Straßenbahnlinie 1

Transcrição

Straßenbahnlinie 1
Freie Hansestadt Bremen
_____________________________________
Straßenbahnlinie 1 - Verlängerung bis Mittelshuchting (GO217)
Fachbeitrag „Fledermäuse“ zum geplanten
Ausbau der Straßenbahnlinie 1 über die BTETrasse bis zur Endhaltestelle Huchtinger Heerstraße
Fachbeitrag
EY
ER & RAHME
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erstellt durch
Bio
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Harpstedt
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achten und P
März 2009
Impressum
Auftraggeber:
Bau und Vermietung von Nahverkehrsanlagen
Herdentorsteinweg 49/50
ASV Bremen
Frau Bandel
28195 Bremen
Telefon: 0421 – 361 9158
Fax:
0421 – 496 9158
E-Mail: [email protected]
Auftragnehmer:
MEYER & RAHMEL GbR
Biologische Gutachten und Planungen
Holzhausen 23
27243 Beckeln
Fon 04244 - 96 51 55
Fax 01805 060 344 715 75
email: [email protected]
Projektbearbeitung:
Dipl. Biol. Ulf Rahmel
Bearbeitungszeitraum
Felderfassung :
Bericht:
August 2008 – Januar 2009
März 2009
Holzhausen, im März 2009
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung und Aufgabenstellung............................................................................. 2
2.
Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume............................................. 5
3.
Ergebnisse .............................................................................................................. 9
3.1
Übersicht ................................................................................................................. 9
3.2
Beobachtungshäufigkeiten und Raumnutzung........................................................ 10
3.3
Baumhöhlen und Balzquartiere ............................................................................... 15
4.
Bewertung der Befunde........................................................................................... 20
5.
Konfliktanalyse ........................................................................................................ 22
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Begehungstermine im Untersuchungsgebiet ............................................................ 5
Tabelle 3. Im UG vorkommende Arten und ihr Gefährdungsstatus ........................................... 9
Tabelle 3: Summierte Nachweiszahlen der Begehungen .......................................................... 10
Tabelle 4: Verteilung der Nachweise auf unterschiedliche Streckenabschnitte......................... 11
Tabelle 5: Horchkistenstandort HK-1 auf der BTE-Trasse......................................................... 12
Tabelle 6: Horchkistenstandort HK-2 auf der BTE-Trasse......................................................... 12
Tabelle 7: Horchkistenstandort HK-3 auf der BTE-Trasse......................................................... 12
Tabelle 8: Horchkistenstandort HK-4 auf der BTE-Trasse......................................................... 13
Tabelle 9: Horchkistenstandort HK-6 an der Heinrich-Plett-Allee .............................................. 14
Tabelle 10: Horchkistenstandort HK-5 an der Heinrich-Plett-Allee ............................................ 14
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Pappel mit Stammriss und zwei Spechthöhlen..................................................... 15
Abbildung 2: Erle mit Stammhöhle in ca. 4 m Höhe. ................................................................. 17
Abbildung 3: Weide mit Stammriss im Seitenast. ...................................................................... 17
Abbildung 4: Pappel (unten mittig in der Abbildung) mit Stammhöhle in ca. 7 m
Höhe........................................................................................................................ 18
Abbildung 5: Linde mit Stammaufriss in ca. 12 m Höhe. ........................................................... 18
Abbildung 6: Erle mit Stammhöhle in ca. 3 m Höhe. ................................................................. 19
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-I-
1.
Einleitung und Aufgabenstellung
1.
Einleitung und Aufgabenstellung
Es ist geplant, die Straßenbahnlinie 1 über die heutige Endhaltestelle am Roland Center über die BTE Trasse und die Heinrich-Plett-Allee bis zur geplanten Endhaltestelle an der
Huchtinger Heerstraße zu verlängern. Im Bereich der geplanten Trasse befinden sich u.a.
Gehölzbestände, die im Rahmen der Baumaßnahme vermutlich in größerem Umfang in Anspruch genommen werden müssen. Um die Belange der gesetzlich geschützten Fledermausarten hinreichend berücksichtigen zu können, wurde im Spätsommer 2008 die Erstellung eines faunistischen Fachbeitrages in Auftrag gegeben.
Aufgrund der komplexen Ansprüche der Fledermäuse an ihre Umwelt und dem stetigen
Rückgang der Bestände vieler Arten seit den 50`er-Jahren, gehören die Fledermäuse zu den
am stärksten bedrohten Tierartengruppen in ganz Europa. In Niedersachsen werden viele
Fledermausarten auf der Roten Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Säugetiere geführt (HECKENROTH 19911 und NLWKN in Vorb.2). Aufgrund dieses Bestandsrückganges genießen Fledermäuse einen nationalen sowie internationalen Rechtsschutz.
Alle einheimischen Fledermausarten sind durch die Bundesartenschutzverordnung streng
geschützt. Nach den Artenschutzbestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes, in die das
EU-Recht (FFH-Richtlinie, Vogelschutzrichtlinie, Europäische Artenschutzverordnung) implementiert wurde, ergeben sich für Planungen Konsequenzen, die über die früheren Bestimmungen der Eingriffsregelung hinausgehen. Zumindest für die nach §10 (2) Nr. 11
BNatSchG streng geschützten Arten müssen im Rahmen von Eingriffsplanungen Maßnahmen getroffen werden, die den Eingriff unter die Erheblichkeitsschwelle senken. Wichtig für
eine Eingriffsbeurteilung ist der Umstand, dass nach §10 (2) Nr. 1 BNatSchG nicht abstrakte
Einheiten wie „Arten“ oder „Populationen“ betrachtet werden dürfen, sondern konkrete Individuen in konkreten Lebensräumen (LUTZ & HERMANNS 2003)3. Wenn dieser Lebensraum oder
Teillebensraum durch den Eingriff nicht mehr durch diese Individuen genutzt werden kann
oder nach ALBIG et al. (2003: 127)4 „die lokale Population einer Art auf ein signifikant niedrigeres Niveau sinkt“ (im Sinne des § 19 (3) BNatSchG also „zerstört“ ist), kann man von einer
Betroffenheit bzw. Beeinträchtigung ausgehen. Wenn die betroffenen Individuen dadurch
nicht mehr in der Lage sind, diese irreversibel verloren gegangene Lebensraumfunktion am
betreffenden Ort zu kompensieren (im Sinne des § 19 (3) BNatSchG zu „ersetzen“), hier also
nicht mehr in dem Umfang leben können wie vor dem Eingriff, wäre dies eine erhebliche Beeinträchtigung und der Eingriff bezogen auf streng geschützte Arten somit unzulässig. Die
vorgenannten Aspekte betreffen vor allem die Eingriffsregelung.
1
HECKENROTH, H. (1991): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Säugetierarten – Übersicht (1. Fassung, Stand 1.1.1991) mit Liste. - Naturschutz Landschaftspfl. Niedersachs. 26: 161-164.
2
NLWKN: DENSE, C. , G. MÄSCHER & U. RAHMEL (in Vorb.): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen
gefährdeten Fledermausarten.
3
LUTZ, K. & P. HERMANNS (2004): Streng geschützte Arten in der Eingriffsregelung. - Naturschutz und Landschaftsplanung 36 (6): 190-191.
4
ALBIG, A., M. HAACKS & R. PESCHEL (2003): Streng geschützte Arten als neuer Tatbestand in der Eingriffsplanung. Wann gilt ein Lebensraum als zerstört? - Naturschutz und Landschaftsplanung 35 (4): 126-128.
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-2-
1.
Einleitung und Aufgabenstellung
Über die Eingriffsregelung hinaus regelt der § 42 BNatSchG den Schutz streng geschützter
Arten, so dass im vorliegenden Fall auch eine artenschutzrechtliche Betrachtung erforderlich
sein dürfte, da alle einheimischen Fledermäuse streng geschützt sind.
Die artenschutzrechtliche Prüfung stellt ein eigenständiges Instrument für den Erhalt der Arten dar. Inhalte der Prüfung betreffen sowohl den physischen Schutz der Tiere als auch den
Schutz ihrer Lebensstätten. Unter dem Begriff Lebensstätten sind die Fortpflanzungsstätten,
wie Balzplätze, Paarungsgebiete, Neststandorte sowie Areale, die von den Jungen genutzt
werden, die Ruhestätten, wie Schlaf-, Mauser- und Rastplätze, Sonnplätze, Verstecke sowie
Sommer- und Winterquartiere gemeint.
Der Schutz der Tiere und ihrer Lebensstätten gilt gemäß Art. 12 FFH-RL für alle FFH-Arten
des Anhang IV bzw. gemäß Art 5 V-RL für alle europäischen Vogelarten. Mit der Kleinen
Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vom Dezember 2007 hat der
Bundesgesetzgeber das deutsche Artenschutzrecht an die europäischen Vorgaben
angepasst, so dass bei allen genehmigungspflichtigen Planungs- und Zulassungsverfahren
eine Überprüfung der Zugriffsverbote für die FFH-Anhang-IV-Arten und die im Bundesgebiet
vorkommenden europäischen Vogelarten im Sinne eines ökologisch–funktionalen Ansatzes
nach den europäischen Bestimmungen notwendig ist.
Zielsetzung der artenschutzrechtlichen Vorschriften ist es, den Erhalt der Population einer
Art und die ökologische Funktion der Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang zu sichern.
Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen sind im Planungsraum zwei unterschiedliche Fragestellungen zu berücksichtigen:
-
Sind Lebensräume (Jagdgebiete) im Sinne der Eingriffsregelung (§ 19 Abs. 3)
betroffen?
-
Sind Lebensstätten (Quartiere) streng geschützter Fledermausarten nach § 42
BNatSchG betroffen?
Die mögliche Relevanz von Fledermäusen wurde erst im Planungsverfahren im August 2008
deutlich, da die Erfassung und Bewertung der vorhandenen Gehölzbestände ein Vorkommen
von Fledermäusen wahrscheinlich machte. Zielsetzung der Untersuchung war es von daher,
mit Hilfe des Spätsommeraspektes die ggf. vorhandenen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf die Fledermäuse zu prüfen.
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-3-
1.
Einleitung und Aufgabenstellung
Prinzipiell ist es für die Beurteilung von Fledermauslebensräumen je nach Fragestellung erforderlich, zwischen April und November zu untersuchen. Das zeitliche Bearbeitungsfenster
ab August 2008 schränkte den Bearbeitungszeitraum ein, so dass keine Erfassung des
Sommer- bzw. Wochenstubenaspektes möglich war. Folgende Inhalte und Aspekte waren
durch die Felderfassungen zwischen August und Januar bearbeitbar:
-
Bedeutung der Flächen/Strukturen als Jagdhabitat im Spätsommer.
-
Überprüfung des Baumbestandes auf Höhlen, die potentiell als Quartiere genutzt
werden könnten.
-
Nutzung des Baumbestandes (Höhlen) als Balzquartier.
-
Nutzung der Baumhöhlen als Winterquartier.
Der nachfolgende Bericht gibt die Ergebnisse der Untersuchungen wieder.
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-4-
2.
Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume
2.
Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume
Nachfolgend wird das methodische Vorgehen beschrieben.
Jagdgebiete und Balzquartiere
Im August und September wurden vier Erfassungsdurchgänge (Detektorerfassung) durchgeführt (vgl. Tab. 1) und es wurden Horchkisten zur Messung von Flugaktivitäten eingesetzt.
Zudem erfolgte eine gezielte Suche nach balzenden Tieren.
Tabelle 1: Begehungstermine im Untersuchungsgebiet
Monat
Datum
Witterungsbedingungen, Temperatur von Sonnenuntergang bis Ende
Erfassung mit Detektor und Horchkisten: Jagdgebiete und Balzaktivität
August
26.08.2008
Wind 0-1, 17 °C, kein Niederschlag, gute Bedingungen.
September
02.09.2008
Wind 0-1, 21 °C, ab ca. 0 Uhr sehr schnell fallend auf 12 °C, von 0 Uhr
bis 1:30 leichter Regen. Bis etwa 0 Uhr sehr gute Bedingungen.
14.09.2008
Wind 0-1, 19 °C im Laufe der Nacht auf 7 °C fallend. Kein Niederschlag. Bis etwa 0 Uhr gute Bedingungen.
16.09.2008
Wind 0-1, 13 °C im Laufe der Nacht auf 8 °C fallend. Kein Niederschlag. Gute Bedingungen.
Suche nach Baumhöhlen
August
29.08.2008
Sichtkontrolle tagsüber
Dezember
02.12.2008
Sichtkontrolle tagsüber
Kontrolle von Baumhöhlen: Endoskop, Miniaturkamera
Januar
08.01.2009
Baumhöhlenkontrolle mit Endoskop oder Miniaturkamrea
Um die im Laufe der Nächte genutzten Jagdgebiete der Fledermäuse zu erfassen wurde ein
etwa 2,2 km langes Transekt entlang der geplanten Trasse gelegt und pro Nacht in beide
Richtungen mindestens zweimal pro Nacht begangen (vgl. Karte 1).
Um die Ortungsrufe der Fledermäuse, deren Frequenzen oberhalb der menschlichen Hörgrenze im Ultraschallbereich liegen hörbar zu machen, kamen Ultraschall-Detektoren (BatDetektoren) zum Einsatz, die nach dem Mischer- oder Mischer-Teiler-Prinzip arbeiten. Bei
den verwendeten Geräten handelte es sich um Geräte mit digitaler Frequenzanzeige (Ciel
CDB 302 Dualband Sonderanfertigung, Anabat SD1). Nur mit Detektoren dieser Technik ist
eine exakte Bestimmung der artspezifischen Frequenz des qcf (quasi constant frequency)Teils der Ortungsrufe und die Trennung von Arten möglich, deren Frequenzen nur geringe
Unterschiede aufweisen (z.B. Zwerg- und Rauhautfledermaus).
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2.
Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume
Grundlagen für die Bestimmung der Fledermaus-Ortungsrufe waren die Beschreibungen der
Laute in AHLÉN (1990a5, 1990b)6, WEID & v. HELVERSEN (1987)7, SKIBA (2003)8 sowie
LIMPENS & ROSCHEN (19949, 1996)10. Letztere beschreiben auch die Einstellmethode des
Detektors, deren Anwendung für die Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit von Bestimmungen wichtig ist. Ebenso wichtig wie die Kenntnis des theoretischen Hintergrundes ist die
langjährige praktische Erfahrung mit der Methode.
Die Felderfassung per Detektor wurde vor der Abenddämmerung jeweils mit der Suche nach
sozialrufenden Tieren aus Baumhöhlen begonnen. Zu diesem Zweck wurden die Bäume mit
Höhlen gezielt aufgesucht.
Jeweils nach Einbruch der Dämmerung wurde die Trasse Sinne einer LinientransektKartierung begangen. Von jeder registrierten Fledermaus wurde der Beobachtungsort und –
soweit sichtbar oder mit dem Detektor feststellbar – die Flugrichtung notiert. Diese Untersuchungsmethode lieferte einen Eindruck von der Aktivitätsverteilung auf dem Transekt und
geben Hinweise auf präferierte Aufenthalts- oder Jagdgebiete. Zudem erfolgte an ausgewählten Strukturen die Erfassung von Aktivitätsmustern auf dem Transekt.
Während der Detektorerfassungen wurde bei allen beobachteten Fledermäusen der frühen
Dämmerungsphase versucht, deren Verhalten nach "Flug auf einer Flugstraße" oder "Jagdflug" zu unterscheiden. Während der Dunkelphase war eine solche Unterscheidung nicht
möglich. Für die Zuordnung der Beobachtungen wurden folgende Kriterien herangezogen:
-
Funktionselement Flugstraße: An mindestens zwei Begehungsterminen oder
unterschiedlichen Nachtzeiten bzw. Dämmerungsphasen Beobachtung von mindestens zwei Tieren, die zielgerichtet und ohne Jagdverhalten vorbei fliegen.
-
Funktionsraum Jagdgebiet: Als Jagdgebiet gilt jede Fläche, über der eine Fledermaus eindeutig im Jagdflug beobachtet wurde.
Während der vier Termine im August und September wurde während der Transektbegehungen zudem gezielt nach sozialrufenden Fledermäusen gesucht. Diese Rufe gelten als Hin-
5
Ahlén, I. (1990a): Idenification of bats in flight - Swedish Society for Conservation of Nature: 1-50.
6
Ahlén, I. (1990b): European bat sounds - 29 species flying in natural habitats. - Swedish Society for Conservation of Nature: Kassette
7
Weid, R. & O. v. Helversen (1987): Ortungsrufe von europäischen Fledermäusen beim Jagdflug im Freiland.
– Myotis 25: 5-27.
8
Skiba, R. (2003): Europäische Fledermäuse. – Neue Brehmbücherei, 648 S..
9
Limpens, H.G.J.A. & A. Roschen (1994): Bestimmung der mitteleuropäischen Fledermausarten anhand
ihrer Rufe - NABU Projektgruppe "Fledermauserfassung Niedersachsen", Bremervörde: 1-47 + Bestimmungskassette.
10
Limpens, H.G.J.A. & A. Roschen (1996): Bausteine einer systematischen Fledermauserfassung. Teil 1 Grundlagen. - Nyctalus 6 (1): 52-60.
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2.
Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume
weis auf fortpflanzungswillige Männchen und werden, sofern sie stationär aus Baumhöhlen
vorgetragen werden, meist als Balz- oder Werbegesang klassifiziert.
Horchkisten
Während der drei Untersuchungsnächte im September wurden pro Nacht fünf bzw. sechs
Hochkisten eingesetzt. Bei einer Horchkiste handelt es sich um die Kombination von Ultraschallwandlern und entsprechenden Aufnahmegeräten (Ciel CDP102 R3 (Dualband), gekoppelt mit einem Cowon MP3-Player mit Zeitstempel als Datalogger). Eine solche Horchkiste empfängt während der gesamten Aufstellungszeit einer Nacht alle Ultraschalllaute in den
eingestellten Frequenzfenstern (18-30 kHz und 38-50 kHz). Die am lautesten rufende Art,
der Große Abendsegler, wird von den Geräten über Distanzen von max. ca. 100 m registriert, bei Breitflügelfledermäusen liegt der Wert bei ca. 30-40 m. Eine sichere Artbestimmung
anhand der aufgezeichneten Laute ist bei den Arten möglich, die einen hohen qcf-Anteil
(quasi-constant-frequently) im Ruf aufweisen (z.B. Großer Abendsegler, Breitflügel-, Zwerg
und Rauhautfledermaus). Der Einsatz dieser Geräte dient an den Probestandorten der Ermittlung der Fledermaus-Aktivität. Bei der Auswertung wird neben der reinen Zählung der
Lautsequenzen notiert, ob es sich um lange Sequenzen handelt und feeding-buzzes (Fanglaute) enthalten sind (Hinweis bzw. Beleg für Jagdflug) und ob mehrere Individuen gleichzeitig riefen.
Eine kontinuierliche “Überwachung“ mit Horchkisten erhöht gegenüber einer stichprobenartigen Begehung mit dem Detektor (Linientransekt) die Wahrscheinlichkeit, eine geringe
und/oder unregelmäßig über die Nacht verteilte Rufaktivität und entsprechende Flugaktivität
zu erfassen.
Die Standorte der Horchkisten sind in Karte 1 dargestellt.
Baumhöhlen
Die Suche nach Baumhöhlen erfolgte durch optische (tagsüber) und akustische Kontrolle
(nachts). Tagsüber wurden die Bäume mit Hilfe eines Fernglases (Vixen JSC 8 x 42) abgesucht. Die Bäume mit den vorgefundene Baumhöhlen wurden lagegenau eingezeichnet.
Nachts wurde nach sozialrufenden Tieren gesucht (s.o.). Die Suche nach Baumhöhlen fand
einmal im August während der belaubten Phase und einmal im Dezember nach dem Laubfall
statt. Der zweite Termin wurde durchgeführt, um eine bessere Sicht auf den oberen Kronenbereich zu haben.
Im Januar 2009 erfolgte dann die gezielte Kontrolle der Baumhöhlen. Die aufgefundenen
Höhlen wurden, sofern per Leiter erreichbar mit einem Endoskop (Coden, HandyScope) kontrolliert. Bei größeren Höhen kam eine Miniaturkamera an einer 12 m Teleskopstange zum
Einsatz, die die Bilder auf einen MP4-Player (Mustek, PVR-A1) übertrug.
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2.
Erfassungsmethoden und Definition Funktionsräume
Funktionsräume
Als Definition für die Funktionsräume unterschiedlicher Bedeutung werden folgende Definitionen zugrunde gelegt:
Funktionsraum hoher Bedeutung
-
Quartiere aller Arten, gleich welcher Funktion.
-
Gebiete mit vermuteten oder nicht genau zu lokalisierenden Quartieren.
-
Flugstraßen mit hoher bis sehr hoher Fledermaus-Aktivität.
-
Jagdhabitate, unabhängig vom Gefährdungsgrad der Arten, mit hoher oder sehr
hoher Fledermaus-Aktivität.
Funktionsraum mittlere Bedeutung
-
Flugstraßen mit mittlerer Fledermaus-Aktivität
-
Jagdgebiete, unabhängig vom Gefährdungsgrad der Arten, mit mittlerer Fledermaus-Aktivität oder wenigen Beobachtungen einer Art mit besonders hohem Gefährdungsstatus.
Funktionsraum geringer Bedeutung
-
Flugstraßen mit geringer Fledermaus-Aktivität.
-
Jagdgebiete mit geringer Fledermaus-Aktivität.
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3.
Ergebnisse
3.
Ergebnisse
3.1
Übersicht
Insgesamt konnten im UG vier Fledermausarten sicher nachgewiesen werden, die in Tabelle
2 aufgeführt sind. Des weiteren wurde zweimal eine Art der Gattungen Myotis detektiert. Es
könnte sich dabei ggf. um eine Bartfledermaus gehandelt haben. Eine sichere Bestimmung
war in beiden Fällen nicht möglich.
Tabelle 3. Im UG vorkommende Arten und ihr Gefährdungsstatus nach den Roten Listen
Niedersachsen und Bremen (DENSE et al. in Vorb.) und Deutschlands (BOYE et al.
1998)11
Art
Nachweisstatus
RL-Nds
RL-D
Abendsegler (Nyctalus noctula)
Detektor, Sicht
3
3
Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)
Detektor, Sicht
2
V
Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)
Detektor, Sicht
-
-
Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii)
Detektor, Sicht
R
G
Unbestimmte Myotis (Myotis spec.)
Detektor, Sicht
?
?
Legende Tabelle 3: 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; V = Art der Vorwarnliste; G = Gefährdung anzunehmen, Status aber unbekannt; R = Art mit eingeschränktem Verbreitungsgebiet, D = Kenntnisstand defizitär.
In den letzten Jahren hat es, soweit belastbare Zähldaten vorliegen, Zunahmen der Bestände z.B. bei Mausohr, Wasser- und Zwergfledermaus gegeben, doch stehen, ausgenommen
der Wasser- und Zwergfledermaus, weiterhin fast alle heimischen Arten auf der Roten Liste
Deutschlands und der Roten Liste von Niedersachsen und Bremen, wenngleich einige Arten
in niedrigere Gefährdungskategorien eingestuft wurden (BOYE et al. 1998). Alle Fledermausarten zählen in Deutschland nach §1 BArtSchV im Sinne des § 10 (2) Nr. 11 BNatSchG zu
den besonders geschützten Arten. Von den im UG nachgewiesenen Arten werden drei in der
niedersächsischen Roten Liste in der Kategorie „stark gefährdet” (2 bzw. R) oder als gefährdet (3) eingestuft.
Allerdings lassen die unzureichenden und lückenhaften Grundlagenkenntnisse über Vorkommen und Häufigkeit von Fledermausarten in den einzelnen Regionen die Roten Listen
oftmals eher als groben Hinweis über den Kenntnisstand der jeweiligen Fledermausfauna
erscheinen, denn als reale Gefährdungseinschätzung (vgl. LIMPENS & ROSCHEN 1996). Deshalb haben neue Erkenntnisse über Bestandsveränderungen und Verbreitung zu Rückstu-
11
Boye, P., R. Hutterer & H. Behnke (1998): Roter Liste der Säugetiere (Mammalia). - In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. - Schr.-R. f. Landschaftspfl. u. Natursch. Heft
55: 33-39.
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3.
Ergebnisse
fungen einiger Arten auf Bundesebene geführt (BOYE et al. 1998) und auch die notwendige
Anpassung für die Länder Niedersachsen und Bremen wurde vorgenommen (DENSE et al. in
Vorb.).
3.2
Beobachtungshäufigkeiten und Raumnutzung
Anders als z.B. bei avifaunistischen Untersuchungen sind die Beobachtungszahlen bei Bestandsaufnahmen von Fledermäusen nicht als absolute Häufigkeiten anzusehen. Die Daten
werden als "Beobachtungshäufigkeiten" oder „Fledermaus-Aktivität“ angegeben; der Begriff
"Aktivitätsdichte" wird hier bewusst vermieden, da er methodisch bedingt problematisch ist
(unterschiedliche Begehungshäufigkeit und unterschiedliche Verweildauer pro Begehung,
vgl. auch LIMPENS & ROSCHEN 1996). Alle Fledermausbeobachtungen sind deshalb immer
nur ein relatives Maß.
Von den nachgewiesenen Arten wurden während der Begehungen insgesamt 55 Beobachtungen registriert (vgl. Tab. 3). Mit 21 Kontakten (48%) war die Breitflügelfledermaus die am
häufigsten angetroffene Art, gefolgt von Zwergfledermaus (17 Kontakte) und Abendsegler
(14 Kontakte).
Die Rauhautfledermaus wurde 1 mal, Individuen der Gattung Myotis wurden 2 mal registriert.
Tabelle 3: Summierte Nachweiszahlen der Begehungen im August und September 2008
Art
Anzahl Kontakte
Prozentualer Anteil
Breitflügelfledermaus
21
38,18
Zwergfledermaus
17
30,90
Großer Abendsegler
14
25,45
Rauhautfledermaus
1
1,81
Myotis spec.
2
3,63
Summe
55
99,97
Die Verteilung der Nachweise ist Karte 2 zu entnehmen. Es lassen sich vier strukturell unterschiedliche Teilräume abgrenzen, deren Ergebnisse nachfolgend beschrieben werden.
Bereich 1 - Willakedamm zwischen Kirchhuchtinger Landstraße und BTE-Trasse
Der Bereich 1 umfasst einen Straßenraum von etwa 280 m Länge mit weitem Lichtraumprofil, der randlich stellenweise von größeren Bäumen und Hausgärten gesäumt ist. Im Straßenraum befinden sich in regelmäßigen Abständen große Bogenlampen.
Im Straßenraum, vor allem in der Nähe der Laternen, wurden mehrfach jagenden Abendsegler und Breitflügelfledermäuse nachgewiesen. Die Lockwirkung der Laternen auf Insekten
macht diesen Bereich interessant für Fledermäuse. Die Berechnung des Aktivitätsindex (Tabelle 4) ergab einen Wert von 3,57, der vor allem durch die an Laternen jagenden Abendseg-
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- 10 -
3.
Ergebnisse
ler und Breitflügelfledermäuse verursacht wurde. Die Jagdaktivität in diesem Abschnitt des
Transektes beschränkte sich vornehmlich auf die ersten 90 Minuten nach Sonnenuntergang.
Tabelle 4: Verteilung der Nachweise auf unterschiedliche Streckenabschnitte
Landschaftsausschnitt
Willakedamm
BTE-Trasse
H-Plett-Allee bis
Nimweger Str.
H.-Plett-Allee
bis Ende
Kontrollstreckenlänge
280 m
900 m
450 m
1.550 m
Fledermauskontakte
10
28
9
8
3,57
3,11
2,00
0,51
Index Kontakte / 100 m
Bereich 2 – BTE Trasse
Der Bereich 2 umfasst den Gleiskörper auf einer Länge von etwa 900 Länge mit weitgehend
engem Lichtraumprofil. Randlich befinden sich vor allem im nordöstlichen Bereich größere
Baumbestände, die die Trasse beidseitig säumen. Im weiteren Verlauf sind weitere Einzelbäume, Baumgruppen und Gebüsche entlang der Trasse vorhanden. Der Bereich stellt sich
vielseitig und abwechslungsreich dar. Im Gegensatz zum Bereich 1 ist es streckenweise
dunkel und auch bei ungünstiger Wetterlage windgeschützt.
Sehr regelmäßig wurden in diesem Abschnitt jagende und auch balzende Zwergfledermäuse
festgestellt. In den etwas offeneren Passagen jagten auch Breitflügelfledermäuse. Abendsegler wurden über den randlich angrenzenden Freiflächen detektiert. Neben diesen drei
typischen Arten wurden auch zwei Nachweise unbestimmter Tiere der Gattung Myotis und
der Nachweis einer Rauhautfledermaus erbracht.
Die Berechnung des Aktivitätsindex auf der Grundlage der Transekterfassung (Tabelle 4)
ergab einen Wert von 3,11 für diesen Abschnitt.
Auf der BTE-Trasse wurden an vier Standorten in jeweils drei Nächten mit Horchkisten beprobt (vgl. Tab. 5-8).
Die Daten der Horchkisten verdeutlichen, dass vor allem die nordöstlichen Bereiche der
BTE-Trasse zwischen „Willakedamm“ und „Am Haskamp“, also die Flächen mit engem Lichtraumprofil intensiv als Jagdgebiet von Fledermäusen genutzt werden (vgl. Tab. 5 und 6). Die
meisten Nachweise stammen von der Zwergfledermaus, aber auch Breitflügel- und Rauhautfledermaus sowie nicht näher bestimmte Individuen der Gattungen Myotis und Plecotus wurden aufgezeichnet.
Die nach Südwesten anschließenden deutlich offeneren Flächen der BTE-Trasse wurden in
etwa vom gleichen Artenspektrum genutzt, allerdings in deutlich geringerer Intensität (vgl.
Tab. 7 und 8).
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- 11 -
3.
Ergebnisse
Tabelle 5: Horchkistenstandort HK-1 auf der BTE-Trasse beim „Altenwohnheim“
Uhrzeit bis
21 Uhr
02.09.2008
14.09.2008
16.09.2008
2 x Pn
4 x Pp,
3 x Pp mit D
4 x Pp
1 x Pn
4 x Pi mit D
22 Uhr
2 x Es
17 x Pp
1 x Nn
7 x Pp
1 x Pn
15 x Pp mit D
1 Pp mit D
22 x Pi mit D
1 x My
3 x Plec
23 Uhr
3 x Es
16 x Pp
4 x Pp
26 x Pi mit D
1 x Pp mit D
1 My
-
9 x Pi
24 Uhr
28 x Pp mit D
1 x Pp mit D
12 x Pi mit D
Tabelle 6: Horchkistenstandort HK-2 auf der BTE-Trasse in Verlängerung „Am Hasskamp“
Uhrzeit bis
02.09.2008
14.09.2008
16.09.2008
21 Uhr
2 x Es
12 x Pp
o.B.
2 x Pn
3 x Pn
8 x Pp
14 x Pi mit D
1 x Nn
19 x Pp
17 x Pp mit D
2 x Pn
19 x Pi mit D
1 x My
9 x Pp
20 x Pp mit D
22 Uhr
3 x Pi
1 x My
23 Uhr
5 x Pi
7 x Pi mit D
24 Uhr
-
9 x Pp
3 x Pp mit D
1 x Pn
Tabelle 7: Horchkistenstandort HK-3 auf der BTE-Trasse am Erlengehölz zwischen „Auf dem
Kahlken“ und „Neuer Damm“
Uhrzeit bis
02.09.2008
14.09.2008
16.09.2008
21 Uhr
6 x Es
o.B.
1 x My
2 x Pp
22 Uhr
o.B.
1 Pn
o.B.
23 Uhr
1 x Es
1 Pn
1 x Pp mit D
o.B.
1 Pp
4 x Pi
24 Uhr
M&R p-407
-
- 12 -
3.
Ergebnisse
Tabelle 8: Horchkistenstandort HK-4 auf der BTE-Trasse beim Bahnübergang Übergang
„Neuer Damm“
Uhrzeit bis
02.09.2008
14.09.2008
16.09.2008
21 Uhr
1 x Es
o.B.
o.B.
o.B.
o.B.
o.B.
o.B.
o.B.
1 x Pp
1 x Pn
22 Uhr
3 x Es
3 x Pi
23 Uhr
4 x Es
2 x Pi
24 Uhr
-
Bereich 3 – Heinrich-Plett-Allee zwischen BTE-Trasse und Nimweger Straße
Der Bereich 3 umfasst die Heinrich-Plett-Allee zwischen BTE-Trasse und Nimweger Straße
auf einer Länge von ca. 450 m. Zu diesem Bereich wurden die direkt östlich an die HeinrichPlett-Allee angrenzenden Gehölze gezählt.
Die Heinrich-Plett-Allee weist ein weites Lichtraumprofil mit viel Beleuchtung und Straßenverkehr auf. Die östlich zwischen Straßenraum und Bebauung befindlichen östlichen Gehölzränder hingegen sind von Lichtemissionen der Straße nur in geringem Umfang betroffen.
Hier stellen die Gehölzränder mit den angrenzenden Grünflächen einen typischen potentiellen Fledermauslebensraum dar.
Im Straßenraum wurden mehrfach Breitflügelfledermaus und Abendsegler nachgewiesen.
Abseits der Straße zwischen den Gehölzen und der Bebauung traten Breitflügel- und Zwergfledermaus auf. Alle Arten wurden in geringer Anzahl nachgewiesen.
Die Berechnung des Aktivitätsindex auf der Grundlage der Transekterfassung (Tabelle 4)
ergab einen Wert von 2,00 für diesen Abschnitt.
Dieser Trassenabschnitt wurde in drei Nächten mit einer Horchkiste beprobt (vgl. Tab. 9).
Eine weitere Kiste wurde an einem Abend gezielt an einem potentiellen Quartierbaum eingesetzt, um dort ggf. balzrufende oder schwärmende Tiere aufzuzeichnen (vgl. Tab. 10).
Die Daten der Horchkiste (Tab. 9) verdeutlichen, dass zwischen östlichem Gehölzrand und
Bebauung sehr regelmäßig Fledermäuse jagten. Anfang September wurden dort einige Kontakte Breitflügelfledermaus und Zwergfledermaus verzeichnet. Mitte September waren dort
fast ausschließlich Zwergfledermäuse unterwegs.
Die Beprobung des potentiellen Quartierbaums ergab keine Befunde, die auf die Nutzung
des Baumes durch Fledermäuse hindeuteten.
M&R p-407
- 13 -
3.
Ergebnisse
Tabelle 9: Horchkistenstandort HK-6 an der Heinrich-Plett-Allee am Gehölzrand Richtung
Osten
Uhrzeit bis
21 Uhr
02.09.2008
14.09.2008
16.09.2008
2 x Nn
5 x Pp
1 x Pp mit D
10 x Pp
6 x Pp mit D
1 x Es
2 x Pp
1 x Pn
22 Uhr
8 x Es
10 x Pi mit D
23 Uhr
10 x Es
5 x Pp
4 x Pp
6 x Pi mit D
16 x Pp mit D
1 x PpD
24 Uhr
-
9 x Pp
4 x Pp mit D
9 x Pp mit D
1 My
Tabelle 10: Horchkistenstandort HK-5 an der Heinrich-Plett-Allee im Gehölz unter einem Potentialbaum
Uhrzeit bis
21 Uhr
02.09.2008
14.09.2008
16.09.2008
1 x Nn
-
-
-
-
1 x Es
1 x Pp
22 Uhr
1 x Nn
2 x Es
23 Uhr
2 x Es
-
-
24 Uhr
-
-
-
Bereich 4 - Heinrich-Plett-Allee zwischen Nimweger Straße und Huchtinger Heerstraße
Der Bereich umfasst die Heinrich-Plett-Allee zwischen BTE-Trasse und Nimweger Straße
auf einer Länge von ca. 1.600 m. Zum diesem Bereich wurden, sofern vorhanden, die direkt
an die Straße angrenzenden Gehölze gezählt.
Die Heinrich-Plett-Allee weist über den gesamten Streckenverlauf ein weites Lichtraumprofil
mit viel Beleuchtung und Straßenverkehr auf. Nur kleinflächig sind zwischen Straßenraum
und Bebauung Gehölzränder ausgebildet.
Im Straßenraum wurden sporadisch Breitflügelfledermaus und Abendsegler nachgewiesen.
Beide Arten wurden in geringer Anzahl nachgewiesen. Die Berechnung des Aktivitätsindex
auf der Grundlage der Transekterfassung (Tabelle 4) ergab einen Wert von 0,51 für diesen
Abschnitt.
M&R p-407
- 14 -
3.
Ergebnisse
Flugstraßen
Die Begehungen der Trasse ergaben keinen Hinweis darauf, dass dort im August oder September eine Flugstraße ausgebildet war. Aufgrund der Strukturen ist zumindest für die BTETrasse nicht auszuschließen, dass diese während des Sommers zeitweise als Flugstraße
von Zwergfledermäusen oder Arten der Gattung Myotis genutzt werden könnte. Dies würde
allerdings voraussetzen, dass entsprechende Quartiere beider Gattungen vorhanden sein
müssten bzw. Nahrungsräume, die über die Trasse angeflogen werden.
3.3
Baumhöhlen und Balzquartiere
Es wurde, wie weiter oben beschrieben, gezielt nach Baumhöhlen gesucht, die ggf. von Fledermäusen während der Balzzeit bzw. im Winter besetzt sein könnten.
Die Suche nach Baumhöhlen ergab insgesamt sechs Bäume, die für Fledermäuse potentiell
geeignete Höhlen aufwiesen (vgl. Karte 3).
Beginnend vom Trassenbeginn am Willakedamm werden die Standorte kurz beschrieben.
Baum 1 (vgl. Abb. 1)
Der Baum, eine große Pappel, befindet sich östlich der BTE-Trasse nahe Willakedamm. Im
Hauptstamm befindet sich im unteren Bereich ein größerer Riss und in 8-10 m Höhe sind
zwei Spechthöhlen vorhanden. Die Kontrolle zur Ausflugzeit, die Horchkistenbefunde, die
Suche nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben
keine Hinweise auf die Nutzung der Höhlen durch Fledermäuse.
Abbildung 1: Pappel mit Stammriss und zwei Spechthöhlen.
M&R p-407
- 15 -
3.
Ergebnisse
Baum 2 (vgl. Abb. 2)
Der Baum, eine Erle, befindet sich nördlich der BTE-Trasse im Abschnitt zwischen „Auf dem
Kahlken“ und „Neuer Damm“. Im Hauptstamm befindet sich in etwa 4 m Höhe eine Satmmhöhle. Die Kontrolle zur Ausflugzeit, die Horchkistenbefunde, die Suche nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse.
Baum 3 (vgl. Abb. 3)
Der Baum, eine Weide, befindet sich nördlich der BTE-Trasse im Abschnitt zwischen „Neuer
Damm“ und „Heinrich-Plett Allee“. In einem Seitenast befindet sich ein Stammriss. Die Suche
nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine
Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse.
Baum 4 (vgl. Abb. 4)
Der Baum, eine Pappel, befindet sich nördlich der BTE-Trasse im Abschnitt zwischen „Neuer
Damm“ und „Heinrich-Plett Allee“ im Randgehölz der Heinrich-Plett-Allee. Im Stamm in etwa
7 m Höhe befindet sich eine Baumhöhle (Specht?). Die Suche nach balzenden Tieren und
die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der
Höhle durch Fledermäuse. Aufgrund der Verfärbung des Einfluges kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Höhle im Sommer von Fledermäusen genutzt wurde.
Baum 5 (vgl. Abb. 5)
Der Baum, eine Linde, befindet sich östlich der „Heinrich-Plett Allee“ im Randgehölz der
Heinrich-Plett-Allee. Im Stamm in etwa 12 m Höhe befindet sich ein größerer Aufriss, der vor
allem für Abendsegler geeignet sein könnte. Die Suche nach balzenden Tieren, der gezielte
Einsatz einer Hochkiste und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine
Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse.
Baum 6 (vgl. Abb. 6)
Der Baum, eine Erle, befindet sich östlich der „Heinrich-Plett Allee“ im Randgehölz direkt an
dem dort vorhandenen Vorfluter. Im Stamm in etwa 3,5 m Höhe befindet sich eine Baumhöhle (Specht?). Die Suche nach balzenden Tieren und die Kontrolle mit Endoskop und Baumkamera ergaben keine Hinweise auf die Nutzung der Höhle durch Fledermäuse.
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- 16 -
3.
Ergebnisse
Abbildung 2: Erle mit Stammhöhle in ca. 4 m Höhe.
Abbildung 3: Weide mit Stammriss im Seitenast.
M&R p-407
- 17 -
3.
Ergebnisse
Abbildung 4: Pappel (unten mittig in der Abbildung) mit Stammhöhle in ca. 7 m Höhe.
Abbildung 5: Linde mit Stammaufriss in ca. 12 m Höhe.
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3.
Ergebnisse
Abbildung 6: Erle mit Stammhöhle in ca. 3 m Höhe.
Zusammenfassend betrachtet ergab sich, dass im engeren Umfeld der Trasse sechs Bäume
gefunden wurden, die Baumhöhlen aufwiesen. Die Kontrollen zur abendlichen Ausflugzeit,
die z.T. mit dem Einsatz von Horchkisten gekoppelt waren, die Suche nach balzenden und
überwinternden Tieren ergaben keine Hinweise auf die Nutzung dieser Höhlen während der
Balz- und der Überwinterungszeit.
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- 19 -
4.
Bewertung der Befunde
4.
Bewertung der Befunde
Artenspektrum und Gefährdungspotential
Die im Rahmen der Untersuchung nachgewiesenen Arten repräsentieren das typische Artenspektrum eines Siedlungsraumes, der durch Gärten, Rasenflächen und überwiegend jüngere Gehölze (bis 60 Jahre) geprägt ist.
Von den nachgewiesenen Arten ist aktuell nur die Zwergfledermaus nicht auf der Roten Liste
als nicht gefährdet oder stark gefährdet eingestuft.
Fledermaus-Aktivität und Funktionsräume
Die Nachweise der Horchkistenerfassung geben konkrete Hinweise auf die Aktivität von Fledermäusen an den Probestellen, während sich aus der Linientransekterfassung vor allem
räumliche Verteilungsmuster von Fledermäusen entlang des Transektes ergeben. Die Ergebnisse der beiden kombinierten Methoden lassen Aussagen zur Nutzung untersuchter
Landschaftsausschnitte durch Fledermäuse und deren Bedeutung als Lebensraumelement
zu.
In einer gesamtflächigen Betrachtung der Linientransekterfassung wird deutlich, dass vor
allem die strukturreicheren mit Bäumen gesäumten Flächen von den Fledermäusen als
Jagdgebiet genutzt werden (Bereich 2, Bereich 3). Aber auch die Kombination von Gehölzen
und Laternen wird zumindest von Abendseglern und Breitflügelfledermäusen als Jagdgebiet
genutzt (Bereich 1). Der größere Teil der Streckenführung entlang der Heinrich-Plett-Allee
wird nur in geringem Umfang als Jagdgebiet genutzt.
Im Kapitel 2 „Methoden“ (s.o.) sind die qualitativen Kriterien für die Funktionsräume zusammengestellt. Nachfolgend sind die funktionalen Zusammenhänge bewertend zusammengefasst.
Auf der Grundlage der Definition für die Funktionsräume unterschiedlicher Bedeutung (s.o.)
wurden die nachfolgenden Kriterien erfüllt:
Funktionsraum hoher Bedeutung (vgl. Karte 3)
-
Quartiere aller Arten, gleich welcher Funktion.
Wurden im Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen.
-
Jagdgebiete, unabhängig vom Gefährdungsgrad der Arten, hoher oder sehr hoher
Fledermaus-Aktivität.
Die nördlichen Abschnitte der BTE-Trasse (Bereich 2).
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- 20 -
4.
Bewertung der Befunde
Funktionsraum mittlerer Bedeutung (vgl. Karte 3)
-
Jagdgebiete, unabhängig vom Gefährdungsgrad der Arten, mit mittlerer Fledermaus-Aktivität oder wenigen Beobachtungen einer Art mit besonders hohem Gefährdungsstatus.
Willakedamm (Bereich 1), weite Bereiche der BTE-Trasse (Bereich 2) und die
südlichen Abschnitte des Trassenverlaufs an der Heinrich-Plett-Allee (Bereich 3).
Funktionsraum geringer Bedeutung
-
Jagdgebiete mit geringer Fledermaus-Aktivität oder vereinzelte Beobachtungen
einer Art besonderer Bedeutung.
Der gesamte nördliche Abschnitt der Heinrich-Plett-Allee (Bereich 4).
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- 21 -
5.
Konfliktanalyse
5.
Konfliktanalyse
Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen sind im Planungsraum zwei unterschiedliche Fragestellungen zu berücksichtigen:
-
Sind Lebensräume (Jagdgebiete) im Sinne der Eingriffsregelung (§ 19 Abs. 3)
betroffen?
-
Sind Lebensstätten (Quartiere) streng geschützter Fledermausarten nach § 42
BNatSchG betroffen?
Betroffenheit von Lebensräumen nach § 19 Abs. 3
Im Rahmen der Konfliktanalyse wird ermittelt, ob es sich bei dem geplanten Eingriff im Untersuchungsgebiet um einen Eingriffstatbestand im Sinne einer erheblichen Beeinträchtigung
handelt. Sofern dies der Fall ist, kommt der Vermeidung von Beeinträchtigungen nach dem
Naturschutzgesetz Priorität zu. Nach dem Vermeidungsgebot soll die Leistungsfähigkeit des
Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes nicht mehr als unbedingt notwendig beeinträchtigt werden. Unvermeidbare Beeinträchtigungen sind in geeigneter Weise auszugleichen.
“Ausgleich” bedeutet, dass die verloren gegangene Funktion des Naturhaushaltes, z.B. “Lebensraum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten” am Eingriffsort innerhalb des Plangebietes
wiederhergestellt werden muss. Ist der Ausgleich nicht möglich, muss abgewogen werden,
ob die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege den Vorrang vor den anderen
Belangen haben. Ist der Eingriff nicht ausgleichbar aber vorrangig, so hat der Verursacher
Ersatzmaßnahmen durchzuführen. Diese liegen in der Regel außerhalb des Eingriffsortes,
sollten aber innerhalb des vom Eingriff betroffenen Naturraumes liegen.
Verlust von Lebensraum
Bau- und anlagebedingte Auswirkungen
Durch den Bau der geplanten Straßenbahntrasse werden vermutlich Gehölzbestände in hohem Umfang in Anspruch genommen. Die Verluste dieses Lebensraumtyps sind aus fledermauskundlicher Sicht, aufgrund der dort nachgewiesenen z.T. hohen Jagdaktivität und aufgrund der nicht unerheblichen Größe der Eingriffsfläche als „erhebliche Beeinträchtigung“
anzusehen. Die Eingriffe sind in geeigneter Art und Weise auzugleichen.
Betriebsbedingte Auswirkungen
Betriebsbedingte Auswirkungen z.B. durch Kollisionsopfer sind nur in geringfügigem Umfang
zu erwarten, da die Flächen nach Umsetzung der Planung vermutlich in erheblichem Umfang
entwertet wurden und nur noch in geringerem Umfang von Fledermäusen genutzt werden
dürften. Aufgrund der begrenzten Geschwindigkeit der Straßenbahnzüge und der eingeschränkten Nutzung der Flächen durch Fledermäuse dürfte nur ein geringes Kollisionsrisiko
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5.
Konfliktanalyse
vorliegen, so dass aus dem Betriebszustand keine erheblichen Beeinträchtigungen zu
erwarten sind.
Betroffenheit von Lebensstätten nach § 42
Im Untersuchungsraum wurden mehrere Bäume gefunden, die Baumhöhlen aufwiesen, also
potentiell als Lebensstätte baumhöhlenbewohnender Arten in Betracht kämen. Die auf den
Herbst- und Winteraspekt ausgerichteten Untersuchungen ergaben keine Hinweise auf die
Nutzung der Baumhöhlen durch Fledermäuse.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand liegt keine Betroffenheit von Lebensstätten baumhöhlenbewohnender Fledermausarten vor.
An einem Baum im geplanten Trassenverlauf (Baum 4) besteht der Verdacht, dass dieser
ggf. während der Sommermonate von Fledermäusen genutzt werden könnte. Eine Kontrolle
des Baumes während der Wochenstubenzeit wird empfohlen.
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