2008-02+03 AAA Anlegerschutzbrief

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2008-02+03 AAA Anlegerschutzbrief
Anlegerschutzbrief
Ausgabe 2–3/2008
Vorwort und Überblick zu den aktuellen Entwicklungen
von Thomas Lippert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Neues zu den Medienfonds – insbesondere Cinerenta und Vip
von Dr. Sigmund P. Martin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Medienfonds - wie viel verdienen die Initiatoren?
von Kerstin Kondert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vorsitzender des „Bankensenates“ des BGH verhöhnt Anleger
von Dr. Wolfgang Schirp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
NAV Virchow-Bund
Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V.
von Thomas Lippert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
5
7
12
14
Drohende Bankenvollstreckungen gegen GbR-Anleger
Unterwerfungserklärungen der Anleger sind größtenteils wertlos
von Dr. Marc H. Lampe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
Schnee-Rente bzw. Sicherheits-Kompakt-Rente:
Der britische Versicherer Clerical Medical steht im Zentrum der Kritik
von Dr. Wolfgang Schirp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Schiffsbeteiligungen
Die nächste Krise bei geschlossenen Beteiligungsprodukten!?
Was ist eigentlich der Unterschiedsbetrag?
von Kai Drabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
Fonds der Bankgesellschaft
Vergleichsverhandlungen auf Fondsebene
von Kerstin Kondert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Erläuterungen zur Berechnung des Schadens
bei Prospekthaftungsklagen und wirtschaftliche Ergebnisse der Kläger
von Kerstin Kondert und Dr. Wolfgang Schirp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lebensversicherungsfonds – die neuen Problemkinder?
von Betina Mainka. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
37
Erb- und Familiensachen
Angebot der interdisziplinären Zusammenarbeit
von Kerstin Kondert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Das letzte Hemd hat keine Taschen,
in denen man die kalten Hände wärmen könnte
von Tibet Neusel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
41
Unterbeteiligung und Treuhandvereinbarung
bei geschlossenen Immobilienfonds
von Peter Apel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
Private-Equity-Publikumsfonds
Initiatoren reagieren auf Vorwürfe der Intransparenz
von Dr. Marc H. Lampe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
Laufende finanzwirtschaftliche Sanierung von GbR-Fonds
Neu: Vorgehen der Bank gegen Nichtzahler bei laufender finanzwirtschaftlicher Sanierung
von Lutz Neumann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Das Letzte
47
von Tibet Neusel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
Tüßling, 15. Juli 2008
Liebes Vereinsmitglied,
liebe Leserin, lieber Leser,
ich freue mich, Ihnen die Ausgabe 2–3/2008
des Anlegerschutzbriefes übermitteln zu dürfen.
Es handelt sich um die dickste Ausgabe, die
wir jemals produziert haben.
In den vergangenen Monaten wurde weiterhin
mit Hochdruck an den bekannten Themenbereichen gearbeitet. Ich möchte Sie nachfolgend über die Sachstände und die von uns
beabsichtigte weitere Vorgehensweise
informieren:
I. Fonds der Bankgesellschaft
Lesen Sie hierzu bitte die ausführlichen Berichte von Kerstin Kondert und Dr. Wolfgang
Schirp in dieser Ausgabe.
Voraussichtlich werden im Herbst 2008 die
nächsten Gesellschafterversammlungen für
viele Fonds der Bankgesellschaft stattfinden.
Ich darf Ihnen schon heute versichern, dass die
Mitglieder des Aktionsbundes auf den Versammlungen kostenfrei vertreten werden. Als
Bevollmächtigte können Sie bei allen Versammlungen Kerstin Kondert angeben und die Vollmacht im Original an die IBV senden sowie eine
Kopie per Fax an die Geschäftsstelle des Aktionsbundes in Berlin unter 0 30/31 51 934 20.
Im LBB Fonds 2 konnte der Aktionsbund die
Interessen von rund 100 Zeichnern bündeln
und ein gemeinsames Vorgehen gegen die
LBB organisieren. Auch bei diesem Fonds liegen schwerwiegende Prospektfehler vor, die
durch Kerstin Kondert festgestellt wurden. Die
Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel ist
mandatiert worden, die Ansprüche erst einmal
außergerichtlich geltend zu machen. Über die
Ergebnisse werden Sie selbstverständlich informiert.
gung zu trennen. Klageverfahren werden durch
die Kanzleien Neusel und Schirp SchmidtMorsbach Apel zum Beispiel bei der GEWOBAG 1 GbR und GEWOBAG 3 GbR, der DII
Fonds B 100 GbR und der Grundreal 13 GbR
geführt. Teilweise liegen schon positive erst­
instanzliche Urteile vor. Die Berufungen sind
beim Kammergericht in Berlin anhängig.
Bereits in der vergangenen Ausgabe habe ich
darauf hingewiesen, dass die Mitglieder des
Aktionsbundes auf den Gesellschafterversammlungen dieser Fonds zu einem Pauschalhonorar in Höhe von 150 € zzgl. gesetzlicher
Umsatzsteuer vertreten werden. Es gibt jedoch nach wie vor Geschäftsbesorger, die gar
nicht zu einer Versammlung laden. Hier setzt
sich der AAA für die Einberufung einer Gesellschafterversammlung ein. Ein Einberufungsverlangen wird derzeit für DII Fonds und BbK
Fonds durchgeführt. Sollten auch Sie an
einem Immobilienfonds beteiligt sein und
schon seit längerer Zeit keine detaillierten
Informationen mehr erhalten haben, so teilen
Sie uns dies bitte mit. Wir werden versuchen,
auch bei Ihrem Fonds die Interessen der
Zeichner durchzusetzen. Bitte melden Sie sich
jedoch rechtzeitig, da eine solche Aktion einen
gewissen Vorlauf benötigt.
III. Medienfonds
Mittlerweile sind über 100 verschiedene Medienfonds in der Datenbank des Aktionsbund­es gelistet. Zahlreiche Anleger sind auf der
„watchlist“ registriert und werden bei neuen
Ereignissen informiert. Viele Anleger sind verunsichert und wissen nicht, ob ihre Steuervorteile erhalten bleiben oder aberkannt werden.
Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V.
hat über den Bereich der Medienfonds ein
Buch geschrieben.
II. Immobilienfonds des sozialen und
geförderten Wohnungsbaus
Medienfonds – Das Anlegerhandbuch
Hilfestellung für Investoren (ISBN-13: 9783000250187)
Die häufigste Frage bei diesen Fonds lautet:
„Soll der Sanierungsbeitrag geleistet werden
oder kommt man irgendwie anders aus diesem Fonds raus?“
Dieses Buch kann für einen Betrag in Höhe von
39,90 € über www.amazon.de bestellt werden.
Mitglieder des AAA erhalten dieses Buch für
einen Kostenbeitrag von 19,95 € zzgl. 3 € Versand und können über die Verwaltung in Tüßling
(Tel.: 0 86 33/50 6714; E-Mail: verwaltung@
aktionsbund.de) ihre Bestellung aufgeben.
Leider gibt es nur bei sehr wenigen Fonds juristische Möglichkeiten, sich von der Beteili-
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Thomas Lippert
Vorstandsvorsitzender des Aktions­­
bundes Aktiver Anleger­schutz e. V.
und geschäftsführender Gesell­
schafter der Aktionsbund Service
GmbH
Ausbildung:
Berufsausbildung zum Bankkaufmann; berufsbegleitendes Studium
BWL Schwerpunkt Banken mit
Spezialisierung Immobilienmanagement
Berufliches:
Seit 2001 in der Banken- und Immobilienbrache tätig; Schwerpunkte
in der Durchführung von Risikoanalysen, Engagementführung im Kreditgeschäft und ganzheitliche Beratung
für Geschäfts- und Firmenkunden;
Vertretung auf Gesellschafterversammlungen und Übernahme zahlreicher Beiratsmandate geschlossener
Fonds.
Kontakt:
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Knesebeckstraße 83
10623 Berlin
Tel.: 0 30/315 193 4-0
Fax: 0 30/315 193 4-20
E-Mail: [email protected]
www.aktionsbund.de
Wir werden in den nächsten Monaten zu weiteren Informationsveranstaltungen über Medienfonds einladen.
Lebensversicherungsfonds werden nach wie
vor aufgelegt und über Vermittler und Banken
vertrieben. Der AAA ruft zur Vorsicht auf.
Sollten Sie zwischenzeitlich Unterlagen von
Ihrer Geschäftsführung erhalten, so leiten Sie
diese bitte an die Geschäftsstelle in Berlin
weiter.
Sollten Sie Fragen zu Ihren Fondsbeteiligungen haben, so können Sie sich jederzeit
an die Geschäftsstelle in Berlin wenden. Wir
werden Sie weiterhin tatkräftig unterstützen
und Ihre Interessen bestmöglich vertreten.
IV. Lebensversicherungsfonds
Beste Grüße aus Berlin!
Hierzu habe ich in der letzten Ausgabe 1/2008
einen Artikel über die König & Cie. Deutsche
Leben GmbH & Co. KG geschrieben. Mittlerweile hat der Aktionsbund auch für die Lebensversicherungsfonds eine interne Arbeitsgruppe
gebildet, die derzeit Unterlagen sammelt und
erste Auswertungen vornimmt. Bitte lesen Sie
hierzu den Beitrag von Betina Mainka, der geschäftsführenden Gesellschafterin der Kondert
& Mainka GmbH.
Ihr
Thomas Lippert
Vorstandsvorsitzender
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
§
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Neues zu den Medienfonds –
insbesondere Cinerenta und
Vip
von Dr. Sigmund P. Martin
Die meisten Medienfonds sind problematisch
und unsere Empfehlung geht nach wie vor
dahin, Kontakt mit der Geschäftsstelle des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V. in Berlin aufzunehmen und sich als Betroffener in
dessen „watchlist“ der Fonds, die einer verstärkten Beobachtung unterliegen, erfassen zu
lassen. Konkreter Handlungsbedarf im Sinn einer Klage besteht in den meisten Fonds allerdings momentan noch nicht. Wer sich allgemein über die Grundstrukturen dieser Fonds,
Initiatoren und die rechtlichen Möglichkeiten
der Einflussnahme auf die Fondsgeschäftsführung oder einer Klage sowie über die Ausgestaltung einzelner Fonds informieren will, kann
dies anhand des vom Aktionsbund herausgegebenen Handbuchs „Medienfonds – Das Anlegerhandbuch“1 tun.
Cinerenta: Neues Urteil des BGH zu
Innenprovisionen und Erfolg gegen
Investor Treuhand in einem Einzelfall
Wie bereits in der letzten Ausgabe des
Anlegerschutzbriefes berichtet, hat der
19. Zivil­senat des Oberlandesgerichts München in drei Urteilen vom 07. Februar 2008 im
Falle der Fonds Cinerenta II und III die Contor
Treuhand und die Cinerenta GmbH we­gen
des Prospektfehlers der „verdeckten Innen­
provisionen“ zum Schadenersatz verurteilt
(Urt. v. 07. Februar 2008, 19 U 3592/07;
19 U 3041/07 und 19 U 5453/06).
Der III. Zivilsenat des BGH hat nunmehr in seinem Urteil vom 29. Mai 2008, Geschäftszeichen III ZR 59/07, diese Rechtsprechung des
OLG München der Sache nach im Grundsatz
bestätigt, d.h. eine Aufklärungspflicht über die
besonderen Konditionen für die Investor- und
Treuhand Beratungsgesellschaft GmbH bejaht, die Sache jedoch wegen des Erfordernisses weiterer tatsächlicher Feststellungen an
das OLG zurückverwiesen. Der einzige Grund
dafür, dass keine abschließende Entscheidung
in der Sache gefällt werden konnte, war der,
dass der BGH noch nicht mit der Entschei-
dung des 19. Senats vom 07. Februar 2008
befasst war, sondern mit einer früheren Entscheidung eines anderen Senats des OLG
München, bei der zu der Innenprovision keine
tatsächlichen Feststellungen getroffen worden waren. Da aber der 19. Senat des OLG
München auch tatsächliche Feststellungen
getroffen hatte, dass hier konkret ein Fall der
versteckten Innenprovision vorlag und die
rechtliche Einordnung als Prospektfehler vom
BGH bestätigt wurde, lässt sich die bisherige
Rechtsprechung einiger Kammern des Landgerichts München I, die in einer Reihe von
Cinerenta-Fällen Prospektfehler fehlerhaft verneint hatten, nicht mehr halten.
In dem Fall einer abgetrennten Klage hat das
LG München (Urt. vom 04. Juli 2008, Geschäftszeichen: 27 O 23600/07) einem Mandanten der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach
Apel Schadenersatz gegen die BERINTERG
(vormals firmierend als Investor und Treuhand
Beratungsgesellschaft mbH) zugesprochen,
weil bei einem Anschreiben mit einem Berechnungsbeispiel der Vermittler von einer Mindest­
ertragsgarantie gesprochen hatte, die dem
„worst case“ entspreche. Ähnliche Zusicherungen sind aber praktisch an alle Anleger erfolgt. So erhielten z. B. die Anleger im Fonds
Cinerenta III ein Schreiben der Cinerenta
GmbH, das mit „Bestätigung“ überschrieben
ist und vom Oktober 1999 datiert. In diesem
Schreiben wird von Mindestrückflussgarantien
in Höhe von 100 % der jeweiligen Filmherstellungskosten gesprochen. Vielfach wurden
auch Übersichten zu den einzelnen Filmen vorgelegt, in denen jeweils ausgeführt wird, dass
78,36 % Mindestrückfluss bezogen auf die
Beteiligungssumme im ungünstigsten Fall gesichert seien. Das Urteil aus dem Einzelfall
dürfte sich daher auch auf die sonstigen Fälle
übertragen lassen.
1 Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz (Hrsg.): Medienfonds – Das Anlegerhandbuch, mit Beiträgen von Thomas
Lippert, Kerstin Kondert, Jan-Henning Ahrens, Tibet Neusel, Dr. Sigmund P. Martin, Jens-Peter Gieschen und
Dr. Wolfgang Schirp, ISBN 978-3000250187. Siehe Anzeige auf Seite 15.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Dr. Sigmund P. Martin
LL.M. (Yale), geb. 1962,
verheiratet, drei Kinder
Ausbildung:
Studium in Marburg und Gießen
sowie einjähriger Studienaufenthalt
an der Yale Law School, New Haven,
USA, mit Abschluss des magister
legum (LL.M.)
Beruflicher Werdegang:
seit der Promotion 1993 in Gießen
mit der Doktorarbeit „Criminal
Securities and Commodities Fraud –
Kapitalanlagebetrug im US-amerikanischen und deutschen Recht“
besonderes Interesse am Kapitalanlagerecht; nach Tätigkeiten als
wissenschaftlicher Assistent an der
Universität Marburg und in der hessischen und brandenburgischen Justiz
als Staatsanwalt und Richter seit
2003 Rechtsanwalt und seit 2004
Mitarbeiter in der Kanzlei Schirp
Schmidt-Morsbach Apel.
Kontakt:
RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel
Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/32 76 17-0
Fax: 0 30/32 76 17-17
E-Mail: [email protected]
www.ssma.de
VIP Medienfonds 3 und 4:
im Moment keine Chancen für eine
außergerichtliche Regelung – Einreichung von Klagen durch die Kanzlei
Schirp Schmidt-Morsbach Apel
In letzter Zeit sind – wie schon im letzten Anlegerschutzbrief berichtet – erfolgreich Klagen
gegen die Commerzbank und die HypoVereinsbank geführt worden, in denen u. a. die bei
VIP 4 schuldübernehmende HypoVereinsbank
wegen der Verletzung einer bei dem obligatorischen Darlehensvertrag bestehenden vorvertraglichen Aufklärungspflicht verurteilt wurde
und die Commerzbank vielfach wegen Falschberatung zu Schadenersatz herangezogen
wurde (vgl. insbesondere die Entscheidungen
des LG München I vom 12.02.2008, Geschäftszeichen 28 O 15666/07, und vom
15.01.2008, Geschäftszeichen 4 O 1908/07).
Dennoch haben sich die Banken bislang unter
Hinweis darauf, dass die Verurteilungen noch
nicht rechtskräftig seien, nicht auf eine außergerichtliche Lösung eingelassen.
Diejenigen, die nicht über die Commerzbank gezeichnet haben, sollten grundsätzlich im Fall des VIP 4 die HypoVereinsbank
(HVB) bzw. im Fall des VIP 3 die Dresdner
Bank verklagen. Eine Klage gegen den Vermittler ist dann, wenn der Vermittler nicht selber eine Bank ist, meist weder wirtschaftlich
noch rechtlich Erfolg versprechend. Anders ist
der Fall, wenn eine sonstige Bank vermittelt
hat. Im Falle der Volksbank Berlin und
des Bankhauses Löbbecke vertritt die
Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel jeweils mehrere Mandanten, sodass eine Sammelklage möglich ist. Wenn andere Banken
oder Sparkassen vermittelt haben, sind
dies Einzelfälle, sodass insoweit nur eine Einzelklage in Betracht kommt. Ob in diesen Sonderfällen (d. h. bei Vermittlung durch die Volksbank Berlin, das Bankhaus Löbbecke oder
eine sonstige Bank oder Sparkasse) die Klage
gegen die vermittelnde Bank oder gegen die
HVB oder gegen beide eingereicht werden
soll, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung
der konkreten Beratungssituation zu klären.
Die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel, die
bislang das außergerichtliche Vorgehen gegen
die Banken favorisiert hatte, rät daher nunmehr
auch zur Erhebung von Klagen. Für die meisten
Anleger, die über die Vermittlung der Commerzbank gezeichnet haben, gilt Folgendes:
Um Kosten zu sparen, empfehlen wir insoweit
die Erhebung von Sammel­klagen, wobei sich im
Fall des VIP 3 eine gemeinsame Sammelklage
gegen die Commerzbank und die Dresdner
Bank in Frankfurt a. M. anbietet. Ein entsprechendes Vorgehen im Falle des VIP 4, d. h. eine
gemeinsame Sammelklage gegen die Commerzbank und die HypoVereinsbank ist nicht
anzuraten, da die Münchener Gerichte dazu
übergegangen sind, diese Klagen zu trennen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Medienfonds – wie viel
verdienen die Initiatoren?
von Kerstin Kondert
Medienfonds schienen eine feine Sache zu
sein: ein Stück Hollywood-Glamour mit hohen
Steuervorteilen und hohen Erträgen. Inzwischen
wissen wir, dass die Erlösrechnungen in vielen
Prospekten hoffnungslos überzogen waren,
auch das steuerliche Konzept wackelt in zahlreichen Fällen. Was unter dem Strich für die
Anleger herauskommt, ist noch nicht absehbar,
nur dass es überwiegend deutlich weniger sein
dürfte, als prognostiziert wurde.
I. Neuerscheinung: Medienfonds –
Das Anlegerhandbuch
Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V.
hat aufgrund der vielfachen Nachfrage einige
Experten gebeten, den Medienfonds-Markt
unter wirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Aspekten zu beleuchten. Das umfangreiche Werk „Medienfonds - Das Anlegerhandbuch“
ist soeben erschienen und kann sowohl über
den Aktionsbund als auch über
www.amazon.de bezogen werden.
Das „Anlegerhandbuch“ beginnt mit einer Übersicht über die größten Initiatoren, deren Hintergründe und Verflechtungen sowie die von
diesen aufgelegten Fonds. Ein weiterer Beitrag, den ich geschrieben habe, ist insbesondere den Fonds mit sog. „Defeasance-Struktur“
gewidmet, bei denen die Rückflüsse an die
Anleger durch eine Schuldübernahme einer
Großbank gesichert werden. Hier erkläre ich
zunächst die Struktur dieser Fonds und vergleiche verschiedene Fonds hinsichtlich
ihrer prospektierten Wirtschaftlichkeit und
weiterer Prospektaussagen. Der nachstehende Beitrag enthält Auszüge aus diesem Abschnitt. Meine Kollegen aus dem anwaltlichen
Bereich gehen im „Anlegerhandbuch“ ferner auf
die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen, die
steuerlichen Problemfelder sowie die Anspruchsgrundlagen der Anleger gegenüber
möglichen Anspruchsgegnern ein. Der letzte
Beitrag erläutert die Handlungsmöglichkeiten,
die Anlegern, die selbst aktiv werden wollen,
auf Fondsebene gegeben sind.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
II. Wie viel verdienen Initiatoren an
den Fonds?
Bei den Recherchen und Untersuchungen
hinsichtlich der Medienfonds ist uns vor
allem eines sehr deutlich geworden: Die Anleger sind, wenn auch von Fonds zu Fonds
in sehr unterschiedlichem Maße, erheblichen
Risiken ausgesetzt. Die Initiatoren verdienen
jedoch ohne nennenswertes Risiko nicht nur
an bei Fondsauflage und -vermarktung entstehenden Gebühren, sondern auch an der
Fondsverwaltung – und zwar unabhängig
davon, ob der Fonds sich für die Anleger
rechnet oder nicht. Ich habe nachstehend
für verschiedene Fonds bzw. Initiatoren gegenübergestellt, in welcher Höhe in der Investitionsphase diese sog. „weichen Kosten“
angesetzt wurden, wie viel die Anleger jeweils an Eigenkapitalvermittlungsprovisionen
bezahlen mussten und was die Fondsverwaltung während der laufenden Fondsbetreuung
Jahr für Jahr noch verdienen will.
2.1 Allgemeine Anmerkungen
Für meine Betrachtungen habe ich die auf der
nächsten Seite aufgeführten Fonds untersucht
und miteinander verglichen.
2.2 Anmerkungen zu den Berechnungen
Die Fondsprospekte unterscheiden sich in ihren
Darstellungen insbesondere bei den Investitionskosten in einigen Aspekten.
So wird teilweise die Eigenkapitalbeschaffungsprovision als Bestandteil der Investitionskosten,
also innerhalb des Investitionsplans, ausgewiesen, während außerhalb des Investitionsplans
noch ein Agio, das ebenfalls für die Eigenkapitalbeschaffung aufgewendet wird, angesetzt wird.
Der Gesamtaufwand beläuft sich dann z. B. auf
105 % des Kommanditkapitals, nicht auf 100 %.
In anderen Fällen wird kein Agio berechnet, sondern die Eigenkapitalbeschaffungsprovision in
einer Summe innerhalb des Investitionsplans kal-
Kerstin Kondert
Dipl.-Betriebsökonomin (BI),
geschäftsführende Gesellschafterin
der Kondert & Mainka GmbH
Ausbildung:
Studium Englisch
und Geografie, Ausbildung zur
Köchin, berufsbegleitendes
Studium BWL und Ausbildung
zur Mediatorin
Berufliches:
Seit 1988 in der Immobilienbranche tätig, Schwerpunkte zunächst
Konzeption, Finanzierung und Prospektierung geschlossener Immobilienfonds, Entwicklung von Sanierungskonzepten für Not leidende Fonds,
Handelsrichterin am Landgericht
Berlin, Referentin, diverse Fachveröffentlichungen.
Kontakt:
Kondert & Mainka GmbH
Knesebeckstr. 83
10623 Berlin
Tel.: 0 30/88 71 51-0
Fax: 0 30/88 71 51-10
E-Mail:
[email protected]
www.kondert-mainka.de
kuliert. In diesen Fällen entspricht der angegebene Gesamtaufwand daher dem Kommanditkapital und enthält die Eigenkapitalvermittlungsprovision vollständig. Aus diesem Grund habe
ich als Bezugsgröße in meinen Vergleichsrechnungen grundsätzlich den Gesamtaufwand einschließlich Agio (Brutto-Gesamtaufwand) in Ansatz gebracht.
Sofern als Bezugsgröße nicht der Gesamtaufwand, sondern das von den Anlegern in bar zu
erbringende Kapital anzusetzen ist, habe ich jeweils das Barkapital zuzüglich Agio zugrunde gelegt, um die Zahlen vergleichbar zu machen.
Auch die Begriffe „Herstellungskosten“ und „Produktionskosten“ werden in den Prospekten unterschiedlich verwendet. In unseren Übersichten
haben wir unter dem Begriff „Herstellungskosten“
(abgekürzt „HK“ ) alle Positionen zusammengefasst, die mit der Filmherstellung direkt in Verbindung stehen. Außerhalb der Herstellungskosten,
also in den sonstigen Kosten, haben wir die Gebühren für Eigenkapitalbeschaffung, Haftungs­
übernahme, Geschäftsführung, Steuerberatung
usw., also die sog. „Weichkosten“, zusammengefasst. Die dort enthaltenen Kosten fließen im Wesentlichen den Initiatoren und mit diesen verbundenen Unternehmen zu.
Fondsname
Fondsname Langfassung
Jahr der
Prospektherausgabe
Initiator
Schuldübernahme
durch
Refinanzierung
durch
Laufzeit
Mediastream I
Mediastream Film
GmbH & Co. Beteiligungs KG
2000
Ideenkapital
Sparkasse Köln
UNLS
MP Film Management
UNLS Productions GmbH & Co. KG
2000
LHI
Nord LB
Academy I
MHF Erste Academy Film
GmbH & Co. Beteiligungs KG
2001
Commerzbank
Commerzbank AG
Linovo
LINOVO Productions
GmbH & Co. KG
2001
LHI
HeLaBa Dublin
Mat I KG
Mat Movies & Television Productions
GmbH & Co. Project I KG (126)
2001
Alcas/KGAL
Dresdner Bank
9,0 Jahre
Mat II KG
Mat Movies & Television Productions
GmbH & Co. Project II KG (134)
2001
Alcas/KGAL
Dresdner Bank
8,0 Jahre
Mediastream II
Mediastream Zweite Film
GmbH & Co. Beteiligungs KG
2001
Ideenkapital
Sparkasse Köln
Academy II
MHF Zweite Academy Film
GmbH & Co. Beteiligungs KG
2002
Commerzbank
Commerzbank AG
Mat IV KG
Mat Movies & Television Productions
GmbH & Co. Project IV KG (139)
2002
Alcas/KGAL
Hamburgische LB
Hamburgische LB
10,0 Jahre
Mediastream III
Mediastream Dritte Film
GmbH & Co. Beteiligungs KG
2002
Ideenkapital
Sparkasse Köln
Stadtsparkasse
Köln
10,0 Jahre
VIP 3
Film & Entertainment VIP
Medienfonds 3 GmbH & Co. KG
2002
VIP
Dresdner Bank
Kaledo I
Kaledo Productions GmbH & Co. KG
2003
LHI
Nord LB, HVB
Nord LB
13,0 Jahre
Mediastream IV
Mediastream Vierte Film
GmbH & Co. Beteiligungs KG
2003
Ideenkapital
Sparkasse Köln
Stadtsparkasse
Köln
10,0 Jahre
MMDP 1 KG
MMDP Munich Movie
Development & Production
GmbH & Co. Project 1 KG (152)
2003
Alcas/KGAL
HSH Nordbank
HSH Nordbank
16,5 Jahre
Montranus I
MONTRANUS Beteiligungs
GmbH & Co. Verwaltungs KG (143)
2003
Hannover
Leasing
HeLaBa Dublin
HeLaBa Dublin
10,0 Jahre
Kaledo II
KALEDO Zweite Productions
GmbH & Co. KG
2004
LHI
Nord LB
Nord LB
17,0 Jahre
Montranus II
Montranus Zweite Beteiligungs
GmbH & Co. Verwaltungs KG (158)
2004
Hannover
Leasing
HeLaBa Dublin
HeLaBa Dublin
10,0 Jahre
Montranus III
Montranus Dritte Beteiligungs
GmbH & Co. Verwaltungs KG (166)
2004
Hannover
Leasing
HeLaBa Dublin
HeLaBa Dublin
10,0 Jahre
VIP 4
Film & Entertainment VIP
Medienfonds 4 GmbH & Co. KG
2004
VIP
Bayerische HVB
HVB
10,0 Jahre
Kaledo III
Kaledo Dritte Productions
GmbH & Co. KG
2005
LHI
Dresdner Bank
DSL Bank
13,0 Jahre
8,3 Jahre
Nord LB
19,0 Jahre
6,0 Jahre
HeLaBa Dublin
Stadtsparkasse
Köln
20,0 Jahre
9,0 Jahre
7,0 Jahre
9,0 Jahre
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
2.3 Anteil der Herstellungskosten
Die VIP-Gruppe verdient mit einem Weichkostenanteil von 16,95 % des Gesamtaufwandes (inkl. Agio) von allen Initiatoren am
meisten, während die LHI mit einem durchschnittlichen Weichkostenanteil von 8,36 %
eher bescheiden zu nennen ist.
Wie hoch ist der Prozentsatz der Anlegergelder, der nicht für die eigentliche Produktion
verwendet wird, sondern dazu dient, dass in
erster Linie die Initiatoren verdienen? Ich habe
bei den 20 von mir untersuchten Fonds diese
Zahlen zusammengestellt und je Initiator die
Durchschnittswerte ermittelt:
,()
#OMMERZBANK
!LCAS+'!,
(ANNOVER
,EASING
6)0
)DEENKAPITAL
!NTEILôDERô(ERSTELLUNGSKOSTENôAMô'!ôINKLô!GIO
!NTEILôDERôSONSTô+OSTENôAMô'!ôINKLô!GIO
2.4 Anteil der Eigenkapitalvermittlungsprovision
Fonds von den Anlegern zu zahlen sind, im
Vergleich zueinander ausfallen. Ich habe daher aus allen Investitionsplänen alle Kosten
zusammengestellt, die für die Eigenkapitalbeschaffung aufgewendet werden sollen. Für die
einzelnen Fonds ergibt sich folgendes Bild:
Aufgrund der unterschiedlichen Darstellungen
in den Prospekten (vgl. Erläuterungen oben)
ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, wie
hoch die Gebühren, die für die Platzierung der
%+ 6ERMITTLUNGôBEZôAUFô'!ôINKLô!GIO
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
+ALEDOô)))
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10
Diesen Reigen führt der VIP 3 mit stattlichen
13,24 % des Gesamtaufwandes zzgl. Agio an,
der Kaledo III von der LHI bildet mit 4,8 % das
Schlusslicht.
Da die Refinanzierung jedoch praktisch mit
dem Fondsanteil verkauft wird, wird der Vergleich der Eigenkapitalvermittlungsprovisionen
aus unserer Sicht fairer, wenn sie nicht auf
das – in einigen Fällen refinanzierte – Kommanditkapital bezogen wird, sondern lediglich
auf die in bar von den Anlegern zu erbringenden Zahlungen. Hieraus wird auch deutlich, dass ein ganz erheblicher Teil der Anlegergelder nicht in die Filme, sondern in den
Vertrieb der Fonds fließt:
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Die den Initiatoren durchschnittlich zufließenden Eigenkapitalvermittlungsprovisionen in
den von uns untersuchten Fonds im Vergleich:
Der Vergleich verdeutlicht, zu welch unter-
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schiedlichen Provisionssätzen sich Medienfonds vertreiben lassen.
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Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
11
Im Übrigen haben Ideenkapital, LHI und
KGAL/Alcas (diese nur in den zuletzt aufgelegten Fonds) die Prospektklarheit dadurch
verbessert, dass sie kein Agio außerhalb des
Investitionsplans aufweisen, sondern die Eigenkapitalvermittlungsprovision in voller Höhe
als Bestandteil des Investitionsplans berücksichtigen und damit auch allen Berechnungen
als Bezugsgröße das Eigenkapital einschließlich Vertriebsgebühr zugrunde legen. In den
übrigen Fällen steht das Agio außerhalb des
Investitionsplans. Alle im Prospekt enthaltenen
Angaben zur Wirtschaftlichkeit lassen das
Agio in diesen Fällen unberücksichtigt, sodass
die tatsächlichen Werte grundsätzlich ungünstiger ausfallen als prospektiert.
2.5 Laufende Ausgaben
Der Fondsinitiator verdient aber nicht nur an
der Konzeption des Fonds, sondern auch an
dessen laufender Verwaltung. Die laufenden
Kosten schmälern den Ertrag, der bei den Anlegern ankommt. Auch hier beteiligt sich die
VIP-Gruppe stärker an den Erträgen des
Fonds als andere Initiatoren:
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Mit laufenden Kosten von 8,8 % bzw. 7,4 %
des Bruttogesamtaufwandes pro Jahr par­
tizipiert die VIP-Gruppe erheblich an den
Erträgen der Fonds. Der danach teuerste Initiator, die Commerzbank AG, liegt bereits
deutlich unter 5 % und hat vom Academy I
zum Academy II die Gebühren nochmals
deutlich gesenkt.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
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Weitere Informationen zu den Initiatoren und
zu den Prospektaussagen im Vergleich finden Sie in unserem „Anlegerhandbuch“.
12
Vorsitzender des
„Bankensenates“ des BGH
verhöhnt Anleger
Dr. Wolfgang Schirp
Rechtsanwalt
Ausbildung:
juristische Ausbildung in Kiel,
Göttingen, Freiburg und Brüssel
Berufserfahrung:
seit 1994 Anwalt, zunächst in
Freiburg mit den Schwerpunk­ten
Kapitalan­lagerecht und Bau­recht,
seit 1996 in Berlin, 2000 Gründung
der Kanzlei Schirp&Apel mit nahezu ausschließlicher Tätigkeit im
Kapitalanlage­recht, 2002 Fusion zur
heu­tigen Kanz­lei Schirp SchmidtMorsbach Apel
Nebentätigkeiten:
zahlreiche Veröffentlichungen zum
Kapitalanlagerecht, zum Bau­
recht und zum deutsch-polnischen
Rechtsverkehr
Kontakt:
RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel
Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/32 76 17-0
Fax: 0 30/32 76 17-17
E-Mail: [email protected]
www.ssma.de
von Dr. Wolfgang Schirp
Beim Bundesgerichtshof ist der XI. Senat
für Bankensachen zuständig. Er wird demgemäß auch als „Bankensenat“ bezeichnet.
Seine wenig anlegerfreundliche Entscheidungspraxis ist bekannt. Insbesondere die
Zeichner von GbR-Fonds, darunter auch die
Zeichner von Fonds, die im sozialen Wohnungsbau investiert haben, haben Anlass,
dem XI. Senat gram zu sein. Das rigide
Haftungsregime, dem diese Anleger unter­
worfen werden, ist ganz wesentlich auf die
Entscheidungspraxis des XI. Senates zurück­
zuführen.
Vorsitzender dieses XI. Senates ist Gerd Nobbe. Herr Nobbe ist mithin für viele der anlegerfeindlichen Entscheidungen der letzten Jahre
mitverantwortlich. Ein aktuelles Zitat liefert
Einblicke in die Richterseele – wahrscheinlich
nicht nur in seine eigene, sondern auch in die
von vielen seiner Fachkollegen:
„Nun soll durchaus nicht geleugnet werden, dass es
dumme, uninformierte und leichtsinnige, der kreditgebenden Bank nicht gewachsene Verbraucher in
großer Zahl gibt. Das hinter dem BGB und seinen
grundlegenden Wertungen stehende Leitbild des
„vernünftigen, selbstverantwortlichen und urteilsfähigen Rechtsgenossen“ aus Franz Wieackers „Privatgeschichte der Neuzeit“ (Anmerkung des Verfassers: 2. Auflage 1967) ist zu optimistisch. Dies gilt
gerade nach Herabsetzung der Volljährigkeitsgrenze
auf 18 Jahre. Nicht wenige junge Erwachsene
müssten zur Geschäftsfähigkeit eigentlich erst erzogen werden ....“
Dieses Zitat ist bemerkenswert und verdient,
von verschiedenen Seiten beleuchtet zu werden.
Zum einen ist der Tonfall ungewöhnlich.
„Dumm“, „uninformiert“, „leichtsinnig“ –
steht es einem Richter wirklich zu, Menschen, die typischerweise auf einer Prozessseite vor ihm auftauchen, in dieser
Weise abzuqualifizieren? Ist das noch die
Denk- und Sprechweise eines unbefangenen Richters? Man fragt sich aber auch:
Wieso blendet der Richter in seinem Zitat
das massive Verschulden der Bankenseite
so vollständig aus? Denn dass die „dummen, uninformierten und leichtsinnigen“
Menschen, die Herr Nobbe aufs Korn nimmt,
sich heillos in schlechten Verträgen verstri-
cken, liegt doch daran, dass ihnen diese
Verträge von bösartigen und berechnenden
Menschen vorgelegt werden! Von Menschen, die keine Hemmungen haben, den
Vertrauensvorschuss auszunutzen, der Banken entgegengebracht wird. Von Menschen,
die kein Problem damit haben, jemanden zu
übervorteilen, der ihnen intellektuell nicht
gewachsen ist oder der zumindest aktuell
keine vergleichbaren Kenntnisse über den
Gegenstand seiner Kapitalanlage haben
kann. Von Menschen, die erheblich gieriger
sind als die Anleger, bei denen diese Eigenschaft ständig angeprangert wird. All diese
Elemente kommen in Gerd Nobbes Schilderung nicht vor.
Interessant ist aber auch, in welcher Form mit
dem Menschenbild des BGB argumentiert wird:
Die Väter des BGB hatten in der Tat ein bestimmtes Menschenbild vor Augen, nämlich einen intelligenten, vorsichtigen, selbstbestimmten
Menschen, der seine Interessen kennt und klug
wahrnimmt. Es trifft sicherlich zu, dass die
Marktakteure auf Anlegerseite häufig hinter diesem Bild zurückbleiben. Oftmals lassen auch die
Umstände das überlegte, hochrationale Agieren
nicht zu, von dem das BGB ausgeht. Das Menschenbild der Väter des BGB hatte aber noch
weitere wesentliche Elemente: Die Väter des
BGB gingen nämlich von einem ehrlichen, verlässlichen Menschen aus, der seine Vertragspartner nicht hinters Licht führt, sondern auf
dessen Wort Verlass ist und der seine zugesagten Leistungen auch tatsächlich erbringt.
Und dieses weitere Element des Menschenbildes wird auf Bankenseite vielfach verletzt –
und Betrachtungsweisen wie die zitierte leisten
dem noch Vorschub.
Wenn Herr Nobbe mit seinem zitierten Beitrag
recht hätte, könnten wir den Tatbestand des Betruges aus dem StGB streichen. Der Betrug ist
ein sogenanntes „Selbstschädigungsdelikt“. Der
finale Schlag, der das Vermögen des Opfers
trifft, wird vom Opfer selbst ausgeführt – eben
weil das Opfer der Täuschungshandlung des
Täters aufgesessen ist. Wenn Herr Nobbe recht
hätte, dann geschieht das dem Opfer doch nur
recht – hätte es halt besser aufpassen sollen!
Offenbar haben aber die Väter bzw. Mütter
des StGB das anders beurteilt und können
sich eben doch Fälle vorstellen, in denen
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
13
auch ein getäuschter Selbst-Schädiger
Schutz verdient – und der Täter des Deliktes
eine Strafe. Was würde wohl ein Bundesrichter selbst sagen, wenn er seinen Wagen
aus der Werkstatt holt, 1.000 € wegen einer bestimmten Arbeit bezahlt, aber die Arbeit ist gar nicht ausgeführt, das bezahlte
Ersatzteil gar nicht eingebaut worden? Würde er sagen „Ich habe mich dumm verhalten,
ich hätte wirklich selbst unter die Haube
schauen müssen. Und gegebenenfalls vorher noch eine Mechaniker-Lehre machen,
damit ich beurteilen kann, was ich sehe“?
Oder würde er sagen „Ich bin betrogen
worden, ich will mein Geld zurück!“.
Das Spielfeld, in dem der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. arbeitet und seine
Hilfestellung erbringt, ist derzeit einem rasenden Wandel unterworfen. Die großen
Nicht-Banken-Inititiatoren und Vertriebe
(Banghard, Hanne, Ohoven, Dr. Ebertz,
Jagdfeld, Bassmann, Haschtmann, Görlich
etc. pp.), die früher große Teile des Marktes
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
beherrscht haben, sind entweder schon aus
dem Wirtschaftsleben verschwunden oder
haben hart zu kämpfen. Ihr vormaliges Geschäft ist fast vollständig von den Banken
aufgesaugt worden. Damit ist aber kein Jota
mehr Ehrlichkeit in den Markt gekommen.
Und die Qualität der Beratung ist – im Zweifel – sogar gefallen. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. hat eine konkrete
Mission, eine gesellschaftliche Aufgabe ersten Ranges; sie liegt darin, diesen Paradigmenwechsel mit Know-how, Integrität und
harter Arbeit zu begleiten, Verantwortlichkeit
einzufordern, wo wir sie finden, den Menschen zu helfen, über die Bundesrichter sich
lustig zu machen, und so schlussendlich einen Beitrag zu einem „Ausmendeln“ besserer, klarerer, ehrlicherer Marktstrukturen zu
leisten. Und so mag sogar ein Zitat wie das
eingangs genannte zumindest noch ein
Gutes haben: Es macht uns einmal wieder
bewusst, wer wir sind und wofür wir im Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. kämpfen. Es gibt noch viel zu tun.
14
NAV Virchow-Bund
Verband der niedergelassenen
Ärzte Deutschlands e.V.
von Thomas Lippert
In der Ausgabe 1/2008 habe ich über die unendliche Rendite und den NAV berichtet. Der
offene Brief an den jetzigen Bundesvorsitzenden des NAV Virchow-Bundes, Herrn Dr. Klaus
Bittmann, war ebenfalls abgedruckt. Der Bundesvorsitzende hat reagiert und den Aktionsbund um ein persönliches Gespräch gebeten.
Daraufhin trafen sich Herr Lutz Neumann,
Gründungsmitglied des AAA, und ich am
26. Juni 2008 mit ihm und Herrn Greppmeir,
dem Hauptgeschäftsführer und Leiter der
Pressestelle des NAV Virchow-Bundes.
Bei diesem Termin haben wir klar zum Ausdruck gebracht, dass wir den NAV VirchowBund in der Aufklärungspflicht sehen und eine
Distanzierung zur NAV-Wirtschaftsdienst
GmbH auch in der Öffentlichkeit erfolgen müsse. Herrn Dr. Bittmann war offenbar nicht klar,
wie viele seiner Berufskollegen durch die NAVWirtschaftsdienst GmbH in geschlossene Immobilienfonds gedrängt worden waren. Auch
glaubte er irrtümlich, dass Sanierungsbeiträge
nur von Immobilienfonds gefordert werden, die
vom Wegfall der Anschlussförderung in Berlin
betroffen sind. Wir haben ihn darüber informiert, dass daneben auch refinanzierte Eigentumswohnungen und Immobilienfonds, die im
freifinanzierten Wohnungsbau von der NAVWirtschaftsdienst GmbH vermittelt wurden, hohe Nachschüsse verlangen. Des Weiteren haben wir das Thema Versicherungsvermittlung
durch den NAV angesprochen. Partner der
NAV-Wirtschaftsdienst GmbH war viele Jahre
die Victoria Versicherungs AG, ein Unternehmen der ERGO Versicherungsgruppe. Bei vielen mit ihr bestehenden Versicherungsverhältnissen liegen die Ablaufleistungen weit hinter
den in den Vorjahren bekannt gegebenen Werten, sodass auch hier Lücken entstanden sind,
die durch Versicherungsnehmer geschlossen
werden müssen. Herr Dr. Bittmann hat zugesagt, den Aktionsbund bei der Aufklärung zu
unterstützen und gemeinsam die weiteren
Schritte festzulegen.
Zwischenzeitlich haben auch die Medien auf
die Forderungen des Aktionsbundes reagiert.
So veröffentlichte am 14. Mai 2008 die Ärzte
Zeitung einen Artikel und am 17. Mai 2008
sendete anlegerschutz.tv einen Bericht zu diesem Thema.
Weitere Beiträge erschienen bei der Ärzte
Zeitung am 2. Juli 2008 sowie bei Medical
Tribune und auf der Titelseite von Der Kassenarzt. Dem Beitrag in Der Kassenarzt lag
ein Fragebogen bei, dessen Auswertung im
nächsten Heft erfolgen soll.
Die engen Beziehungen zwischen dem NAV
Virchow-Bund, der NAV-Wirtschaftsdienst
GmbH und der nilaplan Unternehmensberatungen für Heilberufe GmbH sollen nachfolgend noch einmal verdeutlicht werden.
Auf der Internetseite des NAV VirchowBundes gelangt man schnell über die Rubrik
„Unternehmen, Arztpraxis“ auf die Seite der
NAV-Wirtschaftsdienst GmbH. Vertretungsberechtigte Geschäftsführer sind Wilfried
Botz, Hans-Jürgen Sattler und Markus Schön.
Partner der NAV-Wirtschaftsdienst GmbH
sind die nilaplan Unternehmensberatungen
für Heilberufe GmbH, deren Geschäftsführer Josef Zdarta und ebenfalls Wilfried Botz
und Hans-Jürgen Sattler sind, sowie die
CentaCon GmbH und die Wirtschafts- und
Praxisverlag GmbH. Der Praxisverlag wiederum gibt die Zeitschrift „Der niedergelassene Arzt“ heraus, das offizielle Verbandsorgan des NAV Virchow-Bundes. Damit
schließt sich der Kreis.
Auch die räumliche Nähe der genannten Unternehmen spricht für die engen Beziehungen zwischen ihnen. Ihre Geschäftsräume befinden sich fast ausschließlich in
einem Gebäude in der Sedanstraße bzw.
Belfortstraße in Köln.
Darüber hinaus werden die zwischen ihnen
bestehenden Verflechtungen anhand der
Gesellschafterstrukturen deutlich:
100 % des Gesellschaftskapitals der nilaplan Unternehmensberatungen für Heilberufe GmbH werden durch die NAV-Wirtschaftsdienst GmbH gehalten.
Die NAV-Wirtschaftsdienst GmbH wurde im
Jahre 1968 durch den NAV Virchow-Bund
gegründet. Dieser hat später seine Gesellschaftsanteile weitestgehend an die Eccle-
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
15
sia Versicherungsdienst GmbH verkauft.
Heute sind Anteilseigner der NAV-Wirtschaftsdienst GmbH die VMD Versicherungsdienst GmbH, eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Ecclesia Versicherungsdienst GmbH, mit rund 88 %, Herr Dr.
Wolter Russel sowie der NAV VirchowBund mit rund 5 %.
Gesellschafter der Ecclesia Gruppe sind die
Evangelische Kirche, die Caritas, die Diakonie und für den UNION Versicherungsdienst
der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband.
Als die NAV-Wirtschaftsdienst GmbH Immobilienfonds vermittelte, hielt mithin der
NAV Virchow-Bund die Mehrheit an dieser.
Damit steht fest, dass sämtliche Provisionen
aus diesen Vermittlungsgeschäften auch an
den Verband geflossen sind.
Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
wird weiterhin für Aufklärung sorgen und die
Gespräche mit dem NAV Virchow-Bund intensivieren.
In der Vereinssatzung des NAV VirchowBundes steht in § 2 Ziel und Zweck unter
Abs. 4: „Der Zweck des Verbandes ist nicht
auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
gerichtet.“
Wie wurde mit diesem Satz in der Vergangenheit umgegangen?
Der AAA fordert Aufklärung!
Anzeige:
Medienfonds oder Filmfonds waren jahrelang
die eierlegende Wollmilchsau des grauen
Kapitalmarkts. Die Liste der Initiatoren liest sich wie
das Whoʼs Who der deutschen Geldspezialisten:
Von Ohovens Cinerenta bis zu den Banken des
genossenschaftlichen Sektors waren alle dabei. Mit
diesen Fonds sollte man einerseits Steuern sparen
wie mit keinem anderen Produkt zuvor. Andererseits
versprachen die bunten Angebotsprospekte
märchenhafte Renditen.
Inzwischen schwanken die Anleger zwischen
Ernüchterung und Panik, denn die Horrormeldungen
reißen nicht ab.
– Die Finanzämter streichen die Steuervorteile.
– Initiatoren und Fondsverwalter stehen unter
Strafanklage.
–D
ie produzierten Filme spielen teilweise nicht
einmal ihre Produktionskosten ein.
Die deutschen Anleger haben seit 1998 mehr als
10 Mrd. EUR in Medienfonds angelegt. Ihre Investi­
tion ist verloren, und die Verluste werden nicht einmal
steuerlich anerkannt.
Dies ist das erste Buch über Medienfonds nach der
Krise. Es beleuchtet den Markt kritisch und untersucht
die rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen
Fragestellungen, die in diesem Zusammenhang
auftauchen. Hinzu kommen Tipps und Tricks für
geschädigte Anleger.
Für 39,90 EUR im Buchhandel. Nur für
AAA-Mitglieder 19,95 EUR zzgl. 3 EUR
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Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
16
Drohende Bankenvollstreckungen
gegen GbR-Anleger
Dr. Marc H. Lampe
LL.M. (Cambridge)
Rechtsanwalt
Ausbildung:
Studium in Göttingen, Tübingen
und Cambridge (LL.M. 1994)
Beruflicher Werdegang:
Tätigkeiten in internationalem
Verlag in Amsterdam und einer
Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 1998 Zulassung als
Rechtsanwalt zunächst in Hamburg,
seit 2001 in Berlin
Hauptarbeitsgebiete:
Kapitalanlagerecht
Gesellschaftsrecht
Kontakt:
RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel
Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/32 76 17-0
Fax: 0 30/32 76 17-17
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Unterwerfungserklärungen der Anleger
sind größtenteils wertlos
von Dr. Marc H. Lampe
Das Landgericht Berlin hatte also doch recht,
als es im Sommer 2006 vielen Banken die
Erteilung einer Vollstreckungsklausel in Bezug
auf die Anleger von GbR-Fonds versagte. Banken, die geschlossene Fonds finanzieren und
sich nicht bei Abschluss der Darlehen Vollstreckungsklauseln erteilen lassen haben, können
also nicht sofort unmittelbar in die Privatvermögen der Anleger vollstrecken. Der BGH hat am
17. April 2008 (Az.: V ZB 146/07, NJW 2008,
2266 = WM 2008, 1278) entschieden, dass
Notare und Gerichte den Banken auf Antrag in
aller Regel Vollstreckungsklauseln nicht erteilen
dürfen. Damit hat dieses Notarbeschwerdeverfahren, dessen Instanzenzug die Leser des Anlegerschutzbriefes Schritt für Schritt verfolgen
konnten (Ausgabe 1/2007, Seite 17–20;
2/2007, Seite 11–14), ein erfreuliches Ende
gefunden.
I. Problemstellung
Die meisten Anleger geschlossener Fonds sind
vor dem Beitritt nicht ordnungsgemäß darüber
aufgeklärt worden, dass sie regelmäßig der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes
Privatvermögen unterworfen werden. Bei einem
wirtschaftlichen Zusammenbruch eines Fonds
kann, je nach Fondskonzeption, insbesondere
je nach der Höhe des Fremdkapitals, die Haftung für diese Darlehen schnell das Doppelte
der Einlage betragen. Die Einlage ist dann
schon lange verloren. Bei Immobilienfonds sind
die Banken gemäß ihren Darlehensverträgen
mit den Fonds zumeist nicht verpflichtet, zuerst
in der Verwertung der Immobilie Befriedigung
zu suchen.
Die Beitritte wurden und werden bei geschlossenen Fonds meist nur vermittels eines privatschriftlichen Zeichnungsscheins bewirkt, mit
dem der Zeichner (mehr oder weniger versteckt) eine Person aus dem Umkreis der
Fondsinitiatoren zur Vornahme dieser Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung bevollmächtigt. Die notarielle Form, der die Unterwerfungserklärung genügen muss, erfordert nach
herrschender Rechtsauffassung, dass bei Vertretung nicht der Vertretene, sondern nur der
Vertreter vom Notar über die Risiken aufgeklärt
wird. Der Notar warnt hier gewissermaßen die
falsche Person. Das hat die Gerichte bislang
nicht gestört und nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung, maßgeblich geprägt durch den
XI. Zivilsenat, wurden und werden Anleger geschlossener Fonds durchweg zur Haftung für die
Fondsdarlehen verurteilt.
II. Im Ergebnis bestätigte Rechtsauffassung des LG Berlin
Über unterschiedliche Vorentscheidungen
von Notaren und Amtsgerichten gelangte im
Sommer 2006 eine Reihe von Streitigkeiten
zum Landgericht Berlin, wo darüber zu entscheiden war, ob Banken, die wegen Darlehen an geschlossene Immobilienfonds in
Form von GbRs die Zwangsvollstreckung in
die private Vermögenssphäre der Anleger betreiben wollten, die dazu erforderliche Vollstreckungsklausel zu erteilen war. Das Landgericht hat seinerzeit in, soweit wir erkennen
können, allen Fällen die Klauselerteilung für
unzulässig erklärt mit der Begründung, die
Beitrittserklärungen bzw. Zeichnungsscheine,
die von den Banken und Fondsinitiatoren zur
Zwangsvollstreckungsunterwerfung der Anleger genutzt wurden, seien für diese Unterwerfung nicht hinreichend. Weder seien
die Vollmachten zu diesem Zweck unmiss­
verständlich gewesen noch vorbehaltlos.
Tatsächlich haben sich seinerzeit die Fondsinitiatoren (einige hier besprochene Gerichtsentscheidungen betreffen Fonds des Emissionshauses Dr. Görlich) alle Mühe gegeben,
Laien und Fachleute durch Vorbehalt (vorbehaltlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung) und schwammige Formulierungen (noch zu erteilende Vollmachten, dem
Zeichner sind die in dem abzuschließenden
Geschäftsbesorgungsvertrag zu erteilenden
Vollmachten bekannt) von den gravierenden
Rechtshandlungen abzulenken, zu denen sie
die Beitrittserklärungen verwenden wollten
(im Einzelnen Anlegerschutzbrief 1/2007,
Seite 18 f.).
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
17
III. Inhalt der neuen Entscheidung
des BGH
Der BGH vereinfacht die Rechtslage nun erheblich. Er beschäftigt sich nur kurz mit der
Frage, ob die Formulierungen der Beitrittserklärung, die der Anleger mit seiner Unterschrift
bestätigt hat, die Unterwerfung seiner Person
und seines Vermögens im jeweiligen Bestand
unter die sofortige Zwangsvollstreckung tragen. Hier waren ja, wie berichtet, das Landgericht Berlin und das Kammergericht unterschiedlicher Auffassung. Insoweit dürften
sowohl die Beschlüsse des Landgerichts als
auch die des Kammergerichts vom 2. März
2007 (Az.: 9 W 111 & 112/06, unveröffentlicht) und vom 29. November 2007 (Az.: 9 W
83/07, OLGR 2008, 440) überholt sein. Nach
Auffassung des Kammergerichts sollten Beitrittserklärungen genügen, falls diese auf einen
im Prospekt abgedruckten Geschäftsbesorgungsvertrag verweisen und im Prospekt eine
Vollmacht sowie die Verpflichtung zur Abgabe
von Zwangsvollstreckungsunterwerfungen
durch die Anleger enthalten ist. Darauf, ob
dem Anleger der Prospekt zum Zeitpunkt der
Zeichnung überhaupt vorlag, sollte es nicht
ankommen. Der BGH schreibt hierzu schlicht,
die Vollstreckungsorgane seien zu einer inhaltlichen Überprüfung des Titels nicht berufen
und wären mit den Mitteln des Klauselerteilungs- und Zwangsvollstreckungsverfahrens
dazu auch nicht in der Lage. Bei inhaltlichen
Mängeln müsse der Schuldner grundsätzlich
Vollstreckungsgegenklage erheben. Auf die
Frage, ob die Klausel auch deshalb zu versagen war, weil die Unterwerfungsvollmacht
nichtig und dies aus ihr selbst heraus ersichtlich war, komme es nicht an.
Es sei demnach rechtlich zutreffend, dass
Fondsinitiatoren und Banken bei Auflegung
des Fonds, bei Abschluss der Darlehensverträge und bei der Unterwerfung der Anleger
(unter die Zwangsvollstreckung) mit einer privatschriftlichen Beitrittserklärung ausgekommen seien. Es habe keiner notariell beurkundeten Vollmacht bedurft, um Geschäftsbesorgungsvertrag, Darlehensvertrag sowie
insbesondere die Zwangsvollstreckungsunterwerfungen der Anleger rechtswirksam zu begründen (vgl. etwa die Vorinstanz KG, Beschluss v. 29. November 2007, Az.: 9 W
83/07, OLGR 2008, 440; sowie BGH, Urteil
v. 25.10.2005, Az.: XI ZR 402/03, ZIP 2006,
154). Die privatschriftlichen Erklärungen der
Anleger, die Fondsvertriebe auf mehr oder
weniger lautere Weise produzierten, genügen
nach einhelliger Rechtsauffassung den Form­
erfordernissen. Die Zwangsvollstreckungsunterwerfungen der Anleger sind wirksam. Davon möchte der BGH jetzt auch nicht
abweichen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Gleichwohl, belehrt uns der BGH nun, reichten die Zwangsvollstreckungsunterwerfungen
der Anleger für die Zwangsvollstreckung nicht
aus. Anleger werden also zum Glück nicht der
sofortigen Vollstreckung vonseiten der FondsBanken ausgeliefert und bezüglich jeglicher
Verteidigungsmöglichkeit auf die Vollstreckungsgegenklage verwiesen, für die der Anleger Klage einreichen und zunächst einmal
den Gerichtskostenvorschuss aufbringen
muss. Die Unterwerfungserklärungen sind
nämlich nur als Rechtstitel wirksam. Der BGH
differenziert, anders als die Vorinstanzen, zwischen Wirksamkeit des Titels und den Voraussetzungen für eine Klauselerteilung. Es sei
hinzunehmen, dass ein Gläubiger über eine
wirksame Zwangsvollstreckungsunterwerfung
verfüge, sie zu ihrem eigentlichen Zweck, der
Zwangsvollstreckung, aber gegebenenfalls
nicht verwenden könne. Das Klauselerteilungsverfahren sei ein formalisiertes Verfahren
(wie auch z.B. das Mahnverfahren und andere
Teile der Zwangsvollstreckung), welches im
Interesse einer effizienten Vollstreckung weitgehend auf die vorherige Anhörung des
Schuldners verzichte. Die Voraussetzungen
der Zwangsvollstreckung müssten für Notare
und Gerichte einfach, aber auch hinreichend
verlässlich nachgewiesen und geprüft werden
können.
Das, und nun kommt eine entscheidende Hürde, sei nur mit Nachweisen durch öffentliche
oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu erreichen. Zu diesen Nachweisen, die dieser besonderen Form genügen müssten, zähle nicht
nur die Erklärung zur Unterwerfung unter die
sofortige Zwangsvollstreckung, sondern auch
die Vollmacht, falls ein Vertreter die Unterwerfungserklärung abgegeben habe.
IV. Bewertung der Rechtslage
Der BGH verlangt also, dass die Bank zur Erlangung einer Klausel gegenüber einem Anleger die Vollmacht dieses Anlegers in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde
vorweisen muss. Darüber verfügt die Bank regelmäßig nicht. Beitrittserklärungen zu geschlossenen Fonds sind ganz überwiegend
keine öffentlichen Urkunden, weil sie nicht im
Beisein eines Notars oder einer öffentlichen
Stelle aufgenommen oder beglaubigt worden
sind. An diesem Punkt werden also Anträge
von Banken auf Erteilung von Vollstreckungsklauseln gegenüber Anlegern regelmäßig
scheitern.
Die Voraussetzung öffentlicher oder öffentlich
beglaubigter Form für die Vollmacht ist nicht
neu. Sie ergibt sich nicht unmittelbar aus
dem Gesetz, aber immerhin aus einer entsprechenden Anwendung einer Gesetzesvorschrift
(§ 726 ZPO). Diese entsprechende Anwen-
18
dung ist unter Gerichten und Rechtsgelehrten
die herrschende Auffassung. Die erkennenden
Richter des BGH haben sie in einer früheren
Entscheidung (Beschluss v. 21.09.2006, Az.:
V ZB 76/06, WM 2006, 2266) schon einmal
deutlich zum Ausdruck gebracht.
Der neuen Entscheidung des BGH stehen Entscheidungen des XI. Zivilsenates nicht entgegen, wie die Vorinstanz gemutmaßt hatte. Der
XI. Senat des BGH vertritt die Auffassung, dass
schwebend unwirksame Zwangsvollstreckungsunterwerfungen, welche unqualifizierte Vertreter
(RBeratG) für Fondsanleger erklärt haben, auch
dann wegen Treu und Glauben als wirksam zu
gelten haben, wenn der Gesellschaftsvertrag
und der Darlehensvertrag eine Verpflichtung
der Anleger zur Abgabe solcher Erklärungen
vorsehen (BGH, Urteil v. 25.10.2005, Az.: XI
ZR 402/03, ZIP 2006, 154 und BGH, Urteil v.
17. Oktober 2006, Az.: XI ZR 19/05, WM
2007, 62, Rdn. 42).
Es ist unstreitig, dass sich die Bank in einem
Klageverfahren unter den Voraussetzungen des
materiellen Rechts, zu denen auch die Rechtsprechung des XI. Senates des BGH zählt, einen vollstreckbaren Titel besorgen kann. Will die
Bank dagegen unmittelbar aus den Unterwerfungserklärungen der Anleger, die ihr bei Gründung des Fonds erteilt worden sind, gegen diese vorgehen, benötigt sie zur Vorlage beim
Notar (oder ausnahmsweise Amtsgericht) eine
Vollmacht des Anlegers in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde.
V. Handlungsempfehlungen
Sie kann sich vollstreckbare Ausfertigungen
von den Unterwerfungserklärungen der Anleger
aber auch dann nicht mehr beschaffen, wenn
die Vollstreckungsklausel zugunsten eines
früheren Rechtsträgers erteilt worden ist, die
Bank also etwa auf eine andere Bank fusioniert
worden ist oder Darlehensforderungen verkauft
hat. Zu prüfen ist also, ob die Bank, die aktuell
mit sofortiger Zwangsvollstreckung droht, unter
ihrem Namen über vollstreckbare Ausfertigungen verfügt. Ist dies nicht der Fall, müsste
sie, um aus den Unterwerfungserklärungen sofort vollstrecken zu können, eine neue Klausel
beantragen. Ohne Vollmachten der Anleger (auf
ihren Namen und) in öffentlicher Form darf ihr
aber nun keine Klausel erteilt werden.
Die Vollstreckungsunterwerfungserklärungen
der Anleger sind in diesen Fällen wertlos, da ein
Antrag keine Erfolgsaussichten besitzt. Der
Bank bleibt nur mehr der Gang des normalen
Gerichtsverfahrens, um auf diese Weise einen
Titel in vollstreckbarer Ausfertigung gegen den
Anleger zu erwirken. Eine Vollstreckung der
Bank in das persönliche Vermögen wird dann
erst mit erheblichem Zeitverzug möglich und ein
Erfolg ist in einem Klageverfahren niemals zu
100 % sicher. Ein Klageverfahren dauert je
nach Gericht etwa ein Jahr, das bedrängte Anleger nun Aufschub erlangen können. Sinnvoller
Weise vermeiden Anleger und Banken dieses
Klageverfahren und einigen sich vergleichsweise. Die Verhandlungsposition der durch
Zwangsvollstreckung bedrohten Anleger hat
sich durch den BGH-Beschluss vom 17. April
2008 erheblich verbessert, auch wenn sich Anleger mittelfristig darauf einstellen sollten, dass
sie für den Rückzahlungsanspruch der Bank
wahrscheinlich einstehen müssen.
Unser Rat an Anleger geschlossener Fonds,
denen ein Fremdkapitalgeber des Fonds mit
Vollstreckungsmaßnahmen in ihr Privatvermögen droht, muss daher geändert werden. Er
geht dahin, sich zunächst bei der Fondsverwaltung oder, falls vorhanden, beim Beirat zu erkundigen, ob der bzw. den fondsfinanzierenden
Banken für deren Darlehensforderungen eine
vollstreckbare Ausfertigung der Unterwerfungserklärungen der Anleger vorliegt. Viele Banken
haben sich nämlich bei Auflegung des Fonds
nur Erklärungen der Anleger über die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung
geben lassen, nicht aber diese Erklärungen von
einem Notar mit Vollstreckungsvermerken
(„Vollstreckungsklausel“, damit entsteht die vollstreckbare Ausfertigung) versehen lassen. Liegt
der Bank keine vollstreckbare Ausfertigung gegenüber den Anlegern vor, kann sie sich eine
solche nach neuem Recht nicht mehr durch einen Antrag beim Notar beschaffen, weil sie regelmäßig nicht über öffentliche Vollmachten
verfügt.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
19
Schnee-Rente bzw. SicherheitsKompakt-Rente:
Der britische Versicherer Clerical Medical
steht im Zentrum der Kritik
von Dr. Wolfgang Schirp
Betina Mainka berichtet in der aktuellen Ausgabe des „Anlegerschutzbriefes“ von Problemen in denjenigen Fonds, die in Lebensversicherungspolicen investiert haben. Diese
Fonds sind aber nicht die einzige „Baustelle“,
die sich zurzeit im Zusammenhang mit Lebensversicherern auftut und bei der Mitglieder
des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e. V.
betroffen sind. In den persönlichen Auswirkungen noch viel gravierender sind die Fälle,
in denen Anleger kreditfinanzierte Lebensversicherungs- und Rentenversicherungsverträge
abgeschlossen haben (Stichwort: „SchneeRente“ bzw. „Sicherheits-Kompakt-Rente“)
und in denen die Ablaufleistung der Lebensversicherung nunmehr zur Tilgung der Darlehen nicht ausreicht.
Größter Anbieter derartiger Produkte war der
britische Versicherer CLERICAL MEDICAL.
Seit Mitte der 90er-Jahre hat CLERICAL MEDICAL in Deutschland in großem Umfang Versicherungsverträge verkauft – die Rede ist von
über 20.000 Verträgen – , die in vielen Fällen
als sogenanntes „Tilgungsinstrument“ mit Finanzierungsverträgen verbunden wurden.
Größter Vertriebspartner auf deutscher Seite
war die Schnee-Gruppe, die allein ca. 5.000
Vertragspakete dieser Art vermittelt haben
soll. Diese Vertragskonstrukte sind heute vielfach Not leidend. Den Geschädigten drohen
erhebliche Deckungslücken. Die betroffenen
Anleger fordern CLERICAL MEDICAL auf,
Verantwortung zu übernehmen. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. hilft den Geschädigten, sich zu organisieren.
I. Das Vertragskonstrukt und die Folgen
Wie waren diese Vertragskonstrukte beschaffen? Vereinfacht dargestellt geht es um Folgendes: Die betroffenen Anleger nahmen in
Deutschland ein Darlehen auf, welches zum
einen Teil in eine lebenslang laufende Rentenversicherung und zum anderen Teil in eine
Versicherung bei CLERICAL MEDICAL investiert wurde. Die Versicherung bei CLERICAL
MEDICAL mit ihren vermeintlich herausragenden Renditen sollte – bei Fälligkeit – das
in Deutschland aufgenommene Darlehen tilgen. Der Kunde sollte sodann die weiter be-
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
stehende Rentenversicherung nutzen können,
ohne dafür wesentliches Kapital eingesetzt zu
haben. Also ein „deus ex machina“, eine vermeintliche risikolose Geldvermehrung, die
Schaffung einer Rente mit minimalem persönlichen Aufwand.
Leider geht die Rechnung nicht auf. Alle Beschwichtigungsversuche nützen nichts mehr,
die Entwicklung ist äußerst bedrohlich. CLERICAL MEDICAL hat, wie andere britische
und kontinentaleuropäische Versicherer auch,
in den vergangenen Jahren nur sehr niedrige
Wertzuwächse der Versicherungen ausgewiesen. Keine Rede ist mehr von den 8 %, 10 %
oder gar 12 % Jahresrendite, die angeblich in
der Vergangenheit ständig erzielt worden waren und auf deren Grundlage die Kunden eingeworben worden waren. Tatsächlich will
CLERICAL MEDICAL den Kunden nur noch
minimale Wertzuwächse gutschreiben. Aber
auch unabhängig von den konkret mitgeteilten
Zahlen: Generell lassen die Abrechnungen
von CLERICAL MEDICAL jegliche Transparenz vermissen. Der Kunde kann nicht einmal
im Ansatz erkennen, wie sich die Wertentwicklung seines Vertrages ergeben soll, insbesondere auch, aus welchen Gründen sie –
angeblich – so schlecht ist.
II. Die rechtlichen Angriffspunkte
Seitdem wir im Rahmen des Aktionsbundes
Aktiver Anlegerschutz e. V. die Recherchen aufgenommen haben, ist uns – unter anderem –
ein Gesichtspunkt ins Auge gefallen, der in der
zuvor geführten Diskussion der Fälle noch nicht
ausreichende Beachtung gefunden hatte. Nach
deutschem Versicherungsrecht muss dem
Kunden jederzeit der wahre Zeitwert seines
Vertrages gewährleistet werden. Wir se­hen
zahlreiche Verstöße von CLERICAL MEDICAL
gegen diese Vorschrift. Bei CLERICAL MEDICAL wird willkürlich hin- und hergebucht, letztlich wird die Gemeinschaft der Versicherten
mit Garantiekosten belastet. Auf diese Weise
wird der Vertragsbestand des einzelnen Kunden beschnitten, ohne dass es dafür eine
rechtliche Grundlage gibt. Das wird der Ak­
tionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. nicht länger hinnehmen.
20
Neben diesem aus unserer Sicht überaus belastbaren Angriffspunkt ergeben sich aber
auch weitere Aspekte, die geschädigten Anlegern bei der Durchsetzung ihrer Rechte helfen
können. Die Kritik an CLERICAL MEDICAL ist
nach unseren bisherigen Prüfergebnissen
vierfach:
4Zum einen haben die wirtschaftlichen Pro-
4Die Angaben zu den Versicherungsverträ-
4Und zum anderen kann die inhaltliche Un-
gen selbst sind nicht zutreffend. Insbesondere hat CLERICAL MEDICAL nach unserer Auffassung nicht darüber aufgeklärt,
in welcher Höhe Gebühren erhoben werden und dass Garantiekosten letztlich auf
die Gemeinschaft aller Versicherten abgewälzt werden.
4CLERICAL MEDICAL hat mit sehr aggressiven Aussagen über die Renditen der Vergangenheit geworben – auch dann noch,
als diese wegen des Aktiencrashs um die
Jahrtausendwende herum absehbar nicht
wiederholt werden konnten.
4Auf die besonderen Risiken, die sich aus
der Koppelung der britischen Versicherung
mit deutschen Finanzierungen ergaben, hat
CLERICAL MEDICAL nach unserer Auffassung nicht, zumindest aber nicht hinreichend deutlich hingewiesen.
4Wie oben bereits angesprochen:
Zwingende Vorgaben des deutschen Ver­
sicherungsrechts wurden nicht beachtet.
Insbesondere ist das eigenmächtige und
intransparente „smoothing“, mit dem willkürlich Kürzungen der Versicherungswerte vorgenommen werden, mit deutschem Ver­
sicherungsrecht nicht vereinbar.
III. Gemeinsames Vorgehen des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz
e.V. mit mehreren Vertrieben
Die geschädigten Anleger sind dringend auf
Unterstützung angewiesen. Der Aktionsbund
Aktiver Anlegerschutz e. V. ist als größte deutsche Interessengemeinschaft von Zeichnern
des grauen Kapitalmarktes wie keine andere
Organisation berufen, dabei eine Schlüsselrolle
einzunehmen. Dies umso mehr, als sich unter
den Mitgliedern bereits zahlreiche Geschädigte befinden.
Wir haben uns nach reiflicher Überlegung entschieden, das Thema Schnee-Rente ganz offensiv gemeinsam mit dem Vertrieb anzugehen, und
zwar unter Hintanstellung jeglicher Kritik, die sich
auf den Verkauf der Produkte bezieht. Hierfür sind
im Wesentlichen zwei Erwägungen maßgeblich:
bleme der Kunden eine Dimension erreicht,
die auch der einzelne Vermittler nicht mehr
schultern kann, selbst wenn er dies möchte
oder aus rechtlichen Gründen sollte. Die
wirklichen Gegner können wir nur gemeinsam an den Tisch zwingen.
terstützung der seinerzeitigen Vermittler für
den Erfolg des Vorgehens gegen CLERICAL MEDICAL ganz entscheidend sein:
So läuft beispielsweise derzeit in Zusammenarbeit mit der Schnee-Gruppe eine
systematische Auswertung des dort vorhandenen Vertragsbestands, mit deren Hilfe wir nachweisen können, dass auch Kunden aus vergleichbaren Anlagezeitpunkten
hinsichtlich der Vertragswerte unterschiedlich behandelt werden. Informationen wie
diese sind für die beginnenden Auseinandersetzungen von unschätzbarem Wert.
IV. Der weitere Ablauf
Zunächst wird außergerichtlich gegen CLERICAL MEDICAL vorgegangen. Wir wollen den
Engländern Gelegenheit geben, Verantwortung zu übernehmen und den Kunden zu helfen. Wenn es zu vernünftigen Einigungen
kommt, soll dies an uns nicht scheitern. Gibt
es bis zum Ende des Jahres allerdings keine
Einigung, dann ist es sinnvoll, auch Klagen zu
erheben. Wir sehen gute Erfolgsaussichten,
denn es gibt harte, durchgreifende juristische
Argumente. Und vor allem: Nach den Verträgen können wir in Deutschland klagen. Dass
daneben die Aufsicht in beiden Ländern eingeschaltet wird, ist selbstverständlich.
Das Angebot an den AAA, seine Mitglieder
und weitere Betroffene:
4Mitglieder des AAA erhalten kostenfrei
ein schriftliches Kurzgutachten zur persönlichen Situation, verbunden mit einer
Handlungsempfehlung.
4Für Nichtmitglieder kostet diese schriftliche Aussage samt Handlungsempfehlung pauschal 220,- € plus Mehrwertsteuer.
4Mitglieder des AAA erhalten sodann Sonderkonditionen, wenn sie sich auf Grundlage der schriftlichen Handlungsempfehlung für ein zunächst außergerichtliches,
später erforderlichenfalls gerichtliches
Vorgehen gegen CMI entscheiden.
Wir haben die Hoffnung, hier eine große, für
eine Reihe von Mitgliedern sehr gefährliche
„Baustelle“ in absehbarer Zeit einer Lösung zuzuführen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
21
Schiffsbeteiligungen
Die nächste Krise bei geschlossenen Beteiligungsprodukten!?
Was ist eigentlich der Unterschiedsbetrag?
von Kai Drabe
In den letzten Jahren waren sie die Renner des
Vertriebes: Schiffsbeteiligungen.
Allein im Jahre 2007 wurden knapp 3 Mrd. €
Eigenkapital eingesammelt. Dies entspricht ca.
30 % des insgesamt in geschlossene Beteiligungsprodukte investierten Eigenkapitals. Dabei gereichte den Schiffsfonds vor allem zum
Vorteil, dass ihre Ausschüttungen aufgrund der
Tonnagesteuer so gut wie steuerfrei sind. Damit unterscheiden sie sich erheblich von anderen geschlossenen Beteiligungsprodukten.
Die aktuelle wirtschaftliche Lage lässt für die
Zukunft große Fragezeichen bei einer Anlage
in Schiffsbeteiligungen entstehen. So sind
beispielsweise in den letzten Jahren große Kapazitäten aufgebaut worden. Der wirtschaftliche Abschwung lässt aber erste Anzeichen
aufkommen, dass die Charterraten zukünftig
fallen werden. Gleichzeitig sind die Treibstoffkosten und die sonstigen Betriebskosten in
den letzten Jahren erheblich gestiegen. So
stiegen beispielsweise die Betriebskosten bei
Containerschiffen seit dem Jahre 2003 um
10 % p.a.! (Quelle: Scope Analysis-Report
Schiffsbeteiligungen 06/2008) Da die Charterraten regelmäßig in US-Dollar vereinbart
und abgerechnet werden, ergeben sich aufgrund des aktuell schwachen US-Dollars ohnehin für einen „Euroinvestor“ schlechtere Einnahmen als vor einigen Jahren noch kalkuliert.
Die gewählte Form der Tonnagesteuer „zwingt“
aber zur pauschalen Besteuerung von festgelegten Gewinnen anhand der Schiffskapazität;
unabhängig davon, ob der Gewinn wirklich erzielt wurde! Hier wird es für die Abrechnungen
und Ausschüttungen in der nächsten Zeit zu
erheblichen (negativen) Überraschungen auf
Seiten der Anleger kommen.
Was tun in dieser Situation?
Eine regelmäßige Überprüfung der aktuellen Beteiligungen ist unerlässlich. Schiffsbeteiligungen
sind aufgrund der regelmäßigen Ausschüttungen und der niedrigen Steuerquote oftmals
als ein Baustein für die Altersversorgung gewählt worden. Diese könnten sich in Zukunft, zumindest auf „€-Basis“, verschlechtern.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Ein möglicher Weg des Vermögensschutzes ist
die Veräußerung der Beteiligung! Bei Schiffsfonds existiert, im Gegensatz zu geschlossenen
Immobilienfonds, ein relativ guter Zweitmarkt.
Aufgrund der aktuell noch positiven Marktlage
werden auf diesem teilweise sehr hohe Kaufpreise von 150 % und mehr gezahlt.
Doch Vorsicht:
Wie bei jeder Entscheidung im Rahmen einer
Investition ist auch hierbei auf die potenziellen
Steuergefahren hinzuweisen. So haben bereits länger laufende Schiffsfonds in den
früheren Jahren zunächst meist die „normale“
Besteuerung anhand der echten Gewinne und
erst nachträglich die Optierung zur Tonnagesteuer gewählt. In diesen Fällen ist beim
Wechsel der Besteuerung der sog. Unterschiedsbetrag ermittelt worden. Der Unterschiedsbetrag ist die Differenz aus dem Buchwert und dem Teilwert eines Schiffes (inkl. der
stillen Reserven) zum Zeitpunkt des Wechsels
der Besteuerungsform. Sollte das Schiff auch
noch mit Fremdwährungskrediten finanziert
sein, wird ein weiterer Unterschiedsbetrag aus
den Wechselkursverhältnissen zum Stichtag
ermittelt. Schwierig bei der Ermittlung des
Teilwertes zum Wechsel der Besteuerungsform ist die Feststellung des „Marktwertes“.
Hierbei kommt es immer wieder zu „Unstimmigkeiten“ zwischen den Fondsverwaltungen
und der Finanzverwaltung.
Welche Auswirkungen hat der Unterschiedsbetrag bei einer Veräußerung der Beteiligung?
Bei einer Veräußerung der Beteiligung ist der
Unterschiedsbetrag durch den Anleger jeweils
mit seinem individuellen Steuersatz zu versteuern; dies unabhängig von der Haltedauer
der Beteiligung bzw. von der Dauer der Tonnagebesteuerung.
Kai Drabe
Vorstand der wSw
Wir schützen Werte
Aktiengesell­schaft für
strukturierte Vermögens­planung
und -sicherung
Berufliches:
Kai Drabe war in den Jahren 1990 bis
2001 in verschiedenen Privatbanken
in Berlin im Private Banking in der
Betreuung von vermögenden Privatkunden tätig. Im Jahre 2002 wechselte
er zu der SINEUS AG und übernahm
als Director die Verantwortung für
die Region Berlin. Seit 2004 ist Kai
Drabe mit einem Family Office für
seine Mandanten selbstständig tätig. Er
ist ehrenamtlich in verschiedenen Organen von Stiftungen tätig und Mitini­
tiator des Stiftungsnetzwerkes Berlin.
Gleichzeitig ist er als Sachverständiger
für Kapitalanlagen und private Finanzplanung gutachterlich tätig.
Kontakt:
wSw Wir schützen Werte
Aktiengesellschaft für strukturierte
Vermögensplanung und -sicherung
Knesebeckstraße 83
10623 Berlin
Tel.: 030/3 19 98 89-0
Fax: 030/3 19 98 89-10
E-Mail: [email protected]
www.wir-schuetzen-werte.de
22
Folgende Beispiele sollen die Auswirkungen verdeutlichen:
Beispiel 1:
persönlicher/individueller Steuersatz in %
des Anlegers bei Verkauf/Auflösung der
Schiffsbeteiligung:
0,00
25,00
45,00
100.000,00 €
100.000,00 €
100.000,00 €
aktueller Wert der Beteiligung in %
65,00
65,00
65,00
Unterschiedsbetrag in %
80,00
80,00
80,00
Veräußerungserlös
65.000,00 €
65.000,00 €
65.000,00 €
Unterschiedsbetrag
80.000,00 €
80.000,00 €
80.000,00 €
Beteiligungsbetrag (ohne Agio)
Steuerlast bei Verkauf
Nettoergebnis des Verkaufes
Nettoergebnis des Verkaufes in %
–€
20.000,00 €
36.000,00 €
65.000,00 €
45.000,00 €
29.000,00 €
100,00
69,23
44,62
0,00
25,00
45,00
Beispiel 2:
persönlicher/individueller Steuersatz in %
des Anlegers bei Verkauf/Auflösung der
Schiffsbeteiligung:
Beteiligungsbetrag (ohne Agio)
100.000,00 €
100.000,00 €
100.000,00 €
aktueller Wert der Beteiligung in %
180,00
180,00
180,00
Unterschiedsbetrag in %
100,00
100,00
100,00
Veräußerungserlös
180.000,00 €
180.000,00 €
180.000,00 €
Unterschiedsbetrag
100.000,00 €
100.000,00 €
100.000,00 €
Steuerlast bei Verkauf
Nettoergebnis des Verkaufes
Nettoergebnis des Verkaufes in %
–€
25.000,00 €
45.000,00 €
180.000,00 €
155.000,00 €
135.000,00 €
100
86,11
75,00
0,00
25,00
45,00
100.000,00 €
100.000,00 €
100.000,00 €
65,00
65,00
65,00
Beispiel 3:
persönlicher/individueller Steuersatz in %
des Anlegers bei Verkauf/Auflösung der
Schiffsbeteiligung:
Beteiligungsbetrag (ohne Agio)
aktueller Wert der Beteiligung in %
Unterschiedsbetrag in %
180,00
180,00
180,00
Veräußerungserlös
65.000,00 €
65.000,00 €
65.000,00 €
Unterschiedsbetrag
180.000,00 €
180.000,00 €
180.000,00 €
–€
45.000,00 €
81.000,00 €
65.000,00 €
20.000,00 €
-16.000,00 €
100
30,77
-24,62
Steuerlast bei Verkauf
Nettoergebnis des Verkaufes
Nettoergebnis des Verkaufes in %
Fazit:
Eine Veräußerung/Aufgabe einer Beteiligung
an einem Schiffsfonds kann zu „bösen“ steuer­
lichen Überraschungen führen.
Lassen Sie sich vor einer Veräußerungsentscheidung den verbindlichen Unterschiedsbetrag von der Fondsverwaltung mitteilen.
Dann ist eine seriöse und wirtschaftlich überlegte Handlungsentscheidung zu treffen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
23
Fonds der Bankgesellschaft
Vergleichsverhandlungen auf Fondsebene
von Kerstin Kondert
Im 3. Quartal 2008 sollen für die sog. „Garantie-Fonds“ der Bankgesellschaft, die Fonds
LBB 3 bis 13, IBV Deutschland 1 bis 3 und
Bavaria Ertragsfonds 1, Gesellschafterversammlungen stattfinden, auf denen über Vergleiche zwischen den Fonds und den Garanten sowie den sonstigen Anspruchsgegnern, die inzwischen zum Land Berlin
gehören, abgestimmt werden soll. Es ist dabei
naheliegend, dass die zum Land gehörenden
Gesellschafter der Fonds – also die IBV, die
FinTech 21 und die IBG – einem Stimmverbot
unterliegen, da die geltend gemachten Ansprüche entweder sie direkt oder verbundene
Unternehmen betreffen. Wir gehen davon aus,
dass es aus diesem Grund Sache der Anleger
sein wird, über diese Vergleiche abzustimmen.
Und wenn es so ist, wird jede Stimme zählen!
Eine inhaltliche Vorbereitung ist für den „normalen“ Anleger kaum möglich. Bisher wurde
über die Verhandlungen weitestgehendes
Stillschweigen vereinbart. Welche Informationen die IBV zur Vorbereitung auf die Versammlungen den Anlegern zur Verfügung stellen wird und wann die Einladungen zu den
Versammlungen verschickt werden, wissen
wir noch nicht. Wenn wir von den Erfahrungen
der Vergangenheit ausgehen, werden die Einladungen mit der kürzest möglichen Frist verschickt, wobei entweder gar keine oder nur
dürftige Informationsunterlagen mitgeschickt
werden. Es ist zu befürchten, dass die Basisdaten für die Verhandlungen und die Vergleichsergebnisse erst auf den Versammlungen präsentiert werden.
Aus diesem Grund haben der Aktionsbund
Aktiver Anlegerschutz e.V. (AAA) und die
Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel
mich beauftragt, anhand der den Anlegern
zugänglichen Unterlagen diese Vorbereitung zu übernehmen, soweit es möglich
ist.
Nachfolgend erläutere ich die Ergebnisse meiner Arbeit und hoffe, auf diesem Weg den Anlegern der Fonds eine inhaltliche Vorbereitung
für diese entscheidenden Versammlungen zu
erleichtern, selbst wenn keine weiteren Informationen geliefert werden. Dabei gehe ich zunächst auf die Vorgeschichte ein (unter I.) und
erläutere dann anhand der Zahlen aus den
Prospekten und den Jahresabschlüssen der
Fonds konkret die sich daraus ergebenden
Überlegungen (unter II.). Zuletzt fasse ich
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
noch einmal zusammen, was aus meiner Sicht
von der IBV und den sonstigen Verhandlungsführern auf Fondsebene vor den Gesellschafterversammlungen zu leisten ist (unter III.).
I. Zur Vorgeschichte
Bei den sog. „Garantie-Fonds“ sind bis Ende
2006 erhebliche Garantieforderungen aufgelaufen. Diese fehlenden Garantiezahlungen sind im Wesentlichen der Grund
dafür, dass die Ausschüttungen nicht
mehr oder nur teilweise geleistet wurden.
Nach den Jahresabschlüssen der IBV für die
Fonds per 31.12.2006 belaufen sich die Gesamtforderungen – jeweils ohne Wertberichtigung –
gegenüber der IBG (Mietgarant und Generalmieter) auf rd. 222 Mio. € und gegenüber der
Bavaria (Garant für die Höchstpreis- und Notarkostengarantie und die Wertpapierertrags- und
Darlehenskonditionengarantie) auf rd. 302 Mio. €.
Auf der anderen Seite der Bilanz bestehen nach
den Jahresabschlüssen Verbindlichkeiten der
Fonds gegenüber der IBG in Höhe von rd.
0,9 Mio. € und gegenüber der Bavaria in Höhe
von 60,9 Mio. €.
Verzugszinsen wurden weder bei den Forderungen noch bei den Verbindlichkeiten bilanziert,
obwohl die Forderungen zum Teil seit Jahren bestehen – zumindest fehlt darauf jeglicher Hinweis in den Jahresabschlüssen. Die Verzugszinsen dürften sich jedoch inzwischen
ebenfalls mindestens auf einen hohen
zweistelligen Millionenbetrag belaufen.
Darüber hinaus machen die Fonds gegen­
über der IBV verschiedene Forderungen
geltend, die sich aus im Rahmen der Sonderprüfungen ermittelten Sachverhalten
ableiten. Hierzu gehören Ansprüche auf Rückzahlung zuviel geleisteter Geschäftsführungs­
vergütung, Belastung der Fonds mit Prüfungskosten für die Garantieansprüche, aber auch
Ansprüche wegen mangelhafter Immobilien­
auswahl und weiterer Geschäftsführungsfehler.
Diese Ansprüche wurden bis zum Jahr 2006
überhaupt nicht bilanziert, obwohl auch sie
sich auf einen höheren dreistelligen
Millionen­betrag belaufen.
24
Noch einmal zusammengefasst, was in den Jahresabschlüssen 2006 für die Fonds ausgewiesen wird:
Forderungen gegen Garanten
in bereits zu 50 % wertberichtigter Höhe,
Basiswerte nur in den Erläuterungen
Forderungen gegen IBV
gar nicht
Verzugszinsen
gar nicht
Seit Januar 2007 wird offiziell über einen Vergleich verhandelt. Die Fondsgesellschaften
werden dabei von der IBV selbst, von Raimund Hoffmann (Komplementär diverser
Fondsgesellschaften) und Prof. Dr. Ulf Lassen
(Verwaltungsrat diverser Fondsgesellschaften)
vertreten. Auf der anderen Seite verhandeln
die Vertreter verschiedener Landesgesellschaften (LPFV und BIH). Während der nunmehr über anderthalb Jahre andauernden Verhandlungen wurde der gegenseitige Verzicht
auf die Einrede der Verjährung mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 31.12. dieses Jahres.
Sämtliche bereits eingereichten Klagen, die
insbesondere Ansprüche aus Generalmietund Mietgarantievertrag betreffen, wurden
während der Verhandlungen ruhend gestellt.
Erst wenn die Verhandlungen scheitern, laufen
die Prozesse weiter – mit den entsprechen­
den zeitlichen Verzögerungen und entsprechenden Zinsnachteilen.
Sollten die Verhandlungen scheitern oder die
Anleger in den Gesellschafterversammlungen
den ausgehandelten Vergleichen nicht zustimmen und sollten die Garanten und sonstigen
Anspruchsgegner ihr bisheriges Verhalten
fortsetzen, werden ausstehende Zahlungen
voraussichtlich erst nach Abschluss der laufenden und der dann noch einzureichenden
Klagen fließen. Mit anderen Worten:
In diesen Fällen wird den Fonds voraussichtlich noch über ziemlich lange Zeit
kein Geld zufließen, und zwar unabhängig
davon, ob es ihnen zusteht oder nicht.
Diese Perspektive wäre sicherlich ein Grund, einen
Vergleich zu schließen. Aber ist ein Vergleich
um jeden Preis die richtige Lösung? Ein Vergleich ist nach unserer Auffassung nur dann sinn-
voll, wenn beide Seiten hinsichtlich ihrer Ansprüche angemessen berücksichtigt werden. Nur: Wie
können die Anleger, denen letztlich nur die
Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte zur
Verfügung stehen, die aber keinerlei Information über die Stichhaltigkeit der Argumente auf beiden Seiten haben, diese
Angemessenheit beurteilen?
Um hierfür Anhaltspunkte zu bieten, habe ich
zunächst einmal zusammengestellt, welche
Ansprüche sich aus den Jahresabschlüssen
ergeben. Diese Ergebnisse stelle ich nachfolgend unter 2.1. dar. Für die Anleger interessant ist aber auch die Frage, wie weit die
Fonds von den prospektierten Werten entfernt
liegen, die nach den Prospektangaben zumindest über die ersten zehn Jahre weitestgehend abgesichert werden sollten. Diese Gegenüberstellung, die man auch Vermögensvergleichsrechnung nennen kann, erläutere
ich unter 2.2.
II. Die konkreten Zahlen
2.1 Die wechselseitigen Ansprüche nach
den Jahresabschlüssen
Den Bilanzen selbst sind Vermögenswerte, Forderungen und Verbindlichkeiten nur in Summen
zu entnehmen, die keine Differenzierung zulassen.
Ich habe daher aus den Erläuterungen zu den Jahresabschlüssen für das Jahr 2006 die Einzelwerte
zusammengestellt, und zwar ohne die Wertberichtigungen, die die IBV wegen der Vergleichsverhandlungen bereits vorgenommen (und damit ein Ergebnis vorweggenommen) hat:
Einmalgarantien
Mietgarantie/
Generalmiete
3.999 T€
7.922 T€
LBB 4
9.997 T€
10.973 T€
152 T€
21.122 T€
LBB 5
20.332 T€
15.381 T€
481 T€
36.194 T€
LBB 6
11.692 T€
5.115 T€
44 T€
16.851 T€
LBB 7*
10.912 T€
5.321 T€
1.511 T€
17.744 T€
LBB 8
20.817 T€
4.892 T€
LBB 9
36.222 T€
15.436 T€
567 T€
52.225 T€
LBB 10
42.394 T€
10.205 T€
LBB 11
35.737 T€
8.375 T€
560 T€
LBB 12
40.820 T€
18.626 T€
1.183 T€
LBB 3
sonst. Ford.
gegen IBG
sonst. Ford.
gegen BOB
Summe
11.921 T€
25.709 T€
452 T€
53.051 T€
217 T€
44.889 T€
60.629 T€
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
25
Fortsetzung von S. 24
Einmalgarantien
Mietgarantie/
Generalmiete
sonst. Ford.
gegen IBG
LBB 13
21.443 T€
41.950 T€
201 T€
IBV D 1
33.938 T€
16.013 T€
6.812 T€
56.763 T€
IBV D 2
8.819 T€
29.403 T€
799 T€
39.021 T€
4.351 T€
2.822 T€
8 T€
7.181 T€
301.473 T€
192.434 T€
12.318 T€
IBV D 3
Bavaria Ertrag 1
Summe
sonst. Ford.
gegen BOB
Summe
63.594 T€
0 T€
0 T€
669 T€
506.894 T€
* Angaben aus dem Jahresabschluss 2005, Jahresabschluss 2007 liegt mir nicht vor.
Zu den „Einmalgarantien” gehören die Höchstpreis- und Notarkostengarantie sowie die Zinsertragsund Darlehenskonditionengarantie. Diesen Forderungen stehen folgende Verbindlichkeiten gegenüber:
Verbindlichkeiten ggü. BOB
Verbindlichkeiten ggü. IBV
Verbindlichkeiten ggü. IBG
Summe
LBB 3
0 T€
LBB 4
0 T€
LBB 5
0 T€
LBB 6
0 T€
LBB 7
0 T€
LBB 8
0 T€
LBB 9
3.523 T€
3.523 T€
LBB 10
13.940 T€
13.940 T€
LBB 11
3.536 T€
3.536 T€
LBB 12
6.061 T€
6.061 T€
LBB 13
33.844 T€
33.844 T€
IBV D 1
7.861 T€
IBV D 2
11.032 T€
7.861 T€
902 T€
11.934 T€
IBV D 3
0 T€
Bavaria Ertrag 1
0 T€
Summe
60.904 T€
18.893 T€
902 T€
80.699 T€
Saldiert man die Forderungen und Verbindlichkeiten (Forderungen gegen die IBV unberücksichtigt), so ergeben sich nach den Jahresabschlüssen per Saldo Ansprüche gegenüber der Bavaria in folgender Höhe:
Höchstpreisund Notarkostengarantie
LBB 3
Darlehenskonditionengarantie
Wertpapierertragsgarantie
sonst.
Ford. gegen BOB
Summe
Forderungen
gegen BOB
Verbindlichkeiten
ggü. BOB
1.121 T€
2.878 T€
3.999 T€
3.999 T€
9.997 T€
Saldo
LBB 4
-1.128 T€
4.884 T€
6.241 T€
9.997 T€
LBB 5
245 T€
8.507 T€
11.580 T€
20.332 T€
20.332 T€
LBB 6
592 T€
4.130 T€
6.970 T€
11.692 T€
11.692 T€
LBB 7
4.199 T€
1.677 T€
5.036 T€
10.912 T€
10.912 T€
LBB 8
3.153 T€
17.664 T€
20.817 T€
20.817 T€
LBB 9
LBB 10
LBB 12
3.523 T€
32.699 T€
13.940 T€
28.906 T€
16.572 T€
35.954 T€
3.536 T€
32.418 T€
26.238 T€
4.904 T€
9.678 T€
40.820 T€
6.061 T€
34.759 T€
12.082 T€
21.443 T€
33.844 T€
-12.401 T€
666 T€
33.938 T€
33.938 T€
8.819 T€
8.819 T€
0 T€
0 T€
217 T€
LBB 13
9.361 T€
IBV D 1
30.927 T€
2.345 T€
IBV D 2
5.227 T€
3.592 T€
IBV D 3
Bavaria Ertrag 1
36.222 T€
10.483 T€
LBB 11
452 T€
42.846 T€
15.339 T€
1.156 T€
Summe
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
1.325 T€
1.870 T€
4.351 T€
302.142 T€
4.351 T€
60.904 T€
241.238 T€
26
Die Verrechnungen hinsichtlich der IBG führen zu folgendem Ergebnis:
Summe
MG/GM
sonst. Ford.
gegen IBG
LBB 3
7.922 T€
LBB 4
10.973 T€
152 T€
LBB 5
15.381 T€
481 T€
LBB 6
5.115 T€
44 T€
LBB 7
5.321 T€
1.511 T€
LBB 8
4.892 T€
LBB 9
15.436 T€
LBB 10
10.205 T€
Freistellung von
Tilgungsleistungen für AD
Summe
Forderungen
5.458 T€
13.380 T€
13.380 T€
9.398 T€
20.523 T€
20.523 T€
15.862 T€
15.862 T€
7.691 T€
7.691 T€
6.832 T€
6.832 T€
4.892 T€
4.892 T€
16.003 T€
16.003 T€
10.205 T€
10.205 T€
2.532 T€
567 T€
Verbindlichkeiten ggü.
IBG
Saldo
LBB 11
8.375 T€
560 T€
8.935 T€
8.935 T€
LBB 12
18.626 T€
1.183 T€
19.809 T€
19.809 T€
LBB 13
41.950 T€
201 T€
42.151 T€
42.151 T€
IBV D 1
16.013 T€
6.812 T€
22.825 T€
22.825 T€
IBV D 2
29.403 T€
799 T€
30.202 T€
0 T€
0 T€
2.822 T€
8 T€
2.830 T€
2.830 T€
192.434 T€
12.318 T€
IBV D 3
Bavaria Ertrag 1
Summe
17.388 T€
Die saldierten Forderungen gegen IBG
und Bavaria ergeben den Gesamtbetrag in
Höhe von rd. 462,48 Mio. €. Dieser Wert bzw.
die jeweiligen Werte für die einzelnen Fonds
können die Ausgangsbasis für einen Vergleich
bilden, wobei jedoch die bereits aufgelaufenen
Verzugszinsen, die in diesen Werten nicht enthalten sind, in jedem Fall einbezogen werden müssen.
In diesen Zahlen fehlen ferner noch die Ansprüche, die nach den Sonderprüfungsergebnissen
gegenüber der IBV geltend gemacht werden
und über die uns bisher keine Informationen vorliegen. Diese Ansprüche übersteigen jedoch
dem Vernehmen nach die Forderungen der IBV
gegen die Fonds bei Weitem, sodass unter
Berücksichtigung dieser Forderungen und
der Verzugszinsen von einer die 462,48
Mio. € noch deutlich übersteigenden Verhandlungsgrundlage auszugehen ist.
Die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Ansprüche müssen vor den Gesellschafterversammlungen den Anlegern
bekannt gegeben werden, wenn nicht von
der IBV, dann von den Herren Hoffmann
und Prof. Dr. Lassen. Den Letztgenannten
obliegt es im Zweifelsfall auch, die Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche zu bewerten.
Um dies zu ermöglichen, wurde auf Fondsebene
eine Menge Geld für Sonderprüfungen und die
anwaltliche Verfolgung der entsprechenden Ansprüche ausgegeben.
Im Rahmen der Vergleichsüberlegungen ist jedoch noch ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: Mit dem Vergleich sollen alle Ansprüche abgedeckt werden, die bis Ende 2007
aufgelaufen sind. Die Entwicklung der An-
222.140 T€
902 T€
902 T€
29.300 T€
221.238 T€
sprüche, die sich eher erhöht als verringert
haben dürften, können wir jedoch überhaupt
noch nicht kalkulieren, weil die Jahresabschlüsse
für 2007 noch nicht vorliegen.
Um eine vernünftige Entscheidungsbasis
zu ermöglichen, muss die IBV daher vor
den Gesellschafterversammlungen zwingend die Jahresabschlüsse 2007 an die
Zeichner versenden. In diesen Jahresabschlüssen sollten in jedem Fall auch die
bis 31.12.2007 aufgelaufenen Verzugszinsen enthalten sein.
Die einem Vergleich zugrunde zu legenden
Ansprüche erhöhen sich noch um die bis Ende
2007 aufgelaufenen Forderungen, insbesondere
aus Generalmiet- und Mietgarantievertrag, aber
auch aus Endfinanzierungskonditionen- und Zinsertragsgarantie für alle Fonds, die noch keine
zehn Jahre laufen. Aus all diesen Gründen ist die
Vorlage der Jahresabschlüsse 2007 vor den
Versammlungen unverzichtbar.
Und noch ein anderer Aspekt ist wesentlich: Die
Ansprüche sind nicht alle als gleichwertig
zu betrachten, sodass auch Vergleichsabschläge unterschiedlich kalkuliert werden
sollten.
Zum Beispiel ist hinsichtlich der Höchstpreisgarantieansprüche nicht rechtsverbindlich für alle
Fonds geklärt, ob die Zwischenfinanzierungszinsen, die einen erheblichen Teil der Kostenüberschreitungen ausmachen, vom Garanten überhaupt abzudecken sind. Wegen der rechtlichen
Unsicherheit wäre hier ggf. ein relativ hoher Vergleichsabschlag anzusetzen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
27
Anders sieht es bei einer Vielzahl von Generalmiet- und Mietgarantieansprüchen aus. Hier
sind schon in vielen Fällen Gerichtsurteile zugunsten der Fonds ergangen. Außerdem hat
die IBG in den Jahren seit 2004 zum Teil
überhaupt keine Mietgarantiezahlungen geleistet, obwohl nur ein Teil dieser Ansprüche
von ihr bestritten wird. Auf rechtlich unstreitige Ansprüche einen Vergleichsabschlag zu akzeptieren, wäre wirtschaftlich unsinnig und völlig unangemessen.
Die IBV schuldet daher in Vorbereitung
der Abstimmungen auch eine Bewertung
der einzelnen Ansprüche.
Und auch die Garanten haben gegen­
über den Anlegern eine Bringschuld zu
erfüllen: Sie müssen nachweisen, warum
und in welcher Höhe sie die jeweiligen
Ansprüche bestreiten.
2.2 Die Vermögensvergleichsrechnung
Wie geht man vor, wenn man anhand des uns
vorliegenden Materials vergleichen will, wie
die Fonds nach den Prospekten aktuell dastehen sollten und wie es tatsächlich um sie bestellt ist? Würde der Ausgleich der Garantieforderungen dazu führen, dass die Fonds
prospektgemäß stehen?
Hierzu habe ich folgende Überlegungen angestellt:
2.2.1 Die Vermögensvergleichsrechnung
Auf der Vermögensseite:
Die Fonds besitzen im Wesentlichen (von wenigen Zu- und Verkäufen in der Investitionsphase
abgesehen) die prospektierten Immobilien. In
dieser Hinsicht stehen sie also wie prospektiert, sodass wir die Immobilien in der Vergleichsbetrachtung außen vor lassen können.
Zum weiteren Vermögen der Fonds soll nach
den Prospekten die Liquiditätsreserve gehören. Diese setzt sich in der Praxis aus Bankguthaben und Wertpapieren zusammen, die
mit den prospektierten Werten direkt ver­
glichen werden können.
Um die Vermögensseite vollständig abzubilden, sind bei der Ermittlung des Ist-Standes
noch die Forderungen gegen Dritte, die als
einbringlich bewertet werden, zu berücksichtigen. Diese Forderungen, die im Prospekt nicht
vorgesehen sind, erhöhen das tatsächlich vorhandene Vermögen. Nicht berücksichtigt habe
ich die Forderungen gegenüber den Garanten
und der IBV, da genau diese streitig sind.
Auf der Verbindlichkeitenseite:
Hinsichtlich des gezeichneten Eigenkapitals
gilt – weitestgehend – dasselbe wie für die
Immobilien; das Eigenkapital wurde bis auf
geringe Abweichungen wie prospektiert platziert und kann daher ebenfalls im Vergleich
außen vor bleiben.
In den Prospekten ist auf der Seite der Verbindlichkeiten nur ein Wert genannt: die Restverschuldung gegenüber den Banken zum Ende eines jeden Jahres. In der Praxis bestehen
auf dieser Seite der Bilanz bei den Fonds jedoch nicht nur Verbindlichkeiten gegenüber
den Banken, sondern auch noch gegenüber
Dritten in erheblicher Höhe. Die Gesamtsumme der Verbindlichkeiten ist – vergleichbar
den Liquiditätsreserven und den Forderungen
auf der Vermögensseite – dem Prospektwert
gegenüberzustellen.
Zusätzliche Berücksichtigung der Ausschüttungen:
Um einen vollständigen Vergleich zwischen
Prospekt und Ist-Stand zu ermöglichen, sind
darüber hinaus noch die prospektierten Ausschüttungen den geleisteten Ausschüttungen
gegenüberzustellen. Denn die prospektierten
Vermögens- und Verschuldungswerte zu jedem beliebigen Stichtag ergeben sich unter
Berücksichtigung der bis zu diesem Termin
geleisteten Ausschüttungen; dass der IstStand nicht noch weiter vom Prospekt entfernt
liegt, ist auf die verringerten Ausschüttungen
zurückzuführen.
Im Vergleich habe ich daher folgende Werte
gegenübergestellt:
Prospekt
Ist-Stand
Restvaluta Bankdarlehen
Restvaluta Bankdarlehen
sonstige Verbindlichkeiten
./. Liquiditätsreserve
./. Kontoguthaben und Wertpapiere
./. einbringliche Forderungen (ohne Forderungen ggü. Landesgesellschaften)
./. Ausschüttungen
./. Ausschüttungen
= Vermögensstand
= Vermögensstand vor Garantiezahlungen
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
28
2.2.2
Die Berechnung in der Praxis
Ich habe den Prospekten die Werte für das
Eigenkapital, die für Ende 2006 ausgewiesenen Werte für die Restvaluta der Endfinanzierungsdarlehen und die Liquiditätsreserven
entnommen und die bis dahin nach dem Prospekt zu leistenden Ausschüttungen addiert.
Diese Werte habe ich wie folgt saldiert:
Restvaluta
./. Liquiditätsreserve
./. kumulierte Ausschüttungen
= Vermögensstand per Ende 2006
(ohne Immobilienwerte)
Die Zahlen sehen im Einzelnen wie folgt aus:
Prospekt 2006
Restvaluta
abzgl.
Reserve
abzgl. Ausschüttung
Saldo
(Verschuldung)
LBB 3
116.111 T€
32.119 T€
42.440 T€
41.552 T€
70.149 T€
LBB 4
159.926 T€
30.479 T€
61.754 T€
67.693 T€
106.942 T€
LBB 5
395.690 T€
70.034 T€
127.057 T€
198.600 T€
225.377 T€
LBB 6
180.288 T€
31.392 T€
54.058 T€
94.838 T€
105.306 T€
LBB 7
256.656 T€
56.307 T€
78.383 T€
121.967 T€
151.342 T€
LBB 8
247.961 T€
30.499 T€
66.780 T€
150.682 T€
126.698 T€
LBB 9
421.339 T€
72.419 T€
105.879 T€
243.042 T€
217.299 T€
LBB 10
486.040 T€
68.603 T€
122.463 T€
294.975 T€
252.067 T€
LBB 11
202.908 T€
35.737 T€
59.948 T€
107.223 T€
132.118 T€
LBB 12
602.914 T€
40.400 T€
108.300 T€
454.214 T€
271.598 T€
LBB 13
808.054 T€
151.090 T€
118.352 T€
538.612 T€
300.767 T€
IBV D 1
360.153 T€
16.031 T€
48.080 T€
296.042 T€
139.777 T€
IBV D 2
520.368 T€
30.501 T€
64.247 T€
425.621 T€
227.965 T€
IBV D 3
340.445 T€
10.817 T€
53.776 T€
275.852 T€
192.340 T€
49.307 T€
7.339 T€
13.562 T€
28.407 T€
22.838 T€
5.148.162 T€
683.766 T€
1.125.078 T€
3.339.318 T€
2.542.583 T€
Bavaria Ertrag 1
Summe
Zur Ermittlung der Ist-Werte habe ich aus den
Jahresabschlüssen folgende Werte saldiert:
Verbindlichkeiten (vermindert um bedingte
Verbindlichkeiten ggü. IBG)*
./. Wertpapiere und Bankguthaben
./. Forderungen (ohne Forderungen ggü. IBG
und BOB)
./. Ausschüttung
= Vermögensstand per Ende 2006
(ohne Immobilien)
* Rückzahlungen von Garantieleistungen für den Fall, dass
Mieter nachträglich zahlen.
Eigenkapital
Die Verbindlichkeiten sowie die Wertpapiere
und Bankguthaben habe ich den Bilanzen direkt entnommen. Die Einzelwerte der bedingten Verbindlichkeiten gegenüber der IBG und
der sonstigen Forderungen habe ich aus den
Erläuterungen zu den Jahresabschlüssen zusammengestellt. Die jeweilige Angabe zum
tatsächlich gezeichneten Eigenkapital stammt
aus dem Vorwort der Jahresabschlüsse, die
Angaben zu den geleisteten Ausschüttungen
habe ich den Mitteilungen der IBV und den
Geschäftsberichten entnommen.
Die Werte stellen sich danach wie folgt dar:
abzgl.
Wertpapiere und
Bankguthaben
abzgl. Forderungen
ohne Forderungen
ggü. IBG
und BOB
abzgl. Ausschüttung
Saldo (Verschuldung)
Eigenkapital
2006
Verbindlichkeiten
abzgl.
bedingte
Verbindlichkeiten ggü.
IBG
LBB 3
119.582 T€
0 T€
23.528 T€
775 T€
32.347 T€
62.931 T€
69.311 T€
LBB 4
166.247 T€
0 T€
19.474 T€
634 T€
51.567 T€
94.571 T€
106.942 T€
LBB 5
409.327 T€
0 T€
70.587 T€
2.678 T€
100.293 T€
235.769 T€
225.377 T€
LBB 6
176.114 T€
0 T€
28.484 T€
699 T€
40.595 T€
106.335 T€
105.306 T€
LBB 7
252.456 T€
0 T€
44.279 T€
4.691 T€
64.698 T€
138.788 T€
151.483 T€
LBB 8
238.853 T€
0 T€
23.427 T€
949 T€
53.555 T€
160.922 T€
126.698 T€
LBB 9
438.542 T€
11.374 T€
40.955 T€
2.885 T€
69.427 T€
313.901 T€
217.299 T€
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
29
Fortsetzung von S. 28
Verbindlichkeiten
abzgl.
bedingte
Verbindlichkeiten ggü.
IBG
abzgl.
Wertpapiere und
Bankguthaben
abzgl. Forderungen
ohne Forderungen
ggü. IBG
und BOB
abzgl. Ausschüttung
Saldo (Verschuldung)
Eigenkapital
LBB 10
534.116 T€
4.717 T€
64.240 T€
8.724 T€
92.011 T€
364.423 T€
252.432 T€
LBB 11
273.851 T€
0 T€
26.197 T€
14.493 T€
40.653 T€
192.508 T€
132.118 T€
LBB 12
595.049 T€
13.059 T€
10.317 T€
14.644 T€
68.280 T€
488.749 T€
271.598 T€
LBB 13
766.151 T€
9.320 T€
53.802 T€
9.076 T€
72.214 T€
621.739 T€
300.767 T€
IBV D 1
394.986 T€
13.358 T€
14.898 T€
2.474 T€
21.582 T€
342.674 T€
139.777 T€
IBV D 2
639.821 T€
3.537 T€
12.329 T€
85.349 T€
39.711 T€
498.895 T€
227.965 T€
IBV D 3
356.190 T€
0 T€
18.351 T€
7.543 T€
50.028 T€
280.268 T€
192.340 T€
49.938 T€
0 T€
8.944 T€
531 T€
7.137 T€
33.327 T€
22.838 T€
5.411.224 T€
55.365 T€
459.813 T€
156.145 T€
804.099 T€
3.935.801 T€
2.542.250 T€
2006
Bavaria Ertrag 1
Summe
Im nächsten Schritt habe ich das tatsächlich
gezeichnete Eigenkapital, das nicht in allen Fällen mit dem Prospekt übereinstimmt (LBB 3,
LBB 7 und LBB 10), ins Verhältnis zum Prospektwert gesetzt und die Soll-Zahlen entsprechend angepasst (Anpassungen im 1 %-Bereich).
Unter Berücksichtigung der entsprechend
vorzunehmenden Anpassung stehen sich die
Werte im Vermögensvergleich wie folgt gegenüber:
Saldo lt.
Prospekt
Saldo Ist
(angepasst)
Fehlbetrag
Fehlbetrag in %
LBB 3
41.552 T€
62.170 T€
-20.618 T€
-49,62 %
LBB 4
67.693 T€
94.571 T€
-26.878 T€
-39,71 %
LBB 5
198.600 T€
235.769 T€
-37.169 T€
-18,72 %
LBB 6
94.838 T€
106.335 T€
-11.497 T€
-12,12 %
LBB 7
121.967 T€
138.917 T€
-16.950 T€
-13,90 %
LBB 8
150.682 T€
160.922 T€
-10.240 T€
-6,80 %
LBB 9
243.042 T€
313.901 T€
-70.859 T€
-29,16 %
LBB 10
294.975 T€
364.950 T€
-69.975 T€
-23,72 %
LBB 11
107.223 T€
192.508 T€
-85.285 T€
-79,54 %
LBB 12
454.214 T€
488.749 T€
-34.535 T€
-7,60 %
LBB 13
538.612 T€
621.739 T€
-83.127 T€
-15,43 %
IBV D 1
296.042 T€
342.674 T€
-46.633 T€
-15,75 %
IBV D 2
425.621 T€
498.894 T€
-73.273 T€
-17,22 %
IBV D 3
275.852 T€
280.268 T€
-4.416 T€
-1,60 %
28.407 T€
33.327 T€
-4.920 T€
-17,32 %
3.339.318 T€
3.935.696 T€
-596.377 T€
Bavaria Ertrag 1
Summe
Das Ergebnis: In der Gesamtsumme fehlen den Fonds rd. 596 Mio. € gegenüber
den Prospektwerten.
Bereinigt man diesen Wert um die Forderungen, die gegenüber den Garanten geltend
gemacht werden (nach Saldierung der Forde-
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
rungen der Garanten insgesamt rd. 462 Mio. €),
so beläuft sich der Fehlbetrag auf immer noch
rd. 134 Mio. €. Hierdurch wird deutlich,
dass selbst bei Durchsetzung sämtlicher
Garantieansprüche die Fonds wirtschaftlich schlechter stehen als prospektiert.
30
III. Zusammenfassung
4Angabe zur Größenordnung der
Die Forderungen der Fonds gegenüber den
Garanten haben eine außerordentliche Höhe
erreicht und bestehen zum Teil seit Jahren.
Das Ausstehen der Garantiezahlungen führt
zu einer Minderung der Reserven, sodass die
Fonds auch geringere Zinserträge erzielen.
4Vergleichsvorschlag mit Begründung
Verzugszinsen
Die Ansprüche sind in ihrer Qualität unterschiedlich zu betrachten. Es gibt streitige
Ansprüche, es gibt aber auch unstreitige
Ansprüche.
Um die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit eines
Vergleichs beurteilen zu können, müssen vor
den Gesellschafterversammlungen folgende
Basisinformationen von den Verhandlungsführern auf Fondsseite für jeden Fonds einzeln
zusammengestellt und den Anlegern übermittelt werden, damit eine sachgerechte Vorbereitung auf die Versammlungen möglich ist:
4juristische Klärung der Frage, wer im
Zusammenhang mit den Vergleichen
stimmberechtigt ist
4Jahresabschlüsse der Fonds für das Jahr
2007 (mit Angabe der einzelnen Forderungen gegenüber den Anspruchsgegnern
ohne Wertberichtigung)
4Übersicht über die einzelnen Ansprüche
des Fonds mit anwaltlicher Bewertung
zur jeweiligen Durchsetzbarkeit
4Angaben zu den von den Anspruchsgegnern bestrittenen Forderungen mit Angabe
der Gründe
Zusätzlich zu all den noch offenen Fragen
steht noch eine weitere, ganz erhebliche Frage offen im Raum: Wie werden die in der
Zukunft entstehenden Garantieansprüche behandelt? In allen Fonds werden auch
künftig Ansprüche aus Generalmiet- und Mietgarantievertrag entstehen. In einigen Fonds
werden noch Ansprüche aus der zehnjährigen
Zinsertragsgarantie entstehen. Werden diese
Ansprüche wiederum nicht oder nicht in
vollem Umfang erfüllt werden? Müssen die
Fonds auch künftige Ansprüche einklagen, um sie durchzusetzen? Oder ist beabsichtigt, im Vergleichsweg auch für künftige
Ansprüche eine Lösung zu finden? Auch diese Frage sollten IBV und Garanten vor den
Versammlungen klar beantworten.
Mit Unterstützung des AAA und der Kanzlei
Schirp Schmidt-Morsbach Apel biete ich gern
an, die entsprechenden Unterlagen auszuwerten, sobald sie vorgelegt werden, und alle
interessierten Anleger darüber zu informieren,
ohne dass den Anlegern daraus Kosten entstehen; sämtliche Kosten in diesem Zusammenhang übernehmen der AAA und die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel sowie mein
Unternehmen. Ferner biete ich darüber hinaus
an, die Zeichner der Fonds kostenlos auf den
Gesellschafterversammlungen im Herbst 2008
zu vertreten, sofern diese nicht selbst teilnehmen können und Vollmacht erteilen wollen.
§
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
31
Erläuterungen zur
Berechnung des Schadens
bei Prospekthaftungsklagen und wirtschaftliche
Ergebnisse der Kläger
von Kerstin Kondert und Dr. Wolfgang Schirp
Aufgrund der Komplexität der Materie werden
wir immer wieder darauf angesprochen, wie im
Rahmen einer Prospekthaftungsklage die Höhe des Schadenersatzes ermittelt wird und –
was für die Kläger eine erhebliche Bedeutung
hat – wie sich die Gerichte hierzu stellen. Aus
diesem Grund wollen wir nachstehend zunächst die generelle Vorgehensweise erläutern (dazu unter I.) und im Anschluss daran
anhand einiger Beispiele aufzeigen, welche
Ergebnisse bisher in den Prospekthaftungsklagen erzielt wurden bzw. erzielt werden können
(dazu unter II.).
Mit diesen Ausführungen wollen wir die Antwort auf eine immer wieder gestellte Frage im
Zusammenhang mit den Fonds der Bankgesellschaft geben: Lohnt sich die Prospekthaftungsklage wirtschaftlich überhaupt,
auch wenn man gewinnt? Um die Antwort
vorwegzunehmen: In der weit überwiegenden Zahl der Fälle lohnt sich die Klage; und durch den ständig weiter laufenden Rechtshängigkeitszins wird
dieses Ergebnis immer deutlicher.
I. Ermittlung des Schadens bei
Geltendmachung von Prospekt­
haftungsansprüchen
1.1 Zielrichtung und Ausgangsbasis
Das Ziel einer Schadenersatzklage, die sich
auf Ansprüche aus Prospekthaftung beruft,
ist es, den Kläger so zu stellen, als hätte er die
fehlerhaft beworbene Anlage nicht gezeichnet.
Will man auf diesem Weg also den Schaden
ermitteln, so muss man feststellen, welche
Aufwendungen der Kläger für die Anlage getätigt hat, aber auch, welche Vorteile er aus ihr
gezogen hat. Der Saldo aus Aufwand und Ertrag bildet den Schadenersatz. Dieser Schadenersatz wird in den Klagen mit dem sog.
Zahlungsantrag geltend gemacht und ab
Rechtshängigkeit bis zur endgültigen Zahlung
mit jeweils 5 Prozentpunkten oberhalb des
Basiszinssatzes der Europäischen Zentralbank
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
verzinst (Rechtshängigkeitszins). Der Basiszinssatz ab 01.07.2008 liegt bei 3,19 % p.a.,
sodass der aktuelle Rechtshängigkeitszins
8,19 % p.a. beträgt.
1.2 Ermittlung des Schadenersatzes
Der Kläger hat zunächst das für die Beteiligung erforderliche Eigenkapital aufgebracht
und zusätzlich ein Agio entrichtet. Im Laufe der
Zeit sind ihm Ausschüttungen aus der Beteiligung zugeflossen, die er ohne die Beteiligung
nicht erhalten hätte. Diese Ausschüttungen
sind daher vom Aufwand wieder in Abzug zu
bringen. Hat der Kläger sein Eigenkapital teilweise refinanziert und für die Refinanzierung
während der Dauer der Beteiligung weiteren
Aufwand gehabt, so erhöhen diese Zahlungen
den Schaden. Zu den Ausschüttungen sind
auch die vom Fonds gezahlten Kapitalertragsteuern usw. auf die auf Fondsebene erzielten
Zinseinnahmen zu zählen, die jeder Anleger im
Rahmen seiner Einkommensteuererklärung
einkommensmindernd berücksichtigen kann.
Auch das ist unstreitig.
Unstreitig ist ferner, dass in den meisten Fällen bei den Fonds der Bankgesellschaft den
Klägern per Saldo steuerliche Verluste zugewiesen wurden, die zu steuerlichen Vorteilen
führten. Streitig ist jedoch, in welchen Fällen
und unter welchen Voraussetzungen diese
Steuervorteile bei der Schadenersatzberechnung eine Rolle spielen. Hier fehlt noch immer
die abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung.
Derzeit gehen die Gerichte überwiegend davon aus, dass Steuervorteile dann nicht in Abzug zu bringen sind, wenn der Kläger nachweisen kann, dass er anstelle der streitbefangenen Anlage eine ganz bestimmte
Alternativanlage gezeichnet hätte, die ihm
ebenfalls Steuervorteile erschlossen hätte.
In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob
die Steuervorteile der Alternativanlage in genau derselben Höhe kalkuliert waren und ob
sie auch tatsächlich erzielt wurden. Erheblich
ist überwiegend, dass der Kläger den eindeutigen Nachweis erbringen kann, dass er genau
32
die von ihm bezeichnete Anlage auch tatsächlich alternativ gezeichnet hätte. Kann der Kläger diesen Nachweis führen, so sind Steuervorteile nicht schadensmindernd abzuziehen.
Um diesen Nachweis für alle von uns vertretenen Anleger führen zu können, fordern wir
entsprechende Unterlagen und Nachweise
ab bzw. haben dies schon getan. Auch in den
Sammelklagen wird hierzu für jeden Kläger der
individuelle Vortrag ausgearbeitet.
Neben der Berücksichtigung von Steuervorteilen gibt es noch einen weiteren Diskussionspunkt: den entgangenen Ertrag aus Alternativanlage. Die Lebenswahrscheinlichkeit
sagt, dass der Betrag, der in eine Kapitalanlage investiert wurde, nicht ungenutzt geblieben
wäre, wenn dem Kläger Mängel an der ausgewählten Anlage bekannt gewesen wären, sodass er diese nicht gezeichnet hätte – er hätte
sich dann eben für eine andere Anlage entschieden. Das hat im Übrigen auch der BGH
in der Vergangenheit so festgestellt.
Aus diesem Grund wird als Teil des Schadens
der entgangene Ertrag aus der Alternativanlage geltend gemacht.
Grundsätzlich ist es möglich, den entgangenen Ertrag aus einer Alternativanlage pauschal anzusetzen, ohne weitere Nachweise
über die Alternativanlage zu führen. Der Ansatz muss nur einer üblicherweise erzielbaren
Höhe entsprechen. Der von uns gewählte Ansatz von 4 % p.a., der seit Beginn der 90erJahre mindestens durchschnittlich mit Pfandbriefen und festverzinslichen Wertpapieren erzielt werden konnte, ist in diversen Urteilen
bereits als angemessen bestätigt worden. Abschließende Sicherheit gibt es hierzu jedoch
auch noch nicht.
Bei dem auf diesem Weg pauschal geltend
gemachten Ertrag aus Alternativanlage wird
auf nicht steuerbegünstigte Anlagen abgestellt. Will man es sich also einfach machen
und keine weiteren Nachweise führen, so lässt
man sich die Steuervorteile abziehen, macht
aber pauschal den Ertrag aus der Alternativanlage geltend und muss keine weiteren Nachweise erbringen.
Stand jedoch tatsächlich eine konkrete – ebenfalls steuerbegünstigte – Alternativanlage zur
Auswahl, so kann der Kläger einerseits geltend
machen, dass ihm keine Steuervorteile abzuziehen sind, andererseits kann er jedoch auch den
entgangenen Ertrag aus dieser ganz konkreten
Anlage beanspruchen. Hierfür muss er – nach
bisheriger Rechtsprechung – allerdings nachweisen, dass der geltend gemachte Ertrag mit
der konkreten Alternativanlage auch tatsächlich
erzielbar war. Die Latte, über die der Kläger bei
dieser Vorgehensweise springen muss, hängt also deutlich höher.
Schematisch haben wir nachstehend dargestellt, welche Positionen in jedem Fall (Normaldruck) und welche Positionen eventuell
(Kursivdruck) bei der Schadensberechnung zu
berücksichtigen sind:
Eigenkapital
zzgl. Agio
zzgl. Refinanzierungsschaden
zzgl. entgangener Ertrag aus Alternativanlage
abzgl. Ausschüttungen
abzgl. Steuervorteil
= Schaden
Um die Anleger, die ihr Eigenkapital teilweise
refinanziert haben, so zu stellen, als hätten sie
den fehlerhaften Fonds nicht gezeichnet, muss
noch ein weiterer Schaden abgewendet werden: die Fortzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen auf das Refinanzierungsdarlehen.
Dieser Anspruch wird mit einem sog. Freistellungsantrag geltend gemacht, das heißt, es
wird beantragt, dass die Beklagten den Kläger
von allen weiteren Zahlungen auf das Refinanzierungsdarlehen freizustellen haben. In einigen Fällen hat dieser Anspruch, der im Übrigen bei der Unterbreitung der Abfindungsangebote überhaupt nicht berücksichtigt
wurde, eine größere wirtschaftliche Bedeutung als der Zahlungsantrag.
II. Beispiele aus den bisherigen Verfahren
Nachstehend erläutern wir anhand einiger Beispiele, wie der Schadenersatz in den konkreten
Fonds berechnet wird und gehen auf das konkrete wirtschaftliche Ergebnis ein, das die Kläger im Falle des Obsiegens in der Klage realisieren. Wir weisen dabei darauf hin, dass noch
kein einziges Urteil in unseren Verfahren rechtskräftig ist, sodass sich diese Ergebnisse noch
ändern können. Der gegenwärtige Stand reicht
jedoch aus, um die Wirtschaftlichkeit in etwa
beurteilen zu können.
2.1 Berlin Hyp Fonds 1
Den Zeichnern des Berlin Hyp Fonds wurde
ein Abfindungsangebot in Höhe von 25 % des
Eigenkapitals unterbreitet. Für einen Zeichner,
der dem Fonds im Jahr 1997 in Höhe von
100.000 € beigetreten ist und der im Jahr
2007 das Abfindungsangebot angenommen
hat, sah das Ergebnis unter dem Strich wie
folgt aus:
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
33
Zahlung Eigenkapital
-100.000,00 €
Zahlung Agio
-6.000,00 €
Zufluss Ausschüttungen
23.462,90 €
830,41 €
Zufluss Steuervorteil (max. Steuersatz)
Zufluss Abfindungsangebot
25.000,00 €
Ergebnis
-56.706,70 €
Ergebnis in % des Eigenkapitals
-56,71 %
Der Anleger hat sein Eigenkapital zzgl. 6 %
Agio eingezahlt. Im Laufe der Beteiligung hat
er Ausschüttungen in Höhe von 23,46 % erhalten. Unterstellt man für alle Beteiligungsjahre jeweils den Höchststeuersatz (den kaum
ein Anleger dieses Fonds jemals hatte), so ergeben sich saldiert Steuervorteile von nur
0,83 % der Beteiligungssumme, die den
Schaden des Anlegers mindern. Bei Annahme
des Angebots hat der Kläger 25 % des Eigenkapitals erhalten. Unter dem Strich hat er
jedoch 56,71 % seines Kapitals verloren
– und das noch ohne Berücksichtigung
eines entgangenen Ertrags aus einer
Alternativanlage.
Als wirtschaftlich günstig kann man die Abfindungsvariante sicherlich nicht bezeichnen, sondern allenfalls als schadensmindernd.
Wie sähe für denselben Kläger das Angebot in
der – obsiegenden – Prospekthaftungsklage
aus? Die Klage richtet sich wie oben beschrieben darauf, den Anleger so zu stellen, als hätte
er den Berlin Hyp Fonds 1 nicht gezeichnet,
sondern eine nicht steuerbegünstigte Anlage,
aus der er 4 % Ertrag pro Jahr erzielt hätte. Die
Schadensberechnung wird wie folgt angestellt,
wenn man auf den aufwändigen Nachweis der
steuerbegünstigten Alternativanlage verzichtet
und sich den höchstmöglichen Steuervorteil
schadensmindernd abziehen lässt:
Eigenkapital
100.000,00 €
zzgl. Agio
6.000,00 €
abzgl. Ausschüttungen
-23.462,90 €
-830,41 €
abzgl. Steuervorteil
zzgl. entgangener Ertrag aus Alternativanlage
(01.01.1998 bis 30.09.2007)
39.000,00 €
Schaden
120.706,70 €
Berücksichtigt man nun den so ermittelten Schadenersatz, stehen sich die Ergebnisse
a) Annahme des Angebots und b) Obsiegen in der Klage wie folgt gegenüber:
Annahme Angebot
Obsiegen Klage
-100.000,00 €
-100.000,00 €
Zahlung Eigenkapital
Zahlung Agio
-6.000,00 €
-6.000,00 €
Zufluss Ausschüttungen
23.462,90 €
23.462,90 €
830,41 €
830,41 €
Zufluss Steuervorteil
(max. Steuersatz)
Zufluss Abfindungsangebot
25.000,00 €
Zufluss Schadenersatz
Ergebnis
Ergebnis in % des Eigenkapitals
Das ist jeweils das Ergebnis nach nahezu zehn
Jahren Beteiligungsdauer, in der das eingesetzte Kapital gebunden war. Nur im Wege
der Klage realisiert der Anleger keinen Verlust,
sondern wird so gestellt, als hätte er tatsächlich gezeichnet, was er wollte: eine sichere
Anlage mit laufenden Erträgen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
120.706,70 €
-56.706,70 €
39.000,00 €
-56,71 %
39,00 %
Wir haben den Berlin Hyp Fonds 1 hier als
Beispiel gewählt, obwohl noch kein Urteil in
einem von uns betreuten Verfahren vorliegt,
weil bei diesem Fall Steuervorteile überhaupt
keine Rolle spielen und es insofern zu keiner
wesentlichen Änderung des Ergebnisses
kommt, wenn Steuervorteile wie in unserer
34
Beispielrechnung schadensmindernd in Abzug gebracht werden. Die Vergleichsrechnung
verdeutlicht aber auch Folgendes:
Bei den Anlegern des Berlin Hyp Fonds 1
handelt es sich überwiegend um ältere Menschen, die bei Beitritt zum Fonds bereits im
Rentenalter standen. Die Ausschüttungen aus
dem Fonds, der ihnen als absolut sichere Anlage – meist von ihrem Bankbetreuer – empfohlen wurde, sollte die Rente aufbessern.
Nicht wenige haben die Ersparnisse ihres
ganzen Arbeitslebens in diesen Fonds investiert. Mit der Klage besteht für diese Anleger
die einzige Chance, ihre Alterssicherung zu
erhalten.
Eigenkapital
zzgl. Agio
abzgl. Ausschüttungen
zzgl. entgangener Gewinn aus Alternativanlage
beantragter Schadenersatz
2.2
Bavaria Ertragsfonds 2
Hinsichtlich des Bavaria Ertragsfonds 2, bei
dem den Anlegern größere steuerliche Vorteile zugeflossen sind als beim Berlin Hyp
Fonds 1, liegt in einem von uns betreuten Verfahren ein Urteil zugunsten der Klägerin vor,
anhand dessen wir die Berechnung in der
Praxis gut nachvollziehen können. Es handelt
sich um das erste Urteil zugunsten eines An­
legers im Bavaria Ertragsfonds 2, nachdem
zuvor in 17 anderen Fällen – die allerdings
nicht von uns betreut wurden – klageabweisende Urteile ergingen.
In der von uns betreuten Klage wurde der
Schadenersatz wie folgt beantragt:
35.790,43 €
1.789,52 €
-9.473,42 €
9.019,19 €
37.125,72 €
Das Gericht ist dem Klageantrag weitgehend gefolgt, hat jedoch die Steuervorteile und die steuerlichen Vorteile aus Kapitalertragsteuer in Abzug gebracht und auf diesem Weg den Schaden
wie folgt ermittelt:
Eigenkapital
zzgl. Agio
35.790,43 €
1.789,52 €
abzgl. Ausschüttungen
-9.473,42 €
abzgl. Steuervorteil
-2.973,00 €
abzgl. Steuerguthaben (KaSt., Solz.)
-1.408,00 €
zzgl. entgangener Gewinn aus Alternativanlage
zugesprochener Schadenersatz
in % des Eigenkapitals
Da der zugesprochene Schadenersatz wegen
der Anrechnung der Steuervorteile niedriger
ist als beantragt, hat das Gericht die Kostenlast zu 9/10 auf die Beklagten und zu 1/10
auf die Klägerin verteilt. Darüber hinaus wurde
Eigenkapital
zzgl. Agio
9.019,19 €
32.744,72 €
91,49 %
der Klägerin jedoch der Rechtshängigkeitszins
zugesprochen, sodass sich das wirtschaftliche Ergebnis nach Abschluss der 1. Instanz
für die Klägerin wie folgt ermittelt:
35.790,43 €
1.789,52 €
abzgl. Ausschüttungen
-9.473,42 €
abzgl. Steuervorteil
-2.973,00 €
abzgl. Steuerguthaben (KaSt., Solz.)
-1.408,00 €
zzgl. entgangener Gewinn aus Alternativanlage
zugesprochener Schadenersatz
zzgl. Rechtshängigkeitszins (11.04.2005 bis 30.06.2008)
Zahlungsanspruch per 30.06.2008 gesamt
abzgl. anteilige Anwalts- und Gerichtskosten
Ergebnis per 30.06.2008
Ergebnis in % des Eigenkapitals
9.019,19 €
32.744,72 €
8.801,81 €
41.546,53 €
-1.047,43 €
40.499,10 €
113,16 %
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
35
Obwohl die Steuervorteile in Abzug gebracht wurden, weil die Alternativanlage
der Klägerin tatsächlich eine festverzinsliche Anlage ohne steuerliche Vorteile
gewesen wäre, erhält sie das eingezahlte Kapital einschließlich einer – wenn
auch geringen – Verzinsung auf diesem
Weg zurück.
Die Beklagten haben gegen das Urteil, das in
der 1. Instanz sehr ausführlich begründet ist
und nahezu alle geltend gemachten Prospektfehler bestätigt, Berufung eingelegt. Obsiegt
die Klägerin auch in der zweiten Instanz auf
der Basis des vom Landgericht Berlin festgestellten Schadens, erhöht sich der Zahlungsanspruch der Klägerin gegenüber dem per
30.06.2008 berechneten Anspruch noch um
den fortlaufenden Rechtshängigkeitszins (derzeit 8,19 %).
Die Alternative für die Klägerin wäre ein Verbleib im Fonds gewesen, da für den Bavaria
Ertragsfonds 2 kein Abfindungsangebot unterbreitet wurde. Auf der letzten Gesellschafterversammlung wurde das best-
mögliche Ergebnis, das im Falle einer
Liquidation des Fonds an die Klägerin
zur Auszahlung käme, auf unter 10 %
des Eigenkapitals geschätzt.
2.3 LBB Fonds 5
Als drittes Beispiel haben wir die Gegenüberstellung des Ergebnisses einer Prospekthaftungsklage beim LBB Fonds 5 – Urteil in der
1. Instanz – gewählt, da aus diesem Fonds einerseits im Vergleich zu den beiden anderen
Fonds deutlich höhere Steuervorteile resultierten, andererseits ein Abfindungsangebot in
Höhe von 63 % des Eigenkapitals unterbreitet
wurde, das bis zum 30.06.2006 angenommen
werden konnte. Der Kläger hatte also eine
wirtschaftlich zu erwägende Alternative zur
Klage.
Der Kläger im vorliegenden Verfahren hatte
eine Beteiligung in Höhe von 100.000 DM
(= 51.129,19 €) zzgl. Agio gezeichnet.
Der Schaden in der Klage wurde wie folgt
geltend gemacht:
Eigenkapital
51.129,19 €
zzgl. Agio
2.556,46 €
abzgl. Ausschüttungen
-22.753,36 €
zzgl. entgangener Ertrag aus Alternativanlage
21.474,32 €
Schaden
Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt,
dass der Kläger sich bei vollständiger Aufklärung über den LBB Fonds 5 nicht an diesem,
sondern an einer vom Kläger konkret vorgetragenen Alternativanlage beteiligt hätte, mit der
52.406,61 €
er nicht nur ebenfalls Steuervorteile, sondern
auch einen laufenden Ertrag erzielt hätte. Der
Schadenersatz wurde ihm in der 1. Instanz
wie folgt zugesprochen:
in % des EK
Eigenkapital
zzgl. Agio
abzgl. Ausschüttungen
zzgl. entgangener Ertrag aus Alternativanlage
Schadenersatz
Rechtshängigkeitszins ab
21.04.2006 bis 30.06.2008
Anspruch gesamt per 30.06.2008
Der Kläger hatte zunächst das Mahnverfahren
beantragt und danach die Klage als Einzelklage eingereicht. Im erstinstanzlichen Urteil wurde der Klage gegen die IBV stattgegeben, die
Klage gegen die LBB wurde abgewiesen. Das
Gericht hat dem Kläger einen geringeren Ertrag aus der Alternativanlage als beantragt zugesprochen, ferner wurde während des Verfahrens noch eine Teilausschüttung gezahlt,
die zusätzlich schadensmindernd berücksich-
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
51.129,19 €
2.556,46 €
-23.887,66 €
16.519,84 €
46.317,83 €
90,59 %
14.998,47 €
61.316,30 €
119,92 %
tigt werden musste. Wegen der Klageabweisung gegen die LBB und der Aberkennung
eines Teils der Forderungen hat der Kläger einen nicht unerheblichen Teil der Anwalts- und
Gerichtskosten zu tragen.
36
Unter Berücksichtigung der dem Kläger entstandenen Kosten sieht das Ergebnis per
30.06.2008 wie folgt aus:
Anspruch gesamt per 30.06.2008
61.316,30 €
Anwalts- und Gerichtskosten
-7.022,10 €
Ergebnis gesamt
54.294,20 €
Ergebnis in % des EK
106,19 %
Der Kläger steht trotz der Abzüge und
trotz anteiliger Kostenübernahme von
Anwalts- und Gerichtskosten immer
noch deutlich besser da, als wenn er
das Abfindungsangebot von 63 % angenommen hätte. Die IBV hat auch gegen
dieses Urteil Berufung eingelegt.
III. Zwischenfazit
Nachdem die zuallererst verhandelte Klage,
die wir betreuen, noch wegen angeblich bereits eingetretener Verjährung abgewiesen
worden war, griff bei den folgenden Verfahren
das Argument der Verjährung nicht mehr.
Dass die verjährungsverkürzenden Regelungen im Prospekt nichtig sind, wurde inzwischen auch in der 2. Instanz bestätigt.
Die von uns geltend gemachten Prospektfehler wurden bisher in nahezu allen Fonds mindestens erstinstanzlich, in diversen Fällen aber
auch in der 2. Instanz bestätigt, wobei bei einigen Fonds tatsächlich noch überhaupt keine
Urteile vorliegen.
Wie die Gerichte mit der Frage der Steuervorteile umgehen, hat sich inzwischen sehr viel
deutlicher herauskristallisiert. Insofern wissen
auch wir genauer, was für jeden Kläger vorgetragen werden muss, um zum bestmöglichen
Ergebnis zu gelangen. Diese Individualbearbeitung ist extrem arbeitsaufwändig, aber wir
haben sie in vielen Fonds bereits geleistet.
Unter dem Strich bleibt für uns und für die Kläger als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die
Chancen, die Klagen zu gewinnen, gut sind und
dass auf diesem Weg ein wirtschaftlich angemessenes Ergebnis erzielt werden kann.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
37
Lebensversicherungsfonds –
die neuen Problemkinder?
von Betina Mainka
Lebensversicherungsfonds sind die jüngsten
Kinder der Branche geschlossener Fondsbeteiligungen und haben daher erst eine sehr
kurze Historie. Umso beunruhigender lesen
sich die aktuellen Mitteilungen aus Expertenkreisen: Nur 4 Jahre nach Auflage wird der
erste Lebensversicherungsfonds der Unternehmensgruppe König & Cie. „König & Cie
Deutsche Leben Rendite Fonds“ aufgrund der
desaströsen wirtschaftlichen Entwicklung liquidiert! Heinz Gerlach berichtet in „Direkter
Anlegerschutz“: „Gefährliche Prospektfehler
beim aktuellen BAC-Fonds LIFE TRUST 11“!
Etliche der in Deutschland aufgelegten Lebensversicherungsfonds erreichten in den
ersten Jahren die prospektierten Ausschüttungen nicht!
Was aber ist eigentlich ein Lebensversicherungsfonds?
Einfach dargestellt: Die Initiatoren der Lebensversicherungsfonds erwerben – zumeist über
diese sog. Settlements-Companies – bereits
laufende „gebrauchte“ Policen, zahlen die Prämien anstelle der Versicherten weiter und vereinnahmen am Ende die Ablaufleistungen der
Verträge. Die Rendite für den Anleger errechnet sich aus der Differenz zwischen der Ablauf­
leistung und dem Kaufpreis der Police, den
bis zur Auszahlung noch zu leistenden Beiträgen und den anfallenden Kosten.
Drei Kategorien von Lebensversicherungsfonds sind bisher auf dem Markt:
Lebensversicherungsfonds mit amerikanischen Risikopolicen
Wie in Deutschland werden auch in den USA
Risikolebensversicherungen angeboten. Versichert wird hierbei ausschließlich der Todesfall mit einer im Vorfeld fixierten Summe. Anders aber als hierzulande laufen diese
Versicherungen nicht bis zu einem festgelegten Zeitpunkt (in der Regel 60. oder 65.
Lebensjahr), sondern lebenslang. Der Versicherungsfall tritt also in jedem Fall ein. Die Investition in amerikanische Risikopolicen hat
den Vorteil, dass die Ablaufleistung von vornherein genau feststeht, unklar ist jedoch, wann
sie zur Auszahlung kommt, da die Auszahlung
vom Ableben des Versicherungsnehmers ab-
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
hängt. Für die Einhaltung der in den Prognosen dargestellten Renditeerwartungen ist es
daher von ausschlaggebender Bedeutung, mit
welcher Präzision das Ableben der Versicherten prognostiziert werden kann. Hierfür stehen
den Fondsgesellschaften Gutachten zur Verfügung, die in Kenntnis des Gesundheitszustandes des Versicherten dessen voraussichtliche Lebenserwartung vorhersagen.
Betina Mainka
Geschäftsführerin
der Kondert & Mainka GmbH
Ausbildung:
Ausbildung zur Groß- und
Außenhandelskauffrau, berufsbegleitendes Studium BWL
Beteiligungen an US-amerikanischen Fonds,
deren Grundlage ein „Geschäft mit dem Tod“
ist, entsprechen nachvollziehbar oftmals nicht
den ethisch-moralischen Vorstellungen europäischer Anleger. Als Alternative bieten sich
die britischen oder deutschen Fonds an.
Berufliches:
Seit 1995 in der Immobilienbranche
tätig, Schwerpunkte zunächst
Verwaltung geschlossener
Immobilienfonds, Entwicklung von
Sanierungskonzepten für Not
leidende Fonds
Lebensversicherungsfonds mit deutschen
Kapitalpolicen,
Lebensversicherungsfonds mit britischen
Kapitalpolicen
Kontakt:
Kondert & Mainka GmbH
Knesebeckstraße 83
10623 Berlin
Tel.: 0 30/88 71 51-0
Fax: 0 30/88 71 51-10
E-Mail:
[email protected]
www.kondert-mainka.de
Lebensversicherungsfonds, die in deutsche
oder britische Lebensversicherungen investieren, kaufen ausschließlich kapitalbildende Lebensversicherungen auf. Im Gegensatz zu den
US-amerikanischen Risikopolicen steht hier
der Auszahlungszeitpunkt von vornherein fest,
unklar ist jedoch, in welcher Höhe die Ablaufleistung ausfallen wird. Um interessante Renditen darstellen zu können, wird nicht nur die
garantierte Ablaufleistung berücksichtigt,
sondern auch die voraussichtliche Höhe
der sogenannten Überschussbeteiligung.
Die Prognose dieser Überschussbeteiligung
ist naturgemäß mit einer hohen Unsicherheit
verbunden, insbesondere in Zeiten fallender
Aktienkurse und niedriger Zinsen unterschreiten die tatsächlichen Ablaufleistungen teilweise deutlich die prognostizierten Werte.
Der Unterschied zwischen den deutschen und
den britischen Lebensversicherungen besteht
in den den Versicherungsunternehmen möglichen Anlageformen und den daraus erzielbaren Renditen. Während britische Versicherungsunternehmen theoretisch bis zu 100 %
ihres Kapitals in Aktien investieren dürfen, ist
der Aktienanteil in Deutschland gesetzlich auf
35 % beschränkt und wird von den Versicherungen oftmals nur bis zu 10 % in Anspruch
genommen. Auch wenn der Aktienanteil bei
britischen Unternehmen zum Zwecke der Risi-
38
kostreuung in der Regel weit unterhalb seiner
Möglichkeit bleibt, so gelten für britische Lebensversicherungen dennoch flexiblere Anlageregeln, die traditionell zu deutlich höheren
Renditen geführt haben als bei deutschen Lebensversicherungen. Mit dem höheren Anteil
im spekulativen Aktiengeschäft steigt bei den
britischen Versicherungen jedoch auch das
Risiko schwankender Überschussbeteiligungen.
Die Entstehung des „Zweitmarktes“
und der Fonds
Das Modell der Lebensversicherungen hat eine
lange Historie. Allein in Deutschland bestehen
fast 100 Millionen Lebensversicherungsverträge
mit einer Kapitalanlage von über 600 Milliarden €,
Tendenz steigend. Der überwiegende Teil dieser
Versicherungen wird als kapitalbildende Lebensversicherung geschlossen. Im Gegensatz zu einer
Risikolebensversicherung, die während eines festgelegten Zeitraumes ausschließlich den Todesfall
versichert und damit Angehörige etc. sichern soll,
handelt es sich bei der kapitalbildenden Versicherung um eine „gemischte“ Lebensversicherung,
die sowohl auf den Todes- wie auch auf den Erlebensfall ausgerichtet ist. Sie kombiniert somit eine
Absicherung eventueller Hinterbliebener mit einem
gleichzeitigen Vermögensaufbau durch den Ansparvorgang. Die Versicherungsleistung wird fällig
bei Tod bzw. bei Erleben des festgelegten Ablauftermins.
Wegen der bis 2004 gültigen Steuervergünstigungen waren Lebensversicherungen stets eine
beliebte Altersabsicherung, aber auch nach dem
Wandel der Steuerfreiheit zur Steuerbegünstigung für Verträge ab dem 01.01.2005 sind sie
aufgrund der sicheren, wenn auch nicht üppigen
Verzinsung eine beliebte Anlageform zur privaten
Altersvorsorge.
Allerdings fordert die sehr sicherheitsorientierte
Form der Lebensversicherungen auch ihre Tribute;
der gewollten und durch strenge gesetzliche Reglements kontrollierten Risikoarmut dieses Anlagemodells fehlt es gegenüber anderen Anlageformen
an Flexibilität in der Verwertbarkeit. Der Versicherte
bindet sich über Jahrzehnte an die einmal vereinbarten Beiträge, gleichgültig wie sich seine persönliche und wirtschaftliche Situation entwickelt.
Hierin ist wohl auch der Grund zu finden, warum
lediglich die Hälfte der abgeschlossenen Versicherungen das vertragliche Laufzeitende auch tatsächlich erreicht.
Eine vorzeitige Kündigung dieser Versicherungen
ist aber zumeist mit Verlusten verbunden: Die von
den Versicherungsgesellschaften den Kunden angebotenen Rückkaufswerte sind meistens so niedrig, dass sie dem sogenannten inneren Wert der
Policen bei Weitem nicht entsprechen. Auf dem
US-amerikanischen Markt der Risikolebensversi-
cherungen geht die Kündigung mit einem Totalverlust der bisherigen Beiträge einher. An dieser Stelle hat sich nun ein Zweitmarkt etabliert: Unabhängige Institutionen kaufen gebrauchte Lebensversicherungen auf! Anstatt seine Lebensversicherung mit hohen Verlusten zu kündigen,
verkauft der Versicherungsnehmer diese an einen
dafür spezialisierten Makler über den Zweitmarkt.
Der Verkäufer erzielt dabei einen höheren Preis für
seine Police als den Rückkaufswert der Versicherung; der Käufer zahlt weniger als den tatsächlichen Wert der Police.
Hinter diesem Geschäftsmodell scheint daher
zunächst eine einfache und grundsätzlich für alle
Beteiligten lukrative Geschäftsidee zu stecken.
Die Unwägbarkeiten der Fonds
Vor dem Hintergrund der – bei US-amerikanischen Lebensversicherungsfonds – garantierten
Ablaufleistung bzw. des – bei britischen und deutschen Lebensversicherungsfonds – feststehenden
Auszahlungszeitpunktes und der – bei deutschen
Lebensversicherungsfonds – relativ konservativen
Anlageform stellt sich die Frage, welches Risiko
mit dieser Investition für den Anleger einhergeht.
Wie bei allen Anlageformen, die den Anleger über
einen längeren Zeitraum binden, steht und fällt die
Investition mit der realistischen Prognose ihrer
Wertentwicklung. Bei US-amerikanischen Fonds
ist dies der Zeitpunkt, mit dem das Ableben eines
Versicherungsnehmers prognostiziert wird. Hier
kam es in der Vergangenheit zu krassen Fehleinschätzungen, die medizinischen Gutachten trafen
nicht zu, die Versicherungsnehmer erreichten ein
deutlich höheres Alter als prognostiziert. Für die
Fonds bedeutet dies eine entsprechend längere
Laufzeit der Versicherungsbeiträge, denen keine
Rückflüsse aus fälligen Lebensversicherungen gegenüberstehen.
Bei deutschen und britischen kapitalbildenden Lebensversicherungen steht der Auszahlungszeitpunkt fest, nicht jedoch die Höhe der Ablaufleistungen. Diese setzen sich zusammen aus den
garantierten Leistungen, denen eine Mindestverzinsung zugrunde liegt, und den Überschussbeteiligungen. Die Höhe der Überschuss- oder Gewinnbeteiligung ist jedoch in starkem Maße von
den Erträgen abhängig, die die Versicherungsgesellschaften durch ihr Anlagenmanagement erwirtschaften. Nach langen Jahren stabiler Überschussbeteiligungen oberhalb von 7 % blieb die
Kapitalmarktkrise 2001/2002 nicht ohne Folgen
für die Höhe der Überschussbeteiligung und damit
für die Ablaufleistungen insgesamt.
Bleiben aber die kalkulierten Rückflüsse aus oder
fallen deutlich niedriger als kalkuliert aus, reduziert
sich die laufende Liquidität der Fonds, was wiederum nicht nur die prognostizierte Ausschüttungshöhe negativ beeinflusst, sondern – so wie im
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
39
Falle König & Cie. – die Bedienung der eingegangenen Verbindlichkeiten in vertraglich vereinbartem
Maße gefährdet, sodass die Zahlungsunfähigkeit
und damit die Insolvenz droht.
Die Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH
stellt in ihrer Marktstudie 2008 „Die Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung“ die Entwicklung der laufenden Verzinsung seit 2002 für den
deutschen Markt dar:
Insoweit stellt sich die Frage nach einer realistischen
Kalkulation der den Prognoserechnungen der Emis­
sionsprospekte zugrunde liegenden Verträge.
Siebenjährige Entwicklung des arithmetischen
Durchschnittswertes der laufenden Verzinsung mit Rechnungszins 3,25 %
laufende Verzinsung
Quelle: Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH –
Marktstudie 2008: „Die Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung“
Im Vergleich der Jahre 2002 bis 2007 war die Entwicklung der Überschussbeteiligungen und damit
der Gesamtrenditen der Lebensversicherungen
deutlich rückläufig.
Trotzdem prognostizierte z. B. das Haus König &
Cie. in seinem ersten Lebensversicherungsfonds
König & Cie Deutsche Leben Rendite Fonds beim
mid-case-szenario eine interne Verzinsung von
6,43 %. Dem uns vorliegenden Gutachten über
das Ergebnis der Beurteilung des Emissionspros­
pektes zufolge basieren die kalkulierten Rückflüsse
aus den Lebensversicherungen auf einem versicherungsmathematischen Gutachten auf der
Grundlage des Jahres 1999! Die durchschnittliche
Rendite der Lebensversicherungen im Jahr 1999
lag bei 7,26 %, der Garantiezins bei 4 %. Insoweit
könnte man von einer vorsichtigen Kalkulation
sprechen. Allerdings datiert der Emissionsprospekt
vom 27. Oktober 2003. Zwischenzeitlich war der
Garantiezins auf 3,25 % gesunken und sollte zum
01.01.2004 auf 2,75 % weiter abgesenkt werden:
Folgen des in den Jahren 2001/2002 verzeichneten Einbruchs des Kapitalmarktes. Es erscheint befremdlich, dass König & Cie. zum damaligen Zeitpunkt keine aktuelleren Werte vorlagen als um vier
Jahre veraltete. Ebenso, dass man es nicht für nötig
erachtete, die Kapitalmarktkrise 2001/2002 zumindest in die Berechnungen einfließen zu lassen.
Genau dieser Fonds hat aber nun mit Beschluss
der Gesellschafterversammlung gerade vier Jahre
nach seiner Auflage sein Leben ausgehaucht: Am
28.05.2008 beschlossen die Gesellschafter lieber
ein Ende mit Schrecken als einen Schrecken ohne
Ende und erteilten ihre Zustimmung zur vollständigen Liquidierung des Portfolios. Nach Berechnungen des Hauses König & Cie. soll aus der Li-
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
quidation des Portfolios ein Rückfluss von rd. 70 %
des ursprünglich gezahlten Eigenkapitals erfolgen.
Externe Kreise schätzen den Rückfluss eher auf
50 % der Einlage. Der Gesamtkapitalrückfluss
nach Steuern sollte sich lt. Prospekt auf 159,1 %
der Einlage ohne Agio belaufen. Die beigetretenen
Gesellschafter haben also entgegen ihrer ursprünglichen, sie sicherlich zum Beitritt bewogenen
Renditeerwartung von rd. 60 % einen herben Verlust zu verzeichnen.
Auch weitere Fondsgesellschaften bleiben hinter
den prospektierten Erwartungen zurück.
Der Aktionsbund hat daher die Arbeitsgruppe LVFonds ins Leben gerufen. Aktuell stellen wir das
Datenmaterial zusammen und prüfen, inwieweit die
unterstellten Renditeerwartungen der Emissionsprospekte den Marktgegebenheiten entsprechen
bzw. entsprachen. Wie bei allen Kapitalanlagemodellen geht auch bei dieser Anlageform jeder Anleger ein wirtschaftliches Risiko ein. Dieses Risiko
sollte aber dadurch begrenzt sein, dass der Anleger darauf vertrauen darf, dass die kalkulierten
Renditeerwartungen auch realistischen Ansätzen
unterliegen, und zwar nicht einer Realität, die vier
Jahre alt ist!
Wir werden in den nächsten Wochen Materialien
zusammenstellen und prüfen, ob es sich bei den
aktuellen Ergebnissen im Wesentlichen um allgemeine, den wirtschaftlichen Entwicklungen geschuldete Probleme handelt oder diese – wie sich
uns der Verdacht derzeit aufdrängt – „hausgemacht“ sind.
Über erste Ergebnisse und die weitere Vorgehensweise werden wir kurzfristig berichten.
40
Erb- und Familiensachen
Angebot der interdisziplinären Zusammenarbeit
von Kerstin Kondert
Meine Kollegen im Aktionsbund und in der
wSw Wir schützen Werte AG und ich stellen
im Laufe der Anlegerberatung immer wieder
fest, dass problematische Fonds zusätzlich zu
den ihnen eigenen Problemen noch weitere
Schwierigkeiten darüber hinaus bereiten: in
Erb- und in Scheidungsfällen.
Es kommt häufig vor, dass uns ein bis dato
von geschlossenen Fonds völlig unbeleckter
Erbe anspricht und erklärt, er oder sie habe
eine ganze Reihe geschlossener Fonds von
den Eltern geerbt. Zunächst ist die Freude
groß. Der Erbe findet die Zeichnungsscheine
und stellt fest, dass er oder sie einen nennenswerten Anteil an der XY GbR geerbt hat.
Wenn 100.000 € auf dem Zeichnungsschein
stehen, gehen die Erben in aller Regel davon
aus, dass diese Beteiligung auch 100.000 €
wert ist. Wer sich schon länger mit der Materie befasst, weiß jedoch, dass das Erbe in diesem Fall höchstwahrscheinlich kein Grund zur
Freude, sondern eher ein Grund ist, das Erbe
auszu­schlagen. Die 100.000 € bringen in den
problematischen Fällen nicht nur das Geld,
sondern im Gegenteil sogar das noch weit
höhere Risiko.
Ähnlich sieht es in vielen Scheidungsfällen
aus. Beide Eheleute sind an den Fonds beteiligt, aber nur einer hat sich im Laufe der Zeit
darum gekümmert. Wir haben mehrfach erlebt,
dass der informiertere Partner im Zuge der
Scheidungsauseinandersetzung dem weniger
gut informierten Partner die risikobehafteten
Fondsbeteiligungen „übergeholfen“ hat –
und der Partner in seliger Unkenntnis des Risikos vielleicht sogar noch dankbar war.
Fachanwälte für Erb- und Familienangelegenheiten sind mit ihrer Materie vom Kapitalanlagerecht häufig weit entfernt. Sie haben auch
keinen Grund, sich besonders mit geschlossenen Fonds zu befassen. Aus diesem Grund
kann es sinnvoll sein, uns in Erb- und Scheidungsfällen als Berater hinzuzuziehen, um eine
Bewertung der zu übertragenden Fondsbeteiligungen vorzunehmen. Aufgrund unserer umfangreichen Datenbank zu den geschlossenen
Fonds können wir in der Vielzahl der Fälle
schnell und mit verhältnismäßig geringem Aufwand die Fondsbeteiligungen bewerten und
eine Aussage treffen, ob sie als tatsächliche
Vermögenswerte betrachtet werden können
oder ob eine Übertragung des Anteils für den
Übernehmenden einen wirtschaftlichen Nachteil bedeutet. Eine sachgerechte Bewertung
vermeidet in aller Regel nicht nur böse Überraschungen, sondern auch nachfolgende weitere – und ggf. teure – Auseinandersetzungen.
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Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
41
Das letzte Hemd hat keine
Taschen, in denen man die
kalten Hände wärmen könnte
von Tibet Neusel
Was passiert, wenn ein Mensch stirbt? Diese
Kinderfrage, die Eltern gerne in Verlegenheit
bringt (soll man jetzt schon oder ist es noch zu früh?),
ist für Juristen ganz leicht zu beantworten:
Der Erbfall tritt ein. Das steht im bürgerlichen
Gesetzbuch.
Wenn man die (immer seltener werdende)
„Normalfamilie“ aus dem Rama-Werbespot –
Vater, Mutter, Sohn, Tochter, gesetzlicher
Güterstand – zugrunde legt, passiert am Ende
das, was ohnehin alle wollen (wiederum im
Normalfall): Die Kinder bekommen das Vermögen zu gleichen Teilen. Bis es soweit ist, kann
es aber zu Verwerfungen kommen. Die Eltern
sterben gewöhnlich nicht gleichzeitig, sodass
zunächst eine Erbengemeinschaft zwischen
dem überlebenden Elternteil und den Kindern
besteht. Das kann durchaus Regelungsbedarf
wecken. Zwar werden die meisten Kinder ihre
Eltern nicht vom Hof treiben und diesen dann
in der Teilungsversteigerung verschleudern.
Aber allein dieser Gedanke beunruhigt erheblich. Zumal man ja den eigenen Kindern nicht
misstrauen will, aber den Schwiegerkindern
traut man doch einiges zu ...
Trotzdem ist die Neigung der Deutschen, ein
Testament zu machen, sehr gering. Das Thema ist einfach zu unerfreulich. Deshalb werde
ich hier auch nicht in der Wunde herumbohren, sondern nur ein paar einfache Regeln vermitteln, um die schlimmsten Unfälle zu verhindern.
Erste Regel: Besser gar nichts tun als
das Falsche
Als Herr Schöps 1983 eine Operation machen lassen musste, hatte er ein Testament
gemacht, weil man ja nie weiß. Es ging alles
gut, bis auf das Eine: Das Testament existiert
noch. Herr S. war damals unverheiratet und
hat als Erben für sein ganzes Vermögen (was
nicht viel war) seine Schwester bestimmt.
Jetzt hat er eine Frau und zwei Kinder, die
noch studieren. (Seine Schwester und seine
Frau können sich übrigens nicht riechen.)
Wenn Herr S. jetzt stirbt, kann seine Kleinfamilie den Pflichtteil fordern. Sie muss aus dem
Einfamilienhaus ausziehen. Vom Ehemann und
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Vater bleiben ihr nicht einmal die persönlichen
Gegenstände. Sie könnte das Testament zwar
anfechten, aber das würde zu einem langen
Rechtsstreit führen, den sie erst einmal finanzieren müsste. Ausgang ungewiss. Einfachste
Lösung: Testament zerreißen.
Anderes Beispiel:
Herr und Frau Wowereit haben ein Berliner
Testament gemacht, als sie noch ganz am Anfang standen. Jetzt hat Herr W. eine Sammlung antiker Streitäxte im Wert von 12 Mio. €
angelegt und die Eheleute haben zwei Kinder.
Und dann stirbt Herr W.
Seine Frau erbt alles und zahlt 2,6 Mio. € Erbschaftsteuer. Dann stirbt auch sie und die Kinder zahlen für die zweite Erbschaft zusammen
noch einmal 2,6 Mio. € Steuer. (Das ist natürlich ein stark vereinfachtes Beispiel. Frau W.
hat gar nicht genug Bargeld, um die Steuer zu
bezahlen. Also verkauft sie ein paar der Streit­
äxte. Das vermindert den Gesamtwert der
Sammlung unverhältnismäßig, weshalb die
Kinder auch weniger Steuern zahlen müssen.
Aber das ist wie gesagt ein Modell und nicht
die Wirklichkeit – zum Glück.)
Ohne Berliner Testament wären insgesamt nur
2,6 Mio. € Steuern angefallen. 2,6 Mio. € Gestaltungsnachteil. Das muss nicht sein? Lösung auch hier: Testament vernichten.
Zweite Regel: Wenn die Verhältnisse
untypisch sind, ist ein Testament
unerlässlich
Jede Abweichung von der Rama-Familie aus
dem Werbefernsehen lädt zum Nachdenken
über ein Testament ein: Da sind die unreifen Erben, die das Vermögen fix verjubeln. Oder die
Erbengemeinschaften, die sich nicht einig werden. Die Patchworkfamilien, ehemalige Ehefrauen, geschwängerte Sekretärinnen, eifersüchtige Halbgeschwister. Oder totgeschwiegene
Fehltritte, die postum bekannt werden könnten.
Aber auch behinderte Kinder, die versorgt werden sollen, oder langjährige Freunde, denen
man etwas zukommen lassen möchte. Nach-
Tibet Neusel
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Steuerrecht
Zur Person:
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Steuerrecht, zuvor Hauptsachgebietsleiter in der Berliner
Finanzverwaltung. Autor zahlreicher
Rechtsratgeber.
Ständiger Berater des
Aktionsbundes aktiver
Anlegerschutz
Kontakt:
Reinhardtstr. 18
10117 Berlin
Tel.: 0 30/13 89 60 60
Fax: 0 30/13 89 60 61
E-Mail: [email protected]
42
kommen können noch zu jung sein. Der Nachlass ist vielleicht so komplex, dass er eine professionelle Verwaltung benötigt. In diesen Fällen
muss die gesetzliche Erbfolge scheitern.
Dritte Regel: Übertragen Sie Ihr
Vermögen zu Lebzeiten
Wenn man sein Vermögen aus der Hand gibt,
dann ist es weg. Das ist die simple Wahrheit,
die den meisten Gestaltungen zur Vermögensnachfolge zu Lebzeiten im Weg steht.
Niemand arbeitet ein Leben lang und häuft
Güter an, um sich dann willentlich mittellos zu
machen. Als Berater denkt man anders. Wenn
ein Unternehmen vorhanden ist, muss dessen
Führung gesichert werden. Große Sachvermögen werden von der Erbschaftsteuer zerschlagen. Man versucht es dann mit Floskeln
wie „besser man gibt mit der warmen Hand
als mit der kalten“ oder „das letzte Hemd hat
keine Taschen ...“. Jeder Berater weiß auch,
dass das selten funktioniert. Drei Beispiele:
Herr Sarrazin hat ein Unternehmen der Kfz-Zulieferindustrie. Er produziert Scheibenwischergelenke. Nettowert der Firma ca. 10 Mio. €. Er
hat zwei Kinder: Seine Tochter studiert in Paris
Kunstgeschichte. Zwar hat Herr S. die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass sie sich
später auf ihre Wurzeln besinnt und die Firma
übernimmt. Er muss aber zugeben, dass das
eher unwahrscheinlich ist. Sein Sohn ist
Grundschullehrer und hat weder Interesse
noch das Know-how, um den Familienbetrieb
zu leiten. Er hat aber einen kleinen Sohn, der
gerade in die Kita geht. Vielleicht, so Herrn
Sarrazins Hoffnung, wird der eines Tages die
Firma übernehmen. Und eigentlich hat Herr S.
drei Kinder. Da ist nämlich noch ein drittes
Kind, von dem niemand etwas weiß. Herr S.
hat sich finanziell immer anständig verhalten
und dem Jungen die Ausbildung bezahlt. Allerdings fürchtet er nun, dass dieser den Pflichtteil fordern wird nach seinem Ableben und auf
diese Weise alles herauskommt.
Wenn Herr S. heute mit dem Flugzeug verunglückte, dann fiele das Unternehmen an seine
Frau und seine drei Kinder. Keiner der Erben
wäre in der Lage, den Betrieb zu führen. Seine
eheliche Untreue würde offenbar. Ein möglicherweise jahrelanger Familienkrieg stünde bevor.
Oder (weniger dramatisch):
Herr Vetter hat ein schönes Vermögen angehäuft. Er hat sich aus dem aktiven Geschäft
zurückgezogen und rechnet nun damit, dass
er noch anderthalb bis zweieinhalb Jahrzehnte
entspannt zwischen Mallorca und München
hin und her pendeln wird. Er hat zwei Kinder
aus einer ersten Ehe und eine zweite Ehefrau.
Die zweite Ehe ist kinderlos. Er möchte seine
Frau und die Kinder versorgt wissen. Er meint
aber auch, dass man seine Erben nicht verwöhnen muss. Er hat den Kindern eine gute
Ausbildung bezahlt. Das ist die wesentliche
Mitgift, die er ihnen für ihr Leben geben will.
Das Geld, das er nicht verbraucht, soll zum
Großteil später an eine gemeinnützige Stiftung gehen. Er weiß aber nicht, wie viel er
noch braucht. Die Familie seiner zweiten Frau
dagegen soll nichts von seinem Vermögen bekommen, auch nicht als Erben seiner Frau
(wenn sie ihn überlebt).
Oder:
Herr Dr. Evers hat eine gut gehende Praxis.
Dementsprechend hat er einiges zurückgelegt. Leider hat er keine Familie. Deshalb will
er sein Vermögen einer gemeinnützigen Stiftung vermachen. Allerdings nicht sofort, denn
er braucht ja möglicherweise sein Geld noch,
weil seine Rentenansprüche, wie bei vielen
Freiberuflern, gering sind. Außerdem hat er eine alte Haushälterin, der er ein Legat aussetzen will, eine Art Zusatzrente, die auch nach
seinem Tode weiter gezahlt werden soll.
Diese drei Personen haben ähnliche Probleme: Herr Sarrazin hat keinen geeigneten
Erben. Übertrüge er das Unternehmen trotzdem im Erbwege auf einen seiner Nachkommen, dann hätte dieser Probleme, die Pflichtteilsansprüche zu bedienen. Die müssen in
Bargeld bedient werden, der Hauptteil des
Vermögens besteht aber nun einmal aus dem
Unternehmen, das nicht ohne Weiteres flüssig
gemacht werden kann. Herr Vetter hat Erben,
meint aber, genug für seine Familie getan zu
haben, und möchte den größten Teil des Vermögens für einen gemeinnützigen Zweck verwenden, aber noch nicht jetzt. Auch hier würden die Pflichtteilsansprüche erheblich in die
Gestaltung reinpfuschen. Bei Herrn Dr. Evers
würden vor allem weit entfernte Verwandte erben, vielleicht sogar der Staat. Das wünscht
er nicht. Es böte sich an, das Vermögen auf
einen verselbstständigten Rechtsträger zu
übertragen, z.B. eine Stiftung. Aber das kostete sofort Schenkungsteuern. Und außerdem
wäre dann das Geld weg. Es wird aber noch
gebraucht, schließlich leben alle drei von ihrem Vermögen. Dazu kommt das Problem,
dass zwei der drei Personen auch nach ihrem
Tod noch bestimmte Zwecke damit verfolgen
möchten. Herr Sarrazin möchte die Verhältnisse offenhalten, bis sein Enkel alt genug ist,
und Herr Dr. Evers will seine Haushälterin versorgen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
43
Lösung: Das Vermögen in die
Schwebe bringen
Es gibt eine Vielzahl von Gestaltungen für diese und ähnliche Fälle. Eine der neueren Gestaltungsvarianten bezeichnet man als Familienfonds. Für die Mitglieder des AAA, die
überwiegend Fondsgeschädigte sind, eine
unglückliche Namensgebung. Ich kann aber
versichern, dass diese Gestaltung mit Fonds,
wie wir sie sonst kennen, nichts zu tun hat.
Der Familienfonds löst die beiden Probleme:
Das Vermögen ist nicht weg, sondern wird in
einem rechtlichen Schwebezustand gehalten.
Der Übertragende bleibt Herr über das Vermögen und kann die Übertragung auch jederzeit
rückgängig machen. Außerdem kann Schenkungsteuer weitgehend vermieden werden.
Darüber hinaus ermöglicht es der Familienfonds, Ziele zu verwirklichen, die sich bislang
schwer miteinander in Einklang bringen ließen:
Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten und
kein Entstehen der Schenkungsteuer zum
Übertragungszeitpunkt und Erhalt der Herrschaft über das eigene Vermögen; Unterstützung gemeinnütziger Ziele und Freiheit der
Vermögensverwendung; Gestaltung als deutsche Personengesellschaft und steuergünstige Thesaurierung der Erträge; Versorgung einer weit verzweigten Familie und Vermögenszusammenhalt über mehrere Generationen
(einschließlich ungeborener Generationen).
Der Familienfonds ist ein junges Modell, trotzdem bietet er bereits erhebliche Gestaltungssicherheit. Verbindliche Auskünfte verschiedener Finanzverwaltungen sichern den
steuerlichen Hintergrund ab. Ein erheblicher
Vorteil besteht zudem darin, dass der Familienfonds ein Gebilde des deutschen Zivilrechts ist und er damit keiner anderen Jurisdiktion unterliegt. Ist der Fonds erst einmal
verwirklicht, kann er von den Beratern und
Prüfern weiter betreut werden, die den Vermögensinhaber zuvor schon beraten haben.
So wird Know-how bewahrt und Kontinuität
gewährleistet.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Und was ist nun ein Familienfonds? Es handelt sich um eine Personengesellschaft deutschen Rechts, die das Vermögen treuhänderisch hält. Diese Gesellschaft hat einen
Geschäftsführer, das ist derjenige, der sein
Vermögen eingebracht hat, selbst (solange er
am Leben ist. Später benötigt man natürlich
eine andere Person für diese Aufgabe.) Im
Gesellschaftsvertrag sind abstrakt die Zwecke
beschrieben, für die das Vermögen verwendet
werden darf – Versorgung des Geschäftsführers, seiner Familie (auch der noch ungeborenen), der Haushälterin, Pflege des Deutschen
Liedguts etc. Im Vertrag kann auch ein ExitZeitpunkt festgelegt werden. Im Falle Herrn
Sarrazins könnte das der Tag sein, an dem
sein Enkel reif ist, die Firma zu leiten. Dann
wird das Vermögen an ihn übertragen. Und
dann entsteht auch Erbschaftsteuer, aber
nicht schon heute. Bei den Herren Evers und
Vetter geht das Vermögen – soweit noch vorhanden – nach dem Tode der Ehefrau bzw.
der Haushälterin an eine gemeinnützige Stiftung.
Der Familienfonds kann aber auch ohne ExitZeitpunkt errichtet werden. In diesem Fall hätte man mit einer originär deutschrechtlichen
Gestaltung erreicht, was man sonst nur mit
angloamerikanischen Trusts erreichen kann:
eine verselbstständigte Vermögensmasse, die
eine Familie und/oder einen Zweck befördert
und dabei Einkommensteuer und Schenkungsteuer zur Unzeit weitgehend vermeidet.
Die Nova Plan AG, die diese Gestaltung entwickelt hat und anbietet, plant im Herbst Informationsveranstaltungen zu dem Thema durchzuführen, Interessenten können sich beim
Autor unverbindlich vormerken lassen.
44
Unterbeteiligung und
Treuhandvereinbarung
bei geschlossenen Immobilienfonds
von Peter Apel
Peter Apel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht
Beruflicher Werdegang:
Seit 1994 Anwalt mit den
Schwerpunkten Kapitalanlagerecht,
Handels- und Gesellschaftsrecht
mit steuerrechtlichen Bezügen;
1994–2000 Anstellung in Sozietäten
mit insolvenz- und steuerrechtlichen
Schwerpunkten; 2000 Gründung
der Kanzlei Schirp & Apel mit
nahezu ausschließlicher Tätigkeit im
Kapitalanlagerecht; 2002 Fusion zur
Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach
Apel.
Kontakt:
RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel
Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/32 76 17-33
Fax: 0 30/32 76 17-17
E-Mail: [email protected]
www.ssma.de
Eine große Anzahl von Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds ist in der Praxis
über einen Treuhandgesellschafter oder in
Form einer Unterbeteiligung gestaltet. Der Anleger ist in beiden Fällen mittelbar an der
Fondsgesellschaft beteiligt.
Dies führt dazu, dass zwischen den finanzierenden Banken und dem Anleger kein direktes
Vertragsverhältnis besteht. Etwaige Ansprüche aus den Darlehensverträgen können bei
Leistungsstörungen daher von den Banken
grundsätzlich nur im Verhältnis der Vertragspartner geltend gemacht werden. Die Banken
haben damit in der Regel keine direkten Zahlungsansprüche aus den Darlehensverträgen
gegenüber den beigetretenen Anlegern.
Die Kreditinstitute überwinden diese Hürde
dadurch, dass sie sich die Freistellungsansprüche, die der Treuhandgesellschafter gegenüber seinen Treugebern hat, von dem
Treuhandgesellschafter abtreten lassen. In
diesem Zusammenhang stellt sich die Frage,
ob eine Abtretung von Freistellungsansprüchen an Dritte ohne Weiteres möglich ist, da
diese etwaigen Abtretungsverboten unterliegen kann, und ob die abgetretenen Ansprüche möglicherweise wegen Verjährung nicht
durchsetzbar sind. Die Sozietät Schirp
Schmidt-Morsbach Apel konnte Anleger erst­
instanzlich erfolgreich vor dem Landgericht
Berlin gegen geltend gemachte Zahlungsansprüche der Investitionsbank Berlin aus abgetretenem Recht vertreten.
Weitere Probleme können sich aus der Beendigung der mittelbaren Beteiligungsverhältnisse ergeben. Oft besteht die Rechtsfolge einer Beendigung des Treuhandverhältnisses
darin, dass die Beteiligung auf den Treugeber
übertragen wird. Diesbezüglich können Zustimmungs- und Formerfordernisse eingreifen.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob insbesondere eine bedingte (Rück-)Übertragung einer Beteiligung oder die Erteilung einer Vollmacht zugunsten des mittelbar beteiligten Anlegers unter Befreiung von § 181 BGB im
Wege von allgemeinen Vertragsbedingungen
wirksam vereinbart werden können. Unterbeteiligungen können durchaus ohne Mitwirkung
des Hauptgesellschafters beendet werden.
Dient die Unterbeteiligung als Vorstufe einer
späteren Gesellschafterbestellung des Unterbeteiligten in der Hauptgesellschaft, kommen
jedoch die für einen Gesellschafterwechsel
geltenden Zustimmungs- und Formerfordernisse zum Tragen.
Die Sozietät Schirp Schmidt-Morsbach Apel
hat anlässlich dieser Problemstellungen eine
Arbeitsgruppe gebildet, die die Chancen und
Risiken einer erfolgreichen Verteidigung des
Anlegers gegen geltend gemachte Freistellungsansprüche aus abgetretenem Recht untersucht. Aufgrund der erlangten praktischen
Erfahrungen und der derzeitigen Erkenntnisse
gehen wir davon aus, auch in diesem Segment dem Anleger erfolgreich Hilfe anbieten
zu können. Über die Ergebnisse werden wir im
nächsten Anlegerschutzbrief berichten.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
45
Private-EquityPublikumsfonds
Initiatoren reagieren auf Vorwürfe der Intransparenz
von Dr. Marc H. Lampe
I. Einleitung
Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften sieht den Beginn der Geschichte der
Finanzierungsform des Private Equity, also die projektbezogene, informelle Finanzierung von Unternehmensgründungen und -fortentwicklungen durch
reiche Privatleute und Privatbanken, in den U.S.A.
um 1900. Dadurch seien heutige Weltkonzerne wie
Rockefeller, Philipps, AEG und Mannesmann entstanden und der Grundstein für die Industrialisierung geschaffen worden.
In Deutschland zog diese Finanzierungsform allerdings erst ein, als sich um die Jahrtausendwende
der Neue Markt und die Internet-Euphorie auf den
Finanzmärkten auf ihrem Höhepunkt befanden. Der
Umstand, dass der deutsche Gesetzgeber bereits
1957 ein Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften
erlassen hat, beförderte die Entwicklung der Branche hierzulande nicht nennenswert.
Die Entwicklung von Private-Equity-Fonds in den
vergangenen fünf Jahren ist in der Tat beeindruckend (vgl. auch Schirp, ASB 1/2007, Seite
28–30), trotz der anprangernden Äußerungen von
Politikern über „Heuschrecken“, die noch bis in
die parlamentarischen Beratungen um das neue
MoRaKG (Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen) hineinwirken.
Auch Berichte über hierzulande ungewöhnliche Geschäftspraktiken, etwa die Übernahme der Anteile
einer schwächelnden Gesellschaft, die unmittelbar
danach kreditfinanzierte Ausschüttungen beschließt,
scheinen die Branche nicht insgesamt in Misskredit
zu bringen. Sie betreffen aber auch nur einzelne
amerikanische Hedgefonds und Pensionsfonds,
nicht aber Gesellschaften der Private-Equity-Branche im Allgemeinen. Große Werbewirkung für die
gesamte Branche besaß dagegen offenbar die
schwer nachprüfbare Information, große PrivateEquity-Fonds hätten in der Zeit bis zum Börsencrash
2001/2002 Renditen von 40 % pro Jahr erzielt.
Der Markt für Private-Equity-Finanzierungen wächst
in Deutschland nicht nur wegen großer US-amerikanischer Gesellschaften, die in Europa und eben
auch in Deutschland zunehmend aktiv werden. Derartige Investitionen sind gesetzlich erst seit 2004
zugelassen. Seit etwa 2003 werden in stark steigender Zahl vor allem Private-Equity-Publikumsfonds aufgelegt und vertrieben (siehe ASB 1/2007,
Seite 28–30), die sich (oft ausschließlich) an deutsche Anleger wenden.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Nach Angaben des Bundesverbandes sind zurzeit
über Private Equity in Deutschland rund 20 Mrd. €
in über 6.000 Unternehmen investiert, und rund die
Hälfte der 20 Mrd. € stammt von Private-Equity-Publikumsfonds.
II. Intransparenz
Offenbar wurde aus dem Ursprungsland der Finanzierungsform, den U.S.A., die Gepflogenheit der
Fondsbetreiber übernommen, die eigene Geschäftspolitik gegenüber der Öffentlichkeit weitgehend geheim zu halten. Bilanzen der Private-Equity-Fonds
sowie Geschäftsberichte mit Informationen zur Entwicklung der Einzelinvestitionen (sog. track records;
bei doppelstöckiger Konstruktion auch die Bilanzen
der Mittelebene, der Zielfonds) wurden und werden
in den U.S.A. regelmäßig nur den Alt-Anlegern des
Fonds, ausgewählten akademischen Instituten und
den Fondsbetreibern (i. d. R. den Initiatoren) selbst
bekannt gegeben. Geheimhaltung üben die noch relativ jungen Publikumsfonds sowie die neuen deutschen Initiatoren verblüffender Weise aber auch gegenüber den Kleinanlegern. Dies schlägt sich nicht
nur versteckt in den Verträgen der Fonds nieder, die
der Anleger mit seinem Beitritt akzeptiert, sondern
auch zumeist in der späteren Behandlung der Anleger, die sich mit der Bitte um Information über ihre
Investition an die Fondsverwaltung wenden.
Wenn wir noch einmal den Prospekt eines der ersten großen in Deutschland aufgelegten Private-Equity-Publikumsfonds zur Hand nehmen, den zum
„Macquarie Infrastrukturfonds Nr. 1“, so wird dem
durchschnittlichen Privatanleger vermutlich nicht auffallen, dass seine Rechte in Bezug auf die Auswahl
der Investitionen und spätere Entscheidungen des
Fonds, bezüglich der Zielunternehmen Einfluss zu
nehmen, minimal sind. Er hat nicht einmal das Recht,
nach Ablauf eines Geschäftsjahres Bilanzen, Geschäftsberichte oder sonstige Informationen über die
Entwicklung der Investitionen des Fonds zu verlangen (vgl. schon Schirp, ASB 1/2007, Seite 28–30).
Seine Rechte beschränken sich im Wesentlichen auf
die jährliche Feststellung des Jahres-abschlusses
der Fonds-KG sowie die Entlastung von Geschäftsführung und Komplementär. Eine Pflicht der Geschäftsführung zu einer regelmäßigen detaillierten
Information der Anleger oder zu einer zumindest regelmäßig einzuberufenden Gesellschafterversammlung, in der die Geschäftsführung Rede und Antwort
steht, ist nicht vorgesehen. Ein Beirat, also eine Anlegervertretung, ist laut Gesellschaftsvertrag optional und ohne Weisungsrecht.
46
Im Gesellschaftsvertrag kommt deutlich das Misstrauen gegenüber öffentlich geworbenen Kleinanlegern zum Ausdruck, wenn es dort heißt:
amerikanische Hedgefonds gehen diesen letztgenannten Weg der Anlegerinformation schon seit
längerem.
4„Interessenwahrung
Der Initiator „KGAL“ kündigt regelmäßige Diskussionsrunden („Experten-Talk“) zur Etablierung eines
intensiveren Dialogs mit Anlegern, Vertrieb und Öffentlichkeit an. Einem interessierten Personenkreis
soll auf diesen Veranstaltungen die Gelegenheit
gegeben werden, eigene Themenvorschläge mit
Private-Equity-Profis zu diskutieren.
Kenntnisse über Beteiligungsunternehmen, die
den Gesellschaftern über die Gesellschaft zugänglich gemacht werden, dürfen von den Gesellschaftern nicht zum Nachteil der Gesellschaft oder ihrer Beteiligungsunternehmen und
nicht zu Wettbewerbszwecken verwendet werden.
4Vertraulichkeit
Sämtliche Kenntnisse, die die Gesellschafter in
ihrer Eigenschaft als Gesellschafter über die
Gesellschaft, die übrigen Gesellschafter und die
Beteiligungsunternehmen der Gesellschaft erlangen, sind vertraulich zu behandeln. Diese
Vertraulichkeitsverpflichtung gilt auch über die
Beendigung der Gesellschaft hinaus.“
Mit diesen Beispielen aus einem Prospekt wollen
wir diesen Anbieter nicht im Besonderen kritisieren, sondern nur einen inhaltlichen Aspekt der Publikumsfonds im Bereich Private Equity darstellen,
der sich in ähnlicher Form bei vielen anderen Angeboten findet.
Vorwürfe mangelnder Transparenz gegenüber Initiatoren von Private-Equity-Fonds finden sich denn
nicht nur hier, sondern erwartungsgemäß auch in
den Fachblättern der Branche (vgl. etwa „Private
Equity Quarterly Analysis“ der Research Medien
AG, früher „Der Immobilienbrief“).
Nicht zuletzt aufgrund der Diskussionen um das
Geschäftsgebaren großer US-amerikanischer Pensionsfonds in Deutschland („Heuschrecken“) bekam der Vorwurf mangelnder Transparenz gegen­
über Private-Equity-Fonds zusätzliche Nahrung.
Anleger dieser Fondsklasse wollten wissen, in welcher Weise ihr Fonds mit ihrem investierten Geld in
den Zielunternehmen umgeht.
Auf diese Kritik haben ein paar Initiatoren reagiert
und im Frühjahr 2008 auf Konferenzen Investoren
und Presse über die Arbeit der Manager der jeweiligen Zielfonds, d.h. der Gesellschaft, an der die
Anleger unmittelbar oder jedenfalls nur über eine
Zwischengesellschaft vermittelt beteiligt sind, informiert. Der Initiator „BVT“, der bereits sieben Private-Equity-Publikumsfonds mit doppelstöckiger
Struktur aufgelegt hat, ließ dort eine detaillierte Bewertung der Zielfonds referieren, in die die sieben
Fonds investiert haben. Manager der Zielfonds kamen zu Wort und standen Rede und Antwort.
Der Initiator „Hannover Leasing“ veranstaltete eine
Konferenz und ließ Manager seiner Dachfonds
fondsspezifische Investitionsentscheidungen vor
Investoren und Presse erläutern. Zusätzlich sollen
den Anlegern in einem kennwortgeschützten Bereich im Internet Bewertungsinformationen zu ihrem Zielfonds zur Verfügung gestellt werden. US-
Diese Anstrengungen können allerdings weiterhin
einen rechtlichen Rahmen, der es den Anlegern
ermög­licht, die Verwendung ihrer Gelder effektiv zu
kontrollieren, nicht ersetzen. Die beschriebenen
„Transparenzoffensiven“ scheinen lediglich einer
Image-Kosmetik der Branche zu dienen und sind
nicht tief greifend genug. Der Anleger bleibt selbst
auf derartigen Veranstaltungen weitgehend auf die
Auswahl an Informationen angewiesen, die die
Fondsverwaltung trifft. Eine Überprüfung ist mit
großen praktischen Schwierigkeiten verbunden.
III. Spekulation um Macquarie
Aufgrund der inzwischen notorisch zurückhaltenden Informationspolitik der Branche ließ vor kurzem
eine Pressemeldung umso mehr aufhorchen. Jim
Chanos, der Gründer und Präsident des weltgrößten auf Leerverkäufe spezialisierten Hedgefonds,
spekuliert seit Mai 2007 gegen die vorrangig auf
Infrastrukturfonds spezialisierte australische Bank
„Macquarie“, andere Spekulanten folgen ihm offenbar und haben den Druck auf die Aktien der Bank
im April dieses Jahres erheblich erhöht (Financial
Times Deutschland v. 29. April 2008).
Jim Chanos ist dadurch bekannt geworden, dass
er im Oktober 2000, also relativ früh, das Unternehmen „Enron“ analysierte und die Unregelmäßigkeiten erahnte, die sich zu den großen U.S.Bilanzfälschungsskandalen ausweiteten, mit
Leerverkäufen gegen dieses spekulierte und bis
zur Insolvenzanmeldung am 01.12.2001 große
Gewinne erzielte.
Welche Hintergrundinformationen die Spekulation
gegen Macquarie antreiben, ist nicht bekannt, nahe
liegt aber die Vermutung, dass sie mit dem Hauptgeschäftsfeld der Bank, den Infrastrukturfonds, in
Zusammenhang stehen.
IV. Zukünftige Entwicklungen
So jung wie die Branche der Private-Equity-Pu­
blikumsfonds in Deutschland noch ist, bestehen
hier doch in Sachen Anlegerinformation und -rechte offenbar erhebliche Defizite. Wir werden diese
Fonds und neue Entwicklungen aufmerksam verfolgen und gegebenenfalls auf Missstände und Gefahren für Anleger hinweisen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
47
Laufende finanzwirtschaftliche
Sanierung von GbR-Fonds
Neu: Vorgehen der Bank gegen Nichtzahler bei
laufender finanzwirtschaftlicher Sanierung
von Lutz Neumann
Ein Großteil der Fondsgesellschaften des sozialen und geförderten Wohnungsbaus Berlin
befindet sich derzeit in der Phase der finanzwirtschaftlichen Sanierung.
Nach meiner Kenntnis geht eine Bank nunmehr – erstmalig – bei der Durchsetzung ihrer
Ansprüche während einer laufenden finanzwirtschaftlichen Sanierung neue Wege:
Ziel der finanzwirtschaftlichen Sanierung ist
stets die Schlussabwicklung über den Verkauf
der Immobilie oder die maßgebliche Reduzierung der jeweiligen Darlehen, um auch ohne
Fördergelder der Investitionsbank Berlin aus
den Mieterträgen den Kapitaldienst und die
Kosten der Gesellschaft darstellen (bezahlen)
zu können.
Den aktuellen Fall aus dem Bereich der R & W
Fonds Berlin (Fonds des 1. Förderwegs)
möchte ich nachfolgend kurz erläutern.
Den Gesellschaftern wird im Rahmen „freiwilliger Nachschussleistungen“ erhebliche Liquidität abverlangt. Der Geschäftsbesorger kann
i. d. R. die auf einer Gesellschafterversammlung beschlossenen Nachschüsse nicht gerichtlich einfordern, da es den meisten Gesellschaftsverträgen an den hierfür notwendigen
klaren (Nachschuss-)Regelungen fehlt. Hierüber hat der Aktionsbund aktiver Anlegerschutz e. V. bereits in vorangegangenen
Anlegerschutzbriefen informiert.
In den meisten Fällen empfiehlt es sich, an der
Sanierung durch „freiwillige“ Nachschüsse
teilzunehmen. Scheitert die finanzwirtschaftliche Sanierung, sieht sich der Gesellschafter
einer quotalen Inanspruchnahme durch die
Banken im Wege der gerichtlichen Abwicklung ausgesetzt. Dieses ist stets mit der
Zwangsverwaltung und späteren Zwangsversteigerung der Immobilie zu erheblich geringeren Werten als sie im „freihändigen“ Verkauf
erreichbar sind, verbunden (kostet also mehr
Geld).
Die Durchschlagskraft bei der Inanspruchnahme fällig gestellter Darlehen gegenüber allen
Gesellschaftern ist durch das jüngste BGHUrteil (s. Beitrag von Herrn Rechtsanwalt Dr.
Marc Lampe, Seite 16) zumindest zeitlich gehemmt. Dennoch: Die Durchsetzung des Anspruches wird in den meisten Fällen nur verlangsamt, nicht beseitigt.
Bei den meisten Sanierungsmodellen steht
der Geschäftsbesorger immer vor einem erheblichen Problem: dem Umgang mit zahlungsunwilligen Gesellschaftern.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Ausgangslage: Gemäß Gesellschafterbeschluss soll die Schlussabwicklung und damit
die komplette Schuldhaftentlassung der Gesellschafter durch den Verkauf der Immobilie
erreicht werden. Der Verkaufserlös – trotz derzeit ordentlicher Marktlage – reicht aber bei
weitem nicht aus, das 1a- + 1b-Darlehen der
endfinanzierenden Bank sowie das Aufwendungsdarlehen der IBB zum Barwert abzulösen und die lastenfreie Übertragung (Voraussetzung: Grundschuldlöschung) der
Immobilie an den Käufer zu gewährleisten.
Aus diesem Grund wurde auch ein erheblicher Gesellschafternachschuss beschlossen.
Die 15-jährige Grundförderung (durch die
IBB) ist seit einigen Jahren ausgelaufen, die
Bank hat das 1a-Darlehen bereits vor Monaten aufgrund erheblicher Kapitaldienstrückstände gekündigt – hielt jedoch bisher „still“.
Der Verkauf der Immobilie steht unmittelbar
bevor. Zuzüglich zum Kaufpreis sind rechnerisch ca. 125 %, bezogen auf die Höhe der jeweiligen Gesellschafterbeteiligung, durch alle
Gesellschafter auf ein Treuhandkonto einzuzahlen. Der Zahlungsaufforderung kam ein
Großteil der Gesellschafter (freiwillig) nach,
jedoch fehlt noch ein erheblicher Betrag zur
Ablösung aller Darlehen, ein Teil der Gesellschafter hat die freiwillige Nachschusszahlung
nicht geleistet.
Die Bank erkennt, dass sie durch den „freihändigen“ Verkauf der Immobilie und die auf
dem Treuhandkonto hinterlegten Gelder
schneller ihre Darlehen zurückgeführt bekommt als durch „großflächige“ Inanspruchnahme und eine damit verbundene Zwangsversteigerung.
Lutz Neumann
Vorstand der ARACON AG
(Immobilien-Fondsverwaltung),
Berlin
Beruflicher Werdegang:
Nach Abschluss des
Wirtschaftsgymnasiums
Braunschweig Ausbildung zum
Industriekaufmann in einem mittelständischen Industriebetrieb mit
betriebsbegleitender Vorbereitung
auf die Übernahme von
Führungspositionen.
1990 bis 1994 Leiter des
„Immobilien-Home-Office“ einer
westfälischen Unternehmerfamilie.
1995 bis 1999 tätig in Führungs­
position der Bauplanung und
Gesamtkonzeption von Projekten der
Gewerbe- und Wohnungswirtschaft.
Seit 1999 tätig in der Verwaltung
und finanzwirtschaftlichen
Sanierung geschlossener
Immobilienfonds.
Gründer und Vorstand des
ARACON AG-Konzerns
Kontakt:
Tel.: 0 30/97 00 53 10
Fax: 0 30/97 00 53 15
E-Mail: [email protected]
48
Nunmehr erhielten die Gesellschafter kürzlich
ein Schreiben der Bank mit der Aufforderung,
ihre quotale Haftungssumme, bezogen auf das
1a-Darlehen (mithin ca. 105 %), innerhalb einer Frist von 14 Tagen direkt an die Bank zu
zahlen. Die Gesellschafter, die bereits im
Wege der finanzwirtschaftlichen Sanierung
freiwillige Nachschussleistungen auf dem
Treuhandkonto des vom Geschäftsbesorger
beauftragten Rechtsanwaltes hinterlegt haben,
wurden vom Geschäftsbesorger parallel aufgefordert, die Freigabe des entsprechenden
quotalen Anteils vom Treuhandkonto zu erklären – müssen also „liquide“ derzeit überwiegend nicht neu zahlen.
Die Gesellschafter, die sich bisher nicht an
der freiwilligen Nachschusszahlung beteiligt
haben, sehen sich nach Ausbleiben ihrer Zahlung mit einer Zahlungsklage der Bank konfrontiert.
Der hier eingeschlagene Weg der Bank hat
das Ziel, durch die zunächst außergerichtliche
und dann gerichtliche Inanspruchnahme der
Gesellschafter das Gesamtkonzept des „frei-
händigen“ Verkaufs, verbunden mit der
Schlussabwicklung und der Schuldhaftentlassung aller Gesellschafter, zu forcieren.
Für sanierungsbereite Gesellschafter dürfte
trotz dieses recht massiven Schrittes die finanzwirtschaftliche Sanierung und die damit
verbundene „Komplettenthaftung“ in den jeweiligen Modellen nicht teurer werden. Der
Gesellschafter, der sich bisher der „freiwilligen“ Zahlung verweigerte, sieht sich sehr
zeitnah mit einer gerichtlichen (quotalen) In­
anspruchnahme aus dem 1a-Darlehen konfron­
tiert – nach Liquidation des Fonds dann noch
mit Forderungen des Liquidators mit dem Ziel
einer Gleichstellung aller Gesellschafter.
Fazit: Nunmehr beginnen nicht mehr nur die
Geschäftsbesorger einen erheblichen „Druck“
auf nicht zahlungswillige Gesellschafter auszuüben, sondern – und dies ist neu – auch die
endfinanzierende Bank und zwar: im Zuge laufender finanzwirtschaftlicher Sanierungen.
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Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
49
Das Letzte
von Tibet Neusel
Es gibt immer wieder Sachen, die man kaum
glauben möchte.
Biogasfonds
Da ist zum Beispiel der Biogasfonds MTV IV,
der innerhalb von 16 Monaten sein ganzes Eigenkapital verbraucht hat. Die Bank bietet
jetzt frisches Geld zu 8 % p.a. Als weitere Gegenleistung soll der Fonds einwilligen, dass
sie die Biogasanlagen freihändig verkaufen
kann – zu einem Preis, der optimistisch angesetzt wurde: 80 % der Investitionssumme.
Und was sagt man dann den Anlegern? Die
Bürokratie ist schuld. Die Genehmigungsvoraussetzungen für Biogasanlagen hätten sich
in den letzten 12 Monaten derart verschärft,
dass es eben einfach etwas länger dauert,
solche Anlagen zu bauen. Ein Brief, in dem ich
gefragt habe, was genau sich verschärft hat
und welche Gemeinden denn blockieren,
bleibt unbeantwortet.
Der AAA ist an dem Thema dran. Mitglieder,
die in diese Fonds investiert haben, können
sich gerne bei mir oder in der Geschäftsstelle
Berlin bei Thomas Lippert melden.
Juragent Fonds 4
Eine andere Geschichte, die sich im Werden
befindet, ist der Juragent 4. Es handelt sich um
den 4. Prozessfinanzierungsfonds der Juragent
AG. Als der erste aufgelegt wurde, war das eine Innovation und deshalb hatte man keine
Vorbilder. Die ganzen Ergebnisprognosen waren darum geschätzt. Als der Juragent 4
auf den Markt geworfen wurde, waren die ersten drei Fonds hingegen schon längere Zeit
erfolglos tätig. Ein Umstand, der aber im Prospekt des Juragent 4 nicht berücksichtigt wurde. Hier wurde mit Planzahlen gerechnet, die
schon lange falsifiziert waren. Prospektfehler?
Wir werden sehen. Auch hier können sich Anleger bei mir oder bei Herrn Lippert melden;
sie werden dann auf dem Laufenden gehalten.
Insolvenz der Ecovest AG alias Antec
Solar Energy AG
Die Ökologik Ecovest AG hat zusammen mit
der Ecovest Service GmbH Öko-Fonds unter das Anlegervolk gebracht. Über die handelnden Personen, insbesondere den Vorstand Udo Bockemühl, hat sich schon 2002
die Berliner Tageszeitung kritisch geäußert.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
(Erstaunlich, welche Blätter man lesen
muss, wenn man sich mit Öko-Fonds beschäftigt – nicht die FAZ, sondern die TAZ.)
Ich durfte einen Prozess gegen diese
Herren führen, der jetzt leider aufgrund der
Insolvenz ruht. Es waren die typischen Verhaltensweisen undurchsichtiger Geschäftemacher: Firma ändern, Prozess verschleppen, Rechtsanwaltsmandat kurzfristig
kündigen. Off the record sagte ein Richter
am Landgericht Frankfurt a. M., dass das
hier die übliche Taktik sei. Jetzt stellt sich
heraus, dass die Staatsanwaltschaft schon
seit Jahren gegen die Verantwortlichen ermittelt.
Aktionsbundmitglieder, die Ecovest-Fonds gezeichnet haben, können sich ebenfalls bei der
Geschäftsstelle in Berlin oder bei mir melden.
Wenn wir Akteneinsicht in die Ermittlungsakte
erhalten haben, werden wir ihnen mitteilen, ob
hier etwas zu machen ist.
Neue Gerichtsentscheidungen
Im Westen der Republik sind einige Entscheidungen ergangen, die von Interesse sind.
Berater müssen nicht nur beraten,
sondern auch ermitteln
Das OLG Köln entschied, dass der Vermittler
eines Filmfonds seinen Kunden richtig und
vollständig informieren muss. Diese Verpflichtung erfordert „vorab eine eigene Information
des Anlageberaters hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Dazu muss sich der
Berater selbst aktuelle Informationen über das
Anlageobjekt verschaffen und kraft seines kritischen Sachverstandes und weitreichender
Nachfragemöglichkeit die Prospektangaben
auf Plausibilität prüfen.“
Und da der kritische Sachverstand in diesem
Fall durch die Provisionsversprechen des Initiators vernebelt war, verurteilte das OLG zu
Schadenersatz.
Apropos: Muss man den Focus lesen?
Mit einem ähnlichen Problem befasst sich das
OLG Düsseldorf. Ein Vermittler verkaufte hier einen Fonds, als schon im Focus groß über den
negativen Verlauf dieses Fonds berichtet wurde,
in den Brancheninformationsdiensten sowieso.
50
Da entscheidet das Gericht souverän: Den
Focus muss man lesen und verurteilt zu Schadenersatz (II 16 U 275/06).
Was verjährt wann?
Interessant sind auch die Ausführungen zur
Verjährung. (Wir sind jetzt wieder beim OLG
Köln). Das Problem ist bekannt: Die Verjährung tritt drei Jahre nach Ablauf des Jahres
ein, in dem der Schädiger Kenntnis von der
Falschberatung und vom Schaden hatte. Z.B.:
Im Jahr 1999 hat jemand einen Fonds gezeichnet. Im Jahr 2006 merkte er dann, dass
er dabei falsch beraten wurde. Die Verjährung
tritt mit Ablauf des 31.12.2009 ein. Dabei
muss er so viel wissen, dass er zumindest eine Feststellungsklage erheben kann. Das bedeutet, dass neben der Pflichtverletzung ein
Schaden zwar schon vorliegen, die Höhe des
Schadens aber noch nicht feststehen muss.
Der kann auch erst in Zukunft bezifferbar sein.
Unkenntnis schützt aber dann nicht vor der
Verjährung, wenn der Geschädigte grob fahrlässig unwissend war. Wer also Warnsignale
missachtet, wer deutlichen Hinweisen nicht
nachgeht, der kann sich nachher nicht auf Unkenntnis berufen.
Hier war vorgetragen worden, dass der Kläger
doch schon lange von dem Schaden gewusst
habe, denn er habe ja die jährlichen Geschäftsberichte bekommen. Dort habe es Hinweise gegeben, denen der Kläger hätte nachgehen müssen. Hätte er dies getan, hätte er
viel früher schon gemerkt, dass er übers Ohr
gehauen wurde. Dieser Einwand wird fast regelmäßig in solchen Verfahren vorgetragen.
Dankenswerterweise hat sich das Gericht mit
der nötigen Klarheit dazu geäußert: „Aufgrund
der in dem Geschäftsbericht enthaltenen wenig konkreten sowie deutlich optimistisch ‚gefärbten‘ Darstellung der wirtschaftlichen Lage
des Fonds konnte der Klägerin die Erhebung
einer Feststellungsklage nicht zugemutet werden ... Zudem ist zu berücksichtigen, dass der
Zedent für das Jahr 2002 noch eine Ausschüttung erhalten hat, mithin keine realen Verluste
des Fonds bestanden haben können.“
Die Aussage im letzten Satz ist zwar fragwürdig. Natürlich gibt es Fonds, die schon tief in
der Kreide stehen und trotzdem noch ausschütten; das ist ja häufig Teil der Vernebelungsstrategie der Initiatoren. Aber zum Argument, der Kläger hätte sich schon viel früher
um seine Fonds kümmern müssen, er habe
deshalb grob fahrlässig nicht gewusst, dass
der Prospekt falsch sei, sagt das OLG ganz
klar: Wer seine Geschäftsberichte rosa färbt,
der kann nicht nachher behaupten, der Anleger hätte alles wissen können (24 U 123/07).
Das hat übrigens auch das OLG Celle im Mai
des Jahres gesagt. Im entschiedenen Fall gab
es jährliche Geschäftberichte, die die
schlechte wirtschaftliche Lage des Fonds
auch zutreffend beschrieben. Allerdings waren
die Hiobsbotschaften stückchenweise eingestreut in positive Meldungen zum Immobilienmarkt allgemein und im Besonderen. „Für
einen Laien waren die eher verschleiernden
als erhellenden Äußerungen der Rechenschaftsberichte jedenfalls nicht eindeutig. Sie
lassen die Annahme grober Fahrlässigkeit
nicht zu.“
Der Kläger verlor die Klage trotzdem, denn der
Fonds hatte über zehn Jahre lang, nämlich von
1995 bis zur Klageerhebung in 2006, die prog­
nostizierten Ausschüttungen nicht geleistet.
Das hätte dem Kläger zu denken geben müssen, zumal er nach eigenem Vortrag den
Fonds erworben hatte, um mit den Erträgen
seine Rente aufzubessern. Somit handelte er
grob fahrlässig – Verjährung war eingetreten
(3 U 6/08).
Da wir gerade beim Thema Verjährung sind:
Im November 2007 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Verjährung für jeden Prospektfehler gesondert zu laufen beginnt. Wer
also 1999 einen Fonds kaufte und im Jahr
2003 feststellte, dass der Prospekt einen
Fehler enthält, konnte bis 31.12.2006 klagen.
Wenn sich dann aber im Jahr 2007 herausstellte, dass der Prospekt einen weiteren Fehler enthält, kann dieser Fehler in einer Prospekthaftungsklage bis zum 31.12.2010
geltend gemacht werden (V ZR 25/07).
Muss man den ganzen Prospekt nach
Risikohinweisen durchsuchen?
Mit einem alten Problem befasste sich auch
das Landgericht Münster. Ein Fonds in Form
der Kommanditgesellschaft sollte planmäßig
Ausschüttungen leisten, obwohl er keine Gewinne erwirtschaftete. Er schüttete also sein
Haftkapital aus. Untechnischer formuliert: Er
zahlte den Anlegern zurück, was sie als Eigenkapital eingezahlt hatten. Die Folge ist, dass
der einzelne Kommanditist in Höhe der Ausschüttungen haftet. „Über dieses system­
immanente und damit unvermeidbare Risiko
mussten die Anleger aufgeklärt werden“,
meinte das LG. Es wurde im Prospekt auch
erklärt (wenn auch etwas verdruckst). Allerdings fand sich diese Erläuterung unter der
Überschrift „Das steuerliche Konzept“. Und
unter dieser Überschrift „erwartet ein unbefangener Anleger nicht einen Hinweis, der für
die Frage seiner Haftung von elementarer Bedeutung ist“, so das Gericht, und es verurteilte zu Schadenersatz (16 O 623/04).
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
51
Mit einer ähnlichen Frage hat sich das Kammergericht Berlin in einem Hinweisbeschluss
befasst: In einem Prospekt stand sinngemäß,
die Immobilien A und B seien neu (was auch
stimmte). Über die Immobilie C stand nichts
an dieser Stelle im Prospekt. Die beklagte Initiatorin meinte nun, dass man doch daraus
schließen könne, dass die Immobilie C eben
nicht neu sei. Ja, sagt das KG, kann man. Das
reicht aber als Aufklärung trotzdem nicht aus,
denn es ist „nicht ausreichend, den Anleger
auf e-contrario-Schlüsse zu verweisen“ (Beschluss vom 08.07.2008, 24 U 21/08). Ein
Emissionsprospekt ist schließlich keine Bibelstelle, an der ein Kandidat der Theologie seine
Auslegungskünste beweisen soll, sondern ein
Informationsmedium.
Impressum
Anschrift:
Aktionsbund Aktiver
Anlegerschutz e. V.
Marktplatz 19
84577 Tüßling
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E-Mail:
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Herausgeber:
Thomas Lippert
Knesebeckstr. 83
10623 Berlin
Verantwortlich im Sinne des
Presserechts:
Tibet Neusel
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Cinerenta
Kurz vor Redaktionsschluss platzt dann noch
die Meldung rein, dass die Finanzverwaltung
die Steuervorteile des Cinerenta 5 um ca.
50 % beschnitten hat. Dieser Artikel war
schon fast im Druck, da erhielt ich die Mitteilung, dass es sich um einen Rechenfehler des
Finanzamts gehandelt habe. Die Gesellschafter erhalten in Kürze neue Bescheide.
Und das war jetzt wieder mal das Letzte.
Ihr
Tibet Neusel
Chefredakteur
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