WISSENSCHAFFT KUNST Das Ende Leonardo da Vincis

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WISSENSCHAFFT KUNST Das Ende Leonardo da Vincis
Das m:con-Magazin für die Kongress-Branche 17 / April 2013 Schutzgebühr 5,– EUR
www.mcon-visions.de
Ausgabe 17 / April 2013
WISSEN SCHAFFT KUNST Das Ende Leonardo da Vincis – warum es heute keine
Universalgenies mehr gibt. MARKT Konzerthausakustik – wie Kunst und Architektur für den perfekten Klang sorgen. Die Kunst der Fotografie im digitalen Zeitalter: Gibt es eine neue Bildsprache? LIVEKOMMUNIKATION Wie international sind
internationale Kongresse? SCHLUSSPUNKT „Deutschland von oben“:
Ästhetik und Wissensvermittlung im Dokumentarfilm.
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STANDPUNKT
Wahr gewordene Visionen
Die kreative Kraft von Kunst und Wissenschaft
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Leserinnen und Leser,
bunt, schrill, kreativ – leise, schlicht, sachlich: Kunst und Wissenschaft sind völlig unterschiedliche Welten. Auf den ersten Blick.
Mit dem ersten Blick indes geben wir uns bei m:con nicht zufrieden. Wir schauen genau
hin, prüfen, hinterfragen. Für ein bestmögliches Ergebnis – für rundum gelungene Veranstaltungen und zufriedene Kunden. Mit unserer jahrelangen Erfahrung und unserem
starken Team möchten wir unser Motto „m:con. Know-how to realise your vision.“ für Sie
erlebbar machen.
Unsere neue Ausgabe der m:convisions zeigt Ihnen, dass es sich lohnt, mehr als einen
Blick zu riskieren. Wer die starre Grenze zwischen Kunst und Wissenschaft lockert, wird
überwältigt sein von der kreativen Kraft, die dabei freigesetzt wird.
Einer, der das weiß, ist Michael Herberger: Als Musiker und diplomierter Biologe, Hauptfach Molekularbiologie, vereinigt er beide Talente in sich. Der ideale Gastautor, um in das
Thema dieser Ausgabe einzuführen.
Entdecken Sie mit uns neue Perspektiven! Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre,
Ihr
m:con-Team
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April 2013
STANDPUNKT
Wissen schafft Kunst
Intuitiv zu neuen Entdeckungen
Liebe Leserinnen und Leser,
Wissenschaftler und Künstler vereint der Wunsch, etwas zu schaffen, und der innere Drang, etwas zu finden. Das kam mir als Erstes in den Sinn, als ich mir Gedanken
zum Thema dieser Ausgabe gemacht habe. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, steckt
in jedem von uns ein Wissenschaftler und ein Künstler – und das ist gut so. Nicht
umsonst bemühen sich immer mehr Stiftungen auf diesen Feldern, um Kindern
frühzeitig beides nahezubringen und sie in beiden Bereichen zu fördern.
Michael Herberger
Musikproduzent und
geschäftsführender Gesellschafter der NaidooHerberger Produktion
Künstlern sagt man nach, dass sie impulsiv seien und sehr intuitiv handelten. Was
beim Erschaffen von Kunst meiner Meinung nach auch wichtig ist. „Wissen“ selbst
spielt sicher im künstlerischen Schaffen auch eine tragende Rolle und doch drücken
Künstler ihr Wissen intuitiv aus.
Nun würde man von einem Wissenschaftler annehmen, dass er sich in Gänze auf
seinen Intellekt und Verstand verließe. Dennoch trifft auch er wichtige Entscheidungen oftmals intuitiv. Viele bahnbrechende Errungenschaften – zum Beispiel
Penicillin – wurden nicht zielgerichtet, sondern mehr oder weniger zufällig entdeckt. Wichtig ist in diesen Momenten oft, ein Gefühl für die richtige Entscheidung
zu besitzen.
„Wir sollten uns hüten, den Intellekt zu unserem Gott zu machen; gewiss, er hat
starke Muskeln, jedoch keine Persönlichkeit. Er darf nicht herrschen; nur dienen.“
Das stammt von keinem Geringeren als Albert Einstein. Und so haben Wissenschaft
und Kunst vielleicht doch mehr gemein, als es der erste Augenschein vermuten
lässt.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Erkunden der nächsten Seiten und bin mir
sicher, dass Sie viel Wissenswertes finden werden.
Ihr
Michael Herberger
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STANDPUNKT
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Kunst oder Wissenschaft? Die Grenzen
im Exploratorium in San Francisco
sind fließend: Das Mitmachmuseum
stellt viele Exponate aus, die aus der
Forschung stammen, zeigt aber auch
Kunstwerke, die an wissenschaftliche
Experimente erinnern.
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April 2013
INHALT
Das m:con-Magazin für die Kongress-Branche
m:convisions
STANDPUNKT
Die kreative Kraft von Kunst und Wissenschaft
Vorwort von m:con - mannheim:congress GmbH
02
Intuitiv zu neuen Entdeckungen
Vorwort von Michael Herberger
03
WISSEN
Wissen schafft Kunst
An der Grenze zwischen zwei Welten
08
Was ist das Gegenteil von Frosch?
Interview mit Ursula Bertram über die Innovationskraft künsterlischen Denkens
10
Mythos Universalgenie
Leonardo da Vinci: Prototyp des ganzheitlichen Gelehrten aus Sicht eines Ingenieurs und eines Kunsthistorikers
14
„Bibliotheken sind säkulare Kirchen“
Roger Willemsens Rede auf dem 101. Bibliothekarstag über das Buch als Kulturgut
18
MARKT
Die Ästhetik der Wissenschaft
Dialog von Kunst und Technologie fördert Innovationen
20
„Kunst und Wissenschaft sind keine Gegensätze!“
Interview mit Marina McDougall vom Exploratorium San Francisco
22
„Welt-Realität als Photoshop-Simulation“
Interview mit Gerhard Vormwald zur Bildsprache in den neuen Medien
25
Theaterspielende Azubis und malende BWL-Studenten
Einsatz von Kunst in der Aus- und Weiterbildung – die Persönlichkeitsentwicklung stärken
28
Beton im Dialog mit Licht
Transdisziplinäre Arbeitsgruppe aus bildenden Künstlern, Architekten und Materialforschern entwickelt
neuen Werkstoff
30
Die Befreiung der Kunst von der Konvention
Christoph Schlingensiefs Operndorf in Burkina Faso: Architekt Diébédo Francis Kéré realisiert
den Traum des verstorbenen Künstlers
34
Erkenntnis und Erleben in Kunst und Architektur
Gastbeitrag von Professor Michael Astroh über die Entwicklung der Konzerthausakustik
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INHALT
Der Herr des perfekten Klangs
Yasuhisa Toyota, weltweit einer der renommiertesten Akustikdesigner, will in der Elbphilharmonie
für unvergessliche Hörerlebnisse sorgen
38
Die Kunst der Wissenschaftskommunikation
Neues Institut macht Forscher fit für den Dialog mit der Öffentlichkeit
42
LIVEKOMMUNIKATION
Die Kunst der Emotionen
Gefühle wecken für eine nachhaltige Kommunikation
44
Bühne frei für die Dramen des Arbeitsalltags
Mitarbeiter motivieren durch Business-Theater
46
Wie international sind internationale Kongresse?
Netzwerkanalyse von Forschern der Goethe-Universität Frankfurt am Main untersucht Verhalten
von Kongressbesuchern aus unterschiedlichen Ländern
48
M:CON
Innovative Web-App setzt sich durch
Flexibel und überall einsetzbar – mobile Kongress-App überzeugt Kunden
50
„Sie geben einer Veranstaltung ein Gesicht“
Inszenierung und Dramaturgie von Unternehmensevents
52
KongressTicker
55
OrganisationsTicker
55
EventTicker/News
56
Impressum
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SCHLUSSPUNKT
Lernen, staunen – und handeln
Freddie Röckenhaus, Regisseur von „Deutschland von oben“, über Dokumentationen als Kunstform
und Medium der Wissensvermittlung
Zum Titel Titelbild und Anfangsseiten der Kapitel zeigen ein sogenanntes Mandelbrot-Männchen. Es ist
nach seinem Entdecker Benoît Mandelbrot benannt, der die fraktale Geometrie begründete. Mithilfe des Computers visualisierte Mandelbrot Fraktale wie das berühmte Mandelbrot-Männchen – stark verästelte Computergrafiken mit filigranen Formen, die komplexe mathematische Berechnungen geometrisch darstellen. Ein Fraktal
ist eine Form, die sich – immer kleiner werdend – unendlich oft wiederholt. Ein typisches Beispiel ist der Blumenkohl: Jedes kleine Stück sieht praktisch genauso aus wie der ganze Blumenkohl. Mit der fraktalen Geometrie
lassen sich in der Natur vorkommende Formen berechnen. Als Mandelbrot in den 1980er-Jahren seine Forschungsergebnisse veröffentlichte, faszinierte er Millionen von Menschen. Die Bilder fanden den Weg in Museen und
zeigten, wie nah Kunst und Mathematik miteinander verwandt sind.
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Der Film auf YouTube nimmt den
Betrachter mit auf die Reise in die
Tiefen eines Mandelbrot-Männchens.
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INHALT
Seite 18
Kunst ist für ihn existenziell: Vor
allem ein Leben ohne Bücher ist
für Publizist und Fernsehmoderator
Roger Willemsen undenkbar.
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Die Mandelbrot-Menge mit stufenlos
eingefärbtem Außenraum.
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WISSEN
Wissen schafft
Kunst
An der Grenze zwischen zwei Welten
Kunst und Wissenschaft – Gegensatz oder Einheit? Für Leonardo
da Vinci war das keine Frage. Zu seiner Zeit gab es noch den
Begriff des „Künstler-Ingenieurs“. Der Mensch in der Renaissance
hat nicht zwischen kreativer Kunst und faktenorientierter Wissenschaft unterschieden. Ganz anders als heute: deshalb gibt es auch
den Typus des Universalgelehrten, wie da Vinci ihn verkörperte,
nicht mehr; da sind sich Horst Langer, Professor für Ingenieurswissenschaften, und der Kunsthistoriker Salvatore Pisani einig.
Die beiden Wissenschaftler schildern, wie sich zu da Vincis Zeiten
Kunst und Wissenschaft gegenseitig vorangebracht haben (S. 14
bis 17).
Heute, 500 Jahre später, gibt es jedoch wieder Bestrebungen,
Kunst und Wissenschaft näher zusammenzubringen. „Kunst fördert Wissenschaft“ lautet der Titel eines Symposiums, das Ursula
Bertram vergangenes Jahr mit großer Resonanz veranstaltet
hat. Die Professorin für Kunst und Interdisziplinäres Arbeiten ist
überzeugt davon, dass vom Transfer des künstlerischen Denkens
in andere Bereiche eine ganz neue Innovationskraft ausgeht, und
engagiert sich dafür, die „heilige“ Grenze zwischen Kunst und
Wissenschaft aufzulockern (S. 10 bis 13).
Geisteswissenschaftler brauchen auch hieb- und stichfeste Argumente für ihre Thesen. Dennoch fühlen sie sich naturgemäß den
Künsten näher verbunden als Naturwissenschaftler. Der promovierte Germanist Roger Willemsen setzt sich ein für das Kulturgut Buch und damit für die Kunstform der Literatur. In einem
Festvortrag zur Eröffnung des 101. Bibliothekartages macht sich
der Fernsehmoderator und Publizist stark für die kommunikative
Leistung des Buchs und begründet, wie zentral Literatur für
unser Menschsein ist (S. 18 bis 19).
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Rege Diskussionen im Labor der IDfactory: Kunst kann in Wissenschaft und
Wirtschaft zu ganz neuen Ideen führen. Wie das Gehirn die verschiedenen
Impulse verarbeitet, erläutert der Neurobiologe Gerald Hüther.
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WISSEN
Interview mit Professor Ursula Bertram
Was ist das Gegenteil von Frosch?
Wirtschaft und Wissenschaft brauchen Innovationen. Aber wie wird dieses begehrte Produkt „Innovation“ hergestellt? Die Heimat des innovativen Denkens ist die Kunst; davon ist Ursula Bertram, Professorin für Kunst und
Interdisziplinäres Arbeiten, überzeugt. Mit der IDfactory, dem Zentrum für Kunsttransfer an der Technischen
Universität Dortmund, beschreitet sie neue Wege und wendet künstlerisches Denken in außerkünstlerischen
Feldern an. Sie will damit ein Potenzial an Innovationskraft aufdecken, aus dem Wissenschaft und Wirtschaft
entscheidende Impulse schöpfen können.
Welche Impulse versprechen Sie sich vom Transfer des künstlerischen Denkens in andere Bereiche? Ich möchte das wissenschaftliche und das künstlerische Denken und Handeln
gleichermaßen voranbringen. Aus meinen Erfahrungen heraus verspreche ich mir von einem Transfer des künstlerischen
Denkens in andere Bereiche, zum Beispiel in die Wissenschaft,
dass eine ganz neue Art der Innovationsfähigkeit entsteht.
Es befähigt uns, das Wissen flüssig zu halten, die Methoden
immer wieder zu erneuern, an den Grenzen zu operieren und
insofern eine neue Integrationsfähigkeit zu erreichen. Wir
sind gerade erst dabei, die „heilige“ Grenze zwischen Kunst
und Wissenschaft anzukratzen.
„Kunst fördert Wissenschaft“ war der Titel eines Symposiums, das Sie im November 2012 veranstaltet haben. Welche
neuen Erkenntnisse haben Sie gewonnen? Das Symposium –
ein Nachfolgesymposium von „Kunst fördert Wirtschaft“ aus
dem Jahr 2010 – stieß auf großes Interesse. 22 Hochschulen
haben daran teilgenommen. 24 Disziplinen waren vertreten
– angefangen von Wirtschaft, Kunst, Kunstwissenschaft und
Theologie bis hin zu Chemie, Physik und Mathematik. Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften und Kunst waren bunt
gemischt. Dies zeigt: Das überfachliche Interesse an Inhalten,
die Kunst und Wissenschaft voranbringen, wächst. Unsere
bestehenden Systeme sind in Sackgassen geraten. Wir haben
an allen Ecken und Enden Probleme. Da geraten Systeme ins
Blickfeld, die sich bisher sozusagen im Inseldasein fortgesetzt
haben, wie die Kunst. Management, Führungskräfte und Wissenschaftler öffnen sich zunehmend künstlerischen Strategien. Das Symposium bestätigte, dass an vielen Stellen genau
an diesem Thema gearbeitet wird.
Was charakterisiert das künstlerische Denken im Unterschied
zum wissenschaftlichen Denken? Zunächst: Das wissenschaftliche Denken ist ein Konstrukt. Das Gehirn selbst interessiert
sich gar nicht dafür, ob wir das, was es tut, wissenschaftlich
oder künstlerisch nennen. Es denkt einfach so vor sich hin.
Professor Gerald Hüther, ein großer Denker und Neurologe,
hat dies in seiner „Bedienungsanleitung für ein menschliches
Gehirn“ ausgeführt. Nutzt man das Gehirn allerdings lange
Zeit auf eine bestimmte Art, dann richtet es sich dementsprechend aus und denkt dann so.
Während das wissenschaftliche Denken nach Logik, Objektivität und Wahrheit sucht und ein Regelsystem aufgestellt
hat, das alles ausschließt, was nicht beweisbar ist, funktioniert das künstlerische Denken vor allem nach der Regel,
„Wir sind gerade erst dabei, die
‚heilige‘ Grenze zwischen Kunst und
Wissenschaft anzukratzen.“
dass es keine Regel gibt. Es gibt zwar eine Kunstwissenschaft,
die Kunstwerke nach diesen oder jenen Methoden analysiert.
Wenn aber ein Kunstwerk generiert wird, steht man völlig
allein da mit seinem Subsystem und muss in der Unsicherheit
navigieren. Und jeder, der sagt, es gebe hierfür eine Regel,
der täuscht sich. Mit dieser Unsicherheit umzugehen, haben
wir vielfach nicht gelernt, aber es wäre gut, das zu lernen.
Denn auch in der Wirtschaft und in der Wissenschaft finden
sich die Verantwortlichen heute immer häufiger in solchen
instabilen Prozessen und Situationen wieder.
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Das heißt, wir sind alle in unserem Denken konditioniert?
Ja. In der Schule lernen wir vor allem das logisch-rationale
Denken und das künstlerische Denken verschwindet in einem einstündigen Kunstunterricht, der ebenfalls zu 80 Prozent linear abläuft und bei Engpässen ausfällt. Non-lineares,
zweckfreies Denken wird nicht gefördert und insofern denken
wir auch nicht künstlerisch, weil wir es nicht können. Wir
haben mit rationalem Denken in Europa zweifelsohne große
Erfolge erzielt, sowohl in der Medizin als auch in anderen
wissenschaftlichen Disziplinen. Aber wir sollten unser Wissen
in Bewegung halten.
Ist denn künstlerisches Denken so eine Art Kreativitätstechnik? Das künstlerisch-schöpferische Denken ist weder eine
Kreativitätstechnik noch geht es dabei darum, Bilder zu malen oder Plastiken herzustellen. Das ist auch ein Vorurteil,
das wir abschütteln müssen: Creativity is not a prisoner of
art. Vielmehr liegt das künstlerische Denken, genau wie das
wissenschaftliche Denken, eine Ebene darüber. Künstlerisches
Denken kann sich überall befinden, in allen Köpfen, in jeder
Disziplin, in jedem Lebensbereich. Es ist das Denken, das übrig
bleibt, wenn ich die „Bilder“ abziehe. Es ist das non-lineare,
schöpferische Denken und das ist überfachlich.
Wie kann man das trainieren? Jeder kann in seinem Berufsfeld
künstlerisch denken. Zum Beispiel könnte sich dies darin
äußern, einfach mal das Gegenteil zu denken. Wenn man
eine Weile darüber nachgedacht hat, was das Gegenteil von
einem Frosch ist, dann beginnt man, neue Perspektiven zu
ahnen. Ist es ein Elefant? Ist es ein Warmblüter? Ist es ein
Stein? Wichtig ist, dass es bei den Übungen kein richtig und
falsch gibt. Denn künstlerisches Denken braucht Vertrauen
und Offenheit, sonst bleibt es bei der Kreativtechnik, die ich
auch ohne Vertrauen aus dem Hut zaubern kann.
„Ich würde sagen: Jede große
wissenschaftliche Neuerung ist mit
künstlerischem Denken gepaart.“
Kann jeder die Sprache der Kunst lernen? Wir haben bestimmte Denkschemata im Kopf und diese produzieren bestimmte
Weltsichten und Wahrheiten. Ein Wandel kann hier nur eintreten, wenn die Regelwerke im Gehirn es zulassen, dass wir
andere Wege beschreiten und die ausgetretenen Gedankenpfade verlassen. Popper nennt dies Probierbewegungen. Das sind
non-lineare Bewegungen. Und dieses probeweise Verrücken
oder auch Verrücktsein, das kann jeder lernen.
Wer kennt das nicht: Die besten Ideen fallen einem unter
der Dusche oder beim Spaziergang im Wald ein. Warum? Weil
das ein Moment der Loslösung ist, in dem der schöpferische
Gedanke sich entfalten kann. Wenn wir das schon in der Schule genügend üben, wenn wir das genügend fördern würden,
dann stünde uns ein ganz anderes schöpferisches Potenzial
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Professor Ursula Bertram,
Querdenkerin mit
Pioniergeist, gründete das
Modellprojekt „Zentrum
für Kunsttransfer“
zur Verfügung. Wissenschaft und Wirtschaft würden sich
noch besser bewegen können auf einer Art Flüssigkeitsmatrix des Denkens.
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen? Ich würde sagen:
Jede große wissenschaftliche Neuerung ist mit künstlerischem
Denken gepaart, ob man das so bezeichnet oder nicht. Die
beiden Zellforscher John B. Gordon und Shinya Yamanaka
haben gerade den Nobelpreis für die Rückprogrammierung erwachsener Körperzellen in einen Zustand, in dem sie sich wie
embryonale Stammzellen zu allen möglichen Gewebearten
entwickeln können, erhalten. Sie haben also das Gegenteil gedacht zur bisherigen Forschungsrichtung. Fantastisch – egal,
was man jetzt davon hält. Aber mal das Gegenteil zu denken
von dem, was man die ganze Zeit tut, das gehört zum Feld des
künstlerischen Denkens. Und das findet meines Erachtens
bei allen innovativen wissenschaftlichen Erkenntnissen statt,
auch wenn man es noch nicht so bezeichnet.
Auch für die Wirtschaft könnte es hilfreich sein, sich vor
großen Entscheidungen einen Tag lang mit einem Menschen
auszutauschen, der künstlerisch denken kann und die Entscheidung mit einem neuen Blick durchleuchtet. Bevor man
die Entscheidung bis zum Ende abwickelt und dann merkt,
dass es nicht funktioniert.
Wie können Wissenschaft und Kunst zueinanderfinden – welche Voraussetzungen müsste man dafür schaffen? Das ist gar
nicht so einfach! Die Erkenntnisbasis ist die gleiche, aber die
Regelwerke von Wissenschaft und Kunst scheinen unvereinbar. Die einen suchen in Richtung von der Person weg Objek-
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Verbindung von Kunst und Wissenschaft ist sein Thema: Keynotespeaker Bazon Brock (re.), neben Eberhard Becker, Rektor a. D.
der TU Dortmund, ist Wissenschaftler und Vertreter der Fluxus-Bewegung.
tivität und die anderen suchen in Richtung zur Person hin
Subjektivität. Aber beide Systeme befruchten sich gegenseitig
und darin liegt das Potenzial. Die Dokumenta-Leiterin Carolyn
Christov-Bakargiev hat das erkannt, als sie im September 2012
Wissenschaftslabore in die Kunstausstellung holte. Damit hat
sie Kunst als Forschung und Forschung als Kunst bestärkt.
Die wichtigste Voraussetzung, um Synergien zu schaffen,
wäre, dass man schon in der Schule ab dem ersten Schuljahr
Erfinderwerkstätten zuließe, in denen das künstlerische
Denken sich entfalten kann. Erfinderwerkstätten, in denen
permanent erfunden wird – egal ob mit Sinn oder ohne Sinn.
Das wäre auf Dauer noch nachhaltiger, als Tagungen und
Kongresse es sind, wenngleich wir damit elementare Grundlagen schaffen. Die Wirtschaft betrachtet den Austausch mit
sehr viel Neugierde. Unsere Publikation „Kunst fördert Wirtschaft“ kam gerade zur rechten Zeit.
Wie müsste eine solche Erfinderwerkstätte aussehen? Die ideale Erfinderwerkstätte müsste ohne Noten und ohne Angst
funktionieren, mit höchstmöglicher Begeisterung. Denn nur
mit Begeisterung – das haben die Neurologen bestätigt – kann
man schnell lernen. Es müsste Erfindungen geben, die im
jeweiligen Schulalter interessieren, und es müssten alle Erfindungen zugelassen werden, ob sie sinnvoll oder sinnlos
sind – zwar ohne Zweck, aber mit Verstand. Ideal wäre, wenn
sich an Erfinderwerkstätten nicht nur Kunstpädagogen, sondern auch Kollegen aus den wissenschaftlichen Disziplinen
beteiligen würden. Zusammen nach vorn.
Ist man als Künstler oder als Wissenschaftler geboren? Man ist
eher als Künstler geboren und dann formieren sich allmählich
die Erkenntnisse, dass es irgendwelche Ordnungen gibt ,und
die gehen dann über in das Vernunftregelwerk. Wenn man
dann das erste Mal einen Ball aufgestochen hat und merkt,
dass der gar nicht mehr hüpft, dann ist das non-linear gelernt
und vieles lernt sich non-linear. Ich denke mir, man wird
mehr als Künstler geboren und als Wissenschaftler formiert
man sich. Aber es steckt in jedem von uns ganz viel Kreativität; man muss es nur zulassen und natürlich muss es auch
unser Umfeld zulassen. Wir arbeiten daran! www.id-factory.de
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WISSEN
Leonardo da Vinci als Prototyp des ganzheitlich Gelehrten
Mythos Universalgenie
Er entwarf das erste Unterseeboot der Welt, führte anatomische Studien durch und malte das wohl berühmteste
Bild der Kunstgeschichte: „La Gioconda“, in Deutschland bekannt als „Mona Lisa“. Wie kein anderer verkörperte
Leonardo da Vinci die einst kraftvolle Symbiose zwischen Kunst und Wissenschaft. Was zeichnete sein Schaffen
aus? Welche Menschen nach Leonardo gab es, die Kunst und Naturwissenschaft auf kreative Weise verbanden?
Gibt es sie auch noch heute? m:convisions ging mit Professor Horst Langer und Privat-Dozent Dr. Salvatore
Pisani diesen Fragen nach.
Es ist schon ein bisschen ernüchternd: Einen Universalgelehrten vom Format Leonardo da Vincis gibt es in der heutigen
Welt wohl nicht, da sind sich Professor Horst Langer, Dozent
für Ingenieurwissenschaften und Mathematik an der Fachhochschule Bielefeld, und Privat-Dozent Dr. Salvatore Pisani,
Kunsthistoriker an der Universität des Saarlandes, einig. „Vielfach wird heute das Begriffspaar Wissenschaft und Kunst polar
gegensätzlich verwendet“, so Langer, Kurator der Ausstellung
„Leonardo da Vinci – Bewegende Erfindungen“. „Die Fokussierung auf sachliche Wissenschaft einerseits und kreative
Kunst andererseits brachte naturgemäß eine Trennung, ein
Auseinanderleben.“ Pisani pflichtet ihm bei und sieht die
Hintergründe für diese Entwicklung in der Segmentierung
der Arbeitswelt. „Diese Segmentierung intensivierte sich im
Zeitalter der Aufklärung und bestimmte im 19. Jahrhundert
das Gesellschaftsbild vollends. Der Experte betrat die Bühne
– und beherrscht sie bis heute. Das gilt nicht zuletzt für den
Wissenschaftsbetrieb, der sich in zahllose neue Fachdisziplinen
aufgefächert und zersplittert hat.“
In der Renaissance, der Epoche des Aufbruchs und gleichzeitig dem Beginn der Neuzeit, sah das noch ganz anders aus.
„Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren Wissenschaft
und Kunst Partner“, erklärt Langer. Zur Zeit Leonardos war
beispielsweise der Begriff des Künstler-Ingenieurs gängig.
„Hier wird die gemeinsame Basis in den gesellschaftlichen
Zielen von Kunst und Wissenschaft deutlich: mit kreativen,
fantasievollen Denkansätzen, Veränderungen bewirken,
Grenzen überwinden, die Welt gestalten und in die Zukunft
weisen“, erläutert Langer.
Die Kunst als Tabubrecher
Pisani zufolge hatten die Künstler einen entscheidenden
Anteil daran, dass die Wissenschaft in der Renaissance so
bedeutende Fortschritte gemacht hat. Denn die Kunst setzte
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als Erste den Menschen in das Zentrum des Schaffens. „Der
Künstler der Renaissance hat das Bild des Menschen entekelt und damit dem Mediziner überhaupt erst den Zugriff
auf den menschlichen Körper gebahnt.“ Das klänge zunächst
sonderbar, sei es aber nicht. „Nehmen wir Michelangelos David. Kein Mensch sieht so aus. Makellos proportioniert, ein
akzentuiertes und gleichwohl weiches Muskelbild, faltenlos
straffe Haut – so präsentiert sich der Mensch als idealisierter,
ästhetisierter Körper.“
Hinter der äußeren Fassade des Makellosen, also der Haut,
befand sich „ein Ekelraum“, wie es Pisani nennt, ein lange Zeit
tabuisiertes Gebiet der Medizin. Das Wissen über das Innere
des Menschen, seine Anatomie, war im Laufe des Mittelalters
weitgehend verloren gegangen. „Die sich in der Frühneuzeit
entwickelnde Wissenschaft hat diesen dunklen Winkel im
Körperinneren angefangen zu durchleuchten“, erklärt Pisani. Und die das zuerst gewagt haben, waren eben Künstler,
allen voran der Künstler-Anatom Leonardo da Vinci. Pisani:
„So fehlerhaft seine Anatomiezeichnungen aus heutiger Sicht
erscheinen – sie erst haben den bis dahin tabuisierten Blick
in das lichtscheue Körperinnere überwunden.“
Der „uomo universale“
Was zeichnet das Schaffen dieses Bahnbrechers Leonardo aus
der toskanischen Gemeinde Vinci also aus, was hebt ihn von
den so zahlreichen, herausragenden Köpfen der Renaissance
ab? Ganz sicher seine Vielseitigkeit. Schon zu Lebzeiten wurde
er als „uomo universale“, italienisch für „Universalmensch“,
verehrt. Oft wird er auch als der Prototyp eines Universalgenies bezeichnet. Dieser Terminus ist allerdings nicht unumstritten. „Wenn Leonardo da Vinci immer wieder so genannt
wird, ist das eigentlich ein Ausdruck von Hilflosigkeit und
der Unfähigkeit, ihn adäquat zu begreifen und zu beschreiben“, erklärt Langer. Solange dieser Begriff nicht mit nach-
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Das wahrscheinlich berühmteste Lächeln der
Kunstgeschichte: die Mona Lisa von Leonardo da Vinci.
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Der „vitruvianische Mensch“ ziert heute
Ein-Euro-Münzen aus Italien (oben). Viele Entwürfe Leonardos waren ihrer Zeit weit voraus,
zum Beispiel das Automobil (Mitte) oder die
Flugspirale (unten).
prüfbaren Inhalten gefüllt sei, sei seine Verwendung wenig
gerechtfertigt, so Langer. Man kann sich Leonardo vielleicht
am besten über die Begabungen und Eigenschaften nähern,
die der herausragende Kopf der Renaissance in sich vereinte.
Obwohl ihm wegen seiner Geburt als uneheliches Kinder
der Zugang zur Universität verwehrt blieb, entwickelte Leonardo sich in fast allen damals wichtigen Wissenschaften
– nur die Theologie klammerte er aus – zu einem anerkannten Experten. „Daraus leitet sich das ‚Universale‘, das ‚Allumfassende‘, ab“, so Langer. „Seine gleichermaßen kreative
wie rationale Ausrichtung deutet auf eine gleichgewichtige
Ausprägung beider Gehirnhälften hin, die sich nachweisbar
wechselseitig aktivieren.“ So verwendete da Vinci einerseits
präzise, geradezu technische Vorstudien bei der Umsetzung
seiner kreativen Gemälde, aber zeichnete andererseits fantastisch anmutende Vogelbilder als Vorstufe zur Entwicklung
seiner Fluggeräte.
Der Mensch stets im Mittelpunkt
Eine weitere herausragende Eigenschaft da Vincis sieht Langer
in dessen ausgeprägtem sozialen Denken: „Trotz aller genialen
Technikentwicklungen steht für Leonardo der Mensch im Mittelpunkt.“ So entwickelte da Vinci beispielsweise zahlreiche
Innovationen, die der Arbeitssicherheit oder der Sicherung
des Lebensunterhaltes seiner Zeitgenossen dienten. Langer
erkennt in Leonardos Arbeitsweise einen weiteren Pluspunkt:
„Beim Ableiten von Erkenntnissen aus der Naturbeobachtung
arbeitete er – wie wir heute sagen würden – synergetisch. Er
zog stets alle seine Sinne und alle Wissenschaften zur Analyse eines Vorganges heran.“ Diese Vorgehensweise, so Langer,
konnte allerdings auch nur in Leonardos Zeit funktionieren.
„Heute wäre das wegen der großen Informationsflut und Diversifizierung für einen einzelnen Menschen nicht mehr
denkbar.“ Nicht zuletzt machte seine besonders fantasievolle, visionäre Arbeits- und Denkweise Leonardo zu so einer
herausragenden Figur: Viele seiner Entwürfe wurden erst 500
Jahre später Realität.
Der Tod Leonardos im Jahre 1519 bedeutete nicht das Ende
des Ideals vom „Uomo universale“, wenngleich niemand
nach ihm eine ähnliche Bedeutung als Wissenschaftler und
Künstler zugleich erlangte. „Für den Frühbarock ließe sich
noch eine Reihe von Künstlern nennen, die sich dem „Uomo-universale“-Typus Leonardos verpflichtet zeigten, also
jenem Ideal des umfassend gebildeten und tätigen Menschen“, meint Pisani. Es ließe sich beispielsweise Salomon
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WISSEN
Der berühmte Universalgelehrte
de Caus anführen, der Architekt des Hortus Palatinus des
Heidelberger Schlosses. De Caus war Hydrauliker, er entwarf
Musikmaschinen, war Baumeister und beschäftigte sich mit
theoretischen Problemen der Perspektive. „Kennzeichnend
war für ihn, wie für alle Künstler-Wissenschaftler, dass er
das hierarchische Verhältnis von Theorie und Praxis aufhob. Nachdenken und Machen standen auf derselben Ebene“,
führt Pisani aus. Dass De Caus mittellos starb, zeigt allerdings
die zunehmende Geringschätzung, die die Gesellschaft des
17. Jahrhunderts diesem Künstlertypus entgegenbrachte –
ganz anders als noch 200 Jahre früher. „In der Epoche der
aufkommenden Aufklärung wurden durch die zunehmende
Betonung des Geistes Kunst und Kultur zurückgedrängt“,
denkt auch Langer. Als einen der letzten großen Vertreter
der Universalgelehrten erkennt er Gottfried Wilhelm Leibniz, den großen Philosophen und Wissenschaftler des Barocks. Leibniz verknüpfte beispielsweise als Präsident die
Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften mit der
Akademie der Künste in einem Haus, um hier Verbindungen
zwischen Kunst und Wissenschaft zu fördern. „Die Trennung
in der Definition führte aber immer mehr zur klaren Verfestigung der Gegensätze“, führt Langer aus.
Leonardo da Vinci
(1452–1519), geboren als
Leonardo di ser Piero
im toskanischen Ort
Anchiano bei Vinci (ca.
30 km westlich von
Florenz). Leonardo war
bürgerlicher Herkunft.
Der Namenszusatz
„da Vinci“ ist kein
Hinweis auf adelige
Abstammung, sondern
bedeutet lediglich „aus
Vinci“. Er war Maler,
Bildhauer, Architekt,
Anatom, Mechaniker, Ingenieur und Naturphilosoph.
Leonardo ist wahrscheinlich die bekannteste Persönlichkeit der italienischen Renaissance und gilt als einer
der bedeutendsten Universalgelehrten der Geschichte.
Sein berühmtestes künstlerisches Werk ist die „Mona
Lisa“, die wahrscheinlich in den Jahren 1503 bis 1506
entstand und das vielleicht bekannteste Gemälde der
Kunstgeschichte ist. Leonardos Schaffen umfasste neben Bildern und Skulpturen auch zahlreiche Entwürfe
für Gebäude und Maschinen. Viele seiner Konzepte,
beispielsweise Fluggeräte, die heutigen Hubschraubern und Gleitern ähneln, das Unterseeboot oder der
Fallschirm, wurden allerdings erst Jahrhunderte später
verwirklicht.
Die Rückkehr des „uomo universale“?
Und was bleibt vom Ideal des umfassenden Gelehrten, der
gleichermaßen in Kunst und Wissenschaft bewandert ist,
heute? Es werde vielfach beklagt, dass die babylonische Zahl
der Fachsprachen die wissenschaftlichen Disziplinen in eine
Art Autismus geführt habe, findet Pisani. So könnten Wissenschaftler weder untereinander noch mit der Öffentlichkeit
fachübergreifend kommunizieren. Langer glaubt daher eine
Gegenbewegung zur immer weiter fortschreitenden Spezialisierung und Zersplitterung der Wissenschaften sowie zu ihrer strengen Separierung von der Kunst zu erkennen: „Kunst
und Wissenschaft haben gemeinschaftliche gesellschaftliche
Zielsetzungen, wie Veränderung, Fortschritt, das Überschreiten von Grenzen. Daher nähern sie sich auf vielfältigen Ebenen einander an.“ Die Grenze löse sich insbesondere durch
Adaption der Fragestellungen des jweils anderen Bereichs
allmählich auf. „Die Kunst greift Themen und Methoden der
Wissenschaft auf, während die Wissenschaft durch Kunstkriterien modifiziert wird.“
Ein Beispiel für kreative Kooperationen zwischen wissenschaftlichen Methoden und künstlerischen Intentionen ist
das Projekt CARVED AIR des in Berlin lebenden koreanischen
Künstlers Yunchul Kim. Kim fertigt sogenannte elektrochemische Zeichnungen und strömungskinetische Skulpturen an.
Er nutzt Detektoren, beispielsweise für kosmische Strahlung,
und macht mittels dieser Apparate Vorgänge sichtbar, die
dem menschlichen Auge normalerweise verborgen bleiben.
Yunchul setzt sich dabei zwar mit wissenschaftlichen Vorstellungen und Daten auseinander, doch Ziel seiner Arbeit ist
es gerade nicht, Forschungsergebnisse zu visualisieren. Seine
Absicht ist allein die Erschaffung ansprechender, ästhetischer
Bilder mittels Geräten, die eigentlich wissenschaftlicher Forschung dienen.
Pisani kann es sich sogar als Aufgabe der Kunst vorstellen,
nicht mehr Licht und Aufklärung, sondern das Dunkle und
Geheimnisvolle in die Naturwissenschaft zurückzubringen.
„Denn das mittlerweile übergrelle Licht der Wissenschaft
raubt unserer Welt den Zauber, wie schon seit Beginn der
Moderne beklagt wird. Hier könnte eine Aufgabe der Kunst
liegen, die Wissenschaft wieder human und verständlich zu
machen.” Diesem Anliegen hätte sicherlich auch Leonardo
beigepflichtet. seite 17
WISSEN
Roger Willemsen über das Buch als Kulturgut
„Bibliotheken sind säkulare Kirchen“
Er ist ein Paradebeispiel für den intellektuellen Bibliophilen: der Publizist und Fernsehmoderator Roger Willemsen.
Der promovierte Germanist ist in der Welt der Bücher zu Hause. Sein ganzes Leben ist von Bibliotheken aller Art,
vor allem öffentlichen, begleitet. Kein Wunder, dass ihn die Bibliothekare zu ihrem 101. Bibliothekarstag eingeladen
haben, um den Festvortrag zu halten. Sein Thema: Die Leistungen des Kulturguts Buch und der Bibliotheken.
Die große Medienschelte ist nicht seine Sache. Er ruft nicht
das totale „Ende der Gutenberg-Galaxis“ aus, zielt nicht auf
den Umbruch von der Welt des Buchs auf die Welt der digitalen Medien. Vielmehr würdigt er in seinem halbstündigen
Vortrag, was Bücher für den Menschen und die Gemeinschaft
tun, was sie in dieser Welt leisten – gleich, ob sie auf Papier
gedruckt oder digital gelesen werden. Etwas in die Defensive
gedrängt fühlt er sich aber schon angesichts der großen Umwälzungen im Verlagswesen, etwa durch die Aufhebung der
Buchpreisbindung. Doch er parliert nicht in Parolen, nicht in
Platitüden wie „böser Computer“ versus „gutes Buch“. Willemsen beobachtet feinsinnig – er verdeutlicht anhand kleiner
Beobachtungen, mithilfe von Randnotizen, die Bedeutung des
Buchs und der Bibliothek. Er will den Blick für das, „was die
ungemeine Kostbarkeit des Buches ausmacht, für das Kulturgut Buch, und das, was es an Kommunikationsleistungen mit
sich bringt“ schärfen. Ein Blick, der schnell zu kurz komme,
wenn man sich in der Defensive befinde, meint Willemsen.
Die Solidargemeinschaft der Leser
Leser bilden für ihn eine eingeschworene Gemeinschaft,
deren Mitglieder einander „erkennen“ – ganz ohne Worte:
„Wir haben alle etwas zu teilen, das Milieu der Bibliothek,
ein kostbares Milieu. Man versteht sich darin wie eben jene
Urchristengemeinde durch heimliche Zeichen. Wir Leser, wir
wissen, was wir voneinander zu halten haben. Wir bilden
eine Solidargemeinschaft.“ Willemsen schreibt Büchern eine
unverzichtbare Leistung für das Leben von Menschen und
Gemeinschaften zu. Bücher seien zwar eine Ware, die man
erwerben könne, im Kern sei alle Kultur aber etwas Immaterielles: „Sie besteht nämlich daraus, was die Rezeption aller
dieser Werke aus uns macht.“
Bücher machen uns zu denkenden Menschen, die Fragen stellen, die diskutieren, die eine eigene Meinung haben.
„Das Entziehen von Wissen ist eine Ausübung von Gewalt,“
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führt Willemsen ein Thatcherzitat an. Den Gedanken führt
er am Beispiel von Truffauts Film „Fahrenheit 451“ aus, einem Film, in dem die Bibliotheken zerstört werden, in dem
es Rollkommandos gibt, die überall Bibliotheken aufstöbern
und sie verbrennen. Die Menschen ziehen sich in den Wald
zurück und jeder hat ein Buch, das er beginnt, auswendig
zu lernen – der eine ist Oblomow, der zweite ist die Ilias,
„Wir Leser, wir wissen, was wir voneinander zu halten haben, wir bilden
eine Solidargemeinschaft.“
der Dritte ist „Schuld und Sühne“.Die Bibliothek lebt in den
Menschen fort. Sie alle „halten diese Bücher im Bewusstsein
wach, nur damit sie überhaupt leben können, eine Metapher
dafür, wie Bücher in uns existieren wollen“, sagt Willemsen.
Damit schreibt er Büchern eine existenzielle, für das Menschsein zentrale Bedeutung zu.
Der Anfang der Poesie
Bücher machen uns nicht nur zu denkenden, sondern vor
allem auch zu fühlenden Menschen: „Und wir, merkwürdige
Sektierer, die wir sind, halten vom Fühlen viel. Wir sind sogar
davon überzeugt, dass es nicht ausreicht, den Menschen durch
Rationalität zu bestimmen, wie es die Aufklärung dachte.“
Um zu verdeutlichen, was Literatur zu leisten vermag, führt
Willemsen das bekannte Beispiel des französischen Poetologen Roger Caillois an. Er beschreibt, wie ein Bettler auf einer
Brücke sitzt, vor sich einen Hut und ein Schild „Blind von Geburt an“. Die Menschen gehen vorbei, niemand wirft etwas in
seinen Hut. Eines Tages kommt ein Unbekannter und schreibt
etwas auf die Rückseite des Schilds und stellt es wieder hin.
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Bücher und Bibliotheken sind seine Heimat: Der Publizist und Fernsehmoderator Roger Willemsen schreibt ihnen eine
für das Menschsein existenzielle Bedeutung zu.
Daraufhin füllt sich der Hut des Bettlers mit Geld. Nach einiger Zeit treffen sich beide wieder und der Bettler fragt,
was der Unbekannte auf sein Schild geschrieben habe. „Der
Frühling wird kommen, aber ich werde ihn nicht sehen.“ Der
Unbekannte war ein Dichter und die Geschichte beschreibt
den Anfang der Poesie. So sentimental das Beispiel ist, das
eine ist ein informativer Satz: „Ich bin blind.“ Die sachliche
Information allerdings generiert keine Spenden, während der
Satz des Dichters von ansteckender Qualität ist.
Bibliotheken sind die Heimat des Buchs
Willemsen zufolge hilft uns Literatur, zu verstehen, sich in
andere und deren Gefühlswelten hineinzuversetzen. Sie regt
zum Träumen an, zum Nachdenken und schließlich auch
zum Kommunizieren. Denn Bücher schaffen die Möglichkeit, dass sich die disparaten Gruppen einer Gesellschaft in
ihnen finden, reflektieren und miteinander in Beziehung
setzen. In diesem Sinne schaffen auch Bibliotheken Räume
zur Kommunikation. Sie helfen, Einsamkeit zu überbrücken.
„Bibliotheken sind säkulare Kirchen. Sie bieten etwas an, das
im musischen Sinne transzendent ist, also Transzendenz im
allerbesten Sinne der Selbstüberschreitung.“ In der Bibliothek
werden Bücher nicht nur gesammelt und geordnet; sie gibt
ihnen eine Heimat. Sie setzt sie durch ihr Ordnungssystem
in Relation zueinander und verknüpft damit Wissen. Deshalb
sind für Willemsen Bibliotheken Orte, die Dinge verständlich
machen.
Letztendlich sei alles Lesen, egal ob von Sachliteratur oder
Belletristik, dazu da, Individuen zu begründen. „Wer verließe sein Leben lesend, wenn ihm dieses Leben nicht lesend
genügte? Wer suchte nicht in der Literatur etwas, das seinen
Mangel beantwortete, seine Kritik am Geschlechterverhältnis,
an der Arbeitsverteilung, an der Geldverteilung, an der Art
des Fühlens“, sagt Willemsen. Bücher suggerieren, dass alles
anders sein könnte. Deshalb lesen wir. Weil wir über die Literatur in einen Raum eintreten,„in dem man nicht nur anderes Handeln simuliert, anderes Fühlen ausprobiert, sondern
sich tatsächlich vorstellt, die Wirklichkeit sei veränderbar.“ Den Videopodcast finden Sie unter
www.mcon-visions.de, Webcode: 150313 –
oder QR-Code scannen und Video ansehen.
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Die Mandelbrot-Menge wird als das formenreichste geometrische
Gebilde bezeichnet. Sie hat Computerkünstler inspiriert und zu
einem Aufschwung fraktaler Konzepte beigetragen.
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Die Ästhetik der
Wissenschaft
Dialog von Kunst und Technologie fördert Innovationen
Die enge Verzahnung von Kunst und Wissenschaft kann äußerst
produktiv sein. Dafür gibt es inzwischen viele Beispiele, etwa
das Exploratorium in San Francisco – eine Mischung aus Labor
und Museum und Vorbild für viele „Mitmachmuseen“ weltweit
(S. 22 bis 24). Auch wer fotografiert, weiß von der engen Laison
zwischen Kunst und Technik: Das verdeutlicht ein Interview mit
dem Fotografie-Professor Gerhard Vormwald über die Bildsprache
im multimedialen Zeitalter (S. 25 bis 27).
Inzwischen haben auch einige Unternehmen erkannt, wie
bereichernd es sein kann, nicht nur in harten Zahlen zu denken,
sondern auch mal kreativ zu sein. Deshalb binden sie Kunst in die
Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter mit ein (S. 28 bis 29).
Welche besonderen Produkte entstehen können, wenn Wissenschaftler und Künstler gemeinsam arbeiten, veranschaulicht
„BlingCrete“, ein lichtreflektierender Werkstoff (S. 30 bis 33).
verstorbenen Künstlers setzt der Architekt Diébédo Francis Kéré
fort, der das Dorf samt Opernhaus in nachhaltiger Bauweise
errichtet (S. 34 bis 35).
Häufig bedarf auch die Kunst wissenschaftlicher Methoden, um
optimale Ergebnisse zu liefern – etwa, wenn es um die Architektur von Konzerthäusern und deren Akustik geht. Damit befasst
sich Professor Michael Astroh (S. 36 bis 37). Ein aktuelles Beispiel
ist die Elbphilharmonie in Hamburg, für deren Wohlklang der
weltweit anerkannte Akustikexperte Yasuhisa Toyota sorgt (S. 38
bis 41).
Wissenschaft verständlich zu vermitteln, ist die Basis für interdisziplinäres Arbeiten und an sich eine Kunst, die sich aber erlernen
lässt. Wie das geht, zeigt das Nawik, ein neues Institut für Wissenschaftskommunikation (S. 42 bis 43).
Ein Gesamtkunstwerk mit praktischem Nutzen ist das Operndorf
in Burkina Faso von Christoph Schlingensief. Das Erbe des 2010
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Nicht nur lehrreich, sondern auch schön anzuschauen: Im
Exploratorium arbeiten Wissenschaftler und Künstler bei der
Erstellung der Exponate eng zusammen.
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Interview mit Marina McDougall vom Exploratorium San Francisco
„Kunst und Wissenschaft sind keine Gegensätze!“
Marina McDougall,
Direktorin des Mitmachmuseums Exploratorium in
San Francisco
Wie entwickelt sich das Klima und wie funktioniert eigentlich unser Gedächtnis? Spannende Fragen, denen die Besucher im Mitmachmuseum Exploratorium in San Francisco auf den Grund gehen können. Das Museum beherbergt
475 interaktive Ausstellungsstücke aus den verschiedensten Bereichen, etwa aus Astronomie oder den Naturwissenschaften. Auf den ersten Blick hat das recht wenig mit Kunst zu tun; dennoch arbeiten im Exploratorium zahlreiche
Künstler. Wie passt das zusammen? m:convisions sprach mit Marina McDougall, Direktorin des „Center for Art and
Inquiry“ des Exploratoriums, über das Zusammenspiel von Wissenschaft und Kunst.
Was ist die Idee des Exploratoriums? Kurz gesagt: Wir kreieren Erfahrungen, die Lust machen, die Welt, die uns umgibt,
zu entdecken. Das Exploratorium wurde 1969 von dem Physiker und Pädagogen Frank Oppenheimer als Mischung aus
Labor und Museum gegründet. Schnell wurde es ein Vorbild
für „Mitmachmuseen“ auf der ganzen Welt. Bislang hat das
Exploratorium zu mehr als 1.000 Ausstellungen in Museen auf
der ganzen Welt inspiriert. Heute sind wir führend in Sachen
informelles Lernen – also Lernen, das abseits von Institutionen wie Schulen und Universitäten stattfindet.
Was sollen Besucher erfahren, die das Museum besuchen?
Die Besucher sollen bei uns nicht unbedingt harte Fakten
lernen, obwohl wir viel Wissenswertes zu verschiedenen Themen wie den Wetterbedingungen auf dem Mars, der Genetik
des Zebrafisches oder der Art, wie wir Farben wahrnehmen,
bieten. Wir wollen aber vor allem dazu anregen, Fragen zu
Alltagsphänomenen zu stellen.
In erster Linie geht es im Exploratorium darum, Wissenschaften wie Physik und Chemie anschaulich darzustellen und zu
erklären. Wo ist da Raum für Kunst? Für uns sind sowohl
Kunst als auch Wissenschaft dazu geeignet, die Welt zu erforschen und das eigene Wissen zu vermehren. 2011 haben wir
eine Konferenz mit dem Titel „Kunst als Mittel des Erkenntnisgewinns“ veranstaltet. Dort haben wir intensiv über interdisziplinäres Lernen diskutiert und ganz neue Einsichten
gewonnen. Das Ergebnis war die Gründung des „Center for Art
and Inquiry“ hier bei uns im Museum. Wesentliche Bestandteile unseres Engagements in Sachen Kunst sind aber das „Artist-in-Residence“-Programm, über das das Museum seit den
1970er Jahren mit Künstlern unterschiedlichster Disziplinen
zusammenarbeitet, und unser spezielles Programm für Filmkunst. Nach unserem Umzug ans Pier 15 in San Francisco im
April 2013 werden wir noch mehr Kunstprojekte verwirklichen können. Geplant sind etwa groß angelegte Installationen
und Ausstellungen. Auch Projekte wie eine Bibliothek über
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MARKT
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Prominenter Platz am Pier 15: Im April 2013 eröffnet das Exploratorium in San Francisco seinen Neubau.
die Geschichte der San Francisco Bay oder eine großformatige Darstellung des typischen „fog“ – des Nebels – von San
Francisco, die es an unserem neuen Standort geben wird, sind
unter maßgeblicher Beteiligung von Künstlern entstanden.
Der Gründer des Exploratoriums, Frank Oppenheimer, hat
Wissenschaft und Kunst als sich gegenseitig ergänzende Arten, die Welt zu sehen, betrachtet. Können Sie das erklären?
Um diese Sichtweise zu verstehen, muss man wissen, dass in
Oppenheimers Familie sowohl die Wissenschaft als auch die
Kunst – besonders Malerei, Literatur und Musik – immer eine
große Rolle spielten. Für Frank Oppenheimer waren Wissenschaft und Kunst Möglichkeiten, unsere Wahrnehmung zu
beeinflussen und zu verändern und so die Welt zu verstehen.
Er hat die beiden Disziplinen nie als Gegensätze betrachtet,
wie es heute oft geschieht.
„Insofern sind Kunst und Wissenschaft keine Gegensätze; sie haben
nur unterschiedliche Blickwinkel auf
ein und dieselbe Sache.“
Kann Wissenschaft denn Kunst sein? Und kann Kunst umgekehrt Wissenschaft sein? Aus unserer Sicht ist die Welt eine
Einheit ohne Grenzen zwischen den einzelnen Disziplinen.
Wir verfolgen einen ganzheitlichen, interdisziplinären Ansatz. Insofern sind Kunst und Wissenschaft keine Gegensätze;
sie haben nur unterschiedliche Blickwinkel auf ein und dieseite 24
selbe Sache. Lassen sie mich ein Beispiel machen: Ein Baum
ist ein Baum. Aber natürlich betrachtet ein Wissenschaftler,
beispielsweise ein Botaniker oder Chemiker, ihn durch andere
Augen als ein Künstler, etwa ein Bildhauer. Die interessantesten Ideen entstehen ohnehin oft im Zusammenspiel von
Wissenschaft und Kunst. In der Vergangenheit gab es viele
Menschen wie Ernst Haeckel, Etienne-Jules Marey oder Jean
Painlevé, die sowohl als Wissenschaftler als auch als Künstler
tätig waren. Heute ist eine Zusammenarbeit beider Disziplinen aus meiner Sicht notwendig, um die wichtigsten Fragen
unserer Zeit zu klären. So unterschiedlich, wie man auf den
ersten Blick denkt, sind Wissenschaft und Kunst auch gar
nicht. Die Voraussetzungen sind dieselben: Sowohl Wissenschaftler als auch Künstler brauchen Kreativität und Vorstellungskraft, um etwas erforschen oder erschaffen zu können.
Joseph Beuy‘s Konzept der Sozialen Plastik versteht die Gesellschaft als Ganzes als ein großes Kunstwerk, an dem jeder
Mensch kreativ mitwirken kann. Beuys zufolge ist also jeder
Mensch ein Künstler. Gilt das denn auch für Wissenschaftler
wie Physiker oder Chemiker? Auf jeden Fall. Wenn man über
diese Frage nachdenkt, muss man den kulturellen Zeitgeist
einbeziehen. Dieser Zeitgeist leitet die Menschen in all ihrem Tun und verbindet die großen Entdeckungen und Paradigmenwechsel einer bestimmten Epoche miteinander.
Nehmen Sie zum Beispiel die Relativitätstheorie: Auch sie
wurde parallel zu anderen Paradigmen in Malerei und Musik
entwickelt. Es hängt also alles zusammen, eben auch Kunst
und Wissenschaft. Ganz nebenbei gesagt, waren erstaunlich
viele Nobelpreisträger auf den Gebieten der Physik und der
Chemie talentierte Musiker. April 2013
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Interview mit Gerhard Vormwald zur Bildsprache in den neuen Medien
„Welt-Realität als Photoshop-Simulation“
Die Rolle von Bildern hat sich im Zuge des Medienwandels rasant verändert. Wo wir vor 20 Jahren noch vorwiegend schwarz-weiße Bilder auf Zeitungspapier vorfanden, sehen wir uns heutzutage mit 78-teiligen Klickstrecken
auf Webseiten konfrontiert. Animierte oder bewegte Bilder buhlen um unsere Aufmerksamkeit. Verlangen die
neuen Medien auch nach einer neuen Bildsprache? m:convisions sprach mit dem in Paris lebenden Künstler Gerhard Vormwald, der als Professor für Fotografie an der Fachhochschule Düsseldorf lehrt.
Herr Vormwald, der Übergang von den analogen zu den digitalen Bildtechniken war sicher die einschneidenste technische Veränderung für die Fotografie? Das liegt auf der Hand;
der Wandel ist unaufhaltsam. Wer den Weg von analog zu
digital nicht voller Überzeugung mitgegangen ist, hat in der
Berufsfotografie nichts mehr zu melden. Die Auswirkungen
sind vielfältig: Die technischen Abläufe zwischen Auftragserteilung und Abgabetermin sind schneller geworden. Die
Bildsprache hat sich zu einem guten Teil auf Darstellungsformen verlegt, die bislang nur mit großem Aufwand möglich oder sogar gänzlich unmöglich waren. Durch direkte
Einflussnahme auf sein fotografisches Endprodukt ist der
Fotograf zunehmend autonomer. Fremde Laborarbeiten sind
weggefallen. Allerdings tummeln sich mittlerweile auch etliche Leute als Quereinsteiger in diesem Metier. Die Fotografenhonorare der mittleren Preisklasse sind im Keller. Und
da werden sie auch bleiben.
Kann man generell sagen, dass sich auch die Art, wie fotografiert wird, durch den technischen Fortschritt verändert hat?
Jeder kann heute mit seinem Telefon Fotos machen. Speicherplatz kostet nichts und ist im Übermaß vorhanden. Also kann
man, ohne groß nachzudenken, zu jeder Gelegenheit abdrücken. Eine Qualität dabei könnte sein, dass man auf einem
egozentrischen Weg eine lückenlose Lebensbeschreibung von
sich und seiner unmittelbaren Umwelt erstellen könnte. Die
Frage wäre dabei allerdings: Wen interessiert das?
Was folgt aus all diesen Veränderungen für die Bildsprache?
Gibt es bestimmte Standards, die die Kommunikation zwischen Bilderzeuger und Bildkonsumenten bestimmen? Es
würde zu weit führen, die Welten der Künstler-Fotografie,
der Profi-Fotografie und der Amateur- oder Laien-Fotografie
auf ihren Anspruch und ihre Verwendung hin zu analysieren.
Hier hat jede spezifische Erzeuger- und Konsumentengruppe
ihre eigenen Standards. Der geringste Anspruch an und die
Gerhard Vormwald,
Künstler und Professor für
Fotografie an der Fachhochschule Düsseldorf
chaotischste Verwendung von Fotografie fällt wohl der letzten Gruppe zu: der Masse der „unbedarften Knipser“. Wobei
sich die künstlerische Fotografie zuweilen der Attitüden von
Profi- und Amateurfotografie in ironisierender Weise bedient.
Durch die immer einfacher werdenden Möglichkeiten zur
Bildmanipulation haben Fotografien ihren – vermeintlich vorhandenen – Wahrheitsanspruch verloren. Ist das ein Problem?
Oder hat es den Wahrheitsanspruch nie gegeben? Ob Fotografie einen Wahrheitsanspruch hat, nur weil sie anscheinend
Realität abbildet, wurde vielfach kontrovers diskutiert. Die
erste Manipulation ist bereits die Wahl des Bildausschnitts.
Dieser wäre demzufolge dann auch nichts anderes, als die
individuelle Entscheidung des Fotografen über seinen Ausschnitt der Welt und deren fotografische Repräsentation im
Bild. Bereits die Pioniere der Fotografie haben nachweislich
ihre Bilder arrangiert, indem sie direkte Eingriffe in die Welt
des von ihnen Abzubildenden vorgenommen haben – was
natürlich eine mehr oder weniger kalkulierte Manipulation
der Bildaussage zur Folge hatte, von manuellen Retuschen
ganz zu schweigen.
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„Baustelle“ (Courtenay, Frankreich, 2011): In seinen neuesten Arbeiten befasst sich Vormwald mit „idealen Bildkonstruktionen“,
eher im Sinne von Malerei.
Aber auch heute bin ich immer wieder erstaunt, wie naiv
manche Bilder als Realität betrachtet werden und das Erstaunen doch groß ist, wenn man Manipulationen aufdeckt.
Eventuell hat sich die Wahrnehmung des neuen, die Welt
betrachtenden Menschen aufgrund der fortwährenden Bildmanipulationen schon so weit verändert, dass eine neue Sicht
auf die Welt damit einhergeht, er also auch in der Realwelt
schon mit allem zu rechnen hat, auf alles gefasst sein muss.
Welt-Realität als Photoshop-Simulation.
ich größten Wert darauf, dass die Studierenden über einen
Prozess der Selbstfindung den Weg zu ihren eigenen Bildern
finden. Authentizität und Intelligenz sind in Verbindung mit
Talent und Fleiss die Garanten für jene Bilder, die interessieren und die Kraft ihres menschlichen Kommunikationspotenzials in der Lage sind, vielleicht neue Varianten der
Bildsprache zu generieren. Und hierbei möchte ich bewusst
darauf verzichten, graduell zu unterscheiden, ob es sich dabei
um angewandte oder freie Arbeiten handelt.
Sie sind ja nicht nur Fotograf, sondern auch Wissenschaftler
und Lehrer: Wie bringen Sie Ihren Studenten bei, die „richtige“ Bildsprache zu finden? Eine „richtige“ Bildsprache kann
es nicht geben. Es könnte bestenfalls eine bevorzugte – oder
wenn man im Kunstkontext über Bilder spricht – eine kanonisierte Art und Weise der Darstellungsformen geben.
Als Lehrer muss ich in der Lage sein, die unterschiedlich
vorgeführten Bilddarstellungsformen zu benennen, diese
voneinander zu unterscheiden, um sie gesellschaftlich und
historisch einzuordnen. Erkenntnisse aus diesen Analysen
und Feststellungen können dann gegebenenfalls in kritischer
Form an die Studierenden weitergegeben werden. Dabei lege
Die Bildsprache wird ja zum Teil auch von formalen Kriterien
bestimmt: Quer- oder Hochformat? Oder gar im gerade so
hippen Quadrat? Farbeffekte, Lichteinstellungen, Tilt-ShiftOptik – sorgen hier die neuen Medien für mehr künstlerische Varietät oder sind das nur Trends in den altbekannten
Spielarten der Bildsprache? Größtenteils produzieren die
bereits eingebauten Kamera-Filter sowie unzählige Apps digitalisierte Effekte, die man früher schon mittels Filmwahl,
Entwicklungsmanipulationen, Effekt-Filter oder komplizierten Dunkelkammertricks erreichen konnte. Hier kommt ein
nostalgischer Spiel- und Experimentiertrieb auf seine Kosten.
Auch die Effekt-Filter der gängigen Bildbearbeitungsprogram-
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„Am Strand von Antibes“ (2011) (oben) und „Überfahrt“ (2012): Aufnahmen real vorgefundener Landschaftssituationen werden mit Versatzstücken aus
diversen Natur- und Stadtmotiven zu Ansichten von
Ideallandschaften zusammengeführt.
gemeinsame Nenner der „neuen“ Bilder – auch was Ausdruck
und Wirkung betrifft – im Vergleich zu früheren Zeiten die
Geschwindigkeit ist.
Aus Sicht des Fotografen: Hat das Endmedium eine Auswirkung darauf, wie ich etwas per Bild ausdrücken kann? Für
Filmleute ist die Antwort einfach: Fernsehschirm und Leinwand erfordern eigentlich immer mehr oder weniger schmale
Querformate. Schnelle Knipsbilder in gewöhnlich geringerer
Pixel-Auflösung eignen sich nicht für ein Printmedium, es
sei denn, ich möchte den Eindruck der pixeligen Knipsbildästhetik aus irgendeinem Grund aufrecht erhalten. Aber
wir sprechen hier von der Form und weniger davon, was ein
Bild inhaltlich formuliert. Der Transport und die Vermittlung
starker Inhalte ist weitgehend medienunabhängig.
Stichwort Soziale Medien: Auf Facebook und Co. spielen Bilder eine große Rolle. Der Erfolg von Bildern ist an „Gefällt
mir“-Klicks und Weiterleitungszahlen ablesbar. Ist relevant
also gleich gut? Man kann davon ausgehen, dass bei der Entstehung von fotografischen Bildern zum Gebrauch in sozialen Netzwerken ästhetische Kriterien nicht im Vordergrund
stehen. Gut und erfolgreich ist hier immer das, was auch
gefällt. Hier spielen Prädikate wie gut oder schlecht im Sinne
einer bildwissenschaftlichen Ästhetik eine weitgehend untergeordnete Rolle.
me werden gerne zur „Bildverschlimmerung“ verwendet.
Hier gibt es allerdings viele Neuerungen, die vormals analog nicht zu erzeugen waren. Ein ästhetischer Mehrwert der
Bilder ist dadurch aber damals wie heute nicht feststellbar.
Was sind die aktuellen Tendenzen in der Bildsprache? Gibt es
gar eine eigene Bildsprache für neue Medien? Es gibt unendlich viele Bildsprachen und viele Medien, die sich der Bilder
bedienen. Wir müssten also erst einmal unterscheiden, ob
wir – um zunächst bei den Printmedien zu bleiben – eine
Kunstzeitschrift, ein trendiges Modemagazin, eine Publikumsillustrierte oder gar die Bäckerblume vor uns haben. In allen
Objekten ist das Sender-Empfänger-Verhältnis aufgrund von
erlernten und gelebten Rollen-Codes genau austariert. Ändert
sich die Gesellschaft und ändern sich somit ihre Codes, so
ändern sich die Ausdrucksweisen der Bilder und der Sinn
ihrer Verwendung. Für das Web und seine immanente Vielfalt
gilt eigentlich das Gleiche. Bei den Tablets hat man durch
diverse Programmiermöglichkeiten aufregende Versionen der
Präsentation. Fotos, Bewegtbilder, Text und Ton gleichzeitig
bieten im erweiterten Designkontext einen hohen Unterhaltungswert. Abkürzend könnte man vielleicht sagen, dass der
Die erfolgreichen Social Media sind internationale Plattformen. Ist Bildsprache global verständlich? Oder gibt es auch
bei Bildern „Sprachbarrieren“? Aufgrund der Modernisierung
und totalen Vernetzung unserer Welt werden – in nachweisbaren Tendenzen zu Vorlieben und Abneigungen – „gängige“
Bildsprachen wie selbstverständlich eingesetzt und auch global verstanden. Ausnahmen bilden hier Darstellungen mit
ethisch, religiös oder sexuell fragwürdigen Inhalten. Aber
auch das wäre nur ein Beweis dafür, dass man die Bilder
verstanden hat. (lacht)
Die Menge an veröffentlichten Bildern ist gewaltig. Wie kann
man da noch die qualitativ hochwertigen herausfiltern? Früher dachte ich, dass beim Betrachten von allzu viel „Bildermüll“ eventuell Augenkrebs entstehen könnte. Heute weiß
ich, dass ich, gemäß Hölderlins Spruch „Wo Gefahr ist, wächst
das Rettende auch“, gelernt habe, alles auszublenden, was
mich bildmäßig nicht interessiert oder mir nicht gefällt. Ich
führe das auf einen unbewussten mutativen Prozess zurück,
der mir nun den nötigen optischen Schutz bietet. Qualität
allerdings nehme ich dafür umso stärker wahr. seite 27
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Mit Kunst die Persönlichkeitsentwicklung stärken
Theaterspielende Azubis und malende BWL-Studenten
Wirtschaft und Kunst – passt das zusammen? Auf den ersten Blick lassen sich die beiden Bereiche eher schlecht miteinander vereinen, möchte man meinen. Doch in Unternehmen finden Elemente darstellender wie bildender Kunst
zunehmend Eingang in die Aus- und Weiterbildung, etwa in Form von Seminaren und Workshops. Im Fokus dabei:
die Persönlichkeitsentwicklung der Mitarbeiter. Die dm-drogerie markt GmbH & Co. KG gilt als einer der Vorreiter,
wenn es um das Integrieren von Kunst in die Arbeitswelt geht.
Das Licht geht aus, der Vorhang öffnet sich – und die Herzen
der Schauspieler klopfen immer stärker, das Lampenfieber
steigt. Denn es sind keine professionellen Schauspieler, die
auf den Brettern stehen, die die Welt bedeuten. Es ist der große Tag junger Auszubildender des dm-drogerie markts, die vor
Familien, Freunden und Kollegen die Premiere ihres Bühnenwerkes präsentierten. Die Aufführung ist der Höhepunkt des
Theaterworkshops „Abenteuer Kultur“ und gehört neben den
weiteren Säulen „Lernen in der Arbeit“ und „Forum Schule“
bei dm fest zum Ausbildungskonzept: Während seiner Lehr-
zeit nimmt jeder Auszubildende zweimal an Theaterworkshops teil und erarbeitet gemeinsam mit Theaterleuten, wie
Schauspielern und Regisseuren, ein Bühnenstück. Für die
Themen- und Textwahl sowie die inhaltliche Gestaltung der
Workshops sind allein die Workshopleiter verantwortlich;
dm macht dabei keinerlei Vorgaben, um die künstlerischen
Prozesse nicht einzuschränken.
Ob Textcollagen aus literarischen und eigenen Texten oder
Neuinterpretationen von Klassikern oder modernen Bühnenwerken – der Kreativität der Jugendlichen sind bei „Abenteu-
Das besondere Konzept der Alanus Hochschule: Auch bei BWL-Studenten steht Kunst auf dem Stundenplan.
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er Kultur“ keine Grenzen gesetzt. Einzige Bedingung für die
Auszubildenden: Es geht darum, dass sie ihre bekannte Welt
verlassen und mit Neuem in Berührung kommen. Das gilt
insbesondere in Bezug auf Sprache und Ausdrucksmöglichkeiten – denn entstanden ist „Abenteuer Kultur“, nachdem
Professor Götz W. Werner, Gründer und Aufsichtsrat von dm,
auf den Aufsatz „Kindheit verstummt“ des Pädagogen Rainer Patzlaff aufmerksam wurde. Der Artikel beschreibt den
Sprachverfall der Kinder und Jugendlichen – dagegen will
dm mit „Abenteuer Kultur“ aktiv vorgehen und den kreativen
Umgang mit Sprache fördern.
Das eigene Selbstbewusstsein stärken
Eine der Ausbildungsabsolventen 2013 bei dm ist Marina
Janing. Für sie waren die Workshops ein Schlüsselerlebnis.
„Durch das Theaterspielen ist der Knoten geplatzt. Ich bin
plötzlich viel aufgeschlossener und freier auf die Kunden
zugegangen“, erzählt die dm-Mitarbeiterin, die vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag als beste Drogistin
2012 ausgezeichnet wurde. Auch wenn es für manche Azubis
anfangs schwer sein mag, sich auf das Abenteuer einzulassen
– letztendlich profitieren die Auszubildenden auf verschiedenste Weise. „Was die Lehrlinge durch ,Abenteuer Kultur‘
lernen und erfahren, ist individuell sehr unterschiedlich.
„Durch das Theaterspielen ist der Knoten
geplatzt. Ich bin plötzlich viel aufgeschlossener und freier auf die Kunden
zugegangen.“
Auf jeden Fall erleben sie, dass sie allein und in der Gruppe
etwas geschafft und geleistet haben, was sie sich vorher nie
zugetraut hätten – so überwinden sie Ängste und stärken ihr
Selbstbewusstsein; das trägt zur Persönlichkeitsentwicklung
bei“, fasst Christian Harms zusammen, der bei dm-drogerie
markt als Geschäftsführer für das Ressort Mitarbeiter verantwortlich ist. Seit 2001 setzt dm „Abenteuer Kultur“ bundesweit um. Rund 2.000 junge Menschen werden 2013 an 107
Workshops teilnehmen. Im Jahr 2004 erhielt dm für diesen
Baustein der Ausbildung den „Initiativpreis Aus- und Weiterbildung“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertages,
der Otto Wolff Stiftung und der Wirtschaftswoche.
Eigene Erfahrungen beim Theaterspielen sammeln und
sich persönlich weiterentwickeln – das können seit 2011 nicht
nur die Auszubildenden, sondern alle Mitarbeiter von dm.
MARKT
Beim Workshop „Theater(t)räume“, der sechs Tage innerhalb
von drei bis sechs Wochen umfasst, setzen sich die Teilnehmer
gemeinsam mit den Workshopleitern mit fremden Texten,
anderen Kulturen und unbekannten Themen auseinander –
und erweitern dadurch ihren Horizont maßgeblich.
Perspektivenwechsel von Wirtschaft zu Kunst
Einmal über den Tellerrand blicken, das können auch die
Studenten bei dm, die den Bachelor-Studiengang „Betriebswirtschaftslehre“ absolvieren. Denn die Vorlesungen finden
an der Alanus Hochschule statt – einer Lehreinrichtung, deren Schwerpunkt auf Kunst und Gesellschaft liegt. Unter dem
Motto „Wirtschaft neu denken“ kombiniert der Studiengang
betriebswirtschaftliches Fachwissen mit Inhalten aus Kunst,
Kulturwissenschaften und Sprachen. Deshalb stehen neben
Grundlagenwissen zu bildenden und darstellenden Künsten
auch interdisziplinäre Kunstübungen und eigenständige
Kunstprojekte auf dem Vorlesungsplan. Ob Töpfern, Tanzen,
Bildhauen oder Zeichnen – die Kunstmodule sollen die Studierenden dabei unterstützen, ihre Wahrnehmung zu schärfen
und Mut zu kreativem Handeln zu entwickeln. „Es fördert
die Flexibilität im Denken und die kreative Gestaltungskraft
der Studierenden, wenn sie sich gleichzeitig mit Kunst an
der Hochschule, Kultur im Unternehmen und mit betriebsund volkswirtschaftlichen Zusammenhängen beschäftigen“,
ist Professor Götz W. Werner überzeugt. Damit leistet Kunst
als fester Studienbestandteil einen entscheidenden Beitrag
zur Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden: Indem
sie ihre eigenen Grenzen austesten und sogar überschreiten,
lernen die Studierenden, Entscheidungs- und Gestaltungsblockaden zu überwinden. Damit vertiefen sie ihre Fähigkeit,
auch in schwierigen Situationen im beruflichen Alltag Probleme schnell und ganzheitlich wahrnehmen und geeignete
Lösungsansätze entwickeln zu können. Gleichzeitig leisten
die Module einen Beitrag dazu, dass die Studierenden ein
Kultur- und Wertebewusstsein entwickeln, Kompetenzen, die
im späteren Berufsleben unabdingbar sind. Kunstmodule als
unbekanntes Abenteuer für BWL-Studenten – ein Baustein,
der zeigt, wie Wirtschaft von Kunst lernen kann. seite 29
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Ein Material wie ein Kunstwerk:
der Werkstoff „BlingCrete“.
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BlingCrete vereint Leichtigkeit und Schwere
Beton im Dialog mit Licht
Schwer, massig und undurchdringlich – so ist der Werkstoff Beton, der seit 100 Jahren verbaut und inzwischen universell eingesetzt wird, beaknnt und vertraut. Mit Beton etwas Neues anzustellen, ihn über die Funktionalisierung
seiner Oberfläche zu reinterpretieren, das ist der Ansatz einer transdisziplinären Arbeitsgruppe aus bildenden Künstlern, Architekten und Materialforschern. Sie hat mit BlingCrete einen reflektierenden Werkstoffverbund aus Beton
und Glas entwickelt.
Die Geschichte von BlingCrete beginnt mit einer Notlage: Vor
zehn Jahren gewann Heike Klussmann, heute Kunstprofessorin an der Universität Kassel, zusammen mit „netzwerkarchitekten“ den Wettbewerb für den Neubau der Düsseldorfer
U-Bahn mit einem Entwurf aus lichtreflektierenden Oberflächen. Doch die Umsetzung drohte zu scheitern, da existierende Materialien aus Kunststoff oder Aluminium nicht feuerfest
waren. Hieraus ist die Idee zu BlingCrete entstanden. „Ich
wollte die positiven Eigenschaften von Beton mit der Eigenschaft Lichtreflexion verbinden. Wir haben nach der besten
Lösung geforscht und experimentiert. Jetzt wird das optische
Phänomen durch Mikroglaskugeln erzeugt, die in die Oberfläche eingebettet werden“, sagt Heike Klussmann. Die Vorteile
des Werkstoffverbunds sind die Abriebfestigkeit, der eigene
Materialcharakter und die Zulassung als Bauprodukt. Aktuell sind beispielsweise eine U-Bahn-Station, ein Haus am See
und die Außenraumgestaltung für die Technische Universität
Berlin in der Planung.
Fertigteile nach Wunsch
Handwerklich besteht BlingCrete aus zwei Komponenten, die
auf den ersten Blick gar nicht zusammenpassen: Glas und
Beton. Es kommt auf die Rezeptur des Betons an und auf die
Alkaliresistenz des Glases, damit es sich mit Beton verträgt.
Zudem sind die Oberflächenbehandlung und die Reflexionsintensität der Glaskugeln interessant. Entscheidend für die
Rückstrahlkraft sind die Rundheit und die Klarheit der Perlen sowie der Verbund der Mikroglaskugel mit der Matrix. Die
Kugeln werden über eine Matrize zu 51 Prozent eingebettet.
Das eine Prozent über der Hälfte hält die Kugel mechanisch
fest. BlingCrete wird im Fertigteilverfahren hergestellt. Dabei können die Kugelgrößen, die Kugelzahl pro Kugelgröße,
das Surfacelayout sowie die Farbe der Matrix individuell und
projektspezifisch bestimmt werden. Die Bauteilgröße kann bis
zu einem Transportmaß von vier mal sechs Metern reichen.
Die übliche Materialstärke sind zwei Zentimeter. Neben anderen Folgeprojekten entwickelt die Arbeitsgruppe über eine
stromproduzierende Veredelung der Betonoberflächen einen
energieerzeugenden Beton.
Architektur visuell in Bewegung
„BlingCrete ist die Konzeption einer subtilen Oberfläche,
die es schafft, zwischen Materie und Licht zu vermitteln,
und so indirekt auf das Verhältnis von Masse und Oberfläche
verweist“, sagt Architekt Thorsten Klooster. Die BlingCreteOberfläche reflektiert Licht je nach Lichtquelle und nach der
Bewegung der Passanten. Sie repräsentiert somit keinen statischen energetischen Zustand. „BlingCrete erlaubt, fließende
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Die Mikroglaskugeln können
im Beton in beliebiger Weise
angeordnet werden – auch
als Piktogramme.
Übergänge zu formulieren und so die Architektur visuell in
Bewegung zu versetzen. Die besondere entmaterialisierende Ästhetik entsteht durch den dauerhaften Dialog mit dem
Licht“, sagt Thorsten Klooster.
Kunst als Wissensfeld
Ist BlingCrete Kunst? Und inwiefern bedingen sich bei diesem
Projekt Kunst und Wissenschaft? Diese grundsätzlichen Fragen analysiert Heike Klussmann so: „Kunst ist nicht nur das
Erzeugen von Objekten, sondern Kunst ist für mich vor allem
ein Wissensfeld, in dem Fragen gestellt und Probleme gelöst
werden. In unseren Projekten überlagern sich künstlerische
Strategien, Grundlagenwissenschaft und anwendungsorientierte Ingenieurswissenschaft.“ Außergewöhnlich sei, dass
Arbeitsmethoden aus künstlerischen und aus wissenschaftlichen Disziplinen im jeweils anderen Kontext als dem eigenen
angewandt würden. Daraus und aus der Zusammensetzung
und der Offenheit der Gruppe entstehe eine unglaubliche
„In unseren Projekten überlagern
sich künstlerische Strategien, Grundlagenwissenschaft und anwendungsorientierte Ingenieurswissenschaft.“
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Dynamik. Gesellschaftliche Fragen seien heute so komplex,
dass sie meist nicht von einer Fachrichtung beantwortet
werden könnten; es gehe um Austausch, Zusammenarbeit,
Kooperation. „Wir brauchen heute Multiperspektivität, um
gesellschaftliche Fragen, um praktische Fragen zu lösen“,
fordert Heike Klussmann.
Modell für transdisziplinäre Forschung
Gleichzeitig steigen der Beobachtung von Thorsten Klooster
zufolge die Ansprüche an moderne Materialien immer weiter.
Er vertritt die Auffassung, dass sich im Hinblick auf ihre
fortschreitende Technologisierung einiges Ideenpotenzial
aus dem Austausch zwischen Wissenschaften wie experimenteller Physik oder nanotechnologischer Forschung, Architektur-Design und künstlerischer Forschung gewinnen
lässt. Die Entwicklung von BlingCrete ist aus einem solchen
Zusammenspiel entstanden: „Für uns hat sich BlingCrete aus
der Analyse und der kreativen Interpretation solcher Gegensätze von der Ebene der bildenden Kunst über den Weg der
Materialentwicklung zu einem Experimentalsystem fortgeschrieben“, sagt Thorsten Klooster. Dabei würden in gleicher
Weise künstlerische wie wissenschaftliche Fragestellungen
angestoßen und der Dialog darüber befördert. Die inhaltlichen Facetten des Begriffs „Oberfläche“ definierten hier einen interdisziplinären Verhandlungsraum, in dem sich das
Projekt entfalte. DasFazit Thorsten Kloosters: „BlingCrete ist
eine Materialentwicklung und – für uns – das Modell eines
transdisziplinären Forschungsprozesses.“
April 2013
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Der Standarddurchmesser
der Glaskugeln beträgt vier
Millimeter, die Lichtreflexion
funktioniert jedoch auch im
Großmaßstab.
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Diébédo Francis Kéré baut Schlingensiefs Operndorf
Die Befreiung der Kunst von der Konvention
Rotbrauner, staubiger Lehmboden, ein paar Felsbrocken, einige Ziegen, irgendwo in Afrika – kein geeigneter Platz,
um ein Opernhaus zu bauen. Das denkt der vernunftgelenkte Europäer. So hatte auch Diébédo Francis Kéré gedacht.
Bis er Christoph Schlingensief kennenlernte. Der 2010 verstorbene Regisseur und Aktionskünstler war bekannt für
seine unglaublichen Ideen, das Operndorf in Burkina Faso war eine davon. Die Fertigstellung des Projekts hat Schlingensief nicht mehr erlebt – doch die Arbeit daran geht weiter. Kéré, der Architekt des Dorfes, ist überzeugt davon,
dass der Traum des verstorbenen Künstlers ganz in dessen Sinne Wirklichkeit wird.
Diébédo Francis Kéré ist ehrlich: „Ich muss zugeben, dass ich
das Ganze erst für ein Hirngespinst gehalten habe. Auch, weil
ich die Kosten wahnsinnig hoch fand.“ Doch der Charismatiker Schlingensief überzeugte ihn mit seinem Enthusiasmus.
Kéré, international bekannter Architekt mit Büro in Berlin,
ist in Burkina Faso aufgewachsen. Als 19-Jähriger kam er nach
Deutschland. Damit war Kéré für Schlingensiefs Projekt die
ideale Besetzung: Ein Einheimischer, der in beiden Kulturen zu Hause ist – ein Mittler zwischen Europa und Afrika.
Soll das Dorf doch zu einer Begegnungsstätte der Künste und
Kontinente werden.
Der Grundgedanke: Die Menschen erlernen nicht nur verschiedene Kunstformen wie Film, Theater oder Fotografie; sie
lernen durch die Kunst auch fürs Leben. Schlingensief folgte
dem Beuys’schen Kunstbegriff der „sozialen Plastik“, dem
zufolge jeder Mensch durch kreatives Handeln zum Wohle der
Allgemeinheit beitragen könne. „Er sah Kunst als Einheit und
als Erfahrung. Mit dem Operndorf wollte Christoph einen Ort
zum Leben und Arbeiten für Künstler schaffen. Es soll eine
Art Gesamtkunstwerk werden“, erklärt Kéré.
Grundsteinlegung war im Januar 2010 in Laongo, einem
Dorf in der Nähe von Burkina Fasos Hauptstadt. Schule, Krankenstation und Festspielhaus sind die zentralen Bauten, dazu
Wohn- und Gästehäuser, Café und Restaurant. Alles soll gemeinsam mit den dort lebenden Menschen experimentell entwickelt werden. Der Bau erfolgt in Etappen: Anfang Oktober
2011 eröffnete die Schule, die Krankenstation wird bald fertig
sein. „Als nächste Schritte folgen der Bau der Wohnräume, die
Erweiterung der Schule um drei Klassen sowie die Haupthalle
der Anlage. Zudem werden in den kommenden Monaten noch
zehn weitere Wohnhäuser entstehen“, berichtet Kéré. Die
Form des Dorfes orientiert sich an der Bauweise traditioneller
afrikanischer Dörfer, wo die Hütten wie bei einem Schneckenhaus kreisförmig um einen zentralen Platz angesiedelt
sind. Auf dieser Art Marktplatz wird das Festspielhaus stehen.
Das Zentrum wird eine klassische Bühne, die es bereits gibt.
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Diébédo Francis Kéré,
Architekt mit Büro in Berlin
und Wurzeln in Burkina Faso
Sie stammt von der Ruhrtriennale. „Um sie herum habe ich
meine Ideen entwickelt“, erklärt Kéré.
Zurück zur Ursprünglichkeit von Kunst
Was genau im Opernhaus passieren soll, bleibt den Menschen
vor Ort überlassen – egal ob Schauspiel, Gesang oder Trommelkonzerte. Die Dinge sollen von sich aus entstehen, die bei uns
so verinnerlichte Trennung von Kunst und profanem Leben
ausgeblendet werden. Das war dem Provokateur Schlingensief, der gerne alles auf den Kopf stellte, wichtig: die Realisierung einer freien, ursprünglichen Kunst fernab von europäischer Ziel- und Zweckgerichtetheit. „Ich will mal endlich
Geld geben, ohne dass ich was dafür bekomme. Ich will von
Afrika was lernen, ich will nichts mehr diktieren, ich kann
denen auch gar nichts mehr diktieren“, schrieb Christoph
Schlingensief im Juni 2010, drei Monate vor seinem Tod. So ist
„Von Afrika lernen“ das Motto des Operndorfs. Es bezieht sich
auf eine Aussage des ehemaligen Bundespräsidenten Horst
Köhler, der das Dorf bereits besucht hat. Den Afrikanern soll
keine fremde Kultur aufgezwungen werden. „Es funktioniert
nicht, Ideen woanders zu entwickeln und dann eins zu eins
auf Afrika zu übertragen“, sagt Kéré.
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Die Schule des Operndorfes: Eine spezielle Dachkonstruktion sorgt im Innern für angenehme Temperaturen.
Im Operndorf sieht Kéré eine Chance für die ländliche Bevölkerung: „Burkina Faso gilt auch als ‚Hauptstadt‘ des Films
und des Theaters in Afrika. Es ist eine Kunstmetropole.
Aber dem Land fehlen die Mittel, Strukturen zu schaffen.
Das Operndorf könnte dafür einen Anstoß geben.“ An der
Schule im Operndorf lernen derzeit 50 Kinder. Auf ihrem
Stundenplan steht nicht nur Schreiben, Lesen und Rechnen,
sondern auch Malen, Singen und Tanzen. Sie sollen vor allem
kreativ sein.
Preisgekrönte ökologische Bauweise
Bei allem Faible Schlingensiefs für das Fantastische achtete er
bei der Bauweise des Dorfes auf ganz irdische Dinge – die Ökologie. „Meine nachhaltige Art, zu bauen, hat Christoph sehr
beeindruckt“, erzählt Kéré. 2004 erhielt er den Aga-KhanAward, den höchstdotierten Architekturpreis der Welt, für
den Bau einer klimagerechten Schule in seinem Heimatdorf
Gando. Kéré hat eine Technik entwickelt, Lehm so anzumischen, dass er dem Regen standhält. Um die Lehmziegel herzustellen, braucht es nur ganz wenig Wasser und Strom. Sie
können vor Ort von den Menschen hergestellt werden. Eine
spezielle Dachbautechnik lässt die Luft zirkulieren und sorgt
auf natürlich Weise – ganz ohne Strom – für angenehme 25
Grad bei einer Außentemperatur von 40 Grad im Schatten.
Das ganze Dorf soll auf diese Weise entstehen.
Etwa zwei Mal im Monat ist Kéré in Burkina Faso vor Ort:
„Ich möchte dafür sorgen, dass die künstlerische Idee, die
Christoph und ich geteilt haben, eingehalten wird.“ Häufig
fährt er auch gemeinsam mit Christophs Witwe Aino Laberenz nach Afrika. Die Kostüm- und Bühnenbildnerin führt
das Projekt ehrenamtlich fort. Über die „Festspielhaus Afrika gemeinnützige GmbH“ sammelt sie Spendengelder. Eines
der Ziele des Projektes ist, dass dieses mehr und mehr in die
Hände der Menschen vor Ort übergeht. Das scheint zu gelingen. Das Operndorf werde von den Einheimischen sehr gut
aufgenommen, so Kéré. Und was können die Europäer von
Afrika lernen? „Generell Gelassenheit. Afrikaner sind eher
zufrieden mit dem, was sie haben, sie sind genügsamer und
haben viel mehr Lebensfreude als die Menschen in Europa.“
www.operndorf-afrika.com
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Erkenntnis und Erleben in Kunst und Architektur
Über die Entwicklung der Konzerthausakustik
von Professor Michael Astroh
von Prof. Michael Astroh
Architektur und Musik zeichnet ein Anspruch aus, der in anderen Künsten zumeist fehlt. Sie faszinieren sinnlich,
bringen in der Regel jedoch nichts prägnant zur Anschauung. Im Wandel von Klängen werden Einheit und Ordnung des
musikalischen Werks lebendig und als gültiger Ausdruck erfahrbar. Dargestellte Inhalte fehlen jedoch. Auch Übergänge
von Räumen zu Räumen prägen zwar körperliche Bewegungen mit- und gegeneinander, doch stellt sich darin nichts
dar. Die Kunst der Architektur ist ein bloßer Ausdruck von Grundgestalten, in denen Menschen gemeinsam leben.
Kunst zielt auf verbindliches Erleben hin. Wissenschaft sucht
allgemeingültige Erkenntnis. Ihre Gegenstände sind letztlich
Maß ihrer Geltung. Künstlerischer Ausdruck hingegen kann
unabhängig von solchen Bezügen gültig sein. Er lässt uns
die Kultur, an der wir Anteil haben, als Möglichkeit und Beschränkung unserer je eigenen, prekären Existenz erleben. In
der Annäherung an ihre Werke werden die Grenzen erfahrbar, innerhalb derer eine Kultur Lebensweisen und zugehörige Formen sinnlicher Erfahrung ausprägt. Die innovativen
Leistungen der Kunst sind somit ein kultureller Garant einer
offenen und freien Lebensgestaltung. Wissenschaft kann sich
ohne diese Offenheit nicht wahrhaft entfalten. Denn ohne
Verständnis für schöpferische Leistungen in Ausdruck und
Gestaltung können auch begriffliche Innovationen, die Wissenschaft auszeichnen, sich nicht frei entwickeln.
Innovation in den Künsten ist jedoch ihrerseits von wissenschaftlichen Leistungen zumindest auf zweifache Weise abhängig. Zum einen können konzeptionelle, zum anderen technische Fortschritte für künstlerische Neuerungen verantwortlich
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sein. So sind Architektur und Musik in der abendländischen
Geschichte vorrangig in Einheit mit den Wissenschaften auf
den Plan getreten. Schon in der griechischen Antike und erneut in der italienischen Renaissance wurde Architektur mathematisch, nach Maßgabe der Lehre von den Proportionen
konzipiert. Weitaus entschiedener kommen in der zeitgenössischen Architektur Verfahren der Ingenieurswissenschaften,
aber auch Technologien der neuen Medien zum Einsatz.
Architektur und Musik als Wissenschaften
Keine der europäischen Künste – ausgenommen die Musik –
ist von Beginn an als ein Bestandteil von Wissenschaft oder
selbst als eine Wissenschaft verstanden worden, die überdies
elementare, kosmologisch maßgebliche Beziehungen zu erfassen weiß. Mit dem Aufschwung der Natur- und Geisteswissenschaften im 19. Jahrhundert konnten sich auf dem
Hintergrund dieser großen intellektuellen Tradition Konzeptionen des musikalischen Klangs entwickeln, die auf die
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Konzerthäuser von schlicht bis opulent: Belfast, Ulster Hall (re.), und Monaco, Opéra de Monte-Carlo, Salle Garnier.
Hörgewohnheiten von Liebhabern sogenannter klassischer
oder romantischer Musik keine Rücksicht nehmen.
Doch auch technische Impulse, die zunächst vielleicht
irrelevant scheinen, haben in der jüngeren Musikgeschichte erhebliche Wirkungen erzielt. Eine so differenzierte und
weitläufige Klanggestaltung, wie sie Orchesterwerken zum
Beispiel von Richard Strauss, Gustav Mahler oder Alban Berg
wesentlich ist, konnte nur mit Hinblick auf die großartig
angelegten Konzerthäuser gelingen, die das Konzertwesen
jener Zeit international zu realisieren wusste.
Musik wird reproduzierbar
Über bau- und raumakustische Errungenschaften hinaus haben wissenschaftliche und technologische Leistungen in den
Bereichen der Elektroakustik und Informatik das gesamte
Musikwesen grundlegend gewandelt. Erst unter ihrem Einfluss wurde Musik unabhängig von ihrer Notation reproduzibel, ihre wiederholte Aufführung elektronisch modifizierbar.
Insbesondere wurden im Zuge dieser Entwicklung neuartige Formen der Klangerzeugung gewonnen, sodass sich im
vergangenen Jahrhundert neue Arten musikalischer Kunst
entwickeln mussten und als solche zu rechtfertigen waren.
Umfassende technische Innovationen haben seit dem
ausgehenden 19. Jahrhundert die akustische und visuelle
Verfassung unserer gesamten Lebenswelt gewandelt. Es wäre
äußerst naiv, diese Errungenschaften als frei verfügbare Dispositionen aufzufassen. Offensichtlich ist ihr Einsatz an kul-
turelle und soziale, ökonomische wie politische Interessen
gebunden. Schon die komplexen, kostenintensiven Kontexte,
in denen sie gewonnen und wirksam werden, verhindern
ihren unbeschränkten Einsatz. Überdies sind technische Möglichkeiten nicht schon ästhetische Verfahren. Wie der Einsatz
digitaler Medien in der Filmindustrie nur allzu häufig zeigt,
führt erst ein reflektierter Einsatz technischer Innovationen,
der vorrangig mit ihren Grenzen rechnet, in den Bereich der
künstlerisch anspruchsvollen Ergebnisse.
Dies gilt für prestigeträchtige Sphären der Kunst wie Architektur und Musik nicht minder als für populäre Bereiche
wie Film. Zahlreiche Konzerthäuser der Gegenwart dienen
vor allem einer auch technisch höchst anspruchsvollen Aufführung historischer Musik, obwohl es heute doch nur Werke
der Gegenwart sein können, an denen sich der technische
Fortschritt ästhetisch hinreichend bewährt. Manfred Hamm/
Michael Astroh (Hg.):
Konzerthäuser.
m:con Edition, 98 Euro.
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Yasuhisa Toyota designt Akustik in der Elbphilharmonie
Der Herr des perfekten Klangs
Allein der äußere Anblick beeindruckt: 1.700 Pfähle aus Stahlbeton, Grundmauern von 37 Metern Höhe und eine
Gesamthöhe von 110 Metern – die Elbphilharmonie wird einmal das zweithöchste Gebäude Hamburgs sein. Auch
das Innere des schiffsförmigen Neubaus, der direkt auf das ehemalige Lagerhaus „Kaiserspeicher A“ aufsetzt, hat das
Zeug, etwas ganz Besonderes zu werden: Der Konzertsaal soll den Traum von der perfekten Akustik verwirklichen.
Er ist das Herzstück des Bauprojekts und kein Geringerer als der derzeitige „König“ unter den Akustikdesignern, der
Japaner Yasuhisa Toyota, ist hier am Werk.
Yasuhisa Toyota,
einer der renommiertesten Experten für
Akustik weltweit
„Wie niedlich!“, möchte man ausrufen bei diesem Anblick:
In einem fünf mal fünf Meter großen Sperrholzmodell eines
Konzertsaals sitzen 2.000 kleine Püppchen. Sie tragen schallschluckende Filzgewänder und Mützchen. Kinderspielzeug?
Keineswegs. Hier handelt es sich um solide Wissenschaft.
Die Filzfiguren stehen tagein, tagaus im Dienst der Akustik
– einer Lehre, die sich dem Schall und seiner Ausbreitung
widmet. Sie ist interdisziplinär und nutzt Kenntnisse aus
der Physik, der Nachrichtentechnik, der Materialwirtschaft,
aber auch der Psychologie.
Weltweit anerkannter Experte auf diesem Gebiet ist der
Japaner Yasuhisa Toyota. Er nutzt den Nachbau im Maßstab
1 : 10, um die Akustik zu vervollkommnen. „Mit dem Holzmodell haben wir das Echoverhalten des Raumes getestet. Es
ist ein sehr hilfreiches Werkzeug, um unerwünschte Effekte
im Vorfeld zu umgehen“, erläutert Toyota. Um die Akustik
so präzise wie möglich zu simulieren, wendet er zudem noch
weitere Messverfahren und äußerst komplexe Rechenmodelle
an. Auch überwachte er das von den Architekten Herzog &
de Meuron entworfene und entwickelte Raumdesign, das er
mit speziellen akustischen Messtechniken und Computersimulationen optimierte. Denn die Elbphilharmonie verfolgt
den Anspruch von der perfekten Akustik. Dass er dieses Ziel
erreichen wird, ist sich Toyota lange vor der Fertigstellung
des Gebäudes sicher: „Die Akustik der Elbphilharmonie wird
einzigartig sein. Ich gehe davon aus, dass der Große Saal zu
den akustisch besten Konzertsälen der Welt zählen wird.“
Intime Atmosphäre trotz großer Halle
Toyota hat weltweit Konzerthäusern ihren akustischen
Feinschliff verpasst: in St. Petersburg, Helsinki, Kopenhagen, Tokyo und Sapporo. Der große Durchbruch gelang dem
Japaner mit der 2003 eröffneten Walt-Disney-Hall in Los
Angeles. Gebaut nach den Plänen des Stararchitekten Frank
Gehry, zählt sie nicht nur wegen ihrer modernen Architektur,
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sondern auch wegen ihrer herausragenden Akustik zu den
bedeutendsten Konzerthallen der Welt. Die Sitzplätze verteilen sich wie in einer Arena in steil ansteigenden Gruppen um
das Podium herum. Hinter dem Konzept steht die Idee, den
Schall so unmittelbar wie möglich auf das Ohr des Zuhörers zu
leiten – er soll sich körperlich eingebunden fühlen. Trotz der
„Wenn man es als Akustiker schafft,
dass das Publikum die Distanz zur
Musik nicht mehr wahrnimmt, hat
man gute Arbeit geleistet.“
2.265 Sitzplätze vermittelt der Saal eine intime Atmosphäre.
Dieser Faktor der Intimität spielt für Toyota eine zentrale
Rolle: „In einem Konzertsaal sind die Musiker als Klangquelle
mehr oder weniger weit vom Zuhörer entfernt. Wenn man es
als Akustiker schafft, dass das Publikum die Distanz zur Musik nicht mehr wahrnimmt, hat man gute Arbeit geleistet.“
Auch dem Konzertsaal in der Elbphilharmonie verleihen
Herzog & de Meuron diesen innigen Charakter, indem sie das
Podium fast in der Mitte des Konzertsaals positionieren. Es
handelt sich bei dieser Anordnung um das „Weinberg“-Modell, dem sich Toyota verschrieben hat. Anders als bei der
klassischen „Schuhschachtel“ – ein rechteckiger Saal, in dem
das Publikum den Künstlern gegenübersitzt – gruppieren sich
die 2.150 Zuhörer kreisförmig um das Orchester herum. Den
innigen Effekt verstärken in der Elbphilharmonie die Abstände zwischen den Rängen von rund 35 Metern, wodurch
Publikum und Musiker nah beieinander sitzen.
Gipsplatten statt Stuck
Einfluss auf die Akustik hat aber nicht nur das Design des
Saals. Vielmehr verleihen ihr exakt bemessene Erhebungen
und Vertiefungen in der Wand den letzten Schliff. In alten
Konzertsälen übernehmen Stuckverzierungen und Ornamente diese Funktion, in der Elbphilharmonie arbeiten Herzog
& de Meuron mit Gipsplatten, die individuell nach den berechneten Computerdaten gefräst werden. 10.000 an der Zahl
sind es in der Elbphilharmonie. Sie streuen den Schall in
Die Eröffnung ist für 2017
geplant: Dann können
sich hier im Foyer die
Besucher verweilen.
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So soll der Große Saal der Elbphilharmonie einmal aussehen: Auf 2.150 Sitzplätzen gruppieren sich die Zuhörer um das Orchester
herum. Für den perfekten Klang wird ein am Deckengewölbe befestigter Reflektor sorgen.
alle Richtungen und vermeiden so gefürchtete Echos. Doch
selbst entsprechende Wandverkleidungen reichen nicht aus.
Ganz am Ende der Messungen werden sogar einige Winkel der
obersten Balkone verändert, um den Anspruch vom perfekten
Klang zu verwirklichen.
Ein weiteres Element in Toyotas Akustik ist der sogenannte Reflektor, ein trichterförmiger Apparat, der am Deckengewölbe befestigt wird und im Wesentlichen für die Bühnenakustik notwendig ist. Bestimmte Reflexionen – wenn sich
eine Schallwelle an der Wand bricht und zurückgeworfen
wird – lassen sich teilweise nur schwer erzielen. Deshalb
müssen die Reflexionen von oben kommen. Dafür sorgt der
Reflektor: Er soll den aufsteigenden Klang gleichmäßig im
Raum verteilen, insbesondere jedoch auf die Bühne zurückreflektieren.
Stehen die entscheidenden Elemente für die spätere Akustik, also die Form des Saals, das Material der Wände und die
Decke, fest, sind größere Veränderungen nicht mehr möglich.
Kleine Korrekturen lassen sich jedoch auch nach der Fertigstellung des Konzertsaals noch umsetzen: „Am leichtesten
lässt sich die Akustik nachträglich durch Änderungen im Bühnenbereich verbessern, durch Anordnung der Orchestermusiker auf unterschiedlichen Ebenen oder durch die Manipulation des akustischen Raums hinter dem Orchester. Wir können
also auch später noch – in begrenztem Maße – korrigierend
eingreifen“, erklärt Toyota. Obwohl die Lehre von der Akustik
eine ziemlich exakt berechenbare Wissenschaft ist, bleibt am
Ende doch noch ein unberechenbarer Faktor – der Mensch
mit seinen Hörgewohnheiten und seiner individuellen Wahrnehmung. Dessen ist sich auch Toyota bewusst: „Die Akustik
eines Konzerthauses lässt sich nicht allein physikalisch messen, weil sie auch sehr viel mit dem subjektiven Empfinden
zu tun hat.“ Was letztendlich gefällt – diese Entscheidung
liegt beim Rezipienten. Wenn also die in Filz gekleideten
Püppchen in den Ruhestand gehen und leibhaftige Zuhörer
im fertiggestellten Konzertsaal der Elbphilharmonie sitzen,
kann man gespannt sein auf den perfekten Klang. seite 41
MARKT
Neues Institut macht Forscher fit für den Dialog mit der Öffentlichkeit
Die Kunst der Wissenschaftskommunikation
Kinder-Uni, FameLabs, Science Slams und eine Vielzahl an Forscherblogs zeigen: Wissenschaft kann für alle
verständlich sein. Das Interesse der Bevölkerung an Forschungsthemen ist groß, doch noch immer gibt es an
den Universitäten zu wenige Angebote, die die Wissenschaftler für den Dialog mit der Öffentlichkeit fit machen.
Im Herbst 2012 gründeten die Klaus Tschira Stiftung und das Karlsruher Institut für Technologie das Nationale
Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik), das diese Lücke schließen will. Kooperationspartner ist die
Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft.
Die Welt wird immer komplexer. Ob Energiewende, Klimaschutz, Krankheiten oder Eurokrise – wer mitreden will,
muss verstehen. Doch häufig scheitert der Dialog zwischen
den Experten und der Öffentlichkeit an gegenseitigem Unverständnis. „Wir brauchen eine bessere Wissenschaftskommunikation, weil es sehr viele Debatten gibt, die an einer
Mischung aus Ignoranz und Arroganz kranken“, fordert Professor Carsten Könneker, Direktor des NaWik und Chefredakteur von „Spektrum der Wissenschaft“. In letzterer Funktion
gestaltet er tagtäglich den Dialog zwischen Forschung und
Öffentlichkeit aktiv mit. „Eine gute Wissenschaftskommunikation gewährt Einsicht in die Hintergründe, ist verständlich
und nimmt das Gegenüber als Gesprächspartner ernst,“ ist
er überzeugt.
Eine wachsende Zahl an Wissenschaftlern engagiert sich
bereits dafür, komplexe Forschungsinhalte unterhaltsam und
einfach verständlich zu vermitteln. Es tut sich viel in allen
Fachbereichen und für alle Altersstufen. In den vergangenen
Jahren entstanden neue, kreative Formate wie die Kinder-Uni
oder Science-Cafés, in denen die Wissenschaftler mit Schülern
in entspannter Atmosphäre über ihre Arbeit plaudern. Auch
Science Slams oder FameLab-Wettbewerbe, bei denen Forscher
auf unterhaltsame Weise ihre Projekte präsentieren, erfreuen
sich wachsender Beliebtheit.
Ein interdisziplinäres Konzert
Nicht zuletzt beschleunigt auch die Digitalisierung die Öffnung der Wissenschaft. In Blogs, per Twitter oder über Facebook können die Wissenschaftler mit der Community direkt
in Verbindung treten. Für „Spektrum der Wissenschaft“ hat
Könneker selbst ein großes Portal für Forscherblogs entwickelt, die SciLogs: „Hier bloggen Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche in einem großen interdisziplinären Konzert
und diskutieren auch mit ganz normalen Bürgern. Viele Komseite 42
mentare kommen von interessierten Laien bis hin zu Schülern, die zum Beispiel gerade ein Referat für das Fach Chemie
vorbereiten und noch eine Frage haben. Ein tolle Erfahrung.“
Genauso wie die Erwartungen der breiten Öffentlichkeit
an die Wissenschaftler steigen, wächst die Notwendigkeit zur
verständlichen Darstellung des wissenschaftlichen Wirkens
und dessen Wertes für die Gesellschaft, wenn es um die Verteilung von Fördergeldern geht. So hat die Exzellenzinitiative, mit der Bund und Länder herausragende Forschung an
Universitäten in Deutschland fördern wollen, alle Institute
aufgefordert, sich zu präsentieren. Einziger Haken an der
Geschichte: „Auf diese steigenden kommunikativen Anforde-
„Eine gute Wissenschaftskommunikation gewährt Einsicht in die Hintergründe, ist verständlich und nimmt das
Gegenüber als Gesprächspartner ernst.“
rungen werden die Wissenschaftler im Rahmen der universitären Ausbildung nicht gut vorbereitet“, meint Könneker.
„Das Problem besteht darin, dass an den Hochschulen Wissenschaftskommunikation nicht systematisch unterrichtet
wird.“
Weiterbildungsangebote für alle deutschen
Universitäten
Diese Lücke will das NaWik schließen. Medienerfahrene Dozenten und Wissenschaftsjournalisten bilden Studierende
und Wissenschaftler für den Dialog mit der Öffentlichkeit
weiter. Sie lernen, wie man verständlich schreibt, Vorträge
April 2013
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Professor Carsten Könneker,
Direktor des NaWik und
Chefredakteur von „Spektrum der
Wissenschaft“
anschaulich gestaltet, komplexe Sachverhalte anhand von
Beispielen aus dem Alltag vermittelt oder ein gutes Interview
gibt. Auch wie man die Möglichkeiten des Social Web nutzen
oder Wissenschaft in Video und Bildern darstellen kann, sind
zentrale Themen.
Die Verantwortlichen haben sich viel vorgenommen. Dabei konzentriert sich das NaWik zunächst auf die Gruppe der
Doktoranden und Master-Studierenden. Das Institut wird entsprechende Module entwickeln, erproben und in den Lehrbetrieb ausgewählter Studiengänge integrieren. Diese Angebote
sollen für alle deutschen Universitäten und außeruniversitären Forschungsinstitute einsetzbar sein und bundesweit
angeboten werden. Initiiert hat die Gründung des Instituts
die Klaus Tschira Stiftung, die sich seit vielen Jahren für eine
verständliche Kommunikation von Wissenschaft engagiert.
Dialog auf Augenhöhe
Anspruch des NaWik ist es, für einen Dialog auf Augenhöhe
den Boden zu bereiten. Hierfür müsse man zunächst sein
Bewusstsein für den Wissenshorizont und die Motivation
der Zielgruppe schärfen. „Die Öffentlichkeit gibt es nicht.
Wir haben es vielmehr mit vielen Teilöffentlichkeiten zu
tun: von Kollegen aus den Nachbarfachbereichen über Patienten, Laien, Schülern bis zu Kindergartenkindern. Gute
Wissenschaftskommunikation holt die verschiedenen Zielgruppen individuell ab“, so Könneker. In der Vergangenheit
kam diese Aufgabe nach Ansicht der meisten Forscher den
Wissenschaftsjournalisten zu. Übernimmt der kommunikativ
geschulte Forscher die Rolle des „Übersetzers“ selbst, verändert dies auch die Aufgabe der Journalisten: Sie können stärker ihrer eigentlichen Rolle als unabhängige Beobachter der
Wissenschaft und Korrektiv nachkommen. „Ein Wissenschaftler, der über seine eigene Forschung spricht, ist natürlich
immer Anwalt seiner eigenen Idee. Deshalb wird kritischer
Wissenschaftsjournalismus immer wichtiger werden“, stellt
Könneker fest.
Steht das Kernprogramm, will das NaWik in einem zweiten Schritt Wissenschaftler auch für Dialogformate wie Bürgerforen oder Podiumsdiskussionen fit machen. Begleitend
zu den Kursen sollen langfristig flankierende Web-Trainings
mit Übungen angeboten werden. Wissenschaftliche Kongresse würden in Könnekers Augen ebenfalls von einer höheren
Dialogorientierung profitieren. „Ein schönes Format, das ich
kennengelernt habe, ist die Fishbowl-Diskussion. Im Unterschied zur Podiumsdiskussion sitzen die Teilnehmer der Diskussionsrunde in der Mitte des Raumes. Es gibt immer zwei
freie Stühle für Gäste aus dem Publikum, die Fragen stellen
möchten.“ Auch symbolisch habe dies einen hohen Wert, weil
die Gäste nicht mehr aus der Dunkelheit des Plenums heraus
ihre Fragen stellen müssten. So will Könneker mit dem NaWik
zahlreiche Impulse geben, die Licht ins Dunkel bringen. Weitere Informationen zum Kursangebot: www.nawik.de
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Teil des „Doppelhakens“: wie tief
man auch „zoomt“ – die Strukturen
bleiben die Gleichen.
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LIVEKOMMUNIKATION
Die Kunst der
Emotionen
Gefühle wecken für eine nachhaltige Kommunikation
Kunst weckt Emotionen: Vor allem Musik ruft bei vielen Menschen tiefe Gefühle hervor, aber auch Kunstwerke wie Bilder
können bewegen. Ebenso verarbeiten die Künstler selbst ihre
emotionalen Erlebnisse in ihren Werken und verleihen ihnen zum
Beispiel in Form von Farben oder Tönen Gestalt.
Nichts berührt Menschen tiefer und nachhaltiger als Emotionen.
Wer neu Gelerntes mit einem Gefühl verbindet, kann es sich
länger merken. Auf diesen Effekt setzt Business-Theater: Professionelle Schauspieler führen speziell auf ein Unternehmen zugeschnittene Stücke vor, die typische Szenen aus dem Büroalltag
beleuchten. Auf diese Weise soll bei den Mitarbeitern eine Verhaltensänderung herbeigeführt werden. Wie das genau funktioniert,
zeigt das Beispiel der Visual Communication Group (S. 46 bis 47).
Emotionen sind immer im Spiel, wenn Menschen aufeinander
treffen, auch auf wissenschaftlichen Kongressen. Und sie steuern
das Verhalten der Besucher weitaus mehr, als es den Veranstaltern
bewusst ist. Das zeigt sich beispielsweise deutlich bei internationalen Kongressen mit Teilnehmern verschiedener Nationen.
So gingen jetzt an der Goethe-Universität Frankfurt am Main
Forscher der Frage nach, ob internationale Kongresse tatsächlich
den Anspruch der Internationalität einlösen – mischen sich die
Besucher verschiedener Länder oder bleiben sie unter sich? (S. 48
bis 49).
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LIVEKOMMUNIKATION
Mitarbeiter motivieren durch Business-Theater
Bühne frei für die Dramen des Arbeitsalltags
Weder Schiller noch Goethe oder Dürrenmatt stehen auf dem Programm: Wenn bei den Theatervorstellungen der
Visual Communication Group der Vorhang aufgeht, dreht sich alles um die kleinen oder großen Dramen des
Arbeitsalltags. Ob zornige Chefs oder unfreundliche Kollegen – die Schauspieler halten den Mitarbeitern den Spiegel
vor. So bringen sie ihr Publikum nicht nur zum Lachen, sondern regen auch zum Nachdenken an. Business-Theater
ist Mitarbeiterschulung auf spielerische Art und Weise.
Ein fröhlich plappernder Papagei, ein gefährlich dreinblickender Wolf und ein raffinierter Fuchs sind die Hauptdarsteller im Theaterstück „Tierisch gute Spitzenverkäufer – Lernen von den Besten“. Die Schauspieler im neuen Stück der
Visual Communication Group verkörpern anhand von Tiermetaphern verschiedene Erfolgsstrategien von Verkäufern.
Der Papagei etwa steht für einen Typus des Verkäufers, der
durch seine gute Laune und Kontaktfreudigkeit Sympathien
gewinnt und so die Zahl der Vertragsabschlüsse erhöht. Die
Zuschauer lernen verschiedene Verkaufsstrategien kennen
und können sich abschauen, was sie selbst noch verbessern
können.
Die typischen Probleme und Konflikte aus dem Unternehmensalltag sind der Stoff, um den sich die Stücke des Business-Theaters drehen. Es konfrontiert Mitarbeiter und Führungskräfte mit ihrem Verhalten im Job – und zwar auf einer
sehr emotionalen Ebene: Sie sollen sich wiedererkennen, über
sich lachen und – so das Ziel – ihr Verhalten überdenken. Sie
können sich aus der Distanz heraus betrachten, ohne erhobenen Zeigefinger, häufig mit einem Augenzwinkern. Auch
sonst kaum diskutierbare, heikle Themen können auf diese
Art und Weise zur Sprache gebracht werden. „Für mich ist
Business-Theater ein Vehikel, um Botschaften in die Herzen
der Menschen zu bringen – und zwar tiefer und schneller, als
das über andere Kommunikationsmedien möglich ist“, erklärt
Dany Strobel, künstlerische Leiterin und Geschäftsleitung der
Visual Communication Group GmbH. „Unsere Stücke sollen
den Zuschauern einen Anstoß geben, sich wiederzuerkennen
und ihre Stärken weiter auszubauen.“
Maßgeschneidert für Unternehmen
In der Regel beauftragen Personal- oder Kommunikationsabteilungen internationaler Unternehmen die Visual Communication Group. Die 1991 gegründete Agentur mit Sitz in
Mannheim ist einer der Pioniere des Genres auf dem deutschen Markt. „Wir verbinden das Portfolio einer Unternehseite 46
Dany Strobel,
künstlerische Leiterin und
Geschäftsleitung der VisualCommunication Group
mensberatung mit den Möglichkeiten der Theaterpädagogik“,
erklärt Dany Strobel. Gibt ein Kunde ein Stück in Auftrag,
steht am Anfang eine detaillierte Bestandsaufnahme: Wer ist
die Zielgruppe? Was ist das Thema? Welche Botschaften sollen
vermittelt werden? Business-Theater eignet sich besonders,
um Veränderungen in Unternehmen einzuleiten und zu begleiten: „Typische Aufgabenstellungen reichen von Fusionen
über Produkteinführungen bis hin zur Implementierung von
Leitlinien und Recruiting-Maßnahmen“, berichtet Dany Strobel. Nach der Bestandsaufnahme dauert es etwa sechs Wochen
bis zur Premiere.
Das Team der Visual Communication Group, bestehend aus
Autoren, Regisseuren, Schauspielern und Coaches, schreibt ein
Manuskript, probt die Dialoge, kümmert sich um Bühnenbild,
Maske und Kostüme. Es unterscheidet sich durch nichts von
einem echten Theater, nur durch die aufgeführten Stücke.
Mitmachtheater besonders nachhaltig
Zusätzlich zum klassischen Auftragstheater entwickelt die
Visual Communication Group seit 2005 auch fertig konzipierte Theaterstücke zu aktuellen Business-Themen für ein brei-
April 2013
tes Publikum. Das Repertoire umfasst Themen wie Akquise,
Gesundheits- und Fehlzeitenmanagement oder notorische
Aufschieberei von Arbeit. Diese „Stücke von der Stange“ lassen sich innerhalb weniger Stunden auf ein Unternehmen
zuschneiden – damit können auch kleine und mittelständische Firmen die Expertise des Business-Theaters in Anspruch
nehmen.
Noch einen Schritt weiter gehen interaktive Workshopmodule. Dabei erarbeiten die Mitarbeiter selbstständig eine
kurze Theaterszene zu einem vorgegebenen Thema und führen diese anschließend in der Gruppe auf. „Beim Erarbeiten
der Szenen setzen sich die Mitarbeiter intensiv mit der Thematik auseinander. Dadurch verankern sich die Botschaften
besonders nachhaltig im Gedächtnis“, erklärt Dany Strobel.
Die Kunden der Visual Communication Group kommen
aus allen Branchen, von der Lebensmittelindustrie über den
LIVEKOMMUNIKATION
Handel bis hin zur Energiewirtschaft. „Nach den Aufführungen erleben wir immer wieder Begeisterung. Weil sich die
Zuschauer so stark mit dem auf der Bühne Erlebten identifizieren, werden die Botschaften wesentlich nachhaltiger
vermittelt als mit anderen Kommunikationsinstrumenten –
ein Bild und eine Geschichte bleiben einfach länger im Kopf
als tausend Worte“, betont Dany Strobel. Es ist der Kunst
eigen, dass sie Menschen tief berührt. Während klassische
Seminare oder Vorträge auf die Vernunft, die Ratio, zielten,
spreche Kunst die Emotionen an – und erziele damit eine
langfristigere Wirkung, so Dany Strobel: „Wir wollen bewegen, berühren und verändern – das schafft nur Theater!“ www.visual-mannheim.de
Business-Theater: Szenen aus dem Arbeitsleben pointiert auf die Bühne gebracht.
seite 47
LIVEKOMMUNIKATION
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Netzwerkanalyse: Wie international sind internationale Kongresse?
Nationen bleiben gerne unter sich
Die Gleichung sieht einfach aus: Viele Teilnehmer aus aller Herren Länder ergeben einen internationalen Kongress.
Oder? Eine Netzwerkanalyse der Goethe-Universität Frankfurt am Main kommt zu dem Schluss, dass diese Gleichung
nicht zwangsläufig stimmt. Obwohl Forschungsprojekte über Ländergrenzen und Kontinente hinweg der Zukunftstrend sind, ist es um die Internationalität bei Kongressen nicht gut bestellt. Für Veranstalter gibt es hier einige
Möglichkeiten, schnelle Fortschritte zu erzielen.
Internationalität steht auf der Wunschliste der Veranstalter
ganz oben, wenn es um die Rahmenbedingungen von Kongressen geht. Ein internationales Teilnehmerfeld und Rednerbeiträge von Forschern aus aller Herren Länder erhöhen die
Attraktivität der Veranstaltung, so lautet die gängige Annahme. Die Idee der Internationalisierung von Wissenschaft ist
zudem politikgetrieben. Die Europäische Union beispielsweise
investiert Milliarden, um einen gemeinsamen Boden für eine
europäische Wissenschaft zu schaffen. Last but not least hat
auch die Wissenschaft selbst großes Interesse daran. Selbst
herausragende Forschung werde nicht überleben können,
seite 48
wenn sie auf Ländergrenzen beschränkt bliebe, betonte der
US-Soziologe Michael Gibbons schon in den 1990er-Jahren. Der
einzige Weg zum Erfolg sei internationale Zusammenarbeit.
Internationale Kongresse gibt es in nahezu jeder Forschungsdisziplin. Doch lösen sie den Anspruch der Internationalität tatsächlich ein? Dieser Frage gingen der Gesellschaftswissenschaftler Christian Stegbauer und der Mathematiker
Alexander Rausch von der Goethe-Universität Frankfurt am
Main nach. Sie untersuchten einzelne Sitzungen bei zwei Weltkongressen für Soziologie in Schwedens Hauptstadt Stockholm
und in Durban, Südafrika. Ihr Ergebnis: Internationale Kon-
April 2013
LIVEKOMMUNIKATION
gresse führen zu weitaus weniger internationalen Kontakten
zwischen den Teilnehmern als bislang angenommen.
Nationenklüngel auf Weltkongressen
Stegbauer und Rausch weisen nach, dass sich auf den von ihnen analysierten Soziologieweltkongressen die Angehörigen
einer Nation „in sehr starkem Maße“ jeweils zusammenfinden und zusammentun – in den Sitzungen ebenso wie bei
den informellen Teilen der Veranstaltung. Briten nehmen
an Sitzungen teil, in denen Briten referieren, Chinesen sind
vor allem bei Sessions mit einem hohen Anteil chinesischer
Redner anzutreffen, Deutsche gesellen sich in den Pausen
bevorzugt zu anderen Deutschen, Brasilianer zu Brasilianern. Die Reihe ließe sich für sämtliche Nationen beliebig
fortsetzen. Endogamie nennen Stegbauer und Rausch das
Phänomen des Nationenklüngels. Ein Begriff, den sie aus der
Heiratsforschung entlehnen: Hier bezeichnet das Fremdwort
Eheschließungen zwischen Menschen aus demselben Land.
Ursachen in der Organisation
In ihrer Netzwerkanalyse machen Stegbauer und Rausch dafür mehrere Ursachen aus. Eine liegt bereits in der Recherche
der Referenten. Wie jeder von uns, so haben auch die meisten
Mitarbeiter von Kongressausrichtern, die mit dieser Aufgabe
betraut sind, keinen weltweiten Horizont, was das jeweilige
wissenschaftliche Thema betrifft. Ihr Netzwerk ist oft auf
Forscher einer Nation konzentriert. „Sie kennen ihre jeweils
nationale Wissenschaftslandschaft am besten und wählen
die Rednerbeiträge entsprechend aus“, erklären Stegbauer
und Rausch.
„Den eingeschränkten nationalen
Hintergrund der Referenten- und Themenauswahl kann man überwinden.“
Professor Christian
Stegbauer,
Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Den nationalen Hintergrund überwinden
Doch was tun, um die Internationalisierung auf Kongressen
umzusetzen, die so häufig beansprucht wird? Für Christian
Stegbauer gibt es einige Hebel, an denen man ansetzen könnte. Das fängt bei der Definition der Beiträge an. „Den eingeschränkten nationalen Hintergrund bei der Referenten- und
Themenauswahl kann man überwinden“, glaubt er.
Darüber hinaus gibt es Programme, die bei einer heterogeneren Zusammenstellung von Kongresssitzungen
unterstützen können. Sie ordnen den einzelnen Beiträgen
beispielsweise Keywords zu, die auf das jeweilige Thema zutreffen. Je nach Software können die Referenten auch selbst
Keywords zu ihrem Beitrag vergeben – das Programm macht
hierfür Vorschläge, sodass die Schlüsselbegriffe einheitlich
sind. Über die Suche nach den Keywords können Kongressteilnehmer auch die Sitzungen auswählen, die sie interessieren. Das führt dazu, dass alle, die an einem bestimmten
Thema arbeiten, in einer Sitzung zusammenkommen, die mit
den entsprechenden Keywords verschlagwortet wurde. „Die
Sitzungen sind dadurch in viel geringerem Maße national
geprägt“, erläutert Stegbauer.
Fortschritt durch Kreativität
Die Wahl der Referenten hat naturgemäß einen entscheidenden Einfluss auf die Themen. „Themen bilden sich kulturell aus“, bringen dies die beiden Frankfurter Forscher auf
den Punkt. Redner setzen sich in der Regel mit Diskursen
und Fragestellungen auseinander, die vor allem in ihrem Herkunftsland gerade aktuell sind. Dies wiederum wirkt sich auf
das Plenum der jeweiligen Sitzungen aus. Denn Teilnehmer
anderer Länder, die die Diskussion nicht kennen, können nur
wenig dazu beitragen und daraus lernen. Folglich entscheiden sie sich für eine Sitzung, in denen sich ein Referent aus
ihrem eigenen Herkunftsland mit einem ihnen bekannten
Diskurs beschäftigt – wie die meisten anderen Angehörigen
ihrer Nation auch.
Bei der Organisation, aber auch bei der Gestaltung von Kongressen ist also einiges denkbar, um die Internationalität
voranzubringen. Die entscheidende Frage ist, wo es für den
Ausrichter Möglichkeiten gibt, Einfluss auf das Zusammentreffen der Teilnehmer zu nehmen – und endogame Beziehungen aufzubrechen beziehungsweise gar nicht erst entstehen
zu lassen. Wieso nicht schon den Empfang unter dem Dach
von ein bis drei Keywords veranstalten, die die weltweite
Forschung aktuell bewegen? Oder bewusst mit Moderatoren
arbeiten, die in den Pausen Gespräche zwischen den Nationen anregen? „Es gibt noch viel Spielraum für die Fantasie
und Kreativität der Veranstalter“, ist sich Stegbauer sicher. seite 49
M:CON
seite 50
April 2013
M:CON
Mobiler Kongressguide überzeugt Kunden
Innovative Web-App setzt sich durch
Eine Informationsquelle mit hohem Mehrwert für Veranstaltungsbesucher bietet der Mobile Kongressguide der
m:con – mannheim:congress GmbH. Nach der Premiere auf der Locations! Rhein-Neckar kam die innovative
Web-App im April auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin zum ersten Mal auf einem
großen Kongress zum Einsatz. Seitdem hat sich das Tool bei zahlreichen Veranstaltungen bewährt, zum Beispiel
beim Deutschen Bibliothekarstag oder beim Deutschen Schmerzkongress.
Auf der von m:con organisierten DGIM-Tagung tauschten sich
Internisten aus Klinik und Praxis im April 2012 zu aktuellen
Themen der Inneren Medizin aus. Fast 4.000 der insgesamt
8.000 Besucher nutzten den von m:con entwickelten Mobilen Kongressguide: Ob aktuelle Änderungen im Programm,
Referentenliste oder interaktive Raumpläne – mit der webbasierten App hatten die Kongressgäste stets Zugriff auf alle
wichtigen Daten. Einzige Voraussetzungen dafür waren ein
entsprechendes Gerät, beispielsweise ein Smartphone oder
ein Tablet-Computer, und ein Internetzugang. „Eine äußerst
positive Anwendung, sehr praktikabel – ich musste kein einziges Mal ins Programmheft sehen“, meinte ein Teilnehmer
des DGIM-Kongresses.
Technikaffine Bibliothekare
Die Digitalisierung war eines der großen Themen auf dem 101.
Deutschen Bibliothekarstag, der Ende Mai 2012 in Hamburg
stattfand. Dementsprechend zeigten sich die Bibliothekare
dem Mobilen Kongressguide gegenüber sehr aufgeschlossen:
Rund die Hälfte der 4.500 Teilnehmer verwendeten die WebApp von m:con. Das Resümee von Dr. Ewald Brahms von der
Universität Hildesheim: „Der Mobile Kongressguide bot eine
willkommene Möglichkeit, sich mithilfe seines Endgeräts
über das Vortragsprogramm, Räume, Programmänderungen oder die Firmenausstellungen und -präsentationen zu
informieren. Auch das eigene Tagungsprogramm ließ sich
komfortabel und schnell zusammenstellen. Angesichts der
Vielzahl an Terminen wurde das Tool schnell zu einem viel
genutzten und geschätzten Informations- und Kommunikationsinstrument.“
Viel Zuspruch erfuhr der Mobile Kongressguide auch beim
Deutschen Schmerzkongress, der im Oktober 2012 im Mannheimer Rosengarten zu Gast war. Über 1.300 der rund 2.500
Teilnehmer holten sich Infos via Samsung, iPhone und Co.,
statt über klassische Printmedien. Mit Abstand am häufigsten
wurde das aktuelle Programm der Tagung abgerufen.
Der Bedarf ist da
„Die Nachfrage nach Info-Tools für mobile Geräte steigt ständig. Unsere Kunden sind froh, dass m:con mit dem Mobilen
Kongressguide eine innovative Web-App für die Bedürfnisse
der Kongressteilnehmer anbieten kann“, erklärt Thilo Hübner, Leiter Projektentwicklung und -management bei m:con.
„m:con ist eine Agentur, die den Kunden in jedem Bereich
Full Service anbietet – gerade auch bei der Technik“, sagt
Bastian Fiedler, Prokurist und Leiter Business Development
und Marketing bei m:con.
Neben der einfachen Bedienbarkeit punktet der Mobile
Kongressguide vor allem mit seiner Flexibilität. Bei m:con hat
man sich bei der technischen Umsetzung für eine webbasierte
App entschieden. Thomas Hohm: „Unser Tool arbeitet mit jedem Browser – egal ob er von Android, Microsoft, BlackBerry
oder Apple ist. Damit können den Kongressguide wirklich
alle Besitzer von Smartphones, iPads und anderen mobilen
Endgeräten nutzen.“
m:con entwickelt den Mobilen Kongressguide ständig
weiter. Derzeit arbeiten die Experten um Thomas Hohm daran, die zahlreichen m:con-Partner aus Gastronomie, Einzelhandel, Kunst und Kultur mit ihren Exklusivangeboten für
Kongressgäste einzubinden. Unter http://streaming.mcon-mannheim.de/1/watch/983.aspx
finden Interessierte einen Vortrag von Bastian
Fiedler und Thomas Hohm, in dem sie den Mobilen
Kongressguide vorstellen.
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M:CON
Inszenierung und Dramaturgie von Unternehmensevents
„Sie geben einer Veranstaltung ein Gesicht“
Dramaturgie und Inszenierung: Die beiden Fachbegriffe aus der Theaterwelt haben längst auch die Tagungs- und
Kongressbranche erobert. Zu Recht, denn wer beispielsweise mit einem Unternehmensevent bestimmte Ziele erreichen möchte, braucht mehr als nur perfekte Technik und Logistik. Die m:con – mannheim:congress GmbH beschäftigt sich schon lange damit, wie sich das Wissen aus der Theater- und Filmbranche für Veranstaltungen nutzen lässt
– seien es Kongresse, Mitarbeiter- und Kundenevents oder auch öffentliche Großereignisse wie die „autosymphonic“.
Die Multimediasinfonie, die 2011 rund um den Wasserturm aufgeführt wurde, ist sicherlich ein herausragendes
Beispiel für ein von m:con inszeniertes Event. Aber selbst Veranstaltungen im kleinen Rahmen profitieren von einer
durchdachten Konzeptionierung.
m:convisions befragte Kunden dazu, welche Bedeutung sie
Inszenierung und Dramaturgie beimessen. An der Gesprächsrunde beteiligten sich Martin Büllesbach, Leiter Zentralbereich Kommunikation bei Bilfinger SE, Roland Koch, Leiter
des Bereichs Marketing der Mannheimer Versicherungen,
und Oliver Neumann, Manager Public Relations & Brand
Management bei John Deere in Mannheim.
Sehr geehrte Herren, welchen Stellenwert messen Sie Inszenierung und Dramaturgie bei der Durchführung eines Unternehmensevents bei?
Neumann: Inszenierung und Dramaturgie sind wichtige Veranstaltungselemente und sollten daher besondere Aufmerksamkeit genießen. Die Herausforderung dabei ist aber, dass
beide auf das Unternehmen selbst und auf die jeweiligen
Teilnehmer zugeschnitten sein müssen. Hier ist besondere
Vorsicht geboten. Als Auftraggeber muss man dafür sorgen,
dass der erzeugte Eindruck auch zur Unternehmensrealität
passt, also Stimmung und Lage nicht auseinanderdriften.
Koch: Das kann ich nur unterstreichen – Inszenierung und
Dramaturgie sind zentrale Elemente eines Unternehmensevents. Sie wirken selbstverständlich schwerpunktmäßig im
unterhaltenden Teil einer Veranstaltung; sie können jedoch
gleichzeitig den informativen und weiterbildenden Teil deutlich bereichern und beleben.
Büllesbach: Die anspruchsvollen Begriffe Inszenierung und
Dramaturgie würde ich für die Vorbereitung unserer Veranstaltungen nicht verwenden. Aber eine gute Planung und ein
durchdachter Ablauf sind sicher für den Erfolg eines Events
von zentraler Bedeutung.
Bei welcher Art von Unternehmensevents achten Sie besonders auf Inszenierung und Dramaturgie?
Koch: Auftaktveranstaltungen unterteilen sich klassisch in
einen informativen und einen unterhaltenden Veranstaltungsteil. Durchdachte Inszenierung und Dramaturgie können beide Teile geschickt verbinden und geben einer Veranstaltung ein Gesicht. Wichtig ist es, die richtige Tonalität in
einen stimmigen Ablauf einzubringen.
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Oliver Neumann,
Manager Public Relations
& Brand Management
bei John Deere
Roland Koch,
Leiter Bereich Marketing
der Mannheimer
Versicherungen
Martin Büllesbach,
Leiter Zentralbereich
Kommunikation bei
Bilfinger SE
Büllesbach: Hauptversammlungen zum Beispiel haben heute
den Charakter einer Inszenierung und auch sehr hochwertig
inszenierte Firmenjubiläen und Messeauftritte. Wir selbst
bevorzugen allerdings eher sachlichere, gleichzeitig aber
technisch hochwertige Formen der Präsentation.
Neumann: In unserem Fall sind es vor allem die großen Produkteinführungen, die wir alle vier bis sechs Jahre an wechselnden Orten in Europa für unsere Vertriebspartner und
April 2013
M:CON
Ob Großevent oder kleine Tagung: m:con verfügt über ein breites Know-how, wenn es um die Inszenierung und
Dramaturgie von Veranstaltungen geht. Bestes Beispiel: die „autosymphonic“ im Jahr 2011.
Großkunden durchführen. Angesichts einer eher etwas konservativeren Teilnehmerschaft ist es gerade hier wichtig, die
richtige Balance zwischen Begeisterung einerseits und Nüchternheit andererseits zu finden. Unsere Unternehmensevents
müssen von der Emotionalität her verschiedenen Anforderungen gerecht werden: Sie müssen das Wir-Gefühl zwischen uns
als dem Lieferanten und unseren Vertriebspartnern und Kunden stärken sowie Begeisterung für neue Produkte erzeugen.
Ebenso müssen sie die Bereitschaft wecken, deren Verkauf
und Betreuung umfassend zu unterstützen beziehungsweise
sie als Kunde im Feld gewinnbringend einzusetzen – egal,
welchem Kulturkreis der Teilnehmer entstammt.
Lenkt das nicht zu sehr von den Inhalten ab? Oder geht es
heute gar nicht mehr ohne eine durchdachte Inszenierung?
Büllesbach: Eine gute Inszenierung wird immer die Inhalte
unterstützen und nicht von Produkt oder Leistung ablenken.
Neumann: Genau, Inszenierung und Dramaturgie müssen als
Transportmittel fungieren. Als Maschinenbau-Unternehmen
mit hochkomplexen Produkten, das einen Beitrag zur Sicherung der Welternährung leistet, haben wir eher das Problem,
uns bei unseren Kundennutzen-Aussagen auf wenige wichtige
Aspekte zu beschränken.
Koch: Messgröße ist die Zufriedenheit des Teilnehmers. Was
hat ihn überrascht? Was hat er erlebt? Was hat ihn zum Lachen gebracht? Was nimmt er mit? Wie wurde er begeistert?
Was hat er gelernt? Was nimmt er sich vor? Was möchte er
ändern? An was erinnert er sich gern zurück? Ein zufriedener Teilnehmer kann ihnen spontan jede dieser Fragen
beantworten. Bezieht man diese Fragestellungen in die Veranstaltungskonzeption, die Inszenierung und die Dramaturgie ein, wird man zufriedene Teilnehmer erhalten, die sich
mit Inhalten beschäftigt haben und etwas Positives aus dem
Event mitnehmen.
Welche Erwartungen haben Sie, wenn Sie ein Konzept für
eine Veranstaltung beauftragen?
Koch: Ich bevorzuge es, Grundidee und Tonalität gemeinsam
mit den Kreativen zu diskutieren und so eine kreative Basis
zu schaffen. Ich erwarte, dass auf dieser Basis Ideen und Vorschläge entwickelt werden, die bei mir Kopfkino erzeugen
und die Teilnehmer überraschen und begeistern. Meist sind
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M:CON
Horst Hamann: Fotobuch zur „autosymphonic“
Aus über 100.000 Bildern
von der „autosymphonic“
sowie der zwei Jahre dauernden Vorbereitungszeit
hat der künstlerische Leiter
des Events, Horst Hamann,
jetzt die besten ausgewählt
und in einer Fotodokumentation zusammengefasst.
Inzwischen wurde die Multimediasinfonie sogar mit
dem begehrten „EVA-Award“
in Gold (Kategorie „Public Event“) vom FAMAB Verband
Direkte Wirtschaftskommunikation e.V. ausgezeichnet.
es die einfachen Dinge, die gekonnt und professionell umgesetzt, Wirkung zeigen. Dazu gehört viel Gespür, gegenseitige
Offenheit und gegenseitiges Zuhören zwischen Kreativen und
Kunden.
Büllesbach: Wir haben stets den Kunden im Blick: Was sind
seine Wünsche? Mit welchen Botschaften können wir beim
ihm punkten? Auf unserem Event soll er sich nicht nur wohlfühlen, sondern auch Antworten auf seine Fragen erhalten.
Neumann: Wir hegen Erwartungen an die Fähigkeit unseres
Dienstleisters, sich in unsere Welt hineinzuversetzen, ebenso
„Meist sind es die einfachen Dinge,
die gekonnt und professionell umgesetzt, Wirkung zeigen.“
Herr Hamann, Gold für die „autosymphonic“ bei der
Preisverleihung des EVA-Awards. Was bedeutet Ihnen
persönlich der Preis? Ich habe mich außerordentlich
gefreut. Es ist eine Bestätigung für unsere jahrelange
Arbeit durch eine fachkundige Jury.
Offenheit für unsere Sichtweise und die tatsächlichen Bedürfnisse unserer Kunden zu zeigen. Außerdem fordern wir die
Bereitschaft, innovative Ideen zu verwirklichen – aber nicht
um ihrer selbst Willen. Ohne „tiefes Kundenverständnis“ kann
eine Zusammenarbeit nicht wirklich erfolgreich verlaufen.
Eineinhalb Jahre nach der „autosymphonic“ – wirkt das
Event noch nach? Ja, absolut. Dieses Event wird für immer einen Platz in meiner mentalen „Polaroid-Sammlung“ haben.
Wann ist für Sie ein Event gelungen?
Neumann: Das lässt sich kaum mit nüchternen Zahlen erfassen. Letzten Endes ist das immer auch eine Frage des Bauchgefühls und der mitunter spontanen Reaktionen, schon vor
Ort oder im Nachhinein. In jedem Falle stimmen müssen
Veranstaltungslogistik, -technik und -timing. Ansonsten können sich Inszenierung und Dramaturgie nicht hinreichend
entfalten.
Koch: Genau, auf die Reaktionen der Besucher kommt es an:
Wenn ich mich von lächelnden Teilnehmern verabschiede,
die mir noch zwei oder drei Jahre später sagen „Damals, als
ihr ...“, dann weiß ich, es war gelungen.
Büllesbach: Das kann ich nur unterstreichen: Die Veranstaltung
war erfolgreich, wenn die Kunden gerne wiederkommen.
Die „autosymphonic“ war ein audiovisuelles Ereignis –
Bild und Ton waren perfekt aufeinander abgestimmt. Was
zeigt der jetzt erschienene Bildband? Der Band umfasst
200 Seiten, prall gefüllt mit Informationen, Impressionen und Erinnerungen. Es ist ein historisches Dokument
über eine unvergessliche Mannheimer Nacht.
Nach welchem Kriterium haben Sie die Bilder für das
Buch ausgewählt? Der Bildband soll vor allem informativ
sein und alle Aspekte beleuchten: Entstehungsgeschichte
der „autosymphonic“, Blick hinter die Kulissen, Orchester, Chor, Autos, Percussionisten, Friedrichsplatz-Arena,
Wasserturm, Licht, Laser, Söhne Mannheims, Wasserspiele, Projektionen und den magischen Abschluss – den rotierenden Wasserturm. Kurzum: „Der Amboss dröhnte
… und die Erde zitterte.“ Dieses Leitmotiv soll das Buch
transportieren, eben die komplette „autosymphonic“ in
einem Buch.
Haben Sie ein persönliches Lieblingsmotiv? Mir gefällt
vor allem das Gesamtbild, also die Summe aller Fotografien. Ein Team von 18 talentierten Fotografen hat die
Aufführung festgehalten. Zu den besonders beeindruckenden Bildern zählt sicherlich das von Ralph Larmann,
das für den Umschlag des Fotobands ausgewählt wurde.
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Horst Hamann (Hg.): autosymphonic.
Edition Quadrat, 48 Euro.
April 2013
M:CON
KongressTicker
OrganisationsTicker
Kongresse im Congress Center Rosengarten
Von m:con organisierte Kongresse
3. bis 6. April 2013
79. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung
Hauptthema ist die gesamte Breite der Erkrankungen des Herzmuskels, einem Gebiet, auf dem in
den vergangenen Jahren enorme wissenschaftliche
und klinische Fortschritte erzielt wurden.
http://ft2013.dgk.org/
6. bis 9. April 2013, Wiesbaden
119. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere
Medizin (DGIM)
Zum Leitthema „Innere Medizin – vom Organ zum
System“ veranstaltet die DGIM ein umfangreiches
Wissenschafts- und Fortbildungsprogramm.
www.dgim2013.de
10. bis 12. April 2013
25. Finanzsymposium
Bei der größten Veranstaltung für Treasurer und Finanzverantwortliche im deutschsprachigen Raum stehen als
Gastredner Heiner Geißler, Joschka Fischer und
Viktor Klima auf dem Programm.
www.slg.co.at/finanzsymposium
15. bis 17. Mai 2013
DGK-Symposium 2013
„Herausforderungen an Analytik und Mikrobiologie
in der Kosmetik“ ist das Thema der Deutschen
Gesellschaft für Wissenschaftliche und Angewandte
Kosmetik e.V. (DGK).
www.dgk-ev.de/index/dgk/programm_2013.html
14./15. Juni 2013
28. Jahreskongress der Deutsch-ÖsterreichischSchweizerischen Gesellschaft für OrthopädischTraumatologische Sportmedizin (GOTS)
Hauptthemen sind Sport bei Kindern und Jugendlichen, die neuen olympischen Sportarten Golf und
Rugby sowie Becken, Leiste und Hüfte.
www.gots-kongress.org/gots2013
18. bis 21. September 2013
41. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Rheumatologie (DGRh) mit der 27. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und der 23. Jahrestagung der Gesellschaft
für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)
Ein Schwerpunkt ist neben klinischen Fällen auch
die interdisziplinäre Klinische Immunologie.
www.dgrh-kongress.de
23. bis 25. April 2013, Nürnberg
PARTEC 2013 – der Internationale Kongress für
Partikeltechnologie
Die PARTEC ist seit Jahrzehnten Katalysator für den Wisssensund Erfahrungsaustausch der Partikelexperten aus aller Welt
und findet parallel zu den Messen POWTECH und TechnoPharm
statt. Die Veranstaltung widmet sich der Entwicklung neuer Verfahren und revolutionärer Materialien für Chemie, Pharma, Food oder Baustoffindustrie.
www.partec.info
25. bis 27. April 2013, Berlin
63. Wissenschaftlicher Kongress von BVÖGD und BZÖG
Wissenschaft und Praxis aus dem Bereich des
öffentlichen Gesundheitsdienstes treffen sich unter
dem Motto „Der öffentliche Gesundheitsdienst –
Stark für die Schwachen“.
www.bvoegd.de
5. bis 7. September 2013, Heidelberg
20. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Immungenetik (DGI) 2013
Bei der diesjährigen Tagung unter dem Motto
„Patienten-orientierte Diagnostik” will die DGI die
Immungenetik auch für Mediziner aus anderen
Fachbereichen öffnen.
www.dgi2013.de
10. bis 12. Oktober 2013, Dresden
2013 – Herbsttagung und Jahrestagung der
Arbeitsgruppen Rhythmologie
Bei der Jahrestagung steht ein umfangreiches Programm aus Vorträgen und Postern, Akademiekursen und Live-Case-Sitzungen auf dem Programm.
http://ht2013.dgk.org
26. bis 29. September 2013
bpt-Kongress 2013 mit 79. bpt-Fachmesse
Veterinärmedizin
Der bpt-Kongress zählt zu den renommiertesten
Fortbildungsveranstaltungen für praktizierende
Tierärzte im deutschsprachigen Raum.
www.bpt-akademie.de
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M:CON
News
EventTicker
Kultur im Congress Center Rosengarten
14. April 2013
Gregorian – The Epic Chants Tour 2013
Sie sind mystisch und bewegend, ihre
Konzerte ein Gänsehautgarant: Im
Frühjahr 2013 geht der stimmgewaltige
Chor auf seine bisher größte Tournee
und präsentiert seinen einzigartigen
Mix aus gregorianischem Gesang und modernem Rock und Pop.
www.semmel.de
28. April 2013
Musical „Yakari – Freunde fürs Leben“
Ein Vergnügen für die ganze Familie: Welches Kind kennt nicht
die spannenden Geschichten vom kleinen Indianerjungen Yakari
und seinem Freund, dem Pferd Kleiner Donner? Nun kommt
Yakari als neues, mitreißendes Musical auf die Bühne.
www.yakari-musical.de
4. Mai 2013
Matthias Reim – „Unendlich Tour 2013“
Matthias Reim braucht die Bühne und er braucht die handgemachte Musik! Das sind für jeden Fan und Besucher seiner
Konzerte die beste Voraussetzungen dafür, einen perfekten
Abend zu haben.
www.semmel.de
16. Mai 2013
Pro Arte Konzerte Mannheim mit Anne-Sophie Mutter
Beethoven, die Dresdner Philharmonie und Anne-Sophie Mutter - dieser
musikalische Dreiklang lässt alle Herzen
höher schlagen – ein Festkonzert!
www.odeon-concerte.de
14. Juli 2013
Wise Guys – Lauter leise Lieder
Das Quintett spricht mit seinen deutschen Texten gleichermaßen Herz, Hirn und Lachmuskeln seiner inzwischen riesigen
Fangemeinde an.
www.wiseguys.de/konzerte
22. bis 24. Oktober 2013
Pilobolus präsentiert Shadowland
2007 faszinierte die amerikanische
Tanzkompanie Pilobolus die Welt:
Fernsehbilder ihrer spektakulären Performances im Rahmen der Oscar-Verleihung gingen rund um den Globus.
Im Oktober gibt es die Gelegenheit, die Ausnahmekünstler im
Rosengarten zu bewundern.
www.semmel.de
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Sepp-Herberger-Stiftung kommt wieder
Die Sepp-Herberger-Stiftung
des Deutschen Fußballbundes kehrt am 28. April 2013
zurück in die Heimatstadt
ihres berühmten Namensgebers, genauer gesagt: in den
Rosengarten. Die Stiftung
ist mit der Quadratestadt
eng verbunden – schließlich
wurde sie 1977 im Mannheimer Schloss gegründet. 2012
beging die Institution ihr
35-jähriges Bestehen im Rosengarten. Im April steht die
Neuausrichtung der begehrten Sepp-Herberger-Urkunde
auf der Agenda. Mit der Auszeichnung werden von 2014
an nicht mehr nur Fußballvereine für ihr besonderes En
12.000 Gäste beim
FONDS professionell
KONGRESS
Zum zwölften Mal war am 30.
und 31. Januar 2013 Europas
größte Tagung für Anlageberater, der FONDS professionell
KONGRESS, im Congress Center Rosengarten zu Gast. Die
Veranstaltung bot den 6.000
Gästen, die jeweils an beiden
Tagen kamen, ein abwechslungsreiches Programm: In
rund 200 Vorträgen wurden
wichtige aktuelle Themen
der Branche behandelt. Unter den Referenten waren der
Wirtschaftsweise Peter Bofinger und ifo-Chef Hans-Werner
Sinn, die über die Zukunft
des Euro diskutierten. Roland Koch, ehemaliger hessischer Ministerpräsident und
heute Vorstandsvorsitzender
der Bilfinger SE, sprach über
nachhaltige Wertschöpfung.
Die Besucher erwartete neben
den Vorträgen eine Messe mit
222 namhaften Ausstellern.
Organisatorisch verlief der
Kongress trotz der zahlreichen Besucher reibungslos.
Die Veranstaltung nutzte die
flexiblen Räumlichkeiten des
Rosengartens auf allen drei
Ebenen voll aus.
gagement für den Jugendfußball ausgezeichnet, sondern
auch herausragende Beispiele
für die integrative Kraft des
Fußballs aus den Bereichen
des Behindertenfußballs, der
Resozialisierung sowie der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen prämiert.
Internisten kommen
nach Mannheim
Gute Nachrichten für Mannheim: Von 2015 an wechselt
die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) für vier
April 2013
M:CON
News
News
Jahre von Wiesbaden in die
Quadratestadt. Seit sechs Jahren organisiert m:con bereits
den Kongress der mit ihren
22.000 Mitgliedern größten
medizinischen Gesellschaft
Deutschlands. 8.000 Teilnehmer und eine große Industrieausstellung machen ihn
zu einem der größten Kongresse in Deutschland. Bundesweit gibt es lediglich fünf
medizinisch-wissenschaftliche Gesellschaften, deren
Tagungen eine ähnlich große
Teilnehmerzahl verzeichnen.
Zwei davon werden im April
im Abstand von vier Tagen
in Mannheim stattfinden:
dieTagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie –
Herz- und Kreislaufforschung
(DGK) und die der Gesellschaft für Innere Medizin.
Gefäßchirurgen erteilen
m:con kooperiert mit
Stadtmobil
Kongressgäste des Rosengartens können seit Januar 2013
das Angebot von Stadtmobil,
Deutschlands
führendem
Carsharing-Anbieter, nutzen.
Die Gäste des Rosengartens
können Autos zu sehr günstigen Konditionen ausleihen.
Die Station mit drei unterschiedlichen Fahrzeugen befindet sich in unmittelbarer
Nähe des Kongresszentrums
in der Passage zwischen
dem Dorint-Hotel und der
City-Apotheke.
Besonders
komfortabel: Das m:con- Personal übernimmt alle Formalitäten. Das Angebot ist
besonders für Teilnehmer
interessant, die mit der Bahn
Zuschlag
Eine weitere medizinische
Fachgesellschaft hat sich für
m:con als Partner entschieden: die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und
Gefäßmedizin – Gesellschaft
für operative, endovaskuläre
und präventive Gefäßmedizin. Die Organisation nimmt
alle Belange wahr, die das
Gebiet der Gefäßchirurgie in
Forschung, Lehre und Krankenversorgung betreffen, einschließlich der Fortbildung.
2014 wird m:con die Jahrestagung der Gefäßspezialisten in
Hamburg organisieren. Der
Kongress in der Hansestadt
dauert vier Tage, es werden
rund 1.200 Teilnehmer erwartet. Über 2014 hinaus ist
von beiden Seiten eine län-
nach Mannheim kommen,
aber trotzdem auf die Vorzüge
eines Autos nicht verzichten
wollen. Carsharing ergänzt
das nachhaltige Service- und
Mobilitätskonzept von m:con ideal. Das Unternehmen
bietet bereits CO2-neutrale
Veranstaltungstickets
der
Deutschen Bahn aus 100%
Ökostrom und umweltfreundliche Kongresstickets für den
Nahverkehr an. Zu den Serviceleistungen gehört auch
der Transfer zum Congress
Center Rosengarten mit dem
Elektroauto. Am Rosengarten haben Tagungsteilnehmer zudem die Möglichkeit,
Fahrräder auszuleihen und
so CO2-neutral in der Quadratestadt unterwegs zu sein.
gerfristige Partnerschaft gewünscht. Die Planungen für
2015 wurden bereits aufgenommen. Da bei zukünftigen
Kongressen mit wachsenden
Teilnehmerzahlen gerechnet
wird, bedarf es eines starken
Partners – hier konnte m:con
mit langjähriger Erfahrung
und großer Kompetenz in der
Organisation großer Kongresse punkten.
Eye Tracking für neue
Webseite
m:con arbeitet an einer
grundlegenden Neugestaltung
des Internetauftritts. Dabei
kooperiert das Unternehmen
mit der Dualen Hochschule
Baden-Württemberg (DHBW)
Mannheim. Die Website
wurde mithilfe eines Eye
Tracking-Systems der DHBW
untersucht, um maximale
Benutzerfreundlichkeit und
ein optimales Design zu entwickeln. Beim Eye Tracking
handelt es sich um ein bildgebendes Messverfahren, das
die visuelle Aufmerksamkeit
ermittelt. Die Blicke der Probanden werden dabei mittels
Infrarot-Technik millimetergenau erfasst und registriert.
Es konnten interessante Erkenntnisse gewonnen werden, wie ein User die Homepage betrachtet, wie er sich
in den Menüs zurecht findet
und ob bestimmte Informationen zum Kongress- und Veranstaltungsangebot problemlos gefunden werden können.
Von Mai 2013 an kann sich
jeder von den Qualitäten der
neuen Webseite überzeugen.
IMPRESSUM
m:convisions
Das m:con-Magazin für die
Kongress-Branche
Herausgeber
m:con – mannheim:congress GmbH
Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim
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Telefax +49.621.4106-200
www.mcon-mannheim.de
Redaktion und Gestaltung
Publik. Agentur für Kommunikation
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Redaktion
Kirstin Baumann, Saskia Höhne,
Susanne Kling, Oliver Nord, Dr. Eva
Pinter (verantwortlich), Bernhard
Schenk, Dr. Martin Staiger, Stefanie
Wesslein, Gastautor: Professor
Michael Astroh
Artdirektion
Laura Ricke
Fotos
Alanus Hochschule, Anita Affentranger, Gerhard Vormwald, Spektrum der
Wissenschaft/Claus Schäfer, m:con/
Marius Müller, Sepp-Herberger-Stiftung, Exploratorium San Francisco,
Alischa Leutner, Mark Wohlrab,
Kéré Architecture, ColourFIELD,
iStockphoto: Michael Haul, kutay
tanir, Wolfgang Beyer/cc-by-sa-3.0,
Emmanuel Donny, Harald Hoffmann,
Oliver Fantitsch
Druck
ABT Print und Medien GmbH
Bruchsaler Straße 5
69469 Weinheim
Verantwortlich
Johann W. Wagner (m:con)
Ausgabe 17/April 2013. Printed in
Germany. Alle Rechte vorbehalten
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SCHLUSSPUNKT
Lernen, staunen – und handeln
Ästhetik und Wissensvermittlung in „Deutschland von oben“
Sich entspannt im Sessel zurücklehnen und aus der Vogelperspektive wunderbare Eindrücke von in die Weite galoppierenden Wildpferden und in die Ferne ziehenden Wildgänsen, von imposanten Berggipfeln und kilometerlangen
Landschaften genießen: Im Film „Deutschland von oben“, der seit vergangenen Sommer in den Kinos läuft, erhält
der Zuschauer eine Fülle von Informationen aus Geschichte und Geografie, er lernt über Tierwelt, Baukunst und
Luftbewegungen und wird durch die anrührende und ästhetische Sichtweise immer wieder aufs Neue überrascht.
m:convisions sprach mit Produzent und Regisseur Freddie Röckenhaus.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Deutschland von oben
zu porträtieren? Es ist eine uralte Sehnsucht der Menschen,
sich die Welt von oben anzusehen, fliegen zu können – auch
meine. Es hat mich immer schon gereizt, Landschaften, Dinge
und Menschen aus der „Vogelperspektive“ zu beobachten und
filmisch einzufangen. Schon in der Vergangenheit habe ich
deshalb häufiger Aufnahmen aus der Luft in meine Dokumentationen eingebunden. Inzwischen erlauben spezielle Kameras mit diffiziler Technik diese unglaublichen Aufnahmen.
Unser neuseeländischer Kameramann, ein absoluter Spezialist, steuerte die am Bauch des Hubschraubers angebrachte
Kamera im Innenraum mit dem Joystick.
Freddie Röckenhaus,
Produzent und Regisseur
Wir lernen beim Betrachten des Films auf ästhetische Weise,
dass Deutschland tierreich ist, entdecken, wie sich Städte entwickelt haben und wie sie ihre Versorgung lösen, aber auch,
was Zerstörung auslöst. Wie entstand denn das Drehbuch?
Unsere Redaktion hat intensiv recherchiert, wir haben Listen
erstellt: Welche großen Städte gibt es? Welche Straßen- und
Schienennetze? Wo gibt es welche Naturräume oder geologische Besonderheiten? So entstanden verschiedene Raster, deren Komplexität uns am Ende selbst überrascht hat. Und wir
haben natürlich Experten hinzugezogen, um weitere Facetten
zu beleuchten. Wir wussten beispielsweise, dass die Kraniche
zu bestimmten Jahreszeiten von Nordosten über Deutschland
ziehen und dass sie in den Seenplatten und Feuchtgebieten in
Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Rast machen.
Man kennt also den Zugweg, nimmt einen Experten mit an
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Bord und startet. Doch dann kommen auf einmal 500 Kraniche angeflogen. Man fliegt, in gebührendem Abstand, neben
ihnen her, hat zwei, drei Vögel groß auf dem Bildschirm –
und ist quasi ein Teil dieser Gruppe. Das sind nicht planbare
Momente. Überhaupt sind bei dieser Art des Drehens keine
berechenbaren Bewegungen gegeben. Der Kameramann muss
ständig auf das reagieren, was passiert. Das Drehen in der
Luft ist eine pausenlose Wundertüte.
Was ist Ihre Botschaft? Deutschland ist schön? Sicher sind
manche Aufnahmen atemberaubend und man ist von der
Schönheit unseres Landes überrascht. Aber darum geht es
nicht nur. Wir zeigen eher, wie sich Deutschland entwickelt
und verändert hat – und möchten staunen machen, darüber,
was es alles auf so engem Raum gibt. Nehmen wir das Thema
Natur: Unser Blick von oben zeigt, wie dicht Deutschland
besiedelt ist, wie nah industrielle Anlagen neben Bäumen
stehen oder wie stark Naturräume von Straßen zerschnitten sind. Trotzdem haben wir in den relativ kleinen Lebensräumen oft einen hohen Bestand an Wildtieren, was andere
Länder nicht haben. Dies liegt daran, dass wir in den vergangenen 20 Jahren ein verändertes Bewusstsein entwickelt
haben. Vom Seeadler zum Beispiel gab es damals nur noch
zwei Paare in Deutschland; heute sind es, dank verbesserter
Wasserqualität und der Reduzierung von Pestiziden, etwa
200. Man kann also sehen: Wenn ich für die Natur etwas
tue, hat das einen Effekt.
Wie reagieren die Menschen auf Ihren Film? Die interessantesten Reaktionen haben wir von ganz jungen und von älteren Menschen erfahren. Die älteren haben sich euphorisch
bedankt, dass sie so etwas sehen durften. Junge Leute, die ja
häufig schon früh viele Teile der Welt kennenlernen, wollten
gar nicht glauben, dass dieser Film Deutschland zeigt. Dieser Überraschungseffekt hat mir gefallen. Es gelingt uns, zu
vermitteln, dass es Dinge gibt, die man noch nicht gekannt
hat, für die es sich aber einzusetzen lohnt. Die DVD mit dem Kinofilm „Deutschland von oben“ ist im
Handel erhältlich.
April 2013
SCHLUSSPUNKT
Der neue Pfalzbau.
Mit einer Vielseitigkeit,
die Sie begeistern wird.
Herzklopfen. Spannung. Schönheit: Der Pfalzbau verkörpert alles, was Sie sich vorstellen
können. Aus der Mitte der Pfalz tritt er an, die Eventlocation der Region zu werden.
Nach einer umfangreichen Generalsanierung präsentiert sich der Pfalzbau seit September
2009 in neuem Glanz: neue Räume, neue Technik, neue Ausstattung bis ins Detail auf
höchstem Niveau.
Tagungspauschale;
gebucht, getagt!
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Kongresse
Messen
Tagungen
Theater
Konzerte
Organisation
Technik
Rahmenprogramm
Theater, Kongresse und Konzerte – mit diesem Dreiklang wird der Pfalzbau künftig
neue Maßstäbe setzen. Als kulturelle Attraktion in der Region und als innovative
Location für Veranstaltungen aller Art. Diese Überschneidungen von Business
und Kultur schaffen einzigartige Möglichkeiten für eine erfolgreiche Vermarktung.
m:con hat dabei die Positionierung des Pfalzbaus im internationalen Kongressmarkt
übernommen. So wird der Pfalzbau einerseits zur Kongresslocation mit eigenem PCO
– und behält andererseits seinen Charme und seine Attraktivität für die Region Pfalz
und für das Land Rheinland-Pfalz.
Besuchen Sie uns unter
www.ludwigshafen-pfalzbau.de
oder rufen Sie uns an:
+49 (0)621 4106-123 /-125.
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SCHLUSSPUNKT
Investieren Sie in Gold.
Eventagentur m:con. Adam & Eva AWARD Winner Public-Event GOLD.
Unser Erfolgsversprechen für Ihre Veranstaltung im CC Rosengarten
Mannheim oder in einer Location Ihrer Wahl.
Besuchen Sie uns unter www.mcon-mannheim.de oder rufen Sie
uns direkt an: +49 (0)621 4106 - 107 / -372.
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