Erfahrungsbericht Erasmus (Madrid WiSe 2012/13)

Transcrição

Erfahrungsbericht Erasmus (Madrid WiSe 2012/13)
Erfahrungsbericht Erasmus (Madrid WiSe 2012/13)
Hallo ihr Lieben,
ihr interessiert euch also für ein Studium in Madrid, der wunderschönen Hauptstadt Spaniens
oder habt sogar schon einen Platz? Dann lasst mich euch doch zumindest ein wenig bei der
Vorbereitung helfen (für mich waren die Erfahrungsberichte zu Beginn meiner Erasmuszeit
wirklich Gold wert). Lasst uns also ganz vorm beginnen:
Bewerbung
Schon bei der Bewerbung solltet ihr eine Gewisse Vorstellung davon haben, was ihr von eurem
Erasmusstudium erwartet. Informiert euch vorher über die Unis und die Kurse, lest die
Erfahrungsberichte ;-) und überlegt euch, ob euer Urlaubsspanisch „Vamos a la playa…“
realistischer Weise bis zum Beginn eurer Auslandszeit zu B2 werden kann.
In meinem Jahr gab es für Spanien Auswahlgespräche, bei denen ihr von Mitarbeitern der ChIC
und ehemaligen Erasmusstudenten befragt werdet und einen kleinen Vortrag halten müsst.
Kleiner Tipp: Informiert euch vorher unbedingt über eure Städte (erste und zweite Wahl),
sowie über die wichtigsten Eckpunkte der spanischen Geschichte.
Vorbereitung
Spanisch lernen!!!! Spanisch ist nicht die schwerste Sprache, denkt aber bitte trotzdem daran,
dass niemand in den Sekretariaten der Krankenhäuser, die wenigsten Beamten und noch
weniger Busfahrer/Metroticketverkäufer/Hostelbesitzer Englisch sprechen. Ihr müsst euch
vom ersten Tag an auf Spanisch zurechtfinden. Ich habe einen privaten Sprachkurs gemacht,
die Kurse der HU sollen aber auch empfehlenswert sein.
Flüge buchen!! Aus Berlin fliegt EasyJet direkt nach Madrid. Bucht relativ früh, im Sommer
wird es sonst teuer.
Fotos machen! In Spanien braucht ihr für wirklich alles Passfotos. Nehmt am besten so 10-12
Fotos mit.
Die ersten Tage
Die ersten Tage in Madrid waren für mich aufregend, aufwühlend, spannend und
verunsichernd zugleich. Für die erste Woche hatte ich mir einen Schlafplatz über CouchSurfing
organisiert (www.couchsurfing.org). Das würde ich euch auch dringend empfehlen. Man lernt
Einheimische kennen, hat ein echtes Zuhause, Ansprechpartner und vielleicht schon die ersten
Freunde gefunden.
Kauft euch gleich eine spanische Sim-Karte und ein Metro-Ticket. Die von Sim-Karten von
Yoigo waren zu meiner Zeit sehr günstig. Ein Monatsticket bekommt ihr nach
Terminvereinbarung
online
in
einigen
Filialen
der
Metrogesellschaft.
(http://www.tarjetatransportepublico.es/CRTM-ABONOS/entrada.aspx) Diejenigen, die unter
23 sind, zahlen nur das Jugendticket („abono joven“), welches mit ca. 33 Euro wirklich günstig
ist.
Danach könnt ihr auch schon auf Wohnungssuche gehen. Für mich ist www.idealista.es die
beste Seite. Ruft die Vermieter aber unbedingt persönlich an, auf die meisten Mails wird nicht
geantwortet. Traut euch! Die meisten Vermieter sind sehr nett und versuchen langsam zu
reden und euch zu verstehen. Seht es einfach als Übung. Telefonieren auf Spanisch wird bis
ganz zum Schluss eurer Erasmuszeit sehr schwer sein. Ich habe am Ende dann eine Wohnung
über CouchSurfing gefunden. Es gibt hier eine Gruppe namens „Madrid: Renting Rooms“ in
der fast täglich Angebote veröffentlicht werden. Der Vorteil: Ihr könnt euch eure neuen
Mitbewohner im Voraus anschauen und ihre Referenzen lesen.
Gewohnt habe ich dann im Zentrum, fünf Gehminuten von Sol entfernt, in Antón Martín.
Meine WG bestand aus fünf Personen. Das WG-Leben gestaltete sich zunächst sehr
unterhaltsam, nach einigen Zwischenfällen und Streitereien dann aber schwieriger, sodass wir
Mädels entschieden umzuziehen. Ich kann euch wirklich nur empfehlen: Fühlt ihr euch in
eurer WG nicht mehr wohl, zieht um! Es wird kaum besser werden, schlechte Stimmung ist
hartnäckig. In Madrid findet man sehr schnell gute Zimmer, ihr werdet nicht auf der Straße
stehen.
Allgemein ist zu sagen, dass Zimmer von ca. 10-13m² im Zentrum um die 400 Euro (inklusive
Nebenkosten „gastos“) kosten. Seht euch die Zimmer unbedingt an. Es ist nicht zu empfehlen
aus Deutschland über das Internet ein Zimmer zu buchen. In Madrid werden teilweise noch
Zimmer ohne Fenster und / oder Heizung vermietet. Sehr schöne Viertel sind für mich La
Latina, Chueca und Malasaña. Einen Mietvertrag bekommen die wenigsten. Es ist völlig normal
die Miete und die Kaution („fianza“) bar zu zahlen.
Lasst euch für die ersten Tage gesagt sein: Keine Panik!! Ihr werdet eine Wohnung finden. (Ich
kenn niemanden, der nach einer Woche noch ohne Zimmer dastand.) Heimweh ist normal,
bei den Eltern anrufen auch und schon nach zwei Wochen werdet ihr deutlich mehr verstehen.
Sprachkurs
Schon zwei Wochen vor Kursbeginn habt ihr die Möglichkeit am Sprachkurs teilzunehmen.
Mich persönlich hat der Kurs selbst mit nahezu 50 Studenten sprachlich nicht wirklich
vorangebracht. Teilnehmen solltet ihr allerdings trotzdem. Ich habe in diesen ersten zwei
Wochen einige Freundschaften geschlossen, die mich über die ganze Zeit begleitet haben.
Studium
Euer Studium beginnt mit einem Termin im Erasmusbüro der medizinischen Fakultät. Dieses
befindet sich im Erdgeschoss des Hauptgebäudes der medizinischen Fakultät in der Ciudad
Universitaria. Hier erfahrt ihr das Krankenhaus, in dem ihr alle Kurse und Vorlesungen habt.
Ich wurde dem Hospital Gregorio Marañón zugeteilt. Hier habt ihr auch die Möglichkeit eure
Fragen zu stellen (wobei die studentischen Mitarbeiter oft ahnungslos sind) und an eurem
Learning Agreement zu basteln. Müsst ihr danach noch einmal ins Büro denkt an die
Öffnungszeiten von 10-13h.
Mitte September beginnen die Vorlesungen. Da ihr wahrscheinlich Kurse aus mehreren
Jahren gewählt habt, werden sich die Vorlesungen überschneiden. Sucht euch einfach raus,
was euch gefällt.
Später werdet ihr nach Nachnamen in Praktikumsgruppen unterteilt. Wichtig: Es gibt einen
Unterschied zwischen den Praktika des Fachs „práctica clinica“, welche eher unseren
Blockpraktika ähneln und den Praktika der eigentlichen Fächer, den „asignaturas“, welche
Vorlesungen, Seminare und UaK’s sein können.
Habt ihr „asignaturas“ gewählt, habt ihr jeweils wöchentlich oder täglich rotierend Termine
der Praktika der Fächer. Da es über Uhrzeit und Ort nahezu keine offiziellen Informationen
gibt, solltet ihr euch unbedingt schon in der ersten Woche an spanische Studenten hängen
und immer nachfragen. Die „delegados“, also die Studentensprecher, sind hier die besten
Ansprechpartner.
Sich zusätzliche Praktika zu organisieren war dieses Jahr erstmals nicht mehr selbstständig
möglich, sondern bedurfte eines Antrags beim Erasmusbüro. Habt ihr diesen gestellt, wartet
ihr ewig, wenn nicht vergeblich auf Antwort. Ich hatte zwei Monate nach Antragsstellung noch
keine Email bekommen. Bei uns hatten nur die Heidelberger vor meiner Abreise Antwort, aber
noch keine Termine.
Insgesamt werdet ihr bald feststellen, dass die Lehre in Spanien sich stark von unserer
unterscheidet. Frontalunterricht ist in Seminaren der bevorzugte Lehrstil, der Professor
bestimmt den Lehrplan weitestgehend selbst und Patienten werdet ihr, wenn ihr nur die
Fächer, ohne „práctica clinica“ wählt, kaum sehen. Ich hatte nicht erwartet, dass mich das so
sehr stören würde, aber ich war durch die Lehre teilweise sehr frustriert. Wählt in Spanien
also bitte eher Kurse, die euch nicht zu sehr interessieren oder wiederholt einige UaK’s in
Berlin um praktischen Unterricht nachzuholen.
Empfehlen kann ich die Vorlesungen und Seminare der Psychiatrie, welche wirklich gut waren.
Ich weiß, das klingt zunächst sehr hart, aber macht euch bitte wirklich klar, ob ihr ein oder
zwei Semester lang so studieren möchtet.
Freizeit
Freizeit werdet ihr viel haben. Die meisten Kurse enden um 12h, die Vorlesungen um 15h.
Manchmal habt ihr rotationsbedingt sogar bis zu 10 Tage frei. Ihr habt Glück! Madrid ist eine
wahre Traumstadt und hat sehr viel zu bieten. Die Museen und Galerien sind wirklich einen
Besuch wert und für Studenten auch meist kostenlos. Die Straßen sind voller Tapas-Bars und
Restaurants, Clubs und Jazzcafes. Meine Favoriten waren hier das Lateral und die Cervecería
Cien Montaditos.
Wer Musik von Lady Gaga und Rihanna mag, ist auch in den meisten Clubs gut aufgehoben,
denn diese wird neben viel spanischer Musik mit Vorlieben gespielt. Mir hat es immer mehr
Spaß gemacht in Jazzclubs zu gehen, welche wirklich sehr gut sind.
Habt ihr mal länger frei, könnt ihr wunderbar Reisen. Toledo und Segovia könnt ihr sehr gut
als Tagesreise mit dem Bus erreichen. Granada und Sevilla, die meiner Meinung nach
schönsten Städte Andalusiens erreicht ihr per Zug. Hier lohnt sich wirklich eine Rundreise.
Andalusien ist traumhaft.
Ryanair fliegt von Madrid auch für unter 50Euro nach Marrakesch und Lissabon. Beide Städte
sind meiner Meinung nach wirklich einen Besuch wert.
Fazit
Meine Zeit in Madrid hat mir unheimlich viel über mich selbst beigebracht. Die Stadt und die
Menschen an sich sind einfach wunderbar. Mit der Lehre hatte ich oft Probleme. Ich bereue
meinen Aufenthalt nicht im Geringsten und würde mich jederzeit wieder für Erasmus
entscheiden. Hoffentlich konnte ich euch ein wenig weiterhelfen und habe das Leben Madrid
möglichst realistisch dargestellt. Viel Spaß bei eurer Erasmuszeit, sie wird wundervoll!