Organische Chemie I
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Organische Chemie I
Organische Chemie I OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 1 8. Ether 8.1. Allgemeines 8.2. Nomenklatur + wichtige Vertreter 8.3. Synthesen 8.4. Reaktionen 8.5. Kronenether 8.6. Ether als Schutzgruppen 8.7. Ether in Industrie + Natur OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 2 8.1. Allgemeines • Als Ether bezeichnet man organische Verbindungen mit einer Sauerstoffbrücke (als funktionelle Gruppe) zwischen zwei Alkyl‐, Aryl‐ oder Alkenylresten. • Ether können als Derivate des Wassers betrachtet werden, bei denen beide Wasserstoffe durch organische Reste ausgetauscht sind. • Einfache Alkoxyalkane besitzen die allgemeine Summenformel: CnH2n+2O Struktur, Orbitale und Eigenschaften • C‐O‐C‐Bindung ist gewinkelt (112°) und polar (hohe Elektronegativität des Sauerstoffs). Die Länge der C‐O‐Bindung beträgt ca. 143 pm. • Ether sind meist reaktionsträge und chemisch inert (Ausnahme: kleine cyclische Ether). OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 3 8.1. Allgemeines • Ether als Gesamtmoleküle betrachtet sind wenig polar resultierendes Diplomoment • Ether können keine Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden. Ihre Siedepunkte liegen deutlich unter denen von Alkoholen vergleichbarer Molmasse. Alkan Kp* Halogenalkan Kp* Alkohol Kp* Ether Kp* Methan ‐161 Chlormethan ‐24 Methanol 65 ‐ ‐ Ethan ‐89 Chlorethan 12 Ethanol 78 Dimethylether ‐23 Propan ‐45 Chlorpropan 16 Propanol 97 Methylethylether 8 Butan ‐0,5 Chlorbutan 78 Butanol 118 Diethylether 35 Pentan 36 Chlorpentan 108 Pentanol 128 Ethylpropylether 62 *Kochpunkt in °C Löslichkeit in Wasser • Dimethylether und Diethylether sind mäßig wasserlöslich; größere Ether sind schlecht bzw. nicht wasserlöslich. • Cyclische Ether und Moleküle mit mehrern Etherfunktionen sind besser wasserlöslich (z.B. Tetrahydrofuran, 1,4‐Dioxan, 1,2‐Dimethoxyethan = wasserlöslich). 8.2. Nomenklatur + wichtige Vertreter Offenkettige Ether • IUPAC: Bezeichnung als Alkoxyalkane. Der größere Teil ist der Alkanstamm. • Aromatische Ether: Endung Benzen, Alkylrest als Alkoxysubstituent. • TIVIALNAMEN: Bennen der beiden Alkyl‐ bzw. Arylreste plus Endung Ether. Cyclische Ether siehe Heterocyclen / Heteroaromaten • IUPAC: Oxacycloalkane (gehören zu den Heterocyclen) • TRIVIALNAMEN OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 5 8.2. Nomenklatur + wichtige Vertreter Cyclische Polyether ‐ Kronenether • IUPAC: A‐Krone‐B A‐ Anzahl der Ringatome, B‐Anzahl der Sauerstoffatome OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 6 8.3. Synthesen • Wichtige Synthesemethoden sind: a) b) c) d) e) f) WILLIAMSON‐Ethersynthese Säurekatalysierte Kondensation von Alkoholen Veretherung mit Silbersalzen Elektrophile Addtion von Alkoholen an Alkene Epoxidsynthesen Synthese von THF und Dioxan OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 7 8.3. Synthesen a) WILLIAMSON‐Ethersynthese • Die Deprotonierung von Alkoholen bzw. Phenolen durch starke Basen (Na, NaNH2) liefert Alkoxid‐Ionen (Alkoholate) bzw. Phenolate. Diese können mit primären (und sekundären) Halogenalkanen zu Ethern umgesetzt werden (SN‐Reaktion). Beispiele: • Für symmetrische und unsymmetrische Ether geignet. Meist angewandte Ethersynthese. 8 8.3. Synthesen b) Säurekatalysierte Kondensation von Alkoholen • Behandlung von (meist primären) Alkoholen mit „nichtnuceleophilen“, starken Säuren (z.B. H2SO4) führt zur Bildung von Ethern (SN2‐Reaktion). Allgemeine Reaktionsgleichung: Mechanismus: • Für symmetrische Ether geignet. Reaktion ist reversibel (Etherspaltung)! • Nebenreaktion: Eliminierung (bei noch höheren Temperaturen). OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 9 8.3. Synthesen c) Veretherung mit Silbersalzen • Geeignet für die Synthese von Ethern mit sekundären und tertiären Alkylgruppen. • Schwerlösliches AgCl als Nebenprodukt. Allgemeine Reaktionsgleichung: d) Elektrophile Addition von Alkoholen an Alkene • Alkene können im Sauren protoniert werden. Die gebildeten Carbeniumionen können vom Alkohol angegriffen werden. Deprotonierung liefert den Ether. Allgemeine Reaktionsgleichung: OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 10 8.3. Synthesen e) Epoxidsynthesen • Doppelbindungen können zu Oxacylopropanen (Epoxiden) oxidiert werden. Technische Synthese von Epoxiden: Katalytische Oxidation von Alkenen Synthetisch bedeutend (z.B. im Labor): Oxidation von Alkenen mit Peroxysäuren • Epoxide sind Vorstufen vieler Synthesen umfangreiche Folgechemie. OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 11 8.3. Synthesen f) Synthese von Tetrahydrofuran und 1,4‐Dioxan • Tetrahydrofuran (THF) und 1,4‐Dioxan sind wichtige (inerte) Lösungsmittel. THF: 1,4‐Dioxan: OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 12 8.4. Reaktionen • Ether sind allgemein sehr reaktionsträge (Ausnahme: kleine gespannte Oxacycloalkane). Bildung von Oxoniumionen • Etherspaltung mit starken Säuren: • Bildung Dialkyloxoniumion (mit starken Säuren(HX, H2SO4)). • Abspaltung eines Alkoholmoleküls. • Abfangen des Carbenium‐Ions durch X‐ (Nucelophil). • Bildung von Etheraddukten (z.B. mit BF3): • Trialkyloxonium‐Ionen sind extrem starke Alkylierungs‐ mittel (α‐C‐Atome sind stark polarisiert). Autoxidation von Ethern • Ether bilden beim Stehen an Licht und Luft explosive Peroxide. ! Peroxide können sich im Destillations‐ rückstand von Ethern ansammeln! OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 13 8.4. Reaktionen CLAISEN‐Umlagerung (Oxa‐COPE‐Umlagerung) • Umlagerung von Allyl‐vinyl‐ethern und Allyl‐aryl‐ethern in γ,δ‐ungesättigte Carbonyle. OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 14 8.4. Reaktionen Ringspaltung von Epoxiden • Die Protonierung von Epoxiden und Reaktion mit einem Nucleophil führt zu einer Ringöffnung, bei der verschiedene Funktionalitäten eingeführt werden können. Vielfältige Folgechemie! • In Abwesenheit anderer Nucelophile wird der protonierte Epoxid‐Ring von einem zweiten Epoxid‐Ring angegriffen Ringöffnungspolymersiation. Bildung von Polyethylenoxid / Polyethylenglykol: 15 8.5. Kronenether • Kronenether sind cyclische Oligo‐ bzw. Polyether, die an Metallkationen koordinieren können. • Solvatation von Metallionen in unpolaren Lösungsmitteln, z.B. Benzen. • Stimmen Metallionengröße und Innendurchmesser des Kronenthers gut überein, ist eine selektive Bindung eines Metallions möglich! Verwendung: Ionentransportkanäle, Phasentransferkatalyse. OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 16 8.6. Ether als Schutzgruppen • Die reversible Umwandlung von Alkoholen in Ether ermöglicht das Schützen der OH‐Gruppe während einer chemischen Reaktion. Anforderungen an eine Schutzgruppe: • billiges Reagenz • gut und selektiv anzubringen • stabil unter den gewählten Reaktionsbedingungen • leicht und spezifisch abspaltbar OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 17 8.7. Ether in Industrie + Natur • Ether sind hervorragende Lösungsmittel* (für viele polare und unpolare Substanzen). Ether sind mit vielen polareren und unpolareren Lösungsmitteln mischbar. • Diethylether: Lösungsmittel, Extraktionsmittel („Ausethern“), früher: Narkotikum • tert‐Butylmethylether: Lösungsmittel (bildet keine Peroxide), Klopfschutzmittel. • Epoxid: Ausgangsstoff für viele Synthesen, Epoxidharze (Klebstoffe) • Tetrahydrofuran: Lösungsmittel (PVC, Polyurethan, Polystyren, Lacke, Klebstoffe u.v.m.), Tetrahydrothiophen‐ und Pyrrolidinsynthese, Polyurethan‐ und Polyesterherstellung. • 1,4‐Dioxan: Lösungsmittel. • Kronenether: Hilfsmittel in der Synthese (Phasentransferkatalysatoren). • Polyether (bes. Polyethylenoxid, Polyethylenglykol): Medikamente, Kosmetika (fördern Durchlässigkeit der Haut oder Darmwand für Arzneimittel; sehr geringe Toxizität), Gleit‐ und Schmiermittel, Konservierungsmittel (für Leder u.ä.). * Stark (LEWIS)‐saure Reaktanden können zu Etherspaltung führen! OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher 18 8.7. Ether in Industrie + Natur Einige natürlich vorkommende Ether / physiologisch aktive Ether: HO H OH HO HO HO H H O H OH OH N HO D‐Glucopyranose (eigentlich cyclisches Halbacetal) Morphin Hauptbestandteil des Opiums Starkes Schmerzmittel CHO trans‐Anetol Anisgeruch O CH3 OH Vanillin Aromastoff OC I Lehramt ‐ F. H. Schacher Eugenol Gewürznelken, Zimtöl 19