SS 2010 - Universität Bonn
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Rheinische Friedrich Wilhelms-Universität Bonn • Institut für Orient- und Asienwissenschaft Modul „Zeitgenössische Kunst im Kontext islamischer, süd- und ostasiatischer Kulturen“ SS 2010 Skript zur Veranstaltung Dozenten: Anne Hartig, M.A. Kenji Nishino, M.A. Daniel Redlinger, M.A. Modulleitung: Daniel Redlinger Vorbemerkung: Die im Skript enthaltenen Informationen sollen Ihnen als Erinnerungsstütze aber auch bei der Vorbereitung zur Klausur helfen. Neben diesem Skript sollten sie auch das separat erhältliche Bildmaterial zu der Veranstaltung zur Vor- und Nachbereitung nutzen. Das Skript orientiert sich am Verlauf des Unterrichts, kann und soll aber nicht den Besuch des Moduls ersetzen. Wer regelmäßig an den Lehrveranstaltungen teilgenommen hat, wird die hier aufgeführten Zusammenhänge besser nachvollziehen können. Viele Hintergrundinformationen, die für das Verständnis der Materie nützlich sind, sind in diesem Skript nicht enthalten. Daneben enthält das Skript Literaturhinweise. Sie sind für sie als weiterführende Lektüre gedacht, falls sie sich über ein Thema vertiefend informieren wollen. Für die Klausur ist es nicht nötig, dass sie von dieser Literatur Gebrauch machen, alle relevanten Informationen sind im Skript enthalten. Allerdings gehört es zum wissenschaftlichen Arbeiten, mit der relevanten Literatur vertraut zu sein – sie sollten also für die Klausur auch die Literaturhinweise aufmerksam lesen. Wörter in den Fachsprachen Arabisch, Devanageri, Japanische etc. müssen sie in der Regel nicht zwingend kennen, Ausnahmen sind Fachtermini. Diese erkennen sie an der kursiven Schreibweise. Diese kursiv geschriebenen Begriffe können in der Klausur prüfungsrelevant sein. 20.04. - Fachgeschichte Islamische Kunstgeschichte (Redlinger) Literaturhinweis: GIERLICHS, Joachim / Annette HAGEDORN (2004): Islamische Kunst in Deutschland. Mainz am Rhein: von Zabern. [AIK: 3(2)164] Obwohl sich die Islamischen Kunstgeschichte erst im 20. Jahrhunderts als eigenständige wissenschaftliche Disziplin an den Universitäten etablieren konnte, lag der Grundstein für das Interesse an dieser außereuropäischen Kunst schon weitaus früher. Exklusive Objekte aus der islamischen Welt gelangten schon seit dem frühen Mittelalter als Gesandtschaftsgeschenken, Raub- und Beutegüter, Handelswaren oder als Teil einer islamisch-europäischen Kunsttradition, wie in Süditalien nach Europa. Ein großer Teil dieser Objekte wurden Bestandteil von höfischen oder kirchlichen Schatzkammern. Trotz dieses regen Kontakts mit islamischen Objekten in Europa setzte man sich hier erst am dem 18. Jahrhundert inhaltlich mit dieser Kunst auseinander. Erster Ausdruck dieses Interesse war jedoch keine akademische Erschließung, sondern eine Adaption von orientalischen oder als orientalisch empfundenen Formen, Lebensweisen oder künstlerischen Formen. Beispiel dieser Übernahme von zumeist idealisierten, als fremd und exotisch empfundene Kunst war die Türkenmode bei der sich europäische Künstler in phantasievoller Art mit dem Thema des islamischen Orients beschäftigten (Stichwort Orientalismus). Ab dem 19. Jahrhundert erscheinen die ersten Überblickswerke zur islamischen Architektur. So zum Beispiel einige deutschsprachige Lexika und Enzyklopädien, wie die Brockhausausgabe von 1833, das Mayers Konversationslexikon oder 1811 von Jean Chardins Voyage en Perse, 1837-8, die Monographie von Pascal Costes zur Architektur Kairos und von Owen Jones 1842-5 ein mehrbändiges Werk über die Alhambra. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang auch Überblickswerke über islamische Architektur von Anton Springers von 1857 oder die Monographie von Julius Franz-Pasha (1887). Im Unterricht wurde hierzu am Beispiel des Konversationslexikon von 1960 demonstriert, wie die islamische Architektur zumeist unter undifferenzierten Sammelbegriffen (z.B. „Mohammedanischen Stil“) zusammengefasst wurde ohne dabei auf ihren regionalen Charakter näher einzugehen. Einen anderen Ansatz sich mit dem Phänomen islamische Kunst zu beschäftigten hatten die deutschen Vertreter der Kunstgewerbebewegung, die sich mit islamischer Kunstwerken in ihrer praktischen Arbeit beschäftigten. Die Kunstgewerbebewegung in Deutschland knüpfte dabei stark an die englische um William Morris und den South Kensington Circle an. Ziel der Kunstgewerbebewegung war es, dass durch das Studium dieser nichteuropäischen Objekte die deutschen Kunsthandwerker, ihre künstlerischen Fähigkeiten verbessern, die eigene Kunst zeitgemäß angepasst und um verschiedene Techniken und Objektformen erweitert werden sollte. Dieses Ziel wurde von Julius Meyer 1867 im Rahmen der Weltausstellung in Paris formuliert, nachdem hier islamische Kunst der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Ab diesem Zeitpunkt eröffneten eine Reihe von Kunstgewerbemuseen von denen einige eine Reihe von islamischen Exponaten beinhalten. Seit Ende des 19. Jahrhundert etablierte sich eine wissenschaftliche Auseinandersetzung und daraus aufbauend akademische Disziplinen, wie zum Beispiel die islamische Archäologie, die sich mit der islamischen Kunst in allen ihren Aspekten auseinandersetzten. In Folge dieser Entwicklung entstanden eine Reihe von Lehrstühlen und Museen, wie dem Berliner Museum für Islamische Kunst (1904). Eine richtungsweisende Publikation lieferte 1883 Alois Riegel mit Stilfragen: Grundlegung zu einer Geschichte der Ornamentik. Als wichtiger Impusgeber für wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Islamischen Kunstgeschichte diesen bis heute immer wieder große Ausstellung zu Themen der Islamischen Kunst, wie zum Beispiel die Ausstellung Festival des Islams von 1976 in London. Neben dieser Etablierung als Forschungsdisziplin setzten sich eine Reihe von Künstlern und Architekten mit der islamischen Kunst als Inspirationsquelle auseinander. So unter anderem Macke, Marc, Matisse, Kadinsky, Walter Gropius, Le Corbusier und Vertreter des Bauhaus. 21.04. - Fachgeschichte Ostasiatische Kunstgeschichte (Nishino) Literaturhinweise: Mostow (2003): Gender and Power in the Japanese Visual Field. Napier (2008): From Impression to Anime Abbildungen: Hokusai – die Woge (1831) / Anonym – die Welle (Ende 19. Jhrd.) / Hokusai – KabukiTheater (Anfang 19. Jhrd.) / Hiroshige – der Naruto Whirpool / Sanyô – Hello Kitty Wallpaper (2010) / Yûjo und Buddhisten (E-Maki) (Kamakura-Zeit) / Hokusai – Taucherin und saugende Oktopoden (1842) Der Beginn der künstlerischen Auseinandersetzung mit Japan ist besonders auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zu datieren und geht einher mit der Grenzöffnung Japans nach einer Isolationspolitik, die ca. 250 Jahre andauerte. Mit diesem Schritt betrat Japan die Bühne des internationalen modernen Austauschs. Auf der einen Seite wurden von Europa (Frankreich im Speziellen) japanische Artikel und Kuriosa in Massen konsumiert und das Wissen darum aktiv verbreitet (siehe „Le Japon Artistique“ von Samuel Bing). Es formte sich ein Japanbild, das den Bedürfnissen, Wünschen und Träumen eines Europas entsprach, das die Vor- und Nachteile des Industriezeitalters schon erkannt hatte. Besonders die Kunstlandschaft des Westens erlebte revolutionäre Umbrüche, die sich im Schaffen von Künstlern wie Van Gogh, Monet oder Whistler manifestierten. Die Zeit um die Jahrhundertwende war die Geburtsstunde des Impressionismus, Bauhaus oder der Art Noveau. Diese Gattungen entstanden aus einem Gefühl der künstlerischen Stagnation; es wurde nach neuen visuellen Räumen gesucht. Daher gilt die japanische Kunst als einer der Katalysatoren der europäischen Moderne, die neue Darstellungsspielräume und Perspektiven bot, wie beispielsweise die dekorative Flächigkeit der Art Noveau. Auf der anderen Seite jedoch darf man nicht denken, dass es zu einer einseitigen Rezeption japanischer Kultur gekommen sei, denn auch Japan selbst hat zur Vermittlung eines speziellen Bildes beigetragen. Die Selbstdarstellungen Japans auf den internationalen Weltausstellungen, allen voran die Wiener Ausstellung 1873, waren dominiert von Kirschblütendesigns, Zengärten und Teezeremonien. Die Präsentation als Kulturmacht und reizvolle Alternative zur europäischen Kultur haben selbstverständlich den europäischen Japan-Konsum unterstützt, gesteigert und teils wohl auch initiiert. An dieser Stelle kann bereits der moderne Begriff der „Soft Power“ angewandt werden. Hierbei handelt es sich um ein Pendant zu wirtschaftlicher Macht. "Soft Power“ bezeichnet eine Art kulturelle Anziehungskraft, die, anders als „hard power“, verführerischer ist. (Salopp könnte man vom „Coolheitsfaktor“ eines Landes/einer Kultur sprechen.) Auch heute ist die Rezeption japanischer Kunst und Kultur auf einem Hochpunkt (Rezeption von Manga, Anime, fernöstliche Philosophie, Esskultur, ect.), doch mittlerweile wurden verschiedene Methoden entwickelt, um die Beziehung zwischen Objekt und Rezipienten zu untersuchen. Seit längerem wird das (westliche) Phänomen des Orientalismus in unterschiedlichen Disziplinen untersucht, doch erst seit kurzem findet es vermehrt Eingang in der Untersuchung japanischer Kunst. Neuere Veröffentlichungen befassen sich unter anderem mit dem westlichen Japanbild, sozialwissenschaftlichen Komponenten oder Gender/Queer Studies. Lange schreckte die Kunstgeschichte vor einer solchen Herangehensweise zurück, da durch die Konzentration auf die Methoden die Grenze zwischen Kunst (der Hochkultur) und anderen Bildmedien verschwimmt und die „traditionelle“ Kunstgeschichte somit ihr Monopol aufgeben muss. In Japan hat sich daher die Beschäftigung mit Kunst in modern / 近 代 (Wissenschaftler) und zeitgenössisch / 現在 (KunstKritiker) dichotomisch aufgespalten. Diese Unterteilung soll für unser zukünftiges Handeln keinen Bestand haben. Dies und die wechselseitige Wirkung und Rezeption von Europa und Japan werden in dieser Stunde bereits Gegenstand einer ersten Demonstration sein. 23.04. - Fachgeschichte Indische Kunstgeschichte (Hartig) Mitter (1977): Much maligned monsters // Guha-Thakurta (2004): Monuments, objects, histories Die Rezeption der südasiatischen Kunst und Kultur im Westen hat sich im Lauf der Jahrhunderte extrem verändert und schlug in den letzten Jahren zu einem regelrechten Boom um. Kunst aus Südasien, besonders Moderne und Zeitgenössische Kunst, rückt immer mehr ins Blickfeld der Kunsthistoriker und wird der Öffentlichkeit in groß angelegten Ausstellungen präsentiert (“Indian Highway”, “Chalo India”, “The Empire Strikes Back”). Auch am Kunstmarkt lässt sich dieser Trend deutlich ablesen, so ist der Umsatz Moderner und Zeitgenössischer Südasiatischer Kunst in den letzen 10 Jahren um das 50 fache gestiegen. Dieses anwachsende Interesse an zeitgenössischer Kunst ist nicht nur im Westen, sondern auch in Südasien zu bemerken. So wurde im Jahr 2008 eine Messe für Zeitgenössische Kunst in Delhi ins Leben gerufen (India Art Summit), Anfang 2009 ein Anbau der National Gallery of Modern Art (NGMA) in Delhi eröffnet und für das Jahr 2013 ist die Fertigstellung und Eröffnung des Kolkata Museum of Modern Art (KMoMA) geplant. Dieser Boom basiert auf einem über Jahrhunderte stattfindenden Transfer und gegenseitiger Beeinflussung. Bereits im Mittelalter gab es Reisende, die das Bild Südasiens im Westen nachhaltig bestimmten. Geprägt von der christlichen Kultur wurden südasiatische Götterdarstellungen als "teuflisch" empfunden und beschrieben. In den westlichen Bildern, die südasiatische Götterdarstellungen zeigen, spiegelt sich dies z.B. durch die Verwendung von teufel- oder dämonenhaften Attributen wieder. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts änderte sich unter den Auswirkungen der Aufklärung auch die Rezeption der südasiatischen Kultur. Visuell manifestierte sich dies im 19. Jahrhundert in den romantisierenden Darstellungen westlicher Künstler (W. Hodges) die unter dem Einfluss des Picturesque entstanden (siehe Stunde zu Malerei). Auch wurden südasiatische Künstler, die Beamten der East India Company auf Expeditionen begleiteten, in westlichen Maltechniken ausgebildet (Company Painting). Diese Bilder, ebenso wie Photographien (seit ca. 1840), wurden von der Company als Hilfsmittel der Dokumentation und von Reisenden als Mitbringsel und Erinnerungsobjekte verwendet. Im Jahr 1784 gründete William Jones die Asiatic Society, die zu einem Zentrum des geistigen Austausches und ein "Archiv" für die von den Reisenden gesammelten Informationen wurde. Kulturwissenschaftliches Interesse führte zu einer Auseinandersetzung mit den Sprachen und den Religionen Südasiens. Obwohl die darstellende Kunst und Architektur Südasiens zwar für ihre Form bewundert wurde, fand sie zu diesem Zeitpunkt noch keinen Eingang in den damaligen wissenschaftlichen Diskurs. Erst mit der Gründung des Archaeological Survey of India im Jahr 1861 durch Alexander Cunningham und mit der Veröffentlichung einer Geschichte der Südasiatischen Kunst ("The History of Indian and Eastern Architecture") von James Fergusson im Jahr 1876 entwickelte sich die wissenschaftliche Disziplin Südasiatische Kunstgeschichte. Obwohl es im Westen eine Faszination für die ”indische Geisteswelt” gab, übte die darstellende Kunst Südasiens nur peripheren Einfluss auf die westliche Moderne aus (Owen Jones, William Morris, Arts & Craft Bewegung). Die Repräsentation Südasiens im Westen, z.B. auf Weltausstellungen, erfolgte aufgrund der politischen Situation durch die Kolonialmacht England. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildete sich in Südasien eine vom Westen beeinflusste und gleichzeitig auf die eigene Tradition berufende Kunst aus. Künstler konnten sich an Akademien in Südasien ausbilden lassen, nur wenigen war es möglich in Europa zu studieren. Auch im Bereich der Kunstliteratur setzten sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts südasiatische Autoren durch (Rabindranath Tagore, A. K. Coomaraswamy). Besonders die Unabhängigkeitsbewegung hinterließ in der Kunst und in der Kunstliteratur ihre Spuren. Im Westen wurden diese und folgende Bewegungen in der Kunst Südasiens kaum wahrgenommen, erst in den letzten Jahren rückte mit der Globalisierung und dem ökonomischen Erstarken Südasiens die Moderne und Zeitgenössische Kunst Südasiens wieder stärker in das Blickfeld des Westens. 27.04. – Methode Islamische Kunstgeschichte (Redlinger) Literaturhinweise: BELTING, Hans (Hrsg.) (2008): Kunstgeschichte. Eine Einführung. Berlin: Dietrich Reimer. HELD, Jutta/Schneider, Norbert (2007): Grundzüge der Kunstwissenschaft, Gegenstandsbereiche – Institutionen – Problemfelder. Köln: Böhlau Verlag. In dieser Stunde wurden an Hand einiger ausgewählter Beispiele die methodischen Ansätze der Islamischen Kunstgeschichte diskutiert, die besonders historische Objekte untersucht. Die Islamische Kunstgeschichte wird häufig von Vertretern angrenzender Fachbereiche als methodenunbewusstes oder -ferndes Disziplin verstanden. Diese Einordnung geht aber von dem Verständnis aus, dass das Fach eine oder mehrere klar umrissene Arbeitsfelder und Inhalte hat. Die Vielschichtigkeit und methodische Durchlässigkeit des Faches führte dazu, dass bisher keine strikten methodischen Festlegungen oder die Diskussion um eine Methodenbildung innerhalb der Islamischen Kunstgeschichte als notwendig erachtet wurden. Es existieren keine Textbooks oder Reader, die die Methoden, Methodendiskussionen und einen Überblick über die Themenschwerpunkte bieten. Besonders die Islamische und die Indische Kunstgeschichte legen zum Beispiel im deutschsprachigen Raum ihren Forschungsschwerpunkt auf einen historischen Ansatz. Dies kann auf die besondere historisch gewachsene Bedeutung der Archäologie für diese Fächer im Zusammenhang mit der Fach Exegese zurückgeführt werden. Die Islamische Kunstgeschichte lässt sich daher in die heute oft notwendig erscheinende Einordnung in wissenschaftliche Paradigmen und die damit verbundenen Bewertungsschemata kaum eingliedern. Das Fach zum Beispiel der europäischen Kunstgeschichte oder einer Philologie zuordnen zu können erscheint daher schwierig. Der Schwerpunkt der Islamischen Kunstgeschichte liegt in der Erforschung der islamischen Kultur. Unter dem Begriff Kultur werden in der Islamischen Kunstgeschichte zum einen kulturrelevante Erscheinungsformen und Manifestationen untersucht, aber auch gesellschaftliche und religiöse Praktiken und Prozesse in die Betrachtung mit einbezogen. Hinzu kommen die Analyse von nonverbalen Kommunikationsstrukturen und sinnstiftender Mechanismen. Weitere Schwerpunkte sind die Entschlüsselung von gesellschaftlichen, kosmologischen und überirdischen Ordnungsprinzipien. Ein weiteres wichtiges Feld der Forschung sind Inszenierungsprozesse von Herrschaft und Kulthandlungen. Kunst wird als Teil eines kulturellen Prozesses oder als eine seiner Ausdrucksformen verstanden. Kunst ist dabei nicht das primäre Gegenstandsfeld der Islamischen Kunstgeschichte sondern ein Teil eines gesellschaftlichen Schaffens. Hinzu kommt, dass der Kunstbegriff in jedem kulturellen Bereich anders definiert werden muss und keiner allgemein gültigen Definition folgt. Die materielle Kultur bildet den Ausgangspunkt oder die Hauptquelle für kulturrelevante Fragestellungen. Zur materiellen Kultur gehören die Architektur, Skulpturen, Malerei, Numismatik, Buchkunst oder Objekte der Kleinkunst, wie Textilien, Elfenbeine, Keramik, Metallarbeiten. Das Objekt und seine Funktion wird dabei zum Einen in seinen kulturspezifischen Kontext gestellt. Zum Zweiten werden aus ihm heraus kulturrelevante Informationen gezogen. Nicht zuletzt auf Grund der Masse an unerschlossenem Material ist die Stilanalyse mit dem Ziel der Datierung und Zuordnung ein wichtiger Bestandteil der Untersuchung von materieller Kultur aus der islamischen Welt. Erst auf der Grundlage der gesicherten stilistischen Einordnung und Datierung der Objekte ist es möglich sie in einen Kontext einzufassen oder allgemein gültige Informationen von ihnen abzuleiten. Die Kriterien der stilistischen Einordnung unterscheiden sind zum Teil stark von denen der europäischen Kunstgeschichte da sie für die besonderen Erfordernisse der jeweiligen Gegenstandsbereiche und kulturellen Räume angepasst werden müssen. Als wichtigste methodische Ansätze dienen bei der Bearbeitung der Objekte die Beschreibung, die stilistische Einordnung und die ikonographische Zuordnung. In Jüngster Zeit kommen jedoch auch Methoden aus angrenzenden Fächern, wie den visual studies, cultural studies oder postcolonial studies zum tragen. 28.04. - Methode Ostasiatische Kunstgeschichte (Nishino) Literaturhinweise: BELTING et al. (2003): Kunstgeschichte – Eine Einführung. Berlin: Dietrich Reimer Verlag / Mostow et al. (2003): Gender and Power in the Japanese Visual Field. Honolulu: University of Hawai'i Press. In dieser Stunde wurden anhand von Beispielen einige Methoden (Strukturanalyse, Stilanalyse, Kunstsoziologie, Gender Studies) der Ostasiatischen Kunstgeschichte erarbeitet. Der erste Schritt, an ein Objekt heranzugehen besteht aus der Beschreibung dessen. Dabei gilt es einige Konventionen beizubehalten, die uns helfen auf einer vergleichbaren Ebenen miteinander zu kommunizieren. Die deskriptive Aufnahme eines Objekts ist unlängst selbst zu einer Methode geworden, die sich als die Strukturanalyse/Formanalyse bezeichnet. Sie versucht das Objekt aus sich selbst heraus anhand der genauen Beschreibung zu erfassen und einzelne Elemente zu beleuchten. Die Gefahr, die mit einer Strukturanalyse einhergeht, ist die Isolierung des Kunstwerks aus dem kunstgeschichtlichen Kontext. Diesem versucht die Stilanalyse entgegenzuwirken, die das Werk in eine zeitliche Abfolge künstlerischen Wirkens setzt. Anhand der Kategorie des „Stils“ wird das Kunstobjekt nun nicht mehr als Einzelwerk betrachtet, sondern als Werk, das spezifische Eigenschaften mit einer Gruppe von Werken teilt. Das Kunstobjekt wird innerhalb der Stilanalyse nicht mehr als eine eigene Welt betrachtet, sondern als ein Medium, das dem Betrachter etwas mitteilt. Die Grenzen zwischen Strukturanalyse und Stilanalyse können theoretisch eindeutig getrennt werden, doch in der praktischen Anwendung verlaufen die Grenzen häufig fließend ineinander über. Doch wir müssen uns nun die Frage stellen, ob diese Analysemethoden der klassischen Kunstgeschichte bereits ausreichen. Auch wenn an dieser Stelle Ikonographie, Ikonologie und kunstgeschichtliche Hermeneutik ausgelassen wurden, so stellt sich dennoch die Frage nach Methoden die die Kunstgeschichte mit einschließen und vielleicht sogar über sie hinausgehen. Ein Ansatz wäre die Kunstsoziologie, die das Bild, den Künstler oder den Auftraggeber in einen gesellschaftlichen Kontext setzt. Das Kunstwerk würde dementsprechend zu einer historischen Quelle werden, das uns einen Anhaltspunkt zu gesellschaftlichen Prozessen, Realitäten oder auch Utopien gewährt. Ein weiterer Ansatz kommt aus dem Bereich Feminismus, Gender und Queer Studies. Diese Methode ist wohl eine der wichtigsten im Bereich der modernen Betrachtung von Kunst und Bildern. Sie entstand aus der Registrierung eines Blicks auf die Welt, der von Männern dominiert ist und der auch den Blick von Frauen auf sich selbst und andere Frauen formt und beeinflusst. Dieser methodische Ansatz hinterfragt bislang hingenommene Sehkonventionen und versucht als natürlich geltende Geschlechterrollen als Konstruktionen zu entlarven. Der Feminismus unterscheidet sich von den Gender Studies durch eine ideologische Färbung, die häufig feministische Arbeiten durchzieht, welche aber ebenfalls wichtige Funktionen erfüllt. Die Methoden der Kunstsoziologie und der Gender Studies wurden bislang innerhalb der deutschen japanischen Kunstgeschichte vernachlässigt. Die Publikationen, die einen wesentlichen Beitrag hierzu geleistet haben kommen aus dem englischsprachigen Raum, doch auch hier ist die Entwicklung keinesfalls abgeschlossen. 30.04. - Methode Indische Kunstgeschichte (Hartig) Literaturhinweis: BELTING, Hans (Hrsg.) (2008): Kunstgeschichte. Eine Einführung. Berlin: Dietrich Reimer. In dieser Stunde wurden anhand von Beispielen Methoden (Objektbeschreibung, Ikonographische Analyse, Stilistische Analyse/ Formanalyse) der Südasiatischen Kunstgeschichte erarbeitet. Methoden sind ein wichtiges Instrument des wissenschaftlichen Arbeitens und dienen dazu forschungsrelevante Fragestellungen zu beantworten. Die Objektbeschreibung dient als erste Annäherung an ein Objekt. Sie stellt die Basis für folgende Untersuchungen dar und sollte daher mit besonderer Sorgfalt durchgeführt werden. Die Beschreibung sollte strukturiert, wertneutral und objektiv sein. Es sollte eine sachlich feststellende und präzise Sprache verwendet werden. Die Ikonographische Analyse kann verwendet werden um den Inhalt eines Objektes zu untersuchen. Es handelt sich hierbei um eine textbasierte Methode, die durch Vergleiche mit anderen Objekten erweitert werden kann. In den herangezogenen schriftlichen Quellen (z.B. Lehrtexte (śāstras) oder purāṇas) werden Charakteristika beschrieben durch die sich z.B. Gottheiten identifizieren lassen. Darüber hinaus können schriftliche Quellen Erläuterungen zur religiösen oder philosophischen Bedeutung und Funktion von Attributen enthalten. Auch helfen die Texte, insbesondere mythologische Texte, den Kontext einer Darstellung zu verstehen und zu interpretieren. Die Beschreibungen und Erläuterungen der Texte können je nachdem wo, wann und von wem sie verfasst wurden, inhaltlich unterschiedliche sein; daher muss die Auswahl der Quelle mit großer Sorgfalt durchgeführt werden. Auch ist zu beachten, dass es nicht für jedes Objekt ein schriftliches Equivalent gibt. Somit stellt die ikonographische Analyse immer nur eine Annäherung an das Objekt dar, kann aber keine verbindlichen Aussagen über die ursprüngliche Funktion und Bedeutung eines Objektes machen. Die Stilistische Analyse basiert auf einem Vergleich von Form. Sie soll dazu dienen Objekte zeitlich und räumlich einzuordnen. Diese Einordnung ist nur durch den Vergleich der Form anderer Objekte, deren Einordnung als gesichert gilt (z.B. durch eine Inschrift), möglich. Häufig wird sie verwendet, um stilistische, ikonographische oder inhaltliche Entwicklungen aufzuzeigen und eine chronologische Abfolge zu entwickeln. Eine stilistische Analyse gibt keinen Aufschluss über die Funktion, Bedeutung oder den Inhalt eines Objektes. Neben diesen Kunsthistorischen Methoden greift die Kunstliteratur im Bereich der Südasiatischen Kunstgeschichte auch Literaturwissenschaftliche, Anthropologische, Religionswissenschaftliche und Kulturwissenschaftliche Methoden zurück, sowie auf empirische Beobachtungen. Selten wird von den Autoren die von ihnen verwendete Vorgehensweise erläutert oder methodisch ausdifferenziert beschrieben. Seit den 70iger Jahren wird die Kunst Südasiens auch unter den Ansätzen untersucht, die sich aus den Gender Studies, den Cultural/ Visual Studies und den Postcolonial Studies entwickelt haben. 04.05. – Islamische Architektur (Redlinger) Literaturhinweis: GRABAR, Oleg (2006), What Makes Islamic Art Islamic? In GRABAR, Oleg (Hg.), Constructing the Study of Islamic Art. Hampshire: Ashgate Publishing Limited, 245-52. (=Islamic Art and Beyond; 3),HILLENBRAND, Robert (1994): Islamic Architecture: Form, Function and Meaning. Edinburgh: Edinburgh University Press. Ziel der Veranstaltung ist es Ihnen einen Ein- und Überblick zu geben wie der Fachbereich Islamische Kunstgeschichte mit Architektur umgeht. Diese Stunde ist bietet somit die Frage, ob mit dieser „klassischen“ Behandlung von Architektur auch die zeitgenössische Architektur der islamischen Welt betrachtet werden kann. Die islamische Architektur wird in der Islamischen Kunstgeschichte zumeist grob in zwei Kategorien unterteilt. Zum einen in religiöse Architektur. Hierzu werden zum Beispiel Moscheen, Medressen, Khangahs, Dargahs, Mausoleen gerechnet. Die zweite große Kategorie ist profane Architektur, die jedoch weiter untergliedert werden kann. So zum Beispiel in Architektur der Herrscherrepräsentation. Hierzu rechnet man Palastarchitektur und Verteidigungsanlagen oder Architektur des Handels und des Verkehrs. Hierzu gehören Karawansereien, Khane etc. Neben diesen beiden großen Kategorien werden am Rande auch Themen wie Städtebau und Wohnarchitektur behandelt. In der Stunde wurde die Frage diskutiert, was eigentlich islamische Architektur zu dieser macht? Diese Frage stellt sich besonders in Hinblick auf die Betrachtung der Moderne. In der Stunde wurde hierzu die Lösung von Grabar angesprochen alles als islamisch zu betrachten, was in einem Kulturraum gefertigt wurde, der von außen und sich selber als islamische bezeichnet. Wie problematisch diese Zuordnung ist, wurde an einigen Beispielen kurz angerissen. Neben dieser Problematik der kulturellen Zuordnung, wurde die Fokussierung des Objektbestandes in der „klassischen“ Islamischen Kunstgeschichte thematisiert. Ein Großteil der Untersuchungen widmet sich ausschließlich der Herrschaftsarchitektur oder die von einer Herrschaftsschicht initiierte Architektur. An einigen Beispielen wurde im Unterricht gezeigt, wie die Islamische Kunstgeschichte mit Architektur umgeht und welche Fragen bei ihrer Untersuchung gestellt werden. Stilistische Vergleiche haben das Ziel Ursprung der Gestaltung, Einflüsse von Kunsttraditionen und religiösen und Herrschaftlichen Strukturen zu klären. Danach wird das Objekt in einen kulturellen, sei es politisch, sozial oder religiös bestimmten Kontext eingegliedert werden. Hierbei wird versucht die jeweilige Funktion von Architektur herauszuarbeiten und ihre regionalen Unterschiede zu beleuchten. Im Unterricht wurde hierzu auf die Moschee und ihre vielfältigen Funktionen, zum Beispiel als Ort des Gebetes, als sozialer Treffpunkt, als Lehranstalt oder Ausdrucksmittel von Herrschaft (minbar und ḫutbar) eingegangen. Ein zweites Beispiel war die Verwendung des Raumes als exklusives Medium zur Demonstration von Macht und sozialer und gesellschaftlicher Ordnung. So wurde gezeigt, in welcher Form die Architektur durch das Hofzeremoniell bestimmt wurde, für die es den Raum schafft. Hierbei dient die Architektur als Ergänzung oder in einigen Fällen als alleinige Quelle zur Rekonstruktion dieser historischen herrscherlichen Prozesse und Mechanismen. Als drittes Beispiel wurde in der Stunde die Grabarchitektur besprochen. Hierbei wurde auch Bezug genommen zu verschiedenen Interpretationen, die sich in der wissenschaftlichen Fachliteratur zu diesem Thema finden lassen. Hierbei wurde besonders auf die Kontroversen eingegangen, die sich bei der Bearbeitung der Grabtürme von Kharraqan ergaben. 05.05. – Ostasiatische Architektur (Nishino) Literaturhinweise: HAYASHIYA, Tabusaburo; Nakamura, Masao und Hayashiya, Seizo (Übers.: Joseph P. Macadam) (1974): Japanese Arts and the Tea Ceremony. New York/Tôkyô: Weatherhill/Heibonsha. ; Abbildungen: Tai-an von Sen no Rikyu (1521-1591) / En-an von Furuta Oribe (1545-1615) Um die grundlegenden Prinzipien der japanischen Architektur von Tee-Raumen und –Häusern zu verstehen, ist es unumgänglich den kulturhistorischen Hintergrund näher zu beleuchten. Dies ist wichtig, um die spezielle Architektur in einen Kontext stellen zu können, durch welchen die Besonderheiten erhellt werden. Von einer Praxis, die vornehmlich in buddhistischen Klöstern vorzufinden war, entwickelte sich das Teetrinken im Laufe des Mittelalters zu einem Trend, der besonders unter wohlhabenden Menschen Verbreitung fand. „Basra“ ist der Kernbegriff, der hiermit in Verbindung gebracht wurde und eine gewisse Dekadenz implizierte. Dieser Brauch des Tee-Trinkens wurde mit einer Mode in Anlehnung an chinesische Kunst und Kultur verbunden. Wohlgemerkt, kann davon ausgegangen werden, dass ein China nicht in toto kopiert wurde, sondern die Idee von China maßgeblich war. die Betonung von Reichtum, Macht und Perfektion ließ eine Gegenbewegung entstehen, die die Einfachheit, Bescheidenheit und das Imperfekte bevorzugte. Die Entwicklung einer Tee-Zeremonie (oder eines Tee-Wegs), die nach eben diesen Prinzipien aufgebaut war, fand ihren Höhepunkt im Schaffen von Sen no Rikyû (1521-1591) und seiner wabi-Ästhetik und Philosophie. Seine Architektur zeichnete sich durch unterschiedliche Charakteristika aus: ‐ eine begrenzte Raumfläche (< 4,5 Tatami-Matten) ‐ niedrige Decke ‐ eingeschränkte Lichtquellen ‐ Lehmwände (anstatt Wandverkleidung) ‐ Bambusleisten (statt Holz) ‐ Farbreduktion Insgesamt sollte eine Atmosphäre geschaffen werden, die die menschlichen Sinnesfähigkeiten auf das aller nötigste reduziert, um einen konzentrierten Geist zu fördern. Die Architektur fördert(e) einen meditativen Zustand, nach dessen Beendigung und dem Verlassen des Hauses ein Katharsis-Effekt erreicht werden konnte. Die Stenge, die Sen no Rikyû auszeichnete, wurde von Furuta Oribe (1545-1615) aufgelockert. Oribe ließ ein spielerisches Element in die Tee-Zeremonie miteinfließ0en, das sich auch in seiner Raumgestaltung niederschlug: ‐ größere Raujmfläche ‐ Ausschmückung der Tokonoma (Alkoven) ‐ Lichtquellen, di den Raum heller werden und Lichteffekte entstehen lassen Während Rikyû einen kleinen, eher schmucklosen Raum bevorzugte, der durch den konzentrierten Geist an Fülle gewann, war der Geschmack Oribes anders. In seinem Raum war es eher eine durchdachte Gestaltungsbalance und sein Spiel mit Raumlinien (Fensterordnung/ TokonomaGestaltung) und Lichteffekten, die er eine Leere zu füllen vermochte. 07.05. – Südasiatische Architektur (Hartig) Literaturhinweis: KRAMRISCH, Stella (2007): The Hindu Temple. Delhi: Motilal Banarsidass. Obwohl sich die äußere Erscheinung hinduistischer Tempel (vimāna) abhängig vom Zeitpunkt und Ort der Errichtung von einander unterscheidet, liegen ihr dieselben Konzepte zu Grunde. Die äußere Gestalt des Tempels wird als eine Hülle oder der Körper einer Gottheit verstanden. Für den Gläubigen definiert der Tempel eine Verbindung zur transzendenten Welt. Der Tempelbau basiert auf Regeln. Nur durch die konsequente und richtige Umsetzung dieser Regeln ist seine rituelle Funktion gesichert. Bevor mit dem Bau des Tempels begonnen wird muss ein geeignetes Gelände ausfindig gemacht und dieses rituell gereinigt werden. Auch Materialien und Werkzeuge, die beim Bau verwendet werden, werden den Regeln entsprechend ausgewählt und rituell gereinigt. Jeder Tempelbau basiert auf einem zweidimensionalen Diagramm (vāstupuruṣamaṇḍala), das durch den Bau des Tempels dreidimensionale Gestalt erhält. Die Hauptgottheit des Tempels befindet sich im Sanktum (garbhagṛha) des Tempels. Bevor der Verehrer die Hauptgottheit des Tempels verehrt umwandelt er im Uhrzeigersinn das Sanktum und verehrt dabei Nebengottheiten oder Aspekte der Hauptgottheit (pradakṣina). Das Sanktum ist meist ein kleiner, dunkler Raum mit quadratischem Grundriss, das sich im Zentrum der Tempelanlage befindet. Häufig ist die Anordnung der Gebäude einer Tempelanlage spiegelsymmetrisch angelegt und auf das Sanktum ausgerichtet, so dass der Besucher beim Betreten der Anlage in Richtung des Sanktums blickt. Da das Sanktum nicht vom Verehrer betreten werden darf, übt dieser die Verehrung (darśan) in einem Bereich vor dem Türrahmen (antarāla) aus. Diese für die Verehrung zentrale Rolle des Türrahmens wirkt sich auch auf seine Gestaltung aus. Im Gegensatz zum unverzierten Sanktum weisen Türrahmen meist ein komplexes ikonographisches Bildprogramm auf. Die dargestellten Motive des Türrahmens, stellen eine Verbindung zur Hauptgottheit her und symbolisieren den Übergang in die transzendente Welt. Die Außenwände des Tempels sind untergliedert in: Sockel (adhiṣṭhāna), Wand (jaṅgha) und Übergangszone (vedībandha). Der Turm (śikhara) schließt ab in einer Kombination aus Motiven: Hals (grīvā), āmalaka und Vase (kalaśa). Vorsprünge (bhadras) auf den Außenwänden wiederholen diese Motive und stellen somit Miniaturtempel dar. In den entstehenden Nischen (devakoṣṭhas) werden Darstellungen von Nebengottheiten oder von Aspekten der Hauptgottheit platziert. Das Motiv des Miniaturtempels wiederholt sich meist in abstrahierter Form auch im Tempelturm. Tempelanlagen können weitere Gebäude mit unterschiedlichen Funktionen besitzen, so zum Beispiel unterschiedliche Formen von Vorhallen (maṇḍapas), Wasserbecken (kuṇḍas) oder Nebenschreine. Bitte schaut Euch die beiden Schema Zeichnungen der Präsentation an! 11.05. – Zeitgenössische Islamische Architektur I (Redlinger) Literaturhinweis: SERAGELDIN, Ismail / STEELE, James (1996): Architecture of the contemporary mosque. London: John Wiley & Sons. In der heutigen Stunde wurde zeitgenössische Islamische Architektur untersucht verbunden mit der Frage diskutiert, in wie weit diese Architektur sich noch gemäß den Einordnungskriterien der „klassischen“ Islamischen Kunstgeschichte als „islamisch“ bezeichnet werden kann. Außerdem soll an den im Unterricht angesprochenen Beispielen demonstriert werden, wie und welche regionalen Stile und Bauformen aufgegriffen wurden und welchem Wandel und Verständnis diese Übernahme unterliegen. Ein dritter wichtiger Punkt der Stunde war die Frage nach der identitätsstiftenden Funktion, die diese Bauwerke und ihre Stile für den Bauherrn und den Benutzer innehaben. Der erste Teil der Stunde behandelte an den Beispielen der Moschee des Muhammad Ali und der Ahmadiyya Moschee in Berlin die Frage, wie moderne und zeitgenössische Architektur zu definieren ist und wann man sie als solche bezeichnen kann. Auch wurde an Hand dieser beiden Gebäude gezeigt, wie das Bild einer „Modernen Architektur“ von dem jeweiligen Bauherrn verstanden und umgesetzt wurde. Der zweite Teil setzte sich mit der Frage auseinander welche Bedeutung Tradition und die Übernahme von als Modern empfundenen Elementen in die Architektur haben. Dies wurde an dem hydraulischen Bedachungssystem der Moschee in Medina, einem der wichtigsten Heiligtümer des Islam illustriert. Hier stellt sich ein traditionsbehafteter religiöser Ort, ausgestattet mit modernster westlicher Technologie, zu einem repräsentativen Ausdrucksmittel des Herrscherhauses dar. In diesem Zusammenhang wurde auch die Rolle angesprochen, die westliche Firmen für die Gestaltung dieser religiösen Architektur haben. Der dritte Teil behandelte die Frage, in wie weit bei religiöse Architektur auf das spezifische regional unterschiedliche Erbe Bezug genommen wird. Als Beispiel diente hier die Moschee des Hassan II in Casablanca, die al-Ghadir Moschee in Isfahan, eine kleine Moschee in Teheran, die im Stile der Seldjuqischen Ziegelarchitektur errichtet wurde und die Kul Sharif Moschee in Kasan. An Hand dieser Beispiele wurde gezeigt, dass bei der Architektur zwar die Form und Materialien der historischen Gebäude dieser Region zitiert und visuell erkennbar nachgeahmt werden, die ursprüngliche Funktion jedoch häufig nicht berücksichtigt wird. Außerdem findet häufig eine Verschiebung der funktionalen Bedeutung des Raumes statt. Dies wurde zum Beispiel an der Moschee in Casablanca demonstriert, die primär als ein Wahrzeichen und Monument zur Machtdemonstration des Herrschers dient und nicht mehr ausschließlich als Moschee im traditionellen Sinn. Der letzte Teil der Stunde widmete sich der Frage, in wie weit eine Rekonstruktion eines kulturellen Bewusstseins oder Denkens durch die Architektur geschaffen werden soll. Besonders in islamischen Ländern ohne eine große städtische Tradition lässt sich dies beobachten. Als Beispiele dienten hier die Jumeirah Moschee in Dubai, die von Internetquellen und in der Literatur als ein Bauwerk bezeichnet wird, welches im fatimischen Stil errichtet wurde. Sehr deutlich wird hierbei, dass diese Einordnung auf eine Bezugnahme auf prestigeträchtige und idealisierte Vorbilder aus dem islamischen Mittelalter in Kairo abzielt. Die eigene Bautradition in Dubai wird dabei völlig außer Acht gelassen. Im Unterricht wurde in diesem Zusammenhang auch die Rolle der westlichen Wissenschaftler und Architekten angesprochen, die durch Ihre Arbeit die Grundlage für solche neuen kulturellen Bildungs- und Identifikationsprozesse legen. Außerdem wurden die neuen Zur Verfügung stehenden Quellen diskutiert, die in der „klassischen“ Islamischen Kunstgeschichte bisher kaum berücksichtigt werden. Hierzu gehören Gespräche und Interviews, Internetauftritten von Behörden etc. 12.05. – Moderne Architektur Japanische Kunstgeschichte (Nishino) Literaturhinweise: TAKEYAMA Kiyoshi (1983): Tadao Andô: Heir to a Tradition. IN: Perspecta, Vol. 20. USA: The MIT Press on behalf of Perspecta. S. 163-180 / ANDÔ Tadao (2008): Tadao Ando 2 – Outside Japan. Tôkyô: TOTO Shuppan Bilder: Tadao Andô: Church of Light, Ôsaka (1989); Langen Foundation, Neuss (2004); Koshino House, Ashiya (1981); Meditation Space UNESCO, Paris (1995); Japan Pavillion, Expo 1992, Sevilla (1992) Tadao Andô ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Architekten der Welt. Seine Gebäudekunst ist in den unterschiedlichsten Ländern zu finden, doch die Mehrheit der Bauten befindet sich in Japan, wo sie höchste Anerkennung findet. Andô wird als ein Architekt gesehen, der eine spezielle Japanizität in seine Werke mit einfließen lässt, jedoch gleichzeitig modern und zukunftsweisend ist. Was sich aber in Andôs Architektur als “japanisch” bezeichnen lässt, kann nicht ohne nähere Betrachtung erschlossen werden. Zu Andôs Philosophie gehören zwei entscheidende Faktoren. Zum einen enthält sie den expliziten Versuch eines Brückenschlags zwischen der Funktion traditioneller Architektur und moderner Architektur. Demnach soll Architektur den Menschen ebenfalls auf einer emotionalen Ebene ansprechen. Des Weiteren soll Architektur nicht Gegensätze miteinander in Einklang bringen, sondern die Gegensätzlichkeit der Elemente betonen, um die Ästhetik jedes einzelnen hervorzuheben. Dies zeige sich vor allem in die Gegenüberstellung von Natur und Kunst, wobei gerade der Gegensatz eine „Energie“ entstehen lässt, die für den Menschen ansprechend ist („Architektur ist Krieg.“) Bei einer weiteren Analyse wurde Andôs Architektur mit den Teehäusern der Vormoderne verglichen. Dieser Vergleich konnte nicht auf einer formalen Ebene stattfinden, da sich die beiden Gebäudetypen in keiner Weise ähneln. Doch auf einer Ebene der Raumatmosphäre und ihrer Erzeugung, war es möglich Parallelen architektonischer Prinzipien zu erkennen. Neben der Betonung von Natur in Verbindung mit Raum, war es vor allem das Gefühl für Simplizität, Ruhe und Klarheit, das aber immer wieder durch Spannung durchzogen wurde, welches maßgeblich war. Verschiedene Punkte waren: ‐ kontrolliertes Licht / Lichteffekte, die den Raum strukturieren oder eine bestimmte Stimmung hervorrufen ‐ Wasser als visuelles Element aufgrund von Spiegelungen / als auditives Element, um Stille zu betonen oder zu schaffen / eventuell als taktiles Element (?), um einen Kontrast zum Beton zu schaffen ‐ Einfachstes Material (Andô=Beton / Sen no Rikyû=Lehm), um Naturverbundenheit und Rohheit zu schaffen / Aufmerksamkeitslenkung ‐ Überschneidende Raumglieder, die den Besucher durch den Raum führen und ihn unerwartete Raumszenen erblicken lassen (vgl. Church of Light und Teegärten) Allgemein konnte zu Andô festgehalten werden: ‐ er verwendet häufig geometrische Formen mit einer Tendenz zur Asymmetrie ‐ Einfachheit zeigt Parallelen zur Teezeremonie oder auch zu Zen-Buddhistischen Idealen ‐ Atmosphärische Spannung in der Stille ‐ Gegensätzlichkeit als ein Kernelement ‐ Reduktion von Farben Bei Andô sahen wir, dass Modernismus nicht unbedingt etwas mit Verwestlichung zu tun haben muss. Durch eine Neuinterpretation von traditioneller japanischer Ästhetik geht Andô nicht einen den Schritt in die Vergangenheit zurück und wird dadurch Opfer von Nostalgie, sondern er übernimmt bestimmte Elemente, um eine Richtung für die Zukunft zu bieten. 14.05. – Zeitgenössische Südasiatische Architektur (Hartig) Literaturhinweis: http://www.akshardham.com Seit der Eröffnung im Jahr 2005 des Svāmīnārāyan Akṣardhām Tempels in Neu Delhi ist die Tempelanlage ein Anziehungspunkt für nationale und internationale Besucher. Über klar strukturierte Wegverläufe wird der Besucher über das Gelände der Anlage geführt. Im Zentrum der Anlage steht der vormodern erscheinende Tempel auf den der Besucher auf einer zentral angelegten Achse zuläuft. Ausgedehnt werden kann die Besichtigung der Tempelanlage durch den Besuch der angegliederten Themenparks. Eine Dokumentation des Besuches (photographieren oder filmen) wird dem Besucher aus religiösen Gründen untersagt, Bilder der Anlage werden im Internet der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt (Informationsmonopol). Im Jahr 2000 wurde mit dem Bau des Svāmīnārāyan Akṣardhām Tempels unter der Leitung von Pramukh Svami Maharaj (seit 1971 religiöser Anführer von BAPS) begonnen. Die gesamte Bauphase wurde von Ritualen begleitet, die auf vormodernen Ritualen beruhen und die rituelle Funktion des Gebäudes gewährleisten. Durch einen rechteckigen Umgang grenzt sich der Bereich des Tempels von den angegliederten Themenparks ab. Der nach Westen ausgerichtete Tempel befindet sich in der westlichen Hälfte des inneren Bereiches. Dieser Aufbau führt beim Besucher zu einer Fokussierung des Blickes auf den Tempel, während er auf die breit angelegte Tempeltreppe zu läuft. Auf zwei breit angelegten Plattformen ist es dem Besucher möglich den Tempel zu umgehen und die aufwendig gestalteten Außenwände zu betrachten. Der Aufriss des Tempels weist eine mit Aufrissen vormoderner Tempel vergleichbare Gliederung auf. Vergleiche einzelner Motive machen deutlich, dass hier vormoderne Motive aus ganz Indien aufgegriffen wurden. Der äußere Eindruck des Gebäudes erinnert an Tempel des 10.- 12. Jahrhunderts aus West-Indien. Das Innere des Gebäudes lädt durch die Verwendung von hohen Säulen, Fenstern und indirekter Lichtquellen dazu ein die aufwendige Gestaltung der Säulen und Kuppeln zu betrachten. Unter der Hauptkuppel befindet sich ein Bildwerk des Gottes Svāmīnārāyan, erweitert wird die Installation durch die Darstellung historischer Persönlichkeiten (Vertreter BAPS) die den Gott verehren. Es wurde exemplarisch gezeigt, dass alle Elemente des Gebäudes (Motive, Anordnung und Anzahl der Motive, Auswahl und Farbe des Materials...) mit symbolischer Bedeutung belegt sind. Die Verwendung und die Zusammensetzung der vormodernen Motive wollen den Tempel in eine historische Tradition einreihen und legitimieren. Die Präsentation des Gebäudes zielt darauf ab beim nationalen und internationalen Besucher Bewunderung und Staunen auszulösen. In den verschiedenen Bereichen des Themenparks wird der Besucher mit Hilfe verschiedener Medien über das Leben und Handel Svāminārāyan unterrichtet. Der Gott wird hier als Leitfigur dargestellt, dessen Werten, Lehren und Handeln man als Vorbild sehen soll. Eine Bootsfahrt führt den Besucher durch die Geschichte Indiens, wobei die kulturelle und historische Bedeutung Indiens überhöht präsentiert wird. Im angrenzenden Park befinden sich zum einen Darstellungen wichtiger ausgewählter indischer Persönlichkeiten (Gandhi, Nehru...), sowie eine Sammlung von Zitaten internationaler Persönlichkeiten (Martin Luther King...) die als wichtige spirituelle Gedanken deklariert werden. Diese multimedialen Themenparks dienen dazu dem Besucher (eindimensionale) Wertvorstellungen und Weltansichten auf unterhaltsame Weise nahe zu bringen (Edutainment). 18.05. – Architektur III (Redlinger) Literaturhinweis: Serageldin, Ismail and James Steele (1996): Architecture of the contemporary mosque. (London: John Wiley & Sons). Die heutige Stunde behandelte drei zentralen Fragestellungen. So beschäftigt sich der erste Teil der Stunde mit „islamischer“ Architektur in der „islamischen Peripherie“ oder in nichtislamischen Ländern. Hierbei wurde gezeigt, an welche architektonischen Konzepte diese Architektur anschließt und welcher Formensprache sie sich bedient. Im zweiten Teil der Stunde wurden Bauten behandelt, die auf Grund ihrer Funktion und Form per se nicht als „islamisch“ gelten können, jedoch in den Kontext von Islamischer Architektur oder Architektur aus der islamischen Welt gestellt werden. Im dritten Teil wurde die Frage diskutiert, wie in der islamischen Welt durch die museale und archäologische Projekte das historische Erbe konserviert wird. 1. Als zentrale Beispiel für repräsentative islamische Architektur außerhalb der islamischen Welt wurde das Islamic Center in Washington besprochen, das als Ausdrucksmittel und Sprachrohr einer Exilgemeinde fungiert. Dieses islamische Kulturzentrum besteht aus einer Moschee, Bücherei, Seminarräumen und Unterrichtsräumen, die für Islamkurse und arabische Sprachkurse genutzt werden. Zur Zeit der Eröffnung galt die Moschee als das größte islamische Gebetshaus der westlichen Hemisphäre. Ungefähr 6.000 nehmen am Freitagsgebet teil. Die Moschee wurde von vielen hohen Würdenträgern besucht, darunter verschiedene Präsidenten. Der höchstrangige Besucher war Präsident G.W. Bush am 17. September 2001, nur wenige Tage nach den Terroranschläge am 11. September 2001. Die Moschee wurde 1949-1957 unter Leitung des Architekten Mario Rossi unter Rückgriff auf fatimidische, mamlukische und maghrebinische Vorbilder errichtet. 2. Als Beispiel für Bauten aus der islamischen Welt, die keine religiöse Funktion besitzen, die aber als Ausdrucksmittel für islamische Kultur herhalten, wurde die Ibn Battuta Mall in Dubai Besprochen. Hier werden architektonisch auf die Reisestationen des muslimischen Reisenden Ibn Batutta Bezug genommen. Idealtypisch wird dabei neben Ägypten auch auf al-Andalus, Zentralasien, Indien und China Bezug genommen, wobei die dargestellten Zeiten in meist nicht in die Lebenszeit des Reisenden fallen. Neben diesen Architekturzitaten finden sich auch eine Reihe von Schaubildern in der Mall, die bekannte Beispiele aus der islamischen Geisteswelt illustrieren und erklären. Als Beispiel sind hier meterhohe Darstellungen der mechanischen Instrumente von al-Jazzari zu nennen. Ein weiteres Beispiel war der Hajj Terminal in Saudi Arabien, der durch seine Zeltarchitektur Millionen von Pilgern eines der kulturellen Symbole des Wüstenstaates vor Augen führt. 3. Das dritte Beispiel beschäftigte sich mit dem Umgang mit der „waren“ Vergangenheit. In zumeist touristisch wirksamen Projekten werden in den letzten 10 Jahren in den UAE verschiedene archäologische Projekte gefördert. Hierzu gehören zum Beispiel der im Unterricht gezeigten rekonstruierten Stadtteile Shindaghah in Dubai, der auch mit dem Herrscherhaus assoziiert ist. Ein weiteres Beispiel war Hotelarchitektur, wie Medinat Jumeirah, die „traditionelle“ einheimische Architektur äußerlich kopiert. Als letztes wurde die Darstellung von islamischer Kunst in dem neuen Museum für Islamische Kunst besprochen und seine Darstellung auf der eigenen Homepage. Hier dienen die Objekte in einem abstrahierten als eine Inszenierung innerhalb einer idealtypischen islamischen Lebenswelt. Das Museum wurde in Anlehnung an tulunidische Architektur in Ägypten von dem Architekten Ming Pei und 2008 eröffnet. 21.05. – Vormoderne Südasiatische Skulptur (Hartig) Literaturhinweis: ECK, Diana (1985): Darśan: Seeing the Divine Image in India. Pennsylvania: Anima Books. Im vormodernen Südasien findet das Medium der Skulptur hauptsächlich im religiösen Kontext Verwendung. Der Verehrer erkennt, dass einem Objekt, zum Beispiel einer Skulptur, eine Gottheit inhärent ist, was sich unter anderem im Umgang mit dem Objekt ausdrückt indem es wie ein Lebewesen behandelt wird. Die Voraussetzungen für das Erscheinen der Gottheit in einer Skulptur sind vielfältig. Ein elementares Kriterium ist die korrekte Darstellung festgelegter Charakteristika (Attribute, Anzahl der Arme, Köpfe...). Darśan (sehen) bezeichnet ’das Sehen’ von etwas Göttlichem und bezeichnet eine religiöse Praxis. Der Verehrer geht dabei in den Tempel um Gott zu ’Sehen’, ihn zu verehren und Segen zu erhalten. Obwohl der Aspekt des ’Sehens’ eine zentrale Bedeutung hat, spielt für den Verehrer oder Priester das Aussehen des Objektes keine bedeutende Rolle, das Wissen um die Präsenz der Gottheit steht für ihn im Vordergrund. Skulptur erscheint in Südasien hauptsächlich in Verbindung mit Architektur. Das Bildprogramm des Tempels folgt festen Regeln, daher wirkt sich die Platzierung einer Skulptur entscheidend auf ihr Aussehen aus. Häufig kann man bereits durch die Gestaltung einer Darstellung Rückschlüsse auf ihre Positionierung innerhalb der Architektur und ihre Funktion ziehen. Narrative Darstellungen befinden sich beispielsweise häufig an den Außenwänden von Tempeln. Sowohl Skulptur als auch Architektur liegen dieselben Konzepte zu Grunde, so dass es zum Teil fraglich ist, ob eine Unterscheidung zwischen den beiden Medien überhaupt möglich ist. Deutlich zeigen sich Probleme bei der Übertragung westlicher Kategorisierungen, wie zum Beispiel Skulptur und Architektur, am Beispiel des Kailaśanāth Tempel in Ellora. Neben den an Architektur gebundene Skulpturen, das heißt unbewegliche Skulpturen wurden auch die Bedeutung, Funktion und Verwendung beweglicher Skulpturen besprochen. Das Medium der Skulptur löst sich in Europa im Mittelalter von der Architektur und wird von der Kunstgeschichte als eine Kategorie von Kunst erklärt. Beispiele für Unterschiede südasiatischer und der westlicher Skulptur: Ort: Tempel Museum, Galerien, öffentlicher und privater Raum... Funktion: Verkörperung Gottes Kunst (ästhetisch ansprechend, provozierend, portraitierend...) Produzent: Handwerker Künstler Darstellung: Funktional, muss Gottheit gefallen dreidimensional, Bearbeitung des Materials und der Oberfläche, Farbgebung, Darstellung des Körpers stehen im Vordergrund.... Umgang: Kunstgegenstand Erscheinung Gottes 01.06. – Islamische Kleinkunst I (Redlinger) Literaturhinweis: ETTINGHAUSEN, Richard, u.a. (1987): The Art and Architecture of Islam 650-1250. London: Yale University Press. BLAIR, Sheila S. / Bloom , Jonathan M. (1994): The Art and Architecture of Islam, 1250-1800. New Haven [u.a.]: Yale University Press). In der Stunde wurde die Funktion und Behandlung mit Kleinkunst in der islamischen Kunstgeschichte besprochen. Grundsätzlich handelt es sich bei dieser Gruppe fast ausschließlich um Objekte aus dem höfischen Kontext. Die Beispiele aus dieser Stunde stammten aus folgenden Gruppen mit je 1-3 Beispielen: 1. Keramik (Beispiel: Iznik Keramik und Fatimidischer Lüster) 2. Metallarbeiten (Beispiel: Mamlukische und Saldjukische Metallarbeiten) 3. Textilien (Beispiele: tiraz-Textilien) 4. Holz (Mamluqischer minbar) 5. Elfenbein (Beispiel: Pyxis aus Spanien) 6. Glas (Beispiel: fatimidisches und mamluqisches Glas) 7. Bergkristall (Beispiel: Fatimidisches Bergkristall) 8. Teppiche (Beispiel: Osmanischer Teppich) 9. Numismatik (Beispiel: Ayyubidische Münzen und Umayyadische Golddinare) Neben den Objekten wurden auch der Umgang und die methodische Behandlung mit diesen an Beispielen skizziert: 1. Die Untersuchung von Kunsttraditionen (Beispiel: Taufbecken für einen westlichen Fürsten, das von muslimischen Handwerkern gefertigt wurde) 2. Die Untersuchung technischer Aspekte (Beispiel: Nachahmung von saldjuqischen Metallarbeiten in verschiedenen keramischen Objekten) 3. Untersuchung von Objekten als Abbild höfischer Traditionen (Beispiel: Astrolab und fatimidischer Keramik) 4. Untersuchung von Erzähltraditionen, auf die die Motive auf den Objekten anspielen (Beispiel: Saldjuqische Keramik und Metallarbeiten und sassanidische Metallteller und die Bezüge zum shahnama) 5. Untersuchung von Produktion und Handel (Beispiel: Iznik Keramik und Hofwerkstätten am osmanischen Hof) Weitere Beispiel, die im Unterricht besprochen wurden, waren die Vaso Vascovali und das auf ihr abgebildete astronomisches und astrologische Konzept, so wie tiraz-Textilien und ihre Produktion und Funktion für den Hof. 02.06. – Klassische Japanische Keramik (Nishino) Literaturhinweise: MIKAMI Tsugio (1972): The art of Japanese ceramics. New York: Weatherhill & Heibonsha (= The Heibonsha survey of Japanese art, 29). / MURASE Miyeko (2003): Turning point. Oribe and the arts of sixteenth-century Japan ; [accompanies the Exhibition "Turning Point: Oribe and the Arts of Sixteenth-Century Japan", held at The Metropolitan Museum of Art, New York, from October 21, 2003, to January 11, 2004]. New Haven: Yale University Press. Abbildungen: Rotes Raku „Muichimotsu“ von Chôjirô, 16. Jhd., Eigawa Bunko Foundation in Hyogo / Teeschale „Seppô“ von Kôetsu, 1.Hälfte 17. Jhd., Hatakeyama Museum Tôkyô / Sterförmige Oribe Schale mit Henkel, marmorierter Ton, Mino Ware, frühes 17. Jhd., Privatsammlung / Schwarze Oribe Teeschale mit Fuji Design, frühes 17. Jhd., Tôkyô National Museum Skulptur, Plastik und Kleinkunst in Japan haben, wie in vielen Ländern Asiens, eine lange Tradition. Die deutschsprachige Kunstgeschichte unterscheidet bei den Begriffen eindeutig zwischen Skulptur und Plastik, wobei Skulptur einen Arbeitsverlauf beschreibt, bei welchem Material abgetragen wird, und Plastik einen Verlauf, bei welchem Material aufgetragen wird; das englische Wort hingegen beschreibt beides als sculpture. Gebrauchskeramik, die in dieser Stunde vornehmlich besprochen wurde, würde zur Kleinkunst zählen, die in ihrem Herstellungsverfahren dem der Plastik entspricht. Die Geschichte des Arbeitens mit Ton kann in Japan bis in die Jômon- und Yayoi-Zeit zurück verfolgt werden (Dogu-, Haniwa-Figuren und reich dekorierte Gefäße). Ab der Nara-Zeit und dem Import des Buddhismus aus China und Korea wurden vermehrt auch andere Materialien verwendet wie zum Beispiel Holz, um daraus Skulpturen zu schnitzen. Keramik blieb jedoch auch weiterhin eins der wichtigsten Materialien, um Figuren und Gefäße zu schaffen. Die Techniken zur Herstellung von Keramik verfeinerten sich zunehmend. Nicht nur Brenntechniken und die Gestaltung von Brennöfen entwickelte sich, sondern auch die Glasuren. Eine der ersten und bekanntesten intentionalen Glasuren zeigt sich auf den Sansai- und Nisai-Gefäßen der Nara- und Heian-Zeit. Die braun-weiß-grüne Gestaltung sollte sich an chinesischen Vorbildern orientieren und blieb auch Jahrhunderte später ein fester Bestandteil des gestalterischen Repertoires von Keramikern. Ab dem Mittelalter begann die Hochzeit der Keramik-Herstellung und manifestierte sich in den Sechs Alten Öfen: Seto, Bizen, Echizen, Tokoname, Shigaraki und Tanba (Tamba). Die Keramiken der unterschiedlichen Öfen zeichnen sich aus durch ihr Spiel mit Form und Farbe sowie dem bewussten Verfahren mit Qualitäten von Ton und Glasur (Craquelé). Mit der Etablierung des Teetrinkens und einer festen Teezeremonie wurden auch Gebrauchskeramiken hergestellt, die eben für diese Zwecke verwendet wurden. Die Sechs Alten Öfen behielten ihre dominante Stellung als Orte der Keramikherstellung, doch auch neuere Öfen konnten sich etablieren, was nicht zuletzt an der Übernahme von neuen technischen Möglichkeiten des Brennens lag, die aus Korea kamen. Vor allem Öfen im damaligen Mino-Gebiet (heutige Gifu-Präfektur) und koreanische Öfen auf Kyûshû wären an dieser Stelle zu nennen. Die Teekeramik ist eines von mehreren Hauptfeldern innerhalb der Keramikgeschichte Japans. Die in dieser Stunde vorgestellten Keramiken waren die Raku- und Oribe-Keramik. Sie sind deshalb von Interesse, das sie, mehr als alles andere, den individuellen Tee-Stil der Teemeister Sen no Rikyû und Furuta Oribe widerspiegeln. Während die Raku-Keramik durch ihre weiche, besinnliche und handgerechte Form besticht, zeigt sich in der Oribe-Keramik ein Spiel mit Form, Farbe und Motiv, das bahnbrechend war. Die Schaffung von Teeutensilien brachte in die Herstellung von Keramik allgemein ein Element von Philosophie und klarer Intention, das sie eindeutig zu Kunstwerken werden ließ. Durch diese Entwicklung konnten sich auch individuelle Keramik-Künstler einen Namen machen; allen voran Chôjirô, dem Schaffer der Raku-Keramik. Wie sehr sich die Keramik in das Selbstverständnis der japanischen Kultur eingeprägt hat, wird noch zu untersuchen sein. 04.06. – Moderne Südasiatische Skulptur (Hartig) Literaturhinweis: MITTER, Partha (1997): Art and Nationalism in Colonial India, 1850-1922. Occidental Orientations. Cambridge: Cambridge University Press. PARIMOO, Ratan (2005): Cultural Products during the Colonial Rule under Hegemonistic Art Practice. Sculpture: Stronger Naturalism and Weaker Revivalism. In Art & Deal (20) 6-14. In Indien entwickelt sich das Medium der Skulptur unter dem Einfluss der Kolonialzeit zu einem wichtigen Ausdrucksmittel zeitgenössischer Kunst. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Indien Kunstschulen eingerichtet, an denen Inder in den westlichen Techniken ausgebildet wurden. Bildhauerei wurde an diesen Akademien zunächst als ein Bestandteil der architektonischen Ausbildung unterrichtet. Die ästhetische und stilistische Ausbildung der Schüler war vom zur damaligen Zeit in Europa vorherrschenden Stil des Klassizismus oder Historismus geprägt. Westliche Skulpturen konnten auf zentralen Plätzen betrachtet werden, wurden in privaten Räumen ausgestellt und waren Bestandteil der kolonialzeitlichen Architektur. Die Skulpturen Ganpatrao Mhartes (1879) zeichnen sich durch einen naturalistischen Stil aus, häufig wurden seine Arbeiten mit denen des italienischen Bildhauers Antonio Canova verglichen. Auch der Stil Bhagawant Singhs und Raghunath Phadkes kann als naturalistisch bezeichnet werden. Im Gegensatz zu Mharte wurden die beiden Künstler jedoch nicht an einer Akademie ausgebildet, sondern stammten aus traditionellen Handwerkerfamilien. Die Skulpturen dieser drei Künstler thematisieren das Leben der indischen Bevölkerung. Ratan Parimoo bezeichnet den Stil der Skulpturen als «naturalistic». Die Darstellungen von Künstlern (z.B. Shridhar Mahapatra), die sich auf „alte Themen“ beziehen, bezeichnet Parimoo als «revivalistic». In Europa verändert sich mit der Avantgarde und dem Beginn der Moderne die Darstellungsweise der Skulptur. Die Darstellung löst sich von dem an den Akademien gelehrten naturalistischen und klassizistischen Stil (Auguste Rodin). Auch in Indien entwickelt sich das Medium der Skulptur weiter. Ramkinkar Baij nimmt in seinem Werk Abstand von der naturalistischen Darstellungsweise, indem er beispielsweise die Oberfläche seiner Skulpturen durch die Verwendung natürlicher Materialien betont oder die Gliedmassen der Dargestellten unproportional darstellt. In westlichen Ausstellungen der zeitgenössischen Kunst Indiens werden dem Besucher mittlerweile häufig Skulpturen präsentiert. Einige der im Westen prominentesten Künstler (Krishnaraj Chonat, Bharti Kher, Sheela Gowda, Jitish Kallat und Kirti Arora) wurden mit ihren Skulpturen in dieser Stunde vorgestellt. Die Beschreibung der Arbeiten hat gezeigt, dass sich die Darstellungen durch eine auffällige Bildsprache (grelle Farben, lebensgroß bis überdimensional, ungewöhnliches Verwendung von Material...) auszeichnen. Kritisch setzen sich die Künstler in ihren Werken mit „typisch indischen Themen“ auseinander (Armut, Reichtum, Umweltverschmutzung, Religion, Kinderarbeit, Politik...). Sowohl die klare Bildsprache, die häufig mit universell verständlichen Symbolen arbeitet oder wird mit solchen Symbolen, die nur weniger Erklärungen bedürfen, als auch die Themenauswahl regen zur Reflektion an. Wird hier das Bild Indiens im Westen mit Hilfe von Kunst reflektiert oder Wird durch solche Ausstellungen die indische zeitgenössische Kunst präsentiert, reflektiert und definiert? Oder handelt es sich hier doch um eine Bestätigung und Neuauflage eines im Westen bereits bestehenden Bildes? 08.06. – Plastiken und Installationen muslimischer Künstler (Redlinger) Literaturhinweis: BLAIR, Sheila S. (2006): Islamic Calligraphy, Edinburgh: Edinburgh University Press. In dieser Stunde wurden ein Denkmal, Plastiken und Installationen von Künstlern aus dem islamischen Kulturkreis behandelt. Zu Beginn der Stunde wurde auf die Bedeutung der zeitgenössischen Kunst und Ihre Wahrnehmung in der islamischen Welt eingegangen. Hierbei wurde gezeigt, dass arabische Kunst auf den internationalen Kunstmessen wie der Art Basel oder der Art Cologne kaum nennenswert vertreten sind. Es scheint, dass hinsichtlich der Qualität des künstlerischen Schaffens aus der arabischen Welt keine klar umrissenen Vorstellungen bestehen, weder bei den Galleristen noch bei den Künstlern. Viele Galleristen hielten die Kunst aus der arabischen Welt als eine Kopie westlicher Werke oder nahmen an, dass auf Grund des Bilderverbotes keine Kunst existierte. Wieder andere verwiesen darauf, dass, weil Bilder nicht in der Tradition der Araber lägen, sich folglich nie ein Markt im Sinne von Angebot und Nachfrage entwickeln könne. Es wurde auf die fehlende Infrastruktur in den arabischen Ländern verwiesen. Insbesondere nach dem 11. September 2001 hat sich das Interesse in der westlichen Welt in viel stärkerem Maße als zuvor Themen der islamischen beziehungsweise arabischen Welt zugewandt. Was die Kunst anbetrifft, so haben die Vereinigten Arabischen Emirate viel von sich reden gemacht mit ihren spektakulären Kulturprojekten und Museumsplänen wie denen in Abu Dhabi, mit der inzwischen international beachteten Biennale von Sharjah, der ersten Gulf Art Fair in Dubai und vor allem den Auktionen von Christie’s in Dubai, die sich erstmalig auf moderne und zeitgenössische Kunst aus arabischen Ländern und dem Iran kaprizierten und dabei zum Teil Schwindel erregende Preise erzielten. Neben einem Hafizdenkmal in Raqqa wurde in der Stunde besonders der Bildhauer Parviz Tanavoli (* 1937 in Teheran) behandelt. Parviz Tanavoli gehört zu den Pionieren zeitgenössischer Bildhauerei im Iran. Neben seinem künstlerischen Wirken arbeitet er als Wissenschaftler, Sammler und Autor und gilt als führender Kenner der Teppichkunst im Iran. Seit 1989 lebt Parviz Tanavoli in Vancouver, Kanada. In seinem Werk verarbeitet Parviz Tanavoli unterschiedliche Aspekte der geschichtlichen und kulturellen Tradition seines Landes, wobei eines seiner Hauptthemen die Frage nach „positivem und negativem Raum“ ist (das Nichts (Heech, Hītsch), das durch das kreative Wirken des Künstlers zu einem Etwas wird). Ein weiteres Spezialthema Tanavolis sind Schlösser und ihre symbolische Bedeutung im Laufe der iranischen Geschichte. Der Zweite Künstler, dessen Werk in der Stunde kurz angesprochen wurde, ist Rachid Koreichi (*1947). Der Künstler thematisiert besonders in seiner Installation „Path of Roses“ das Konzept eines mystischen Weges im Islam, welches sich neben seinen durch seine algerischen Wurzeln geprägten kulturellen Vorstellung in vielen seiner Werke niederschlägt. 09.06.2010 – Zeitgenössische Japanische Keramik (Nishino) Literaturhinweise: MOERAN Brian (1990): Japanese Ceramics and the Discourse of 'Tradition'. In: Journal of Design History, Jg. 3, H. 4. UK: Oxford University Press on behalf of Design History Society, S. 213–225. KATÔ Etsuko (2004): The tea ceremony and women's empowerment in modern Japan. Bodies re-presenting the past. Univ., Diss.--Toronto, 2001. London: Routledgen Curzon (= Anthropology of Asia series). SCHULENBURG Stephan von der / Gisela FREUDENBERG / Gisela JAHN (2005): Faszination Keramik. Moderne japanische Meisterwerke in Ton aus der Sammlung Gisela Freudenberg. Köln;Frankfurt (Main): Wienand Abbildungen: Sansai-Schale um 1985-1986 / Shigaraki-Teeschale, 2. Hälfte 20. Jh. / Sakebecher Shigaraki-Stil von 1986 / Teeschale Shino-Stil von 1955 / Teeschale Iga-Stil von 1986 / Blumenvase Iga-Stil mit Namen Enka (Geist der Flamme) von Kishimoto Kennin In dieser Stunde wurden mehrere zeitgenössische, japanische Keramiken betrachtet. Zeitgenössisch wurde in diesem Zusammenhang mit der Zeit ab dem Ende des 2. Weltkriegs in Verbindung gebracht. Die Keramiken zeichneten sich durch ihre raffinierte Gestaltung und Glasur aus, doch die Rückbesinnung auf klassische Keramiken der Momoyama-Zeit war sehr ausgeprägt. Nach einer Analyse der Objekte selbst blieb die Frage was diese Keramiken eigentlich zu zeitgenössischen Keramiken macht? Die offensichtliche Antwort schien in der Entstehungszeit zu sein, doch dies lässt sich nicht unbedingt in der Struktur oder dem Stil des Objekt erkennen. Das, was die Keramik anders erscheinen lässt, liegt in der veränderten Funktion, die aber nicht mit den klassischen Methoden der Kunstgeschichte zu erfassen ist. Um das Verhältnis von Objekt und Betrachter/Benutzer entschlüsseln zu können ist ein methodischer Ansatz notwendig, der sich mit Semiotik, Anthropologie und Gender Studies befasst. Der Semiotische Ansatz sieht das Objekt als ein Zeichen, das etwas bezeichnet. Was es bezeichnet kann unterschiedlicher Natur sein. In diesem Fall stehen mindestens zwei Aspekte zur Disposition: zum einen wird ein Verweis auf die Vergangenheit und Tradition gelegt. Zum anderen scheint es einen Verweis auf die Einheit von Natur und Künstler zu geben, der dazu dient ein nostalgisches Element zu schaffen, und auch als Messlatte für den gesellschaftlichen, technischen Fortschritt fungiert. Der anthropologisch-geschlechterwissenschaftliche Ansatz blickt auf diejenigen, die das Zentrum der Teezeremonie bilden: die große Mehrheit der Laien, die die TeeZeremonie praktizieren. Diese Gruppe besteht zu 90% aus Hausfrauen mittleren Alters. Wie kommt es dazu, dass die Erforschung der Tee-Zeremonie und deren Utensilien ein etabliertes Fachgebiet darstellt, doch die ausübende Mehrheit ausgeschlossen wird? Was bringt Frauen die Praktizierung der Tee-Zeremonie? Ein Ansatz zur Beantwortung der Frage könnte in der Theorie der Ansammlung von symbolischem und kulturellem Kapital sein, nach welcher auch nicht-ökonomisches Kapital den sozialen Status einer Person beeinflussen kann. Es wäre daher möglich zu argumentieren, dass sich japanische Hausfrauen, die sich mit der Tee-Zeremonie beschäftigen, einen eigenen sozialen Raum schaffen, in welchem sie abseits der eher ökonomisch-symbolisch geprägten Männerwelt, ihr kulturelles-symbolisches Kapital einsetzen können. Nichtsdestotrotz sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass, obgleich Hausfrauen die größte Gruppe der Personen sind, die die Tee-Zeremonie praktizieren, der Wissenschafts- und Kunstkennerdiskurs von Männern dominiert wird, die professionell in diesem Feld tätig sind. Diese Tatsache wird schnell ausgeblendet, obwohl die Tee-Zeremonie nicht ihre Berühmtheit ohne die weitflächige weibliche Rezeption erhalten hätte. Ohne diese Rezeption könnten Künstler, Autoren und TeeMeister von ihrem Beruf allein kaum leben. 11.06. – Zeitgenössische Südasiatische Skulptur (Hartig) Literaturhinweis: In dieser Stunde wurden ausgewählte zeitgenössische dreidimensionale Objekte zu dem Thema: „Vergangenheit und Gegenwart“ bearbeitet. Es wurden unterschiedliche Aspekte der Vergangenheit oder der Tradition auf die gegenwärtige Künstler in ihren Kunstwerken zurückgreifen vorgestellt und die Absicht einer solchen Verwendung hinterfragt. Roy Debanjan (1975): Debanjans Bildsprache zeichnet sich durch die Verwendung figurativer Darstellungsformen aus. In seinen Werken stellt der Künstler wichtige indische Persönlichkeiten / Objekte dar und setzt diese in einen neuen gegenwartsbezogenen Kontext. In zwei der vorgestellten Skulpturen zitiert der Künstler zwei in Indien bekannte und viel diskutierte vormoderne Darstellungen. Durch das Hinzufügen von verloren gegangenen Bruchstücken der vormodernen Darstellung (Kopf), sowie durch das Einkleiden in moderne Kleidung (Minirock...) oder durch die eigene Signatur werden die Darstellungen ironisiert. Ähnlich geht der Künstler bei Darstellungen Gandhis vor, in denen er Gandhi mit einem Laptop, Handy oder iPod ausstattet. Dieses Spiel des Künstlers mit dem Betrachter regt dazu an das Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart zu reflektieren und zu diskutieren. Nagji Patel (1937) und Anish Kapoor (1954): Beide Künstler stellen in den besprochenen Werken religiöse oder philosophische Themen. Die Werke zeichnen sich durch die Verwendung von abstrakten bzw. abstrahierten Formen aus. Lediglich der Titel liefert dem Betrachter einen Hinweis auf das dargestellte Thema, keiner der Künstler greift auf klassische vormoderne Darstellungsweisen zurück. Patel verwendet in seinen Werken ein für Bildhauer übliches Material (Granit) und bearbeitet dieses auf traditionelle Weise. Kapoor hingegen verwendet neuere Materialien (Wachs, Kunststoff...) und bezieht den Raum in seine Arbeit mit ein. Laxma Goud (1940): Gouds Bildsprache, als auch die Themenauswahl seiner Darstellungen orientiert sich an vormodernen und traditionellen Terrakotta Darstellungen, allerdings entwickelt er sie weiter. So stattet er beispielsweise die Frauendarstellungen mit modernem Schmuck und Kleidung aus. Außerdem verwendet er in seinen Ausführungen nicht nur Terrakotta, sondern auch Bronze. Subodh Gupta (1964): In allen vorgestellten Werken verweist der Künstler auf mehreren Ebenen auf die Vergangenheit und Tradition (Bildsprache, Thema, Titel). Das erste der vorgestellten Werke thematisiert in der Darstellung Politik und Moral, während erst durch den Titel („Gandhi’s three monkeys“) ein konkreter Bezug zur Vergangenheit Indiens vollzogen wird. Der Künstler selbst bezieht sich nicht in die durch die Darstellung ausgelöste Diskussion mit ein. Im Gegensatz zu den Werken „Et tu, Duchamp?“ und „Jeff the Koons“, hier steht der Künstler selbst und sein Kunstwerk im Zentrum der Darstellung. In seinen Darstellungen verweist er auf drei zentrale Künstler der westlichen Kunstgeschichte (Marcel Duchamp, Andy Warhol und Jeff Koons) und reiht sich folglich in eine Tradition der westlichen Kunstgeschichte ein. Alle vorgestellten Arbeiten hinterlassen beim Betrachter eine Vielzahl von offenen Fragen, die zu einer Diskussion anregen 15.06. – Malerei I (Redlinger) Literaturhinweis: In der Stunde wurde die methodische Herangehensweise an Buchkunst einschließlich von Kalligraphie und Malerei innerhalb der islamischen Kunstgeschichte thematisiert. Zu Beginn wurden die technischen Aspekte der Buchkunst vorgestellt. Hierzu gehören die Verwendung der Materialien Pergament, Papier und Papyrus. Außerdem wurde auf die Verwendung und Bedeutung des Kalams (Schreibrohr) eingegangen, welches besonders für die Kalligraphie einen hohen technischen und symbolischen Wert besitzt. Neben dem Kalam wurden auch verschiedene Objekte im Zusammenhang mit dem Schreiben besprochen, wie zum Beispiel der Kasten zur Aufbewahrung des Schreibrohrs, der auch im Hofzeremoniell eine wichtige Rolle gespielt hat. Im Zusammenhang mit Koranen aus dem 7.-14. Jahrhundert wurde gezeigt, welche Bedeutung der Kalligraphie in der islamischen Kunst zukommt. Neben dem geometrischen Dekor gilt sie bei den Muslimen aber auch bei vielen Kunsthistorikern als das Sinnbild für das Kunstschaffen in der islamischen Welt. Dabei wird die Schrift selber als eine offenbarte Form des Wortes Gottes verstanden und somit zu einem Sinnbild seiner Ordnung. Die arabische Schrift wird per se auch ohne Bezug zu religiösen Inhalten zu einem Symbol des Göttlichen. Als Beispiel wurde hierzu die Verwendung der tiraz-Inschriften herangezogen, die durch Ihre Form einen hohen religiösen und somit für den Herrscher legitimatorischen Ausdruck besaßen. Neben den Koranen wurden verschiedene icazet, kalligraphischer Studien, osmanische Siegel sowie Kanzleischriften als Beispiel für Kalligraphie in der islamischen Welt an dieser Stelle behandelt. Im zweiten Teil der Stunde stand die in der islamischen Kunstgeschichte als arabische Malerei kategorisierte Buchkunst im Vordergrund. Behandelt wurden dabei die Malereien aus dem maqamen des Hariri. Hierbei handelt es sich um Schelmengeschichten aus der adabLiteratur. Des Weiteren ging es um Kalila wa Dimna (Fabelgeschichten), die in den Kontext der Fürstenspiegel gesetzt werden können. Daneben wurden die Illustrationen aus wissenschaftlichen Traktaten, wie die Pseudo-Galen, Dioskurides Handschriften und dem kitab al-diryaq (Buch der Gegengifte) behandelt. In Bezug auf die Darstellung islamischen Geisteswelt wurden zudem Werke von al-Jazzari über mechanische Instrumente und al-Sufis Werk über astronomische und astrologische Themen besprochen. Als letzter Teil wurde die persische Malerei behandelt. In der Stunde wurden verschiedene shahnama des Nizamis gezeigt, um sowohl auf die verschiedenen Kunsttraditionen als auch die Form der inhaltlichen Darstellung einzugehen. Behandelt wurden besonders frühe shahnama aus dem 13. Jahrhundert und das shahnama des Shah Tahmasp. Neben dem shahnama wurden verschiedene Manuskriptseiten, die dem Maler Behzad zugesprochen wurden diskutiert. Als Beispiel für die Herstellungspraxis mittels Schablonen (Abb.14 auf der Folie) und anderer Vorbilder wurden zwei Beispiele aus der Timuridenzeit gezeigt (Abb. 0607). In diesem Zusammenhang wurde auch die Herstellung der Manuskriptseiten besprochen, die oft eine Spezialisierung einzelner Künstler auf bestimmte Darstellungsinhalte vorsah. Viele Künstler waren dabei Teil der sogenannten nakshkhana, (Hofwerkstätten). 16.06. - Vormoderne Malerei/Graphik – Holzschnitt und Tätowierung (Nishino) Literaturhinweise: RÖDEL, Dirk-Boris (2007): Alles über japanische Tätowierungen. Die japanische Tätowierkunst der Edo-Zeit und ihre Entwicklung bis zur Gegenwart. Uhlstädt-Kirchhasel. (2. Aufl.). KITAMURA, Takahiro (2003): Tattoos from the Floating World. Ukiyo-e Motifs in Japanese Tattoo. Amsterdam: Kit Publisher. FAHR-BECKER, Gabriele / Mitsunobu SATÔ / Sigrun CASPARY (2002): Japanische Farbholzschnitte. Köln: Taschen. Abbildungen: Siehe PPT-Dateien Japanische Holzschnitte (Ukiyo-e 浮世絵) und Tätowierungen der Edo-Zeit sind eng verbunden mit der gesellschaftlichen Situation der frühneuzeitlichen Großstädte Japans. Die lang anhaltende Friedenszeit, die Urbanisierung, der steigende Bildungsstand sowie der Geldhandel hatten die Etablierung eines Bürgerstandes ermöglicht, der sich in verschiedenster Form selbst repräsentierte. Neben den in der Kunstgeschichte vielfach behandelten Holzschnitten, ist die japanische Tätowierung ebenfalls ein solches Medium gewesen, doch wird es zumeist aus den kunstgeschichtlichen Diskursen ausgeklammert. Die Entwicklung vom sumi-e (monochromer Druck) ab der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts zum nishiki-e (Vielfarbendruck) ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts war noch begleitet von Genres, die sich vor allem der Darstellung von Schauspielern und schönen Frauen (bijin) widmeten. Erst sehr viel später (ab der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts) wurde auch die Landschaft als Motiv gewählt. Die Namen, die häufig mit der Darstellung von Schauspielern und Frauen in Verbindung gebracht werden, sind Harunobu, Utamaro oder Sharaku. Repräsentativ für die Landschaftsmalerei sind Namen wie Hokusai oder Hiroshige. Neben diesem Mainstream existieren jedoch noch weitere Genres, die kurz vorgestellt wurden. Vor allem handelt es sich dabei um Shunga (erotische Drucke) oder auch Geister, Helden und Mythen. Ersteres wird kaum behandelt, da scheinbar der explizit sexuelle Inhalt abschreckend wirkt. Wenn Shunga dennoch erforscht werden, wird der sexuelle Aspekt häufig ignoriert. Das Genre der Geister, Helden und Mythen setzt eine ausgeprägte ikonographische Kenntnis voraus, die häufig mühselig zu erarbeiten ist, weshalb es schnell ausgeblendet wird. Mit anderen Worten: der kunstgeschichtliche Diskurs setzt einen Fokus auf die Holzschnitte mit Schauspieler-, Frauen- und Landschaftsmotiven. Bei einer genaueren Untersuchung und Auseinandersetzung mit den Holzschnitten, die sich mit Helden und Mythen beschäftigen, wird dem Betrachter eine enge Verbindung zu japanischen Tätowierungen bewusst. Es sind nicht nur Überschneidungen zu finden, die das Genre betreffen, sondern ebenfalls gibt es Parallelen in Bezug auf Technik und Stil. Trotz der Tatsache, dass es in Japan bereits vor dem 18. Jahrhundert Tätowierungen gab, war es erst ab dieser Zeit, da die in Haut eingestochenen Bilder innerhalb der Chônin (dem Bürgertum) populär wurden. Einher ging diese Entwicklung mit der Rezeption des Romans Suikoden 水滸伝, in welchem unter den Protagonisten tätowierte Helden befinden, die sich gegen eine korrupte Beamtenschaft zur Wehr setzen. Es gilt zu spekulieren, ob diese Opposition das reizvolle Element war, das die Tätowiermode mit beeinflusste. Einen expliziten Eingang in die Kunst der Holzschnitte gewannen die Helden des Suikoden durch den Holzschnittkünstler Kuniyoshi, der Portraits der Helden in einschlägigen Kampfsituationen darstellte. An dieser Stelle wurde gesehen, dass es eine gegenseitige Beeinflussung von Holzschnitt und Tätowierung gab. Ukiyo-e konnten Vorlagen für Tätowierungen sein und Tätowierungen waren ein Element, das Ukiyo-e mitunter prägte. Die heutige Marginalisierung von Tätowierungen in Japan (wie auch in Europa) ist somit keineswegs repräsentativ für damalige Diskurse. Die Tatsache, dass sie kunsthistorisch kaum untersucht werden, liegt nicht nur in der schwierigen Präservation der Motive, sondern auch an einer (unbewussten) Geringschätzung seitens der Forschung. 18.06. – Moderne Südasiatische Malerei (Hartig) Literaturhinweis: Mitter, Partha (1997). Art and Nationalism in Colonial India, 1850- 1922, Occidental Orientations. Cambridge: Cambridge Universtiy Press. Die traditionelle Malerei Südasiens erhielt durch den intensiver werdenden Austausch mit dem Westen wichtige Impulse und entwickelte sich zu einem wichtigen Ausdrucksmittel der zeitgenössischen Kunst. Die politischen und ökonomischen Veränderungen sowie die sich daraus entwickelnden soziokulturellen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts haben wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der Kunst. Beamte der East India Company und Reisende beauftragten einheimische Künstler sie bei ihren Unternehmungen zu begleiten und diese zu dokumentieren. Die so entstandenen Werke werden heute häufig als ‚Company Paintings’ bezeichnet. Von den traditionellen Darstellungen unterscheiden sie sich häufig durch die verwendeten Materialien und Techniken sowie durch die Themenwahl. Die Künstler stammen meist aus traditionellen Handwerkerfamilien, und erarbeiteten sich die neuen Techniken selbst oder mit der Unterstützung westlicher Künstler. Namentlich sind heute nur wenige dieser Künstler bekannt. Viele im Westen ausgebildete Künstler (William Hodges) reisten nach Indien und entdeckten die von ihnen vorgefundene Landschaft als Motiv für ihren von den Gedanken der Romantik und des Historismus beeinflussten Stil. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die ersten westlichen Akademien in Indien eingerichtet (Bombay, Kalkutta, Madras...) an denen man die Studenten in westlichen Techniken und Materialien unterrichtete. Im Gegensatz zur vormodernen südasiatischen Malerei malen die Künstler nun mit Öl und unter Berücksichtigung der Zentralperspektive (MF Pithawala, JP Gangooly). Wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der Modernen und Zeitgenössischen Kunst Südasiens hatten die heute als ‚Kalighat Paintings’ bezeichneten Bilder. Die Zeichnungen entstanden in einem als Kalighat bezeichneten Viertel in Kalkutta und dienten zunächst religiösen Pilgern als Souvenir. Mit den ökonomischen und soziokulturellen Entwicklungen wendeten sich die Künstler zunehmend gesellschaftskritischen Themen zu, die sie in einer satirischen Art und Weise festhielten. Die Bildsprache zeichnet sich durch einfache, runde Formen sowie durch einen flächigen Auftrag aus. Die Künstler verwenden kostengünstige Wasserfarben, die schnell auf Papier aufgetragen werden können. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts treten einzelne Künstler immer stärker in den Vordergrund. Ravi Varma gilt als Begründer der Moderne in Indien. Er verwendet westliche Techniken und Öl in seinen Gemälden und stellt die indischen Götter in einem naturalistischen Stil dar. Viele dieser Darstellungen wurden auch als Poster reproduziert und erfreuen sich bis heute reger Abnahme. Auch in der Kunst spiegeln sich die politischen Bewegungen (Swadeshi Movement) zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder. Künstler wie Abanindranath Tagore, Jamini Roy und Gaganendranath Tagore wenden sich von den Techniken die an den westlichen Akademien unterrichtet und von den Materialien (Öl) die an den Schulen verwendet werden ab und greifen auf traditionelle Stile, Techniken und Materialien zurück. Um einen Gegenpol zur vom westlichen Stil dominierten Kunst Indiens zu setzen wenden sie sich einige der Künstler wie beispielsweise Kshitindranath Majumdar dem Osten (Japan) zu. 22.06. – Zeitgenössische Malerei I (Redlinger) Literaturhinweis: BLAIR, Sheila S. (2006). Islamic Calligraphie. Edinburgh: Edinburgh University Press. ERDUMAN, Deniz (2004). Geschriebene Welten : arabische Kalligraphie und Literatur im Wandel der Zeit. Köln: DuMont. CONTEMPORARY ARAB AND IRANIAN ART (2008). Sotherby’s Contemporary Arab and Iranian Art, London 23 October 2008. London. BRUCKSTEIN, Çoruh, Almut Sh. 2009. Taswir - Islamische Bildwelten und Moderne. Berlin: Nicolai. In der Stunde beschäftigten wir uns primär mit der Frage, in wie weit als traditionell empfundene Elemente in der zeitgenössischen Malerei und Photographie von Künstlern aus dem islamischen Kulturraum wieder aufgegriffen werden. Der Fokus der ersten Stunde lag somit auf der Kalligraphie und er Wiederverwendung in der zeitgenössischen Kunst. Als Beispiele wurden hierbei verschiedene Traktate aus der Neuzeit herangezogen, die eine Wiederbelebung der arabischen Werke des Mittelalters zur arabischen Kalligraphie propagieren. Hierzu gehört zum Beispiel von Habib Fazaʾili das taʿlim al-ḫaṭṭ oder das Handbuch zur Kalligraphie von Mustafa Jaʿfar. In diesem Rahmen wurde auch kurz die frühen Versuche verschiedener Disigner, wie Nasri Khattar und Mamoun Sakkal angesprochen, die versucht haben die arabische Schrift den der Erfordernissen der Medien Druck und Computer anzupassen. Danach wurden einige Werke von Künstlern gezeigt, die sich der Kalligraphie bedient haben um sie als Ausdrucksmittel für ihre eigenen Werke zu benutzen. Während Osman Waqialla in seinem Werk „Kaf Ha Ya ʿAyn Sad“ (1980), sich sehr stark an der Ausgestaltung von mamlukischen Prachtkoranen und ihren Illuminationen orientiert, wird die Kalligraphie und die dauernde Wiederholung des Namen Gottes von Etel Adnan in „Allah“ neben Elementen aus der Popart und der japanischen Malerei genutzt um eine neue Ausdrucksform für Schrift zu finden. Weitere Beispiele waren Dia al-Azzawi mit einem Bezug zu traditionellen arabischen Buchkunst, Hasan Masoudys (Kalligraphiekomposition mit einer Interpretation der Zeilen des arabischen Dichters Ibn Zaydun), dessen Werk die technische Ausführung des Pinselstrichs thematisiert oder Nja Mahdaoui, die sich in ihrem Werk an tiraz-Textilien und osmanischen Schriftzügen orientiert. Etwas andere Wege gehen Khaled al-Saai, der durch Schrift die Landschaft von Sharja visualisiert oder Mehdi Moutashar in dessen Variationen über sieben Buchstaben des arabischen Alphabets geometrische Modelle las abstrahierte Ausdrucksform von Schrift Verwendung finden. Bei Wijdan ʿAli findet man in „Kerbalaʾ“ (1992) durch ein überdimensionales gemaltes ḥaʾ, welches mit roten Farbspritzern umgeben ist einen Bezug zu dem schiitischen Geschichtsdenken. Neben der Kalligraphie wurden im zweiten Teil der Stunde jedoch auch Werke von Künstlern behandelt, die sich mit ihrer Tradition auseinandersetzen oder der Vorstellung, die sich sowohl Muslime als auch Nichtmuslime von dieser machen. Zu den gezeigten Werken gehören die Werke Ghada Amer & Reza Farkhondeh („Le Tempete du Désire“), Ghader Amer (1995) und Youssef Nabil (Sweet temptation, 1993), Sadegh Tirafkan (The Loss of our Identity) oder Shirin Nashad die sich mit dem negativen Frauenbild im Nahen Osten auseinandersetzen und dies in ihren Werken kritisieren. Interessant sind hierbei auch die Werke von Shirin Aliabadi (Miss Hybrid) und Afshan Ketabchi (2008), die bei ihren Frauendarstellungen das negativ behaftete Frauenbild als Teil eines traditionsbehafteten Konstruktes des Orientalismus oder westlichen Denkens zu entlarven versucht. Im letzten Teil der Stunde wurden Werke besprochen, die sich mit sozial-politischen Fragestellungen auseinandersetzten. Zu den Beispielen gehörten das Werk von Zena al-Khalil (al-Bas, 2006), das sich mit den konfessionsbedingten kriegerischen Auseinandersetzungen im Libanon beschäftigten oder das von Parastou Forouhar (Red is my name, Green is my name), das die Gewalt und politische Unterdrückung als Mittel der politischen Machtausübung anprangert. 23.06. – Moderne Malerei des 19.-20. Jahrhunderts (Nishino) Literaturhinweise: BERGER, Klaus (1980): Japonismus in der westlichen Malerei. 1860 - 1920. München: Prestel (= Studien zur Kunst des neunzehnten Jahrhunderts, 41). EHMCKE, Franziska (Hg.) (2008): Kunst und Kunsthandwerk Japans im interkulturellen Dialog (1850 - 1915). München: Iudicium. NAPIER, Susan (2008): From Impressionism to Anime: Japan as Fantasy and Fan Cult in the Mind of the West:: Palgrave. WICHMANN, Siegfried (1980): Japonismus. Ostasien - Europa ; Begegnungen in der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts. Herrsching: Schuler. Abbildungen: Siehe PPT-Dateien In dieser Stunde wurde die Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts betrachtet, vor allem die Japonismus-Bewegung und die japanischen Bilder der Meiji-Zeit (1868-1912). Beide Kunstbewegungen, die europäische wie japanische, wurden im Kontext des Begriffs der „Fantasie“ (Fantasy) oder dem „Fantasiebild“ nach Susan Napiers Definition gesetzt. Es handelt sich bei der Fantasie nicht nur lediglich um eine passive Flucht aus der Realität, sondern ebenfalls um eine kreative Aktivität. Der Japonismus (Japonisme) wurde von dem Kunstkenner und Kritiker Philippe Burty (1830-1890) geprägt. Es handelt sich um die verstärkte Rezeption japanischer Kulturgüter nach der Öffnung Japans 1854 in Europa. Es entstand eine Modebewegung, die für Europa eine tiefgreifende Veränderung des Geschmacks bedeutete, die Moderne mitprägte und in Japan durch verstärkten Export die Konjunktur belebte. Den wirtschaftlichen Aspekt des Japonismus kann man unter anderem an der Person Samuel Bings festmachen (1838-1905). Der gebürtige Hamburger war ein begeisterter Japan-Sammler und auch Geschäftsmann. Sein Laden in Paris wurde Anlaufstelle vieler Japonisten und die Zeitschrift „Japanischer Formenschatz“ (Le Japon Artistique) ist zu einem Sammelwerk derjenigen geworden, die japanische Kunst und Kunstgeschichte zu schätzen wussten. Für die Kunstgeschichte ist der Japonismus in seiner Beeinflussung europäischer Künstler von Interesse. Es wurden in dieser Stunde vor allem drei Künstler betrachtet, um die Diversität unter den Japonisten zu veranschaulichen. Zum einen betrachteten wir Monet mit seinem Bild „La Japonaise“, in welchem Madame Monet in einer japanischen Robe mit einem koketten Schulterblick den Betrachter zu provozieren vermochte. Hier sahen wir vor allem ein Spiel mit Identitäten und eine gefühlte frivole Leichtigkeit im Umgang mit Japan. Dem völlig entgegengesetzt erschien der Künstler Van Gogh. Bei ihm war die Auseinandersetzung mit Japan durchaus ernsthaft, auch wenn für Van Gogh Japan ein idealisiertes Paradies war, das ihm geistige Zuflucht gewährte. Es beflügelte ihn dennoch zu artistischen Höchstleistungen. Der letzte Künstler, der besprochen wurde, Alphonse Mucha, wurde in seiner Begründung des Jugendstils (Art Nouveau) von sehr formellen Prinzipien der japanischen Kunst inspiriert. Seine Lithographien bedienten sich einer Fasson, die den flächigen Formen und der Komposition japanischer Holzschnitte sehr nahe kommt. Formen und Themen Japans wurden innerhalb des Japonismus in Europa aufgenommen und in einer bisher nie dagewesenen Art und Weise wiedergegeben. Das Japanbild zu dieser Zeit war eindeutig von eigenen Wünschen und Vorstellungen verklärt. Den Anspruch ein Japan von einem distanzierten Blickpunkt kennenzulernen, indem ein aktiver und reflexiver Austausch mit dem Land stattfindet, gab es kaum. Doch auch Japan hat dazu beigetragen ein romantisiertes Bild nach außen zu tragen. Zunächst geschah dies durch die Weltausstellungen vor dem 20. Jahrhundert und auch durch die Yokohama-Photographie, welche durch einen Referatsbeitrag vorgestellt wurde. Während dessen entstand in Japan ein äußerst zwiespältiges Verhältnis zur eigenen Kunsttradition und der westlichen Kunstakademie sowie der beginnenden Moderne. Der Konflikt lag in dem Bestreben ein moderner, „zivilisierter“ Staat zu werden, aber auf diesem Weg nicht die eigene kulturelle Identität aufzugeben. Innerhalb der Meiji-zeitlichen Kunstgenres der Nihonga (moderne, japanische Bilder in japanischem Stil) und der Yôga (japanische Bilder in westlichem Stil) fand dieser Konflikt seine Manifestation. Es kam dazu, dass Nihonga den Kunstdiskurs in der Zeit des frühen 20. Jahrhunderts in Japan prägten, während Yôga im Herkunftsland selbst kaum gezeigt wurden, sondern vermehrt repräsentative Funktionen für das Ausland hatten, um mit den Künsten des Westens zu konkurrieren. Im europäischen wie japanischen Fall konnte der Begriff „Fantasie“ angewendet werden. Die europäischen Künstler haben anhand Japans Fantasiewelten generiert, die als Raum für Spiel oder Eskapismus verstanden werden können. In Japan existierte der Traum einer individuell japanischen, modernen, vom Westen akzeptierten Gesellschaft. In beiden Fällen wurden durch Kunst Welten geschaffen, die ein Ideal, eine alternative Wirklichkeit oder ein Utopia zeigen sollten. 25.06. – Moderne Südasiatische Malerei (Hartig) Literaturhinweis: MITTER, Partha (2007): The Triumph of Modernism. India’s artists and the avantgarde 1922-1947. London : Reaktion Books. Die aufkommende Unabhängigkeitsbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts manifestiert sich in den Kunstwerken der Zeit. Die Künstler wenden sich von dem an den Akademien gelehrten Stil, sowie den dort unterrichteten Maltechnik und der Wahl der Motive ab und suchen nach einer eigenen Bildsprache. Zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts und dem beginnenden 20. Jahrhundert zählen Ravi Varma (1848 -1906) und Abanindranath Tagore (18711951). Varma, welcher der akademischen Malweise verhaftet bleibt, stellt in seinen Werken in seinen Werken hinduistische Götter und Helden in einer naturalistischen Bildsprache dar. Diese naturalistische Darstellungsweise von Göttern und Heldenfiguren finden sich bis heute in Posterdrucken wieder. Abanindranath Tagore lässt sich von der Miniaturmalerei inspirieren. Die Suche nach neuen Formen des Ausdrucks veranlasst die Künstler in der als indisch empfundenen Vergangenheit (z.B. Miniaturmalerei) nach einer neuen Bildsprache zu suchen. Zudem setzten sich Künstler wie beispielsweise Abanindranath Tagore (1871-1951), Nandalal Bose (18821966) und Gaganendranath Tagore (1867- 1938) mit der Kunst Ostasiens auseinander und werden von ihr stark beeinflusst. Viele Künstler benutzen kein Öl mehr, sondern greifen auf Aquarellfarben zurück um ihre Haltung gegenüber westlicher akademischer Kunst zu verdeutlichen. Die Wahl des Materials spielt besonders für Jamini Roy (1887- 1972) eine wichtige Rolle, so verwendet der Künstler ausschließlich indigene Farben und Materialien. Die Malereien von Roy zeichnen sich durch Flächigkeit, Farbgebung und Themenwahl aus. Mit seiner Bildsprache bezieht er sich einerseits auf traditionelle ostindische Malerei andererseits auf die Kalighat Paintings. In den Werken Rabindranath Tagore (1861-1941) steht meist der emotionale Ausdruck der Bilder im Vordergrund. Die besprochenen Künstler waren Bestandteile der Bengal Art Movement. Neben dieser für die Entwicklung der Modernen Kunst Indiens prägenden Bewegung gab es weitere Künstler, die auf die zeitgenössische Kunst Südasiens großen Einfluss ausübten. Amrita Sher-Gil (1913-1941), die Tochter eines indischen Vaters und einer ungarischen Mutter studierte an der École des Beaux-Arts in Paris und thematisierte besonders in ihren frühren Werken ihre eigene sexuelle Identität. Ein Aspekt der sich auch in den Werken zukünftiger Generationen weiblicher Künstlerinnen immer wieder thematisiert wird. Die späteren Werke der Künstlerin sind beeinflusst von persönlichen Erfahrungen in Indien und der Auseinandersetzung mit der Miniaturmalerei und den Malereien in Ajanta. Nicholas Roerich (1874-1947) ein russischer Künstler, dessen Wahlheimat Indien wird stellt in seinen Gemälden den Himalaya in den Vordergrund. Der Künstler verwendet leuchtende Farben und einfache Formen und intendiert mit dieser Bildsprache Gefühle bei dem Betrachter. Auch die Ölgemälde von Sailoz Mukherjea (1906-1960) zeichnen sich durch ihre expressive Bildsprache aus. Der Archaeological Survey of India erklärt im Jahr 1976 und 1979 die Künstler, die in dieser Sitzung, besprochen wurden als: „not being antiquities, to be art treasures, having regard to their artistic and aesthetic value“. Diese Erklärung hat zur Folge, dass Werke dieser Künstler in Indien bleiben müssen (temporäre Ausstellungen ausgenommen). Welche Bedeutung hat diese Erklärung für die Interpretation der Künstler und ihrer Kunstwerke? 29.06. – Zeitgenössische Malerei und Photographie von muslimischen Künstlern II (Redlinger) Literaturhinweis: CONTEMPORARY ARAB AND IRANIAN ART (2008). Sotherby’s Contemporary Arab and Iranian Art, London 23 October 2008. London. BRUCKSTEIN, Çoruh, Almut Sh. 2009. Taswir Islamische Bildwelten und Moderne. Berlin: Nicolai. Im ersten Teil der Stunde wurden die Bilder der Iranischen Revolution behandelt. Der zweite Teil der Stunde ging der Frage nach, ob es in den letzten Jahren, bedingt durch das steigende Interesse an den Werken islamischer Künstler, zu einer Veränderung des künstlerischen Ausdrucks gekommen ist und ob neue Tendenzen nachzuweisen sind. An der Malerei aus der Zeit der iranischen Revolution lässt sich eine Vielzahl von künstlerischen Einflüssen nachweisen. So ist eine angepasste Form des sozialistischen Realismus in einer Vielzahl von Werken ein bestimmendes Element. Hinzu kommt ein Bildprogramm, welches sich aus der Geistes- und Geschichtswelt sowie mystischen Vorstellungen und Erfahrungen der iranischen Künstler zusammensetzt. In den Werken werden immer wieder Beispiele aus der vormodernen persischen Kunst zitiert, wie zum Beispiel timuridischer Architekturdekor und Buchmalerei. Thematisch orientieren sich die meisten Bilder an den Kernthemen der Revolution: Der Kampf der Schiiten gegen die Sunniten, der Märtyrertod, der Kampf gegen den dekadenten Westen oder die Schlacht um Kerbala als Sinnbild des schiitischen Befreiungskampfes. Als Beispiele sind hier Katim Tschalipa (Loving Mice) zu nennen, auf dessen Werk eine Mutter ihren gefallenen Sohn beweit, während im Keller die westliche Oligarchie, dargestellt als Ratten mit „jüdischen“ Gesichtern – das Geld für den Kampf gegen den Iran sammelt. KatimTschalipa (Guards of the anemon Field) thematisiert auch die Geschichte von Habil und Ghabil (den koranischen Kain und Abel) und stellt den Brudermord als Synonym der Unterdrückung des Iran durch den Westen dar. Im Werk von Ali Wsirjan (The Satanic Self) symbolisiert die Darstellung eines Drachen, der in Anlehnung an die klassische Darstellung eines Drachen in der persischen Buchmalerei dargestellt ist, die dauernde Gefahr, die vom Westen ausgeht. Im zweiten Teil der Stunde wurde diskutiert, welche Tendenzen sich in dem Kunstschaffen von Künstlern aus dem islamischen Kulturraum in den letzten 7 Jahren beobachten lassen. Dabei wurde auch die Rolle von Auktionshäusern wie Sotherby, führenden Gallerien oder neusten Ausstellungskonzepten, wie Taswir in Berlin für die Verbreitung und Bewertung dieser Kunst diskutiert. Einen neuen Ansatz zum Verständnis von Schreiben und dem Gebrauch von Schrift ist das Projekt „Human writes“ des Künstlers W. Forsythe, in dem Künstler in verschiedenen Stadien Übersetzung von Menschenrechtserklärungen schreibe. Neue Ansätze bieten auch Fotokollagen von einzelnen Stadtfotos aus der Islamischen Welt, die Bezug nehmen auf die Bauaufnahmen historischer Städte des Islams, wie Baghdad. Zwei Werke von Künstlern setzten sich ebenfalls mit der klassischen Formen der Buchmalerei der islamischen Welt auseinander. So zum Beispiel in Abb. 14 in dem zwar auf die Darstellung von Waq Waq Bäumen Bezug genommen wird, die Personen im Baum jedoch erhängte verschleierte Frauen darstellen. Ein weiteres Beispiel ist die Abbildung 11 in der zwar der Aufbau der Malerei und die Abbildung einer Doppelseite einer klassischen persischen Manuskriptseite folgt, jedoch die Technik der Abstraktion angewandt wurde. 30.06. … von Kunstgeschichte zu Bildwissenschaften (Nishino) Literaturhinweise: GOVENAR, Alan (2009): Ed Hardy. Beyond Skin: Teneues Verlag. GOVENAR, Alan (2009): Ed Hardy. Art of Life: Pop Culture: Teneues Verlag. IO9 (MEREDITH): IO9 (2010): Shyamalan Addresses Airbender's Race Controversy And Answers Your Questions. Online verfügbar unter http://io9.com/5504967/shyamalan-addresses-airbenders-race-controversy-and-answers-your-questions, (02.07.2010). MANAA - MEDIA ACTION NETWORK FOR ASIAN AMERICANS (2010): The Last Airbender - Letter to the Producer | MANAA. Online verfügbar unter http://www.manaa.org/lastairbender.html, (18.01.2010). NAPIER, Susan (2008): From Impressionism to Anime: Japan as Fantasy and Fan Cult in the Mind of the West:: Palgrave. Abbildungen: Siehe PPT-Datei 10. Malerei Neu Seit Christan Audigier 2004 an dem Projekt „Ed Hardy“ beteiligt ist, kann man die Designs des Künstlers und Tätowierers Ed Hardy überall wiederfinden; angefangen bei Bekleidung bis hin zu Mäppchen. Schnell fällt aus dem Blickfeld, dass die Modemarke „Ed Hardy“ lediglich die kommerzielle Seite ist. Hardy studierte westliche wie auch ostasiatische (Kunst-)Geschichte, doch interessierte sich primär für Randbereiche des Fachs, so auch japanische Tätowierkunst. Hardy eröffnete ein Tätowierstudio, mit welchem er den Versuch unternahm Tätowierkunst zu einem etablierten Medium zu transformieren. Sein Erfolg wird häufig mit der glücklichen Kombination westlicher und ostasiatischer Motivwahl in Verbindung gebracht. Dabei ist die Motivwahl, wie in der Stunde festgestellt wurde, keinesfalls willkürlich, sondern zeigt ein klares Wissen um die dahinterstehenden kulturellen Traditionen. Dieses Wissen manifestiert sich nicht nur durch das Medium Tätowierung, sondern er bedient sich ebenfalls der Technik der Malerei, Graphik und Oberglasurmalerei. Mit den Japonisten des ausgehenden 19. Jahrhunderts im Gedächtnis, die ebenfalls japanische Motive und Techniken verwendeten, um Kunst zu schaffen, blieb die Frage stehen, ob Hardy in diese Gruppe einzugliedern ist. Ist Hardy ein moderner Japonist? Die Gemeinsamkeit ist die Verwendung japanischer Motive, doch der große Unterschied liegt in der darüber hinaus gehenden Übernahme von Wissen um ostasiatische Ikonographie, Philosophie und Geschichte. Anders als die Japonisten integriert Hardy japanische Motive in die westliche (Tätowier-)Kunst, bleibt aber im asiatischen Kunstdiskurs verhaften, von welchem er eindeutig Kenntnis hat und mit welchem er auch zu spielen weiß. Neben Ed Hardy als einem Beispiel für die moderne Integration ostasiatischer Elemente in ein „westliches“ Medium wurde auch die Zeichentrickserie (Anime) Avatar – The Last Airbender betrachtet. Die amerikanische Serie, die auf dem US-TV-Sender Nickelodeon lief, wurde von 2005 bis 2008 ausgestrahlt und spielt in einer von ostasiatischen Elementen durchzogenen Fantasiewelt. Als Grundlage einer Funktionsanalyse wurden Textabschnitte von Susan Napier herangezogen, die auf die Eigenheiten von Anime eingeht. Ihr nach liegt die universelle Attraktivität von Anime zum einen in der komplexen Konstruktion der Charaktere und Handlung. Die Episoden bauen aufeinander auf und geben den Figuren die Möglichkeit Dreidimensionalität zu entwickeln. Des Weiteren biete die Gestaltung der Anime-Figuren mit ihren großen Augen, den typischen Gesten und den unnatürlichen Körperproportionen eine Identifizierung, die über ethnische Grenzen hinaus gehe. Es sei eine Mischung aus universellem Identifikationspotential und intellektuellem Anspruch, der Anime gegenüber amerikanischen Produktionen im Vorteil stehen lasse. Am 30.06.2010 war der Kinostart der Realverfilmung der ersten von drei Staffeln der Serie Avatar – The Last Airbender mit dem Titel „The Last Airbender“. Bereits im Vorfeld brach eine heftige Kontroverse über die Besetzung der Hauptrollen aus. Diese wurden primär mit weißen (caucasian) Schauspielern besetzt, die Gegner der „Guten“ hingegen allesamt mit dunkelhäutigen Darstellern. Die MANNA (Media Action Network for Asian Americans) beklagte sich bei dem Produktionsstudio Paramount, asiatische Schauspieler hätten bei der Besetzung vorrangig behandelt werden sollen und das Studio würde einen jahrzehntelangen Rassismus in Film und Fernsehen unterstützen. Das Gegenargument des Regisseurs M. Night Shayamalan besagte, Anime sei ein Medium, dass sich jenseits ethnischer Zugehörigkeit bewege. Shayamalan sagte aus, was Napier ebenfalls als ein Hauptcharakteristikum von Anime betrachtet. Doch was außer Acht fällt ist die Hybridität der Serie, die das universelle Anime-Design und die spezifisch asiatische Raumgestaltung vereint. Die eindeutigen Verweise auf asiatische Kultur ließen bei vielen asiatischen Amerikanern das Gefühl aufkommen als benachteiligte ethnische Minderheit um das eigene kulturelle Erbe betrogen worden zu sein. Es entstand der Eindruck der Vereinnahmung der eigenen Identität durch diejenigen, die für den Zustand des Außenseitertums verantwortlich seien. 02.07. – Zeitgenössische Südasiatische Malerei (Hartig) Literaturhinweis: MADDEN, Kathleen Hrsg. (2008): Indian Highway. Köln: König. – ESSL, Karlheinz Hrsg. (2009): Chalo India. Eine neue Ära indischer Kunst. Berlin, London u.a.: Prestel. – CAPE, Jonathan Hrsg. (2010): The empire strikes back. Indian art today. New York: Skira Rizzoli. Nach der Unabhängigkeit Indiens haben sich die Entstehungsbedingungen der indischen Kunst geändert. Das Individuum in der Gesellschaft tritt immer stärker in den Vordergrund. Die Kunstwerke lassen sich nicht mehr einem Medium oder einer Thematik zuordnen, die von der Kunstgeschichte aufgestellte Kategorisierung lässt sich auf zeitgenössische Kunst kaum mehr anwenden. Es wird deutlich, dass die Kunst mit zu nehmendem Masse individualistischer wird. In diesem Wandel der Gesellschaftlichen Ordnung ändert sich gleichzeitig das Verhältnis des Rezipienten zur Kunst. In dieser Stunde werden die Kunstwerke einiger zeitgenössische Künstler vorgestellt und in Bezug auf ihre individuelle Bildsprache diskutiert. Der Künstler N. S. Harsha bezieht den Rezipienten in sein Kunstwerk mit ein. Harsha setzt die Bewegung des Betrachters innerhalb eines Raumes voraus. Der bei Gemälden gegebene festgelegte Betrachterstandpunkt ist bei ihm nicht mehr vorhanden. Seine Kunstwerke befinden sich in einem öffentlich zugänglichen Raum und greifen in diesen ein. Hema Upadhyay thematisiert in ihrem Werk „Killing Site“ das Thema Selbstmord. Ihr Umgang mit Perspektive symbolisiert einen inneren Zustand von Konflikten. Die als Kunsthistorikerin ausgebildete Künstlerin Anita Dube arbeitet mit dem Medium der Photographie. In den Bildern setzt sie sich mit sozialer Erinnerung, Geschichte, Mythologie und Religion auseinander. Chitra Ganesh lebt und arbeitet in Amerika. Ihre Bilder werden von indischen Comics inspiriert. Diese Comics stellen die Heldentaten von Göttern da und sind besonders bei Diasporakindern beliebt. Die Arbeiten des Künstlers Vivek Vilasini sind durch westliche Bilder inspiriert. Der Künstler wählt ein Bild aus und „indisiert“ den Bildinhalt. Die Singh Twins lassen sich in ihren Arbeiten wie viele der Künstler des frühen 20. Jahrhunderts von der Miniaturmalerei beeinflussen. Die Technik und Bildaufbau der Miniaturmalerei werden genutzt um gegenwärtige Ereignisse oder Objekte in einen gemeinsamen Kontext zu stellen. In Ausstellungen findet man auch die Arbeiten von Thukral & Tagra. Häufig arbeiten Thukral & Tagra mit großen Auftraggebern zusammen und vermarkten ein Produkt. Riyas Komu stellt in seinen Arbeiten häufig Menschen aus Südindien in den Mittelpunkt. Die Portraits sind häufig übernatürlich groß und wirken durch die Änderung der Perspektive befremdlich auf den Betrachter. Atul Dodiya verwendet in seinen Werken keine Leinwand mehr, sondern bemalt Rollläden. Im vorgestellen Werk greift der Künstler auf ein Bild Ravi Varmas zurück. Zieht man den Laden hoch, so sieht man ein zweites Bild mit der Darstellung einer Gruppe von Menschen, die Selbstmord begangen haben.