfach verletzt – und Betrachtungsweisen wie die zitierte leisten dem noch Vorschub. Wenn Herr Nobbe mit seinem zitierten Beitrag recht hätte, könnten wir den Tatbestand des Betruges aus dem StGB streichen. Der Betrug ist ein sogenanntes „Selbstschädigungsdelikt“. Der finale Schlag, der das Vermögen des Opfers trifft, wird vom Opfer selbst ausgeführt – eben weil das Opfer der Täuschungshandlung des Täters aufgesessen ist. Wenn Herr Nobbe recht hätte, dann geschieht das dem Opfer doch nur recht – hätte es halt besser aufpassen sollen! Offenbar haben aber die Väter bzw. Mütter des StGB das anders beurteilt und können sich eben doch Fälle vorstellen, in denen Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 13 auch ein getäuschter Selbst-Schädiger Schutz verdient – und der Täter des Deliktes eine Strafe. Was würde wohl ein Bundesrichter selbst sagen, wenn er seinen Wagen aus der Werkstatt holt, 1.000 € wegen einer bestimmten Arbeit bezahlt, aber die Arbeit ist gar nicht ausgeführt, das bezahlte Ersatzteil gar nicht eingebaut worden? Würde er sagen „Ich habe mich dumm verhalten, ich hätte wirklich selbst unter die Haube schauen müssen. Und gegebenenfalls vorher noch eine Mechaniker-Lehre machen, damit ich beurteilen kann, was ich sehe“? Oder würde er sagen „Ich bin betrogen worden, ich will mein Geld zurück!“. Das Spielfeld, in dem der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. arbeitet und seine Hilfestellung erbringt, ist derzeit einem rasenden Wandel unterworfen. Die großen Nicht-Banken-Inititiatoren und Vertriebe (Banghard, Hanne, Ohoven, Dr. Ebertz, Jagdfeld, Bassmann, Haschtmann, Görlich etc. pp.), die früher große Teile des Marktes Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. beherrscht haben, sind entweder schon aus dem Wirtschaftsleben verschwunden oder haben hart zu kämpfen. Ihr vormaliges Geschäft ist fast vollständig von den Banken aufgesaugt worden. Damit ist aber kein Jota mehr Ehrlichkeit in den Markt gekommen. Und die Qualität der Beratung ist – im Zweifel – sogar gefallen. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. hat eine konkrete Mission, eine gesellschaftliche Aufgabe ersten Ranges; sie liegt darin, diesen Paradigmenwechsel mit Know-how, Integrität und harter Arbeit zu begleiten, Verantwortlichkeit einzufordern, wo wir sie finden, den Menschen zu helfen, über die Bundesrichter sich lustig zu machen, und so schlussendlich einen Beitrag zu einem „Ausmendeln“ besserer, klarerer, ehrlicherer Marktstrukturen zu leisten. Und so mag sogar ein Zitat wie das eingangs genannte zumindest noch ein Gutes haben: Es macht uns einmal wieder bewusst, wer wir sind und wofür wir im Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. kämpfen. Es gibt noch viel zu tun. 14 NAV Virchow-Bund Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V. von Thomas Lippert In der Ausgabe 1/2008 habe ich über die unendliche Rendite und den NAV berichtet. Der offene Brief an den jetzigen Bundesvorsitzenden des NAV Virchow-Bundes, Herrn Dr. Klaus Bittmann, war ebenfalls abgedruckt. Der Bundesvorsitzende hat reagiert und den Aktionsbund um ein persönliches Gespräch gebeten. Daraufhin trafen sich Herr Lutz Neumann, Gründungsmitglied des AAA, und ich am 26. Juni 2008 mit ihm und Herrn Greppmeir, dem Hauptgeschäftsführer und Leiter der Pressestelle des NAV Virchow-Bundes. Bei diesem Termin haben wir klar zum Ausdruck gebracht, dass wir den NAV VirchowBund in der Aufklärungspflicht sehen und eine Distanzierung zur NAV-Wirtschaftsdienst GmbH auch in der Öffentlichkeit erfolgen müsse. Herrn Dr. Bittmann war offenbar nicht klar, wie viele seiner Berufskollegen durch die NAVWirtschaftsdienst GmbH in geschlossene Immobilienfonds gedrängt worden waren. Auch glaubte er irrtümlich, dass Sanierungsbeiträge nur von Immobilienfonds gefordert werden, die vom Wegfall der Anschlussförderung in Berlin betroffen sind. Wir haben ihn darüber informiert, dass daneben auch refinanzierte Eigentumswohnungen und Immobilienfonds, die im freifinanzierten Wohnungsbau von der NAVWirtschaftsdienst GmbH vermittelt wurden, hohe Nachschüsse verlangen. Des Weiteren haben wir das Thema Versicherungsvermittlung durch den NAV angesprochen. Partner der NAV-Wirtschaftsdienst GmbH war viele Jahre die Victoria Versicherungs AG, ein Unternehmen der ERGO Versicherungsgruppe. Bei vielen mit ihr bestehenden Versicherungsverhältnissen liegen die Ablaufleistungen weit hinter den in den Vorjahren bekannt gegebenen Werten, sodass auch hier Lücken entstanden sind, die durch Versicherungsnehmer geschlossen werden müssen. Herr Dr. Bittmann hat zugesagt, den Aktionsbund bei der Aufklärung zu unterstützen und gemeinsam die weiteren Schritte festzulegen. Zwischenzeitlich haben auch die Medien auf die Forderungen des Aktionsbundes reagiert. So veröffentlichte am 14. Mai 2008 die Ärzte Zeitung einen Artikel und am 17. Mai 2008 sendete anlegerschutz.tv einen Bericht zu diesem Thema. Weitere Beiträge erschienen bei der Ärzte Zeitung am 2. Juli 2008 sowie bei Medical Tribune und auf der Titelseite von Der Kassenarzt. Dem Beitrag in Der Kassenarzt lag ein Fragebogen bei, dessen Auswertung im nächsten Heft erfolgen soll. Die engen Beziehungen zwischen dem NAV Virchow-Bund, der NAV-Wirtschaftsdienst GmbH und der nilaplan Unternehmensberatungen für Heilberufe GmbH sollen nachfolgend noch einmal verdeutlicht werden. Auf der Internetseite des NAV VirchowBundes gelangt man schnell über die Rubrik „Unternehmen, Arztpraxis“ auf die Seite der NAV-Wirtschaftsdienst GmbH. Vertretungsberechtigte Geschäftsführer sind Wilfried Botz, Hans-Jürgen Sattler und Markus Schön. Partner der NAV-Wirtschaftsdienst GmbH sind die nilaplan Unternehmensberatungen für Heilberufe GmbH, deren Geschäftsführer Josef Zdarta und ebenfalls Wilfried Botz und Hans-Jürgen Sattler sind, sowie die CentaCon GmbH und die Wirtschafts- und Praxisverlag GmbH. Der Praxisverlag wiederum gibt die Zeitschrift „Der niedergelassene Arzt“ heraus, das offizielle Verbandsorgan des NAV Virchow-Bundes. Damit schließt sich der Kreis. Auch die räumliche Nähe der genannten Unternehmen spricht für die engen Beziehungen zwischen ihnen. Ihre Geschäftsräume befinden sich fast ausschließlich in einem Gebäude in der Sedanstraße bzw. Belfortstraße in Köln. Darüber hinaus werden die zwischen ihnen bestehenden Verflechtungen anhand der Gesellschafterstrukturen deutlich: 100 % des Gesellschaftskapitals der nilaplan Unternehmensberatungen für Heilberufe GmbH werden durch die NAV-Wirtschaftsdienst GmbH gehalten. Die NAV-Wirtschaftsdienst GmbH wurde im Jahre 1968 durch den NAV Virchow-Bund gegründet. Dieser hat später seine Gesellschaftsanteile weitestgehend an die Eccle- Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 15 sia Versicherungsdienst GmbH verkauft. Heute sind Anteilseigner der NAV-Wirtschaftsdienst GmbH die VMD Versicherungsdienst GmbH, eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Ecclesia Versicherungsdienst GmbH, mit rund 88 %, Herr Dr. Wolter Russel sowie der NAV VirchowBund mit rund 5 %. Gesellschafter der Ecclesia Gruppe sind die Evangelische Kirche, die Caritas, die Diakonie und für den UNION Versicherungsdienst der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband. Als die NAV-Wirtschaftsdienst GmbH Immobilienfonds vermittelte, hielt mithin der NAV Virchow-Bund die Mehrheit an dieser. Damit steht fest, dass sämtliche Provisionen aus diesen Vermittlungsgeschäften auch an den Verband geflossen sind. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. wird weiterhin für Aufklärung sorgen und die Gespräche mit dem NAV Virchow-Bund intensivieren. In der Vereinssatzung des NAV VirchowBundes steht in § 2 Ziel und Zweck unter Abs. 4: „Der Zweck des Verbandes ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.“ Wie wurde mit diesem Satz in der Vergangenheit umgegangen? Der AAA fordert Aufklärung! Anzeige: Medienfonds oder Filmfonds waren jahrelang die eierlegende Wollmilchsau des grauen Kapitalmarkts. Die Liste der Initiatoren liest sich wie das Whoʼs Who der deutschen Geldspezialisten: Von Ohovens Cinerenta bis zu den Banken des genossenschaftlichen Sektors waren alle dabei. Mit diesen Fonds sollte man einerseits Steuern sparen wie mit keinem anderen Produkt zuvor. Andererseits versprachen die bunten Angebotsprospekte märchenhafte Renditen. Inzwischen schwanken die Anleger zwischen Ernüchterung und Panik, denn die Horrormeldungen reißen nicht ab. – Die Finanzämter streichen die Steuervorteile. – Initiatoren und Fondsverwalter stehen unter Strafanklage. –D ie produzierten Filme spielen teilweise nicht einmal ihre Produktionskosten ein. Die deutschen Anleger haben seit 1998 mehr als 10 Mrd. EUR in Medienfonds angelegt. Ihre Investi tion ist verloren, und die Verluste werden nicht einmal steuerlich anerkannt. Dies ist das erste Buch über Medienfonds nach der Krise. Es beleuchtet den Markt kritisch und untersucht die rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen, die in diesem Zusammenhang auftauchen. Hinzu kommen Tipps und Tricks für geschädigte Anleger. Für 39,90 EUR im Buchhandel. Nur für AAA-Mitglieder 19,95 EUR zzgl. 3 EUR Versandkosten, zu bestellen bei der Verwaltung in Tüßling: [email protected] Tel.: 0 86 33/50 67 14 Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 16 Drohende Bankenvollstreckungen gegen GbR-Anleger Dr. Marc H. Lampe LL.M. (Cambridge) Rechtsanwalt Ausbildung: Studium in Göttingen, Tübingen und Cambridge (LL.M. 1994) Beruflicher Werdegang: Tätigkeiten in internationalem Verlag in Amsterdam und einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 1998 Zulassung als Rechtsanwalt zunächst in Hamburg, seit 2001 in Berlin Hauptarbeitsgebiete: Kapitalanlagerecht Gesellschaftsrecht Kontakt: RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin Tel.: 0 30/32 76 17-0 Fax: 0 30/32 76 17-17 E-Mail: [email protected] www.ssma.de Unterwerfungserklärungen der Anleger sind größtenteils wertlos von Dr. Marc H. Lampe Das Landgericht Berlin hatte also doch recht, als es im Sommer 2006 vielen Banken die Erteilung einer Vollstreckungsklausel in Bezug auf die Anleger von GbR-Fonds versagte. Banken, die geschlossene Fonds finanzieren und sich nicht bei Abschluss der Darlehen Vollstreckungsklauseln erteilen lassen haben, können also nicht sofort unmittelbar in die Privatvermögen der Anleger vollstrecken. Der BGH hat am 17. April 2008 (Az.: V ZB 146/07, NJW 2008, 2266 = WM 2008, 1278) entschieden, dass Notare und Gerichte den Banken auf Antrag in aller Regel Vollstreckungsklauseln nicht erteilen dürfen. Damit hat dieses Notarbeschwerdeverfahren, dessen Instanzenzug die Leser des Anlegerschutzbriefes Schritt für Schritt verfolgen konnten (Ausgabe 1/2007, Seite 17–20; 2/2007, Seite 11–14), ein erfreuliches Ende gefunden. I. Problemstellung Die meisten Anleger geschlossener Fonds sind vor dem Beitritt nicht ordnungsgemäß darüber aufgeklärt worden, dass sie regelmäßig der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Privatvermögen unterworfen werden. Bei einem wirtschaftlichen Zusammenbruch eines Fonds kann, je nach Fondskonzeption, insbesondere je nach der Höhe des Fremdkapitals, die Haftung für diese Darlehen schnell das Doppelte der Einlage betragen. Die Einlage ist dann schon lange verloren. Bei Immobilienfonds sind die Banken gemäß ihren Darlehensverträgen mit den Fonds zumeist nicht verpflichtet, zuerst in der Verwertung der Immobilie Befriedigung zu suchen. Die Beitritte wurden und werden bei geschlossenen Fonds meist nur vermittels eines privatschriftlichen Zeichnungsscheins bewirkt, mit dem der Zeichner (mehr oder weniger versteckt) eine Person aus dem Umkreis der Fondsinitiatoren zur Vornahme dieser Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung bevollmächtigt. Die notarielle Form, der die Unterwerfungserklärung genügen muss, erfordert nach herrschender Rechtsauffassung, dass bei Vertretung nicht der Vertretene, sondern nur der Vertreter vom Notar über die Risiken aufgeklärt wird. Der Notar warnt hier gewissermaßen die falsche Person. Das hat die Gerichte bislang nicht gestört und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, maßgeblich geprägt durch den XI. Zivilsenat, wurden und werden Anleger geschlossener Fonds durchweg zur Haftung für die Fondsdarlehen verurteilt. II. Im Ergebnis bestätigte Rechtsauffassung des LG Berlin Über unterschiedliche Vorentscheidungen von Notaren und Amtsgerichten gelangte im Sommer 2006 eine Reihe von Streitigkeiten zum Landgericht Berlin, wo darüber zu entscheiden war, ob Banken, die wegen Darlehen an geschlossene Immobilienfonds in Form von GbRs die Zwangsvollstreckung in die private Vermögenssphäre der Anleger betreiben wollten, die dazu erforderliche Vollstreckungsklausel zu erteilen war. Das Landgericht hat seinerzeit in, soweit wir erkennen können, allen Fällen die Klauselerteilung für unzulässig erklärt mit der Begründung, die Beitrittserklärungen bzw. Zeichnungsscheine, die von den Banken und Fondsinitiatoren zur Zwangsvollstreckungsunterwerfung der Anleger genutzt wurden, seien für diese Unterwerfung nicht hinreichend. Weder seien die Vollmachten zu diesem Zweck unmiss verständlich gewesen noch vorbehaltlos. Tatsächlich haben sich seinerzeit die Fondsinitiatoren (einige hier besprochene Gerichtsentscheidungen betreffen Fonds des Emissionshauses Dr. Görlich) alle Mühe gegeben, Laien und Fachleute durch Vorbehalt (vorbehaltlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung) und schwammige Formulierungen (noch zu erteilende Vollmachten, dem Zeichner sind die in dem abzuschließenden Geschäftsbesorgungsvertrag zu erteilenden Vollmachten bekannt) von den gravierenden Rechtshandlungen abzulenken, zu denen sie die Beitrittserklärungen verwenden wollten (im Einzelnen Anlegerschutzbrief 1/2007, Seite 18 f.). Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 17 III. Inhalt der neuen Entscheidung des BGH Der BGH vereinfacht die Rechtslage nun erheblich. Er beschäftigt sich nur kurz mit der Frage, ob die Formulierungen der Beitrittserklärung, die der Anleger mit seiner Unterschrift bestätigt hat, die Unterwerfung seiner Person und seines Vermögens im jeweiligen Bestand unter die sofortige Zwangsvollstreckung tragen. Hier waren ja, wie berichtet, das Landgericht Berlin und das Kammergericht unterschiedlicher Auffassung. Insoweit dürften sowohl die Beschlüsse des Landgerichts als auch die des Kammergerichts vom 2. März 2007 (Az.: 9 W 111 & 112/06, unveröffentlicht) und vom 29. November 2007 (Az.: 9 W 83/07, OLGR 2008, 440) überholt sein. Nach Auffassung des Kammergerichts sollten Beitrittserklärungen genügen, falls diese auf einen im Prospekt abgedruckten Geschäftsbesorgungsvertrag verweisen und im Prospekt eine Vollmacht sowie die Verpflichtung zur Abgabe von Zwangsvollstreckungsunterwerfungen durch die Anleger enthalten ist. Darauf, ob dem Anleger der Prospekt zum Zeitpunkt der Zeichnung überhaupt vorlag, sollte es nicht ankommen. Der BGH schreibt hierzu schlicht, die Vollstreckungsorgane seien zu einer inhaltlichen Überprüfung des Titels nicht berufen und wären mit den Mitteln des Klauselerteilungs- und Zwangsvollstreckungsverfahrens dazu auch nicht in der Lage. Bei inhaltlichen Mängeln müsse der Schuldner grundsätzlich Vollstreckungsgegenklage erheben. Auf die Frage, ob die Klausel auch deshalb zu versagen war, weil die Unterwerfungsvollmacht nichtig und dies aus ihr selbst heraus ersichtlich war, komme es nicht an. Es sei demnach rechtlich zutreffend, dass Fondsinitiatoren und Banken bei Auflegung des Fonds, bei Abschluss der Darlehensverträge und bei der Unterwerfung der Anleger (unter die Zwangsvollstreckung) mit einer privatschriftlichen Beitrittserklärung ausgekommen seien. Es habe keiner notariell beurkundeten Vollmacht bedurft, um Geschäftsbesorgungsvertrag, Darlehensvertrag sowie insbesondere die Zwangsvollstreckungsunterwerfungen der Anleger rechtswirksam zu begründen (vgl. etwa die Vorinstanz KG, Beschluss v. 29. November 2007, Az.: 9 W 83/07, OLGR 2008, 440; sowie BGH, Urteil v. 25.10.2005, Az.: XI ZR 402/03, ZIP 2006, 154). Die privatschriftlichen Erklärungen der Anleger, die Fondsvertriebe auf mehr oder weniger lautere Weise produzierten, genügen nach einhelliger Rechtsauffassung den Form erfordernissen. Die Zwangsvollstreckungsunterwerfungen der Anleger sind wirksam. Davon möchte der BGH jetzt auch nicht abweichen. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Gleichwohl, belehrt uns der BGH nun, reichten die Zwangsvollstreckungsunterwerfungen der Anleger für die Zwangsvollstreckung nicht aus. Anleger werden also zum Glück nicht der sofortigen Vollstreckung vonseiten der FondsBanken ausgeliefert und bezüglich jeglicher Verteidigungsmöglichkeit auf die Vollstreckungsgegenklage verwiesen, für die der Anleger Klage einreichen und zunächst einmal den Gerichtskostenvorschuss aufbringen muss. Die Unterwerfungserklärungen sind nämlich nur als Rechtstitel wirksam. Der BGH differenziert, anders als die Vorinstanzen, zwischen Wirksamkeit des Titels und den Voraussetzungen für eine Klauselerteilung. Es sei hinzunehmen, dass ein Gläubiger über eine wirksame Zwangsvollstreckungsunterwerfung verfüge, sie zu ihrem eigentlichen Zweck, der Zwangsvollstreckung, aber gegebenenfalls nicht verwenden könne. Das Klauselerteilungsverfahren sei ein formalisiertes Verfahren (wie auch z.B. das Mahnverfahren und andere Teile der Zwangsvollstreckung), welches im Interesse einer effizienten Vollstreckung weitgehend auf die vorherige Anhörung des Schuldners verzichte. Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung müssten für Notare und Gerichte einfach, aber auch hinreichend verlässlich nachgewiesen und geprüft werden können. Das, und nun kommt eine entscheidende Hürde, sei nur mit Nachweisen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu erreichen. Zu diesen Nachweisen, die dieser besonderen Form genügen müssten, zähle nicht nur die Erklärung zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung, sondern auch die Vollmacht, falls ein Vertreter die Unterwerfungserklärung abgegeben habe. IV. Bewertung der Rechtslage Der BGH verlangt also, dass die Bank zur Erlangung einer Klausel gegenüber einem Anleger die Vollmacht dieses Anlegers in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde vorweisen muss. Darüber verfügt die Bank regelmäßig nicht. Beitrittserklärungen zu geschlossenen Fonds sind ganz überwiegend keine öffentlichen Urkunden, weil sie nicht im Beisein eines Notars oder einer öffentlichen Stelle aufgenommen oder beglaubigt worden sind. An diesem Punkt werden also Anträge von Banken auf Erteilung von Vollstreckungsklauseln gegenüber Anlegern regelmäßig scheitern. Die Voraussetzung öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form für die Vollmacht ist nicht neu. Sie ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, aber immerhin aus einer entsprechenden Anwendung einer Gesetzesvorschrift (§ 726 ZPO). Diese entsprechende Anwen- 18 dung ist unter Gerichten und Rechtsgelehrten die herrschende Auffassung. Die erkennenden Richter des BGH haben sie in einer früheren Entscheidung (Beschluss v. 21.09.2006, Az.: V ZB 76/06, WM 2006, 2266) schon einmal deutlich zum Ausdruck gebracht. Der neuen Entscheidung des BGH stehen Entscheidungen des XI. Zivilsenates nicht entgegen, wie die Vorinstanz gemutmaßt hatte. Der XI. Senat des BGH vertritt die Auffassung, dass schwebend unwirksame Zwangsvollstreckungsunterwerfungen, welche unqualifizierte Vertreter (RBeratG) für Fondsanleger erklärt haben, auch dann wegen Treu und Glauben als wirksam zu gelten haben, wenn der Gesellschaftsvertrag und der Darlehensvertrag eine Verpflichtung der Anleger zur Abgabe solcher Erklärungen vorsehen (BGH, Urteil v. 25.10.2005, Az.: XI ZR 402/03, ZIP 2006, 154 und BGH, Urteil v. 17. Oktober 2006, Az.: XI ZR 19/05, WM 2007, 62, Rdn. 42). Es ist unstreitig, dass sich die Bank in einem Klageverfahren unter den Voraussetzungen des materiellen Rechts, zu denen auch die Rechtsprechung des XI. Senates des BGH zählt, einen vollstreckbaren Titel besorgen kann. Will die Bank dagegen unmittelbar aus den Unterwerfungserklärungen der Anleger, die ihr bei Gründung des Fonds erteilt worden sind, gegen diese vorgehen, benötigt sie zur Vorlage beim Notar (oder ausnahmsweise Amtsgericht) eine Vollmacht des Anlegers in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde. V. Handlungsempfehlungen Sie kann sich vollstreckbare Ausfertigungen von den Unterwerfungserklärungen der Anleger aber auch dann nicht mehr beschaffen, wenn die Vollstreckungsklausel zugunsten eines früheren Rechtsträgers erteilt worden ist, die Bank also etwa auf eine andere Bank fusioniert worden ist oder Darlehensforderungen verkauft hat. Zu prüfen ist also, ob die Bank, die aktuell mit sofortiger Zwangsvollstreckung droht, unter ihrem Namen über vollstreckbare Ausfertigungen verfügt. Ist dies nicht der Fall, müsste sie, um aus den Unterwerfungserklärungen sofort vollstrecken zu können, eine neue Klausel beantragen. Ohne Vollmachten der Anleger (auf ihren Namen und) in öffentlicher Form darf ihr aber nun keine Klausel erteilt werden. Die Vollstreckungsunterwerfungserklärungen der Anleger sind in diesen Fällen wertlos, da ein Antrag keine Erfolgsaussichten besitzt. Der Bank bleibt nur mehr der Gang des normalen Gerichtsverfahrens, um auf diese Weise einen Titel in vollstreckbarer Ausfertigung gegen den Anleger zu erwirken. Eine Vollstreckung der Bank in das persönliche Vermögen wird dann erst mit erheblichem Zeitverzug möglich und ein Erfolg ist in einem Klageverfahren niemals zu 100 % sicher. Ein Klageverfahren dauert je nach Gericht etwa ein Jahr, das bedrängte Anleger nun Aufschub erlangen können. Sinnvoller Weise vermeiden Anleger und Banken dieses Klageverfahren und einigen sich vergleichsweise. Die Verhandlungsposition der durch Zwangsvollstreckung bedrohten Anleger hat sich durch den BGH-Beschluss vom 17. April 2008 erheblich verbessert, auch wenn sich Anleger mittelfristig darauf einstellen sollten, dass sie für den Rückzahlungsanspruch der Bank wahrscheinlich einstehen müssen. Unser Rat an Anleger geschlossener Fonds, denen ein Fremdkapitalgeber des Fonds mit Vollstreckungsmaßnahmen in ihr Privatvermögen droht, muss daher geändert werden. Er geht dahin, sich zunächst bei der Fondsverwaltung oder, falls vorhanden, beim Beirat zu erkundigen, ob der bzw. den fondsfinanzierenden Banken für deren Darlehensforderungen eine vollstreckbare Ausfertigung der Unterwerfungserklärungen der Anleger vorliegt. Viele Banken haben sich nämlich bei Auflegung des Fonds nur Erklärungen der Anleger über die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung geben lassen, nicht aber diese Erklärungen von einem Notar mit Vollstreckungsvermerken („Vollstreckungsklausel“, damit entsteht die vollstreckbare Ausfertigung) versehen lassen. Liegt der Bank keine vollstreckbare Ausfertigung gegenüber den Anlegern vor, kann sie sich eine solche nach neuem Recht nicht mehr durch einen Antrag beim Notar beschaffen, weil sie regelmäßig nicht über öffentliche Vollmachten verfügt. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 19 Schnee-Rente bzw. SicherheitsKompakt-Rente: Der britische Versicherer Clerical Medical steht im Zentrum der Kritik von Dr. Wolfgang Schirp Betina Mainka berichtet in der aktuellen Ausgabe des „Anlegerschutzbriefes“ von Problemen in denjenigen Fonds, die in Lebensversicherungspolicen investiert haben. Diese Fonds sind aber nicht die einzige „Baustelle“, die sich zurzeit im Zusammenhang mit Lebensversicherern auftut und bei der Mitglieder des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. betroffen sind. In den persönlichen Auswirkungen noch viel gravierender sind die Fälle, in denen Anleger kreditfinanzierte Lebensversicherungs- und Rentenversicherungsverträge abgeschlossen haben (Stichwort: „SchneeRente“ bzw. „Sicherheits-Kompakt-Rente“) und in denen die Ablaufleistung der Lebensversicherung nunmehr zur Tilgung der Darlehen nicht ausreicht. Größter Anbieter derartiger Produkte war der britische Versicherer CLERICAL MEDICAL. Seit Mitte der 90er-Jahre hat CLERICAL MEDICAL in Deutschland in großem Umfang Versicherungsverträge verkauft – die Rede ist von über 20.000 Verträgen – , die in vielen Fällen als sogenanntes „Tilgungsinstrument“ mit Finanzierungsverträgen verbunden wurden. Größter Vertriebspartner auf deutscher Seite war die Schnee-Gruppe, die allein ca. 5.000 Vertragspakete dieser Art vermittelt haben soll. Diese Vertragskonstrukte sind heute vielfach Not leidend. Den Geschädigten drohen erhebliche Deckungslücken. Die betroffenen Anleger fordern CLERICAL MEDICAL auf, Verantwortung zu übernehmen. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. hilft den Geschädigten, sich zu organisieren. I. Das Vertragskonstrukt und die Folgen Wie waren diese Vertragskonstrukte beschaffen? Vereinfacht dargestellt geht es um Folgendes: Die betroffenen Anleger nahmen in Deutschland ein Darlehen auf, welches zum einen Teil in eine lebenslang laufende Rentenversicherung und zum anderen Teil in eine Versicherung bei CLERICAL MEDICAL investiert wurde. Die Versicherung bei CLERICAL MEDICAL mit ihren vermeintlich herausragenden Renditen sollte – bei Fälligkeit – das in Deutschland aufgenommene Darlehen tilgen. Der Kunde sollte sodann die weiter be- Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. stehende Rentenversicherung nutzen können, ohne dafür wesentliches Kapital eingesetzt zu haben. Also ein „deus ex machina“, eine vermeintliche risikolose Geldvermehrung, die Schaffung einer Rente mit minimalem persönlichen Aufwand. Leider geht die Rechnung nicht auf. Alle Beschwichtigungsversuche nützen nichts mehr, die Entwicklung ist äußerst bedrohlich. CLERICAL MEDICAL hat, wie andere britische und kontinentaleuropäische Versicherer auch, in den vergangenen Jahren nur sehr niedrige Wertzuwächse der Versicherungen ausgewiesen. Keine Rede ist mehr von den 8 %, 10 % oder gar 12 % Jahresrendite, die angeblich in der Vergangenheit ständig erzielt worden waren und auf deren Grundlage die Kunden eingeworben worden waren. Tatsächlich will CLERICAL MEDICAL den Kunden nur noch minimale Wertzuwächse gutschreiben. Aber auch unabhängig von den konkret mitgeteilten Zahlen: Generell lassen die Abrechnungen von CLERICAL MEDICAL jegliche Transparenz vermissen. Der Kunde kann nicht einmal im Ansatz erkennen, wie sich die Wertentwicklung seines Vertrages ergeben soll, insbesondere auch, aus welchen Gründen sie – angeblich – so schlecht ist. II. Die rechtlichen Angriffspunkte Seitdem wir im Rahmen des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. die Recherchen aufgenommen haben, ist uns – unter anderem – ein Gesichtspunkt ins Auge gefallen, der in der zuvor geführten Diskussion der Fälle noch nicht ausreichende Beachtung gefunden hatte. Nach deutschem Versicherungsrecht muss dem Kunden jederzeit der wahre Zeitwert seines Vertrages gewährleistet werden. Wir sehen zahlreiche Verstöße von CLERICAL MEDICAL gegen diese Vorschrift. Bei CLERICAL MEDICAL wird willkürlich hin- und hergebucht, letztlich wird die Gemeinschaft der Versicherten mit Garantiekosten belastet. Auf diese Weise wird der Vertragsbestand des einzelnen Kunden beschnitten, ohne dass es dafür eine rechtliche Grundlage gibt. Das wird der Ak tionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. nicht länger hinnehmen. 20 Neben diesem aus unserer Sicht überaus belastbaren Angriffspunkt ergeben sich aber auch weitere Aspekte, die geschädigten Anlegern bei der Durchsetzung ihrer Rechte helfen können. Die Kritik an CLERICAL MEDICAL ist nach unseren bisherigen Prüfergebnissen vierfach: 4Zum einen haben die wirtschaftlichen Pro- 4Die Angaben zu den Versicherungsverträ- 4Und zum anderen kann die inhaltliche Un- gen selbst sind nicht zutreffend. Insbesondere hat CLERICAL MEDICAL nach unserer Auffassung nicht darüber aufgeklärt, in welcher Höhe Gebühren erhoben werden und dass Garantiekosten letztlich auf die Gemeinschaft aller Versicherten abgewälzt werden. 4CLERICAL MEDICAL hat mit sehr aggressiven Aussagen über die Renditen der Vergangenheit geworben – auch dann noch, als diese wegen des Aktiencrashs um die Jahrtausendwende herum absehbar nicht wiederholt werden konnten. 4Auf die besonderen Risiken, die sich aus der Koppelung der britischen Versicherung mit deutschen Finanzierungen ergaben, hat CLERICAL MEDICAL nach unserer Auffassung nicht, zumindest aber nicht hinreichend deutlich hingewiesen. 4Wie oben bereits angesprochen: Zwingende Vorgaben des deutschen Ver sicherungsrechts wurden nicht beachtet. Insbesondere ist das eigenmächtige und intransparente „smoothing“, mit dem willkürlich Kürzungen der Versicherungswerte vorgenommen werden, mit deutschem Ver sicherungsrecht nicht vereinbar. III. Gemeinsames Vorgehen des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e.V. mit mehreren Vertrieben Die geschädigten Anleger sind dringend auf Unterstützung angewiesen. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. ist als größte deutsche Interessengemeinschaft von Zeichnern des grauen Kapitalmarktes wie keine andere Organisation berufen, dabei eine Schlüsselrolle einzunehmen. Dies umso mehr, als sich unter den Mitgliedern bereits zahlreiche Geschädigte befinden. Wir haben uns nach reiflicher Überlegung entschieden, das Thema Schnee-Rente ganz offensiv gemeinsam mit dem Vertrieb anzugehen, und zwar unter Hintanstellung jeglicher Kritik, die sich auf den Verkauf der Produkte bezieht. Hierfür sind im Wesentlichen zwei Erwägungen maßgeblich: bleme der Kunden eine Dimension erreicht, die auch der einzelne Vermittler nicht mehr schultern kann, selbst wenn er dies möchte oder aus rechtlichen Gründen sollte. Die wirklichen Gegner können wir nur gemeinsam an den Tisch zwingen. terstützung der seinerzeitigen Vermittler für den Erfolg des Vorgehens gegen CLERICAL MEDICAL ganz entscheidend sein: So läuft beispielsweise derzeit in Zusammenarbeit mit der Schnee-Gruppe eine systematische Auswertung des dort vorhandenen Vertragsbestands, mit deren Hilfe wir nachweisen können, dass auch Kunden aus vergleichbaren Anlagezeitpunkten hinsichtlich der Vertragswerte unterschiedlich behandelt werden. Informationen wie diese sind für die beginnenden Auseinandersetzungen von unschätzbarem Wert. IV. Der weitere Ablauf Zunächst wird außergerichtlich gegen CLERICAL MEDICAL vorgegangen. Wir wollen den Engländern Gelegenheit geben, Verantwortung zu übernehmen und den Kunden zu helfen. Wenn es zu vernünftigen Einigungen kommt, soll dies an uns nicht scheitern. Gibt es bis zum Ende des Jahres allerdings keine Einigung, dann ist es sinnvoll, auch Klagen zu erheben. Wir sehen gute Erfolgsaussichten, denn es gibt harte, durchgreifende juristische Argumente. Und vor allem: Nach den Verträgen können wir in Deutschland klagen. Dass daneben die Aufsicht in beiden Ländern eingeschaltet wird, ist selbstverständlich. Das Angebot an den AAA, seine Mitglieder und weitere Betroffene: 4Mitglieder des AAA erhalten kostenfrei ein schriftliches Kurzgutachten zur persönlichen Situation, verbunden mit einer Handlungsempfehlung. 4Für Nichtmitglieder kostet diese schriftliche Aussage samt Handlungsempfehlung pauschal 220,- € plus Mehrwertsteuer. 4Mitglieder des AAA erhalten sodann Sonderkonditionen, wenn sie sich auf Grundlage der schriftlichen Handlungsempfehlung für ein zunächst außergerichtliches, später erforderlichenfalls gerichtliches Vorgehen gegen CMI entscheiden. Wir haben die Hoffnung, hier eine große, für eine Reihe von Mitgliedern sehr gefährliche „Baustelle“ in absehbarer Zeit einer Lösung zuzuführen. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 21 Schiffsbeteiligungen Die nächste Krise bei geschlossenen Beteiligungsprodukten!? Was ist eigentlich der Unterschiedsbetrag? von Kai Drabe In den letzten Jahren waren sie die Renner des Vertriebes: Schiffsbeteiligungen. Allein im Jahre 2007 wurden knapp 3 Mrd. € Eigenkapital eingesammelt. Dies entspricht ca. 30 % des insgesamt in geschlossene Beteiligungsprodukte investierten Eigenkapitals. Dabei gereichte den Schiffsfonds vor allem zum Vorteil, dass ihre Ausschüttungen aufgrund der Tonnagesteuer so gut wie steuerfrei sind. Damit unterscheiden sie sich erheblich von anderen geschlossenen Beteiligungsprodukten. Die aktuelle wirtschaftliche Lage lässt für die Zukunft große Fragezeichen bei einer Anlage in Schiffsbeteiligungen entstehen. So sind beispielsweise in den letzten Jahren große Kapazitäten aufgebaut worden. Der wirtschaftliche Abschwung lässt aber erste Anzeichen aufkommen, dass die Charterraten zukünftig fallen werden. Gleichzeitig sind die Treibstoffkosten und die sonstigen Betriebskosten in den letzten Jahren erheblich gestiegen. So stiegen beispielsweise die Betriebskosten bei Containerschiffen seit dem Jahre 2003 um 10 % p.a.! (Quelle: Scope Analysis-Report Schiffsbeteiligungen 06/2008) Da die Charterraten regelmäßig in US-Dollar vereinbart und abgerechnet werden, ergeben sich aufgrund des aktuell schwachen US-Dollars ohnehin für einen „Euroinvestor“ schlechtere Einnahmen als vor einigen Jahren noch kalkuliert. Die gewählte Form der Tonnagesteuer „zwingt“ aber zur pauschalen Besteuerung von festgelegten Gewinnen anhand der Schiffskapazität; unabhängig davon, ob der Gewinn wirklich erzielt wurde! Hier wird es für die Abrechnungen und Ausschüttungen in der nächsten Zeit zu erheblichen (negativen) Überraschungen auf Seiten der Anleger kommen. Was tun in dieser Situation? Eine regelmäßige Überprüfung der aktuellen Beteiligungen ist unerlässlich. Schiffsbeteiligungen sind aufgrund der regelmäßigen Ausschüttungen und der niedrigen Steuerquote oftmals als ein Baustein für die Altersversorgung gewählt worden. Diese könnten sich in Zukunft, zumindest auf „€-Basis“, verschlechtern. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Ein möglicher Weg des Vermögensschutzes ist die Veräußerung der Beteiligung! Bei Schiffsfonds existiert, im Gegensatz zu geschlossenen Immobilienfonds, ein relativ guter Zweitmarkt. Aufgrund der aktuell noch positiven Marktlage werden auf diesem teilweise sehr hohe Kaufpreise von 150 % und mehr gezahlt. Doch Vorsicht: Wie bei jeder Entscheidung im Rahmen einer Investition ist auch hierbei auf die potenziellen Steuergefahren hinzuweisen. So haben bereits länger laufende Schiffsfonds in den früheren Jahren zunächst meist die „normale“ Besteuerung anhand der echten Gewinne und erst nachträglich die Optierung zur Tonnagesteuer gewählt. In diesen Fällen ist beim Wechsel der Besteuerung der sog. Unterschiedsbetrag ermittelt worden. Der Unterschiedsbetrag ist die Differenz aus dem Buchwert und dem Teilwert eines Schiffes (inkl. der stillen Reserven) zum Zeitpunkt des Wechsels der Besteuerungsform. Sollte das Schiff auch noch mit Fremdwährungskrediten finanziert sein, wird ein weiterer Unterschiedsbetrag aus den Wechselkursverhältnissen zum Stichtag ermittelt. Schwierig bei der Ermittlung des Teilwertes zum Wechsel der Besteuerungsform ist die Feststellung des „Marktwertes“. Hierbei kommt es immer wieder zu „Unstimmigkeiten“ zwischen den Fondsverwaltungen und der Finanzverwaltung. Welche Auswirkungen hat der Unterschiedsbetrag bei einer Veräußerung der Beteiligung? Bei einer Veräußerung der Beteiligung ist der Unterschiedsbetrag durch den Anleger jeweils mit seinem individuellen Steuersatz zu versteuern; dies unabhängig von der Haltedauer der Beteiligung bzw. von der Dauer der Tonnagebesteuerung. Kai Drabe Vorstand der wSw Wir schützen Werte Aktiengesellschaft für strukturierte Vermögensplanung und -sicherung Berufliches: Kai Drabe war in den Jahren 1990 bis 2001 in verschiedenen Privatbanken in Berlin im Private Banking in der Betreuung von vermögenden Privatkunden tätig. Im Jahre 2002 wechselte er zu der SINEUS AG und übernahm als Director die Verantwortung für die Region Berlin. Seit 2004 ist Kai Drabe mit einem Family Office für seine Mandanten selbstständig tätig. Er ist ehrenamtlich in verschiedenen Organen von Stiftungen tätig und Mitini tiator des Stiftungsnetzwerkes Berlin. Gleichzeitig ist er als Sachverständiger für Kapitalanlagen und private Finanzplanung gutachterlich tätig. Kontakt: wSw Wir schützen Werte Aktiengesellschaft für strukturierte Vermögensplanung und -sicherung Knesebeckstraße 83 10623 Berlin Tel.: 030/3 19 98 89-0 Fax: 030/3 19 98 89-10 E-Mail: [email protected] www.wir-schuetzen-werte.de 22 Folgende Beispiele sollen die Auswirkungen verdeutlichen: Beispiel 1: persönlicher/individueller Steuersatz in % des Anlegers bei Verkauf/Auflösung der Schiffsbeteiligung: 0,00 25,00 45,00 100.000,00 € 100.000,00 € 100.000,00 € aktueller Wert der Beteiligung in % 65,00 65,00 65,00 Unterschiedsbetrag in % 80,00 80,00 80,00 Veräußerungserlös 65.000,00 € 65.000,00 € 65.000,00 € Unterschiedsbetrag 80.000,00 € 80.000,00 € 80.000,00 € Beteiligungsbetrag (ohne Agio) Steuerlast bei Verkauf Nettoergebnis des Verkaufes Nettoergebnis des Verkaufes in % –€ 20.000,00 € 36.000,00 € 65.000,00 € 45.000,00 € 29.000,00 € 100,00 69,23 44,62 0,00 25,00 45,00 Beispiel 2: persönlicher/individueller Steuersatz in % des Anlegers bei Verkauf/Auflösung der Schiffsbeteiligung: Beteiligungsbetrag (ohne Agio) 100.000,00 € 100.000,00 € 100.000,00 € aktueller Wert der Beteiligung in % 180,00 180,00 180,00 Unterschiedsbetrag in % 100,00 100,00 100,00 Veräußerungserlös 180.000,00 € 180.000,00 € 180.000,00 € Unterschiedsbetrag 100.000,00 € 100.000,00 € 100.000,00 € Steuerlast bei Verkauf Nettoergebnis des Verkaufes Nettoergebnis des Verkaufes in % –€ 25.000,00 € 45.000,00 € 180.000,00 € 155.000,00 € 135.000,00 € 100 86,11 75,00 0,00 25,00 45,00 100.000,00 € 100.000,00 € 100.000,00 € 65,00 65,00 65,00 Beispiel 3: persönlicher/individueller Steuersatz in % des Anlegers bei Verkauf/Auflösung der Schiffsbeteiligung: Beteiligungsbetrag (ohne Agio) aktueller Wert der Beteiligung in % Unterschiedsbetrag in % 180,00 180,00 180,00 Veräußerungserlös 65.000,00 € 65.000,00 € 65.000,00 € Unterschiedsbetrag 180.000,00 € 180.000,00 € 180.000,00 € –€ 45.000,00 € 81.000,00 € 65.000,00 € 20.000,00 € -16.000,00 € 100 30,77 -24,62 Steuerlast bei Verkauf Nettoergebnis des Verkaufes Nettoergebnis des Verkaufes in % Fazit: Eine Veräußerung/Aufgabe einer Beteiligung an einem Schiffsfonds kann zu „bösen“ steuer lichen Überraschungen führen. Lassen Sie sich vor einer Veräußerungsentscheidung den verbindlichen Unterschiedsbetrag von der Fondsverwaltung mitteilen. Dann ist eine seriöse und wirtschaftlich überlegte Handlungsentscheidung zu treffen. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 23 Fonds der Bankgesellschaft Vergleichsverhandlungen auf Fondsebene von Kerstin Kondert Im 3. Quartal 2008 sollen für die sog. „Garantie-Fonds“ der Bankgesellschaft, die Fonds LBB 3 bis 13, IBV Deutschland 1 bis 3 und Bavaria Ertragsfonds 1, Gesellschafterversammlungen stattfinden, auf denen über Vergleiche zwischen den Fonds und den Garanten sowie den sonstigen Anspruchsgegnern, die inzwischen zum Land Berlin gehören, abgestimmt werden soll. Es ist dabei naheliegend, dass die zum Land gehörenden Gesellschafter der Fonds – also die IBV, die FinTech 21 und die IBG – einem Stimmverbot unterliegen, da die geltend gemachten Ansprüche entweder sie direkt oder verbundene Unternehmen betreffen. Wir gehen davon aus, dass es aus diesem Grund Sache der Anleger sein wird, über diese Vergleiche abzustimmen. Und wenn es so ist, wird jede Stimme zählen! Eine inhaltliche Vorbereitung ist für den „normalen“ Anleger kaum möglich. Bisher wurde über die Verhandlungen weitestgehendes Stillschweigen vereinbart. Welche Informationen die IBV zur Vorbereitung auf die Versammlungen den Anlegern zur Verfügung stellen wird und wann die Einladungen zu den Versammlungen verschickt werden, wissen wir noch nicht. Wenn wir von den Erfahrungen der Vergangenheit ausgehen, werden die Einladungen mit der kürzest möglichen Frist verschickt, wobei entweder gar keine oder nur dürftige Informationsunterlagen mitgeschickt werden. Es ist zu befürchten, dass die Basisdaten für die Verhandlungen und die Vergleichsergebnisse erst auf den Versammlungen präsentiert werden. Aus diesem Grund haben der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. (AAA) und die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel mich beauftragt, anhand der den Anlegern zugänglichen Unterlagen diese Vorbereitung zu übernehmen, soweit es möglich ist. Nachfolgend erläutere ich die Ergebnisse meiner Arbeit und hoffe, auf diesem Weg den Anlegern der Fonds eine inhaltliche Vorbereitung für diese entscheidenden Versammlungen zu erleichtern, selbst wenn keine weiteren Informationen geliefert werden. Dabei gehe ich zunächst auf die Vorgeschichte ein (unter I.) und erläutere dann anhand der Zahlen aus den Prospekten und den Jahresabschlüssen der Fonds konkret die sich daraus ergebenden Überlegungen (unter II.). Zuletzt fasse ich Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. noch einmal zusammen, was aus meiner Sicht von der IBV und den sonstigen Verhandlungsführern auf Fondsebene vor den Gesellschafterversammlungen zu leisten ist (unter III.). I. Zur Vorgeschichte Bei den sog. „Garantie-Fonds“ sind bis Ende 2006 erhebliche Garantieforderungen aufgelaufen. Diese fehlenden Garantiezahlungen sind im Wesentlichen der Grund dafür, dass die Ausschüttungen nicht mehr oder nur teilweise geleistet wurden. Nach den Jahresabschlüssen der IBV für die Fonds per 31.12.2006 belaufen sich die Gesamtforderungen – jeweils ohne Wertberichtigung – gegenüber der IBG (Mietgarant und Generalmieter) auf rd. 222 Mio. € und gegenüber der Bavaria (Garant für die Höchstpreis- und Notarkostengarantie und die Wertpapierertrags- und Darlehenskonditionengarantie) auf rd. 302 Mio. €. Auf der anderen Seite der Bilanz bestehen nach den Jahresabschlüssen Verbindlichkeiten der Fonds gegenüber der IBG in Höhe von rd. 0,9 Mio. € und gegenüber der Bavaria in Höhe von 60,9 Mio. €. Verzugszinsen wurden weder bei den Forderungen noch bei den Verbindlichkeiten bilanziert, obwohl die Forderungen zum Teil seit Jahren bestehen – zumindest fehlt darauf jeglicher Hinweis in den Jahresabschlüssen. Die Verzugszinsen dürften sich jedoch inzwischen ebenfalls mindestens auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag belaufen. Darüber hinaus machen die Fonds gegen über der IBV verschiedene Forderungen geltend, die sich aus im Rahmen der Sonderprüfungen ermittelten Sachverhalten ableiten. Hierzu gehören Ansprüche auf Rückzahlung zuviel geleisteter Geschäftsführungs vergütung, Belastung der Fonds mit Prüfungskosten für die Garantieansprüche, aber auch Ansprüche wegen mangelhafter Immobilien auswahl und weiterer Geschäftsführungsfehler. Diese Ansprüche wurden bis zum Jahr 2006 überhaupt nicht bilanziert, obwohl auch sie sich auf einen höheren dreistelligen Millionenbetrag belaufen. 24 Noch einmal zusammengefasst, was in den Jahresabschlüssen 2006 für die Fonds ausgewiesen wird: Forderungen gegen Garanten in bereits zu 50 % wertberichtigter Höhe, Basiswerte nur in den Erläuterungen Forderungen gegen IBV gar nicht Verzugszinsen gar nicht Seit Januar 2007 wird offiziell über einen Vergleich verhandelt. Die Fondsgesellschaften werden dabei von der IBV selbst, von Raimund Hoffmann (Komplementär diverser Fondsgesellschaften) und Prof. Dr. Ulf Lassen (Verwaltungsrat diverser Fondsgesellschaften) vertreten. Auf der anderen Seite verhandeln die Vertreter verschiedener Landesgesellschaften (LPFV und BIH). Während der nunmehr über anderthalb Jahre andauernden Verhandlungen wurde der gegenseitige Verzicht auf die Einrede der Verjährung mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 31.12. dieses Jahres. Sämtliche bereits eingereichten Klagen, die insbesondere Ansprüche aus Generalmietund Mietgarantievertrag betreffen, wurden während der Verhandlungen ruhend gestellt. Erst wenn die Verhandlungen scheitern, laufen die Prozesse weiter – mit den entsprechen den zeitlichen Verzögerungen und entsprechenden Zinsnachteilen. Sollten die Verhandlungen scheitern oder die Anleger in den Gesellschafterversammlungen den ausgehandelten Vergleichen nicht zustimmen und sollten die Garanten und sonstigen Anspruchsgegner ihr bisheriges Verhalten fortsetzen, werden ausstehende Zahlungen voraussichtlich erst nach Abschluss der laufenden und der dann noch einzureichenden Klagen fließen. Mit anderen Worten: In diesen Fällen wird den Fonds voraussichtlich noch über ziemlich lange Zeit kein Geld zufließen, und zwar unabhängig davon, ob es ihnen zusteht oder nicht. Diese Perspektive wäre sicherlich ein Grund, einen Vergleich zu schließen. Aber ist ein Vergleich um jeden Preis die richtige Lösung? Ein Vergleich ist nach unserer Auffassung nur dann sinn- voll, wenn beide Seiten hinsichtlich ihrer Ansprüche angemessen berücksichtigt werden. Nur: Wie können die Anleger, denen letztlich nur die Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte zur Verfügung stehen, die aber keinerlei Information über die Stichhaltigkeit der Argumente auf beiden Seiten haben, diese Angemessenheit beurteilen? Um hierfür Anhaltspunkte zu bieten, habe ich zunächst einmal zusammengestellt, welche Ansprüche sich aus den Jahresabschlüssen ergeben. Diese Ergebnisse stelle ich nachfolgend unter 2.1. dar. Für die Anleger interessant ist aber auch die Frage, wie weit die Fonds von den prospektierten Werten entfernt liegen, die nach den Prospektangaben zumindest über die ersten zehn Jahre weitestgehend abgesichert werden sollten. Diese Gegenüberstellung, die man auch Vermögensvergleichsrechnung nennen kann, erläutere ich unter 2.2. II. Die konkreten Zahlen 2.1 Die wechselseitigen Ansprüche nach den Jahresabschlüssen Den Bilanzen selbst sind Vermögenswerte, Forderungen und Verbindlichkeiten nur in Summen zu entnehmen, die keine Differenzierung zulassen. Ich habe daher aus den Erläuterungen zu den Jahresabschlüssen für das Jahr 2006 die Einzelwerte zusammengestellt, und zwar ohne die Wertberichtigungen, die die IBV wegen der Vergleichsverhandlungen bereits vorgenommen (und damit ein Ergebnis vorweggenommen) hat: Einmalgarantien Mietgarantie/ Generalmiete 3.999 T€ 7.922 T€ LBB 4 9.997 T€ 10.973 T€ 152 T€ 21.122 T€ LBB 5 20.332 T€ 15.381 T€ 481 T€ 36.194 T€ LBB 6 11.692 T€ 5.115 T€ 44 T€ 16.851 T€ LBB 7* 10.912 T€ 5.321 T€ 1.511 T€ 17.744 T€ LBB 8 20.817 T€ 4.892 T€ LBB 9 36.222 T€ 15.436 T€ 567 T€ 52.225 T€ LBB 10 42.394 T€ 10.205 T€ LBB 11 35.737 T€ 8.375 T€ 560 T€ LBB 12 40.820 T€ 18.626 T€ 1.183 T€ LBB 3 sonst. Ford. gegen IBG sonst. Ford. gegen BOB Summe 11.921 T€ 25.709 T€ 452 T€ 53.051 T€ 217 T€ 44.889 T€ 60.629 T€ Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 25 Fortsetzung von S. 24 Einmalgarantien Mietgarantie/ Generalmiete sonst. Ford. gegen IBG LBB 13 21.443 T€ 41.950 T€ 201 T€ IBV D 1 33.938 T€ 16.013 T€ 6.812 T€ 56.763 T€ IBV D 2 8.819 T€ 29.403 T€ 799 T€ 39.021 T€ 4.351 T€ 2.822 T€ 8 T€ 7.181 T€ 301.473 T€ 192.434 T€ 12.318 T€ IBV D 3 Bavaria Ertrag 1 Summe sonst. Ford. gegen BOB Summe 63.594 T€ 0 T€ 0 T€ 669 T€ 506.894 T€ * Angaben aus dem Jahresabschluss 2005, Jahresabschluss 2007 liegt mir nicht vor. Zu den „Einmalgarantien” gehören die Höchstpreis- und Notarkostengarantie sowie die Zinsertragsund Darlehenskonditionengarantie. Diesen Forderungen stehen folgende Verbindlichkeiten gegenüber: Verbindlichkeiten ggü. BOB Verbindlichkeiten ggü. IBV Verbindlichkeiten ggü. IBG Summe LBB 3 0 T€ LBB 4 0 T€ LBB 5 0 T€ LBB 6 0 T€ LBB 7 0 T€ LBB 8 0 T€ LBB 9 3.523 T€ 3.523 T€ LBB 10 13.940 T€ 13.940 T€ LBB 11 3.536 T€ 3.536 T€ LBB 12 6.061 T€ 6.061 T€ LBB 13 33.844 T€ 33.844 T€ IBV D 1 7.861 T€ IBV D 2 11.032 T€ 7.861 T€ 902 T€ 11.934 T€ IBV D 3 0 T€ Bavaria Ertrag 1 0 T€ Summe 60.904 T€ 18.893 T€ 902 T€ 80.699 T€ Saldiert man die Forderungen und Verbindlichkeiten (Forderungen gegen die IBV unberücksichtigt), so ergeben sich nach den Jahresabschlüssen per Saldo Ansprüche gegenüber der Bavaria in folgender Höhe: Höchstpreisund Notarkostengarantie LBB 3 Darlehenskonditionengarantie Wertpapierertragsgarantie sonst. Ford. gegen BOB Summe Forderungen gegen BOB Verbindlichkeiten ggü. BOB 1.121 T€ 2.878 T€ 3.999 T€ 3.999 T€ 9.997 T€ Saldo LBB 4 -1.128 T€ 4.884 T€ 6.241 T€ 9.997 T€ LBB 5 245 T€ 8.507 T€ 11.580 T€ 20.332 T€ 20.332 T€ LBB 6 592 T€ 4.130 T€ 6.970 T€ 11.692 T€ 11.692 T€ LBB 7 4.199 T€ 1.677 T€ 5.036 T€ 10.912 T€ 10.912 T€ LBB 8 3.153 T€ 17.664 T€ 20.817 T€ 20.817 T€ LBB 9 LBB 10 LBB 12 3.523 T€ 32.699 T€ 13.940 T€ 28.906 T€ 16.572 T€ 35.954 T€ 3.536 T€ 32.418 T€ 26.238 T€ 4.904 T€ 9.678 T€ 40.820 T€ 6.061 T€ 34.759 T€ 12.082 T€ 21.443 T€ 33.844 T€ -12.401 T€ 666 T€ 33.938 T€ 33.938 T€ 8.819 T€ 8.819 T€ 0 T€ 0 T€ 217 T€ LBB 13 9.361 T€ IBV D 1 30.927 T€ 2.345 T€ IBV D 2 5.227 T€ 3.592 T€ IBV D 3 Bavaria Ertrag 1 36.222 T€ 10.483 T€ LBB 11 452 T€ 42.846 T€ 15.339 T€ 1.156 T€ Summe Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 1.325 T€ 1.870 T€ 4.351 T€ 302.142 T€ 4.351 T€ 60.904 T€ 241.238 T€ 26 Die Verrechnungen hinsichtlich der IBG führen zu folgendem Ergebnis: Summe MG/GM sonst. Ford. gegen IBG LBB 3 7.922 T€ LBB 4 10.973 T€ 152 T€ LBB 5 15.381 T€ 481 T€ LBB 6 5.115 T€ 44 T€ LBB 7 5.321 T€ 1.511 T€ LBB 8 4.892 T€ LBB 9 15.436 T€ LBB 10 10.205 T€ Freistellung von Tilgungsleistungen für AD Summe Forderungen 5.458 T€ 13.380 T€ 13.380 T€ 9.398 T€ 20.523 T€ 20.523 T€ 15.862 T€ 15.862 T€ 7.691 T€ 7.691 T€ 6.832 T€ 6.832 T€ 4.892 T€ 4.892 T€ 16.003 T€ 16.003 T€ 10.205 T€ 10.205 T€ 2.532 T€ 567 T€ Verbindlichkeiten ggü. IBG Saldo LBB 11 8.375 T€ 560 T€ 8.935 T€ 8.935 T€ LBB 12 18.626 T€ 1.183 T€ 19.809 T€ 19.809 T€ LBB 13 41.950 T€ 201 T€ 42.151 T€ 42.151 T€ IBV D 1 16.013 T€ 6.812 T€ 22.825 T€ 22.825 T€ IBV D 2 29.403 T€ 799 T€ 30.202 T€ 0 T€ 0 T€ 2.822 T€ 8 T€ 2.830 T€ 2.830 T€ 192.434 T€ 12.318 T€ IBV D 3 Bavaria Ertrag 1 Summe 17.388 T€ Die saldierten Forderungen gegen IBG und Bavaria ergeben den Gesamtbetrag in Höhe von rd. 462,48 Mio. €. Dieser Wert bzw. die jeweiligen Werte für die einzelnen Fonds können die Ausgangsbasis für einen Vergleich bilden, wobei jedoch die bereits aufgelaufenen Verzugszinsen, die in diesen Werten nicht enthalten sind, in jedem Fall einbezogen werden müssen. In diesen Zahlen fehlen ferner noch die Ansprüche, die nach den Sonderprüfungsergebnissen gegenüber der IBV geltend gemacht werden und über die uns bisher keine Informationen vorliegen. Diese Ansprüche übersteigen jedoch dem Vernehmen nach die Forderungen der IBV gegen die Fonds bei Weitem, sodass unter Berücksichtigung dieser Forderungen und der Verzugszinsen von einer die 462,48 Mio. € noch deutlich übersteigenden Verhandlungsgrundlage auszugehen ist. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Ansprüche müssen vor den Gesellschafterversammlungen den Anlegern bekannt gegeben werden, wenn nicht von der IBV, dann von den Herren Hoffmann und Prof. Dr. Lassen. Den Letztgenannten obliegt es im Zweifelsfall auch, die Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche zu bewerten. Um dies zu ermöglichen, wurde auf Fondsebene eine Menge Geld für Sonderprüfungen und die anwaltliche Verfolgung der entsprechenden Ansprüche ausgegeben. Im Rahmen der Vergleichsüberlegungen ist jedoch noch ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: Mit dem Vergleich sollen alle Ansprüche abgedeckt werden, die bis Ende 2007 aufgelaufen sind. Die Entwicklung der An- 222.140 T€ 902 T€ 902 T€ 29.300 T€ 221.238 T€ sprüche, die sich eher erhöht als verringert haben dürften, können wir jedoch überhaupt noch nicht kalkulieren, weil die Jahresabschlüsse für 2007 noch nicht vorliegen. Um eine vernünftige Entscheidungsbasis zu ermöglichen, muss die IBV daher vor den Gesellschafterversammlungen zwingend die Jahresabschlüsse 2007 an die Zeichner versenden. In diesen Jahresabschlüssen sollten in jedem Fall auch die bis 31.12.2007 aufgelaufenen Verzugszinsen enthalten sein. Die einem Vergleich zugrunde zu legenden Ansprüche erhöhen sich noch um die bis Ende 2007 aufgelaufenen Forderungen, insbesondere aus Generalmiet- und Mietgarantievertrag, aber auch aus Endfinanzierungskonditionen- und Zinsertragsgarantie für alle Fonds, die noch keine zehn Jahre laufen. Aus all diesen Gründen ist die Vorlage der Jahresabschlüsse 2007 vor den Versammlungen unverzichtbar. Und noch ein anderer Aspekt ist wesentlich: Die Ansprüche sind nicht alle als gleichwertig zu betrachten, sodass auch Vergleichsabschläge unterschiedlich kalkuliert werden sollten. Zum Beispiel ist hinsichtlich der Höchstpreisgarantieansprüche nicht rechtsverbindlich für alle Fonds geklärt, ob die Zwischenfinanzierungszinsen, die einen erheblichen Teil der Kostenüberschreitungen ausmachen, vom Garanten überhaupt abzudecken sind. Wegen der rechtlichen Unsicherheit wäre hier ggf. ein relativ hoher Vergleichsabschlag anzusetzen. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 27 Anders sieht es bei einer Vielzahl von Generalmiet- und Mietgarantieansprüchen aus. Hier sind schon in vielen Fällen Gerichtsurteile zugunsten der Fonds ergangen. Außerdem hat die IBG in den Jahren seit 2004 zum Teil überhaupt keine Mietgarantiezahlungen geleistet, obwohl nur ein Teil dieser Ansprüche von ihr bestritten wird. Auf rechtlich unstreitige Ansprüche einen Vergleichsabschlag zu akzeptieren, wäre wirtschaftlich unsinnig und völlig unangemessen. Die IBV schuldet daher in Vorbereitung der Abstimmungen auch eine Bewertung der einzelnen Ansprüche. Und auch die Garanten haben gegen über den Anlegern eine Bringschuld zu erfüllen: Sie müssen nachweisen, warum und in welcher Höhe sie die jeweiligen Ansprüche bestreiten. 2.2 Die Vermögensvergleichsrechnung Wie geht man vor, wenn man anhand des uns vorliegenden Materials vergleichen will, wie die Fonds nach den Prospekten aktuell dastehen sollten und wie es tatsächlich um sie bestellt ist? Würde der Ausgleich der Garantieforderungen dazu führen, dass die Fonds prospektgemäß stehen? Hierzu habe ich folgende Überlegungen angestellt: 2.2.1 Die Vermögensvergleichsrechnung Auf der Vermögensseite: Die Fonds besitzen im Wesentlichen (von wenigen Zu- und Verkäufen in der Investitionsphase abgesehen) die prospektierten Immobilien. In dieser Hinsicht stehen sie also wie prospektiert, sodass wir die Immobilien in der Vergleichsbetrachtung außen vor lassen können. Zum weiteren Vermögen der Fonds soll nach den Prospekten die Liquiditätsreserve gehören. Diese setzt sich in der Praxis aus Bankguthaben und Wertpapieren zusammen, die mit den prospektierten Werten direkt ver glichen werden können. Um die Vermögensseite vollständig abzubilden, sind bei der Ermittlung des Ist-Standes noch die Forderungen gegen Dritte, die als einbringlich bewertet werden, zu berücksichtigen. Diese Forderungen, die im Prospekt nicht vorgesehen sind, erhöhen das tatsächlich vorhandene Vermögen. Nicht berücksichtigt habe ich die Forderungen gegenüber den Garanten und der IBV, da genau diese streitig sind. Auf der Verbindlichkeitenseite: Hinsichtlich des gezeichneten Eigenkapitals gilt – weitestgehend – dasselbe wie für die Immobilien; das Eigenkapital wurde bis auf geringe Abweichungen wie prospektiert platziert und kann daher ebenfalls im Vergleich außen vor bleiben. In den Prospekten ist auf der Seite der Verbindlichkeiten nur ein Wert genannt: die Restverschuldung gegenüber den Banken zum Ende eines jeden Jahres. In der Praxis bestehen auf dieser Seite der Bilanz bei den Fonds jedoch nicht nur Verbindlichkeiten gegenüber den Banken, sondern auch noch gegenüber Dritten in erheblicher Höhe. Die Gesamtsumme der Verbindlichkeiten ist – vergleichbar den Liquiditätsreserven und den Forderungen auf der Vermögensseite – dem Prospektwert gegenüberzustellen. Zusätzliche Berücksichtigung der Ausschüttungen: Um einen vollständigen Vergleich zwischen Prospekt und Ist-Stand zu ermöglichen, sind darüber hinaus noch die prospektierten Ausschüttungen den geleisteten Ausschüttungen gegenüberzustellen. Denn die prospektierten Vermögens- und Verschuldungswerte zu jedem beliebigen Stichtag ergeben sich unter Berücksichtigung der bis zu diesem Termin geleisteten Ausschüttungen; dass der IstStand nicht noch weiter vom Prospekt entfernt liegt, ist auf die verringerten Ausschüttungen zurückzuführen. Im Vergleich habe ich daher folgende Werte gegenübergestellt: Prospekt Ist-Stand Restvaluta Bankdarlehen Restvaluta Bankdarlehen sonstige Verbindlichkeiten ./. Liquiditätsreserve ./. Kontoguthaben und Wertpapiere ./. einbringliche Forderungen (ohne Forderungen ggü. Landesgesellschaften) ./. Ausschüttungen ./. Ausschüttungen = Vermögensstand = Vermögensstand vor Garantiezahlungen Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 28 2.2.2 Die Berechnung in der Praxis Ich habe den Prospekten die Werte für das Eigenkapital, die für Ende 2006 ausgewiesenen Werte für die Restvaluta der Endfinanzierungsdarlehen und die Liquiditätsreserven entnommen und die bis dahin nach dem Prospekt zu leistenden Ausschüttungen addiert. Diese Werte habe ich wie folgt saldiert: Restvaluta ./. Liquiditätsreserve ./. kumulierte Ausschüttungen = Vermögensstand per Ende 2006 (ohne Immobilienwerte) Die Zahlen sehen im Einzelnen wie folgt aus: Prospekt 2006 Restvaluta abzgl. Reserve abzgl. Ausschüttung Saldo (Verschuldung) LBB 3 116.111 T€ 32.119 T€ 42.440 T€ 41.552 T€ 70.149 T€ LBB 4 159.926 T€ 30.479 T€ 61.754 T€ 67.693 T€ 106.942 T€ LBB 5 395.690 T€ 70.034 T€ 127.057 T€ 198.600 T€ 225.377 T€ LBB 6 180.288 T€ 31.392 T€ 54.058 T€ 94.838 T€ 105.306 T€ LBB 7 256.656 T€ 56.307 T€ 78.383 T€ 121.967 T€ 151.342 T€ LBB 8 247.961 T€ 30.499 T€ 66.780 T€ 150.682 T€ 126.698 T€ LBB 9 421.339 T€ 72.419 T€ 105.879 T€ 243.042 T€ 217.299 T€ LBB 10 486.040 T€ 68.603 T€ 122.463 T€ 294.975 T€ 252.067 T€ LBB 11 202.908 T€ 35.737 T€ 59.948 T€ 107.223 T€ 132.118 T€ LBB 12 602.914 T€ 40.400 T€ 108.300 T€ 454.214 T€ 271.598 T€ LBB 13 808.054 T€ 151.090 T€ 118.352 T€ 538.612 T€ 300.767 T€ IBV D 1 360.153 T€ 16.031 T€ 48.080 T€ 296.042 T€ 139.777 T€ IBV D 2 520.368 T€ 30.501 T€ 64.247 T€ 425.621 T€ 227.965 T€ IBV D 3 340.445 T€ 10.817 T€ 53.776 T€ 275.852 T€ 192.340 T€ 49.307 T€ 7.339 T€ 13.562 T€ 28.407 T€ 22.838 T€ 5.148.162 T€ 683.766 T€ 1.125.078 T€ 3.339.318 T€ 2.542.583 T€ Bavaria Ertrag 1 Summe Zur Ermittlung der Ist-Werte habe ich aus den Jahresabschlüssen folgende Werte saldiert: Verbindlichkeiten (vermindert um bedingte Verbindlichkeiten ggü. IBG)* ./. Wertpapiere und Bankguthaben ./. Forderungen (ohne Forderungen ggü. IBG und BOB) ./. Ausschüttung = Vermögensstand per Ende 2006 (ohne Immobilien) * Rückzahlungen von Garantieleistungen für den Fall, dass Mieter nachträglich zahlen. Eigenkapital Die Verbindlichkeiten sowie die Wertpapiere und Bankguthaben habe ich den Bilanzen direkt entnommen. Die Einzelwerte der bedingten Verbindlichkeiten gegenüber der IBG und der sonstigen Forderungen habe ich aus den Erläuterungen zu den Jahresabschlüssen zusammengestellt. Die jeweilige Angabe zum tatsächlich gezeichneten Eigenkapital stammt aus dem Vorwort der Jahresabschlüsse, die Angaben zu den geleisteten Ausschüttungen habe ich den Mitteilungen der IBV und den Geschäftsberichten entnommen. Die Werte stellen sich danach wie folgt dar: abzgl. Wertpapiere und Bankguthaben abzgl. Forderungen ohne Forderungen ggü. IBG und BOB abzgl. Ausschüttung Saldo (Verschuldung) Eigenkapital 2006 Verbindlichkeiten abzgl. bedingte Verbindlichkeiten ggü. IBG LBB 3 119.582 T€ 0 T€ 23.528 T€ 775 T€ 32.347 T€ 62.931 T€ 69.311 T€ LBB 4 166.247 T€ 0 T€ 19.474 T€ 634 T€ 51.567 T€ 94.571 T€ 106.942 T€ LBB 5 409.327 T€ 0 T€ 70.587 T€ 2.678 T€ 100.293 T€ 235.769 T€ 225.377 T€ LBB 6 176.114 T€ 0 T€ 28.484 T€ 699 T€ 40.595 T€ 106.335 T€ 105.306 T€ LBB 7 252.456 T€ 0 T€ 44.279 T€ 4.691 T€ 64.698 T€ 138.788 T€ 151.483 T€ LBB 8 238.853 T€ 0 T€ 23.427 T€ 949 T€ 53.555 T€ 160.922 T€ 126.698 T€ LBB 9 438.542 T€ 11.374 T€ 40.955 T€ 2.885 T€ 69.427 T€ 313.901 T€ 217.299 T€ Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 29 Fortsetzung von S. 28 Verbindlichkeiten abzgl. bedingte Verbindlichkeiten ggü. IBG abzgl. Wertpapiere und Bankguthaben abzgl. Forderungen ohne Forderungen ggü. IBG und BOB abzgl. Ausschüttung Saldo (Verschuldung) Eigenkapital LBB 10 534.116 T€ 4.717 T€ 64.240 T€ 8.724 T€ 92.011 T€ 364.423 T€ 252.432 T€ LBB 11 273.851 T€ 0 T€ 26.197 T€ 14.493 T€ 40.653 T€ 192.508 T€ 132.118 T€ LBB 12 595.049 T€ 13.059 T€ 10.317 T€ 14.644 T€ 68.280 T€ 488.749 T€ 271.598 T€ LBB 13 766.151 T€ 9.320 T€ 53.802 T€ 9.076 T€ 72.214 T€ 621.739 T€ 300.767 T€ IBV D 1 394.986 T€ 13.358 T€ 14.898 T€ 2.474 T€ 21.582 T€ 342.674 T€ 139.777 T€ IBV D 2 639.821 T€ 3.537 T€ 12.329 T€ 85.349 T€ 39.711 T€ 498.895 T€ 227.965 T€ IBV D 3 356.190 T€ 0 T€ 18.351 T€ 7.543 T€ 50.028 T€ 280.268 T€ 192.340 T€ 49.938 T€ 0 T€ 8.944 T€ 531 T€ 7.137 T€ 33.327 T€ 22.838 T€ 5.411.224 T€ 55.365 T€ 459.813 T€ 156.145 T€ 804.099 T€ 3.935.801 T€ 2.542.250 T€ 2006 Bavaria Ertrag 1 Summe Im nächsten Schritt habe ich das tatsächlich gezeichnete Eigenkapital, das nicht in allen Fällen mit dem Prospekt übereinstimmt (LBB 3, LBB 7 und LBB 10), ins Verhältnis zum Prospektwert gesetzt und die Soll-Zahlen entsprechend angepasst (Anpassungen im 1 %-Bereich). Unter Berücksichtigung der entsprechend vorzunehmenden Anpassung stehen sich die Werte im Vermögensvergleich wie folgt gegenüber: Saldo lt. Prospekt Saldo Ist (angepasst) Fehlbetrag Fehlbetrag in % LBB 3 41.552 T€ 62.170 T€ -20.618 T€ -49,62 % LBB 4 67.693 T€ 94.571 T€ -26.878 T€ -39,71 % LBB 5 198.600 T€ 235.769 T€ -37.169 T€ -18,72 % LBB 6 94.838 T€ 106.335 T€ -11.497 T€ -12,12 % LBB 7 121.967 T€ 138.917 T€ -16.950 T€ -13,90 % LBB 8 150.682 T€ 160.922 T€ -10.240 T€ -6,80 % LBB 9 243.042 T€ 313.901 T€ -70.859 T€ -29,16 % LBB 10 294.975 T€ 364.950 T€ -69.975 T€ -23,72 % LBB 11 107.223 T€ 192.508 T€ -85.285 T€ -79,54 % LBB 12 454.214 T€ 488.749 T€ -34.535 T€ -7,60 % LBB 13 538.612 T€ 621.739 T€ -83.127 T€ -15,43 % IBV D 1 296.042 T€ 342.674 T€ -46.633 T€ -15,75 % IBV D 2 425.621 T€ 498.894 T€ -73.273 T€ -17,22 % IBV D 3 275.852 T€ 280.268 T€ -4.416 T€ -1,60 % 28.407 T€ 33.327 T€ -4.920 T€ -17,32 % 3.339.318 T€ 3.935.696 T€ -596.377 T€ Bavaria Ertrag 1 Summe Das Ergebnis: In der Gesamtsumme fehlen den Fonds rd. 596 Mio. € gegenüber den Prospektwerten. Bereinigt man diesen Wert um die Forderungen, die gegenüber den Garanten geltend gemacht werden (nach Saldierung der Forde- Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. rungen der Garanten insgesamt rd. 462 Mio. €), so beläuft sich der Fehlbetrag auf immer noch rd. 134 Mio. €. Hierdurch wird deutlich, dass selbst bei Durchsetzung sämtlicher Garantieansprüche die Fonds wirtschaftlich schlechter stehen als prospektiert. 30 III. Zusammenfassung 4Angabe zur Größenordnung der Die Forderungen der Fonds gegenüber den Garanten haben eine außerordentliche Höhe erreicht und bestehen zum Teil seit Jahren. Das Ausstehen der Garantiezahlungen führt zu einer Minderung der Reserven, sodass die Fonds auch geringere Zinserträge erzielen. 4Vergleichsvorschlag mit Begründung Verzugszinsen Die Ansprüche sind in ihrer Qualität unterschiedlich zu betrachten. Es gibt streitige Ansprüche, es gibt aber auch unstreitige Ansprüche. Um die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit eines Vergleichs beurteilen zu können, müssen vor den Gesellschafterversammlungen folgende Basisinformationen von den Verhandlungsführern auf Fondsseite für jeden Fonds einzeln zusammengestellt und den Anlegern übermittelt werden, damit eine sachgerechte Vorbereitung auf die Versammlungen möglich ist: 4juristische Klärung der Frage, wer im Zusammenhang mit den Vergleichen stimmberechtigt ist 4Jahresabschlüsse der Fonds für das Jahr 2007 (mit Angabe der einzelnen Forderungen gegenüber den Anspruchsgegnern ohne Wertberichtigung) 4Übersicht über die einzelnen Ansprüche des Fonds mit anwaltlicher Bewertung zur jeweiligen Durchsetzbarkeit 4Angaben zu den von den Anspruchsgegnern bestrittenen Forderungen mit Angabe der Gründe Zusätzlich zu all den noch offenen Fragen steht noch eine weitere, ganz erhebliche Frage offen im Raum: Wie werden die in der Zukunft entstehenden Garantieansprüche behandelt? In allen Fonds werden auch künftig Ansprüche aus Generalmiet- und Mietgarantievertrag entstehen. In einigen Fonds werden noch Ansprüche aus der zehnjährigen Zinsertragsgarantie entstehen. Werden diese Ansprüche wiederum nicht oder nicht in vollem Umfang erfüllt werden? Müssen die Fonds auch künftige Ansprüche einklagen, um sie durchzusetzen? Oder ist beabsichtigt, im Vergleichsweg auch für künftige Ansprüche eine Lösung zu finden? Auch diese Frage sollten IBV und Garanten vor den Versammlungen klar beantworten. Mit Unterstützung des AAA und der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel biete ich gern an, die entsprechenden Unterlagen auszuwerten, sobald sie vorgelegt werden, und alle interessierten Anleger darüber zu informieren, ohne dass den Anlegern daraus Kosten entstehen; sämtliche Kosten in diesem Zusammenhang übernehmen der AAA und die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel sowie mein Unternehmen. Ferner biete ich darüber hinaus an, die Zeichner der Fonds kostenlos auf den Gesellschafterversammlungen im Herbst 2008 zu vertreten, sofern diese nicht selbst teilnehmen können und Vollmacht erteilen wollen. § Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 31 Erläuterungen zur Berechnung des Schadens bei Prospekthaftungsklagen und wirtschaftliche Ergebnisse der Kläger von Kerstin Kondert und Dr. Wolfgang Schirp Aufgrund der Komplexität der Materie werden wir immer wieder darauf angesprochen, wie im Rahmen einer Prospekthaftungsklage die Höhe des Schadenersatzes ermittelt wird und – was für die Kläger eine erhebliche Bedeutung hat – wie sich die Gerichte hierzu stellen. Aus diesem Grund wollen wir nachstehend zunächst die generelle Vorgehensweise erläutern (dazu unter I.) und im Anschluss daran anhand einiger Beispiele aufzeigen, welche Ergebnisse bisher in den Prospekthaftungsklagen erzielt wurden bzw. erzielt werden können (dazu unter II.). Mit diesen Ausführungen wollen wir die Antwort auf eine immer wieder gestellte Frage im Zusammenhang mit den Fonds der Bankgesellschaft geben: Lohnt sich die Prospekthaftungsklage wirtschaftlich überhaupt, auch wenn man gewinnt? Um die Antwort vorwegzunehmen: In der weit überwiegenden Zahl der Fälle lohnt sich die Klage; und durch den ständig weiter laufenden Rechtshängigkeitszins wird dieses Ergebnis immer deutlicher. I. Ermittlung des Schadens bei Geltendmachung von Prospekt haftungsansprüchen 1.1 Zielrichtung und Ausgangsbasis Das Ziel einer Schadenersatzklage, die sich auf Ansprüche aus Prospekthaftung beruft, ist es, den Kläger so zu stellen, als hätte er die fehlerhaft beworbene Anlage nicht gezeichnet. Will man auf diesem Weg also den Schaden ermitteln, so muss man feststellen, welche Aufwendungen der Kläger für die Anlage getätigt hat, aber auch, welche Vorteile er aus ihr gezogen hat. Der Saldo aus Aufwand und Ertrag bildet den Schadenersatz. Dieser Schadenersatz wird in den Klagen mit dem sog. Zahlungsantrag geltend gemacht und ab Rechtshängigkeit bis zur endgültigen Zahlung mit jeweils 5 Prozentpunkten oberhalb des Basiszinssatzes der Europäischen Zentralbank Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. verzinst (Rechtshängigkeitszins). Der Basiszinssatz ab 01.07.2008 liegt bei 3,19 % p.a., sodass der aktuelle Rechtshängigkeitszins 8,19 % p.a. beträgt. 1.2 Ermittlung des Schadenersatzes Der Kläger hat zunächst das für die Beteiligung erforderliche Eigenkapital aufgebracht und zusätzlich ein Agio entrichtet. Im Laufe der Zeit sind ihm Ausschüttungen aus der Beteiligung zugeflossen, die er ohne die Beteiligung nicht erhalten hätte. Diese Ausschüttungen sind daher vom Aufwand wieder in Abzug zu bringen. Hat der Kläger sein Eigenkapital teilweise refinanziert und für die Refinanzierung während der Dauer der Beteiligung weiteren Aufwand gehabt, so erhöhen diese Zahlungen den Schaden. Zu den Ausschüttungen sind auch die vom Fonds gezahlten Kapitalertragsteuern usw. auf die auf Fondsebene erzielten Zinseinnahmen zu zählen, die jeder Anleger im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung einkommensmindernd berücksichtigen kann. Auch das ist unstreitig. Unstreitig ist ferner, dass in den meisten Fällen bei den Fonds der Bankgesellschaft den Klägern per Saldo steuerliche Verluste zugewiesen wurden, die zu steuerlichen Vorteilen führten. Streitig ist jedoch, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen diese Steuervorteile bei der Schadenersatzberechnung eine Rolle spielen. Hier fehlt noch immer die abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung. Derzeit gehen die Gerichte überwiegend davon aus, dass Steuervorteile dann nicht in Abzug zu bringen sind, wenn der Kläger nachweisen kann, dass er anstelle der streitbefangenen Anlage eine ganz bestimmte Alternativanlage gezeichnet hätte, die ihm ebenfalls Steuervorteile erschlossen hätte. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die Steuervorteile der Alternativanlage in genau derselben Höhe kalkuliert waren und ob sie auch tatsächlich erzielt wurden. Erheblich ist überwiegend, dass der Kläger den eindeutigen Nachweis erbringen kann, dass er genau 32 die von ihm bezeichnete Anlage auch tatsächlich alternativ gezeichnet hätte. Kann der Kläger diesen Nachweis führen, so sind Steuervorteile nicht schadensmindernd abzuziehen. Um diesen Nachweis für alle von uns vertretenen Anleger führen zu können, fordern wir entsprechende Unterlagen und Nachweise ab bzw. haben dies schon getan. Auch in den Sammelklagen wird hierzu für jeden Kläger der individuelle Vortrag ausgearbeitet. Neben der Berücksichtigung von Steuervorteilen gibt es noch einen weiteren Diskussionspunkt: den entgangenen Ertrag aus Alternativanlage. Die Lebenswahrscheinlichkeit sagt, dass der Betrag, der in eine Kapitalanlage investiert wurde, nicht ungenutzt geblieben wäre, wenn dem Kläger Mängel an der ausgewählten Anlage bekannt gewesen wären, sodass er diese nicht gezeichnet hätte – er hätte sich dann eben für eine andere Anlage entschieden. Das hat im Übrigen auch der BGH in der Vergangenheit so festgestellt. Aus diesem Grund wird als Teil des Schadens der entgangene Ertrag aus der Alternativanlage geltend gemacht. Grundsätzlich ist es möglich, den entgangenen Ertrag aus einer Alternativanlage pauschal anzusetzen, ohne weitere Nachweise über die Alternativanlage zu führen. Der Ansatz muss nur einer üblicherweise erzielbaren Höhe entsprechen. Der von uns gewählte Ansatz von 4 % p.a., der seit Beginn der 90erJahre mindestens durchschnittlich mit Pfandbriefen und festverzinslichen Wertpapieren erzielt werden konnte, ist in diversen Urteilen bereits als angemessen bestätigt worden. Abschließende Sicherheit gibt es hierzu jedoch auch noch nicht. Bei dem auf diesem Weg pauschal geltend gemachten Ertrag aus Alternativanlage wird auf nicht steuerbegünstigte Anlagen abgestellt. Will man es sich also einfach machen und keine weiteren Nachweise führen, so lässt man sich die Steuervorteile abziehen, macht aber pauschal den Ertrag aus der Alternativanlage geltend und muss keine weiteren Nachweise erbringen. Stand jedoch tatsächlich eine konkrete – ebenfalls steuerbegünstigte – Alternativanlage zur Auswahl, so kann der Kläger einerseits geltend machen, dass ihm keine Steuervorteile abzuziehen sind, andererseits kann er jedoch auch den entgangenen Ertrag aus dieser ganz konkreten Anlage beanspruchen. Hierfür muss er – nach bisheriger Rechtsprechung – allerdings nachweisen, dass der geltend gemachte Ertrag mit der konkreten Alternativanlage auch tatsächlich erzielbar war. Die Latte, über die der Kläger bei dieser Vorgehensweise springen muss, hängt also deutlich höher. Schematisch haben wir nachstehend dargestellt, welche Positionen in jedem Fall (Normaldruck) und welche Positionen eventuell (Kursivdruck) bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen sind: Eigenkapital zzgl. Agio zzgl. Refinanzierungsschaden zzgl. entgangener Ertrag aus Alternativanlage abzgl. Ausschüttungen abzgl. Steuervorteil = Schaden Um die Anleger, die ihr Eigenkapital teilweise refinanziert haben, so zu stellen, als hätten sie den fehlerhaften Fonds nicht gezeichnet, muss noch ein weiterer Schaden abgewendet werden: die Fortzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen auf das Refinanzierungsdarlehen. Dieser Anspruch wird mit einem sog. Freistellungsantrag geltend gemacht, das heißt, es wird beantragt, dass die Beklagten den Kläger von allen weiteren Zahlungen auf das Refinanzierungsdarlehen freizustellen haben. In einigen Fällen hat dieser Anspruch, der im Übrigen bei der Unterbreitung der Abfindungsangebote überhaupt nicht berücksichtigt wurde, eine größere wirtschaftliche Bedeutung als der Zahlungsantrag. II. Beispiele aus den bisherigen Verfahren Nachstehend erläutern wir anhand einiger Beispiele, wie der Schadenersatz in den konkreten Fonds berechnet wird und gehen auf das konkrete wirtschaftliche Ergebnis ein, das die Kläger im Falle des Obsiegens in der Klage realisieren. Wir weisen dabei darauf hin, dass noch kein einziges Urteil in unseren Verfahren rechtskräftig ist, sodass sich diese Ergebnisse noch ändern können. Der gegenwärtige Stand reicht jedoch aus, um die Wirtschaftlichkeit in etwa beurteilen zu können. 2.1 Berlin Hyp Fonds 1 Den Zeichnern des Berlin Hyp Fonds wurde ein Abfindungsangebot in Höhe von 25 % des Eigenkapitals unterbreitet. Für einen Zeichner, der dem Fonds im Jahr 1997 in Höhe von 100.000 € beigetreten ist und der im Jahr 2007 das Abfindungsangebot angenommen hat, sah das Ergebnis unter dem Strich wie folgt aus: Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 33 Zahlung Eigenkapital -100.000,00 € Zahlung Agio -6.000,00 € Zufluss Ausschüttungen 23.462,90 € 830,41 € Zufluss Steuervorteil (max. Steuersatz) Zufluss Abfindungsangebot 25.000,00 € Ergebnis -56.706,70 € Ergebnis in % des Eigenkapitals -56,71 % Der Anleger hat sein Eigenkapital zzgl. 6 % Agio eingezahlt. Im Laufe der Beteiligung hat er Ausschüttungen in Höhe von 23,46 % erhalten. Unterstellt man für alle Beteiligungsjahre jeweils den Höchststeuersatz (den kaum ein Anleger dieses Fonds jemals hatte), so ergeben sich saldiert Steuervorteile von nur 0,83 % der Beteiligungssumme, die den Schaden des Anlegers mindern. Bei Annahme des Angebots hat der Kläger 25 % des Eigenkapitals erhalten. Unter dem Strich hat er jedoch 56,71 % seines Kapitals verloren – und das noch ohne Berücksichtigung eines entgangenen Ertrags aus einer Alternativanlage. Als wirtschaftlich günstig kann man die Abfindungsvariante sicherlich nicht bezeichnen, sondern allenfalls als schadensmindernd. Wie sähe für denselben Kläger das Angebot in der – obsiegenden – Prospekthaftungsklage aus? Die Klage richtet sich wie oben beschrieben darauf, den Anleger so zu stellen, als hätte er den Berlin Hyp Fonds 1 nicht gezeichnet, sondern eine nicht steuerbegünstigte Anlage, aus der er 4 % Ertrag pro Jahr erzielt hätte. Die Schadensberechnung wird wie folgt angestellt, wenn man auf den aufwändigen Nachweis der steuerbegünstigten Alternativanlage verzichtet und sich den höchstmöglichen Steuervorteil schadensmindernd abziehen lässt: Eigenkapital 100.000,00 € zzgl. Agio 6.000,00 € abzgl. Ausschüttungen -23.462,90 € -830,41 € abzgl. Steuervorteil zzgl. entgangener Ertrag aus Alternativanlage (01.01.1998 bis 30.09.2007) 39.000,00 € Schaden 120.706,70 € Berücksichtigt man nun den so ermittelten Schadenersatz, stehen sich die Ergebnisse a) Annahme des Angebots und b) Obsiegen in der Klage wie folgt gegenüber: Annahme Angebot Obsiegen Klage -100.000,00 € -100.000,00 € Zahlung Eigenkapital Zahlung Agio -6.000,00 € -6.000,00 € Zufluss Ausschüttungen 23.462,90 € 23.462,90 € 830,41 € 830,41 € Zufluss Steuervorteil (max. Steuersatz) Zufluss Abfindungsangebot 25.000,00 € Zufluss Schadenersatz Ergebnis Ergebnis in % des Eigenkapitals Das ist jeweils das Ergebnis nach nahezu zehn Jahren Beteiligungsdauer, in der das eingesetzte Kapital gebunden war. Nur im Wege der Klage realisiert der Anleger keinen Verlust, sondern wird so gestellt, als hätte er tatsächlich gezeichnet, was er wollte: eine sichere Anlage mit laufenden Erträgen. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 120.706,70 € -56.706,70 € 39.000,00 € -56,71 % 39,00 % Wir haben den Berlin Hyp Fonds 1 hier als Beispiel gewählt, obwohl noch kein Urteil in einem von uns betreuten Verfahren vorliegt, weil bei diesem Fall Steuervorteile überhaupt keine Rolle spielen und es insofern zu keiner wesentlichen Änderung des Ergebnisses kommt, wenn Steuervorteile wie in unserer 34 Beispielrechnung schadensmindernd in Abzug gebracht werden. Die Vergleichsrechnung verdeutlicht aber auch Folgendes: Bei den Anlegern des Berlin Hyp Fonds 1 handelt es sich überwiegend um ältere Menschen, die bei Beitritt zum Fonds bereits im Rentenalter standen. Die Ausschüttungen aus dem Fonds, der ihnen als absolut sichere Anlage – meist von ihrem Bankbetreuer – empfohlen wurde, sollte die Rente aufbessern. Nicht wenige haben die Ersparnisse ihres ganzen Arbeitslebens in diesen Fonds investiert. Mit der Klage besteht für diese Anleger die einzige Chance, ihre Alterssicherung zu erhalten. Eigenkapital zzgl. Agio abzgl. Ausschüttungen zzgl. entgangener Gewinn aus Alternativanlage beantragter Schadenersatz 2.2 Bavaria Ertragsfonds 2 Hinsichtlich des Bavaria Ertragsfonds 2, bei dem den Anlegern größere steuerliche Vorteile zugeflossen sind als beim Berlin Hyp Fonds 1, liegt in einem von uns betreuten Verfahren ein Urteil zugunsten der Klägerin vor, anhand dessen wir die Berechnung in der Praxis gut nachvollziehen können. Es handelt sich um das erste Urteil zugunsten eines An legers im Bavaria Ertragsfonds 2, nachdem zuvor in 17 anderen Fällen – die allerdings nicht von uns betreut wurden – klageabweisende Urteile ergingen. In der von uns betreuten Klage wurde der Schadenersatz wie folgt beantragt: 35.790,43 € 1.789,52 € -9.473,42 € 9.019,19 € 37.125,72 € Das Gericht ist dem Klageantrag weitgehend gefolgt, hat jedoch die Steuervorteile und die steuerlichen Vorteile aus Kapitalertragsteuer in Abzug gebracht und auf diesem Weg den Schaden wie folgt ermittelt: Eigenkapital zzgl. Agio 35.790,43 € 1.789,52 € abzgl. Ausschüttungen -9.473,42 € abzgl. Steuervorteil -2.973,00 € abzgl. Steuerguthaben (KaSt., Solz.) -1.408,00 € zzgl. entgangener Gewinn aus Alternativanlage zugesprochener Schadenersatz in % des Eigenkapitals Da der zugesprochene Schadenersatz wegen der Anrechnung der Steuervorteile niedriger ist als beantragt, hat das Gericht die Kostenlast zu 9/10 auf die Beklagten und zu 1/10 auf die Klägerin verteilt. Darüber hinaus wurde Eigenkapital zzgl. Agio 9.019,19 € 32.744,72 € 91,49 % der Klägerin jedoch der Rechtshängigkeitszins zugesprochen, sodass sich das wirtschaftliche Ergebnis nach Abschluss der 1. Instanz für die Klägerin wie folgt ermittelt: 35.790,43 € 1.789,52 € abzgl. Ausschüttungen -9.473,42 € abzgl. Steuervorteil -2.973,00 € abzgl. Steuerguthaben (KaSt., Solz.) -1.408,00 € zzgl. entgangener Gewinn aus Alternativanlage zugesprochener Schadenersatz zzgl. Rechtshängigkeitszins (11.04.2005 bis 30.06.2008) Zahlungsanspruch per 30.06.2008 gesamt abzgl. anteilige Anwalts- und Gerichtskosten Ergebnis per 30.06.2008 Ergebnis in % des Eigenkapitals 9.019,19 € 32.744,72 € 8.801,81 € 41.546,53 € -1.047,43 € 40.499,10 € 113,16 % Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 35 Obwohl die Steuervorteile in Abzug gebracht wurden, weil die Alternativanlage der Klägerin tatsächlich eine festverzinsliche Anlage ohne steuerliche Vorteile gewesen wäre, erhält sie das eingezahlte Kapital einschließlich einer – wenn auch geringen – Verzinsung auf diesem Weg zurück. Die Beklagten haben gegen das Urteil, das in der 1. Instanz sehr ausführlich begründet ist und nahezu alle geltend gemachten Prospektfehler bestätigt, Berufung eingelegt. Obsiegt die Klägerin auch in der zweiten Instanz auf der Basis des vom Landgericht Berlin festgestellten Schadens, erhöht sich der Zahlungsanspruch der Klägerin gegenüber dem per 30.06.2008 berechneten Anspruch noch um den fortlaufenden Rechtshängigkeitszins (derzeit 8,19 %). Die Alternative für die Klägerin wäre ein Verbleib im Fonds gewesen, da für den Bavaria Ertragsfonds 2 kein Abfindungsangebot unterbreitet wurde. Auf der letzten Gesellschafterversammlung wurde das best- mögliche Ergebnis, das im Falle einer Liquidation des Fonds an die Klägerin zur Auszahlung käme, auf unter 10 % des Eigenkapitals geschätzt. 2.3 LBB Fonds 5 Als drittes Beispiel haben wir die Gegenüberstellung des Ergebnisses einer Prospekthaftungsklage beim LBB Fonds 5 – Urteil in der 1. Instanz – gewählt, da aus diesem Fonds einerseits im Vergleich zu den beiden anderen Fonds deutlich höhere Steuervorteile resultierten, andererseits ein Abfindungsangebot in Höhe von 63 % des Eigenkapitals unterbreitet wurde, das bis zum 30.06.2006 angenommen werden konnte. Der Kläger hatte also eine wirtschaftlich zu erwägende Alternative zur Klage. Der Kläger im vorliegenden Verfahren hatte eine Beteiligung in Höhe von 100.000 DM (= 51.129,19 €) zzgl. Agio gezeichnet. Der Schaden in der Klage wurde wie folgt geltend gemacht: Eigenkapital 51.129,19 € zzgl. Agio 2.556,46 € abzgl. Ausschüttungen -22.753,36 € zzgl. entgangener Ertrag aus Alternativanlage 21.474,32 € Schaden Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger sich bei vollständiger Aufklärung über den LBB Fonds 5 nicht an diesem, sondern an einer vom Kläger konkret vorgetragenen Alternativanlage beteiligt hätte, mit der 52.406,61 € er nicht nur ebenfalls Steuervorteile, sondern auch einen laufenden Ertrag erzielt hätte. Der Schadenersatz wurde ihm in der 1. Instanz wie folgt zugesprochen: in % des EK Eigenkapital zzgl. Agio abzgl. Ausschüttungen zzgl. entgangener Ertrag aus Alternativanlage Schadenersatz Rechtshängigkeitszins ab 21.04.2006 bis 30.06.2008 Anspruch gesamt per 30.06.2008 Der Kläger hatte zunächst das Mahnverfahren beantragt und danach die Klage als Einzelklage eingereicht. Im erstinstanzlichen Urteil wurde der Klage gegen die IBV stattgegeben, die Klage gegen die LBB wurde abgewiesen. Das Gericht hat dem Kläger einen geringeren Ertrag aus der Alternativanlage als beantragt zugesprochen, ferner wurde während des Verfahrens noch eine Teilausschüttung gezahlt, die zusätzlich schadensmindernd berücksich- Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 51.129,19 € 2.556,46 € -23.887,66 € 16.519,84 € 46.317,83 € 90,59 % 14.998,47 € 61.316,30 € 119,92 % tigt werden musste. Wegen der Klageabweisung gegen die LBB und der Aberkennung eines Teils der Forderungen hat der Kläger einen nicht unerheblichen Teil der Anwalts- und Gerichtskosten zu tragen. 36 Unter Berücksichtigung der dem Kläger entstandenen Kosten sieht das Ergebnis per 30.06.2008 wie folgt aus: Anspruch gesamt per 30.06.2008 61.316,30 € Anwalts- und Gerichtskosten -7.022,10 € Ergebnis gesamt 54.294,20 € Ergebnis in % des EK 106,19 % Der Kläger steht trotz der Abzüge und trotz anteiliger Kostenübernahme von Anwalts- und Gerichtskosten immer noch deutlich besser da, als wenn er das Abfindungsangebot von 63 % angenommen hätte. Die IBV hat auch gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. III. Zwischenfazit Nachdem die zuallererst verhandelte Klage, die wir betreuen, noch wegen angeblich bereits eingetretener Verjährung abgewiesen worden war, griff bei den folgenden Verfahren das Argument der Verjährung nicht mehr. Dass die verjährungsverkürzenden Regelungen im Prospekt nichtig sind, wurde inzwischen auch in der 2. Instanz bestätigt. Die von uns geltend gemachten Prospektfehler wurden bisher in nahezu allen Fonds mindestens erstinstanzlich, in diversen Fällen aber auch in der 2. Instanz bestätigt, wobei bei einigen Fonds tatsächlich noch überhaupt keine Urteile vorliegen. Wie die Gerichte mit der Frage der Steuervorteile umgehen, hat sich inzwischen sehr viel deutlicher herauskristallisiert. Insofern wissen auch wir genauer, was für jeden Kläger vorgetragen werden muss, um zum bestmöglichen Ergebnis zu gelangen. Diese Individualbearbeitung ist extrem arbeitsaufwändig, aber wir haben sie in vielen Fonds bereits geleistet. Unter dem Strich bleibt für uns und für die Kläger als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die Chancen, die Klagen zu gewinnen, gut sind und dass auf diesem Weg ein wirtschaftlich angemessenes Ergebnis erzielt werden kann. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 37 Lebensversicherungsfonds – die neuen Problemkinder? von Betina Mainka Lebensversicherungsfonds sind die jüngsten Kinder der Branche geschlossener Fondsbeteiligungen und haben daher erst eine sehr kurze Historie. Umso beunruhigender lesen sich die aktuellen Mitteilungen aus Expertenkreisen: Nur 4 Jahre nach Auflage wird der erste Lebensversicherungsfonds der Unternehmensgruppe König & Cie. „König & Cie Deutsche Leben Rendite Fonds“ aufgrund der desaströsen wirtschaftlichen Entwicklung liquidiert! Heinz Gerlach berichtet in „Direkter Anlegerschutz“: „Gefährliche Prospektfehler beim aktuellen BAC-Fonds LIFE TRUST 11“! Etliche der in Deutschland aufgelegten Lebensversicherungsfonds erreichten in den ersten Jahren die prospektierten Ausschüttungen nicht! Was aber ist eigentlich ein Lebensversicherungsfonds? Einfach dargestellt: Die Initiatoren der Lebensversicherungsfonds erwerben – zumeist über diese sog. Settlements-Companies – bereits laufende „gebrauchte“ Policen, zahlen die Prämien anstelle der Versicherten weiter und vereinnahmen am Ende die Ablaufleistungen der Verträge. Die Rendite für den Anleger errechnet sich aus der Differenz zwischen der Ablauf leistung und dem Kaufpreis der Police, den bis zur Auszahlung noch zu leistenden Beiträgen und den anfallenden Kosten. Drei Kategorien von Lebensversicherungsfonds sind bisher auf dem Markt: Lebensversicherungsfonds mit amerikanischen Risikopolicen Wie in Deutschland werden auch in den USA Risikolebensversicherungen angeboten. Versichert wird hierbei ausschließlich der Todesfall mit einer im Vorfeld fixierten Summe. Anders aber als hierzulande laufen diese Versicherungen nicht bis zu einem festgelegten Zeitpunkt (in der Regel 60. oder 65. Lebensjahr), sondern lebenslang. Der Versicherungsfall tritt also in jedem Fall ein. Die Investition in amerikanische Risikopolicen hat den Vorteil, dass die Ablaufleistung von vornherein genau feststeht, unklar ist jedoch, wann sie zur Auszahlung kommt, da die Auszahlung vom Ableben des Versicherungsnehmers ab- Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. hängt. Für die Einhaltung der in den Prognosen dargestellten Renditeerwartungen ist es daher von ausschlaggebender Bedeutung, mit welcher Präzision das Ableben der Versicherten prognostiziert werden kann. Hierfür stehen den Fondsgesellschaften Gutachten zur Verfügung, die in Kenntnis des Gesundheitszustandes des Versicherten dessen voraussichtliche Lebenserwartung vorhersagen. Betina Mainka Geschäftsführerin der Kondert & Mainka GmbH Ausbildung: Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau, berufsbegleitendes Studium BWL Beteiligungen an US-amerikanischen Fonds, deren Grundlage ein „Geschäft mit dem Tod“ ist, entsprechen nachvollziehbar oftmals nicht den ethisch-moralischen Vorstellungen europäischer Anleger. Als Alternative bieten sich die britischen oder deutschen Fonds an. Berufliches: Seit 1995 in der Immobilienbranche tätig, Schwerpunkte zunächst Verwaltung geschlossener Immobilienfonds, Entwicklung von Sanierungskonzepten für Not leidende Fonds Lebensversicherungsfonds mit deutschen Kapitalpolicen, Lebensversicherungsfonds mit britischen Kapitalpolicen Kontakt: Kondert & Mainka GmbH Knesebeckstraße 83 10623 Berlin Tel.: 0 30/88 71 51-0 Fax: 0 30/88 71 51-10 E-Mail: [email protected] www.kondert-mainka.de Lebensversicherungsfonds, die in deutsche oder britische Lebensversicherungen investieren, kaufen ausschließlich kapitalbildende Lebensversicherungen auf. Im Gegensatz zu den US-amerikanischen Risikopolicen steht hier der Auszahlungszeitpunkt von vornherein fest, unklar ist jedoch, in welcher Höhe die Ablaufleistung ausfallen wird. Um interessante Renditen darstellen zu können, wird nicht nur die garantierte Ablaufleistung berücksichtigt, sondern auch die voraussichtliche Höhe der sogenannten Überschussbeteiligung. Die Prognose dieser Überschussbeteiligung ist naturgemäß mit einer hohen Unsicherheit verbunden, insbesondere in Zeiten fallender Aktienkurse und niedriger Zinsen unterschreiten die tatsächlichen Ablaufleistungen teilweise deutlich die prognostizierten Werte. Der Unterschied zwischen den deutschen und den britischen Lebensversicherungen besteht in den den Versicherungsunternehmen möglichen Anlageformen und den daraus erzielbaren Renditen. Während britische Versicherungsunternehmen theoretisch bis zu 100 % ihres Kapitals in Aktien investieren dürfen, ist der Aktienanteil in Deutschland gesetzlich auf 35 % beschränkt und wird von den Versicherungen oftmals nur bis zu 10 % in Anspruch genommen. Auch wenn der Aktienanteil bei britischen Unternehmen zum Zwecke der Risi- 38 kostreuung in der Regel weit unterhalb seiner Möglichkeit bleibt, so gelten für britische Lebensversicherungen dennoch flexiblere Anlageregeln, die traditionell zu deutlich höheren Renditen geführt haben als bei deutschen Lebensversicherungen. Mit dem höheren Anteil im spekulativen Aktiengeschäft steigt bei den britischen Versicherungen jedoch auch das Risiko schwankender Überschussbeteiligungen. Die Entstehung des „Zweitmarktes“ und der Fonds Das Modell der Lebensversicherungen hat eine lange Historie. Allein in Deutschland bestehen fast 100 Millionen Lebensversicherungsverträge mit einer Kapitalanlage von über 600 Milliarden €, Tendenz steigend. Der überwiegende Teil dieser Versicherungen wird als kapitalbildende Lebensversicherung geschlossen. Im Gegensatz zu einer Risikolebensversicherung, die während eines festgelegten Zeitraumes ausschließlich den Todesfall versichert und damit Angehörige etc. sichern soll, handelt es sich bei der kapitalbildenden Versicherung um eine „gemischte“ Lebensversicherung, die sowohl auf den Todes- wie auch auf den Erlebensfall ausgerichtet ist. Sie kombiniert somit eine Absicherung eventueller Hinterbliebener mit einem gleichzeitigen Vermögensaufbau durch den Ansparvorgang. Die Versicherungsleistung wird fällig bei Tod bzw. bei Erleben des festgelegten Ablauftermins. Wegen der bis 2004 gültigen Steuervergünstigungen waren Lebensversicherungen stets eine beliebte Altersabsicherung, aber auch nach dem Wandel der Steuerfreiheit zur Steuerbegünstigung für Verträge ab dem 01.01.2005 sind sie aufgrund der sicheren, wenn auch nicht üppigen Verzinsung eine beliebte Anlageform zur privaten Altersvorsorge. Allerdings fordert die sehr sicherheitsorientierte Form der Lebensversicherungen auch ihre Tribute; der gewollten und durch strenge gesetzliche Reglements kontrollierten Risikoarmut dieses Anlagemodells fehlt es gegenüber anderen Anlageformen an Flexibilität in der Verwertbarkeit. Der Versicherte bindet sich über Jahrzehnte an die einmal vereinbarten Beiträge, gleichgültig wie sich seine persönliche und wirtschaftliche Situation entwickelt. Hierin ist wohl auch der Grund zu finden, warum lediglich die Hälfte der abgeschlossenen Versicherungen das vertragliche Laufzeitende auch tatsächlich erreicht. Eine vorzeitige Kündigung dieser Versicherungen ist aber zumeist mit Verlusten verbunden: Die von den Versicherungsgesellschaften den Kunden angebotenen Rückkaufswerte sind meistens so niedrig, dass sie dem sogenannten inneren Wert der Policen bei Weitem nicht entsprechen. Auf dem US-amerikanischen Markt der Risikolebensversi- cherungen geht die Kündigung mit einem Totalverlust der bisherigen Beiträge einher. An dieser Stelle hat sich nun ein Zweitmarkt etabliert: Unabhängige Institutionen kaufen gebrauchte Lebensversicherungen auf! Anstatt seine Lebensversicherung mit hohen Verlusten zu kündigen, verkauft der Versicherungsnehmer diese an einen dafür spezialisierten Makler über den Zweitmarkt. Der Verkäufer erzielt dabei einen höheren Preis für seine Police als den Rückkaufswert der Versicherung; der Käufer zahlt weniger als den tatsächlichen Wert der Police. Hinter diesem Geschäftsmodell scheint daher zunächst eine einfache und grundsätzlich für alle Beteiligten lukrative Geschäftsidee zu stecken. Die Unwägbarkeiten der Fonds Vor dem Hintergrund der – bei US-amerikanischen Lebensversicherungsfonds – garantierten Ablaufleistung bzw. des – bei britischen und deutschen Lebensversicherungsfonds – feststehenden Auszahlungszeitpunktes und der – bei deutschen Lebensversicherungsfonds – relativ konservativen Anlageform stellt sich die Frage, welches Risiko mit dieser Investition für den Anleger einhergeht. Wie bei allen Anlageformen, die den Anleger über einen längeren Zeitraum binden, steht und fällt die Investition mit der realistischen Prognose ihrer Wertentwicklung. Bei US-amerikanischen Fonds ist dies der Zeitpunkt, mit dem das Ableben eines Versicherungsnehmers prognostiziert wird. Hier kam es in der Vergangenheit zu krassen Fehleinschätzungen, die medizinischen Gutachten trafen nicht zu, die Versicherungsnehmer erreichten ein deutlich höheres Alter als prognostiziert. Für die Fonds bedeutet dies eine entsprechend längere Laufzeit der Versicherungsbeiträge, denen keine Rückflüsse aus fälligen Lebensversicherungen gegenüberstehen. Bei deutschen und britischen kapitalbildenden Lebensversicherungen steht der Auszahlungszeitpunkt fest, nicht jedoch die Höhe der Ablaufleistungen. Diese setzen sich zusammen aus den garantierten Leistungen, denen eine Mindestverzinsung zugrunde liegt, und den Überschussbeteiligungen. Die Höhe der Überschuss- oder Gewinnbeteiligung ist jedoch in starkem Maße von den Erträgen abhängig, die die Versicherungsgesellschaften durch ihr Anlagenmanagement erwirtschaften. Nach langen Jahren stabiler Überschussbeteiligungen oberhalb von 7 % blieb die Kapitalmarktkrise 2001/2002 nicht ohne Folgen für die Höhe der Überschussbeteiligung und damit für die Ablaufleistungen insgesamt. Bleiben aber die kalkulierten Rückflüsse aus oder fallen deutlich niedriger als kalkuliert aus, reduziert sich die laufende Liquidität der Fonds, was wiederum nicht nur die prognostizierte Ausschüttungshöhe negativ beeinflusst, sondern – so wie im Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 39 Falle König & Cie. – die Bedienung der eingegangenen Verbindlichkeiten in vertraglich vereinbartem Maße gefährdet, sodass die Zahlungsunfähigkeit und damit die Insolvenz droht. Die Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH stellt in ihrer Marktstudie 2008 „Die Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung“ die Entwicklung der laufenden Verzinsung seit 2002 für den deutschen Markt dar: Insoweit stellt sich die Frage nach einer realistischen Kalkulation der den Prognoserechnungen der Emis sionsprospekte zugrunde liegenden Verträge. Siebenjährige Entwicklung des arithmetischen Durchschnittswertes der laufenden Verzinsung mit Rechnungszins 3,25 % laufende Verzinsung Quelle: Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH – Marktstudie 2008: „Die Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung“ Im Vergleich der Jahre 2002 bis 2007 war die Entwicklung der Überschussbeteiligungen und damit der Gesamtrenditen der Lebensversicherungen deutlich rückläufig. Trotzdem prognostizierte z. B. das Haus König & Cie. in seinem ersten Lebensversicherungsfonds König & Cie Deutsche Leben Rendite Fonds beim mid-case-szenario eine interne Verzinsung von 6,43 %. Dem uns vorliegenden Gutachten über das Ergebnis der Beurteilung des Emissionspros pektes zufolge basieren die kalkulierten Rückflüsse aus den Lebensversicherungen auf einem versicherungsmathematischen Gutachten auf der Grundlage des Jahres 1999! Die durchschnittliche Rendite der Lebensversicherungen im Jahr 1999 lag bei 7,26 %, der Garantiezins bei 4 %. Insoweit könnte man von einer vorsichtigen Kalkulation sprechen. Allerdings datiert der Emissionsprospekt vom 27. Oktober 2003. Zwischenzeitlich war der Garantiezins auf 3,25 % gesunken und sollte zum 01.01.2004 auf 2,75 % weiter abgesenkt werden: Folgen des in den Jahren 2001/2002 verzeichneten Einbruchs des Kapitalmarktes. Es erscheint befremdlich, dass König & Cie. zum damaligen Zeitpunkt keine aktuelleren Werte vorlagen als um vier Jahre veraltete. Ebenso, dass man es nicht für nötig erachtete, die Kapitalmarktkrise 2001/2002 zumindest in die Berechnungen einfließen zu lassen. Genau dieser Fonds hat aber nun mit Beschluss der Gesellschafterversammlung gerade vier Jahre nach seiner Auflage sein Leben ausgehaucht: Am 28.05.2008 beschlossen die Gesellschafter lieber ein Ende mit Schrecken als einen Schrecken ohne Ende und erteilten ihre Zustimmung zur vollständigen Liquidierung des Portfolios. Nach Berechnungen des Hauses König & Cie. soll aus der Li- Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. quidation des Portfolios ein Rückfluss von rd. 70 % des ursprünglich gezahlten Eigenkapitals erfolgen. Externe Kreise schätzen den Rückfluss eher auf 50 % der Einlage. Der Gesamtkapitalrückfluss nach Steuern sollte sich lt. Prospekt auf 159,1 % der Einlage ohne Agio belaufen. Die beigetretenen Gesellschafter haben also entgegen ihrer ursprünglichen, sie sicherlich zum Beitritt bewogenen Renditeerwartung von rd. 60 % einen herben Verlust zu verzeichnen. Auch weitere Fondsgesellschaften bleiben hinter den prospektierten Erwartungen zurück. Der Aktionsbund hat daher die Arbeitsgruppe LVFonds ins Leben gerufen. Aktuell stellen wir das Datenmaterial zusammen und prüfen, inwieweit die unterstellten Renditeerwartungen der Emissionsprospekte den Marktgegebenheiten entsprechen bzw. entsprachen. Wie bei allen Kapitalanlagemodellen geht auch bei dieser Anlageform jeder Anleger ein wirtschaftliches Risiko ein. Dieses Risiko sollte aber dadurch begrenzt sein, dass der Anleger darauf vertrauen darf, dass die kalkulierten Renditeerwartungen auch realistischen Ansätzen unterliegen, und zwar nicht einer Realität, die vier Jahre alt ist! Wir werden in den nächsten Wochen Materialien zusammenstellen und prüfen, ob es sich bei den aktuellen Ergebnissen im Wesentlichen um allgemeine, den wirtschaftlichen Entwicklungen geschuldete Probleme handelt oder diese – wie sich uns der Verdacht derzeit aufdrängt – „hausgemacht“ sind. Über erste Ergebnisse und die weitere Vorgehensweise werden wir kurzfristig berichten. 40 Erb- und Familiensachen Angebot der interdisziplinären Zusammenarbeit von Kerstin Kondert Meine Kollegen im Aktionsbund und in der wSw Wir schützen Werte AG und ich stellen im Laufe der Anlegerberatung immer wieder fest, dass problematische Fonds zusätzlich zu den ihnen eigenen Problemen noch weitere Schwierigkeiten darüber hinaus bereiten: in Erb- und in Scheidungsfällen. Es kommt häufig vor, dass uns ein bis dato von geschlossenen Fonds völlig unbeleckter Erbe anspricht und erklärt, er oder sie habe eine ganze Reihe geschlossener Fonds von den Eltern geerbt. Zunächst ist die Freude groß. Der Erbe findet die Zeichnungsscheine und stellt fest, dass er oder sie einen nennenswerten Anteil an der XY GbR geerbt hat. Wenn 100.000 € auf dem Zeichnungsschein stehen, gehen die Erben in aller Regel davon aus, dass diese Beteiligung auch 100.000 € wert ist. Wer sich schon länger mit der Materie befasst, weiß jedoch, dass das Erbe in diesem Fall höchstwahrscheinlich kein Grund zur Freude, sondern eher ein Grund ist, das Erbe auszuschlagen. Die 100.000 € bringen in den problematischen Fällen nicht nur das Geld, sondern im Gegenteil sogar das noch weit höhere Risiko. Ähnlich sieht es in vielen Scheidungsfällen aus. Beide Eheleute sind an den Fonds beteiligt, aber nur einer hat sich im Laufe der Zeit darum gekümmert. Wir haben mehrfach erlebt, dass der informiertere Partner im Zuge der Scheidungsauseinandersetzung dem weniger gut informierten Partner die risikobehafteten Fondsbeteiligungen „übergeholfen“ hat – und der Partner in seliger Unkenntnis des Risikos vielleicht sogar noch dankbar war. Fachanwälte für Erb- und Familienangelegenheiten sind mit ihrer Materie vom Kapitalanlagerecht häufig weit entfernt. Sie haben auch keinen Grund, sich besonders mit geschlossenen Fonds zu befassen. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, uns in Erb- und Scheidungsfällen als Berater hinzuzuziehen, um eine Bewertung der zu übertragenden Fondsbeteiligungen vorzunehmen. Aufgrund unserer umfangreichen Datenbank zu den geschlossenen Fonds können wir in der Vielzahl der Fälle schnell und mit verhältnismäßig geringem Aufwand die Fondsbeteiligungen bewerten und eine Aussage treffen, ob sie als tatsächliche Vermögenswerte betrachtet werden können oder ob eine Übertragung des Anteils für den Übernehmenden einen wirtschaftlichen Nachteil bedeutet. Eine sachgerechte Bewertung vermeidet in aller Regel nicht nur böse Überraschungen, sondern auch nachfolgende weitere – und ggf. teure – Auseinandersetzungen. Anzeige: Für 39,90 EUR im Buchhandel. Nur für AAA-Mitglieder 19,95 EUR zzgl. 3 EUR Versandkosten, zu bestellen bei der Verwaltung in Tüßling: [email protected] Tel.: 0 86 33/50 67 14 Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 41 Das letzte Hemd hat keine Taschen, in denen man die kalten Hände wärmen könnte von Tibet Neusel Was passiert, wenn ein Mensch stirbt? Diese Kinderfrage, die Eltern gerne in Verlegenheit bringt (soll man jetzt schon oder ist es noch zu früh?), ist für Juristen ganz leicht zu beantworten: Der Erbfall tritt ein. Das steht im bürgerlichen Gesetzbuch. Wenn man die (immer seltener werdende) „Normalfamilie“ aus dem Rama-Werbespot – Vater, Mutter, Sohn, Tochter, gesetzlicher Güterstand – zugrunde legt, passiert am Ende das, was ohnehin alle wollen (wiederum im Normalfall): Die Kinder bekommen das Vermögen zu gleichen Teilen. Bis es soweit ist, kann es aber zu Verwerfungen kommen. Die Eltern sterben gewöhnlich nicht gleichzeitig, sodass zunächst eine Erbengemeinschaft zwischen dem überlebenden Elternteil und den Kindern besteht. Das kann durchaus Regelungsbedarf wecken. Zwar werden die meisten Kinder ihre Eltern nicht vom Hof treiben und diesen dann in der Teilungsversteigerung verschleudern. Aber allein dieser Gedanke beunruhigt erheblich. Zumal man ja den eigenen Kindern nicht misstrauen will, aber den Schwiegerkindern traut man doch einiges zu ... Trotzdem ist die Neigung der Deutschen, ein Testament zu machen, sehr gering. Das Thema ist einfach zu unerfreulich. Deshalb werde ich hier auch nicht in der Wunde herumbohren, sondern nur ein paar einfache Regeln vermitteln, um die schlimmsten Unfälle zu verhindern. Erste Regel: Besser gar nichts tun als das Falsche Als Herr Schöps 1983 eine Operation machen lassen musste, hatte er ein Testament gemacht, weil man ja nie weiß. Es ging alles gut, bis auf das Eine: Das Testament existiert noch. Herr S. war damals unverheiratet und hat als Erben für sein ganzes Vermögen (was nicht viel war) seine Schwester bestimmt. Jetzt hat er eine Frau und zwei Kinder, die noch studieren. (Seine Schwester und seine Frau können sich übrigens nicht riechen.) Wenn Herr S. jetzt stirbt, kann seine Kleinfamilie den Pflichtteil fordern. Sie muss aus dem Einfamilienhaus ausziehen. Vom Ehemann und Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Vater bleiben ihr nicht einmal die persönlichen Gegenstände. Sie könnte das Testament zwar anfechten, aber das würde zu einem langen Rechtsstreit führen, den sie erst einmal finanzieren müsste. Ausgang ungewiss. Einfachste Lösung: Testament zerreißen. Anderes Beispiel: Herr und Frau Wowereit haben ein Berliner Testament gemacht, als sie noch ganz am Anfang standen. Jetzt hat Herr W. eine Sammlung antiker Streitäxte im Wert von 12 Mio. € angelegt und die Eheleute haben zwei Kinder. Und dann stirbt Herr W. Seine Frau erbt alles und zahlt 2,6 Mio. € Erbschaftsteuer. Dann stirbt auch sie und die Kinder zahlen für die zweite Erbschaft zusammen noch einmal 2,6 Mio. € Steuer. (Das ist natürlich ein stark vereinfachtes Beispiel. Frau W. hat gar nicht genug Bargeld, um die Steuer zu bezahlen. Also verkauft sie ein paar der Streit äxte. Das vermindert den Gesamtwert der Sammlung unverhältnismäßig, weshalb die Kinder auch weniger Steuern zahlen müssen. Aber das ist wie gesagt ein Modell und nicht die Wirklichkeit – zum Glück.) Ohne Berliner Testament wären insgesamt nur 2,6 Mio. € Steuern angefallen. 2,6 Mio. € Gestaltungsnachteil. Das muss nicht sein? Lösung auch hier: Testament vernichten. Zweite Regel: Wenn die Verhältnisse untypisch sind, ist ein Testament unerlässlich Jede Abweichung von der Rama-Familie aus dem Werbefernsehen lädt zum Nachdenken über ein Testament ein: Da sind die unreifen Erben, die das Vermögen fix verjubeln. Oder die Erbengemeinschaften, die sich nicht einig werden. Die Patchworkfamilien, ehemalige Ehefrauen, geschwängerte Sekretärinnen, eifersüchtige Halbgeschwister. Oder totgeschwiegene Fehltritte, die postum bekannt werden könnten. Aber auch behinderte Kinder, die versorgt werden sollen, oder langjährige Freunde, denen man etwas zukommen lassen möchte. Nach- Tibet Neusel Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Zur Person: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, zuvor Hauptsachgebietsleiter in der Berliner Finanzverwaltung. Autor zahlreicher Rechtsratgeber. Ständiger Berater des Aktionsbundes aktiver Anlegerschutz Kontakt: Reinhardtstr. 18 10117 Berlin Tel.: 0 30/13 89 60 60 Fax: 0 30/13 89 60 61 E-Mail: [email protected] 42 kommen können noch zu jung sein. Der Nachlass ist vielleicht so komplex, dass er eine professionelle Verwaltung benötigt. In diesen Fällen muss die gesetzliche Erbfolge scheitern. Dritte Regel: Übertragen Sie Ihr Vermögen zu Lebzeiten Wenn man sein Vermögen aus der Hand gibt, dann ist es weg. Das ist die simple Wahrheit, die den meisten Gestaltungen zur Vermögensnachfolge zu Lebzeiten im Weg steht. Niemand arbeitet ein Leben lang und häuft Güter an, um sich dann willentlich mittellos zu machen. Als Berater denkt man anders. Wenn ein Unternehmen vorhanden ist, muss dessen Führung gesichert werden. Große Sachvermögen werden von der Erbschaftsteuer zerschlagen. Man versucht es dann mit Floskeln wie „besser man gibt mit der warmen Hand als mit der kalten“ oder „das letzte Hemd hat keine Taschen ...“. Jeder Berater weiß auch, dass das selten funktioniert. Drei Beispiele: Herr Sarrazin hat ein Unternehmen der Kfz-Zulieferindustrie. Er produziert Scheibenwischergelenke. Nettowert der Firma ca. 10 Mio. €. Er hat zwei Kinder: Seine Tochter studiert in Paris Kunstgeschichte. Zwar hat Herr S. die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass sie sich später auf ihre Wurzeln besinnt und die Firma übernimmt. Er muss aber zugeben, dass das eher unwahrscheinlich ist. Sein Sohn ist Grundschullehrer und hat weder Interesse noch das Know-how, um den Familienbetrieb zu leiten. Er hat aber einen kleinen Sohn, der gerade in die Kita geht. Vielleicht, so Herrn Sarrazins Hoffnung, wird der eines Tages die Firma übernehmen. Und eigentlich hat Herr S. drei Kinder. Da ist nämlich noch ein drittes Kind, von dem niemand etwas weiß. Herr S. hat sich finanziell immer anständig verhalten und dem Jungen die Ausbildung bezahlt. Allerdings fürchtet er nun, dass dieser den Pflichtteil fordern wird nach seinem Ableben und auf diese Weise alles herauskommt. Wenn Herr S. heute mit dem Flugzeug verunglückte, dann fiele das Unternehmen an seine Frau und seine drei Kinder. Keiner der Erben wäre in der Lage, den Betrieb zu führen. Seine eheliche Untreue würde offenbar. Ein möglicherweise jahrelanger Familienkrieg stünde bevor. Oder (weniger dramatisch): Herr Vetter hat ein schönes Vermögen angehäuft. Er hat sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen und rechnet nun damit, dass er noch anderthalb bis zweieinhalb Jahrzehnte entspannt zwischen Mallorca und München hin und her pendeln wird. Er hat zwei Kinder aus einer ersten Ehe und eine zweite Ehefrau. Die zweite Ehe ist kinderlos. Er möchte seine Frau und die Kinder versorgt wissen. Er meint aber auch, dass man seine Erben nicht verwöhnen muss. Er hat den Kindern eine gute Ausbildung bezahlt. Das ist die wesentliche Mitgift, die er ihnen für ihr Leben geben will. Das Geld, das er nicht verbraucht, soll zum Großteil später an eine gemeinnützige Stiftung gehen. Er weiß aber nicht, wie viel er noch braucht. Die Familie seiner zweiten Frau dagegen soll nichts von seinem Vermögen bekommen, auch nicht als Erben seiner Frau (wenn sie ihn überlebt). Oder: Herr Dr. Evers hat eine gut gehende Praxis. Dementsprechend hat er einiges zurückgelegt. Leider hat er keine Familie. Deshalb will er sein Vermögen einer gemeinnützigen Stiftung vermachen. Allerdings nicht sofort, denn er braucht ja möglicherweise sein Geld noch, weil seine Rentenansprüche, wie bei vielen Freiberuflern, gering sind. Außerdem hat er eine alte Haushälterin, der er ein Legat aussetzen will, eine Art Zusatzrente, die auch nach seinem Tode weiter gezahlt werden soll. Diese drei Personen haben ähnliche Probleme: Herr Sarrazin hat keinen geeigneten Erben. Übertrüge er das Unternehmen trotzdem im Erbwege auf einen seiner Nachkommen, dann hätte dieser Probleme, die Pflichtteilsansprüche zu bedienen. Die müssen in Bargeld bedient werden, der Hauptteil des Vermögens besteht aber nun einmal aus dem Unternehmen, das nicht ohne Weiteres flüssig gemacht werden kann. Herr Vetter hat Erben, meint aber, genug für seine Familie getan zu haben, und möchte den größten Teil des Vermögens für einen gemeinnützigen Zweck verwenden, aber noch nicht jetzt. Auch hier würden die Pflichtteilsansprüche erheblich in die Gestaltung reinpfuschen. Bei Herrn Dr. Evers würden vor allem weit entfernte Verwandte erben, vielleicht sogar der Staat. Das wünscht er nicht. Es böte sich an, das Vermögen auf einen verselbstständigten Rechtsträger zu übertragen, z.B. eine Stiftung. Aber das kostete sofort Schenkungsteuern. Und außerdem wäre dann das Geld weg. Es wird aber noch gebraucht, schließlich leben alle drei von ihrem Vermögen. Dazu kommt das Problem, dass zwei der drei Personen auch nach ihrem Tod noch bestimmte Zwecke damit verfolgen möchten. Herr Sarrazin möchte die Verhältnisse offenhalten, bis sein Enkel alt genug ist, und Herr Dr. Evers will seine Haushälterin versorgen. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 43 Lösung: Das Vermögen in die Schwebe bringen Es gibt eine Vielzahl von Gestaltungen für diese und ähnliche Fälle. Eine der neueren Gestaltungsvarianten bezeichnet man als Familienfonds. Für die Mitglieder des AAA, die überwiegend Fondsgeschädigte sind, eine unglückliche Namensgebung. Ich kann aber versichern, dass diese Gestaltung mit Fonds, wie wir sie sonst kennen, nichts zu tun hat. Der Familienfonds löst die beiden Probleme: Das Vermögen ist nicht weg, sondern wird in einem rechtlichen Schwebezustand gehalten. Der Übertragende bleibt Herr über das Vermögen und kann die Übertragung auch jederzeit rückgängig machen. Außerdem kann Schenkungsteuer weitgehend vermieden werden. Darüber hinaus ermöglicht es der Familienfonds, Ziele zu verwirklichen, die sich bislang schwer miteinander in Einklang bringen ließen: Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten und kein Entstehen der Schenkungsteuer zum Übertragungszeitpunkt und Erhalt der Herrschaft über das eigene Vermögen; Unterstützung gemeinnütziger Ziele und Freiheit der Vermögensverwendung; Gestaltung als deutsche Personengesellschaft und steuergünstige Thesaurierung der Erträge; Versorgung einer weit verzweigten Familie und Vermögenszusammenhalt über mehrere Generationen (einschließlich ungeborener Generationen). Der Familienfonds ist ein junges Modell, trotzdem bietet er bereits erhebliche Gestaltungssicherheit. Verbindliche Auskünfte verschiedener Finanzverwaltungen sichern den steuerlichen Hintergrund ab. Ein erheblicher Vorteil besteht zudem darin, dass der Familienfonds ein Gebilde des deutschen Zivilrechts ist und er damit keiner anderen Jurisdiktion unterliegt. Ist der Fonds erst einmal verwirklicht, kann er von den Beratern und Prüfern weiter betreut werden, die den Vermögensinhaber zuvor schon beraten haben. So wird Know-how bewahrt und Kontinuität gewährleistet. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Und was ist nun ein Familienfonds? Es handelt sich um eine Personengesellschaft deutschen Rechts, die das Vermögen treuhänderisch hält. Diese Gesellschaft hat einen Geschäftsführer, das ist derjenige, der sein Vermögen eingebracht hat, selbst (solange er am Leben ist. Später benötigt man natürlich eine andere Person für diese Aufgabe.) Im Gesellschaftsvertrag sind abstrakt die Zwecke beschrieben, für die das Vermögen verwendet werden darf – Versorgung des Geschäftsführers, seiner Familie (auch der noch ungeborenen), der Haushälterin, Pflege des Deutschen Liedguts etc. Im Vertrag kann auch ein ExitZeitpunkt festgelegt werden. Im Falle Herrn Sarrazins könnte das der Tag sein, an dem sein Enkel reif ist, die Firma zu leiten. Dann wird das Vermögen an ihn übertragen. Und dann entsteht auch Erbschaftsteuer, aber nicht schon heute. Bei den Herren Evers und Vetter geht das Vermögen – soweit noch vorhanden – nach dem Tode der Ehefrau bzw. der Haushälterin an eine gemeinnützige Stiftung. Der Familienfonds kann aber auch ohne ExitZeitpunkt errichtet werden. In diesem Fall hätte man mit einer originär deutschrechtlichen Gestaltung erreicht, was man sonst nur mit angloamerikanischen Trusts erreichen kann: eine verselbstständigte Vermögensmasse, die eine Familie und/oder einen Zweck befördert und dabei Einkommensteuer und Schenkungsteuer zur Unzeit weitgehend vermeidet. Die Nova Plan AG, die diese Gestaltung entwickelt hat und anbietet, plant im Herbst Informationsveranstaltungen zu dem Thema durchzuführen, Interessenten können sich beim Autor unverbindlich vormerken lassen. 44 Unterbeteiligung und Treuhandvereinbarung bei geschlossenen Immobilienfonds von Peter Apel Peter Apel Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Beruflicher Werdegang: Seit 1994 Anwalt mit den Schwerpunkten Kapitalanlagerecht, Handels- und Gesellschaftsrecht mit steuerrechtlichen Bezügen; 1994–2000 Anstellung in Sozietäten mit insolvenz- und steuerrechtlichen Schwerpunkten; 2000 Gründung der Kanzlei Schirp & Apel mit nahezu ausschließlicher Tätigkeit im Kapitalanlagerecht; 2002 Fusion zur Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel. Kontakt: RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin Tel.: 0 30/32 76 17-33 Fax: 0 30/32 76 17-17 E-Mail: [email protected] www.ssma.de Eine große Anzahl von Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds ist in der Praxis über einen Treuhandgesellschafter oder in Form einer Unterbeteiligung gestaltet. Der Anleger ist in beiden Fällen mittelbar an der Fondsgesellschaft beteiligt. Dies führt dazu, dass zwischen den finanzierenden Banken und dem Anleger kein direktes Vertragsverhältnis besteht. Etwaige Ansprüche aus den Darlehensverträgen können bei Leistungsstörungen daher von den Banken grundsätzlich nur im Verhältnis der Vertragspartner geltend gemacht werden. Die Banken haben damit in der Regel keine direkten Zahlungsansprüche aus den Darlehensverträgen gegenüber den beigetretenen Anlegern. Die Kreditinstitute überwinden diese Hürde dadurch, dass sie sich die Freistellungsansprüche, die der Treuhandgesellschafter gegenüber seinen Treugebern hat, von dem Treuhandgesellschafter abtreten lassen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine Abtretung von Freistellungsansprüchen an Dritte ohne Weiteres möglich ist, da diese etwaigen Abtretungsverboten unterliegen kann, und ob die abgetretenen Ansprüche möglicherweise wegen Verjährung nicht durchsetzbar sind. Die Sozietät Schirp Schmidt-Morsbach Apel konnte Anleger erst instanzlich erfolgreich vor dem Landgericht Berlin gegen geltend gemachte Zahlungsansprüche der Investitionsbank Berlin aus abgetretenem Recht vertreten. Weitere Probleme können sich aus der Beendigung der mittelbaren Beteiligungsverhältnisse ergeben. Oft besteht die Rechtsfolge einer Beendigung des Treuhandverhältnisses darin, dass die Beteiligung auf den Treugeber übertragen wird. Diesbezüglich können Zustimmungs- und Formerfordernisse eingreifen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob insbesondere eine bedingte (Rück-)Übertragung einer Beteiligung oder die Erteilung einer Vollmacht zugunsten des mittelbar beteiligten Anlegers unter Befreiung von § 181 BGB im Wege von allgemeinen Vertragsbedingungen wirksam vereinbart werden können. Unterbeteiligungen können durchaus ohne Mitwirkung des Hauptgesellschafters beendet werden. Dient die Unterbeteiligung als Vorstufe einer späteren Gesellschafterbestellung des Unterbeteiligten in der Hauptgesellschaft, kommen jedoch die für einen Gesellschafterwechsel geltenden Zustimmungs- und Formerfordernisse zum Tragen. Die Sozietät Schirp Schmidt-Morsbach Apel hat anlässlich dieser Problemstellungen eine Arbeitsgruppe gebildet, die die Chancen und Risiken einer erfolgreichen Verteidigung des Anlegers gegen geltend gemachte Freistellungsansprüche aus abgetretenem Recht untersucht. Aufgrund der erlangten praktischen Erfahrungen und der derzeitigen Erkenntnisse gehen wir davon aus, auch in diesem Segment dem Anleger erfolgreich Hilfe anbieten zu können. Über die Ergebnisse werden wir im nächsten Anlegerschutzbrief berichten. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 45 Private-EquityPublikumsfonds Initiatoren reagieren auf Vorwürfe der Intransparenz von Dr. Marc H. Lampe I. Einleitung Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften sieht den Beginn der Geschichte der Finanzierungsform des Private Equity, also die projektbezogene, informelle Finanzierung von Unternehmensgründungen und -fortentwicklungen durch reiche Privatleute und Privatbanken, in den U.S.A. um 1900. Dadurch seien heutige Weltkonzerne wie Rockefeller, Philipps, AEG und Mannesmann entstanden und der Grundstein für die Industrialisierung geschaffen worden. In Deutschland zog diese Finanzierungsform allerdings erst ein, als sich um die Jahrtausendwende der Neue Markt und die Internet-Euphorie auf den Finanzmärkten auf ihrem Höhepunkt befanden. Der Umstand, dass der deutsche Gesetzgeber bereits 1957 ein Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften erlassen hat, beförderte die Entwicklung der Branche hierzulande nicht nennenswert. Die Entwicklung von Private-Equity-Fonds in den vergangenen fünf Jahren ist in der Tat beeindruckend (vgl. auch Schirp, ASB 1/2007, Seite 28–30), trotz der anprangernden Äußerungen von Politikern über „Heuschrecken“, die noch bis in die parlamentarischen Beratungen um das neue MoRaKG (Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen) hineinwirken. Auch Berichte über hierzulande ungewöhnliche Geschäftspraktiken, etwa die Übernahme der Anteile einer schwächelnden Gesellschaft, die unmittelbar danach kreditfinanzierte Ausschüttungen beschließt, scheinen die Branche nicht insgesamt in Misskredit zu bringen. Sie betreffen aber auch nur einzelne amerikanische Hedgefonds und Pensionsfonds, nicht aber Gesellschaften der Private-Equity-Branche im Allgemeinen. Große Werbewirkung für die gesamte Branche besaß dagegen offenbar die schwer nachprüfbare Information, große PrivateEquity-Fonds hätten in der Zeit bis zum Börsencrash 2001/2002 Renditen von 40 % pro Jahr erzielt. Der Markt für Private-Equity-Finanzierungen wächst in Deutschland nicht nur wegen großer US-amerikanischer Gesellschaften, die in Europa und eben auch in Deutschland zunehmend aktiv werden. Derartige Investitionen sind gesetzlich erst seit 2004 zugelassen. Seit etwa 2003 werden in stark steigender Zahl vor allem Private-Equity-Publikumsfonds aufgelegt und vertrieben (siehe ASB 1/2007, Seite 28–30), die sich (oft ausschließlich) an deutsche Anleger wenden. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Nach Angaben des Bundesverbandes sind zurzeit über Private Equity in Deutschland rund 20 Mrd. € in über 6.000 Unternehmen investiert, und rund die Hälfte der 20 Mrd. € stammt von Private-Equity-Publikumsfonds. II. Intransparenz Offenbar wurde aus dem Ursprungsland der Finanzierungsform, den U.S.A., die Gepflogenheit der Fondsbetreiber übernommen, die eigene Geschäftspolitik gegenüber der Öffentlichkeit weitgehend geheim zu halten. Bilanzen der Private-Equity-Fonds sowie Geschäftsberichte mit Informationen zur Entwicklung der Einzelinvestitionen (sog. track records; bei doppelstöckiger Konstruktion auch die Bilanzen der Mittelebene, der Zielfonds) wurden und werden in den U.S.A. regelmäßig nur den Alt-Anlegern des Fonds, ausgewählten akademischen Instituten und den Fondsbetreibern (i. d. R. den Initiatoren) selbst bekannt gegeben. Geheimhaltung üben die noch relativ jungen Publikumsfonds sowie die neuen deutschen Initiatoren verblüffender Weise aber auch gegenüber den Kleinanlegern. Dies schlägt sich nicht nur versteckt in den Verträgen der Fonds nieder, die der Anleger mit seinem Beitritt akzeptiert, sondern auch zumeist in der späteren Behandlung der Anleger, die sich mit der Bitte um Information über ihre Investition an die Fondsverwaltung wenden. Wenn wir noch einmal den Prospekt eines der ersten großen in Deutschland aufgelegten Private-Equity-Publikumsfonds zur Hand nehmen, den zum „Macquarie Infrastrukturfonds Nr. 1“, so wird dem durchschnittlichen Privatanleger vermutlich nicht auffallen, dass seine Rechte in Bezug auf die Auswahl der Investitionen und spätere Entscheidungen des Fonds, bezüglich der Zielunternehmen Einfluss zu nehmen, minimal sind. Er hat nicht einmal das Recht, nach Ablauf eines Geschäftsjahres Bilanzen, Geschäftsberichte oder sonstige Informationen über die Entwicklung der Investitionen des Fonds zu verlangen (vgl. schon Schirp, ASB 1/2007, Seite 28–30). Seine Rechte beschränken sich im Wesentlichen auf die jährliche Feststellung des Jahres-abschlusses der Fonds-KG sowie die Entlastung von Geschäftsführung und Komplementär. Eine Pflicht der Geschäftsführung zu einer regelmäßigen detaillierten Information der Anleger oder zu einer zumindest regelmäßig einzuberufenden Gesellschafterversammlung, in der die Geschäftsführung Rede und Antwort steht, ist nicht vorgesehen. Ein Beirat, also eine Anlegervertretung, ist laut Gesellschaftsvertrag optional und ohne Weisungsrecht. 46 Im Gesellschaftsvertrag kommt deutlich das Misstrauen gegenüber öffentlich geworbenen Kleinanlegern zum Ausdruck, wenn es dort heißt: amerikanische Hedgefonds gehen diesen letztgenannten Weg der Anlegerinformation schon seit längerem. 4„Interessenwahrung Der Initiator „KGAL“ kündigt regelmäßige Diskussionsrunden („Experten-Talk“) zur Etablierung eines intensiveren Dialogs mit Anlegern, Vertrieb und Öffentlichkeit an. Einem interessierten Personenkreis soll auf diesen Veranstaltungen die Gelegenheit gegeben werden, eigene Themenvorschläge mit Private-Equity-Profis zu diskutieren. Kenntnisse über Beteiligungsunternehmen, die den Gesellschaftern über die Gesellschaft zugänglich gemacht werden, dürfen von den Gesellschaftern nicht zum Nachteil der Gesellschaft oder ihrer Beteiligungsunternehmen und nicht zu Wettbewerbszwecken verwendet werden. 4Vertraulichkeit Sämtliche Kenntnisse, die die Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter über die Gesellschaft, die übrigen Gesellschafter und die Beteiligungsunternehmen der Gesellschaft erlangen, sind vertraulich zu behandeln. Diese Vertraulichkeitsverpflichtung gilt auch über die Beendigung der Gesellschaft hinaus.“ Mit diesen Beispielen aus einem Prospekt wollen wir diesen Anbieter nicht im Besonderen kritisieren, sondern nur einen inhaltlichen Aspekt der Publikumsfonds im Bereich Private Equity darstellen, der sich in ähnlicher Form bei vielen anderen Angeboten findet. Vorwürfe mangelnder Transparenz gegenüber Initiatoren von Private-Equity-Fonds finden sich denn nicht nur hier, sondern erwartungsgemäß auch in den Fachblättern der Branche (vgl. etwa „Private Equity Quarterly Analysis“ der Research Medien AG, früher „Der Immobilienbrief“). Nicht zuletzt aufgrund der Diskussionen um das Geschäftsgebaren großer US-amerikanischer Pensionsfonds in Deutschland („Heuschrecken“) bekam der Vorwurf mangelnder Transparenz gegen über Private-Equity-Fonds zusätzliche Nahrung. Anleger dieser Fondsklasse wollten wissen, in welcher Weise ihr Fonds mit ihrem investierten Geld in den Zielunternehmen umgeht. Auf diese Kritik haben ein paar Initiatoren reagiert und im Frühjahr 2008 auf Konferenzen Investoren und Presse über die Arbeit der Manager der jeweiligen Zielfonds, d.h. der Gesellschaft, an der die Anleger unmittelbar oder jedenfalls nur über eine Zwischengesellschaft vermittelt beteiligt sind, informiert. Der Initiator „BVT“, der bereits sieben Private-Equity-Publikumsfonds mit doppelstöckiger Struktur aufgelegt hat, ließ dort eine detaillierte Bewertung der Zielfonds referieren, in die die sieben Fonds investiert haben. Manager der Zielfonds kamen zu Wort und standen Rede und Antwort. Der Initiator „Hannover Leasing“ veranstaltete eine Konferenz und ließ Manager seiner Dachfonds fondsspezifische Investitionsentscheidungen vor Investoren und Presse erläutern. Zusätzlich sollen den Anlegern in einem kennwortgeschützten Bereich im Internet Bewertungsinformationen zu ihrem Zielfonds zur Verfügung gestellt werden. US- Diese Anstrengungen können allerdings weiterhin einen rechtlichen Rahmen, der es den Anlegern ermöglicht, die Verwendung ihrer Gelder effektiv zu kontrollieren, nicht ersetzen. Die beschriebenen „Transparenzoffensiven“ scheinen lediglich einer Image-Kosmetik der Branche zu dienen und sind nicht tief greifend genug. Der Anleger bleibt selbst auf derartigen Veranstaltungen weitgehend auf die Auswahl an Informationen angewiesen, die die Fondsverwaltung trifft. Eine Überprüfung ist mit großen praktischen Schwierigkeiten verbunden. III. Spekulation um Macquarie Aufgrund der inzwischen notorisch zurückhaltenden Informationspolitik der Branche ließ vor kurzem eine Pressemeldung umso mehr aufhorchen. Jim Chanos, der Gründer und Präsident des weltgrößten auf Leerverkäufe spezialisierten Hedgefonds, spekuliert seit Mai 2007 gegen die vorrangig auf Infrastrukturfonds spezialisierte australische Bank „Macquarie“, andere Spekulanten folgen ihm offenbar und haben den Druck auf die Aktien der Bank im April dieses Jahres erheblich erhöht (Financial Times Deutschland v. 29. April 2008). Jim Chanos ist dadurch bekannt geworden, dass er im Oktober 2000, also relativ früh, das Unternehmen „Enron“ analysierte und die Unregelmäßigkeiten erahnte, die sich zu den großen U.S.Bilanzfälschungsskandalen ausweiteten, mit Leerverkäufen gegen dieses spekulierte und bis zur Insolvenzanmeldung am 01.12.2001 große Gewinne erzielte. Welche Hintergrundinformationen die Spekulation gegen Macquarie antreiben, ist nicht bekannt, nahe liegt aber die Vermutung, dass sie mit dem Hauptgeschäftsfeld der Bank, den Infrastrukturfonds, in Zusammenhang stehen. IV. Zukünftige Entwicklungen So jung wie die Branche der Private-Equity-Pu blikumsfonds in Deutschland noch ist, bestehen hier doch in Sachen Anlegerinformation und -rechte offenbar erhebliche Defizite. Wir werden diese Fonds und neue Entwicklungen aufmerksam verfolgen und gegebenenfalls auf Missstände und Gefahren für Anleger hinweisen. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 47 Laufende finanzwirtschaftliche Sanierung von GbR-Fonds Neu: Vorgehen der Bank gegen Nichtzahler bei laufender finanzwirtschaftlicher Sanierung von Lutz Neumann Ein Großteil der Fondsgesellschaften des sozialen und geförderten Wohnungsbaus Berlin befindet sich derzeit in der Phase der finanzwirtschaftlichen Sanierung. Nach meiner Kenntnis geht eine Bank nunmehr – erstmalig – bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche während einer laufenden finanzwirtschaftlichen Sanierung neue Wege: Ziel der finanzwirtschaftlichen Sanierung ist stets die Schlussabwicklung über den Verkauf der Immobilie oder die maßgebliche Reduzierung der jeweiligen Darlehen, um auch ohne Fördergelder der Investitionsbank Berlin aus den Mieterträgen den Kapitaldienst und die Kosten der Gesellschaft darstellen (bezahlen) zu können. Den aktuellen Fall aus dem Bereich der R & W Fonds Berlin (Fonds des 1. Förderwegs) möchte ich nachfolgend kurz erläutern. Den Gesellschaftern wird im Rahmen „freiwilliger Nachschussleistungen“ erhebliche Liquidität abverlangt. Der Geschäftsbesorger kann i. d. R. die auf einer Gesellschafterversammlung beschlossenen Nachschüsse nicht gerichtlich einfordern, da es den meisten Gesellschaftsverträgen an den hierfür notwendigen klaren (Nachschuss-)Regelungen fehlt. Hierüber hat der Aktionsbund aktiver Anlegerschutz e. V. bereits in vorangegangenen Anlegerschutzbriefen informiert. In den meisten Fällen empfiehlt es sich, an der Sanierung durch „freiwillige“ Nachschüsse teilzunehmen. Scheitert die finanzwirtschaftliche Sanierung, sieht sich der Gesellschafter einer quotalen Inanspruchnahme durch die Banken im Wege der gerichtlichen Abwicklung ausgesetzt. Dieses ist stets mit der Zwangsverwaltung und späteren Zwangsversteigerung der Immobilie zu erheblich geringeren Werten als sie im „freihändigen“ Verkauf erreichbar sind, verbunden (kostet also mehr Geld). Die Durchschlagskraft bei der Inanspruchnahme fällig gestellter Darlehen gegenüber allen Gesellschaftern ist durch das jüngste BGHUrteil (s. Beitrag von Herrn Rechtsanwalt Dr. Marc Lampe, Seite 16) zumindest zeitlich gehemmt. Dennoch: Die Durchsetzung des Anspruches wird in den meisten Fällen nur verlangsamt, nicht beseitigt. Bei den meisten Sanierungsmodellen steht der Geschäftsbesorger immer vor einem erheblichen Problem: dem Umgang mit zahlungsunwilligen Gesellschaftern. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Ausgangslage: Gemäß Gesellschafterbeschluss soll die Schlussabwicklung und damit die komplette Schuldhaftentlassung der Gesellschafter durch den Verkauf der Immobilie erreicht werden. Der Verkaufserlös – trotz derzeit ordentlicher Marktlage – reicht aber bei weitem nicht aus, das 1a- + 1b-Darlehen der endfinanzierenden Bank sowie das Aufwendungsdarlehen der IBB zum Barwert abzulösen und die lastenfreie Übertragung (Voraussetzung: Grundschuldlöschung) der Immobilie an den Käufer zu gewährleisten. Aus diesem Grund wurde auch ein erheblicher Gesellschafternachschuss beschlossen. Die 15-jährige Grundförderung (durch die IBB) ist seit einigen Jahren ausgelaufen, die Bank hat das 1a-Darlehen bereits vor Monaten aufgrund erheblicher Kapitaldienstrückstände gekündigt – hielt jedoch bisher „still“. Der Verkauf der Immobilie steht unmittelbar bevor. Zuzüglich zum Kaufpreis sind rechnerisch ca. 125 %, bezogen auf die Höhe der jeweiligen Gesellschafterbeteiligung, durch alle Gesellschafter auf ein Treuhandkonto einzuzahlen. Der Zahlungsaufforderung kam ein Großteil der Gesellschafter (freiwillig) nach, jedoch fehlt noch ein erheblicher Betrag zur Ablösung aller Darlehen, ein Teil der Gesellschafter hat die freiwillige Nachschusszahlung nicht geleistet. Die Bank erkennt, dass sie durch den „freihändigen“ Verkauf der Immobilie und die auf dem Treuhandkonto hinterlegten Gelder schneller ihre Darlehen zurückgeführt bekommt als durch „großflächige“ Inanspruchnahme und eine damit verbundene Zwangsversteigerung. Lutz Neumann Vorstand der ARACON AG (Immobilien-Fondsverwaltung), Berlin Beruflicher Werdegang: Nach Abschluss des Wirtschaftsgymnasiums Braunschweig Ausbildung zum Industriekaufmann in einem mittelständischen Industriebetrieb mit betriebsbegleitender Vorbereitung auf die Übernahme von Führungspositionen. 1990 bis 1994 Leiter des „Immobilien-Home-Office“ einer westfälischen Unternehmerfamilie. 1995 bis 1999 tätig in Führungs position der Bauplanung und Gesamtkonzeption von Projekten der Gewerbe- und Wohnungswirtschaft. Seit 1999 tätig in der Verwaltung und finanzwirtschaftlichen Sanierung geschlossener Immobilienfonds. Gründer und Vorstand des ARACON AG-Konzerns Kontakt: Tel.: 0 30/97 00 53 10 Fax: 0 30/97 00 53 15 E-Mail: [email protected] 48 Nunmehr erhielten die Gesellschafter kürzlich ein Schreiben der Bank mit der Aufforderung, ihre quotale Haftungssumme, bezogen auf das 1a-Darlehen (mithin ca. 105 %), innerhalb einer Frist von 14 Tagen direkt an die Bank zu zahlen. Die Gesellschafter, die bereits im Wege der finanzwirtschaftlichen Sanierung freiwillige Nachschussleistungen auf dem Treuhandkonto des vom Geschäftsbesorger beauftragten Rechtsanwaltes hinterlegt haben, wurden vom Geschäftsbesorger parallel aufgefordert, die Freigabe des entsprechenden quotalen Anteils vom Treuhandkonto zu erklären – müssen also „liquide“ derzeit überwiegend nicht neu zahlen. Die Gesellschafter, die sich bisher nicht an der freiwilligen Nachschusszahlung beteiligt haben, sehen sich nach Ausbleiben ihrer Zahlung mit einer Zahlungsklage der Bank konfrontiert. Der hier eingeschlagene Weg der Bank hat das Ziel, durch die zunächst außergerichtliche und dann gerichtliche Inanspruchnahme der Gesellschafter das Gesamtkonzept des „frei- händigen“ Verkaufs, verbunden mit der Schlussabwicklung und der Schuldhaftentlassung aller Gesellschafter, zu forcieren. Für sanierungsbereite Gesellschafter dürfte trotz dieses recht massiven Schrittes die finanzwirtschaftliche Sanierung und die damit verbundene „Komplettenthaftung“ in den jeweiligen Modellen nicht teurer werden. Der Gesellschafter, der sich bisher der „freiwilligen“ Zahlung verweigerte, sieht sich sehr zeitnah mit einer gerichtlichen (quotalen) In anspruchnahme aus dem 1a-Darlehen konfron tiert – nach Liquidation des Fonds dann noch mit Forderungen des Liquidators mit dem Ziel einer Gleichstellung aller Gesellschafter. Fazit: Nunmehr beginnen nicht mehr nur die Geschäftsbesorger einen erheblichen „Druck“ auf nicht zahlungswillige Gesellschafter auszuüben, sondern – und dies ist neu – auch die endfinanzierende Bank und zwar: im Zuge laufender finanzwirtschaftlicher Sanierungen. Anzeige: Für 39,90 EUR im Buchhandel. Nur für AAA-Mitglieder 19,95 EUR zzgl. 3 EUR Versandkosten, zu bestellen bei der Verwaltung in Tüßling: [email protected] Tel.: 0 86 33/50 67 14 Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 49 Das Letzte von Tibet Neusel Es gibt immer wieder Sachen, die man kaum glauben möchte. Biogasfonds Da ist zum Beispiel der Biogasfonds MTV IV, der innerhalb von 16 Monaten sein ganzes Eigenkapital verbraucht hat. Die Bank bietet jetzt frisches Geld zu 8 % p.a. Als weitere Gegenleistung soll der Fonds einwilligen, dass sie die Biogasanlagen freihändig verkaufen kann – zu einem Preis, der optimistisch angesetzt wurde: 80 % der Investitionssumme. Und was sagt man dann den Anlegern? Die Bürokratie ist schuld. Die Genehmigungsvoraussetzungen für Biogasanlagen hätten sich in den letzten 12 Monaten derart verschärft, dass es eben einfach etwas länger dauert, solche Anlagen zu bauen. Ein Brief, in dem ich gefragt habe, was genau sich verschärft hat und welche Gemeinden denn blockieren, bleibt unbeantwortet. Der AAA ist an dem Thema dran. Mitglieder, die in diese Fonds investiert haben, können sich gerne bei mir oder in der Geschäftsstelle Berlin bei Thomas Lippert melden. Juragent Fonds 4 Eine andere Geschichte, die sich im Werden befindet, ist der Juragent 4. Es handelt sich um den 4. Prozessfinanzierungsfonds der Juragent AG. Als der erste aufgelegt wurde, war das eine Innovation und deshalb hatte man keine Vorbilder. Die ganzen Ergebnisprognosen waren darum geschätzt. Als der Juragent 4 auf den Markt geworfen wurde, waren die ersten drei Fonds hingegen schon längere Zeit erfolglos tätig. Ein Umstand, der aber im Prospekt des Juragent 4 nicht berücksichtigt wurde. Hier wurde mit Planzahlen gerechnet, die schon lange falsifiziert waren. Prospektfehler? Wir werden sehen. Auch hier können sich Anleger bei mir oder bei Herrn Lippert melden; sie werden dann auf dem Laufenden gehalten. Insolvenz der Ecovest AG alias Antec Solar Energy AG Die Ökologik Ecovest AG hat zusammen mit der Ecovest Service GmbH Öko-Fonds unter das Anlegervolk gebracht. Über die handelnden Personen, insbesondere den Vorstand Udo Bockemühl, hat sich schon 2002 die Berliner Tageszeitung kritisch geäußert. Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. (Erstaunlich, welche Blätter man lesen muss, wenn man sich mit Öko-Fonds beschäftigt – nicht die FAZ, sondern die TAZ.) Ich durfte einen Prozess gegen diese Herren führen, der jetzt leider aufgrund der Insolvenz ruht. Es waren die typischen Verhaltensweisen undurchsichtiger Geschäftemacher: Firma ändern, Prozess verschleppen, Rechtsanwaltsmandat kurzfristig kündigen. Off the record sagte ein Richter am Landgericht Frankfurt a. M., dass das hier die übliche Taktik sei. Jetzt stellt sich heraus, dass die Staatsanwaltschaft schon seit Jahren gegen die Verantwortlichen ermittelt. Aktionsbundmitglieder, die Ecovest-Fonds gezeichnet haben, können sich ebenfalls bei der Geschäftsstelle in Berlin oder bei mir melden. Wenn wir Akteneinsicht in die Ermittlungsakte erhalten haben, werden wir ihnen mitteilen, ob hier etwas zu machen ist. Neue Gerichtsentscheidungen Im Westen der Republik sind einige Entscheidungen ergangen, die von Interesse sind. Berater müssen nicht nur beraten, sondern auch ermitteln Das OLG Köln entschied, dass der Vermittler eines Filmfonds seinen Kunden richtig und vollständig informieren muss. Diese Verpflichtung erfordert „vorab eine eigene Information des Anlageberaters hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Dazu muss sich der Berater selbst aktuelle Informationen über das Anlageobjekt verschaffen und kraft seines kritischen Sachverstandes und weitreichender Nachfragemöglichkeit die Prospektangaben auf Plausibilität prüfen.“ Und da der kritische Sachverstand in diesem Fall durch die Provisionsversprechen des Initiators vernebelt war, verurteilte das OLG zu Schadenersatz. Apropos: Muss man den Focus lesen? Mit einem ähnlichen Problem befasst sich das OLG Düsseldorf. Ein Vermittler verkaufte hier einen Fonds, als schon im Focus groß über den negativen Verlauf dieses Fonds berichtet wurde, in den Brancheninformationsdiensten sowieso. 50 Da entscheidet das Gericht souverän: Den Focus muss man lesen und verurteilt zu Schadenersatz (II 16 U 275/06). Was verjährt wann? Interessant sind auch die Ausführungen zur Verjährung. (Wir sind jetzt wieder beim OLG Köln). Das Problem ist bekannt: Die Verjährung tritt drei Jahre nach Ablauf des Jahres ein, in dem der Schädiger Kenntnis von der Falschberatung und vom Schaden hatte. Z.B.: Im Jahr 1999 hat jemand einen Fonds gezeichnet. Im Jahr 2006 merkte er dann, dass er dabei falsch beraten wurde. Die Verjährung tritt mit Ablauf des 31.12.2009 ein. Dabei muss er so viel wissen, dass er zumindest eine Feststellungsklage erheben kann. Das bedeutet, dass neben der Pflichtverletzung ein Schaden zwar schon vorliegen, die Höhe des Schadens aber noch nicht feststehen muss. Der kann auch erst in Zukunft bezifferbar sein. Unkenntnis schützt aber dann nicht vor der Verjährung, wenn der Geschädigte grob fahrlässig unwissend war. Wer also Warnsignale missachtet, wer deutlichen Hinweisen nicht nachgeht, der kann sich nachher nicht auf Unkenntnis berufen. Hier war vorgetragen worden, dass der Kläger doch schon lange von dem Schaden gewusst habe, denn er habe ja die jährlichen Geschäftsberichte bekommen. Dort habe es Hinweise gegeben, denen der Kläger hätte nachgehen müssen. Hätte er dies getan, hätte er viel früher schon gemerkt, dass er übers Ohr gehauen wurde. Dieser Einwand wird fast regelmäßig in solchen Verfahren vorgetragen. Dankenswerterweise hat sich das Gericht mit der nötigen Klarheit dazu geäußert: „Aufgrund der in dem Geschäftsbericht enthaltenen wenig konkreten sowie deutlich optimistisch ‚gefärbten‘ Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Fonds konnte der Klägerin die Erhebung einer Feststellungsklage nicht zugemutet werden ... Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Zedent für das Jahr 2002 noch eine Ausschüttung erhalten hat, mithin keine realen Verluste des Fonds bestanden haben können.“ Die Aussage im letzten Satz ist zwar fragwürdig. Natürlich gibt es Fonds, die schon tief in der Kreide stehen und trotzdem noch ausschütten; das ist ja häufig Teil der Vernebelungsstrategie der Initiatoren. Aber zum Argument, der Kläger hätte sich schon viel früher um seine Fonds kümmern müssen, er habe deshalb grob fahrlässig nicht gewusst, dass der Prospekt falsch sei, sagt das OLG ganz klar: Wer seine Geschäftsberichte rosa färbt, der kann nicht nachher behaupten, der Anleger hätte alles wissen können (24 U 123/07). Das hat übrigens auch das OLG Celle im Mai des Jahres gesagt. Im entschiedenen Fall gab es jährliche Geschäftberichte, die die schlechte wirtschaftliche Lage des Fonds auch zutreffend beschrieben. Allerdings waren die Hiobsbotschaften stückchenweise eingestreut in positive Meldungen zum Immobilienmarkt allgemein und im Besonderen. „Für einen Laien waren die eher verschleiernden als erhellenden Äußerungen der Rechenschaftsberichte jedenfalls nicht eindeutig. Sie lassen die Annahme grober Fahrlässigkeit nicht zu.“ Der Kläger verlor die Klage trotzdem, denn der Fonds hatte über zehn Jahre lang, nämlich von 1995 bis zur Klageerhebung in 2006, die prog nostizierten Ausschüttungen nicht geleistet. Das hätte dem Kläger zu denken geben müssen, zumal er nach eigenem Vortrag den Fonds erworben hatte, um mit den Erträgen seine Rente aufzubessern. Somit handelte er grob fahrlässig – Verjährung war eingetreten (3 U 6/08). Da wir gerade beim Thema Verjährung sind: Im November 2007 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Verjährung für jeden Prospektfehler gesondert zu laufen beginnt. Wer also 1999 einen Fonds kaufte und im Jahr 2003 feststellte, dass der Prospekt einen Fehler enthält, konnte bis 31.12.2006 klagen. Wenn sich dann aber im Jahr 2007 herausstellte, dass der Prospekt einen weiteren Fehler enthält, kann dieser Fehler in einer Prospekthaftungsklage bis zum 31.12.2010 geltend gemacht werden (V ZR 25/07). Muss man den ganzen Prospekt nach Risikohinweisen durchsuchen? Mit einem alten Problem befasste sich auch das Landgericht Münster. Ein Fonds in Form der Kommanditgesellschaft sollte planmäßig Ausschüttungen leisten, obwohl er keine Gewinne erwirtschaftete. Er schüttete also sein Haftkapital aus. Untechnischer formuliert: Er zahlte den Anlegern zurück, was sie als Eigenkapital eingezahlt hatten. Die Folge ist, dass der einzelne Kommanditist in Höhe der Ausschüttungen haftet. „Über dieses system immanente und damit unvermeidbare Risiko mussten die Anleger aufgeklärt werden“, meinte das LG. Es wurde im Prospekt auch erklärt (wenn auch etwas verdruckst). Allerdings fand sich diese Erläuterung unter der Überschrift „Das steuerliche Konzept“. Und unter dieser Überschrift „erwartet ein unbefangener Anleger nicht einen Hinweis, der für die Frage seiner Haftung von elementarer Bedeutung ist“, so das Gericht, und es verurteilte zu Schadenersatz (16 O 623/04). Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. 51 Mit einer ähnlichen Frage hat sich das Kammergericht Berlin in einem Hinweisbeschluss befasst: In einem Prospekt stand sinngemäß, die Immobilien A und B seien neu (was auch stimmte). Über die Immobilie C stand nichts an dieser Stelle im Prospekt. Die beklagte Initiatorin meinte nun, dass man doch daraus schließen könne, dass die Immobilie C eben nicht neu sei. Ja, sagt das KG, kann man. Das reicht aber als Aufklärung trotzdem nicht aus, denn es ist „nicht ausreichend, den Anleger auf e-contrario-Schlüsse zu verweisen“ (Beschluss vom 08.07.2008, 24 U 21/08). Ein Emissionsprospekt ist schließlich keine Bibelstelle, an der ein Kandidat der Theologie seine Auslegungskünste beweisen soll, sondern ein Informationsmedium. Impressum Anschrift: Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Marktplatz 19 84577 Tüßling Internet: www.aktionsbund.de E-Mail: [email protected] Herausgeber: Thomas Lippert Knesebeckstr. 83 10623 Berlin Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Tibet Neusel Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. Cinerenta Kurz vor Redaktionsschluss platzt dann noch die Meldung rein, dass die Finanzverwaltung die Steuervorteile des Cinerenta 5 um ca. 50 % beschnitten hat. Dieser Artikel war schon fast im Druck, da erhielt ich die Mitteilung, dass es sich um einen Rechenfehler des Finanzamts gehandelt habe. Die Gesellschafter erhalten in Kürze neue Bescheide. Und das war jetzt wieder mal das Letzte. Ihr Tibet Neusel Chefredakteur Marktplatz 19 • 84577 Tüßling Telefon: 0 86 33/50 67 14 • Telefax: 0 86 33/50 67 15 www.aktionsbund.de Mail: [email protected]