Ruth Gogoll Raumschiff Voyager

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Ruth Gogoll Raumschiff Voyager
Ruth Gogoll
Raumschiff Voyager
Folgende Figuren aus der Original-Serie wurden durch weibliche Offiziere
ersetzt:
Commander Chakotay = Commander Barbara Mallen, 1. Offizierin
Tuvok
= Alis’ha, die Sicherheitsoffizierin
Tom Paris
= Leutnant Chris London, 1. Pilotin
Harry Kim
= Haris Thompson, 2. Offizierin
»Drehen Sie und steuern Sie das hinter uns liegende Sonnensystem an!« befahl Captain Janeway energisch, und der weibliche
Fähnrich am Steuerpult der Voyager tippte die entsprechenden Befehle in die blinkende Steuerkonsole ein. Die Sterne auf dem großen Brückenbildschirm, der das Weltall zeigte, begannen, sich zu
verändern. Langsam zogen sie dahin, und diese Bewegung ließ
nicht im entferntesten erahnen, wie schnell das Raumschiff wendete. Innerhalb von Sekunden war die Kursänderung vollzogen, und
die Pilotin beschleunigte auf eine mittlere Geschwindigkeit in die
entgegengesetzte Richtung von der, auf der sie sich bislang befunden hatten.
Die Sicherheitsoffizierin runzelte mißbilligend die Stirn. »Ich
melde meine Bedenken an, Captain. Dieses System ist nicht sicher
von meinem Standpunkt aus.«
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»Zur Kenntnis genommen«, antwortete Janeway knapp. »Wir
nehmen es ins Protokoll auf.«
Die Sicherheitsoffizierin nickte. Sie wußte, daß sie nicht mehr
tun konnte, als ihre Bedenken anzumelden. Die Entscheidung, was
zu tun war, traf der Captain. Und sie mußte sich dem beugen.
Darauf beruhte das System. Und ohne dieses System funktionierte
gar nichts mehr. Deshalb hielt sie sich daran. Nicht, weil sie davon
überzeugt war, daß alle Entscheidungen des Captains richtig waren. Sie, die Chefin der Sicherheit, hätte oft andere getroffen, aber
zum Schluß waren die Entscheidungen des Captains dann doch
immer richtig gewesen, zumindest hatten sie das Schiff erhalten
und alle, die darauf lebten und hofften, nach Hause zu kommen.
»Annäherung erfolgt. Noch eine halbe Stunde bei dieser Geschwindigkeit«, meldete die zweite Offizierin des Schiffes, die die
hintere Sensorenkonsole bediente.
Janeway schnappte: »Können Sie das auch in korrekten Entfernungsmaßen ausdrücken?«
Die dritthöchste Offizierin des Schiffes zuckte unmerklich zusammen und wiederholte ihre Angaben in korrekter Form, die die
Entfernung statt der Zeit definierte. Die Chefin war nicht gut gelaunt heute, wenn sie auf solchen Formalia bestand. Da gehorchte
man besser . . .
Die Tür zum Turbolift öffnete sich. »Wieso wenden wir?« fragte
die erste Offizierin der Voyager gleichzeitig, als sie aus dem Lift
kam und die Brücke betrat. Da der Captain auf der Brücke war,
hatte sie eigentlich dienstfrei. »Ich war in der Beobachtungslounge
und habe gesehen, daß wir zurückfliegen. Warum?«
»Weil ich es befohlen habe«, knurrte Janeway ohne jeden erkenntlichen Grund wütend.
»Das dachte ich mir«, sagte die Erste lächelnd. »Ich habe nicht geglaubt, daß das Schiff seine Entscheidungen allein trifft.«
»In meinen Raum, Mallen!« kommandierte Janeway und marschierte schon los. Commander Mallen, die erste Offizierin, folgte
ihr schweigend. Drinnen angekommen polterte Janeway los: »Was
fällt Ihnen ein, sich über mich lustig zu machen und meine Entscheidungen in Frage zu stellen?«
»Das habe ich nicht getan, Kathryn«, erwiderte Mallen sanft und
unbeeindruckt. »Ich würde nur gern wissen, weshalb Sie diese
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Kursänderung befohlen haben. Oder ist das geheim? So geheim,
daß Sie es nicht einmal mir anvertrauen wollen, der höchsten Offizierin des Schiffes nach Ihnen?«
»Nein, natürlich nicht«, seufzte Janeway und ließ sich in ihren
Stuhl hinter dem Tisch fallen. »Sie haben ja recht. Ich hätte nicht
so unbeherrscht sein sollen. Ich habe wohl schlecht geschlafen in
letzter Zeit.«
»Kein Wunder, wenn Sie immer den Nachtdienst übernehmen
und mich nichts mehr tun lassen«, versetzte Mallen gelassen. »Irgendwann sind selbst Ihre Batterien ausgebrannt.«
»Ja«, seufzte Janeway wieder, nun leiser als zuvor, »so fühle ich
mich: ausgebrannt. Irgend etwas stimmt nicht mit mir. Selbst,
wenn ich krank war und der Doktor mich in mein Quartier schickte, habe ich mich besser gefühlt als jetzt.«
»Und? Warum sind wir nun umgekehrt?« fragte Mallen wieder,
während sie ihre Vorgesetzte besorgt musterte. Auf der langen
Reise waren sie vielleicht keine Freundinnen geworden, aber doch
enge Vertraute, und Kathryns Zustand, den sie schon seit einiger
Zeit beobachtete, gefiel ihr gar nicht. Aber solange der Captain die
richtigen Entscheidungen traf und im Dienst fehlerlos reagierte,
hatte kein Grund zum Eingreifen bestanden. Ob das allerdings
weiterhin so bleiben würde, daran hatte Commander Mallen in
diesem Augenblick ihre Zweifel.
»Ich weiß es nicht«, sagte Janeway, und ihre Stimme klang ziemlich unglücklich. »Ich habe schon in den letzten Tagen bemerkt,
daß ich meine Entscheidungen im Nachhinein nicht mehr verstehen konnte, aber es waren unbedeutende Entscheidungen, die weder unseren Kurs noch die Mannschaft beeinflußten. Heute aber –
ich weiß auch nicht, was los ist . . . heute habe ich das Gefühl, ich
befehle etwas, und es hat eine Bedeutung, aber ich weiß nicht,
welche.«
»Sollen wir den alten Kurs wieder aufnehmen?« fragte Mallen,
weil ihr das das Naheliegendste erschien.
»Nein!« widersprach Janeway sofort vehement. Dann jedoch
zuckte sie und fügte hinzu: »Ich wußte sofort, daß ich nein sagen
mußte. Ich habe nicht darüber nachgedacht. Ich fühle nur, daß es
wichtig ist, daß wir zu diesem Sonnensystem fliegen. Aber fragen
Sie mich nicht, warum.«
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»Das muß ich aber«, entgegnete Mallen. »Sie wissen, daß ich das
tun muß, Kathryn. Und – bei allem Respekt – das ist das erste
Mal, daß ich erlebe, daß Sie einen Befehl mit Gefühlen begründen.«
»Ja. – Ja, ich auch«, murmelte Janeway. Dann kicherte sie nervös. »Natürlich: ich auch. Es sind ja meine Befehle. Und Befehl
und Gefühl, das gehört einfach nicht zusammen.«
Mallen musterte Janeway nun erneut und weitaus beunruhigter
als vor wenigen Minuten noch. Sie hatte den Captain noch nie in
ihrer ganzen Laufbahn kichern gesehen. »Ich fürchte, ich muß Sie
auffordern, den Doktor aufzusuchen, Kathryn«, sagte sie dann.
»Sie wissen, was die Konsequenzen sind, wenn Sie es nicht tun.«
»Ja, ich weiß«, erwiderte Janeway und blickte ihr klar und gefaßt ins Gesicht. »Dann sind Sie gezwungen, mich abzusetzen. –
Jedenfalls könnten Sie bald dazu gezwungen sein. Das möchte ich
natürlich vermeiden. Allein schon deshalb, weil ich weiß, wie unangenehm Ihnen das wäre.« Sie lachte, aber es klang recht freudlos. »Und mir erst!« Sie schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich
weiß nicht, was los ist, Barbara. Seit ein paar Wochen . . . seit genau fünf Wochen und drei Tagen – wir wollen doch exakt sein –
komme ich mir vor, als ob ich nicht mehr ich selbst wäre.« Sie sah
Mallen wieder ins Gesicht, und fast lag so etwas wie ein ängstlicher
Ausdruck in ihrem Blick, etwas, das Mallen noch nie an ihr wahrgenommen hatte. »Meine Identität, mein Selbstbewußtsein, alles,
was mich ausmacht und zum Captain dieses Schiffes prädestiniert
. . . das alles scheint langsam zu verschwinden, scheint sich einfach
in Luft aufzulösen. Manchmal habe ich schon das Gefühl, ich weiß
nicht mehr, wer ich bin. Aber gerade dann, wenn ich denke, jetzt
wird es Zeit, das Kommando abzugeben – an Sie zum Beispiel –
kommt einer dieser Befehle, und der dringendste Befehl von allen
ist: Du bist der Captain! Du kommandierst das Schiff! Daran darf
sich nichts ändern! – Verstehen Sie das?« Hilfesuchend blickte sie
Mallen nun an.
Die schüttelte den Kopf. »Nein. Ich verstehe es genausowenig
wie Sie vermutlich. Aber eins ist ganz klar: In diesem Zustand sind
Sie nicht geeignet, das Schiff zu befehligen.«
»Nein!« schrie Janeway wieder auf und faßte sich an die Schläfen. »Nein«, flüsterte sie dann. »Das darf nicht sein, das fühle ich.«
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»Gehen Sie zum Doktor«, empfahl Mallen erneut. »Ich werde
zwischenzeitlich das Kommando übernehmen, aber nur, solange
Sie nicht da sind.« Egal, was Janeways Geist im Moment beherrschte, es mußte beruhigt werden. Es durfte nicht den Eindruck erhalten, daß man dem Captain das Kommando entzog.
Dann reagierte es offensichtlich heftig. Und wer wußte, wie sehr
das dem Captain schadete? Mallen hoffte, daß der Doktor ihr darüber Auskunft erteilen würde, sobald er Janeway untersucht hatte.
Als Janeway gegangen war, beorderte Mallen schnell die anderen Brücken- und höheren Offizierinnen – unabhängig davon, ob
sie im Dienst waren oder nicht – zu sich. »Es ist ein Notfall eingetreten«, begann sie ohne Begrüßung, als alle im Besprechungsraum
saßen. »Ein Notfall, den sich keine von uns je gewünscht hat: Der
Captain leidet unter Wahnvorstellungen, ist möglicherweise von
einer fremden Macht besessen und kann das Schiff nicht mehr führen, da sie nur noch die Befehle dieser Macht ausführt. Aber es
scheint so, daß es gefährlich für sie sein könnte, wenn wir sie absetzen – wenn ich sie absetze. Ich warte zwar noch auf den Bericht
des Doktors, aber ich hatte den Eindruck, daß etwas in ihrem Innern sehr heftig reagiert, sobald ich die Befehle, die der Captain
gegeben hat, widerrufe oder sie ganz der Befehlsgewalt enthebe.«
Alle anderen starrten Mallen verständnislos an. »Das kann doch
nicht ihr Ernst sein, Commander«, reagierte dann zuerst die Chefingenieurin.
Mallen lachte etwas gezwungen auf. »Glauben Sie ja nicht, daß
ich hier eine Meuterei veranstalten will, B’Elanna. Sie haben nicht
erlebt, was ich eben erlebt habe. Dann wären Sie sicher auch beunruhigt.«
»Sie wissen, daß wir Ihnen ebenso vertrauen wie dem Captain,
Commander«, begann die Sicherheitsoffizierin, »aber es ist nicht
so einfach, das zu schlucken, was Sie da sagen. Haben Sie Beweise
für Ihre Anschuldigungen? Beweise dafür, daß der Captain nicht
mehr zurechnungsfähig ist?«
»Gehen Sie zu ihr und sagen Sie ihr, daß sie abgesetzt ist, und
dann beobachten Sie mal, wie sie reagiert«, schlug Mallen vor.
Dann winkte sie mit der Hand ab. »Nein, ich glaube, jede von Ihnen könnte das mit Leichtigkeit überprüfen, und deshalb habe ich
da auch keinerlei Bedenken. Aber ich habe Angst, daß der Captain
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durch diese Besessenheit – wenn man es so nennen kann – Schaden
nimmt. Schaden an Leib und Leben, aber vielleicht auch nur an ihrer Psyche. Nichts davon wäre wünschenswert, und wir müssen
uns überlegen, was wir jetzt tun. Und zwar müssen wir das schnell
überlegen, denn in ein paar Minuten haben wir dieses Sonnensystem erreicht. Einen Moment mal . . .« Sie hob die Hand, um den
anderen Abwarten zu signalisieren, und betätigte ihren Kommunikator. »Mallen an Fähnrich Hings.«
»Hings hier«, kam die Antwort der Pilotin aus dem Gerät.
»Stoppen Sie sofort das Schiff und schalten Sie den Brückenmonitor ab. Nur noch Sensorerfassung über die Konsolen. Verstanden?«
»Verstanden«, kam die Bestätigung.
Vom Stoppen des Schiffes merkte man natürlich nichts, aber
Mallen und alle anderen waren sich sicher, daß der Befehl ausgeführt worden war. »Das verschafft uns vielleicht ein paar Minuten«, sagte Mallen hoffnungsvoll.
In diesem Moment piepte der Monitor in der Mitte des Besprechungstisches, und die Stimme des Doktors war zu vernehmen.
»Was haben Sie gemacht, Commander?« fragte er bestürzt. »Captain Janeway windet sich hier vor Schmerzen und schreit nur: Wir
müssen weiterfliegen, wir müssen unbedingt weiterfliegen! Haben Sie das
Schiff gestoppt?« Im Hintergrund war das verzerrte Gesicht des
Captains zu sehen, die ihre Schläfen fast in den Kopf zu drücken
versuchte und stöhnte.
Mallen wandte sich mit einem resignierten Blick an alle Anwesenden: »Glauben Sie mir jetzt?«
Die Bestürzung in der Stimme des Doktors schien auf einmal alle
zu erfassen. Die Gesichter in der Runde suchten entsetzt einen
Ausweg.
Mallen antwortete auf die Frage des Doktors: »Wir werden weiterfliegen, keine Sorge.« Im gleichen Moment schien sich das Gesicht des Captains im Hintergrund zu entspannen.
Alle atmeten auf. »Was machen wir jetzt?« fragte Leutnant London, die erste Pilotin. »Offenbar nützt es nichts, den Monitor abzuschalten, weil der Captain gar nicht auf der Brücke sein und den
Bildschirm betrachten muß, um zu bemerken, was mit dem Schiff
geschieht.«
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»Ja, wir werden von außen beobachtet, nicht von innen«, bemerkte Seven.
Mallen wirbelte zu ihr herum. »Seven, wo waren wir vor fünf
Wochen und drei Tagen genau? Können Sie das in der Astrometrie
feststellen?«
»Selbstverständlich«, erwiderte Seven trocken, wie es ihre Art
war.
Zu den anderen gewandt fügte Mallen hinzu: »Captain Janeway
hat mir erzählt, daß diese merkwürdigen Vorkommnisse in ihrem
Kopf zu genau dem Zeitpunkt begannen. Es muß doch etwas damit
zu tun haben, wo wir damals waren.«
»Oder mit der Reichweite«, murmelte die zweite Offizierin vor
sich hin, mehr zu sich selbst als zu den anderen.
»Wie?« fragte Mallen nach. »Was meinen Sie, Haris?«
Haris Thompson zuckte fast ein wenig überrascht hoch. »Ich
dachte nur, daß es auch mit der Reichweite von irgend etwas zu
tun haben könnte. Etwas, das sich in diesem Sonnensystem befindet, könnte genau vor fünf Wochen und drei Tagen zum ersten
Mal mit irgendwelchen Strahlen, Projektionen oder was auch immer die Voyager erreicht und damit die Beschwerden von Captain
Janeway ausgelöst haben.«
»Gute Idee, Haris«, lobte Mallen. »Aber ich denke, wir müssen
alles berücksichtigen, was irgendwie in Frage kommt. Also, Seven,
überprüfen Sie die astrometrischen Daten, und Sie, Haris, checken
die Sensorlogbücher, ob sich ab diesem Zeitpunkt etwas verändert
hat. Sie, B’Elanna, sollten ein paar Strahlungsmessungen durchführen, und jede hilft der anderen, so gut sie kann. Wir müssen
schnell zu einem Ergebnis kommen. Sonst verlieren wir vielleicht
den Captain.« Sie sah besorgt zum Bildschirm der Krankenstation
hin, auf dem sich Captain Janeway schon wieder krümmte. Mallen
sprach in ihren Kommunikator: »Hings, Kurs langsam wieder aufnehmen.« Captain Janeway entspannte sich erneut. Offensichtlich
hatte das wen-auch-immer beruhigt. »Doktor«, sprach Mallen in
den Bildschirm, »kommen Sie bitte zu mir und erstatten Bericht,
sobald Sie die Untersuchung des Captains abgeschlossen haben?«
»Ich kann auch gleich jetzt –« begann der Doktor, wurde aber
sofort von Mallen unterbrochen.
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»Sie kommen her, sagte ich. Das ist ein Befehl. Ende.« Sie schaltete schnell den Bildschirm ab, auf dem der Doktor immer noch
sprachlos in die Luft starrte.
Die anderen erhoben sich bereits, um die Aufgaben zu übernehmen, die Mallen ihnen zugeteilt hatte. Mallen entließ sie mit einem Nicken, und im selben Augenblick betrat der Doktor den Besprechungsraum. »Ich bin ein ordentliches Mitglied der Besatzung,
wenn auch vielleicht kein Mensch«, zeterte er beleidigt los, als alle
verschwunden waren und die Türen sich automatisch hinter ihnen
geschlossen hatte. »Sie können mich nicht einfach behandeln wie
. . . wie . . . wie einen Robotersklaven!«
Mallen hob die Hände. »Ich habe keine Zeit, mich bei Ihnen zu
entschuldigen, Doktor«, sagte sie. »Was haben Sie bei der Untersuchung des Captains festgestellt? Und schnell, bitte, so, daß ich es
verstehen kann.«
Der Doktor war immer noch beleidigt, ließ sich aber zu einer
Diagnose herab. »Sie ist völlig in Ordnung. Ich konnte nichts feststellen.«
»Ach«, bemerkte Mallen süffisant, »und deshalb krümmt sie sich
gequält vor Schmerzen zusammen, sobald nur das Wort Kursänderung fällt? Das kann nicht sein, Doktor. Bitte, ich habe wirklich
keine Zeit, Ihnen das jetzt zu erklären, aber wir haben möglicherweise nur noch ein paar Minuten. Wir wissen nicht, was auf diesem Planeten da auf uns lauert, auf den wir jetzt zufliegen. Zufliegen müssen.«
»Nun ja.« Der Doktor überlegte. »Ihre Gehirnströme waren
zwar im großen und ganzen normal, aber es gab eine kleine Abweichung. Nichts, was man normalerweise als signifikant bezeichnen würde . . .«
»Alles ist signifikant in so einer Situation!« brüllte Mallen fast los.
»Was schließen Sie aus dieser Abweichung?«
»Eigentlich gar nichts«, erwiderte der Doktor, fügte aber schnell
hinzu, als er Mallen vor Wut rot anlaufen sah: »Normalerweise hat
so etwas keine Bedeutung, aber in so einem Fall . . . Es ist wie ein
Funksignal, das sie empfängt. Ein sehr schwaches Funksignal, das
im Strudel der Gehirnströme untergeht. Anders kann ich es nicht
bezeichnen. Einen medizinischen Ausdruck dafür gibt es nicht. Ich
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habe so etwas noch nie gesehen, und in meiner Datenbank ist auch
nichts. Kein Vergleichsmaterial.«
»Das hätten unsere Logbücher aufzeichnen müssen. Haris oder
eine andere, die die Sensorstation bedient, hätte das längst gemeldet. Und unser Schirm würde den Kontakt unterbrechen«, widersprach Mallen ungeduldig.
»Ich sagte nicht, daß es ein Funksignal ist«, beharrte der Doktor,
»nur so etwas wie ein Funksignal. Vermutlich ist es ganz etwas anderes. Aber dafür bin ich nicht programmiert.«
»Schon gut, Doktor«, sagte Mallen entschuldigend. »Es ist mir
klar, daß Sie das nicht erkennen können. Ich schicke Ihnen sofort
Seven. Sie soll sich das ansehen.«
Der Doktor nickte. »Kann ich jetzt wieder zurückgehen? Ich
mache mir Sorgen um Captain Janeway.«
Mallen nickte ernst. »Das tun wir alle, Doktor. Das tun wir alle.«

Seven betrat die Krankenstation und steuerte auf den Captain zu.
Sie musterte sie kurz und legte dann ein Gerät an ihre Stirn. Captain Janeway sah sie fragend an. »Was machen Sie da, Seven?«
»Irrelevant«, erwiderte Seven automatisch. »Nur eine Messung
der Gehirnströme.«
»Das hat der Doktor schon gemacht«, wies Kathryn Janeway sie
sanft auf die Tatsachen hin. »Das kann es also kaum sein. Außerdem sieht das Gerät nicht danach aus. Es sieht nach gar nichts aus,
was ich kenne. Haben Sie das selbst entwickelt, ohne mich zu fragen?«
»Ich hatte es schon«, antwortete Seven unklar. »Und es wäre
besser, wenn Sie nicht weiterfragen. Sie wissen, daß es mir unmöglich ist zu lügen. Und die Antworten könnten gefährlich für
Sie sein.«
Kathryn Janeway verstummte. Seit einer Weile hatte sie keine
Kopfschmerzen mehr, und sie wünschte sich, daß dieser Zustand
möglichst lange anhalten möge, denn die Kopfschmerzen waren
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mörderisch gewesen. Sie stellte zudem nicht in Frage, daß Seven
die Wahrheit sagte. Aber sie war eben auch, wie sie war. »Ich bin
der Captain des Schiffes«, begann sie, und Seven bestätigte sofort
mit Betonung:
»Ja, Sie sind der Captain des Schiffes.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Niemand möchte, daß sich das ändert.«
»Danke, Seven«, sagte Kathryn Janeway und überlegte dabei,
was sie Seven fragen könnte, ohne die vernichtenden Kopfschmerzen wieder heraufzubeschwören. Sie zuckte zusammen. »Sagen Sie
Mallen, daß wir zum zweiten Planeten fliegen. Sie soll dort in den
Orbit gehen.« Sie hatte den Befehl gefühlt, auch wenn sie das nicht
verstand.
»Ja, Captain«, bestätigte Seven kurz, beendete ihre Messung und
verschwand.

»Wir fliegen so langsam wie nur irgend möglich, aber der zweite
Planet ist nicht mehr weit entfernt«, sagte Mallen, als Seven den
Aufenthaltsraum des Captains betrat, in dem Mallen saß.
»Ich weiß«, erwiderte Seven, wie immer jeden überflüssigen
Wortes bar. »Ich habe festgestellt, was der Captain hat. Wir –«,
sie zögerte, »– die Borg dachten, daß sie diese Spezies vernichtet
hätten, aber das ist anscheinend nicht der Fall. Ein paar müssen
sich hierher geflüchtet haben.«
»Welche Spezies?« fragte Mallen.
»Spezies 387. Es ist schon lange her, da trafen die Borg auf sie.
Es war einfach, sie zu assimilieren, aber dann stellten wir – stellten
die Borg fest, daß das unvorhersehbare Auswirkungen hatte. Diese
Spezies lebt in keiner festen Form, aber manchmal nimmt sie eine
an, und die Borg dachten, das sei alles, was sie könnten. Aber sie
sind ähnlich wie die Borg: Sie assimilieren andere Rassen.«
»Sie assimilieren Captain Janeway?« fragte Mallen entsetzt.
Seven blickte ungerührt wie immer. »Das haben sie schon getan.
Captain Janeway ist nicht mehr Captain Janeway. Captain Janeway
ist vermutlich schon seit fünf Wochen und drei Tagen tot.«
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
»Seven, sagen Sie mir, daß das nicht wahr ist, was sie da behauptet
haben«, bat Mallen erstarrt mit flüsternder Stimme.
»Es ist wahr«, bestätigte Seven noch einmal. »Sie wissen, daß ich
nicht lügen kann. Meine Messungen haben ergeben –«
»Seven«, flüsterte Mallen immer noch, »berührt Sie das denn gar
nicht? Sie stellen einfach fest, daß Captain Janeway tot ist, und das
ist Ihnen egal?«
»Es ist mir nicht egal«, antwortete Seven klar und deutlich. »Es
wäre nur Zeitverschwendung, darüber zu lamentieren. Völlig ineffizient. Jetzt geht es um den Rest der Crew. Captain Janeway war
nur der Anfang. Keiner auf dem Schiff wird überleben, wenn wir
nicht den Kurs ändern. Und wenn wir ihn ändern, werden sie das
merken, und dann werden wir auch alle sterben. Es gibt keinen
Ausweg.«
»Das sagen Sie mir so einfach? Und selbst die Borg haben keinen
Ausweg gefunden?« Mallen hatte sich aus ihrer Erstarrung gelöst,
konnte aber immer noch nicht glauben, was sie da hörte.
»Die Borg sind fast von dieser Spezies vernichtet worden, ohne
es zu merken«, teilte Seven ihr mit.
»Aber die Borg haben überlebt. Also gibt es einen Ausweg«,
schloß Mallen hoffnungsvoll aus Sevens Ausführungen.
»Die Borg haben sämtliche Sonnensysteme und alle Schiffe gesprengt, die befallen waren, und auch viele, von denen sie nur
glaubten, daß sie befallen waren. Fast die gesamte damalige Borgpopulation wurde dabei vernichtet. Milliarden und Abermilliarden. Das war der Ausweg. Das können wir natürlich tun.« Seven
schien das tatsächlich in Erwägung zu ziehen.
»Und wenn wir es nicht tun?« fragte Mallen.
»Dann werden sie sich von hier aus wieder auf den Weg machen
und die Galaxis vernichten, wie sie es damals schon zum Teil getan
hatten. Ich habe eine Theorie, die durch meine Messungen bestätigt wird: Sie scheinen auf diesem Planeten festzusitzen. Sie hatten
nie Schiffe. So etwas bauen sie nicht. Das entspricht nicht ihrer Lebensform. Aber sie können sich Schiffe verschaffen, und diese
Schiffe bringen sie dann in jeden Teil der Galaxis, in den sie wol© édition el!es
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len. Anscheinend ist hier lange kein Schiff vorbeigekommen, sehr
lange. Deshalb waren sie an diesen Planeten gebunden. Vielleicht
sind sie hier nach der Borgoffensive mit einem Schiff gestrandet.
Aber als sie die Voyager spürten, haben sie Kontakt aufgenommen.
Und sie hierher dirigiert. Die astrometrischen Daten besagen eindeutig, daß Captain Janeway unseren Kurs näher an diesem Sonnensystem vorbeigeführt hat, als es notwendig gewesen wäre. Wir
hätten auch anders fliegen können. Aber da die grobe Richtung
stimmte, ist es niemand aufgefallen. Und schließlich vertrauen
dem Captain alle bedingungslos. Das spüren sie. Deshalb haben sie
sie ausgewählt. Auf eine solche Entfernung können sie nicht mehrere Wesen auf einmal befallen, nur eins.«
»Aber jetzt sind wir schon so nah«, sagte Mallen grimmig.
»Ja«, bestätigte Seven, »jetzt sind wir nah genug. Aber sie wollen das Schiff, nehme ich an. Und sie wählen den einfachsten Weg.
Es wäre sehr viel schwieriger für sie, das Schiff selbst zu fliegen, also versuchen sie, uns so nah wie möglich heranzulocken, und dann
werden sie – ohne daß wir es merken – einen nach dem anderen
assimilieren. Aber dann werden wir schon auf dem Weg in irgendwelche fremden Regionen sein, nicht mehr hier.«
»Aber Ihren Ausführungen entnehme ich, daß sie nicht alle auf
einmal übernehmen können?« Eine Hoffnung regte sich in Mallen.
»Früher konnten sie das schon. Aber aus ihrem Verhalten schließe ich, daß sie nur noch sehr wenige sind. Vielleicht haben sie den
Planeten aufgefressen und konnten sich deshalb nicht mehr vermehren.«
»Sie haben den Planeten aufgefressen?« fragte Mallen verständnislos.
»Ja«, bestätigte Seven erneut. »Sie sind so eine Art Pilz, sie verflüssigen alles und fressen es dann auf, um sich selbst am Leben zu
erhalten und zu vermehren. Und wenn die Ressourcen schwinden,
ist das natürlich nicht mehr so einfach.«
»Aber dann brauchen wir doch nur eine Bombe auf den Planeten
zu werfen, und das Problem ist gelöst«, folgerte Mallen.
»Versuchen Sie’s«, versetzte Seven trocken. »In dem Moment –
nein, schon bevor Sie den Befehl geben können – wird Captain Janeway explodieren und das ganze Schiff mit Sporen verseuchen,
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schneller, als sie gucken können. Dann ist das Wesen zwar tot,
aber wir alle ebenfalls. Das nützt uns nichts.«
»Wir können ein Ebene-10-Kraftfeld um die Krankenstation errichten«, suchte Mallen nach einer Alternative. »Dann können sich
die Sporen nicht verbreiten.«
»Die Borg haben es mit allen bekannten Kraftfeldern versucht.
Es gab nichts, was sie aufhalten konnte. Sie bestehen aus etwas,
dem kein Element und kein Kraftfeld standhalten kann. Es ist sinnlos.« Seven verkündete die Ausweglosigkeit so emotionslos, als ob
sie astrometrische Daten herunterleiern würde.
»Seven, wir müssen eine Lösung finden! Ich kann doch nicht das
ganze Schiff der Vernichtung preisgeben, ohne daß wir uns dagegen wehren«, bat Mallen verzweifelt.
»Das wäre nicht menschlich, nicht wahr?« fragte Seven, als ob es
sich um eine Fragestunde bezüglich ethnischer Unterschiede handelte. »Menschen finden immer eine Lösung, darauf sind sie
stolz.«
»Sie sind auch ein Mensch, Seven«, erinnerte Mallen sie.
»Nicht so ganz«, entgegnete Seven sachlich, »und vielleicht ist
das unsere Chance.«
»Sie haben eine Idee?« fragte Mallen hoffnungsvoll.
»Ich habe die Daten ausgewertet und dabei eine Lücke in der
Perfektion entdeckt«, korrigierte Seven sie. »Eine winzige Lücke,
aber es könnte funktionieren.« Sie drehte sich zum Ausgang um.
»Seven?« hielt Mallen sie auf. Seven drehte sich noch einmal um
und blickte fragend. »Sie sind sicher, daß Captain Janeway . . . tot
ist?«
»Ja«, sagte Seven ohne jegliche Bewegung in ihrer Stimme. »Ich
bin sicher, daß sie tot ist.«

Alle Offizierinnen und TechnikerInnen hatten sich in Sevens ast-
rometrischem Labor versammelt und unterstützten sie nach Kräften. Seven sah aus, als sei sie in ihren Borgzustand zurückgekehrt.
Sie trug einen Panzer, und ihre Haut hatte wieder diese graue Fär© édition el!es
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bung angenommen, die die Nanosonden verursachten, wenn sie
das Blut überschwemmten. Aber sie reagierte nicht wie eine Borg,
sie erteilte Befehle wie ein Mensch.
»Wir haben damals festgestellt, daß die Borg-Physiognomie einige Besonderheiten aufweist, die sie nicht so leicht assimilieren
können. Insbesondere die Nanosonden hielten sie offensichtlich eine Weile auf. Aber es war nicht genug, um sie endgültig außer Gefecht zu setzen. Im Gegenteil. Als sie die ersten Borg befallen hatten, waren wir ihnen durch unser Kollektivbewußtsein dann noch
hilfloser ausgeliefert. Erst als die letzten nicht befallenen Borg alle
anderen aus ihrem Kollektivbewußtsein ausschlossen, war es ihnen
möglich, eigenständige Entschlüsse zu fassen und den Befehlen des
Kollektivs nicht mehr zu gehorchen. Dieses Vorgehen war für die
Borg so ungewöhnlich, daß sie erst kurz vor ihrer eigenen Vernichtung auf diesen Gedanken kamen. Bis dahin hatte das bereits befallene Kollektiv ihnen suggeriert, daß sie sich zu den befallenen
Schiffen und Sonnensystemen begeben mußten.«
»Sie waren dabei, Seven?« fragte Mallen.
»Ja, ich war dabei«, antwortete sie ungerührt.
Mallen wußte, daß sie während ihrer Borgzeit nichts gespürt hatte, was auch nur entfernt an ein menschliches Gefühl herankam,
aber sie konnte sich trotzdem nicht vorstellen, daß Seven jetzt so
wenig empfand, da sie ein Mensch war. Sie versteckt es nur, dachte Mallen. »Viel Glück«, sagte sie laut.
Seven nickte. Sie schaltete einen kleinen Apparat ein, der oberhalb ihres Okulars befestigt war und befahl: »Computer – Programm Seven-of-Nine-Omega starten.« Ihre Umrisse verschwammen, als der Transporter sie erfaßte. Nur einen Augenblick später war sie wieder da.
»Alles in Ordnung?« fragte Mallen.
»Ja«, nickte Seven knapp. »Schalten Sie den Bildschirm ein.«
Der Computer zeigte das Bild eines explodierenden Planeten,
und das Schiff wurde von einer gewaltigen Erschütterung hin und
hergeworfen.
»Die Trägheitsdämpfer sind ausgefallen!« kam es hektisch aus
den Lautsprechern.
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Gleichzeitig erschütterte eine weitere Explosion das Schiff.
»Hüllenbrüche auf allen Außendecks!« verkündete eine panikerfüllte Stimme.
Nur eine Sekunde später hörte man Schreie und die verzerrte
Stimmprojektion des Doktors, von vielen Störgeräuschen unterbrochen. »Tote, hier sind nur noch Tote! Alles verflüssigt sich! Alle sind tot!«
Dann herrschte Stille.
Auf einen Schlag verschwand das Bild wieder und zeigte das Bild
des Planeten, wie es vorher gewesen war.
»Haben sie es geglaubt?« fragte Mallen.
»Ja.« Seven drehte sich einmal um ihre Achse und schaltete das
Gerät oberhalb ihres Okulars wieder ab. »Sie haben es geglaubt.
Sie sind weg. Vermutlich waren es die letzten ihrer Art.« Eine solche Feststellung hatte die Borg noch nie erschüttert, und erschütterte jetzt auch Seven nicht.
»Das wissen wir nicht«, gab Mallen zu bedenken. »Aber ich hoffe, es waren auf jeden Fall die letzten auf diesem Schiff.« Sie betätigte ihren Kommunikator. »Doktor? Was ist . . . was ist mit Captain Janeway?«
Der Doktor antwortete nicht sofort. Dann schlängelte sich seine
Antwort durch den Kommunikator in die Ohren aller Anwesenden. »Hier ist nichts mehr, das wie Captain Janeway aussieht«,
sagte er.
»Ich komme zu Ihnen, Doktor«, verkündete Seven unvermittelt.
»Sie können auch nichts mehr tun, Seven«, versuchte Mallen, sie
sanft zurückzuhalten. »Sie haben das Schiff gerettet und alle anderen, die darauf sind, aber Captain Janeway war schon lange tot, das
haben Sie doch selbst gesagt.«
»Ja, und das stimmt auch«, bestätigte Seven. »Aber ich muß
dennoch zum Doktor.«
Mallen wußte, daß sie Sevens Beweggründe nicht verstehen
würde, selbst wenn sie es versuchte. Also ließ sie sie gehen.
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Ein
paar Tage später, als Mallen gerade eine Besprechung mit
B’Elanna und Haris abhielt, um die neuen Befehle zu besprechen,
öffnete sich plötzlich die Tür des Besprechungsraums. Mallen fuhr
etwas ärgerlich auf, denn sie hatte die Tür für alle außer ein paar
wenigen Offizierinnen versiegelt, und die hätten jetzt nicht hier
sein dürfen, sondern sollten ihre Posten einnehmen. »Wer . . .?«
blaffte Mallen und erstarrte dann mitten im Wort.
»Machen Sie den Mund wieder zu, Commander«, bemerkte
Captain Janeway von der Tür her freundlich. Als sie sich um den
Tisch herum in Bewegung setzte, fügte sie noch schmunzelnd hinzu: »Ich glaube, Sie sitzen auf meinem Platz.«
Mallen erhob sich und gab den Stuhl des Captains frei. »Kathryn«, hauchte sie dann überwältigt.
»Ja, ich fürchte, so ist es«, lächelte Captain Janeway immer noch
freundlich. »Leider muß ich Ihnen die Kapitänswürde wieder abnehmen. Vermutlich hätten Sie sie lieber etwas länger behalten.«
Mallen fand ihre Stimme wieder und fragte mißtrauisch: »Sind
Sie es wirklich, Kathryn?«
Hinter Mallen ertönte eine zweite, fast emotionslose Stimme:
»Ja, Commander, sie ist es. Das kann ich bestätigen.«
Mallen drehte sich zu Seven um. »Das kann doch gar nicht sein.
Sie selbst haben mir mehrmals versichert, daß der Captain tot ist.«
»Das war sie auch – in gewisser Weise«, bestätigte Seven erneut.
»Aber wie kann sie denn dann hier sein?« fragte Mallen weiterhin mißtrauisch.
»Setzen Sie sich, Barbara, dann wird Seven es Ihnen sicher gern
erklären«, lächelte Captain Janeway immer noch. »Ich verstehe es
nämlich auch nicht so ganz. Ich würde es gern noch einmal hören.«
Alle setzten sich wieder, und Seven erzählte: »Normalerweise
brauchte Spezies 387 nicht so lange, um eine andere Spezies anzulocken wie dieses Mal. Zudem waren sie äußerst geschwächt. Und
als ich hinunter auf den Planeten beamte, um das Störfeld zu aktivieren, das ihnen vorgaukeln sollte, daß der Planet explodierte,
fing ich das auf, was der Doktor damals beim ersten Mal als Funk16
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signal bezeichnet hatte. Sie mußten einen Teil von Captain Janeway
am Leben erhalten, damit sie sie über so eine weite Entfernung
und so eine lange Zeit in der Form halten konnten, mit all ihren
Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen. Das hatten sie sonst
nicht nötig, aber diesmal ging es nicht anders. Also implantierten
sie quasi diesen Teil in dem Pilz, der dann Captain Janeway darstellte. Und um es mit Energie versorgen zu können, mußten sie
noch eine ganze Menge dieser Informationen auf dem Planeten
spiegeln, vervielfachen und immer wieder neu anreichern. Neue
Erfahrungen, neue Gedanken, neue Erlebnisse. Das habe ich aufgefangen, als ich für einen kurzen Bruchteil unten war. Mein Okularadapter hat es gespeichert. Er funktioniert ähnlich wie ein Tricorder. Und als ich dann zum Doktor in die Krankenstation kam,
nachdem alles explodiert war – oder versucht hatte zu explodieren
–, war da immer noch dieses Signal, wenn auch alles andere zerflossen war.«
»Das war ich«, grinste Janeway jetzt breit.
»Na ja, ein Teil von Ihnen«, korrigierte Seven detailgetreu wie
immer. »Und zusammen mit den Informationen, die mein Okularadapter auf dem Planeten aufgefangen hatte, und den Informationen aus der DNS-Datenbank konnten wir Captain Janeway wiederbeleben.«
»Das heißt, Sie sind ein Klon, Kathryn?« fragte Mallen etwas
entgeistert.
»Ich hoffe, das untergräbt meine Autorität nicht?« fragte Janeway grinsend. »Ich denke, es ist ein bißchen anders, doch so ungefähr haben Sie recht. Aber glauben Sie jetzt nur nicht, daß Sie weiterhin Captain sein können, nur weil es das Original nicht mehr
gibt. Erstens bin ich in gewisser Weise noch ganz das Original,
zumindest meine Gedanken, Gefühle und Erfahrungen sind ebenso
original wie meine Verhaltensweisen. Die sind ja nie verloren gegangen. Und was den Rest anbetrifft: Vielleicht werden Sie sogar
feststellen, daß die Kopie manchmal besser ist als das Original.«
Sie konnte das Grinsen gar nicht aus ihrem Gesicht verbannen.
Und auch bei Mallen stellte sich jetzt langsam ein begeistertes
Grinsen ein. »Kathryn, Sie sind es wirklich«, bemerkte sie enthusiastisch, um dann gleich darauf in einen etwas rüden Befehlston zu
verfallen. »Seven, warum haben Sie mir nicht gesagt, woran Sie
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mit dem Doktor arbeiten? Ich war immerhin der Captain dieses
Schiffes«, sie drehte sich zu Kathryn Janeway um und grinste erneut, »bis vor ein paar Minuten, und Sie hätten mir unbedingt mitteilen müssen, was Sie vorhaben. Sie hätten sogar meine Erlaubnis
dazu einholen müssen.«
»Das stimmt, Seven«, bestätigte Janeway.
Seven verhielt sich genauso ungerührt wie immer. »Ich besitze
keinen Rang. Ich befolge Befehle an Bord dieses Schiffes freiwillig.
Und da ich annahm, daß Captain Janeway noch lebte, hätte ich
höchstens sie fragen müssen, was ich aber zu dem Zeitpunkt nicht
konnte. Also habe ich mich vollkommen korrekt verhalten.«
Janeway lachte. »Wie sehr ich Ihre Logik vermißt habe, Seven!
Das hat mir vermutlich am meisten gefehlt.« Sie machte eine kleine Pause. »Sie alle haben mir gefehlt«, ergänzte sie mit einem
Blick in die kleine Runde. »Sie und alle anderen. Ich war zwar irgendwie nicht mehr existent, aber trotzdem habe ich etwas gefühlt, eine Art Sehnsucht, wie das Heimweh, das uns nach Hause
treibt. Die hat mich nie verlassen, obwohl ich eigentlich nicht
mehr da war. Vielleicht hat mich das sogar letztendlich am Leben
erhalten, als alles explodierte. Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Vieles aus den sechs Wochen ist verloren gegangen. Seven
konnte nicht alles wieder herstellen. Also wundern Sie sich nicht,
wenn ich manchmal etwas merkwürdig reagiere in der nächsten
Zeit.«
Commander Mallen schmunzelte.
»Sagen Sie es nicht, Barbara!« warnte Captain Janeway scherzhaft drohend. »Wenn Sie jetzt behaupten, daß ich schon immer
merkwürdig reagiert habe und deshalb niemand einen Unterschied
bemerken wird, degradiere ich Sie.«
Mallen lachte nun laut auf. »Oh Kathryn, ich bin so froh, daß Sie
wieder da sind!«
Die anderen lachten ebenfalls. Captain Janeway sah erneut in die
Runde. »Ich glaube, wir sollten es auch den anderen mitteilen. Seven hat mich mit einem Ort-zu-Ort-Transport von der Krankenstation hierher gebracht, damit keine allzu große Aufregung entsteht, wenn ich plötzlich auf den Gängen auftauche. Aber nun ist
es an der Zeit, die Nachricht allen zukommen zu lassen. Die Überraschung wird groß genug sein.«
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»In der Tat«, bestätigte Mallen und drückte auf ihren Kommunikator. »Mallen an alle«, sagte sie. »Bitte versammeln Sie sich so
schnell wie möglich im Casino. Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen.«

Nach der Feier im Casino schlenderten Seven und Captain Jane-
way gemeinsam den Gang entlang, der zu Janeways Quartier führte. »Es ist reizend von Ihnen, daß Sie so besorgt um mich sind und
mich sogar noch zu meinem Quartier bringen«, sagte der Captain,
als sie vor ihrer Tür angekommen waren. »Aber ich glaube, das ist
jetzt nicht mehr nötig. Ich bin vollkommen wiederhergestellt.« Sie
lachte laut. »Im wahrsten Sinne des Wortes!« Gleich darauf stutzte
sie und betrachtete Seven genauer. »Kommen Sie bitte mit herein«, befahl sie fast und öffnete die Tür ihres Quartiers. Als sich
die Tür wieder schloß, musterte der Captain immer noch Sevens
Gesicht. »Ich kann nicht glauben, was ich da sehe, Seven«, sagte sie
etwas irritiert. »Tränen? Bei Ihnen?«
»Eine«, korrigierte Seven exakt bis zur Selbstaufgabe. »Es sammelt sich etwas salzhaltige Flüssigkeit in meinem linken inneren
Augenwinkel, was ich nicht kontrollieren kann. Ich weiß nicht,
warum. Das ist mir noch nie passiert. Ich kenne den Vorgang der
Tränenbildung aus der menschlichen Physiologie, die ich studiert
habe, aber ich wußte bislang nicht, daß das so unkontrollierbar ist,
selbst für mich. Es gibt mehrere Gründe, die hier in Frage kommen könnten, zur Tränenbildung: Erstens . . .«
»Seven!« Janeway unterbrach sie schmunzelnd. »Sie weinen. Ist
Ihnen das denn nicht klar?«
»Weinen?« fragte Seven verständnislos. Sie überlegte einen
Moment. »Weinen ist eine Reaktion auf große emotionale Bewegungen im Inneren des Menschen, die ausdrücken soll . . .«
Janeway unterbrach sie wieder. Diesmal sehr sanft. »Ich danke
Ihnen für das, was es ausdrücken soll, Seven. Ich wußte nicht, daß
Sie so viel für mich empfinden.«
»Vermutlich tue ich das«, gab Seven widerspenstig zu.
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»Kommen Sie. Wir setzen uns und trinken etwas«, schlug Janeway mit einer einladenden Handbewegung auf ihre Couch vor.
»Zur Zeit ist keine Aufnahme irgendwelcher Flüssigkeiten erforderlich«, sagte Seven in ihrer gewohnt roboterhaften Art.
Janeway lachte weich. »Das weiß ich. Aber Sie sollten mittlerweile gelernt haben, daß Menschen nicht nur miteinander trinken,
weil sie Durst haben oder weil – wie Sie es ausdrücken würden –
eine Flüssigkeitsaufnahme erforderlich ist. Man trinkt auch miteinander, um eine gewisse Sympathie füreinander auszudrücken. Und
das ist etwas, das Sie gerade eben zugegeben haben, für mich zu
empfinden. Also lassen Sie uns darauf anstoßen.« Sie hob die
Hand, als Seven einfallen wollte. »Zählen Sie mir jetzt bitte nicht
die verschiedenen Bedeutungsformen von anstoßen auf. Ich weiß,
was es heißt, und ich meinte die Art, bei der zwei Gläser, die man
aneinanderstößt, einen Klang erzeugen.« Sie ging vor zum Replikator und bestellte zwei Gläser französischen Champagner, die
auch sofort erschienen. »Synthehol ist nicht dasselbe wie Alkohol,
auch bei Champagner nicht, da schon gar nicht, aber wir haben
leider nichts Besseres. Also müssen wir uns an die Gegebenheiten
halten.« Sie nahm die Gläser und gab eines davon Seven. Als die
nicht reagierte, stieß Janeway ihr Glas leicht gegen Sevens, und
wie ein Glöckchen schwang der süße Klang durch den Raum. »Auf
eine neu entdeckte Sympathie«, sagte Janeway lächelnd. Sie trank
und beobachtete Seven so lange, bis diese auch ihr Glas hob und
einen Schluck nahm. »Na also«, sagte Janeway zufrieden. »Nun
können wir uns hoffentlich setzen. Wie neu auch immer meine
Beine sein mögen, sie fühlen sich nach dieser elend langen Party
genauso erschöpft vom Stehen an wie die alten.« Sie lachte und
ging zur Couch, wo sie sich setzte und Seven zuprostete. »Kommen Sie her. Ich beiße nicht.«
Seven setzte sich zögernd in Bewegung und nahm neben dem
Captain auf der Couch Platz. Das Glas in ihrer Hand hielt sie so
steif, als ob es ein Teil ihrer mechanischen Natur wäre. Sie trank
nicht mehr daraus.
Janeway lachte. »Sie können das Glas ruhig absetzen, wenn es
Sie stört. Ich will Sie nicht zur Alkoholikerin machen.«
Seven befolgte die Empfehlung, als ob es ein Befehl gewesen wäre, und blieb dann steif auf der Kante der Couch sitzen.
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Janeway betrachtete sie nachdenklich von der Seite. »Der Doktor hat doch mit Ihnen einige gesellschaftlich relevante Situationen
geübt, soweit ich weiß. Gehörte da nicht auch etwas Konversation
dazu?«
Seven drehte sich ein wenig in der Hüfte, um den Captain ansehen zu können. »Ja. Worüber möchten Sie sich gern unterhalten?
Ich habe folgende Themen . . .«
Janeway hob die Hand, woraufhin Seven sofort verstummte.
»Ich glaube nicht, daß Sie das Thema, über das ich mich jetzt unterhalten möchte, bei Ihrem Training erörtert haben. So schätze
ich den Doktor nicht ein.« Sie lachte. »Und ich bin mir gar nicht
mal sicher, ob ich es wirklich mit Ihnen ansprechen soll.« Sie musterte Seven wieder aufmerksam. »Sie sind eine sehr schöne Frau,
Seven, wissen Sie das?«
»Ich hörte so etwas. Der Doktor erwähnte es einmal. Aber mir
ist die Bedeutung dieser Feststellung nicht klar. Es scheint mehr
damit verbunden zu sein als die Beurteilung gewisser äußerlicher
Attribute. Das verstehe ich nicht.« Seven sah den Captain neugierig an wie ein Kind und erwartete offensichtlich eine Antwort.
Janeway lachte wieder. » ‚Die Beurteilung gewisser äußerlicher
Attribute’ . . . wie sehr diese Formulierung zu Ihnen paßt. Und es
macht einen Teil Ihres Reizes aus, daß Sie so sind, wie Sie sind.
Und was die äußerlichen Attribute angeht: die haben Sie, zweifellos.« Der Captain lachte noch amüsierter als zuvor, während sie
ihren Blick über Sevens Körper gleiten ließ.
»Ich verstehe es immer noch nicht«, sagte Seven. »Ich habe Blicke wie die Ihren jetzt schon des öfteren gesehen, aber ich weiß
einfach nicht, was das bedeutet.«
Janeway lachte erneut. »Ja, vermutlich müßte ich mich eigentlich hinten anstellen, um ein Rendezvous mit Ihnen zu bekommen.« Sie schmunzelte immer mehr. »Aber der Captain dieses
Schiffes zu sein hat auch seine Vorteile.«
»Ein Rendezvous?« fragte Seven. »Das ist doch eine Verabredung zwischen zwei Menschen, die . . . um . . .« Sie brach diesmal
von selbst ab, ohne daß Kathryn Janeway sie unterbrechen mußte.
Kathryn beugte sich vor und sah Seven tief in die Augen. »Um
was, Seven?«
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Seven blickte zur Seite. »Um verschiedene Dinge zu tun«, antwortete sie für ihre Verhältnisse ausgesprochen vage.
»Wo ist Ihre Präzision geblieben, Seven?« fragte Kathryn leise.
»Sie haben gelernt, zumindest theoretisch, was es bedeutet, ein
Rendezvous zu haben, nicht wahr?«
»Sie sind der Captain«, antwortete Seven ebenso leise. »Man hat
keine Rendezvous mit dem Captain als einfaches Crewmitglied.«
»Sie haben vor noch gar nicht so langer Zeit selbst behauptet,
daß Sie kein Crewmitglied sind«, erinnerte Kathryn sie. »Wollen
Sie das schon wieder revidieren?«
»Ich gehorche Ihren Befehlen«, sagte Seven. »Und wenn es Ihr
Wunsch ist – wenn Sie mir befehlen, ein Rendezvous mit Ihnen zu
haben, werde ich auch diesem Befehl Folge leisten.«
Janeway schüttelte lächelnd den Kopf. »Oh nein, Seven, so läuft
das nicht. Rendezvous kann man nicht befehlen. Nicht mal ich
kann das, der Captain. Sie müssen es schon auch selbst wollen.
Und wenn Sie es nicht wollen . . .« Sie deutete auf die Tür. ». . .
dann steht es Ihnen selbstverständlich frei zu gehen.«
»Ich weiß nicht, was Sie von mir erwarten«, erwiderte Seven
unsicher. »Ich habe mich noch nie so gefühlt wie jetzt. Ich komme
mir vor wie . . . wie . . . Ich habe kein Verhaltensmuster für Rendezvous.«
»Vielleicht lernen Sie jetzt eins«, flüsterte Janeway, während sie
sich ganz nah zu Seven vorbeugte. »Wollen Sie das?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Seven wieder. »Aber wenn Sie
meinen. Sie sind der Captain . . .«
Janeway warf sich lachend in die Kissen der Couch zurück.
»Darum geht es nicht, Seven!« Sie richtete sich wieder auf und
suchte erneut Sevens Blick, während sie sich ihr näherte. »Ich bin
nicht nur der Captain, Seven, ich bin eine Frau, genau wie Sie. Ist
Ihnen das noch nie aufgefallen?«
»Doch, selbstverständlich«, rekapitulierte Seven sofort, »es gibt
zwei Geschlechter in der menschlichen Rasse, deren Vereinigung
für die Fortpflanzung erforderl. . .«
Janeway verschloß ihr den Mund mit einem Kuß. Dann flüsterte
sie in Sevens Ohr: »Das interessiert uns hier jetzt nicht, Seven.
Uns sollte im Moment nur ein Geschlecht interessieren: unseres.
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Ihres und meines.« Sie musterte Sevens Gesicht und fügte hinzu:
»Übrigens: Ich heiße Kathryn.«
»Das ist Ihr – Vorname«, stellte Seven zögernd fest.
»Richtig«, seufzte Kathryn, »und wenn man sich näherkommt,
benutzt man den meistens.« Sie maß Seven mit einem prüfenden
Blick. »Ich möchte Ihnen gern näherkommen, Seven, sehr viel näher, aber ich frage mich, ob Sie das auch wollen, ob Sie überhaupt
wissen können, was das bedeutet.«
Seven blickte in der ihr eigenen unbewegten Art zurück. »Ich
habe das menschliche Balzverhalten versucht zu studieren, bis ich
davon abgehalten wurde. Ein Kuß soll meistens weitere sexuelle
Aktivitäten einleiten. Manchmal allerdings nicht sofort, sondern
vielleicht auch erst einige Zeit später. Bedeutet es das? Daß Sie
weitere sexuelle Aktionen mit mir ausführen wollen?« faßte Seven
zusammen, was sie irgendwann einmal gelernt hatte.
»Oh ja!« seufzte Kathryn wieder. Das menschliche Balzverhalten! Das war typisch Seven. Aber sie hatte zweifellos recht: Genau
das war es. Mittlerweile war ihre Stimme rauh vor Erregung, während Sevens immer noch klar und unbeeindruckt klang. »Das will
ich in der Tat. So könnte man es ausdrücken.« Sie beugte sich erneut vor und streichelte Sevens Gesicht. Ihre Fingerspitzen kribbelten dabei, als ob sie sie in einen Ameisenhaufen getaucht hätte.
Sevens Haut war so sanft, so weich. »Was empfinden Sie für mich,
Seven?« fragte sie leise.
»Sie sind der Captain«, sagte Seven wieder.
»Bitte, Seven«, bat Kathryn. »Sie wissen, daß ich das nicht meine. Ich hoffe jedenfalls, daß Sie es wissen. Ich meine: was empfinden Sie privat für mich? Diese Tränen vorhin, galten die allein dem
Captain? Galten die nicht eher Kathryn? Das wüßte ich gern.«
Kathryn konnte sich kaum noch beherrschen. Sie hatte Seven schon
lange Zeit begehrt, sich aber immer zurückgehalten, weil es ihr
vorgekommen wäre, als ob sie ein Kind vergewaltigte. Aber nun,
nach so langer Zeit . . . Seven war kein Kind mehr. Sie hatte vieles
gelernt. In manchem war sie perfekter als jeder andere auf dem
Schiff. Konnte sie nun nicht wenigstens in die Pubertät kommen?
»Ich . . . ich habe etwas empfunden«, sagte Seven zögernd.
»Aber es ist so fremd. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll.
Ich fühlte mich plötzlich so . . . ich wollte bei Ihnen sein. Ich wollte
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nicht, daß Ihnen etwas passiert. Ist das das, was Sie hören wollen?«
Sie musterte unsicher Kathryns Gesicht.
»Ein Anfang«, seufzte Kathryn. »Es ist zumindest ein Anfang.
Das, was ich hören wollte, klingt etwas anders, aber das war vielleicht zu viel verlangt. Ich habe Sie damit überfordert. Es tut mir
leid. Sie können jetzt gehen, wenn Sie möchten. Ich habe mich da
wohl doch nicht so ganz korrekt verhalten. Wie Sie schon des öfteren so treffend bemerkten: Ich bin der Captain. Ich sollte wissen,
wo meine Grenzen liegen. Wie will ich es sonst der Crew abverlangen?« Kathryn drängte die Erregung, die bereits Besitz von ihr
ergriffen hatte, zurück. Was hatte das für einen Sinn? Seven war
noch lange nicht in der Pubertät, würde es vielleicht nie sein. Wer
wußte, was die längste Zeit ihres Lebens bei den Borg aus ihr gemacht hatte? Gerade so etwas wie menschliche Gefühle waren da
nicht unbedingt das Thema gewesen.
»Ist das ein Befehl, mich zu entfernen?« fragte Seven stirnrunzelnd nach.
»Ja. Ja, wenn Sie so wollen, das ist es.« Kathryn sah zu ihr hoch,
als sie sich erhob. »Schlafen Sie gut«, sagte sie zärtlich, auch wenn
Seven diese Zärtlichkeit vielleicht nicht interpretieren konnte,
nicht verstehen würde, sie, Kathryn, empfand sie, empfand sie aus
tiefstem Herzen für dieses wundervolle Geschöpf.
»Ein neuer Regenerationszyklus . . .«, begann Seven.
Kathryn winkte ab. »Verschonen Sie mich, bitte«, lachte sie etwas gezwungen. »Gehen Sie einfach.«
Seven nickte und verschwand durch die Tür des Quartiers, einen
Geruch und eine Stimmung hinterlassend, die Kathryn schwindlig
machte. Warum hatte sie sie nicht einfach nehmen können? Seven
hätte sich nicht gewehrt. Sie hätte alles getan, was Kathryn wollte.
Sie befolgte ihre Befehle bedingungslos. Und sie war die perfekte
Frau. Der Doktor hatte sie dazu gemacht, und ein paar Gene, die
nach der Borg-Behandlung noch übriggeblieben waren.
Aber Kathryn wußte, daß es nicht das war, was sie wollte. Das
hätte sie schon lange haben können. Aber bislang hatte sie immer
gedacht, daß Seven gar nichts empfinden konnte. Daß sie unfähig
war, so etwas wie menschliche Gefühle nachzuvollziehen – und
damit auch Liebe. Aber heute, als Kathryn die Träne in ihrem Auge sah, hatte sie gemerkt, daß Sevens Menschlichkeit wohl doch
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langsam die Oberhand gewann. Etwas, daß sie nicht für möglich
gehalten hatte. Und kaum hatte sie das bemerkt – sie lachte spöttisch auf, über sich selbst, als sie daran dachte –, hatte sie auch
schon versucht, sich endlich ihren heiß ersehntesten Wunsch zu erfüllen und Seven in ihr Bett zu ziehen.
Wer war sie eigentlich? War sie immer noch der alle Situationen
meisternde Captain dieses Schiffes, die oberste Befehlshaberin, die
immer wußte, was zu tun war, die für jedes Problem eine Lösung
fand? Die immer wußte, was richtig und was falsch war, was korrekt und was nicht? War es korrekt gewesen, wie sie sich Seven
gegenüber verhalten hatte? Sicher nicht. Sie wußte, daß man das
auch bei der gutwilligsten Auslegung nicht dafür halten konnte.
Sie, der Captain, hatte ein Crewmitglied belästigt! Und zudem
noch eins, das in dieser Beziehung eher den Verstand eines Kindes
hatte, kaum den einer Frau, wie es ihr Körper suggerierte.
Kathryn ging zu Bett und dachte an Seven. Wie gern hätte sie sie
jetzt neben sich gehabt! Sie gestreichelt und geküßt, wie es zwei
erwachsene Frauen in gegenseitig steigender Erregung tun würden. Aber sie erinnerte sich, wie sich Sevens Lippen angefühlt hatten, als sie sie geküßt hatte: kalt und empfindungslos. Und so hatte
sich Seven wahrscheinlich auch gefühlt. Sie, Kathryn, hatte Seven
ihre Gefühle einfach aufgedrängt, aber Seven konnte nichts damit
anfangen, das hätte Kathryn auch vorher wissen können. Sie seufzte, und ihre Hand streichelte dabei ihre eigene Brust. Dann ließ sie
sie wieder aufs Laken sinken. Das würde ihr heute nacht nicht reichen. Es hatte die ganze Zeit reichen müssen, seit sie mit der Voyager unterwegs waren. Aber heute nacht wünschte sie sich Seven,
spürte noch immer ihre Gegenwart. Da war Selbstbefriedigung
einfach nicht genug. Dann verzichtete sie lieber ganz darauf.

»Seven!« seufzte Kathryn Janeway, während die andere Frau ihr
Gesicht und ihren Hals mit Küssen bedeckte. Kathryn beugte sich
zurück und ließ sich dann ganz auf den Boden sinken. Die Hände
der blonden Frau fuhren langsam streichelnd über Kathryns Kör© édition el!es
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per, und sie lächelte. »Ja, bitte . . .«, hauchte die Frau, deren
Stimme sonst als Captain des Schiffes wesentlich energischer klang.
Sevens Hände zogen ihr langsam die Uniformjacke aus, und Kathryn spürte, wie ihre Brustwarzen hart wurden in Erwartung von
Sevens Berührung. Sie bog ihren Körper Sevens Händen entgegen,
die die Uniformjacke über ihre Schultern nach hinten schob und sie
gleichzeitig küßte. Sevens Zunge drang in ihren Mund ein, und
Kathryn dachte, sie würde vor Lust vergehen, so süß war die Empfindung. Sie griff mit den Händen nach Sevens Nacken und zog sie
zu sich herunter, auf sich, um ihren Körper als willkommene Last
auf ihrem zu spüren, der nur darauf wartete, genommen zu werden. »Seven . . .«, seufzte Kathryn wieder. Seven schob nun ihre
Hand an Kathryns Körper hinunter, streichelte ihre Brüste und
glitt von ihrer Taille abwärts, so daß Kathryn das immer stärkere
Kribbeln spürte, das sich an einem Punkt zwischen ihren Beinen
sammelte. Sevens Hände begannen, ihre Hose zu öffnen und fuhren dann hinein . . . »Computer! Programm beenden!« stieß Janeway hervor, und das Holodeck-Gitter erschien statt des verlassenen Strandes mit den sanft plätschernden Wellen, der die ganze
Zeit den idealen Hintergrund für dieses Tête-à-tête gebildet hatte.
Captain Janeway erhob sich und seufzte noch einmal traurig »Seven . . .«, während sie ihre Kleidung ordnete und ihre Uniformjacke wieder überwarf. Sie konnte es nicht, sie konnte es einfach
nicht! Sie hatte sich hier auf dem Holodeck ein Abbild von Seven
erschaffen, das ihr den Traum erfüllen sollte, der in Wirklichkeit
so unerfüllbar schien, eine Frau, die – anders als Seven – ihre
Sehnsucht hätte stillen können. Sie war willig gewesen, diese Seven, willig und bereit, ihr, Kathryn, jeden Wunsch zu erfüllen. Sie
hatte sie geküßt und gestreichelt – und sie hatte gelächelt . . . etwas, das Seven nie tat.
Vielleicht hatte es daran gelegen, dachte Kathryn. Sie ging zum
Ausgang hinüber. Sie hätte ihr nichts andichten sollen, was der
echten Seven so fremd war. Dadurch war auch Kathryn diese Person wie eine Fremde erschienen, nicht wie Seven, auch wenn sie
wie Seven aussah, sich wie Seven bewegte, zuerst einmal die gleichen Gefühle in ihr ausgelöst hatte wie die reale Seven. Jedes Mal,
wenn Kathryn an sie dachte, fühlte sie ihre Brustwarzen hart werden unter der Uniform, die das Gott sei Dank verbarg, die ihre
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wahren Gefühle nicht durch zu weiches Material verriet. Wie gut,
daß sie kein Mann war, schmunzelte Janeway ein wenig. Da hätte
dann auch das unnachgiebigste Material nichts mehr genützt in ihrem Zustand . . .
Kathryn begab sich langsam zu ihrem Quartier zurück und wurde auf dem Gang von einer jungen Frau aufgehalten, die die Uniform eines Fähnrichs der Wissenschaftsabteilung trug.
»Captain?« fragte sie und nahm Haltung an.
Janeway lächelte freundlich. »Ja?« Sie war nicht im Dienst offiziell, aber das interessierte im Normalfall niemand. Der Captain
mußte einfach immer ansprechbar sein.
»Leutnant Torres läßt fragen, ob Sie vielleicht kurz in den Maschinenraum kommen könnten«, meldete die hübsche junge
Frau – Janeway vermerkte aufmerksam, daß sie hübsch war, aber
es löste weiter keine Reaktion in ihr aus. Sie freute sich für die
Frau, die vielleicht mit diesem Fähnrich hier liiert war oder es irgendwann sein würde und dann diesen schlanken biegsamen Körper genießen konnte. Sie, Janeway, würde es jedenfalls nicht sein.
Sie dachte an Seven –
»Ja, selbstverständlich«, antwortete sie etwas zu spät auf die Anfrage des Fähnrichs, die geduldig wartete, bis der Captain sich herablassen würde, mit ihr zu sprechen. Janeway lächelte. »Ich
komme sofort.« Irgendeines von B’Elannas technischen Problemen
würde ihre Aufmerksamkeit vielleicht für kurze Zeit von dem
Thema Seven ablenken. Das würde ihr gut tun.
Der Fähnrich drehte ab und ging wahrscheinlich zum Maschinenraum zurück, während Captain Janeway noch sinnierend dastand
und das gar nicht bemerkte. Dann setzte sie sich auch in Bewegung
und nahm den nächsten Turbolift. B’Elanna würde noch ein paar
Minuten warten müssen. Sie brauchte zuerst einen Kaffee nach der
Aufregung auf dem Holodeck, die zu nichts geführt hatte . . .

Als
sie Stunden später aus dem Maschinenraum zurückkam –
B’Elannas Problem war doch nicht so klein gewesen, wie sie zu
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Anfang gedacht hatte, und sie hatten viel über Lösungsmöglichkeiten diskutieren müssen –, wählte sie gleich den Weg zur Brücke.
Bislang hatte sie dienstfrei gehabt, auch wenn das wohl niemand
wahrgenommen hatte, aber nun mußte sie wirklich zum Dienst
und Haris ablösen, die die Brücke in den letzten Stunden – wahrscheinlich korrekt wie immer – geführt hatte. Besondere Vorkommnisse schien es außer dem Problem im Maschinenraum nicht
gegeben zu haben, sonst hätte man sie, den Captain, gerufen.
Als sie die Brücke betrat, erhob sich Haris vom Stuhl des Captains und erstattete Meldung. Keine Vorkommnisse, wie vermutet. Kathryn entließ sie, und Haris begab sich im Gegensatz zu ihr
in ihrer dienstfreien Zeit wahrscheinlich tatsächlich in ihr Quartier,
um zu schlafen.
Captain Janeway setzte sich auf ihren Platz und beobachtete den
großen Bildschirm vor sich, der immer das gleiche zeigte: die Weite des Weltalls, die sie noch durchqueren mußten und die nie geringer zu werden schien. Würden sie jemals wieder nach Hause
kommen? Vor der Mannschaft hätte sie solche Zweifel nie geäußert, aber sie hatte sie schon. Sie war sich nicht sicher, ob sie es
schaffen würde, das Schiff nach Hause zu bringen. Es war ein so
kleines Schiff im Vergleich zu diesem Weltall, das sich vor ihr auftat, und die Menschen darauf – einschließlich ihr selbst – waren so
zerbrechlich, so angreifbar. Und so verliebt . . .
Sie seufzte leise, so daß der Fähnrich an der Steuerkonsole sich
umdrehte und sie fragend anblickte.
»Captain?«
Janeway lächelte entschuldigend. »Nichts«, sagte sie.
Der Fähnrich widmete sich wieder ihren Steuerkonsolinformationen, und Janeway ließ ihren Blick kurz über die Anzeigen ihrer
eigenen Konsole schweifen. Ja, es stimmte, da war nichts. Aber in
ihr war ein Chaos. Sie war verliebt, sie war fürchterlich verliebt in
Seven, aber sie wußte nicht, ob Seven das je erwidern würde, ob
sie je so etwas Ähnliches fühlen würde wie sie, Kathryn, in diesem
Augenblick – ob sie das überhaupt konnte. Und selbst wenn sie es
je können würde, wer wußte, ob dann Kathryn ihre Auserwählte
war? Kathryn unterdrückte ein erneutes Seufzen, um den Fähnrich
nicht noch weiter zu verunsichern. Sie hatte eben schon so merkwürdig geblickt . . .
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Sie hatte sich verschiedene Szenarien überlegt, wie sie Seven dazu bringen konnte, etwas zu fühlen und es ihr auch zu zeigen. Eines davon war das am Strand des Holodecks gewesen. Aber es gab
auch Szenarien, die die echte Seven betrafen. Sie hatte ihr befohlen, sie, Kathryn, zu lieben, und Seven hatte natürlich ja gesagt.
Sie hatte sie mit vor Erregung heiserer Stimme gebeten, sie, Kathryn, zu küssen, und wieder hatte sich Seven selbstverständlich
nicht verweigert. Aber kein Lächeln war in ihr Gesicht getreten,
kein Seufzer hatte sich ihren Lippen entrungen – und gerade das
war es, was Kathryn haben wollte: eine empfindungsfähige Seven,
eine verliebte Seven, eine erregte Seven . . .
Vielleicht würde sie einfach noch etwas länger warten müssen.
Seven hatte sich so sehr verändert, seit sie auf die Voyager gekommen war, möglicherweise würde auch das, was Kathryn sich
wünschte, eines Tages möglich sein. Aber in ihrem Innersten wußte sie, daß sie das sehr bezweifelte. Mehr bezweifelte, als daß sie
nach Hause kommen würden . . .

»Okay, B’Elanna, ich weiß, Sie stehen auf Männer. Das ist kein
Problem für mich«, versicherte Captain Janeway lächelnd Leutnant
Torres, die schon seit ein paar geschlagenen Minuten herumdruckste und nicht damit herauskam, was sie wollte.
»Danke, Captain«, erwiderte B’Elanna unsicher in die Gegend
blickend. »Das ist nett von Ihnen.«
»Nein, es ist meine Aufgabe als Captain, B’Elanna, keinerlei
Vorurteilen anzuhängen«, korrigierte Janeway sie ein wenig genervt. Sie sollte endlich damit herausrücken! Es hatte irgend etwas
mit einem jungen Mann an Bord zu tun, so weit waren sie schon
gekommen, aber nun ließ B’Elanna sich jedes Wort aus der Nase
ziehen, und der Captain war müde.
»Ja. Danke trotzdem«, entgegnete B’Elanna und gab sich einen
Ruck. »Ich weiß, Captain, die Sternenflottenprotokolle schreiben
vor, daß es keinerlei . . . intime . . . Beziehungen . . .« Jedes Wort
schien eine Qual für sie zu sein. »zwischen einer Vorgesetzten und
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einem Untergebenen geben darf«, begann sie, »aber wir sind so
weit weg von zu Hause, und es gibt keine anderen Menschen hier
außer uns und . . .«
»Und Sie haben sich in einen Ihrer Untergebenen verliebt«, vollendete Captain Janeway aufatmend. Endlich war es raus! So etwas
Ähnliches hatte sie sich schon gedacht.
B’Elanna nickte verlegen, was bei ihr allerdings eher wie Wut
aussah, aber Janeway wußte, daß es das nicht war. »Nun, wie Sie
schon sagten, die Sternenflottenprotokolle verbieten das, und ich
nehme an, Sie wissen, daß das aus gutem Grund so ist.« Captain
Janeway beobachtete B’Elannas Reaktion genau. Wie wichtig war
ihr dieser junge Mann?
»Ich weiß«, gab B’Elanna zu. »Es soll verhindern, daß es zu Konflikten kommt zwischen den privaten und den dienstlichen Verhältnissen. Das ist ja auch sehr logisch, aber . . .« Sie brach unsicher
ab.
»Aber wir sind weit weg von zu Hause«, ergänzte Janeway. »Das
sagten Sie schon.«
B’Elanna schien nun wirklich ein wenig wütend zu werden. »Ich
weiß, daß Ihnen heterosexuelle Beziehungen wahrscheinlich unnötig erscheinen und fremd, aber es gibt genug normale Paare auf
dem Schiff, lesbische Paare, und darüber spricht niemand!«
»Wenn sie nicht Vorgesetzte und Untergebene sind«, gab Janeway zu bedenken. »Wenn sie den gleichen Dienstgrad haben,
kommt es weniger zu Konflikten, und sie sind dann normalerweise
auch in verschiedenen Abteilungen eingesetzt.«
B’Elanna sank zusammen. »Ja, Sie haben recht«, stimmte sie
dem Captain zu, »aber ich . . .«
»Sie verbringen praktisch Ihr ganzes Leben im Maschinenraum,
und deshalb ist es natürlich jemand von dort«, seufzte Janeway.
B’Elanna nickte.
»Vielleicht könnten wir den jungen Mann versetzen«, schlug Janeway vor.
»Das wäre nicht fair«, meinte B’Elanna. »Er ist Ingenieur, genau
wie ich, und er arbeitet gern im Maschinenraum. Er möchte nichts
anderes.«
Janeway seufzte innerlich. B’Elanna befand sich in genau der
gleichen Situation wie sie, aber sie durfte es wenigstens zeigen.
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»Also gut, B’Elanna, wir werden eine Lösung finden. Ich werde
darüber nachdenken. Sie wissen, daß ich die Sternenflottenprotokolle nicht gern verletze. Wenn, dann nur im Notfall. Und – so
leid es mir tut – der ist für mich noch nicht eingetreten, wenn sich
jemand verliebt.« Sie machte eine Pause. »Egal wer«, fügte sie
dann noch leise hinzu, ohne daß B’Elanna erkennen konnte, um
was es ging. Sie lächelte B’Elanna zu: »Mir wird schon etwas einfallen. Tut es das nicht immer?«
B’Elanna lächelte unsicher zurück. »Sicher, Captain.«
»Wegtreten«, sagte Janeway, und B’Elanna entfernte sich durch
die Tür, hinter der die Brücke für einen Moment erschien, auf der
Ruhe herrschte. Sie glitten einfach nur durch den Raum. Nichts
passierte, außer daß sie ein paar Sekunden näher an zu Hause kamen. Dann schloß sich die Tür hinter B’Elanna wieder automatisch.
Kathryn war müde. Sie hatte nun bereits drei Dienstzyklen hinter sich, und das nicht ohne Grund. Zog sie sich zurück in ihr
Quartier, dachte sie an Seven. Hatte sie eine Weile nichts zu tun,
dachte sie an Seven. Versuchte sie, den besten Weg nach Hause zu
finden und studierte dabei Daten aus dem astrometrischen Labor,
konnte sie gar nicht anders, als an Seven zu denken, denn sie hatte
diese Daten erstellt. Am schlimmsten war es, wenn Seven Dienst
auf der Brücke hatte oder sie einfach nur betrat. Sie blickte kühl
wie immer, sagte: »Captain, ich melde mich zum Dienst.« und
Kathryn antwortete: »Gut, Seven, besetzen Sie Ihre Station.« Ein
privates Wort hatten sie schon seit Wochen nicht mehr miteinander gewechselt. Kathryn wußte genau, seit wann. Exakt seit jenem
Abend in Kathryns Quartier.
Seven erwähnte den Vorfall nie mehr, und selbstverständlich tat
es Kathryn auch nicht. Sie wußte noch nicht einmal, ob Seven
überhaupt noch daran dachte. Hatte es für sie irgendeine Bedeutung gehabt, was Kathryn ihr gesagt hatte? Hatte der Kuß etwas in
ihr ausgelöst, wenigstens im Nachhinein? Dachte sie so oft darüber
nach, wie Kathryn es tat? Sehnte sie sich nach ihr? Beherrschte
Kathryn ihre Gedanken genauso wie sie die ihren? Nein, wohl
kaum. Kathryn machte sich darüber keine Illusionen. Seven hatte
das Erlebnis – eine Erfahrung konnte man es ja wohl kaum nennen
– wahrscheinlich einfach nur in ihrer Datenbank abgespeichert . . .
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unter Balzverhalten. Etwas, das es ihr einfacher machte, das Verhalten ihrer menschlichen Umwelt einzuschätzen – einzuordnen. Von
außen zu betrachten. Von außen.
Kathryn seufzte, als ihr das klar wurde. Seven betrachtete alles
immer nur von außen. Niemals von innen. Sie nahm niemals teil,
sie beobachtete nur. Wenn man versuchte, sie hineinzuziehen in
das, was alle anderen Leben nannten, wich sie einfach aus. Sie beteiligte sich nicht. Tat sie das mit Absicht? Hatte sie vor irgend etwas
Angst? Angst vor zu viel Menschlichkeit – oder nur Angst vor Sexualität? Oder Angst vor gar nichts, aber einfach kein Interesse?
Kathryns Sehnsucht nach Seven wuchs, je mehr ihr die Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens bewußt wurde. Sie hatte sich selten so hilflos gefühlt. Als Captain eines Schiffes hatte sie sich nie so
gefühlt. Sie hatte immer gewußt, was zu tun war, und selbst wenn
eine Situation aussichtslos erschien, hatte sie immer angenommen,
daß es einen Ausweg gab und sie ihn einfach nur noch nicht gefunden hatte. Sie mußte nur lange genug danach suchen. Aber hier?
Sie hatte schon so lange gesucht, aber noch immer tat sich keine
Lösung auf, keine Hoffnung.
Barbara Mallen betrat den Raum des Captains und blieb vor ihrem Tisch stehen. »Kathryn, kann ich Sie sprechen?«
Kathryn lächelte müde. »Ja, sicher, was gibt es denn?«
»Ich mache mir Sorgen um Sie, Kathryn«, sagte Commander
Mallen. »Sie schlafen nicht genug, Sie sehen blaß aus, Sie sind nicht
mehr so lange am Stück im Dienst gewesen seit . . . seit damals.«
Kathryn lachte ein wenig auf. »Wollen Sie mich wieder absetzen?«
»Nein.« Commander Mallen schüttelte den Kopf. »Ich glaube
nicht, daß es so etwas ist. Nichts Außermenschliches, sondern etwas sehr . . . Menschliches.«
»Ja«, lachte Kathryn abwehrend. »Schlafmangel. Ich werde das
nachholen, Barbara, ich versprech’s. Sobald mein heutiger Dienst
vorbei ist.«
»Der Schlafmangel ist das Symptom, aber nicht die Ursache,
Kathryn, das können Sie mir nicht erzählen. Wenn Sie nicht der
Captain wären oder vielleicht noch ein Teenager, würde ich vermuten . . .« Mallen brach verlegen ab.
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Captain Janeway lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schmunzelte. »Was würden Sie vermuten?«
»Ich würde vermuten«, Mallen gab sich einen Ruck, »ich würde
vermuten, daß Sie verliebt sind, schwer verliebt.«
Janeway war baff. Sie hatte Barbara Mallen völlig auf dem Holzweg gewähnt, und nun, da sie genau ins Schwarze traf, entstand
eine der seltenen Situationen in Janeways Leben, in der sie sprachlos war. »Wie kommen Sie darauf?« brachte sie dann nach einer
Weile einigermaßen energisch über die Lippen, weil sie sich an die
Befehlsgewalt erinnerte, die sie über Commander Mallen hatte.
Zur Not konnte sie ihr verbieten, über gewisse Dinge zu reden.
Mallen lachte und setzte sich, da sie aus Janeways Verhalten entnahm, daß sie mit ihrer Vermutung richtig lag. »Wenn es nicht
noch absurder wäre, würde ich sagen, es ist Seven.«
»Seven?« Janeway reagierte, bevor sie überlegen konnte. Ihr
entgeisterter Gesichtsausdruck sprach sicher Bände.
»Na ja, ich gebe zu, es ist ein bißchen weit hergeholt«, milderte
Mallen ihre Vermutung etwas ab, aber der Blick, den sie Janeway
dabei zuwarf, besagte genau das Gegenteil. »Doch seit einiger Zeit
ist mir aufgefallen, daß Sie Seven schärfer beobachten als früher.«
»Nun, sie . . . entwickelt sich besser als erwartet«, behauptete
Janeway schnell. »Sie ist eines der wertvollsten Mitglieder meiner
Mannschaft geworden, und deshalb denke ich seit einiger Zeit darüber nach, wie . . . wie ich sie noch besser einsetzen könnte.«
»Sie müssen mir nichts erzählen, Kathryn, wenn Sie nicht wollen. Ich dachte nur, Sie wollten sich vielleicht einmal aussprechen.
Viel Gelegenheit haben Sie dazu ja nicht auf dem Schiff als Captain.
Wir haben keine Psychologin an Bord – und ich bin auch keine, das
gebe ich zu –, aber falls Sie je einmal das Bedürfnis haben sollten,
über irgend etwas Privates zu sprechen: Ich stehe Ihnen zur Verfügung.« Mallen stand auf. »Bitte schlafen Sie ein bißchen, Captain,
wir brauchen Sie noch.«
Janeway nickte. »Ich werd’s versuchen. Machen Sie sich keine
Sorgen, Barbara. Es ist alles in Ordnung mit mir.«
Mallen machte ein Gesicht, als ob sie das bezweifelte, aber sie
sagte nichts. Kurz, bevor sie den Raum des Captains verließ, drehte sie sich noch einmal um. »Sie ist wirklich sehr attraktiv«, sagte
sie lächelnd. »Ich kann Sie verstehen.«
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Dann ging sie.
Oh je, dachte Kathryn. Ich hätte ihr die Wahrheit sagen sollen. Dann
hätte ich wenigstens einmal mit jemand darüber sprechen können. Warum
habe ich es ihr nicht gesagt, eigentlich? Sie wußte es ja ohnehin – offensichtlich. Aber wenn sie es zugegeben hätte, hätte sie sich eindeutig entscheiden müssen. Das, was sie B’Elanna gesagt hatte, traf
nun einmal auf sie genauso zu – und sogar Seven hatte es ihr gesagt: Ein einfaches Crewmitglied hatte keine Rendezvous mit dem
Captain. Sie selbst hatte B’Elanna erklärt, daß so etwas nur bei
gleichem Dienstgrad und verschiedenen Aufgabenbereichen möglich war, um Interessenkonflikte zu vermeiden.
Sicher, Seven war nicht wirklich ein Crewmitglied wie die anderen. Sie gehörte weder zur Sternenflotte noch zu irgendeiner anderen Organisation. Sie war eher zufällig auf die Voyager geraten,
also eigentlich war sie tatsächlich die einzige, die auf der Voyager
für Janeway in Frage kam . . . Kathryn lachte auf, als ihre Gedanken an diesem Punkt ankamen. Sie suchte nur nach einer Entschuldigung, zumindest nach einer Rechtfertigung für ihr unangemessenes Verhalten. Seven wollte doch gar nicht, selbst wenn es stimmte, was Kathryn sich da zusammenreimte, um die Hoffnung am
Leben zu erhalten, daß es doch noch etwas werden könnte.
Das, was auf der einen Seite als positiv betrachtet werden konnte, nämlich Sevens Besonderheit, die sie von allen anderen unterschied, war auf der anderen Seite genau das, was eine Beziehung
wahrscheinlich unmöglich machte: Seven war einfach anders. Sie
kannte weder Sehnsüchte noch Träume, sie verzehrte sich nicht
nach einer Partnerin für einsame Nächte. Die Einsamkeit war ihr
normaler Zustand, seit sie das Kollektiv gezwungenermaßen verlassen hatte. Dazwischen gab es nichts. Zweisamkeit war nicht
vorgesehen.
Kathryn sah, daß ihr Dienst beendet war, und sie war fest entschlossen, Barbaras Rat zu folgen und endlich etwas zu schlafen –
wenn sie denn konnte. So konnte es nicht weitergehen. Sie mußte
sich Seven aus dem Kopf schlagen.
Sie verließ die Brücke und machte doch noch einen Abstecher
zum Casino. Ein wenig Ablenkung gegen allzu schwere Gedanken
vor dem Schlafengehen. Es half tatsächlich. Sie ging lächelnd und
mit der Sicherheit auf die Aussicht, diese Nacht wirklich Ruhe zu
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finden, den Gang zum nächsten Turbolift entlang und betrat ihn.
Ein junger Fähnrich, der sich schon darin befand, grüßte sie. Sie
grüßte zurück und gab ihren Zielort an. Der Lift setzte sich in Bewegung und hielt kurz darauf wieder. Kathryn stand ganz in Gedanken versunken da und mußte plötzlich erneut lachen über einen
Witz, den man ihr eben im Casino erzählt hatte.
»Captain«, grüßte eine andere Stimme, die Stimme der Person,
die gerade den Lift betrat und sich zu Kathryn und dem Fähnrich
gesellte.
Kathryn erwachte aus dem Nachhall des Witzes und erstarrte.
Sie nickte knapp. »Seven.«
Es war das erste Mal, daß sie sich außerhalb des Dienstes trafen,
nach dem Vorfall. Bislang hatte der Dienst, die Umgebung, die anderen Menschen, die Brücke sie geschützt – sie und Seven – in Gefahr zu geraten, sich zu nahe zu kommen. Wenn Seven das überhaupt wollte. Kathryn wollte es, das wußte sie, und sie war froh
gewesen um den Schutz durch die anderen. Die Formalia des
Dienstes ließen alles viel einfacher erscheinen. Diese Situation hier
war – verwirrend. Und wurde es noch mehr, als der Lift hielt und
der Fähnrich ihn verließ.
Kathryn und Seven blieben allein zurück. Die Türen schlossen
sich, und der Lift fuhr weiter. Seven stand gerade wie immer da
und blickte geradeaus, nichts Besonderes eigentlich bei ihr, aber
Kathryn hatte das Gefühl, daß sie es absichtlich tat, daß sie sie,
Kathryn, absichtlich ignorierte. Kathryn selbst spürte ihr Herz
immer stärker pochen. Aus dem Augenwinkel nahm sie Sevens
Brüste war, die sich regelmäßig hoben und senkten. Alles wie immer. Aber Sevens Nähe machte Kathryn verrückt. Sie konnte das
nicht mehr länger ertragen. Die Situation war ihr peinlich, und
gleichzeitig fühlte sie ihre Erregung steigen, ohne daß sie es kontrollieren konnte. Bilder des Abends mit Seven in ihrem Quartier
schossen ihr durch den Sinn, blieben stehen, breiteten sich aus,
ließen sie Sevens Lippen wieder spüren . . .
»Seven?« Sie räusperte sich, als sie merkte, wie rauh ihre Stimme klang.
Seven drehte sich ein wenig zu ihr. »Ja, Captain?«
»Seven, ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen für das, was
das letzte Mal in meinem Quartier passiert ist«, brachte sie mit fes© édition el!es
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ter Stimme hervor und preßte dann ihre Lippen aufeinander, um
nicht noch mehr zu sagen.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Captain«, erwiderte Seven.
»Computer! Lift anhalten!« befahl Janeway.
Bei jedem anderen Crewmitglied hätte sie angenommen, daß sie
nur vorgab, nicht zu wissen, was Kathryn meinte, daß sie nur so
tat, als sei nichts geschehen, aber bei Seven konnte das nicht sein.
Sie log nicht und sie heuchelte nicht, sie versuchte sich nicht einzuschmeicheln, um befördert zu werden. Das alles fiel bei ihr aus.
Sie meinte genau das, was sie sagte.
»Ich meine, daß ich Sie gegen Ihren Willen belästigt habe, daß
ich Sie geküßt habe. Ich bin sicher, daß Sie sich daran erinnern.«
»Selbstverständlich, Captain«, bestätigte Seven kühl, aber nicht
abweisend. Es war einfach ihre normale Art.
»Und eben dafür wollte ich mich entschuldigen. Ich hatte kein
Recht dazu, Ihnen so nahe zu treten. Gerade als Captain dieses
Schiffes hätte ich die Aufgabe gehabt, mich zu beherrschen, meine
Gefühle unter Kontrolle zu halten. Es tut mir leid.«
Seven schwieg einen kurzen Augenblick, dann sagte sie: »Soweit
ich weiß, sind Entschuldigungen in erster Linie dazu da, etwas, das
einen anderen Menschen verletzt oder beleidigt hat, wieder aus
der Welt zu schaffen, den Ursprungszustand wiederherzustellen.
Ich bin weder verletzt noch beleidigt. Ich empfinde solche Gefühle
nicht. Also müssen Sie sich auch nicht entschuldigen.«
»Doch.« Kathryn lachte etwas gequält auf. »Doch, das muß ich.
Wenn nicht Ihretwegen, dann auf jeden Fall meinetwegen. Es gibt
eben zwei Seiten bei einer Entschuldigung. Die eine ist die der Beleidigten, aber die andere ist diejenige, die ihre Schuld loswerden
möchte. Das bin in diesem Falle ich. Deshalb möchte ich Sie bitten, meine Entschuldigung anzunehmen. Wenn Sie das nicht tun,
muß ich weiterhin damit herumlaufen, und das ist mir höchst unangenehm. Auch wenn Sie diese Art von Gefühlen nicht empfinden: Ich tue es. Es ist mir peinlich, was ich getan habe. Mein Verhalten war höchst unangemessen. Ich möchte das unbedingt aus
der Welt schaffen, damit wir wieder normal miteinander umgehen
können.«
»Wir gehen normal miteinander um. Daran hat sich nichts geändert«, meinte Seven fast ein wenig stirnrunzelnd.
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Kathryn seufzte. »Sie vielleicht! Aber ich nicht. Mich überläuft
jedes Mal ein verlegener Schauer, wenn ich Sie sehe.«
»Verlegenheit ist der Ausdruck einer inneren Empfindung . . .«,
begann Seven, aber Janeway unterbrach sie.
»Bitte, Seven, nehmen Sie meine Entschuldigung an und philosophieren Sie später darüber!« Kathryn spürte, daß die Enge des
Aufzugs und Sevens unvermeidliche Nähe ihr in keiner Weise gut
tat. Das, wofür sie sich gerade entschuldigte, hätte sie am liebsten
hier gleich wieder getan . . . und mehr. Sie mußte dieses Zusammentreffen beenden.
»Ihre Körpertemperatur hat sich erhöht und Ihr Pulsschlag«,
stellte Seven ungerührt fest. »Sie haben nun ungefähr das gleiche
Niveau erreicht wie an dem Abend in Ihrem Quartier.«
Janeway lehnte sich gegen die Wand des Lifts zurück. »Mein
Gott, Seven, ja! Ich begehre Sie. Daran hat sich nichts geändert,
und ich kann es offensichtlich noch nicht einmal verbergen. Aber
ich werde Sie deshalb trotzdem nie wieder belästigen.«
»Das ist nicht logisch«, erwiderte Seven immer noch ohne jede
Anteilnahme. »Wenn ich die Reaktionen Ihres Körpers richtig interpretiere, ist es genau das, was Sie wollen. Warum tun Sie es
dann nicht?«
Kathryn seufzte und richtete sich auf. »Weil wir nicht immer alles tun können oder dürfen, was wir wollen«, bemerkte sie resignierend. »Computer! Fahrt fortsetzen!« befahl sie. »Es ist schwerer, Ihnen das zu erklären, als ich dachte«, lachte sie dann etwas
verlegen.
»Es ist eine Regel, die man nicht verletzen darf«, schloß Seven
aus Kathryns Ausführungen, »auch wenn man das möchte, was innere Konflikte in einem Menschen auslöst. Offensichtlich wieder
eine äußerst ineffiziente menschliche Verhaltensweise, denn das
Nicht-ausführen-können belastet sie. Es beeinträchtigt Ihre Funktionalität im Dienst. Deshalb wäre es besser, diese Aktion auszuführen, damit die Beeinträchtigung aufgehoben wird.«
Kathryn lachte. »Oh Seven!« Dann wurde sie wieder ernst. »Sie
würde dadurch nicht aufgehoben, das kann ich Ihnen versichern.
Vielleicht würde es dadurch sogar noch verschlimmert. Das kann
man vorher nie wissen.«
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»Warum nicht?« fragte Seven wissenschaftlich interessiert.
»Wenn man alle Parameter berücksichtigt . . .«
»Weil wir Menschen sind, Seven, keine Parameter!« fuhr Kathryn ein wenig auf. »Entschuldigen Sie«, sagte sie dann. »Ich wollte
Sie nicht anfahren. Aber ich habe wenig geschlafen in letzter Zeit,
und meine Nerven sind etwas gereizt.«
»War ich der Grund Ihrer Schlaflosigkeit?« fragte Seven, immer
noch aus anscheinend wissenschaftlicher Neugierde.
Kathryn schwieg einen Moment und sah Seven zärtlich an, was
diese aber wohl kaum wahrnahm. »Ja«, sagte Kathryn dann leise.
»Das stimmt.«
»Das spricht nur für meine Theorie«, dozierte Seven, »daß dieser Zustand durch die Ausführung der von Ihnen gewünschten Aktion beendet werden muß.«
»Ja«, bestätigte Kathryn etwas gequält lächelnd, »das wäre eine
Möglichkeit. Das Problem dabei ist nur: Dazu gehören zwei. Die
Aktion – wie Sie es nennen –, die ich mir wünsche, kann ich nicht
allein ausführen. Das wäre wenig sinnvoll.«
»Ich kann mich gern dafür zur Verfügung stellen«, bot Seven an.
»Wenn Sie es mir befehlen . . .«
Kathryn hob die Hand. »Das kann man nicht befehlen, das sagte
ich Ihnen schon einmal. Dabei geht es um Gefühle, die Sie genauso
haben müssen wie ich. Erst dann wäre so etwas möglich. Sie müssen es wollen. Sie müssen etwas dabei empfinden. Sonst . . . sonst
ist es nicht das, was ich möchte«, schloß sie etwas mühsam, denn
ihr Puls raste bereits, weil Sevens Nähe in der Enge des kleinen
Raumes und dieses ganze Gespräch über die Unmöglichkeit einer
Beziehung mit ihr sie mehr und mehr verrückt machte, sie mehr
und mehr wünschen ließ, sie wäre nicht der Captain des Schiffes,
sondern irgendein kleiner Fähnrich oder Leutnant, die einfach ihren Gefühlen folgen konnte. Sie lachte erneut auf. »Es gibt eine
Variante, bei der Befehl und Gehorsam eine Rolle spielen, aber das
ist nicht mein Fall. Wenigstens in dieser Beziehung möchte ich
einmal nicht der Captain sein.«
Seven runzelte ein wenig die Stirn. »In welcher Beziehung?«
fragte sie.
Die Tür des Turbolifts öffnete sich, und sie waren auf dem Deck
mit Kathryns Quartier angekommen. »Das erkläre ich Ihnen ein
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andermal«, bemerkte sie aufatmend, während sie schnell den Lift
verließ. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht.« Seven erwiderte die Grußformel automatisch,
wie sie es mittlerweile gelernt hatte.
Kathryn drehte sich um und ging davon, während sie noch einmal tief durchatmete. Sehr viel länger hätte sie sich nicht zurückhalten können! Die ganze Entspannung, die sie sich durch den Besuch im Casino erarbeitet hatte, war nun wieder dahin. Das hätte
sie sich auch sparen können. Aber irgendwann mußte es ja mal zu
einer solchen Begegnung kommen. Und es würde auch in Zukunft
erneut dazu kommen. Das ließ sich auf einem so engen Lebensraum wie der Voyager kaum vermeiden. Sie mußte einfach lernen,
damit umzugehen. Mit Sevens Nähe und Sevens Ausstrahlung, von
der sie gar nichts wußte.
Sie stieß den Atem noch einmal aus und betrat ihr Quartier.
Warum war es gerade Seven, an der sie so interessiert war? Es gab
viele hübsche Frauen auf dem Schiff, Offizierinnen, mit denen eine
Affäre zwar auch nicht korrekt, wohl aber zumindest möglich gewesen wäre. Warum ausgerechnet Seven? Seven, die so anders
war. Seven, die nichts empfinden konnte. Seven, die alles nach
Prämissen, Parametern und Funktionalität einordnete und der jede
andere Art von Beurteilungskriterium fremd war. Die Relevanz
und Effizienz über alles andere stellte, und der es deshalb logisch
und konsequent erschien, mit Kathryn zu schlafen, nur um diese
Effizienz wiederherzustellen. Kathryn seufzte, während sie sich
auszog und ins Bett legte. Sie würde sich heute ihren Schlaf holen,
koste es, was es wolle! Sie wollte nicht an Seven denken, nicht
einmal von ihr träumen. Sie stand auf und nahm ein medizinisches
Präparat ein, daß ihr dazu verhelfen sollte. Kurz darauf schlief sie
tief und fest.
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»Ich habe eine Lösung für das Problem«, sagte Captain Janeway,
und B’Elanna, die eben noch etwas deprimiert vor ihr gestanden
hatte, blickte erfreut hoch.
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»Tatsächlich, Captain?«
»Ja. Ich habe mir die Personaldatei von Fähnrich Kutschera angesehen und festgestellt, daß er noch andere Talente hat als die, die
im Maschinenraum gebraucht werden.«
B’Elanna errötete, ohne es zu wollen.
Kathryn schmunzelte. An diese Talente hatte sie zwar nicht gedacht, aber es war verständlich, wenn das das einzige war, was
B’Elanna im Moment interessierte.
»Ich werde ihn in die physikalische Abteilung versetzen, und ich
glaube kaum, daß er dort unglücklich sein wird.«
»Und dann ist es erlaubt . . .?« fragte B’Elanna fast ein wenig ungläubig.
Kathryn nickte gnädig. »Ja, dann ist es erlaubt. Ich stimme dem
zu. Ich kann ihn nicht befördern und noch viel weniger Sie degradieren, aber ich denke, diese Trennung im Rahmen der Zuständigkeiten sollte erst einmal reichen. Sie sind dann nicht mehr seine
Vorgesetzte.«
B’Elanna strahlte. »Danke, Captain!«
Captain Janeway entließ die überglückliche B’Elanna aus ihrem
Raum und seufzte innerlich, als sie fort war. Wenn sich ihr eigenes
Problem doch auch so leicht lösen ließe . . . Es war bereits wieder
Wochen her, seit sie Seven im Lift getroffen hatte, und an der Situation hatte sich nicht das geringste geändert. Im Dienst lief alles
ab wie immer, außer daß Kathryn sich jetzt jedes Mal vergewisserte, wo auf dem Schiff Seven war, bevor sie außerhalb des Dienstes
oder allein einen Weg machte. So hatte sie jegliche Möglichkeit einer zufälligen Begegnung ausgeschlossen.
Mit Hilfe der Medizin schlief sie auch gut, aber ohne das war es
kaum möglich. Das allein war bereits ein Zustand, den sie so nicht
weiterführen konnte. Der Doktor hatte sie schon darauf angesprochen. Im Moment tolerierte er es noch, stellte eine erhöhte Belastung des Captains durch etliche Geschehnisse der letzten Wochen
fest – gerade im Augenblick befanden sie sich wieder in einem
Konflikt mit einer fremden Rasse, dem sie auszuweichen versuchten – und erlaubte ihr die weitere Unterstützung durch äußere
Mittel beim Einschlafen, aber irgendwann würde er das nicht mehr
tun.
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Wie es der Zufall wollte, meldete sich gerade zu diesem Zeitpunkt, als sie an den Doktor dachte, dessen Kanal auf dem Bildschirm. Janeway schaltete ihn ein.
»Captain, ich muß Ihnen etwas mitteilen«, begann der Doktor
wie meistens ohne Begrüßung.
»Ja?« Janeway blickte fragend und auch etwas besorgt, weil sie
annahm, daß sich das, was der Doktor ihr mitzuteilen hatte, auf sie
selbst bezog.
»Seven war gerade zur routinemäßigen Überprüfung hier«, erklärte der Doktor.
Hm. Kathryn bekam einen leichten Schreck. Hatte Seven dem
Doktor etwas erzählt?
»Irgend etwas stimmt nicht mit ihr«, fuhr der Doktor fort.
»Aber ich kann nicht feststellen, was. Körperlich scheint alles mit
ihr in Ordnung zu sein. Auch die Borg-Implantate funktionieren
perfekt. Aber dennoch: Sie wirkt anders als sonst. Ich weiß, daß
ich so etwas sonst nicht tue . . . wenn ich nichts feststellen kann, ist
da auch nichts . . . aber ich behandle Seven jetzt schon so lange. Ich
habe sie zu dem gemacht, was sie ist . . . und irgend etwas stimmt
nicht mit ihr«, schloß der Doktor, wie er begonnen hatte. »Können Sie nicht mal mit ihr sprechen?«
Kathryn zuckte innerlich zusammen. Das war ja genau das, was
sie während der gesamten Zeit der vergangenen Wochen hatte
vermeiden wollen! Aber sie mußte sich zusammenreißen. Sie war
der Captain, und es war vollkommen in Ordnung, wenn der Doktor von ihr erwartete, daß sie sich um die Sache kümmerte.
»Haben Sie eine Vermutung, was es sein könnte, Doktor?« fragte sie.
»Nicht die geringste, das ist es ja eben«, jammerte der Doktor
fast. Es kratzte an seinem holographischen Ego, daß er nicht herausfinden konnte, was los war.
»Gut, ich werde mit ihr sprechen«, versprach Captain Janeway.
»Ist sonst noch etwas?« Sie hatte ein wenig Angst vor der Antwort,
aber der Doktor schüttelte den Kopf.
»Nein, sonst ist nichts.«
»Janeway Ende«, sagte Kathryn und schaltete den Doktor auf
dem Bildschirm ab. Sie lehnte sich in ihren Stuhl zurück und seufzte. Sie benahm sich wirklich nicht, wie ein Captain sich benehmen
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sollte. Sie drückte sich davor, Seven zu sehen, statt sich der Herausforderung zu stellen. Aber hatte sie es nicht versucht? Sie hatte
das Thema im Lift angesprochen, sie hatte sich entschuldigt, sie
hatte gehofft, daß sich daraus eine Veränderung der Situation ergeben würde – in die eine oder andere Richtung. Aber um solch eine
Veränderung zu bewirken, mußten sie beide sie wollen. Und das
war nicht der Fall. Seven sah keinen Grund für eine Veränderung
ihrer Beziehung, außer dem, daß Kathryn dann wieder besser funktionierte.
Es war besser, wenn sie die Sache jetzt gleich erledigte, bevor sie
sich noch mehr Gedanken darüber machen konnte. Sie betätigte
ihren Kommunikator. »Janeway an Seven-of-Nine.«
»Hier Seven-of-Nine«, kam fast ohne Verzögerung die Antwort
zurück.
»Können Sie bitte in meinen Raum kommen?« Sie versuchte, ihre Stimme dienstlich klingen zu lassen und nicht so ängstlich, wie
sie sich fühlte.
»Sofort, Captain«, erfolgte die Bestätigung des Befehls.
Janeway wußte, daß sofort bei Seven auch sofort bedeutete. Sie
würde nicht lange warten müssen.
Ein paar Minuten später öffnete sich die Tür, und Seven trat ein.
Sie blieb mit auf dem Rücken gefalteten Händen vor dem Tisch des
Captains stehen, wie es die Dienstordnung verlangte. »Captain?«
Kathryn erhob sich und ging um den Tisch herum. »Der Doktor
hat mich gerade angerufen und mir mitgeteilt, daß Sie bei ihm zur
Untersuchung waren.«
Seven blickte – wenn man es so interpretieren wollte – für ihre
Verhältnisse überrascht. »Der routinemäßige Turnus erforderte
das.«
»Ich weiß«, sagte Kathryn, und schon wieder bildete sich ein
Kloß in ihrem Hals, weil Seven so nah und erreichbar vor ihr
stand. Sie hätte nur die Hand auszustrecken brauchen . . . Kathryn
drehte sich um und ging zum Replikator. Sie fragte Seven gar nicht
erst und bestellte sich einen Tee. So konnte sie wenigstens ein paar
Sekunden den Replikator anblicken und nicht Seven. Mit der Teetasse in der Hand nahm sie das Gespräch wieder auf. »Nun, der
Doktor meint, daß irgend etwas mit Ihnen nicht stimmt«, sagte sie
ohne besondere Betonung.
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»Mir sagte er, die Ergebnisse seien alle in Ordnung«, entgegnete
Seven, nun tatsächlich mit einem etwas überraschten Ausdruck in
der Stimme, selbst wenn der nur angedeutet war.
»Ja, das waren sie auch. Das hat er mir ebenfalls gesagt. Aber
dennoch scheint er das Gefühl zu haben, daß etwas darüber hinaus
nicht ganz den . . . Erwartungen entspricht«, formulierte Captain
Janeway vorsichtig und nippte an ihrem Tee. Er war heiß. Vielleicht half das etwas, die Hitze in ihrem Körper zu verschleiern.
»Was genau?« fragte Seven nach. Mit solch vagen Formulierungen gab sie sich nicht zufrieden, das war ja klar.
»Das eben wußte er nicht«, erklärte Janeway.
»Und von dem, was er nicht wußte, hat er Ihnen Meldung gemacht?« fragte Seven deutlich irritiert.
»Ja«, bestätigte Janeway. »Ich weiß, daß das komisch klingt, gerade für den Doktor, der ja nun nicht gerade ein Gefühlsmensch ist
– überhaupt kein Mensch, um genau zu sein –, aber ich kann Ihnen
auch nicht mehr sagen, als was er mir mitgeteilt hat. Hätten wir
eine Psychologin an Bord, würde er Sie wahrscheinlich zu ihr schicken, aber da wir keine haben, bin ich als Captain dafür zuständig.«
Seven stand da und sagte gar nichts.
Kathryn verzog ein wenig die Mundwinkel. »Könnte es sein, daß
Sie eben darüber nachdenken, daß die Zuständigkeit gerade in diesem Fall möglicherweise in den Händen der falschen Person liegt?«
fragte sie leicht belustigt. Wenn sie schon sonst keine Gefühle aus
Seven herauslocken konnte, vielleicht war es dann wenigstens
möglich, sie zu verunsichern, so daß sich weitere Gefühle entwickelten – in ferner, sehr ferner Zukunft.
»Das habe ich getan, ja«, gab Seven reserviert zu. »Ich habe darüber nachgedacht, ob in diesem Fall für Sie nicht ein Interessenkonflikt besteht.«
»Sie wissen also, wovon der Doktor spricht?« fragte Janeway
nach.
»Nicht so ganz«, sagte Seven. »Es widerstrebt mir, Dinge, die
nicht genau zu definieren sind, überhaupt zu erwähnen. Es erscheint mir unlogisch, irrelevant und ineffizient, und normalerweise beschäftige ich mich nicht damit. Aber meine Studien des
menschlichen Charakters haben mir gezeigt, daß es viele menschli© édition el!es
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che Verhaltensweisen gibt, die dieser Maxime widersprechen.
Menschen beschäftigen sich viel zu oft und anscheinend ausgesprochen gern mit irrelevanten und ineffizienten Dingen.«
Janeway lachte. »Ja, das stimmt. Wenn wir immer nur auf Effizienz ausgerichtet wären, würden viele Dinge aus unserem täglichen Leben verschwinden.«
»Bei meinen Studien des Balzverhaltens habe ich zudem festgestellt«, fuhr Seven fort, »daß sich gerade hier irrelevante und ineffiziente Aktionen häufen. Sie scheinen sogar das Zentrum zu bilden.«
»Ich wünschte, Sie würden nicht immer den Ausdruck Balzverhalten verwenden«, warf Kathryn etwas gequält ein.
»Es ist der korrekte Terminus«, meinte Seven. »Wie sollte ich es
sonst nennen?«
»Ja, wie sonst?« Kathryn überlegte. Was für eine Wahl im Ausdruck hatte Seven wirklich? Gefühle, Liebe? Das sagte ihr nichts.
Sie registrierte chemische Reaktionen und ritualisierte Verhaltensweisen – und mehr war es ja eigentlich auch nicht. Aber warum quälte es sie, Kathryn, dann so schrecklich? Sie setzte sich und
stellte ihre Tasse auf dem Tisch ab. »Wahrscheinlich haben Sie
recht. Aber Sie sprachen eben von einem Interessenkonflikt.« Es
widerstrebte Kathryn ebenso, dieses Thema anzusprechen, wie Seven, unlogische Schlüsse zu ziehen, aber sie mußte es tun. »Das
heißt, das, was weder der Doktor noch Sie offensichtlich benennen
können, hat etwas mit . . . mir zu tun?«
»Ich habe das, was Sie mir über Gefühle erzählt haben, in eines
der Programme eingebaut, die der Doktor für mich auf dem Holodeck geschrieben hat, um meine soziale Kompetenz zu erweitern. Wollen Sie es sehen?«
Nicht unbedingt, dachte Kathryn, aber laut sagte sie: »Sicher,
gern.« Ihr Herz versuchte immer mehr, sich Gehör zu verschaffen,
aber sie befahl ihm einfach zu schweigen. Seven erneut ihre Gefühle aufzudrängen stand nicht zur Debatte, und was ihr Körper gerade an Reaktionen produzierte, mußte sie eben dann später mit sich
selbst ausmachen. Allein.
Sie begaben sich zum Holodeck, und Seven startete ihr Programm. Nachdem sie das Deck betreten und die Tür sich wieder
hinter ihnen geschlossen hatte, befanden sie sich in einem kneipen44
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ähnlichen Raum, in dem mehrere Personen an einigen Tischen
verteilt saßen und miteinander plauderten. Es war nichts Besonderes zu sehen. »Der Doktor hat mich hierhergebracht, damit ich
lerne, Konversation zu betreiben«, erläuterte Seven.
»Ja, ich erinnere mich, daß er mir davon erzählt hat«, bestätigte
Kathryn.
Plötzlich wechselte das Szenario, und sie standen an einem weißen verlassenen Strand. Eine andere Seven, eine lächelnde, kam
auf sie zu. »Hallo Katie«, sagte sie. »Ich habe dich schon vermißt.«
Sie beugte sich vor und küßte Kathryn, bevor die überhaupt gewahr wurde, was hier geschah.
»Computer! Programm beenden!« keuchte Kathryn, als die holographische Seven sie endlich wieder losließ.
Aber das Programm lief weiter. Die lächelnde Seven ließ ihre
Hände an Kathryns Rücken hinabfahren und streichelte ihren Po.
Die andere bemerkte: »Ich habe das in mein Programm eingebaut,
wie ich schon sagte, Ihre Befehle gelten nicht mehr.«
Kathryn spürte, wie das Kribbeln sie erfaßte, als die unechte Seven sie streichelte. Zwei Sevens, direkt nebeneinander, und sie,
Kathryn, dazwischen: Das war zuviel! »Dann stoppen Sie es! Sofort!« befahl Janeway, und die echte Seven führte den Befehl aus.
Die holographische Seven erstarrte mitten in der Bewegung.
Kathryn lief rot an, zum Teil vor Wut, zum Teil vor Verlegenheit. »Wie haben Sie das gefunden?« fragte sie, und fluchte gleichzeitig innerlich, daß sie das Programm nicht gelöscht hatte.
»Bei der routinemäßigen Vorselektierung der Holoprogramme,
die schon länger nicht mehr benutzt worden sind, für die Löschung«, gab Seven bereitwillig Auskunft.
»Das Programm war mit meinen Befehlscodes geschützt!« wütete Kathryn. »Mit den Befehlscodes des Captains!«
»Ich weiß«, sagte Seven nur.
»Sind die so leicht zu knacken?« fragte Kathryn entgeistert.
»Nein«, sagte Seven, »leicht nicht.«
»Warum haben Sie das getan?« fragte Kathryn leise.
Seven musterte sie sehr genau. »Ich glaube, wenn ich ein richtiger Mensch wäre, müßte ich jetzt eigentlich zurückfragen: Warum
haben Sie das getan?«
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»Ich weiß«, resignierte Kathryn, »das ist nun wirklich ein Verstoß gegen die Protokolle. Kein reales Mitglied der Crew darf hier
verwendet werden.«
»Vielleicht haben Sie mich nicht als reales Mitglied der Crew betrachtet«, vermutete Seven. »Oder hätten Sie dasselbe auch mit irgendeinem anderen Mitglied der Crew gemacht?«
»Nein«, sagte Kathryn, »nein, das habe ich noch nie getan. Aber
bitte glauben Sie nicht, daß ich Sie ausgewählt habe, weil ich Sie
weniger respektiere als die anderen oder weil Sie für mich kein
vollwertiger Mensch sind. Eher im Gegenteil . . .« Sie brach ab.
Jetzt hätte sie wieder über Gefühle sprechen müssen, und das
verstand Seven ja sowieso nicht. Aber sie erwartete zumindest eine
Erklärung und hatte ja auch ein Recht darauf. »Haben Sie . . . haben Sie das ganze Programm angeschaut?« fragte Kathryn.
»Ja«, bestätigte Seven, »alles.«
Kathryn wußte nicht, wo sie vor Peinlichkeit hinschauen sollte.
Sie hatte das Programm zwar nie durchgespielt, aber geschrieben
hatte sie es schon, ohne etwas auszulassen.
»Das Programm enthält all das, was Sie von mir erwarten, nicht
wahr?« fragte Seven.
»Nein . . . ja . . . nein«, wand sich Kathryn ein wenig. Sie fühlte
sich gar nicht mehr wie der Captain. Hätte sie sich so gefühlt, hätte
sie Seven einfach nur befehlen müssen, das Programm zu löschen
und Stillschweigen darüber zu wahren. »Es enthält nicht das, was
ich von Ihnen erwarte, sondern, das, was ich mir wünsche, von
dem ich aber weiß, daß es unrealistisch ist. Daß es sich nie erfüllen
wird.«
»Warum nicht?« fragte Seven. »Ich könnte das Programm als
Trainingseinheit benutzen und Ihnen dann all Ihre Wünsche erfüllen.«
»Nachdem Sie es trainiert haben?« fragte Janeway entgeistert.
»Das ist nicht der Sinn der Sache. Es muß aus Ihnen selbst kommen, und ich weiß, daß das nie so sein wird. Ich habe mich erneut
unangemessen verhalten, mehr noch als das letzte Mal, und eine
einfache Entschuldigung reicht da eigentlich schon gar nicht
mehr.« Sie lachte etwas spöttisch. »Außerdem nehmen Sie die ja
sowieso nicht an!«
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»Computer – Programm fortsetzen«, wies Seven das Holodeck
an, und im selben Augenblick begann die zweite Seven, Kathryn
wieder zu streicheln.
Kathryn war verdutzt. »Sie verweigern mir den Befehl?« fragte
sie, während ihr heiße Schauer durch den Körper rannen, die ihre
Stimme zittern ließen.
»Ich bin nicht im Dienst seit einer Minute, ich bin keine Angehörige der Sternenflotte, und ich habe aus Ihrem Programm gelernt,
daß solche Reaktionen dort erwartet werden. Das probiere ich
jetzt aus«, versetzte Seven, während sie aufmerksam beobachtete,
was die andere Seven mit Kathryn tat.
Kathryn wehrte sie ab und ging zu der echten Seven hinüber.
»Ich will das nicht«, sagte sie. »Dafür habe ich das Programm nicht
geschrieben.«
»Das ist noch unlogischer«, meinte Seven. »Wofür haben Sie es
dann getan?«
»Ja, Sie haben recht!« fuhr Kathryn auf. »Natürlich habe ich es
dafür geschrieben, aber ich habe es nie so weit ablaufen lassen.
Das, was Sie gesehen haben, hat nie stattgefunden.«
»Wir könnten es jetzt stattfinden lassen«, schlug Seven vor,
»und ich könnte dabei zusehen und lernen.«
»Zusehen?« fragte Kathryn entsetzt.
»Ja«, meinte Seven unbeeindruckt, »meine Reaktionen entsprechen offensichtlich nicht denen meines Holoabbilds. Wenn Sie mir
als Captain einen Befehl erteilen und ich dann meine Fähigkeiten
dahingehend erweitere, daß ich diesen Befehl ausführen kann, ist
es doch ähnlich.«
»Ich habe Ihnen keinen Befehl erteilt«, sagte Kathryn leise, und
im gleichen Augenblick kam die holographische Seven von hinten
heran, umarmte Kathryn und flüsterte ihr ins Ohr: »Komm Katie,
ich will dich.«
Bevor Kathryn noch reagieren konnte, beugte sich die echte Seven vor und küßte sie. Es war ein guter Kuß. Seven, die echte,
hatte offensichtlich geübt, um es ihrem von Kathryn erfundenen
Abbild gleichzutun. Ihre Zunge schlängelte sich in Janeways Mund,
verwöhnte sie mit zärtlichem Streicheln und ließ Blitze durch
Kathryns Körper jagen bis zwischen ihre Beine, so feurige Blitze,
daß jeder Gedanke an Abwehr, an korrektes Verhalten, an die
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Pflichten eines Captains auf einem Schiff weit weg von zuhause zuerst einmal verbrannt wurde. Verbrannt und überschwemmt von
den Gefühlen, die Kathryn nun beherrschten, überschwemmt auch
von einer Feuchtigkeit, die sie nicht mehr leugnen konnte und die
ihren Zustand deutlich kennzeichnete. Einer Nässe, die bislang nur
Kathryn spürte, die sie aber bald nicht mehr würde verbergen
können, wenn das so weiterging, wenn sie es zuließ, wenn Seven –
welche? – sie dort berührte . . .
Beide Sevens streichelten nun ihren Körper, und was die eine
tat, imitierte die andere sofort. Kathryn stöhnte auf: »Bitte, Seven,
tun Sie das nicht!« Sie hatte den Punkt jedoch bereits überschritten, an dem sie ihr widerstehen konnte. Sie wollte jetzt das, was
sie sich im Programm nie getraut hatte, bis zu Ende durchzuspielen, was sie noch nicht einmal ihren Träumen erlaubt hatte, ihr zu
zeigen.
»Ist das ein Befehl?« fragte Seven, die echte vermutlich.
»Nein«, hauchte Kathryn, kaum mehr ihrer Stimme mächtig.
Die beiden Sevens legten sie auf den Boden, der sich nun wie der
Sand anfühlte, den er darstellte, und zogen Kathryn gemeinsam
aus, ganz langsam. Kathryn wand sich unter ihren Händen. Die
Hitze in ihrem Körper wurde unerträglich und stieg trotzdem weiter an, ihre Haut zuckte unter Sevens Händen – welcher? Kathryns
Beine zitterten, als sie sie – durch holographische oder echte Hände sanft ermuntert – langsam spreizte.
Captain Janeways Oberkörper war bereits nackt, und zwei
Münder senkten sich gleichzeitig auf ihre Brustwarzen. Kathryn
schrie halb gequält auf, als zwei Zungen auf einmal die hart und
unbeugsam hervorstehenden Knöpfe berührten. »Oh Gott!« Sie
konnte den Schrei nicht zurückhalten, so stark stürmte die Empfindung auf sie ein. Das hatte sie noch nie gespürt. Sie hatte allerdings auch noch nie mit zwei Personen zugleich geschlafen. Zwei
Personen? Kurz blendete diese Frage durch ihr verschleiertes Gehirn, die Großhirnrinde war fast abgeschaltet, nur noch das Kleinhirn regierte – hauptsächlich den Teil ihres Körpers zwischen ihren
Beinen, der immer heißer wurde. Es waren ja gar nicht zwei Personen, es war nur Seven – mal zwei. Noch nicht einmal in ihren
kühnsten Träumen hatte sie sich das vorgestellt.
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Sevens Hände – Kathryn fragte sich nicht mehr, welcher, es war
ihr egal – tasteten sich weiter vor, schoben Kathryns Uniformhose
über ihre Hüften . . .
Das Schiff erzitterte von einem dumpfen Schlag. »Roter Alarm!
Captain Janeway auf die Brücke!« hörte Kathryn Mallens Stimme
aus dem Kommunikator, der auf dem Boden lag.
Sie sprang hastig auf und stolperte über ihre eigenen Kleidungsstücke, während Seven schon dem Computer den Befehl zum Beenden des Programms erteilte. Effizient wie immer und selbstverständlich unbeeindruckt von dem, was gerade vorgefallen war –
was sie gerade getan hatte. Schlagartig war alles verschwunden,
wie schon beim letzten Mal, der Strand, die Wellen, die andere
Seven . . . Wenn Kathryn Janeway Zeit dafür gehabt hätte, hätte
sie es vielleicht bedauert, aber die hatte sie nicht. Sie griff nach ihrem Hemd und zog es über, schloß im Laufen, so weit sie konnte,
ihre Uniform, rannte zum nächsten Turbolift und sprang auf der
Brücke wieder heraus.
»Bericht!« schnappte sie. Jetzt war sie wieder der Captain. Keine Spur von der Aufregung, die sie vor wenigen Minuten noch erfaßt hatte.
»Eine Raumspalte öffnet sich vor uns«, informierte Mallen sie.
Die Voyager erzitterte. »Man feuert auf uns!« meldete die Sicherheitsoffizierin.
»Wer?« brüllte Mallen, als das Schiff sich zum zweiten Mal
schüttelte.
»Keine Identifikation!« rief die Sicherheitsoffizierin herüber.
»Schilde auf 60 Prozent!« meldete Haris.
Jetzt wieder souverän trat der Captain ein paar Schritte nach
vorn. »Öffnen Sie einen Kanal!« befahl sie Haris mit einem Nicken.
»Verbindung steht!« antwortete die fast ohne Verzögerung.
»Hier ist Captain Janeway vom Föderationsraumschiff Voyager«,
spulte Kathryn den Begrüßungstext ab, der ihr schon in Fleisch
und Blut übergegangen war. »Wir haben keine feindlichen Absichten. Ich wiederhole: Wir haben keine feindlichen Absichten. Bitte
stellen Sie das Feuer ein und identifizieren Sie sich!«
Einen Moment schien es, als habe der Aufruf Erfolg gehabt. Die
atemlose Spannung, die alle beherrschte, ließ den Geräuschpegel
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an Bord beinahe auf Null sinken. Nichts war zu hören, weder auf
der Brücke noch durch den offenen Kommunikationskanal, nicht
einmal ein Rauschen. Dann schlug erneut ein Treffer ein, und Janeway ging zu Boden. Der Schlag war hart gewesen und hatte das
Schiff fast herumgerissen.
Janeway rappelte sich sofort wieder auf und stand erneut, kaum
daß sie gefallen war. »Was zum Teufel . . .!?« fluchte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Sie drehte sich um. »Alis’ha, was ist
da los?«
Die Sicherheitsoffizierin überflog rasch die Anzeigen an der taktischen Konsole, hinter der sie wie üblich stand. »Ein Schiff ist hinter uns und versucht, uns in die Raumspalte hineinzutreiben.« Sie
blickte grimmig auf Captain Janeway. »Und wenn wir uns nicht
bald wehren, gelingt ihnen das auch.«
»Wer ist das?« fragte Janeway schnell. »Haben wir keine Daten?«
»Doch, aber die sind widersprüchlich. Es scheint, als ob uns der
Schiffstyp unbekannt wäre, aber Teile des Schiffes sind uns durchaus bekannt. Kaezon-Schiffsteile sind jedenfalls dabei.«
»Aber es ist kein Kaezon-Schiff?« fragte Janeway.
»Nein«, antwortete Alis’ha sofort. »Ist es nicht. Aber es hat
mindestens deren Feuerkraft, wenn nicht mehr. Wir müssen etwas
tun!« Fordernd blickte sie in Janeways Richtung. Sie war der Captain. Sie hatte die Entscheidung.
Als das Schiff erneut erzitterte, meldete Haris hektisch: »Schilde
auf 25 Prozent! Und fallend!«
»Waffenphalanx laden!« befahl Janeway kühl.
Kurz darauf erhielt sie die Bestätigung: »Waffenphalanx bereit!«
»Versuchen wir es mal mit einem Schuß vor den Bug, vielleicht
beruhigt sie das«, bemerkte Janeway grimmig. Alis’ha nickte. Sie
hatte den Zielpunkt eingestellt. »Feuer!« befahl Janeway, und
gleich darauf erhellte eine strahlende Explosion den Bildschirm.
Das fremde Schiff erzitterte, aber alle Hoffnungen wurden gleich
darauf zerstört, als Alis’ha meldete: »Keine nennenswerten Schäden auf dem Schiff. Ihre Schilde halten.«
Die Salve der Voyager wurde fast unverzüglich nach dieser Meldung erwidert, und das Föderationsraumschiff trieb immer weiter
auf die Raumspalte zu. »Wir werden gleich hineingezogen!« warn50
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Raumschiff Voyager
te Chris London an der Steuerkonsole. »Ich kann den Kurs nicht
mehr korrigieren!«
»Sie müssen!« blaffte Janeway. »Lassen Sie sich was einfallen!«
Leutnant London runzelte die Stirn. Der Captain war gut! Wie
sollte sie das denn machen? Sie überlegte nur Sekundenbruchteile,
dann tippte sie schnell eine Kombination von Befehlen auf der
Konsole ein. Das Schiff drehte sich von der Öffnung der Raumspalte weg, allerdings nur ein paar Grad, dann stand es wieder im
Raum.
Gleich darauf dröhnte etwas durch den Kommunikationskanal.
Ein unverständliches Gemisch von Lauten und Geräuschen, so
schien es. Vielleicht wollten die anderen ihnen etwas sagen, aber
sie verstanden sie nicht. Nach einer kleinen Pause erhellte ein weiterer Blitz den Raum, die Voyager erzitterte und wurde erneut auf
die Raumspalte zugetrieben.
»Schilde 10 Prozent!« meldete Haris.
»Photonentorpedos laden!« befahl Janeway fast im gleichen
Atemzug, als sie rief: »B’Elanna! Hilfsenergie auf den Deflektorschirm umleiten!«
»Ich bin dabei, Captain!« kam die Antwort aus dem Kommunikator.
»Alis’ha – können Sie deren Waffenphalanx lokalisieren?« fragte
Janeway über die Schulter nach hinten.
»Nicht genau«, erwiderte Alis’ha. »Sie haben mehrere. Wie ich
sagte: Das Schiff ist etwas zusammengestückelt.«
»Dann suchen Sie sich eine aus«, verlangte Janeway grimmig.
»Und zielen Sie genau auf den Punkt mit zwei Torpedos gleichzeitig.« Sie wartete eine Sekunde, dann befahl sie: »Feuer!«
Die Torpedos zischten los, und diesmal zeigte der Schuß Wirkung. Das fremde Schiff drehte ab und zog sich außer Waffenreichweite zurück.
»Schadensbericht!« forderte Janeway, als sie sich in ihren Sessel
fallen ließ. Das Schiff war nicht verschwunden. Sie wußte, daß die
Gefahr nicht gebannt war. Aber sie mußte zuerst an die Voyager
denken.
»Verletzte auf Deck 13 und 15«, meldete Alis’ha, »kleinere
Schäden, nichts Ernstes.« Dafür, daß das Schiff wie eine Nußschale
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hin und hergeworfen worden war, war das nicht viel. Captain Janeway war froh.
Sie beobachtete Chris London an der Konsole. Anscheinend hatte sie einen Weg gefunden, die Voyager zumindest an der jetzigen
Position zu halten. Sie bewegten sich nicht mehr auf die Raumspalte zu – aber auch nicht davon fort. »Leutnant London«, sprach sie
sie an. »Kommen wir hier weg?«
»Schlecht, Captain.« Chris London zuckte die Schultern. »Ich
kann das Schiff gerade mal halten. Ich bräuchte Hilfsenergie auf
den Steuerdüsen.«
Die brauchte sie aber gleichzeitig auch für den Deflektorschirm,
der ohnehin schon an der unteren Grenze seiner Leistungsfähigkeit
war, das wußte Kathryn. Sie mußte sich mal wieder entscheiden.
»B’Elanna«, rief sie über den Kommunikator, »können wir weitere Energie für den Antrieb lockermachen? Was ist mit Warp?«
»Der Warp-Antrieb ist ausgefallen, jedenfalls für den Moment.
Direkter Treffer«, meldete B’Elanna aus dem Maschinenraum zurück. »Ich kann noch nicht sagen, wie lange es dauert.«
Scheiße! fluchte Kathryn innerlich, aber äußerlich blieb sie ruhig.
Was auch immer die Fremden im Moment auf Abstand hielt, das
konnte sich sehr schnell ändern. Und dann waren sie einem weiteren Angriff fast hilflos ausgeliefert. »Versuchen wir es noch einmal
mit Kommunikation«, wandte sie sich an Haris Thompson. »Wenden Sie die neuen Algorithmen an, die Neelix letztens von den
Criifan gekauft hat. Vielleicht bringt das was.«
Haris blickte etwas verlegen. »Die habe ich noch nicht eingespeichert, Captain.«
Kathryn schäumte innerlich. »Dann tun Sie’s jetzt. Sofort!«
fauchte sie Haris an.
Haris zog ein wenig die Schultern ein und hoffte, daß ihr Pflichtversäumnis keine weiteren Folgen haben würde – falls sie diesen
Einsatz überlebten. Schnell überspielte sie die Daten aus Neelix’
Datenbank in den Universalübersetzer. Der brauchte ein paar Minuten, um sie zu konvertieren und anzupassen, dann meldete Haris
verkrampft: »Fertig, Captain. Algorithmen stehen zur Verfügung.«
»Na gut, also dann . . .« Captain Janeway stand auf. »Hier ist
noch einmal Captain Janeway vom Föderationsraumschiff Voyager«,
wiederholte sie ihren Begrüßungsspruch erneut. »Sie haben uns
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ohne Grund angegriffen. Wir kommen in freundlicher Absicht.
Wir sind keine Bedrohung für Sie.« Sie wartete.
Ein Krachen im Lautsprecher deutete an, daß zumindest eine
beidseitige Verbindung bestand. Aber ob die anderen sie auch verstanden hatten? Wieder ertönte dieses Gemisch aus Lauten und
Geräuschen, dröhnend laut übertragen, so daß alle gepeinigt zusammenzuckten. »Warum wird die Lautstärke nicht angepaßt?«
schrie Janeway über den Lärm.
»Da ist schon gar keine Lautstärke mehr«, entgegnete Haris irritiert, während sie ihre Konsole auf der Suche nach Aufklärung
über dieses Phänomen musterte.
»Schalten Sie einen Filter vor!« befahl Janeway. »Tun Sie irgendwas! Stellen Sie diesen Lärm ab!«
Haris hätte die Kommunikation unterbrechen können, aber das
war sicher nicht das, was der Captain meinte. Plötzlich kam ihr ein
Gedankenblitz. Sie schaltete schnell auf der Konsole um, und auf
einmal herrschte fast Ruhe. Nur noch ein leises Rauschen zeigte
die Verbindung an.
Alle nahmen die Hände von den Ohren, die sie verzweifelt darauf gepreßt hatten. Ein unregelmäßiges Piepen unterbrach das
Rauschen, und langsam schälte sich aus den Geräuschen ein identifizierbarer Klang heraus. Eine Stimme, wenn auch keine sehr modulierte. Es klang eher wie eine künstlich erzeugte. ». . . fremde
Lebensformen . . .« hörten sie und »Identifizierung«, dann wurde
es wieder still.
Janeway atmete durch. »Anscheinend können wir uns jetzt verständigen«, vermutete sie aus den wenigen Bruchstücken. »Warum haben Sie uns angegriffen?«
»Sie – sind – fremd«, kam es etwas abgehackt aus den Lautsprechern.
»Ja, das stimmt«, bestätigte Janeway. »Wir sind fremd hier, aber
wir tun niemand etwas. Wir wollen nur weiterfliegen. Wir sind
auf dem Weg nach Hause.« Von dem sich diese anderen wahrscheinlich nicht vorstellen konnten, wie weit entfernt das war,
dachte Janeway noch seufzend.
»Sie – sind – fremd«, wiederholte die gleiche Stimme genauso
abgehackt erneut.
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»Ja«, bestätigte Kathryn Janeway noch einmal, »aber wir sind
keine Feinde. Wir sind friedlich.«
»Waffen – an – Bord«, war die nächste Bemerkung aus der Tiefe
des Raumes.
»Wir haben Waffen an Bord, um uns zu verteidigen, nicht um
anzugreifen«, versuchte der Captain zu erklären. Hatte sie die Frage überhaupt richtig verstanden? Vielleicht wollten sie ja nur sagen, daß auch sie Waffen an Bord hatten, und daß die Voyager sich
in acht nehmen sollte. Aber das hatten sie auf der Voyager ja schon
zur genüge gemerkt.
»Warten«, kam es etwas unklar aus der Stille.
Sie warteten.
»Nicht genügend«, ertönte die Stimme wieder etwa eine Viertelstunde später.
Janeway runzelte die Stirn. »Was ist nicht genügend? Warum
schalten Sie die Videoverbindung nicht ein? Vielleicht wäre es einfacher, sich zu verständigen, wenn wir uns dabei sehen könnten
und nicht nur hören.«
»Sehen – unnötig«, war die Antwort.
Janeway grinste ein wenig. »Wenn Sie meinen . . . Aber können
wir jetzt weiterfliegen?«
»Nein.« Die Erwiderung war klar und deutlich.
»Kanal schließen«, befahl Janeway und dann über die interne
Kommunikation: »B’Elanna, was ist mit dem Warp-Antrieb?«
»Die Hilfsenergie zapft mir zu viele Ressourcen ab, ich brauche
mehr Energie.« B’Elannas Stimme klang etwas gepreßt. »Wir müssen aus dieser Position heraus, damit ich die Energie umleiten
kann.«
»Chris?« fragte Janeway nun. »Wie sieht’s aus?«
»Ohne Hilfsenergie kann ich die Position des Schiffes nicht halten«, erklärte Leutnant London.
»Und ohne Hilfsenergie bricht der Schirm zusammen«, ergänzte
Haris. »Dann werden wir gebraten.«
»Oder in die Raumspalte hineingezogen. Vermutlich beides«,
grinste Leutnant London etwas unglücklich.
»Schöne Aussichten!« meinte der Captain. »B’Elanna, wir brauchen eine kreative Energieversorgung. Was schlagen Sie vor?«
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Wenn sie etwas Kreatives haben will, soll sie doch Neelix fragen, dachte
B’Elanna etwas säuerlich. Aber sie sagte es natürlich nicht. »Ich
weiß noch nicht, Captain. Schicken Sie mir Seven? Vielleicht finden wir zusammen eine Lösung.«
»Okay.« Kathryn schaltete ab und hoffte, daß in der gerade herrschenden Aufregung niemand die panische Röte bemerkt hatte, die
ihr bei der Erwähnung von Sevens Namen ins Gesicht geschossen
war. Sie betätigte ihren Kommunikator erneut. »Janeway an Seven. Bitte begeben Sie sich in den Maschinenraum. Leutnant Torres braucht Ihre Hilfe.«
»Jawohl, Captain«, ertönte sofort Sevens Stimme, und Kathryn
spürte erneut das Kribbeln, das sie vor kurzem auf dem Holodeck
noch vollkommen beherrscht hatte. Mein Gott, das Schiff war in
Gefahr, und sie dachte an . . . Sex? War sie denn wahnsinnig geworden? Aber Sevens Stimme allein reichte aus, um sie wieder in
Erregung zu versetzen und sie alles andere vergessen zu machen.
Zum Glück sagte sie nichts mehr. Das wäre ja auch höchst ineffizient gewesen. Kathryn mußte lächeln. Seven und ihre Effizienz . . .
»Captain? Sie haben eine Lösung?« sprach Commander Mallen
Kathryn an. Sie hatte das Lächeln auf Janeways Gesicht bemerkt
und selbstverständlich angenommen, daß es sich auf die Arbeit, auf
die Gefahr, in der sie schwebten, bezog. Wie hätte sie auch etwas
anderes vermuten können?
»Wie?« Kathryn reagierte aufgeschreckt, fand aber wie immer
schnell zu ihrer professionellen Haltung zurück. »Ja, vielleicht
. . .«, sagte sie nachdenklich. »Fanden Sie nicht auch, daß die
Stimme sehr künstlich klang? Wie ein Roboter?«
Mallen nickte. »Ja, aber das kann ja auch täuschen.«
Janeway bestätigte diese Vermutung ebenfalls durch ein Nicken.
»Kann es. Aber vielleicht stimmt es auch.« Sie wandte sich um.
»Alis’ha? Anzeichen von Leben auf dem fremden Schiff?«
Alis’ha scannte das andere Schiff und meldete: »Eins, Captain.«
»Nur eins?« Das Schiff war größer als die Voyager und dann nur
ein Lebenszeichen? Der Captain und Commander Mallen sahen
sich verwundert an.
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
»Das war ja ein heißer Kampf!« stöhnte Commander Mallen auf,
als sie sich endlich aus den Fängen der Raumspalte befreit hatten.
Das andere Schiff war eine Art Wächter dieser Raumspalte, sie
hatten nicht herausfinden können, warum. Es schien eine alte
Überlieferung zu geben, nach der diese Raumspalte der Weg in eine andere Welt war, die sie nicht betreten dürften. Das Schiff bewachte diese Raumspalte schon seit Jahrhunderten, vielleicht Jahrtausenden. Es war ein Roboter mit einem fest implementierten
organischen Gehirn. Das war das Lebenszeichen, das sie gescannt
hatten. Dieses Gehirn hatte glücklicherweise irgendwann einmal
begriffen, daß sie keine Bedrohung darstellten.
Innerlich hatten sie gehofft, daß diese Raumspalte sie vielleicht
ein Stück weiter nach Hause katapultieren würde, aber das war
leider nicht der Fall. Sie würde ihnen nichts bringen. Also kehrten
sie wieder auf ihren Standardkurs in den Alphaquadranten zurück,
und die Crew begann, die Schäden am Schiff zu reparieren, die
durch die Auseinandersetzung entstanden waren.
In den nächsten Tagen waren die Holodecks ununterbrochen besetzt. Die Crewmitglieder ließen wieder und wieder Programme
mit Bildern der Erde ablaufen, mit sehnsuchtsvollen Szenarien, die
ihre Heimat zeigten, Strände, Wälder, Städte, die sie liebten, und
die sie einmal mehr kaum erhofften, je wieder zu erreichen.
Captain Janeway hielt sich vom Holodeck fern. Ihr letzter Aufenthalt dort war zu aufregend gewesen, zu überraschend, zu –
verwirrend. Sie sah Seven ausschließlich während des Dienstes,
sprach nicht mit ihr, ließ sich auf nichts ein und versuchte, ihr
Gleichgewicht wiederzufinden. Wie hatte sie das, was auf dem
Holodeck geschehen war, erlauben können?
Sie erschauderte bei der Erinnerung an zwei Sevens, vier Hände,
die sie streichelten, zwei Münder, die ihre Brustwarzen küßten, an
ihre eigene unbeherrschte Sehnsucht, die sie hatte zu Boden gleiten
und sich in diese Zärtlichkeiten fallen lassen.
Sie wußte, daß sie das nie wieder tun durfte – aber genausogut
wußte sie, daß sie es dennoch tun wollte. Sie hatte nie viel Zeit für
die Liebe gehabt in ihrem Leben. Sie hatte voller Ehrgeiz und Be56
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geisterung die Sternenflottenakademie absolviert – das war ihr Leben gewesen, nicht Beziehungen. Sicher, sie hatte nicht auf alles
verzichtet, sie hatte Sex gehabt, sie hatte sich sogar verliebt. Aber
das hatte nie gehalten. Immer stand schnell eine Entscheidung an:
Beziehung oder Sternenflotte, Liebe oder Dienst. Und sie hatte
sich stets für die Sternenflotte und den Dienst entschieden. Keine
Frau hatte sie je so fesseln können, daß sie die Entscheidung in die
andere Richtung ernsthaft auch nur einmal erwogen hätte. Sie
wußte, daß sie einige gebrochene Herzen zurückgelassen hatte.
Aber nach einer gewissen Zeit der Trauer und des Bedauerns hatte
sie nicht mehr daran gedacht. Die Wissenschaft, die Erforschung
des Weltraums, ein Schiff, auf dem sie zu Hause war: das war ihr
Lebensinhalt.
Auch auf der Voyager war es lange Zeit nicht anders gewesen.
Sie hatte vor Seven nie eine der anderen Frauen auf der Voyager,
nicht einmal die, die sie als äußerst attraktiv empfand, für eine sexuelle Beziehung in Betracht gezogen. So schlimm konnte es also
mit dem Notstand nicht gewesen sein. Keine der anderen Frauen
hatte sie so angezogen wie Seven vom ersten Augenblick an, auch
wenn sie dabei lange nicht an Sex gedacht hatte. Es war einfach Seven, das unbekannte Wesen, gewesen, die sie interessierte. Sie
war auch und in erster Linie Wissenschaftlerin, nicht nur Captain
dieses Schiffes, und sie gab es zu: Sie hatte Seven zuerst einmal als
interessantes und wertvolles Forschungsobjekt betrachtet.
Aber diese Einstellung hatte sich langsam gewandelt. Vom ersten
Augenblick an hatte sie gespürt, daß da mehr zwischen ihnen beiden war. Möglicherweise konnte Seven das noch nicht empfinden,
aber sie, Kathryn, hatte es gespürt, und das Verlangen, diesem Gefühl auch Ausdruck zu verleihen, war immer stärker geworden.
Sie hatte sich Aufgaben gesucht, die sie mit Seven zusammen erledigen konnte, vorzugsweise mit ihr allein in ihrem astrometrischen Labor. Sie hatte dafür gesorgt, daß Seven bekam, was sie
wollte, wenn sie es brauchte. Das war einer der Vorteile als Captain, dachte sie lächelnd.
Aber während sie beobachtete, wie Seven sich entwickelte, hatte
sie gehofft, daß sie irgendwann einmal ihre Gefühle erwidern würde, und die Zeit war ihr manchmal schon lang geworden, wenn sie
Seven mit verstohlenen Blicken musterte, sobald sie, Kathryn
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selbst, einmal von niemand beobachtet wurde, was als Captain selten genug der Fall war. Seven war ihr zunehmend attraktiver erschienen, attraktiver und begehrenswerter, aber sie wußte, daß sie
ihr das nie zeigen dürfte.
Daß sich eines schönen Tages so etwas entwickeln würde wie auf
dem Holodeck, darauf hatte sie nie zu hoffen gewagt, denn eines
hatte sie von Anfang an gewußt: Sie wollte niemand in der Liebe
etwas befehlen, am allerwenigsten Seven. Sie wollte von ihr einfach nur geliebt werden. Freiwillig und leidenschaftlich. Vielleicht
würde das noch kommen. Sie seufzte.
War es denn wirklich nur ihr eigenes Begehren? fragte sich Kathryn zum wiederholten Male in diesem Moment. Hatte Seven nicht
auch solche Empfindungen? Sie selbst begehrte Seven unendlich –
das konnte sie nicht einmal in ihren vernünftigsten Augenblicken
mehr leugnen. Nicht nur aus körperlichen Gründen. Es ging viel
tiefer, wie sie merkte, sobald sie darüber nachdachte. Da war wesentlich mehr als nur ein oberflächliches Verlangen, wie sie zuerst
angenommen hatte. Die Zeit auf der Voyager war lang und einsam
genug gewesen, so daß ihr dies zuerst einmal am wahrscheinlichsten erschienen war. Aber mittlerweile wußte sie, daß es nicht so
war.
Aber Seven? Was empfand sie? Nichts – wenn Kathryn das richtig sah. Nie würde hektische Röte ihr kühles, weißes Gesicht überziehen. Nie würde auch nur eine Strähne aus dem blonden Haar
von Leidenschaft gebeutelt herunterfallen. Es war zu viel. Als
Kathryn so über Seven nachdachte, drängte sich die Sehnsucht erneut an die Oberfläche, und sie konnte es nicht mehr ertragen.
Wo Seven wohl war? Sie fragte den Computer.
»Seven of Nine befindet sich auf Holodeck 2«, war die Antwort.
Auf dem Holodeck? Schon wieder? Kathryn nahm an, daß das
nur einen Grund haben konnte. Seven empfand keine Sehnsucht
nach der Erde, sie würde nicht wie die anderen Crewmitglieder
die Strände des Atlantiks oder Pazifiks wiederauferstehen lassen.
Also war sie vermutlich dort, um – zu üben.
Nein, schimpfte Kathryn sich selbst aus. Das ist eine unzulässige
Annahme. Sie kann ganz andere Szenarien ablaufen lassen als das, woran
ich jetzt denke. Dennoch leiteten ihre Füße sie fast ohne ihr Zutun
dorthin, wohin es sie mit aller Macht zog: zu Seven.
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Als sie an der Konsole des Holodecks auf dem Gang stand, zögerte sie noch einmal. Sollte sie es wirklich tun? Sie tat es. Sie befahl dem Computer, sie in das Programm eintreten zu lassen, und
die Tür öffnete sich.
Abrupt blieb sie stehen, als sie das Szenario erblickte, das sich
vor ihren Augen abspielte. Seven lehnte an der Wand und sah der
anderen Seven zu, die sich auf dem Boden wand, stöhnte, seufzte
und schrie: »Ja, Katie, komm, nimm mich!«
Janeway wollte sich umdrehen, gehen, so schnell wie möglich
den Rückzug antreten, der strategisch betrachtet die einzig angemessene Reaktion sein mußte, aber da blickte Seven – die echte –
in ihre Richtung.
Sie stieß sich von der Wand ab und stellte sich gerade hin. »Captain?« fragte sie. Ohne eine Spur von Verlegenheit, ohne jegliche
Peinlichkeit in ihrer Stimme, weil sie erwischt worden war.
Aber das war sie ja auch nicht, korrigierte Kathryn sich schnell.
Sie übte ja nur. »Ich . . . ich wollte Sie nicht stören«, stammelte
Kathryn errötend. Sie wollte weg, aber ihre Füße schienen am Boden festgewachsen zu sein.
Seven kam auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Kathryn konnte
sie riechen, sie fühlen . . . Es war unerträglich. Sie wollte sie berühren, sie endlich streicheln und liebkosen, ihr seufzende Laute
entlocken . . .
»Ich habe das Programm da weiterlaufen lassen, wo wir das letzte Mal unterbrochen wurden«, sagte Seven reserviert und korrekt,
als ob sie einen Befehl bestätigen würde.
»Warum?« fragte Kathryn leise.
»Um zu lernen«, sagte Seven ruhig.
»Lernen?« fragte Kathryn. Sie würde es nie einsetzen können,
was wollte sie da lernen?
»Sie haben mir fast alles beigebracht, was ich weiß, Captain,
zumindest was menschliche Beziehungen betrifft. Vertrauen, Kooperation mit anderen Menschen, individuelle Entscheidungen, das
alles habe ich von Ihnen gelernt.« Während sie ausgesprochen leise, aber dennoch wie immer akzentuiert sprach, sah Seven sie mit
einem tiefen Blick an, den sie noch nie an ihr gesehen hatte. »Warum sollte ich nicht auch noch mehr von Ihnen lernen können?«
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Kathryn fühlte heiße Schauer durch ihren Körper jagen, als Seven noch näher an sie herantrat. Sie drehte sich schnell um und
brachte einen Abstand zwischen sich und die schöne, blonde Frau.
»Sie wollen etwas Neues trainieren?« fragte sie mit kratzender
Stimme. Es war eine rhetorische Frage. Sie hatten dieses Gespräch
so ähnlich ja schon einmal geführt.
Seven trat hinter sie. »Nein, ich will es tun. Trainiert habe ich
schon.« Sie wartete einen Augenblick, um Kathryn die Gelegenheit zu geben zu antworten, wozu diese sich aber nicht in der Lage
fühlte. Also fuhr Seven fort: »Diesmal hat das Training allerdings
nicht sehr viel genützt. Ich weiß immer noch nicht, was ich tun
muß. Ich meine, ich weiß . . . ich habe gewisse Dinge geübt, aber
es hat etwas mit . . . mit Gefühlen zu tun. Und das konnte ich nicht
üben . . . nicht wirklich. Als sie mir das erste Mal sagten, daß es so
sein würde, daß da mehr ist als das rein Physische, habe ich es
nicht geglaubt – nein, es war keine Frage des Glaubens, das betrifft
mich nicht – ich wußte einfach nicht, was Sie damit meinten. Und
nun . . . nun glaube ich, etwas erkannt zu haben. Etwas, das ich
vorher nicht wußte. Nicht kannte.«
»Sie . . . Sie fühlen etwas?« fragte Kathryn leise und ungläubig
und wandte sich zu ihr um. Das wäre ja eine Überraschung!
»Ich weiß nicht, was das ist, deshalb kann ich es nicht klassifizieren, aber vielleicht kann ich es mit Ihrer Hilfe herausfinden.«
»Also doch wieder Training!« bemerkte Kathryn hohl auflachend.
»Nein. Nein, ich glaube nicht«, sagte Seven leise. »Jetzt ist es
anders.« Sie hob die Hand und strich über Kathryns Gesicht.
»Ganz anders«, bekräftigte sie, als Kathryn die Augen schloß und
erneut erschauerte.
Kathryn hielt Sevens Handgelenk auf, als diese weiter hinunterstreichen wollte. »Ich kann das nicht tun, Seven«, sagte sie traurig.
»Ich will – aber ich kann nicht.«
»Bitte«, sagte Seven, und es war das erste Mal, das Kathryn dieses Wort von ihr hörte, und das erste Mal, das sie diesen Ton
wahrnahm, der so menschlich klang – so hilflos. »Helfen Sie mir.
Wie soll ich es sonst lernen?«
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Kathryn drehte sich um. »Von jemand anders«, sagte sie, indem
sie das Zittern in ihrer Stimme unterdrückte, was sie nur tun
konnte, solange sie Seven nicht ansah. »Nicht von mir.«
»Wie Sie wollen, Captain.« Sevens Stimme klang wieder so wie
immer: emotionslos, gefühllos wie die eines Roboters, ohne jeden
Anflug von Sympathie – von Liebe. »Kann ich gehen? Bin ich entlassen?«
»Ja«, sagte Kathryn, während sie ihre Stimme nur mit Mühe
daran hindern konnte zu brechen. »Wegtreten.«
Sie hörte, wie sich die Türen zischend hinter Seven schlossen
und fühlte plötzlich die Tränen auf ihren Wangen. Sie konnte es
kaum fassen. Wie lange hatte sie das nicht mehr gespürt? Konnte
sie sich an das letzte Mal überhaupt noch erinnern? Aber auch,
wenn sie es selbst kaum glauben konnte, es war wahr: Kathryn Janeway, Captain der Voyager, weinte.

Kathryn war kaum in ihr Quartier zurückgekehrt und hatte ihre
Uniformjacke ausgezogen, als es schon wieder an der Tür piepte.
Sie atmete tief durch und seufzte. Sie hatte keine Freizeit, sie war
immer im Dienst. Aber das war jetzt vielleicht sogar das Beste. Es
würde sie ablenken. Sie straffte ihre Schultern und rief: »Herein!«
Wer auch immer mit was auch immer für einem Problem hier und
jetzt zu ihr kam: Ihr war alles recht.
Die Person, die vor der Tür stand, reagierte nicht auf den Ruf.
Kathryn wiederholte die Aufforderung, aber nichts geschah. Erlaubte sich da jemand einen Scherz – mit ihr: dem Captain? Das
konnte sie sich kaum vorstellen.
Sie ging zur Tür und öffnete. »Seven!« ächzte sie überrascht.
Seven sah sie kurz und kühl an, dann betrat sie an ihr vorbei den
Raum. Sie grüßte nicht. Die Tür schloß sich hinter ihr, und Kathryn wandte sich ihr immer noch überrascht zu.
»Was –?« fragte sie, aber weiter kam sie nicht.
Seven riß sie in ihre Arme und küßte sie: brennend, heiß, leidenschaftlich.
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Kathryn fühlte die starken Muskeln, die sie festhielten, die fast
unbezwingbare Borg-Stärke, die Seven immer noch besaß. Sie
wollte sich so gern fallenlassen, treiben lassen, sich fügen und ihren Gefühlen gehorchen, ihrem Verlangen, das Sevens Küsse nun
immer mehr anheizten. Sie hörte einfach nicht auf. Sie hatte auch
sicher keine Atemprobleme. Kathryn schon. Sie stieß Seven von
sich. »Seven, was tun Sie?«
»Sie küssen, Captain«, erwiderte Seven unbeeindruckt mit
gleichmütiger Miene, so schien es jedenfalls auf den ersten Blick.
Auf den zweiten erkannte Kathryn den Glanz in Sevens Augen. Einen Glanz, den sie schon oft gesehen hatte, bei vielen Frauen, und
ganz sicher hatte sie selbst des öfteren auch so ausgesehen – aber
doch nicht Seven!
»Seven, ich . . . ich bin etwas überrascht«, mühte Kathryn sich,
einigermaßen ruhig hervorzubringen. Sie entfernte sich von Seven
und zog sich hinter ihren Tisch zurück. Wenigstens ein Möbelstück
zwischen sich und Seven zu haben, erschien ihr sicherer – denn Seven war die Versuchung selbst, und noch mehr in diesem Zustand.
Was hatte ihn hervorgerufen? Kathryn war ratlos. Es war doch
noch gar nicht so lange her, daß sie sich auf dem Holodeck verabschiedet hatten.
»Das tut mir leid, Captain«, meinte Seven mit klarer Stimme,
die sich von der unterdrückt zitternden Kathryns eindeutig unterschied.
»Nein.« Kathryn hob beschwichtigend die Hand. »Das muß es
nicht.« Sie hatte sich wieder etwas gefangen und konnte klarer
denken. »Ich habe sie nur nicht erwartet.« Zumindest nicht so schnell,
fügte Kathryn noch in Gedanken hinzu. »Ich dachte, ich hätte mich
auf dem Holodeck klar ausgedrückt.«
»Das haben Sie, Captain«, bestätigte Seven, »aber ich habe in
den letzten Tagen sehr viel – geübt, und dabei wurde mir mehr
und mehr bewußt, daß auch eine solche augenscheinliche Klarheit
mit zum Liebesspiel gehört. Es ist unlogisch, das eine zu sagen und
das andere zu meinen, aber langsam beginne ich zu begreifen, daß
diese Unlogik wiederum ihre eigene Logik hat.«
Da hat sie mehr begriffen als ich, dachte Kathryn leicht verstört.
Welche Logik steckte schon in Beziehungen? In Begehren? In Letzterem noch viel weniger.
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Seven trat mit festem Schritt auf sie zu. Kathryn wich zurück, bis
sie an der Wand stand, Seven nur noch wenige Schritte von ihr
entfernt. »Diese Logik gebietet«, fuhr Seven seelenruhig fort, »daß
ich ihre Ablehnung nicht einfach akzeptieren darf, daß es nur einer
erneuten Annäherung bedarf, um diese Ablehnung aufzuheben.«
Sie sah Kathryn mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an. »Ist
das nicht so?«
»Oh«, sagte Kathryn. Seven überrumpelte sie völlig. Sie wollte
ja! Sie wollte so sehr, aber . . . »Sie sind charmant, Sie sind verführerisch, und ich bin nicht immun dagegen«, seufzte sie ergeben.
»Aber das alles zählt nicht, ich bin der Captain dieses Schiffes, und
ich darf nicht immer das tun, was ich möchte, wie jede andere auf
diesem Schiff. Ich habe schon viel zu viel getan, was ich eigentlich
nicht hätte tun dürfen. Wenn wir zu Hause wären im Alphaquadranten und das Sternenflottenkommando davon erführe, wäre ich
schon lange kein Captain mehr – und würde es nie wieder sein
oder werden.«
»Aber wir sind nicht im Alphaquadranten«, sagte Seven leise,
und jetzt fiel Kathryn erneut auf, wie sehr Sevens Augen glänzten.
Das war nicht normal. Seven trat die letzten Schritte auf sie zu, die
sie noch trennten, und Kathryn konnte nicht mehr ausweichen.
Hinter ihr war nur noch die Wand. Sevens Brüste berührten ihre.
Kathryn erbebte und schloß kurz die Augen. »Ich bin keine Borg
mehr«, flüsterte Seven fast schon an ihrem Mund. Im nächsten
Moment beugte sie sich vor, um Kathryn erneut zu küssen. Sie
liebkoste mit ihren geöffneten Lippen Kathryns Mund, der sich nur
langsam und zögernd auftat und das gleiche bei ihr versuchte.
»Laß«, sagte Seven leise. »Ich mache das.«
Sevens Mund fuhr an Kathryn hinab und blieb über der Kleidung
an ihren Brüsten hängen, die nur noch aus dem dünnen Unterhemd bestand. Er glitt von links nach rechts, verweilte jeweils
kurz an den beiden kleinen Erhebungen auf Kathryns Brüsten, die
immer härter zu werden schienen, und machte sich dann auf den
Weg nach unten. Kathryn zitterte. In ihr glühten tausend Drähte,
ihre Brustwarzen schmerzten und ließen sie fast aufstöhnen, als Seven sie berührte. Aber sie beherrschte sich. Sie konnte das hier
noch jederzeit abbrechen, bildete sie sich ein. Es war nur . . . es
war nur . . . es war nur einfach viel zu schön, um es nicht zu genie© édition el!es
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ßen. Seven ließ sich vor Kathryn auf ein Knie sinken und sah zu ihr
hoch. Gleich darauf beugte sie sich vor, und ihr Mund bedeckte für
einen kurzen Augenblick genau den Schnittpunkt zwischen Kathryns Schenkeln, wo der Stoff ihrer Uniform eng anlag. Kathryn
spürte den heißen Atem das Gewebe durchdringen und sich mit
der Hitze in ihrer Mitte vereinigen. Sie biß sich auf die Lippen. Ihr
Unterkörper hätte sich fast von selbst nach vorn geschoben, sehnsuchtsvoll in Sevens Gesicht, nach der Berührung ihrer Lippen verlangend. Doch Kathryn hielt sich zurück. Wollte sie Seven, die
etwas Neues entdeckte, nicht verschrecken oder sich selbst? Seven
erhob sich langsam wieder und liebkoste Kathryns immer noch bekleideten Körper zuerst mit ihrem Mund und dann mit ihren Händen.
Kathryn fühlte diese gewisse Spannung in ihrem Körper, als ob
sie sich auf einen Sprung vorbereitete, auf eine schnelle körperliche Reaktion, auf einen Angriff. Es waren die Reflexe, beruhigte
Kathryn sich selbst. Nur die Reflexe. Sie hatte gelernt zu reagieren, wenn sie sich hilflos und unterlegen fühlte, nach einem Ausweg, einer Fluchtmöglichkeit zu suchen. Aber das war hier nicht
nötig, das war hier absolut nicht nötig. Sie versuchte es mit Autosuggestion. Alles ist gut, bemühte sie sich, sich selbst zu überzeugen. Ich kann das hier jederzeit beenden. Ich bin der Captain. Seven wird
mir gehorchen. Aber Seven hatte ihr gerade in diesen Situationen
schon oft genug nicht gehorcht. Und jetzt wirkte sie noch viel weniger so, als ob sie es tun würde. Sie folgte der Logik der Liebe . . .
Seven lachte zärtlich. Zärtlich? dachte Kathryn. Woher kann sie
das? Woher weiß sie, wie das geht? Aber sie gab sich die Antwort
gleich selbst: Aus meinem eigenen Programm, seufzte sie innerlich.
»Entspann dich«, wisperte Seven immer noch liebevoll, als sie
wieder an Kathryns Mund angekommen war. »Du brauchst nichts
zu tun. Niemand erwartet etwas von dir. Du bist einmal nicht der
Captain, der für alles verantwortlich ist. Überlaß die Verantwortung ruhig mir.«
»Das ist ungewohnt«, erwiderte Kathryn, zweifelnd, ob sie das
überhaupt konnte. Sie war so daran gewöhnt, für alles die Verantwortung zu haben . . . Ihr Körper verlor die Spannung nicht.
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Seven suchte Kathryns Lippen und fuhr leicht darüber. »Kannst
du dich nicht entspannen?« fragte sie leise. »Ist es zu viel für dich?
Dann höre ich auf.«
Das war nicht genau das, was Kathryn sich wünschte. Ihr Körper
diktierte ihr ganz etwas anderes. Sie spürte das Kribbeln überall.
Aber sie war sich durchaus dessen bewußt, daß sie etwas Verbotenes tat, etwas, das ihre Autorität untergrub, etwas, das ihr die
Kontrolle entzog. Und nicht die Kontrolle zu haben, war ein unerträglicher Zustand für sie. »Ich kann nicht, Seven«, flüsterte sie beschämt. Ihre Stimme klang so leise, wie sie vermutlich noch nie
jemand auf der Voyager gehört hatte.
Seven verzog belustigt, aber liebevoll, die Mundwinkel. – Und
sie wirkte verständnisvoll. Mein Gott, was muß sie geübt haben! dachte Kathryn verwundert. »Ich glaube, ich weiß, was das Problem
ist . . . warum du immer weggelaufen bist. Du mußt die Kontrolle
haben . . . die Dominante sein. Du kannst es nicht ertragen, Befehle zu befolgen, die Unterlegene zu sein, jemand anders die Führung zu überlassen. Du kannst dich nicht hingeben. Das muß die
andere Frau tun. Stimmt das?«
Kathryn sah sie immer noch verwundert an. Wie sehr hatte sie
sich verändert! Sie schien so selbstsicher, so – menschlich, wie
Kathryn sie noch nie erlebt hatte. Sie konnte nicht antworten. Sie
konnte ihr eigenes Verhalten zwar analysieren – und dabei war sie
ja im Prinzip zu demselben Schluß gekommen wie Seven –, aber
sie konnte es Seven gegenüber nicht zugeben.
»Wärst du zufrieden, wenn ich es tun würde?« Seven lehnte sich
ein wenig gegen sie. »Erscheine ich dir bedrohlich, wenn ich es
nicht tue?« Sie suchte in Kathryns Augen nach einer Antwort, als
die nicht sprach.
Kathryn glühte vor Begehren, und Seven hatte recht: Sie fühlte
sich unwohl, weil sie nicht die Dominante war, weil Seven plötzlich die Führung übernommen hatte. Damit hatte sie nicht gerechnet. Und sie hatte kein Verhaltensmuster dafür. Sie kam sich genauso vor wie Seven noch vor einiger Zeit: Sie hätte es üben wollen – in einem wertfreien Raum, wo niemand sie sah. Vielleicht
hätte sie das Programm auf dem Holodeck doch einmal benutzen
sollen, es umprogrammieren sollen, so daß sie nicht die Liebhaberin, sondern die Geliebte gewesen wäre. Davor hatte sie Angst. Sie
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hatte Angst, sich selbst zu verlieren. Sie hatte sich noch nie in dieser Form hingegeben, das war absolut richtig. Hätte sie es je getan
oder das Bedürfnis verspürt, es zu tun, wäre sie wahrscheinlich nie
Captain geworden, sondern hätte es höchstens zum Leutnant gebracht. Befehlen war ihr Beruf und ihre Berufung. Sie fühlte sich
wohl dabei. Im Gegensatz zu jetzt . . .
»Ich kann nicht«, wiederholte Kathryn hilflos. Das war keine
Antwort auf Sevens Fragen, aber die gingen ihr zu sehr an die Substanz. Dazu konnte sie jetzt nichts sagen, noch nicht.
Seven drehte sich schnell mit ihr um, so daß sie jetzt an der
Wand lehnte und Kathryn über ihr war. »Tu du es«, wisperte sie
heiser. »Nimm mich.«
Kathryn war für einen Moment irritiert. Dann schoß ihr das Blut
heiß durch die Adern, als sie auf Seven hinuntersah, die verlangend
zu ihr aufblickte, mit verschleierten Augen, als ob sie nicht ganz
bei sich wäre. Das war sie ja wohl auch nicht. Das war nicht die
Seven, die sie kannte, dachte Kathryn erstaunt. Dann lächelte sie.
Aber es war mit Sicherheit eine Seven, die sie kennenlernen wollte. Sie beugte sich vor und küßte Seven sehr zart und zurückhaltend. »Ich habe mich so nach dir gesehnt«, murmelte sie flüsternd,
als sie den Kuß vorsichtig beendete.
Seven unterwarf sich ihr völlig und überließ nun alles ihr. »Ich
weiß, Captain«, wisperte sie, während sie ebenso zart wie zuvor
Kathryn mit ihren eigenen an deren Lippen zupfte. Aber sie ging
nicht weiter.
»Captain!« lachte Kathryn merkwürdig berührt ein wenig auf.
»Ich glaube, in dieser Situation ist das nicht die richtige Anrede«,
meinte sie lächelnd zu Seven.
Seven hob die Augenbrauen. »Ich habe dich noch nie anders genannt«, bemerkte sie sehr logisch.
»Du hast mich auch noch nie vorher geduzt«, erwiderte Kathryn
leise, während sie sich wieder leicht nach vorn beugte, um einen
schmetterlingssanften Kuß auf Sevens Lippen zu hauchen.
»Was ist falsch an ‚Captain’?« fragte Seven immer noch erstaunlich begriffsstutzig.
Sie war gleichzeitig ein Kind und eine erwachsene Frau, das vergaß Kathryn immer wieder, besonders in dieser speziellen Situation, in der Seven zuerst so dominant gewirkt hatte. Aber es war
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eben doch das Erste Mal für sie – wahrscheinlich, dachte Kathryn.
Ganz genau wußte sie es ja nicht, aber sie konnte sich Seven einfach nicht in einer erotischen Situation mit jemand anders vorstellen. Sie konnte sie sich ja kaum in einer erotischen Situation mit
sich selbst vorstellen . . .
Und obwohl sie schon so weit gegangen waren, wollte Kathryn
Seven nicht mehr zumuten, als sie verkraften konnte. Sie wußte
sehr genau, wieviel Seven in der relativ kurzen Zeit, die sie erst an
Bord der Voyager war, hatte lernen müssen. Wie sich ihr ganzes
Leben verändert hatte. Sie hatte überhaupt erst eins bekommen,
ein Leben, das man als solches bezeichnen konnte, seit sie auf der
Voyager war. Und das alles mußte sie erst verarbeiten. Kathryns
Begehren war da möglicherweise nicht gerade zuträglich, wenn es
Seven zusätzlich verunsicherte.
»Nenn mich Kathryn«, befahl sie Seven einfach. Es gab noch einen Unterschied in der Intimität zwischen Kathryn und Katie, wie
sie eigentlich alle ihre Liebhaberinnen genannt hatten, aber den
wollte sie Seven jetzt nicht erklären. Der Weg von Captain zu
Kathryn war nicht so weit wie der zu Katie. Seven diesen doch sehr
intimen Kosenamen aussprechen zu hören, hätte sie möglicherweise jetzt selbst nicht verkraftet, dachte Kathryn. Und Seven hatte
ihn trotz des Holodeckprogramms, in dem er verwendet wurde,
auch nicht benutzt. So gab es sicher am wenigsten Probleme.
»Gut . . . Kathryn«, stimmte Seven auf ihre besondere Art
gleichzeitig fest und zögernd zu.
Janeway beugte sich wieder vor und fuhr mit ihren Lippen an
Sevens schönem, langen Hals entlang. Es entlockte ihr selbst ein
Seufzen, diese weiche Haut zu spüren, die pulsierende Wärme unter ihren Lippen. Seven schien es zu mögen, aber sie seufzte nicht.
Kathryn küßte Seven, diesmal leidenschaftlicher, während ihre
Hand langsam an Sevens Körper hinabwanderte, ihre Brüste erkundete, ihre Taille, dann ihren Bauch, ihren Po, ihre Schenkel.
Kathryn stöhnte leise auf. »Du bist so schön, Seven!« flüsterte sie.
»Dann nimm mich«, sagte Seven nun ebenfalls leise, und die Erregung schien in ihren Körper zurückzukehren. Ihre Augen begannen wieder zu glänzen.
Kathryn ließ sich das nicht zweimal sagen und begann, Sevens
Brüste zu streicheln. Sie wollte wissen, ob – Ja, da war die Reakti© édition el!es
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on! Tatsächlich. Gleichzeitig drang sie wieder mit ihrer Zunge in
Sevens Mund ein und reizte dabei auch ihre Brustwarze, die härter
und härter wurde. Seven begann zu keuchen. Kathryn lächelte,
während sie sie küßte, und begann dann, Sevens Anzug langsam zu
öffnen. Sie schob den Stoff von ihren Schultern, die nackt und
schön darunter auftauchten. Kathryn war überwältigt. Sie hatte
immer noch das Bild der mit Borg-Implantaten verunzierten Hautoberfläche Sevens in Erinnerung. Doch das war natürlich längst
Vergangenheit.
Kathryn strich mit ihren Lippen über die weiche Haut, fuhr mit
ihrer Zunge in die so erotische Kuhle am Schlüsselbein, ließ sich
Zeit und wanderte auf die andere Seite hinüber. Seven seufzte.
Kathryn sah fast ein wenig überrascht hoch und entdeckte, daß Seven die Augen geschlossen hatte und mit leicht geöffneten Lippen
auf Kathryns weitere Aktionen wartete. Sie sah aus wie eine erregte Frau. Selbst ihre Haut hatte ein wenig mehr Röte angenommen.
Kathryn hob ihre Hand und strich über Sevens Gesicht. Seven
zuckte ein wenig zusammen, blieb aber bewegungslos stehen.
Kathryns Hand wanderte höher und öffnete Sevens Haare, die sofort in weichen Wellen herunterfielen. Wenn sie selbst wüßte, wie
schön sie ist, dachte Kathryn in diesem Moment erneut überwältigt
von der weiblichen Perfektion, die Seven darstellte.
Kathryns Finger streichelten Sevens Nacken und spielten mit ihren Haaren, während sich ihr Mund an Seven abwärts bewegte,
wieder in Richtung ihrer nackten Schultern. Seven seufzte erneut,
und die Spannung in ihrem Körper schien zuzunehmen, als Kathryn nun den Anzug weiter hinunterschob und ihre Brüste freilegte.
»Mein Gott!« murmelte Kathryn fasziniert und strich fast etwas
selbstvergessen über die großen, festen Hügel, zuerst mit ihrer
Hand, dann mit ihren Lippen. Als sie eine Brustwarze in den Mund
nahm, zuckte Seven diesmal weit heftiger zusammen und schob ihre Hände in Kathryns Haar. Ihre Schenkel schoben sich von der
Wand in Kathryns Richtung und versuchten, sich gegen sie zu
pressen. Es ist alles da, dachte Kathryn erstaunt. Wie bei jeder anderen
Frau auch.
Kathryn genoß es, als Seven immer mehr versuchte, sich ihr entgegenzuheben, begann, sich zu winden und heftiger atmete. Ihr
Seufzen erfolgte nun in immer abgehackterem Rhythmus. »Oh Se68
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ven . . .«, flüsterte Kathryn hingerissen, als sie sie ganz auszog und
sich dazu. Kathryn preßte Seven gegen die Wand, als sie nackt
war, und zwängte ihren Schenkel zwischen Sevens Beine. Sie war
unglaublich erregt. Ihre eigene Nässe benetzte Sevens perfekten
Schenkel, ließ ihn rutschig werden. Sie fühlte die anschwellende
Energie zwischen ihren Beinen, die sie fast gequält aufstöhnen ließ,
als sie den Druck von Sevens Schenkel spürte. Sie drückte noch ein
wenig mehr und fühlte fast schon das Ende nahen. Für einen Augenblick zog sie sich wieder zurück, versuchte, ihren Atem unter
Kontrolle zu bekommen. Sie wollte es noch nicht beenden. Sie
wollte die Vorfreude noch ein wenig genießen.
Seven lehnte nicht nur, sondern lag fast an der Wand, nackt und
schön, Kathryns Blicken ohne Einschränkung ausgesetzt, was Kathryn eine Weile ungehindert ausnutzte. Ihre Erregung wurde dadurch jedoch so sehr gesteigert, daß sie Seven nun wollte. Sie lehnte sich wieder gegen sie, liebkoste ihren Mund mit ihren Lippen,
ihre Brust, wanderte mit ihrer Hand tiefer. Würde Seven naß sein?
Das hatte sie sich schon die ganze Zeit gefragt. Sie legte ihre Hand
wie schützend um Sevens blonden Venushügel, beobachtete ihre
Reaktion. Seven atmete unterdrückt, mit langen Pausen zwischen
den heftigen Atemzügen. Sie wartete.
Kathryn tastete sich mit einem Finger zwischen Sevens Beine
vor. Ganz langsam und vorsichtig. Sie ließ einen zweiten Finger
folgen und schob mit beiden langsam Sevens Schamlippen auseinander. Da war etwas – tatsächlich: Feuchtigkeit! Also auch da war
sie absolut menschlich, absolut weiblich. Kathryn seufzte fast erleichtert auf, als sie es bemerkte. Seven hob ihre Hüften an und
schob sie sehnsuchtsvoll in Janeways Richtung. »Kathryn . . .«,
flüsterte sie dabei fast unhörbar. Es war die Stimme einer erregten
Frau, die Kathryn erkannte. Seven war wahrlich kein Roboter
mehr in diesem Moment. Sie war menschlicher, als sie je irgend
jemand auf dem Schiff erlebt hatte.
Kathryn ließ ihre Lippen noch einmal zu Sevens Mund wandern
und küßte sie zärtlich. Seven erwiderte den Kuß, ließ ihre Zunge
nach Kathryns suchen und sie finden, seufzte und preßte sich gegen
Kathryns nackt auf ihr ruhenden Körper. Während Kathryn sie
noch küßte, teilte sie Sevens Schamlippen mit ihren Fingern weiter
und versuchte vorsichtig einzudringen. Seven zuckte zusammen.
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Kathryn spürte den Widerstand auch. Es war wirklich alles an ihr
menschlich, bis ins letzte Detail, dachte Kathryn gleichzeitig erfreut und überrascht. »Es ist möglich, daß es weh tut«, murmelte
Kathryn etwas besorgt an Sevens Mund. »Willst du das?« Sie wußte noch nicht einmal, wie schmerzempfindlich Seven überhaupt
war, geschweige denn in diesem Punkt. Eine Entjungferungsszene
hatte Kathryn in ihr Programm nicht eingebaut gehabt, deshalb
konnte Seven darüber nichts wissen. So weit hatte Kathryn denn
doch nicht gedacht, als sie das Programm schrieb . . .
»Wenn es dazugehört . . .«, sagte Seven etwas gepreßt.
»Nur beim ersten Mal«, beruhigte Janeway sie. »Danach ist es
nur noch . . . schön.« Hoffentlich würde Seven ihr das glauben.
Seven nickte. »Ich will es«, sagte sie ruhig, wenn auch die Spannung in ihrem Körper zunahm.
»Ich werde vorsichtig sein«, versprach Janeway und küßte Seven
erneut sehr zärtlich und bald schon leidenschaftlich, um sie abzulenken. Kathryns Erregung stieg ebenso an wie Sevens und die
beiden nackten Frauen wanden sich gegeneinander, rangen nach
Luft, küßten sich wieder, bis beide Körper schweißnaß waren.
Kathryn drang erneut mit ihrer Zunge in Sevens Mund ein, tiefer
und tiefer, und mittendrin, während Seven sich immer erregter
gegen sie preßte, stieß Kathryn zu. Nicht zu heftig, aber doch
energisch. Sie hatte die Schamlippen während der Küsse immer
weiter gedehnt, Sevens Nässe überschwemmte schon ihre Hand,
doch als sie zustieß, schrie Seven dennoch auf. Sie unterdrückte
den Schrei sofort und stand still. Kathryn bewegte sich auch nicht
mehr. Seven sollte sich erst einmal an die Finger in ihr gewöhnen.
Sie küßte sie wieder und liebkoste ihre Lippen, ihre Wangen, ihren Hals. »Ganz ruhig«, sagte sie. »Das Schlimmste ist vorbei.«
Seven entspannte sich ein wenig. »Es war gar nicht so schlimm«,
sagte sie erstaunt. »Nur so . . . unerwartet.«
Kathryn lächelte. »Es ist besser so, glaub mir«, bemerkte sie.
Kathryn weitete Sevens Inneres noch ein wenig, wobei jene nur
angedeutet zusammenzuckte, und suchte dann ihre Perle. Sie war
da, groß, steif erregt und rund. Kathryns Daumen fuhr darüber,
und Seven stöhnte auf. Ihre Hüften begannen zu rotieren, gegen
Kathryns Hand, ihre Finger in ihr schien sie fast schon vergessen zu
haben. Einmal noch verzog sie kurz etwas unangenehm berührt das
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Gesicht, dann schlug die Erregung über ihr zusammen. Sie stöhnte
immer lauter, und als sie dann zum Schluß schrie, war es nicht vor
Schmerz. Da war nur noch Lust.
Kathryn hielt sie in ihren Armen und sank mit ihr gemeinsam auf
den Boden. Dort ließ sie Seven sich erholen, bis sie die Augen aufschlug. Sie sagte nichts, aber ihre Augen sahen Kathryn mit einem
derartig verschleierten Blick an, daß Kathryn wußte, wie sie sich
fühlte. Sie streichelte ihr Gesicht und sah sie zärtlich lächelnd an.
»Geht es dir gut?« fragte sie.
»Ja. Ich denke . . . ja«, antwortete Seven zögernd. »So habe ich
mich noch nie gefühlt.«
Kathryn lachte liebevoll. »Das glaube ich!«
Sie streichelte Seven weiter und wartete, daß sie ganz zu sich
kommen würde. Seven richtete sich nach kurzer Zeit auf einem
Arm auf. »Das war das, was ich auf dem Holodeck nicht üben
konnte«, sagte sie hintergründig lächelnd, »und jetzt kommt das,
was ich geübt habe!« Sie drehte Kathryn schnell auf den Rücken
und legte sich auf sie. »Ich will dich,Kathryn«, flüsterte sie, während sich ihr Mund auf Kathryns hinuntersenkte.
Janeway war überrascht, aber ihre Erregung übernahm die Regie. Sie drängte sich gegen Seven, genoß ihr Gewicht auf dem eigenen Körper, hob ihre Hüften an und stöhnte auf, als ihre Brustwarze sich plötzlich in Sevens Mund wiederfand.
Diesmal war es nur eine Seven, die sie befriedigte, aber dafür
war es eindeutig die richtige. Seven hatte wirklich alles geübt. Sie
fuhr mit ihren Lippen an Kathryns Körper auf und ab, reizte sie
fast bis zum Wahnsinn, hörte dann wieder auf und ließ sie warten.
Kathryn wand sich unter ihr auf dem Boden, stöhnte ihren Namen,
spürte die zunehmende Nässe zwischen ihren Beinen und dachte,
ihre Brustwarzen würden sich von ihr lösen. Sie schwollen immer
mehr an, je öfter Seven mit ihrer Zunge darüberfuhr, und Kathryn
warf leidenschaftlich erregt ihren Kopf hin und her. Die Hitze in
ihr war nicht mehr auszuhalten. Sie flehte Seven um Erlösung an,
doch die lächelte nur rätselhaft. Kathryns Körper schien sich aufzulösen in dem ganzen Kribbeln, Kitzeln und den brennend lustvollen Empfindungen, die Seven ihr verschaffte
Endlich entschloß Seven sich, Kathryn kommen zu lassen. Sie
drang mit zwei Fingern schnell in sie ein, was Kathryn kaum spür© édition el!es
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Ruth Gogoll
Raumschiff Voyager
te, weil sie so naß und weit war, und Seven begriff und fügte ihre
anderen Finger hinzu. Nur der Daumen leistete draußen seine Arbeit, alles andere war in Kathryns Innerstem. Kathryn stöhnte laut
und animalisch »Oh ja, Seven, ja!« und Seven stieß mehrmals
schnell in sie hinein, während sie weiter ihre Brustwarzen reizte
und ihre Perle mit rasender Geschwindigkeit attackierte. Es war
fast zu schnell für Kathryn, aber als sie dann mit einem fast atemloses Schrei kam, ihren Rücken durchdrückte und erstarrte, fühlte
sie sich so erschöpft und gleichzeitig so gut wie selten in ihrem Leben.
Sie brauchte etwas länger als Seven, um sich zu erholen. Als sie
die Augen aufschlug, beugte Seven sich über sie und sah sie fragend
an. »Das war wundervoll, Seven«, wisperte Kathryn, hob ihre
Hand und streichelte Sevens Gesicht, das über ihr schwebte. Seven
schien die richtige Antwort auf ihre unausgesprochene Frage erhalten zu haben, denn ihr Gesichtsausdruck wurde zärtlich. Sie senkte
sich zu Kathryn hinab und küßte sie nur ganz leicht auf den Mund.
Kathryn streichelte ihr Haar und zog sie neben sich. »Nur eine
Minute«, sagte sie lächelnd, »dann geht es weiter. Heute lasse ich
dich nicht mehr gehen.«
Seven lächelte etwas unsicher. »Ich habe in zwei Stunden
Dienst«, sagte sie.
Kathryn lachte. »Dann werde ich den Dienstplan eben ändern!
Schließlich bin ich der Captain! Und überhaupt . . .« Sie wandte ihr
Gesicht zu Seven und sah sie liebevoll an, »möchte ich einiges ändern auf diesem Schiff. Könntest du zum Beispiel nicht in Zukunft
bei mir schlafen statt in deinem Alkoven?«
»Sicher, Ka–« Seven brach ab. »Sicher, Captain«, sagte sie dann
etwas herausfordernd, und es erschien fast so etwas wie ein Grinsen auf ihrem Gesicht.
Kathryn griff nach ihr. »Paß bloß auf!« rief sie lachend. »Ich
werde dich lehren, meine Befehle zu mißachten!« Sie küßte sie
heftig auf den Mund.
Als der Kuß erst einmal endete, war Seven überzeugt davon, daß
sich in Zukunft einiges auf der Voyager ändern würde, besonders
für sie selbst. Und sie freute sich darauf. Aber erst einmal wollte
sie Kathryn noch ein bißchen ärgern. »Ja, Captain«, sagte sie noch
mehr grinsend.
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