Straßenbahnlinie 1
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Straßenbahnlinie 1
Freie Hansestadt Bremen _____________________________________ Straßenbahnlinie 1 - Verlängerung bis Mittelshuchting (GO217) Fachbeitrag „Fledermäuse“ zum geplanten Ausbau der Straßenbahnlinie 1 über die BTETrasse bis zur Endhaltestelle Huchtinger Heerstraße Fachbeitrag EY ER & RAHME L M erstellt durch Bio log isch en Harpstedt ng lanu e Gut achten und P März 2009 Impressum Auftraggeber: Bau und Vermietung von Nahverkehrsanlagen Herdentorsteinweg 49/50 ASV Bremen Frau Bandel 28195 Bremen Telefon: 0421 – 361 9158 Fax: 0421 – 496 9158 E-Mail: [email protected] Auftragnehmer: MEYER & RAHMEL GbR Biologische Gutachten und Planungen Holzhausen 23 27243 Beckeln Fon 04244 - 96 51 55 Fax 01805 060 344 715 75 email: [email protected] Projektbearbeitung: Dipl. Biol. Ulf Rahmel Bearbeitungszeitraum Felderfassung : Bericht: August 2008 – Januar 2009 März 2009 Holzhausen, im März 2009 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Aufgabenstellung............................................................................. 2 2. Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume............................................. 5 3. Ergebnisse .............................................................................................................. 9 3.1 Übersicht ................................................................................................................. 9 3.2 Beobachtungshäufigkeiten und Raumnutzung........................................................ 10 3.3 Baumhöhlen und Balzquartiere ............................................................................... 15 4. Bewertung der Befunde........................................................................................... 20 5. Konfliktanalyse ........................................................................................................ 22 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Begehungstermine im Untersuchungsgebiet ............................................................ 5 Tabelle 3. Im UG vorkommende Arten und ihr Gefährdungsstatus ........................................... 9 Tabelle 3: Summierte Nachweiszahlen der Begehungen .......................................................... 10 Tabelle 4: Verteilung der Nachweise auf unterschiedliche Streckenabschnitte......................... 11 Tabelle 5: Horchkistenstandort HK-1 auf der BTE-Trasse......................................................... 12 Tabelle 6: Horchkistenstandort HK-2 auf der BTE-Trasse......................................................... 12 Tabelle 7: Horchkistenstandort HK-3 auf der BTE-Trasse......................................................... 12 Tabelle 8: Horchkistenstandort HK-4 auf der BTE-Trasse......................................................... 13 Tabelle 9: Horchkistenstandort HK-6 an der Heinrich-Plett-Allee .............................................. 14 Tabelle 10: Horchkistenstandort HK-5 an der Heinrich-Plett-Allee ............................................ 14 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Pappel mit Stammriss und zwei Spechthöhlen..................................................... 15 Abbildung 2: Erle mit Stammhöhle in ca. 4 m Höhe. ................................................................. 17 Abbildung 3: Weide mit Stammriss im Seitenast. ...................................................................... 17 Abbildung 4: Pappel (unten mittig in der Abbildung) mit Stammhöhle in ca. 7 m Höhe........................................................................................................................ 18 Abbildung 5: Linde mit Stammaufriss in ca. 12 m Höhe. ........................................................... 18 Abbildung 6: Erle mit Stammhöhle in ca. 3 m Höhe. ................................................................. 19 M&R p-407 -I- 1. Einleitung und Aufgabenstellung 1. Einleitung und Aufgabenstellung Es ist geplant, die Straßenbahnlinie 1 über die heutige Endhaltestelle am Roland Center über die BTE Trasse und die Heinrich-Plett-Allee bis zur geplanten Endhaltestelle an der Huchtinger Heerstraße zu verlängern. Im Bereich der geplanten Trasse befinden sich u.a. Gehölzbestände, die im Rahmen der Baumaßnahme vermutlich in größerem Umfang in Anspruch genommen werden müssen. Um die Belange der gesetzlich geschützten Fledermausarten hinreichend berücksichtigen zu können, wurde im Spätsommer 2008 die Erstellung eines faunistischen Fachbeitrages in Auftrag gegeben. Aufgrund der komplexen Ansprüche der Fledermäuse an ihre Umwelt und dem stetigen Rückgang der Bestände vieler Arten seit den 50`er-Jahren, gehören die Fledermäuse zu den am stärksten bedrohten Tierartengruppen in ganz Europa. In Niedersachsen werden viele Fledermausarten auf der Roten Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Säugetiere geführt (HECKENROTH 19911 und NLWKN in Vorb.2). Aufgrund dieses Bestandsrückganges genießen Fledermäuse einen nationalen sowie internationalen Rechtsschutz. Alle einheimischen Fledermausarten sind durch die Bundesartenschutzverordnung streng geschützt. Nach den Artenschutzbestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes, in die das EU-Recht (FFH-Richtlinie, Vogelschutzrichtlinie, Europäische Artenschutzverordnung) implementiert wurde, ergeben sich für Planungen Konsequenzen, die über die früheren Bestimmungen der Eingriffsregelung hinausgehen. Zumindest für die nach §10 (2) Nr. 11 BNatSchG streng geschützten Arten müssen im Rahmen von Eingriffsplanungen Maßnahmen getroffen werden, die den Eingriff unter die Erheblichkeitsschwelle senken. Wichtig für eine Eingriffsbeurteilung ist der Umstand, dass nach §10 (2) Nr. 1 BNatSchG nicht abstrakte Einheiten wie „Arten“ oder „Populationen“ betrachtet werden dürfen, sondern konkrete Individuen in konkreten Lebensräumen (LUTZ & HERMANNS 2003)3. Wenn dieser Lebensraum oder Teillebensraum durch den Eingriff nicht mehr durch diese Individuen genutzt werden kann oder nach ALBIG et al. (2003: 127)4 „die lokale Population einer Art auf ein signifikant niedrigeres Niveau sinkt“ (im Sinne des § 19 (3) BNatSchG also „zerstört“ ist), kann man von einer Betroffenheit bzw. Beeinträchtigung ausgehen. Wenn die betroffenen Individuen dadurch nicht mehr in der Lage sind, diese irreversibel verloren gegangene Lebensraumfunktion am betreffenden Ort zu kompensieren (im Sinne des § 19 (3) BNatSchG zu „ersetzen“), hier also nicht mehr in dem Umfang leben können wie vor dem Eingriff, wäre dies eine erhebliche Beeinträchtigung und der Eingriff bezogen auf streng geschützte Arten somit unzulässig. Die vorgenannten Aspekte betreffen vor allem die Eingriffsregelung. 1 HECKENROTH, H. (1991): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Säugetierarten – Übersicht (1. Fassung, Stand 1.1.1991) mit Liste. - Naturschutz Landschaftspfl. Niedersachs. 26: 161-164. 2 NLWKN: DENSE, C. , G. MÄSCHER & U. RAHMEL (in Vorb.): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Fledermausarten. 3 LUTZ, K. & P. HERMANNS (2004): Streng geschützte Arten in der Eingriffsregelung. - Naturschutz und Landschaftsplanung 36 (6): 190-191. 4 ALBIG, A., M. HAACKS & R. PESCHEL (2003): Streng geschützte Arten als neuer Tatbestand in der Eingriffsplanung. Wann gilt ein Lebensraum als zerstört? - Naturschutz und Landschaftsplanung 35 (4): 126-128. M&R p-407 -2- 1. Einleitung und Aufgabenstellung Über die Eingriffsregelung hinaus regelt der § 42 BNatSchG den Schutz streng geschützter Arten, so dass im vorliegenden Fall auch eine artenschutzrechtliche Betrachtung erforderlich sein dürfte, da alle einheimischen Fledermäuse streng geschützt sind. Die artenschutzrechtliche Prüfung stellt ein eigenständiges Instrument für den Erhalt der Arten dar. Inhalte der Prüfung betreffen sowohl den physischen Schutz der Tiere als auch den Schutz ihrer Lebensstätten. Unter dem Begriff Lebensstätten sind die Fortpflanzungsstätten, wie Balzplätze, Paarungsgebiete, Neststandorte sowie Areale, die von den Jungen genutzt werden, die Ruhestätten, wie Schlaf-, Mauser- und Rastplätze, Sonnplätze, Verstecke sowie Sommer- und Winterquartiere gemeint. Der Schutz der Tiere und ihrer Lebensstätten gilt gemäß Art. 12 FFH-RL für alle FFH-Arten des Anhang IV bzw. gemäß Art 5 V-RL für alle europäischen Vogelarten. Mit der Kleinen Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vom Dezember 2007 hat der Bundesgesetzgeber das deutsche Artenschutzrecht an die europäischen Vorgaben angepasst, so dass bei allen genehmigungspflichtigen Planungs- und Zulassungsverfahren eine Überprüfung der Zugriffsverbote für die FFH-Anhang-IV-Arten und die im Bundesgebiet vorkommenden europäischen Vogelarten im Sinne eines ökologisch–funktionalen Ansatzes nach den europäischen Bestimmungen notwendig ist. Zielsetzung der artenschutzrechtlichen Vorschriften ist es, den Erhalt der Population einer Art und die ökologische Funktion der Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang zu sichern. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen sind im Planungsraum zwei unterschiedliche Fragestellungen zu berücksichtigen: - Sind Lebensräume (Jagdgebiete) im Sinne der Eingriffsregelung (§ 19 Abs. 3) betroffen? - Sind Lebensstätten (Quartiere) streng geschützter Fledermausarten nach § 42 BNatSchG betroffen? Die mögliche Relevanz von Fledermäusen wurde erst im Planungsverfahren im August 2008 deutlich, da die Erfassung und Bewertung der vorhandenen Gehölzbestände ein Vorkommen von Fledermäusen wahrscheinlich machte. Zielsetzung der Untersuchung war es von daher, mit Hilfe des Spätsommeraspektes die ggf. vorhandenen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf die Fledermäuse zu prüfen. M&R p-407 -3- 1. Einleitung und Aufgabenstellung Prinzipiell ist es für die Beurteilung von Fledermauslebensräumen je nach Fragestellung erforderlich, zwischen April und November zu untersuchen. Das zeitliche Bearbeitungsfenster ab August 2008 schränkte den Bearbeitungszeitraum ein, so dass keine Erfassung des Sommer- bzw. Wochenstubenaspektes möglich war. Folgende Inhalte und Aspekte waren durch die Felderfassungen zwischen August und Januar bearbeitbar: - Bedeutung der Flächen/Strukturen als Jagdhabitat im Spätsommer. - Überprüfung des Baumbestandes auf Höhlen, die potentiell als Quartiere genutzt werden könnten. - Nutzung des Baumbestandes (Höhlen) als Balzquartier. - Nutzung der Baumhöhlen als Winterquartier. Der nachfolgende Bericht gibt die Ergebnisse der Untersuchungen wieder. M&R p-407 -4- 2. Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume 2. Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume Nachfolgend wird das methodische Vorgehen beschrieben. Jagdgebiete und Balzquartiere Im August und September wurden vier Erfassungsdurchgänge (Detektorerfassung) durchgeführt (vgl. Tab. 1) und es wurden Horchkisten zur Messung von Flugaktivitäten eingesetzt. Zudem erfolgte eine gezielte Suche nach balzenden Tieren. Tabelle 1: Begehungstermine im Untersuchungsgebiet Monat Datum Witterungsbedingungen, Temperatur von Sonnenuntergang bis Ende Erfassung mit Detektor und Horchkisten: Jagdgebiete und Balzaktivität August 26.08.2008 Wind 0-1, 17 °C, kein Niederschlag, gute Bedingungen. September 02.09.2008 Wind 0-1, 21 °C, ab ca. 0 Uhr sehr schnell fallend auf 12 °C, von 0 Uhr bis 1:30 leichter Regen. Bis etwa 0 Uhr sehr gute Bedingungen. 14.09.2008 Wind 0-1, 19 °C im Laufe der Nacht auf 7 °C fallend. Kein Niederschlag. Bis etwa 0 Uhr gute Bedingungen. 16.09.2008 Wind 0-1, 13 °C im Laufe der Nacht auf 8 °C fallend. Kein Niederschlag. Gute Bedingungen. Suche nach Baumhöhlen August 29.08.2008 Sichtkontrolle tagsüber Dezember 02.12.2008 Sichtkontrolle tagsüber Kontrolle von Baumhöhlen: Endoskop, Miniaturkamera Januar 08.01.2009 Baumhöhlenkontrolle mit Endoskop oder Miniaturkamrea Um die im Laufe der Nächte genutzten Jagdgebiete der Fledermäuse zu erfassen wurde ein etwa 2,2 km langes Transekt entlang der geplanten Trasse gelegt und pro Nacht in beide Richtungen mindestens zweimal pro Nacht begangen (vgl. Karte 1). Um die Ortungsrufe der Fledermäuse, deren Frequenzen oberhalb der menschlichen Hörgrenze im Ultraschallbereich liegen hörbar zu machen, kamen Ultraschall-Detektoren (BatDetektoren) zum Einsatz, die nach dem Mischer- oder Mischer-Teiler-Prinzip arbeiten. Bei den verwendeten Geräten handelte es sich um Geräte mit digitaler Frequenzanzeige (Ciel CDB 302 Dualband Sonderanfertigung, Anabat SD1). Nur mit Detektoren dieser Technik ist eine exakte Bestimmung der artspezifischen Frequenz des qcf (quasi constant frequency)Teils der Ortungsrufe und die Trennung von Arten möglich, deren Frequenzen nur geringe Unterschiede aufweisen (z.B. Zwerg- und Rauhautfledermaus). M&R p-407 -5- 2. Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume Grundlagen für die Bestimmung der Fledermaus-Ortungsrufe waren die Beschreibungen der Laute in AHLÉN (1990a5, 1990b)6, WEID & v. HELVERSEN (1987)7, SKIBA (2003)8 sowie LIMPENS & ROSCHEN (19949, 1996)10. Letztere beschreiben auch die Einstellmethode des Detektors, deren Anwendung für die Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit von Bestimmungen wichtig ist. Ebenso wichtig wie die Kenntnis des theoretischen Hintergrundes ist die langjährige praktische Erfahrung mit der Methode. Die Felderfassung per Detektor wurde vor der Abenddämmerung jeweils mit der Suche nach sozialrufenden Tieren aus Baumhöhlen begonnen. Zu diesem Zweck wurden die Bäume mit Höhlen gezielt aufgesucht. Jeweils nach Einbruch der Dämmerung wurde die Trasse Sinne einer LinientransektKartierung begangen. Von jeder registrierten Fledermaus wurde der Beobachtungsort und – soweit sichtbar oder mit dem Detektor feststellbar – die Flugrichtung notiert. Diese Untersuchungsmethode lieferte einen Eindruck von der Aktivitätsverteilung auf dem Transekt und geben Hinweise auf präferierte Aufenthalts- oder Jagdgebiete. Zudem erfolgte an ausgewählten Strukturen die Erfassung von Aktivitätsmustern auf dem Transekt. Während der Detektorerfassungen wurde bei allen beobachteten Fledermäusen der frühen Dämmerungsphase versucht, deren Verhalten nach "Flug auf einer Flugstraße" oder "Jagdflug" zu unterscheiden. Während der Dunkelphase war eine solche Unterscheidung nicht möglich. Für die Zuordnung der Beobachtungen wurden folgende Kriterien herangezogen: - Funktionselement Flugstraße: An mindestens zwei Begehungsterminen oder unterschiedlichen Nachtzeiten bzw. Dämmerungsphasen Beobachtung von mindestens zwei Tieren, die zielgerichtet und ohne Jagdverhalten vorbei fliegen. - Funktionsraum Jagdgebiet: Als Jagdgebiet gilt jede Fläche, über der eine Fledermaus eindeutig im Jagdflug beobachtet wurde. Während der vier Termine im August und September wurde während der Transektbegehungen zudem gezielt nach sozialrufenden Fledermäusen gesucht. Diese Rufe gelten als Hin- 5 Ahlén, I. (1990a): Idenification of bats in flight - Swedish Society for Conservation of Nature: 1-50. 6 Ahlén, I. (1990b): European bat sounds - 29 species flying in natural habitats. - Swedish Society for Conservation of Nature: Kassette 7 Weid, R. & O. v. Helversen (1987): Ortungsrufe von europäischen Fledermäusen beim Jagdflug im Freiland. – Myotis 25: 5-27. 8 Skiba, R. (2003): Europäische Fledermäuse. – Neue Brehmbücherei, 648 S.. 9 Limpens, H.G.J.A. & A. Roschen (1994): Bestimmung der mitteleuropäischen Fledermausarten anhand ihrer Rufe - NABU Projektgruppe "Fledermauserfassung Niedersachsen", Bremervörde: 1-47 + Bestimmungskassette. 10 Limpens, H.G.J.A. & A. Roschen (1996): Bausteine einer systematischen Fledermauserfassung. Teil 1 Grundlagen. - Nyctalus 6 (1): 52-60. M&R p-407 -6- 2. Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume weis auf fortpflanzungswillige Männchen und werden, sofern sie stationär aus Baumhöhlen vorgetragen werden, meist als Balz- oder Werbegesang klassifiziert. Horchkisten Während der drei Untersuchungsnächte im September wurden pro Nacht fünf bzw. sechs Hochkisten eingesetzt. Bei einer Horchkiste handelt es sich um die Kombination von Ultraschallwandlern und entsprechenden Aufnahmegeräten (Ciel CDP102 R3 (Dualband), gekoppelt mit einem Cowon MP3-Player mit Zeitstempel als Datalogger). Eine solche Horchkiste empfängt während der gesamten Aufstellungszeit einer Nacht alle Ultraschalllaute in den eingestellten Frequenzfenstern (18-30 kHz und 38-50 kHz). Die am lautesten rufende Art, der Große Abendsegler, wird von den Geräten über Distanzen von max. ca. 100 m registriert, bei Breitflügelfledermäusen liegt der Wert bei ca. 30-40 m. Eine sichere Artbestimmung anhand der aufgezeichneten Laute ist bei den Arten möglich, die einen hohen qcf-Anteil (quasi-constant-frequently) im Ruf aufweisen (z.B. Großer Abendsegler, Breitflügel-, Zwerg und Rauhautfledermaus). Der Einsatz dieser Geräte dient an den Probestandorten der Ermittlung der Fledermaus-Aktivität. Bei der Auswertung wird neben der reinen Zählung der Lautsequenzen notiert, ob es sich um lange Sequenzen handelt und feeding-buzzes (Fanglaute) enthalten sind (Hinweis bzw. Beleg für Jagdflug) und ob mehrere Individuen gleichzeitig riefen. Eine kontinuierliche “Überwachung“ mit Horchkisten erhöht gegenüber einer stichprobenartigen Begehung mit dem Detektor (Linientransekt) die Wahrscheinlichkeit, eine geringe und/oder unregelmäßig über die Nacht verteilte Rufaktivität und entsprechende Flugaktivität zu erfassen. Die Standorte der Horchkisten sind in Karte 1 dargestellt. Baumhöhlen Die Suche nach Baumhöhlen erfolgte durch optische (tagsüber) und akustische Kontrolle (nachts). Tagsüber wurden die Bäume mit Hilfe eines Fernglases (Vixen JSC 8 x 42) abgesucht. Die Bäume mit den vorgefundene Baumhöhlen wurden lagegenau eingezeichnet. Nachts wurde nach sozialrufenden Tieren gesucht (s.o.). Die Suche nach Baumhöhlen fand einmal im August während der belaubten Phase und einmal im Dezember nach dem Laubfall statt. Der zweite Termin wurde durchgeführt, um eine bessere Sicht auf den oberen Kronenbereich zu haben. Im Januar 2009 erfolgte dann die gezielte Kontrolle der Baumhöhlen. Die aufgefundenen Höhlen wurden, sofern per Leiter erreichbar mit einem Endoskop (Coden, HandyScope) kontrolliert. Bei größeren Höhen kam eine Miniaturkamera an einer 12 m Teleskopstange zum Einsatz, die die Bilder auf einen MP4-Player (Mustek, PVR-A1) übertrug. M&R p-407 -7- 2. Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume Funktionsräume Als Definition für die Funktionsräume unterschiedlicher Bedeutung werden folgende Definitionen zugrunde gelegt: Funktionsraum hoher Bedeutung - Quartiere aller Arten, gleich welcher Funktion. - Gebiete mit vermuteten oder nicht genau zu lokalisierenden Quartieren. - Flugstraßen mit hoher bis sehr hoher Fledermaus-Aktivität. - Jagdhabitate, unabhängig vom Gefährdungsgrad der Arten, mit hoher oder sehr hoher Fledermaus-Aktivität. Funktionsraum mittlere Bedeutung - Flugstraßen mit mittlerer Fledermaus-Aktivität - Jagdgebiete, unabhängig vom Gefährdungsgrad der Arten, mit mittlerer Fledermaus-Aktivität oder wenigen Beobachtungen einer Art mit besonders hohem Gefährdungsstatus. Funktionsraum geringer Bedeutung - Flugstraßen mit geringer Fledermaus-Aktivität. - Jagdgebiete mit geringer Fledermaus-Aktivität. M&R p-407 -8- 3. Ergebnisse 3. Ergebnisse 3.1 Übersicht Insgesamt konnten im UG vier Fledermausarten sicher nachgewiesen werden, die in Tabelle 2 aufgeführt sind. Des weiteren wurde zweimal eine Art der Gattungen Myotis detektiert. Es könnte sich dabei ggf. um eine Bartfledermaus gehandelt haben. Eine sichere Bestimmung war in beiden Fällen nicht möglich. Tabelle 3. Im UG vorkommende Arten und ihr Gefährdungsstatus nach den Roten Listen Niedersachsen und Bremen (DENSE et al. in Vorb.) und Deutschlands (BOYE et al. 1998)11 Art Nachweisstatus RL-Nds RL-D Abendsegler (Nyctalus noctula) Detektor, Sicht 3 3 Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) Detektor, Sicht 2 V Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) Detektor, Sicht - - Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) Detektor, Sicht R G Unbestimmte Myotis (Myotis spec.) Detektor, Sicht ? ? Legende Tabelle 3: 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; V = Art der Vorwarnliste; G = Gefährdung anzunehmen, Status aber unbekannt; R = Art mit eingeschränktem Verbreitungsgebiet, D = Kenntnisstand defizitär. In den letzten Jahren hat es, soweit belastbare Zähldaten vorliegen, Zunahmen der Bestände z.B. bei Mausohr, Wasser- und Zwergfledermaus gegeben, doch stehen, ausgenommen der Wasser- und Zwergfledermaus, weiterhin fast alle heimischen Arten auf der Roten Liste Deutschlands und der Roten Liste von Niedersachsen und Bremen, wenngleich einige Arten in niedrigere Gefährdungskategorien eingestuft wurden (BOYE et al. 1998). Alle Fledermausarten zählen in Deutschland nach §1 BArtSchV im Sinne des § 10 (2) Nr. 11 BNatSchG zu den besonders geschützten Arten. Von den im UG nachgewiesenen Arten werden drei in der niedersächsischen Roten Liste in der Kategorie „stark gefährdet” (2 bzw. R) oder als gefährdet (3) eingestuft. Allerdings lassen die unzureichenden und lückenhaften Grundlagenkenntnisse über Vorkommen und Häufigkeit von Fledermausarten in den einzelnen Regionen die Roten Listen oftmals eher als groben Hinweis über den Kenntnisstand der jeweiligen Fledermausfauna erscheinen, denn als reale Gefährdungseinschätzung (vgl. LIMPENS & ROSCHEN 1996). Deshalb haben neue Erkenntnisse über Bestandsveränderungen und Verbreitung zu Rückstu- 11 Boye, P., R. Hutterer & H. Behnke (1998): Roter Liste der Säugetiere (Mammalia). - In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. - Schr.-R. f. Landschaftspfl. u. Natursch. Heft 55: 33-39. M&R p-407 -9- 3. Ergebnisse fungen einiger Arten auf Bundesebene geführt (BOYE et al. 1998) und auch die notwendige Anpassung für die Länder Niedersachsen und Bremen wurde vorgenommen (DENSE et al. in Vorb.). 3.2 Beobachtungshäufigkeiten und Raumnutzung Anders als z.B. bei avifaunistischen Untersuchungen sind die Beobachtungszahlen bei Bestandsaufnahmen von Fledermäusen nicht als absolute Häufigkeiten anzusehen. Die Daten werden als "Beobachtungshäufigkeiten" oder „Fledermaus-Aktivität“ angegeben; der Begriff "Aktivitätsdichte" wird hier bewusst vermieden, da er methodisch bedingt problematisch ist (unterschiedliche Begehungshäufigkeit und unterschiedliche Verweildauer pro Begehung, vgl. auch LIMPENS & ROSCHEN 1996). Alle Fledermausbeobachtungen sind deshalb immer nur ein relatives Maß. Von den nachgewiesenen Arten wurden während der Begehungen insgesamt 55 Beobachtungen registriert (vgl. Tab. 3). Mit 21 Kontakten (48%) war die Breitflügelfledermaus die am häufigsten angetroffene Art, gefolgt von Zwergfledermaus (17 Kontakte) und Abendsegler (14 Kontakte). Die Rauhautfledermaus wurde 1 mal, Individuen der Gattung Myotis wurden 2 mal registriert. Tabelle 3: Summierte Nachweiszahlen der Begehungen im August und September 2008 Art Anzahl Kontakte Prozentualer Anteil Breitflügelfledermaus 21 38,18 Zwergfledermaus 17 30,90 Großer Abendsegler 14 25,45 Rauhautfledermaus 1 1,81 Myotis spec. 2 3,63 Summe 55 99,97 Die Verteilung der Nachweise ist Karte 2 zu entnehmen. Es lassen sich vier strukturell unterschiedliche Teilräume abgrenzen, deren Ergebnisse nachfolgend beschrieben werden. Bereich 1 - Willakedamm zwischen Kirchhuchtinger Landstraße und BTE-Trasse Der Bereich 1 umfasst einen Straßenraum von etwa 280 m Länge mit weitem Lichtraumprofil, der randlich stellenweise von größeren Bäumen und Hausgärten gesäumt ist. Im Straßenraum befinden sich in regelmäßigen Abständen große Bogenlampen. Im Straßenraum, vor allem in der Nähe der Laternen, wurden mehrfach jagenden Abendsegler und Breitflügelfledermäuse nachgewiesen. Die Lockwirkung der Laternen auf Insekten macht diesen Bereich interessant für Fledermäuse. Die Berechnung des Aktivitätsindex (Tabelle 4) ergab einen Wert von 3,57, der vor allem durch die an Laternen jagenden Abendseg- M&R p-407 - 10 - 3. Ergebnisse ler und Breitflügelfledermäuse verursacht wurde. Die Jagdaktivität in diesem Abschnitt des Transektes beschränkte sich vornehmlich auf die ersten 90 Minuten nach Sonnenuntergang. Tabelle 4: Verteilung der Nachweise auf unterschiedliche Streckenabschnitte Landschaftsausschnitt Willakedamm BTE-Trasse H-Plett-Allee bis Nimweger Str. H.-Plett-Allee bis Ende Kontrollstreckenlänge 280 m 900 m 450 m 1.550 m Fledermauskontakte 10 28 9 8 3,57 3,11 2,00 0,51 Index Kontakte / 100 m Bereich 2 – BTE Trasse Der Bereich 2 umfasst den Gleiskörper auf einer Länge von etwa 900 Länge mit weitgehend engem Lichtraumprofil. Randlich befinden sich vor allem im nordöstlichen Bereich größere Baumbestände, die die Trasse beidseitig säumen. Im weiteren Verlauf sind weitere Einzelbäume, Baumgruppen und Gebüsche entlang der Trasse vorhanden. Der Bereich stellt sich vielseitig und abwechslungsreich dar. Im Gegensatz zum Bereich 1 ist es streckenweise dunkel und auch bei ungünstiger Wetterlage windgeschützt. Sehr regelmäßig wurden in diesem Abschnitt jagende und auch balzende Zwergfledermäuse festgestellt. In den etwas offeneren Passagen jagten auch Breitflügelfledermäuse. Abendsegler wurden über den randlich angrenzenden Freiflächen detektiert. Neben diesen drei typischen Arten wurden auch zwei Nachweise unbestimmter Tiere der Gattung Myotis und der Nachweis einer Rauhautfledermaus erbracht. Die Berechnung des Aktivitätsindex auf der Grundlage der Transekterfassung (Tabelle 4) ergab einen Wert von 3,11 für diesen Abschnitt. Auf der BTE-Trasse wurden an vier Standorten in jeweils drei Nächten mit Horchkisten beprobt (vgl. Tab. 5-8). Die Daten der Horchkisten verdeutlichen, dass vor allem die nordöstlichen Bereiche der BTE-Trasse zwischen „Willakedamm“ und „Am Haskamp“, also die Flächen mit engem Lichtraumprofil intensiv als Jagdgebiet von Fledermäusen genutzt werden (vgl. Tab. 5 und 6). Die meisten Nachweise stammen von der Zwergfledermaus, aber auch Breitflügel- und Rauhautfledermaus sowie nicht näher bestimmte Individuen der Gattungen Myotis und Plecotus wurden aufgezeichnet. Die nach Südwesten anschließenden deutlich offeneren Flächen der BTE-Trasse wurden in etwa vom gleichen Artenspektrum genutzt, allerdings in deutlich geringerer Intensität (vgl. Tab. 7 und 8). M&R p-407 - 11 - 3. Ergebnisse Tabelle 5: Horchkistenstandort HK-1 auf der BTE-Trasse beim „Altenwohnheim“ Uhrzeit bis 21 Uhr 02.09.2008 14.09.2008 16.09.2008 2 x Pn 4 x Pp, 3 x Pp mit D 4 x Pp 1 x Pn 4 x Pi mit D 22 Uhr 2 x Es 17 x Pp 1 x Nn 7 x Pp 1 x Pn 15 x Pp mit D 1 Pp mit D 22 x Pi mit D 1 x My 3 x Plec 23 Uhr 3 x Es 16 x Pp 4 x Pp 26 x Pi mit D 1 x Pp mit D 1 My - 9 x Pi 24 Uhr 28 x Pp mit D 1 x Pp mit D 12 x Pi mit D Tabelle 6: Horchkistenstandort HK-2 auf der BTE-Trasse in Verlängerung „Am Hasskamp“ Uhrzeit bis 02.09.2008 14.09.2008 16.09.2008 21 Uhr 2 x Es 12 x Pp o.B. 2 x Pn 3 x Pn 8 x Pp 14 x Pi mit D 1 x Nn 19 x Pp 17 x Pp mit D 2 x Pn 19 x Pi mit D 1 x My 9 x Pp 20 x Pp mit D 22 Uhr 3 x Pi 1 x My 23 Uhr 5 x Pi 7 x Pi mit D 24 Uhr - 9 x Pp 3 x Pp mit D 1 x Pn Tabelle 7: Horchkistenstandort HK-3 auf der BTE-Trasse am Erlengehölz zwischen „Auf dem Kahlken“ und „Neuer Damm“ Uhrzeit bis 02.09.2008 14.09.2008 16.09.2008 21 Uhr 6 x Es o.B. 1 x My 2 x Pp 22 Uhr o.B. 1 Pn o.B. 23 Uhr 1 x Es 1 Pn 1 x Pp mit D o.B. 1 Pp 4 x Pi 24 Uhr M&R p-407 - - 12 - 3. Ergebnisse Tabelle 8: Horchkistenstandort HK-4 auf der BTE-Trasse beim Bahnübergang Übergang „Neuer Damm“ Uhrzeit bis 02.09.2008 14.09.2008 16.09.2008 21 Uhr 1 x Es o.B. o.B. o.B. o.B. o.B. o.B. o.B. 1 x Pp 1 x Pn 22 Uhr 3 x Es 3 x Pi 23 Uhr 4 x Es 2 x Pi 24 Uhr - Bereich 3 – Heinrich-Plett-Allee zwischen BTE-Trasse und Nimweger Straße Der Bereich 3 umfasst die Heinrich-Plett-Allee zwischen BTE-Trasse und Nimweger Straße auf einer Länge von ca. 450 m. Zu diesem Bereich wurden die direkt östlich an die HeinrichPlett-Allee angrenzenden Gehölze gezählt. Die Heinrich-Plett-Allee weist ein weites Lichtraumprofil mit viel Beleuchtung und Straßenverkehr auf. Die östlich zwischen Straßenraum und Bebauung befindlichen östlichen Gehölzränder hingegen sind von Lichtemissionen der Straße nur in geringem Umfang betroffen. Hier stellen die Gehölzränder mit den angrenzenden Grünflächen einen typischen potentiellen Fledermauslebensraum dar. Im Straßenraum wurden mehrfach Breitflügelfledermaus und Abendsegler nachgewiesen. Abseits der Straße zwischen den Gehölzen und der Bebauung traten Breitflügel- und Zwergfledermaus auf. Alle Arten wurden in geringer Anzahl nachgewiesen. Die Berechnung des Aktivitätsindex auf der Grundlage der Transekterfassung (Tabelle 4) ergab einen Wert von 2,00 für diesen Abschnitt. Dieser Trassenabschnitt wurde in drei Nächten mit einer Horchkiste beprobt (vgl. Tab. 9). Eine weitere Kiste wurde an einem Abend gezielt an einem potentiellen Quartierbaum eingesetzt, um dort ggf. balzrufende oder schwärmende Tiere aufzuzeichnen (vgl. Tab. 10). Die Daten der Horchkiste (Tab. 9) verdeutlichen, dass zwischen östlichem Gehölzrand und Bebauung sehr regelmäßig Fledermäuse jagten. Anfang September wurden dort einige Kontakte Breitflügelfledermaus und Zwergfledermaus verzeichnet. Mitte September waren dort fast ausschließlich Zwergfledermäuse unterwegs. Die Beprobung des potentiellen Quartierbaums ergab keine Befunde, die auf die Nutzung des Baumes durch Fledermäuse hindeuteten. M&R p-407 - 13 - 3. Ergebnisse Tabelle 9: Horchkistenstandort HK-6 an der Heinrich-Plett-Allee am Gehölzrand Richtung Osten Uhrzeit bis 21 Uhr 02.09.2008 14.09.2008 16.09.2008 2 x Nn 5 x Pp 1 x Pp mit D 10 x Pp 6 x Pp mit D 1 x Es 2 x Pp 1 x Pn 22 Uhr 8 x Es 10 x Pi mit D 23 Uhr 10 x Es 5 x Pp 4 x Pp 6 x Pi mit D 16 x Pp mit D 1 x PpD 24 Uhr - 9 x Pp 4 x Pp mit D 9 x Pp mit D 1 My Tabelle 10: Horchkistenstandort HK-5 an der Heinrich-Plett-Allee im Gehölz unter einem Potentialbaum Uhrzeit bis 21 Uhr 02.09.2008 14.09.2008 16.09.2008 1 x Nn - - - - 1 x Es 1 x Pp 22 Uhr 1 x Nn 2 x Es 23 Uhr 2 x Es - - 24 Uhr - - - Bereich 4 - Heinrich-Plett-Allee zwischen Nimweger Straße und Huchtinger Heerstraße Der Bereich umfasst die Heinrich-Plett-Allee zwischen BTE-Trasse und Nimweger Straße auf einer Länge von ca. 1.600 m. Zum diesem Bereich wurden, sofern vorhanden, die direkt an die Straße angrenzenden Gehölze gezählt. Die Heinrich-Plett-Allee weist über den gesamten Streckenverlauf ein weites Lichtraumprofil mit viel Beleuchtung und Straßenverkehr auf. Nur kleinflächig sind zwischen Straßenraum und Bebauung Gehölzränder ausgebildet. Im Straßenraum wurden sporadisch Breitflügelfledermaus und Abendsegler nachgewiesen. Beide Arten wurden in geringer Anzahl nachgewiesen. Die Berechnung des Aktivitätsindex auf der Grundlage der Transekterfassung (Tabelle 4) ergab einen Wert von 0,51 für diesen Abschnitt. M&R p-407 - 14 - 3. Ergebnisse Flugstraßen Die Begehungen der Trasse ergaben keinen Hinweis darauf, dass dort im August oder September eine Flugstraße ausgebildet war. Aufgrund der Strukturen ist zumindest für die BTETrasse nicht auszuschließen, dass diese während des Sommers zeitweise als Flugstraße von Zwergfledermäusen oder Arten der Gattung Myotis genutzt werden könnte. Dies würde allerdings voraussetzen, dass entsprechende Quartiere beider Gattungen vorhanden sein müssten bzw. Nahrungsräume, die über die Trasse angeflogen werden. 3.3 Baumhöhlen und Balzquartiere Es wurde, wie weiter oben beschrieben, gezielt nach Baumhöhlen gesucht, die ggf. von Fledermäusen während der Balzzeit bzw. im Winter besetzt sein könnten. Die Suche nach Baumhöhlen ergab insgesamt sechs Bäume, die für Fledermäuse potentiell geeignete Höhlen aufwiesen (vgl. Karte 3). Beginnend vom Trassenbeginn am Willakedamm werden die Standorte kurz beschrieben. Baum 1 (vgl. Abb. 1) Der Baum, eine große Pappel, befindet sich östlich der BTE-Trasse nahe Willakedamm. Im Hauptstamm befindet sich im unteren Bereich ein größerer Riss und in 8-10 m Höhe sind zwei Spechthöhlen vorhanden. Die Kontrolle zur Ausflugzeit, die Horchkistenbefunde, die Suche nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Höhlen durch Fledermäuse. Abbildung 1: Pappel mit Stammriss und zwei Spechthöhlen. M&R p-407 - 15 - 3. Ergebnisse Baum 2 (vgl. Abb. 2) Der Baum, eine Erle, befindet sich nördlich der BTE-Trasse im Abschnitt zwischen „Auf dem Kahlken“ und „Neuer Damm“. Im Hauptstamm befindet sich in etwa 4 m Höhe eine Satmmhöhle. Die Kontrolle zur Ausflugzeit, die Horchkistenbefunde, die Suche nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse. Baum 3 (vgl. Abb. 3) Der Baum, eine Weide, befindet sich nördlich der BTE-Trasse im Abschnitt zwischen „Neuer Damm“ und „Heinrich-Plett Allee“. In einem Seitenast befindet sich ein Stammriss. Die Suche nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse. Baum 4 (vgl. Abb. 4) Der Baum, eine Pappel, befindet sich nördlich der BTE-Trasse im Abschnitt zwischen „Neuer Damm“ und „Heinrich-Plett Allee“ im Randgehölz der Heinrich-Plett-Allee. Im Stamm in etwa 7 m Höhe befindet sich eine Baumhöhle (Specht?). Die Suche nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse. Aufgrund der Verfärbung des Einfluges kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Höhle im Sommer von Fledermäusen genutzt wurde. Baum 5 (vgl. Abb. 5) Der Baum, eine Linde, befindet sich östlich der „Heinrich-Plett Allee“ im Randgehölz der Heinrich-Plett-Allee. Im Stamm in etwa 12 m Höhe befindet sich ein größerer Aufriss, der vor allem für Abendsegler geeignet sein könnte. Die Suche nach balzenden Tieren, der gezielte Einsatz einer Hochkiste und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse. Baum 6 (vgl. Abb. 6) Der Baum, eine Erle, befindet sich östlich der „Heinrich-Plett Allee“ im Randgehölz direkt an dem dort vorhandenen Vorfluter. Im Stamm in etwa 3,5 m Höhe befindet sich eine Baumhöhle (Specht?). Die Suche nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse. M&R p-407 - 16 - 3. Ergebnisse Abbildung 2: Erle mit Stammhöhle in ca. 4 m Höhe. Abbildung 3: Weide mit Stammriss im Seitenast. M&R p-407 - 17 - 3. Ergebnisse Abbildung 4: Pappel (unten mittig in der Abbildung) mit Stammhöhle in ca. 7 m Höhe. Abbildung 5: Linde mit Stammaufriss in ca. 12 m Höhe. M&R p-407 - 18 - 3. Ergebnisse Abbildung 6: Erle mit Stammhöhle in ca. 3 m Höhe. Zusammenfassend betrachtet ergab sich, dass im engeren Umfeld der Trasse sechs Bäume gefunden wurden, die Baumhöhlen aufwiesen. Die Kontrollen zur abendlichen Ausflugzeit, die z.T. mit dem Einsatz von Horchkisten gekoppelt waren, die Suche nach balzenden und überwinternden Tieren ergaben keine Hinweise auf die Nutzung dieser Höhlen während der Balz- und der Überwinterungszeit. M&R p-407 - 19 - 4. Bewertung der Befunde 4. Bewertung der Befunde Artenspektrum und Gefährdungspotential Die im Rahmen der Untersuchung nachgewiesenen Arten repräsentieren das typische Artenspektrum eines Siedlungsraumes, der durch Gärten, Rasenflächen und überwiegend jüngere Gehölze (bis 60 Jahre) geprägt ist. Von den nachgewiesenen Arten ist aktuell nur die Zwergfledermaus nicht auf der Roten Liste als nicht gefährdet oder stark gefährdet eingestuft. Fledermaus-Aktivität und Funktionsräume Die Nachweise der Horchkistenerfassung geben konkrete Hinweise auf die Aktivität von Fledermäusen an den Probestellen, während sich aus der Linientransekterfassung vor allem räumliche Verteilungsmuster von Fledermäusen entlang des Transektes ergeben. Die Ergebnisse der beiden kombinierten Methoden lassen Aussagen zur Nutzung untersuchter Landschaftsausschnitte durch Fledermäuse und deren Bedeutung als Lebensraumelement zu. In einer gesamtflächigen Betrachtung der Linientransekterfassung wird deutlich, dass vor allem die strukturreicheren mit Bäumen gesäumten Flächen von den Fledermäusen als Jagdgebiet genutzt werden (Bereich 2, Bereich 3). Aber auch die Kombination von Gehölzen und Laternen wird zumindest von Abendseglern und Breitflügelfledermäusen als Jagdgebiet genutzt (Bereich 1). Der größere Teil der Streckenführung entlang der Heinrich-Plett-Allee wird nur in geringem Umfang als Jagdgebiet genutzt. Im Kapitel 2 „Methoden“ (s.o.) sind die qualitativen Kriterien für die Funktionsräume zusammengestellt. Nachfolgend sind die funktionalen Zusammenhänge bewertend zusammengefasst. Auf der Grundlage der Definition für die Funktionsräume unterschiedlicher Bedeutung (s.o.) wurden die nachfolgenden Kriterien erfüllt: Funktionsraum hoher Bedeutung (vgl. Karte 3) - Quartiere aller Arten, gleich welcher Funktion. Wurden im Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen. - Jagdgebiete, unabhängig vom Gefährdungsgrad der Arten, hoher oder sehr hoher Fledermaus-Aktivität. Die nördlichen Abschnitte der BTE-Trasse (Bereich 2). M&R p-407 - 20 - 4. Bewertung der Befunde Funktionsraum mittlerer Bedeutung (vgl. Karte 3) - Jagdgebiete, unabhängig vom Gefährdungsgrad der Arten, mit mittlerer Fledermaus-Aktivität oder wenigen Beobachtungen einer Art mit besonders hohem Gefährdungsstatus. Willakedamm (Bereich 1), weite Bereiche der BTE-Trasse (Bereich 2) und die südlichen Abschnitte des Trassenverlaufs an der Heinrich-Plett-Allee (Bereich 3). Funktionsraum geringer Bedeutung - Jagdgebiete mit geringer Fledermaus-Aktivität oder vereinzelte Beobachtungen einer Art besonderer Bedeutung. Der gesamte nördliche Abschnitt der Heinrich-Plett-Allee (Bereich 4). M&R p-407 - 21 - 5. Konfliktanalyse 5. Konfliktanalyse Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen sind im Planungsraum zwei unterschiedliche Fragestellungen zu berücksichtigen: - Sind Lebensräume (Jagdgebiete) im Sinne der Eingriffsregelung (§ 19 Abs. 3) betroffen? - Sind Lebensstätten (Quartiere) streng geschützter Fledermausarten nach § 42 BNatSchG betroffen? Betroffenheit von Lebensräumen nach § 19 Abs. 3 Im Rahmen der Konfliktanalyse wird ermittelt, ob es sich bei dem geplanten Eingriff im Untersuchungsgebiet um einen Eingriffstatbestand im Sinne einer erheblichen Beeinträchtigung handelt. Sofern dies der Fall ist, kommt der Vermeidung von Beeinträchtigungen nach dem Naturschutzgesetz Priorität zu. Nach dem Vermeidungsgebot soll die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes nicht mehr als unbedingt notwendig beeinträchtigt werden. Unvermeidbare Beeinträchtigungen sind in geeigneter Weise auszugleichen. “Ausgleich” bedeutet, dass die verloren gegangene Funktion des Naturhaushaltes, z.B. “Lebensraum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten” am Eingriffsort innerhalb des Plangebietes wiederhergestellt werden muss. Ist der Ausgleich nicht möglich, muss abgewogen werden, ob die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege den Vorrang vor den anderen Belangen haben. Ist der Eingriff nicht ausgleichbar aber vorrangig, so hat der Verursacher Ersatzmaßnahmen durchzuführen. Diese liegen in der Regel außerhalb des Eingriffsortes, sollten aber innerhalb des vom Eingriff betroffenen Naturraumes liegen. Verlust von Lebensraum Bau- und anlagebedingte Auswirkungen Durch den Bau der geplanten Straßenbahntrasse werden vermutlich Gehölzbestände in hohem Umfang in Anspruch genommen. Die Verluste dieses Lebensraumtyps sind aus fledermauskundlicher Sicht, aufgrund der dort nachgewiesenen z.T. hohen Jagdaktivität und aufgrund der nicht unerheblichen Größe der Eingriffsfläche als „erhebliche Beeinträchtigung“ anzusehen. Die Eingriffe sind in geeigneter Art und Weise auzugleichen. Betriebsbedingte Auswirkungen Betriebsbedingte Auswirkungen z.B. durch Kollisionsopfer sind nur in geringfügigem Umfang zu erwarten, da die Flächen nach Umsetzung der Planung vermutlich in erheblichem Umfang entwertet wurden und nur noch in geringerem Umfang von Fledermäusen genutzt werden dürften. Aufgrund der begrenzten Geschwindigkeit der Straßenbahnzüge und der eingeschränkten Nutzung der Flächen durch Fledermäuse dürfte nur ein geringes Kollisionsrisiko M&R p-407 - 22 - 5. Konfliktanalyse vorliegen, so dass aus dem Betriebszustand keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Betroffenheit von Lebensstätten nach § 42 Im Untersuchungsraum wurden mehrere Bäume gefunden, die Baumhöhlen aufwiesen, also potentiell als Lebensstätte baumhöhlenbewohnender Arten in Betracht kämen. Die auf den Herbst- und Winteraspekt ausgerichteten Untersuchungen ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Baumhöhlen durch Fledermäuse. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand liegt keine Betroffenheit von Lebensstätten baumhöhlenbewohnender Fledermausarten vor. An einem Baum im geplanten Trassenverlauf (Baum 4) besteht der Verdacht, dass dieser ggf. während der Sommermonate von Fledermäusen genutzt werden könnte. Eine Kontrolle des Baumes während der Wochenstubenzeit wird empfohlen. M&R p-407 - 23 -